Ph 10/13 K_Online-Ergänzung Quantengravitation in der Schule? C ARSTEN B USCH – B JÖRN S CHMEKEL Online-Ergänzung Aufgabenbeispiele 1 Stärke der Wechselwirkungen Im Wasserstoffatom ziehen sich Proton und Elektron gegenseitig an. Einerseits gibt es eine anziehende Kraft aufgrund der unterschiedlichen elektrischen Ladungen (elektrische Kraft oder Coulombkraft FC), andererseits gibt es eine anziehende Gravitationskraft FG aufgrund der beiden Massen. Vergleichen Sie die »Stärke« (Beträge) der beiden Kräfte! 2 Dirac Hypothese 6 LHC Der englische Physiker DIRAC stellte 1936 folgende, sehr umstrittene Hypothese auf: F Ausdehnung des beobachtbaren Universums ___ _________________________________________ = C ≈ 1040 Protonenradius die ungefähre »Größe« eines Wasserstoffatoms im Grundzustand. Dieser Radius hängt sicherlich von der Ladung e und der Masse me des den Kern »umkreisenden« Elektrons ab. Da die Masse des Protons im Kern sehr viel größer als die Masse des Elektrons ist, wird der Bohr-Radius nur unwesentlich von der Protonenmasse abhängen. Die Quantenmechanik sorgt dafür, dass das Wasserstoffatom stabil ist, also wird der Radius vom planckschen Wirkungsquantum h bestimmt. Da der Bohr’sche Radius nicht relativistisch berechnet wird, spielt die Lichtgeschwindigkeit c keine Rolle. Wie kann man also aus den Konstanten e, me und h eine physikalische Größe mit der Einheit einer Länge bilden? FG Man geht heute allgemein davon aus, dass sich das gesamte Universum seit dem »Urknall« vor ca. 14 Milliarden Jahren ausdehnt. Wenn DIRACs »Hypothese der großen Zahlen« zutrifft, welche Konsequenz hätte die Expansion des Universums für das Verhältnis der Stärken von Gravitationskraft und Coulombkraft? 3 Planckskala Berechnen Sie die Planckzeit (Zeit, die das Licht benötigt, um die Planck-Länge zu durchqueren), die Planckenergie, die Planckmasse und die Planckdichte! Tipps: Die Einheit des Planckschen Wirkungsquantums h ist J · s. Es gilt die Einstein’sche Äquivalenz von Masse und Energie: E = mc2 . 4 Größenordnung der Planckskala Informieren Sie sich über den neuen Beschleuniger LHC am internationalen Elementarteilchenforschungszentrum CERN bei Genf. Die maximale Teilchenenergie, die in einem ringförmigen Beschleuniger wie dem LHC erreicht werden kann, ist abhängig von der maximalen magnetischen Flussdichte B, vom Radius r des Rings und von den Teilcheneigenschaften. Es gilt für hohe Energien näherungsweise: Emax = r · q · B · c . Dabei ist r der Radius des Synchrotronbeschleunigers, q die Ladung des beschleunigten Teilchens, B die magnetische Flussdichte der Ablenkmagneten und c die Lichtgeschwindigkeit. Schätzen Sie ab, welche maximale Energie der LHC bei einer magnetischen Flussdichte von ca. 8 T erreichen kann. Schätzen Sie dann grob ab, welchen Radius ein solcher Beschleuniger haben müsste, um die Quantengravitation experimentell zu überprüfen! Erläutern Sie, weshalb die experimentelle Überprüfung der Quantengravitation damit unmöglich scheint. 7 Vakuumpolarization 7.1 Die Planck-Länge ist extrem klein. Überlegen Sie sich, mit welchem anschaulichen Bild man dies verdeutlichen kann! Begründen Sie, warum das Vakuum nicht leer ist! 5 Einheitenbetrachtung 7.2 Wir wollen aus Einheitenüberlegungen wie bei der Plancklänge die Größenordnung des Bohr’schen Radius herleiten (Faktoren wie π oder 0,5 werden dabei nicht berücksichtigt), also Berechnen Sie die Zeitspanne, in der ein virtuelles ElektronPositron-Paar gemäß der Heisenberg’schen Unschärferelation existieren kann. MNU 64/4 (1.6.2011) Seiten 1–4, ISSN 0025-5866, © Verlag Klaus Seeberger, Neuss 1 QUANTENGRAVITATION IN DER SCHULE? // C ARSTEN B USCH – B JÖRN S CHMEKEL 7.3 leiten. Für das gravitative Beschleunigungsfeld in drei Dimensionen würde er lauten Informieren Sie sich über Myonen und Tauonen. Im Vakuum entstehen andauernd virtuelle Teilchen-Antiteilchen-Paare, die nach sehr kurzer Zeit annihilieren. Begründen Sie, warum in der »Wolke« aus virtuellen Teilchen um eine »nackte« Ladung vor allem Elektron-Positron-Paare und kaum Myon-Antimyon-Paare oder Tauon-Antitauon-Paare zu finden sind! Leiten Sie das Beschleunigungsfeld für eine punktförmige Massenverteilung her. 8 String-Theorie? 10.2 Informieren Sie sich über die String-Theorie und über die Kontroverse um die String-Theorie. Führen Sie eine Podiumsdiskussion mit Vertretern und Gegnern der String-Theorie durch! Begründen Sie, warum die Feldstärke in höherdimensionalen Räumen schneller abfällt als r–2 . Die Oberfläche der n-dimensionalen Kugel skaliert sich wie Sn–1 ⬀ rn–1 . Wie lässt sich hiermit die relative Schwäche der Gravitation erklären? 9 Divergenz des Coulombpotentials 0 _____ ______ ∫ⴰ g› · dA› = – 4πGM . ∂V 11 Das anthropische Prinzip 9.1 Leiten Sie das elektrische Feld einer Punktladung mit Hilfe des Satzes von GAUSS her. Bestimmen Sie das elektrische Potential. Wie viel Energie würde man benötigen, um zwei sich am gleichen Ort aufhaltende Punktladungen räumlich zu trennen? 9.2 Leiten Sie das elektrische Feld einer elektrisch geladenen Kugel sowohl außerhalb als auch innerhalb der Kugel her. Die Kugel habe die gleichmäßige Ladungsdichte ρ und den Radius R. Bestimmen Sie das Potential. In der folgenden Aufgabe soll verdeutlicht werden, dass in einem Universum, in dem menschliches Leben möglich ist, die Naturkonstanten nicht völlig willkürlich sind. Nehmen wir hierzu an, dass die Beträge der Ladungen von Elektron und Proton nicht völlig identisch seien. Da es in einem Atom dann nicht mehr zu einer vollständigen Ladungskompensation kommt, hätte unsere Erde einen leichten Ladungsüber- bzw. unterschuss. Die somit von Null verschiedene – hier auf Masse bezogene – Ladungsdichte der Erde werde mit η bezeichnet. Man betrachte ein an der Erdoberfläche gelegenes Massestückchen der Masse ∆m und der Ladung ∆q = η∆m . Wie groß könnte η höchstens sein, damit die Erde noch ein stabiler Planet ist? Der Ladungsunterschied würde zu einer Abstoßung der Teilchen in der Erde führen, die jedoch von der Schwerkraft kompensiert werden würde. 9.3 Vergleichen Sie die Ergebnisse aus den ersten beiden Aufgaben. Welche qualitativen Unterschiede erkennen Sie? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? 10 Konsequenzen höherdimensionaler Theorien In dieser Aufgabe untersuchen wir die Konsequenzen aus physikalischen Theorien mit mehr als drei räumlichen Dimensionen. In solch einer Theorie wäre unser dreidimensionales Universum eine flache Scheibe in einem höherdimensionalen Raum, ähnlich einem dünnen Blatt Papier im dreidimensionalen Raum. Während sich die elektromagnetischen Felder auf den dreidimensionalen Raum beschränken ließen, so würde sich die Gravitation nach gängiger Vorstellung in allen Raumdimensionen ausbreiten. Da wir nicht mehr als drei räumliche Dimensionen wahrnehmen, müssen die zusätzlichen Dimensionen auf einen kleinen Bereich begrenzt sein. Wir nehmen an, dass es sich bei dieser Längenskala um die Plancklänge handelt. Es soll gezeigt werden, dass sich mit Hilfe einer solchen Theorie die relative Schwäche der Gravitation gegenüber der elektromagnetischen Wechselwirkung erklären lässt. 10.1 Aufgrund der Ähnlichkeiten von Elektrostatik und Gravitation lässt sich auch für die Gravitation ein Satz von GAUSS her- 2 12 Quantisierung des Gravitationsfelds eines schwarzen Loches, Hawking- und York-Strahlung Aus der populärwissenschaftlichen Literatur ist bekannt, dass auch schwarze Löcher schwache Strahlung abgeben können. Schwarze Löcher der Masse M haben den Radius rs = 2 GMc–2 , der in einer quantisierten Theorie der Gravitation leicht fluktuieren kann, wobei Masse bzw. Energie entweichen kann (Ansatz von YORK). Die Unschärfe des Gravitationsfelds ∆g führt zu einer Unschärfe in rs sowie zu einer Unschärfe in der kanonisch konjugierten Größe ∆p (eine Art Impuls mit eventuell anderen Einheiten). Wir definieren δr = r − rs . In einer Theorie der Quantengravitation sollte dann eine Art Unschärferelation ∆g · ∆p ≈ h gelten. 12.1 Bestimmen Sie mit Hilfe von Dimensionsbetrachtungen die Größenordnung von δr, indem Sie geeignete Ausdrücke für ∆g und ∆p finden. Da die Fluktuationen im Vakuum stattfinden, hängt das Ergebnis nicht von G ab (Die Masse des schwarzen Loches ist im Mittelpunkt konzentriert.). Nehmen Sie an, dass sowohl ∆g als auch ∆p linear von δr abhängen (Bei einem har- MNU 64/4 (1.6.2011) QUANTENGRAVITATION IN DER SCHULE? // C ARSTEN B USCH – B JÖRN S CHMEKEL monischen Oszillator hängen sowohl Elongation als auch Geschwindigkeit bzw. Impuls linear von der Amplitude ab.). A.4 2 h rBohr ≈ ____ mee2 12.2 Bestimmen Sie mit Hilfe von Dimensionsbetrachtungen die Größenordnung der Massenänderung δM, die von δr resultiert. Diese Masse kann nun entweichen. Welcher (Strahlungs)energie und welcher Temperatur entspricht dieser Betrag? Diese Ergebnisse können von G abhängen. Zusatzbemerkung: Im ursprünglichen Ansatz von HAWKING wird nicht das Gravitationsfeld, sondern es werden die Materiefelder quantisiert. Der Radius des schwarzen Loches bleibt in erster Näherung konstant. Virtuelle Teilchen können auf dem Ereignishorizont bei r = rs gebildet werden, wovon eins nach außen entweichen und eins ins schwarze Loch zurückfallen kann. Interessanterweise ergeben beide Ansätze fast das gleiche Ergebnis. Lösungen A.5 Emax _________________________ 14 TeV rLHC ≈ ____ = 5,8 km = qBc 1,6 · 10–19 C · 8 T · 3 · 108 ms–1 Emax _______________________ 109 J rPlanck-Beschleuniger = ____ = –19 qBc 1,6 · 10 · 8 T · 3 · 108 ms–1 rPlanck-Beschleuniger = 2,6 · 1015 km Ein »LHC-Beschleuniger« müsste einen Durchmesser von größenordnungsmäßig einem Hundertstel des Durchmessers der Milchstraße haben (ca. 100000 Lichtjahre), um in den Bereich der Planckenergie bzw. Planckmasse vorzustoßen! Das ist technisch natürlich nicht umsetzbar. A.6 A.1 Gravitation: Mp · me 1,67 · 10–27 · 9,1 · 10–31 FG = G _______ N = 6,67 · 10–11 ___________________ r2B (5,3 · 10–11)2 Das Elektron und sein Antiteilchen, das Positron, haben dieselbe Masse 9,1 · 10–31 kg bzw. 0,511 MeV. Zur Erzeugung eines virtuellen e+e–-Paares muss also aus dem Vakuum eine Energie ∆E = 2mec2 geborgt werden. Nach einer ungefähren Zeitspanne h = _____ h ≈ 10–21 s annihiliert es wieder. Im Vergleich von ∆t ≈ ___ ∆E 2mec2 zur Planck-Zeit ist das allerdings eine »Ewigkeit«! FG = 3,61 · 10–47 N A.7 Coulombkraft: Das Myon hat ähnliche Eigenschaften wie ein Elektron, ist aber ca. 200-mal schwerer. Daher ist zur Erzeugung eines virtuellen Myon-Antimyon-Paares eine 200-mal so große Energie notwendig. Die Lebensdauer eines solchen Paares ist nach der Heisenberg’schen Unschärferelation also noch weit geringer als die eines e+e–-Paares. Das Tau ist sogar fast 3500-mal so schwer wie ein Elektron, so dass Tau-Antitau-Paare zu vernachlässigen sind. Q ·q p e 1 ______ FC = ____ = 8,19 · 10–8 N 2 4πε0 rB Verhältnis: FC/FG = 2,3 · 1039 Also ist die Coulombkraft wesentlich(!) größer als die Gravitationskraft. A.8 A.8.1 0 _ _ _ _ ›_ _ _____ ∫› ε0 ⴰ E · dA = Q = ε0E(r) · 4πr2 A.2 ∂V Die relative Stärke der Gravitation würde im Laufe der Zeit immer weiter abnehmen, insbesondere bei einer beschleunigten Expansion des Universums, von der man seit Ende des 20. Jahrhunderts ausgeht. Q E(r) = ______2 4πε0r A.3 W = qΦ(0) → – ⬁ r Q Φ(r) = E(r')dr' = – _____ 4πε0r –⬁ ∫ ________ Planckzeit c = lpt–1 ⇒ tp = √ h · G · c–5 ≈ 10–43 s p Planckenergie Ep = ht–1 ≈ 109 J p Planckdichte ρp = mpl–3 ≈ 1096 kg m–3 p www.mnu.de A.8.2 Wir unterscheiden die Fälle innerhalb und außerhalb der Kugel. Außerhalb der Kugel (r > R) erhalten wir das Ergebnis aus 3 QUANTENGRAVITATION IN DER SCHULE? // C ARSTEN B USCH – B JÖRN S CHMEKEL a.), da das Oberflächenintegral nur von der Gesamtmenge der eingeschossenen Ladung abhängt, nicht jedoch von deren Verteilung. Innerhalb der Kugel (r < R) haben wir 0 _ _ _ _ ›_ _ _____ ∫› 4 πr3 ρ = ε E(r) · 4πr2 ε0 ⴰ E · dA = __ 0 3 ∂V ρ E(r) = ___ r A.11 ∆g und ∆p seien so beschaffen, dass aus der Unschärferelation 2 c δr · δr · M · M · __ ≈h h folgt. Auflösen nach δr ergibt ћ . δr ~ ___ cM 3ε0 0 ρ Φ(r) = E(r')dr' = ___ r2 – V0 6ε0 r ∫ A.12 Hierbei ist V0 eine im Prinzip beliebige Konstante, die so gewählt wird, dass das Potential bei r = R stetig ist. Ableiten von rs nach M ergibt 2 δM ___ ____ = c δr A.8.3 2G (Ableitung der Umkehrfunktion). Damit erhalten wir Entscheidend ist, dass sich im Fall b.) mit R > 0 (»ausgedehnte Ladungsverteilungen«) die angesprochenen Singularitäten vermeiden lassen. 2 c δr ~ ____ ħc δM = ___ 2G MG ħc3 δE ~ ____ MG 3 ħc . T ~ ______ kBMG A.9 A.9.1 0 _____ ______ ∫ⴰ g› · dA› = – 4πGM = g(r) · 4πr Tatsächlich erhält man die Hawking-Temperatur 2 ∂V GM g(r) = – ____ r2 3 ħc T = ________ . 8πkBMG gc A.9.2 Die linke Seite im Satz von GAUSS ist proportional zur Kugeloberfläche. Daher ist die Feldstärke proportional zu 1/rn–1 . Innerhalb der Plancklänge fällt die Stärke der Gravitation nun sehr schnell ab, während sich oberhalb der Plancklänge das bekannte 1/r2-Verhalten der Feldstärke zeigt. Da die Feldstärke mit zunehmender Entfernung nur abnimmt, fängt das 1/r2-Verhalten bei einem viel kleineren Ausgangswert an. Mit einer geeigneten Anzahl an Dimensionen könnten Gravitation und elektromagnetische Wechselwirkung bei kleinen Abständen so gleich stark sein. A.10 Das Massestückchen an der Erdoberfläche wird durch die Gravitation von der Erde mit der Kraft M∆m FG = G _____ r2 angezogen. Der Ladungsunterschied zwischen Elektron und Proton bewirkt eine Abstoßung mit der Kraft ηMη∆m 1 _______ Fe = ____ 4πε0 r2 Im Grenzfall sind beide gleich groß. Gleichsetzen ergibt ______ η = √ 4πε0G = 8,6 · 10–11 Cm–3 4 MNU 64/4 (1.6.2011)