Kapitel 14

Werbung
Kapitel 14
Mendel und die Gen Hypothese
homozygot = reinerbig
heterozygot = mischerbig
Mendel führte das Experiment und die quantitative Auswertung in die Genetik ein
Mendel führte im 19. Jahrhundert Versuche mit Erbsen durch. Er entdeckte die grundlegenden
Prinzipien der Vererbung, indem er in sorgfältig geplanten Experimenten Gartenerbsen züchtete. Er
fand dabei die 3 Mendelregeln: Spaltungsregel, Unabhängigkeitsregel und Uniformitätsregel (ist nur
von untergeordneter Bedeutung und hat nicht den vollwertigen Status eines genetischen
„Gesetzes“).
Mendel wählte wahrscheinlich die Gartenerbse als Versuchspflanze, weil man viele Erbsensorten
bekommen konnte. Eine Sorte hatte purpurfarbene Blüten, während eine andere weisse Blüten
besass. Genetiker benutzen den Begriff Merkmal für eine erbliche Eigenschaft. Jede Variante
dieses Merkmals, wie z. B. purpurfarbene oder weisse Blüten, bezeichnet man als Merkmalsform.
Bei der Gartenerbse konnte Mendel die Befruchtung kontrollieren. Normalerweise bestäuben die
Pollenkörner gleich die benachbarte Narbe in derselben Blüte
Selbstbefruchtung. Mendel
beabsichtigte aber Fremdbefruchtung (Befruchtung durch eine andere Pflanze) und entfernte
deshalb die unreifen Staubblätter bevor sie Pollen produzierten und bestäubte die von
Staubblättern befreite Blüte mit dem Pollen einer anderen Pflanze. So war er sich stets sicher über
die Herkunft der Erbsensamen. Zudem verliess er sich nur auf eindeutige Merkmale („entweder
oder“ nicht „mehr oder weniger“). Er achtete darauf, dass er seine Experimente mit reinerbigen
Rassen begann; bei solchen weist nach Selbstbefruchtung die ganze Nachkommenschaft
dieselben Merkmalsformen auf.
Campbell deutsch: S. 262/ 263 Abb. 13.1 + 13.2, engl.: S. 248/ 249 Abb. 14.1 + 14.2
Die Paarung oder Kreuzung zweier Varietäten wird Hybridisierung genannt. Die daraus
resultierenden mischerbigen Individuen sind Hybriden. Bei einer monohybriden Kreuzung geht es
nur um die Vererbung eines einzigen Merkmals. Die reinerbigen Elternpflanzen werden als PGeneration bezeichnet, die hybriden Nachkommen als F1-Generation. Wenn man bei den F1Hybriden Selbstbefruchtung zulässt, entsteht die F2-Generation.
Mendel verfolgte die Vererbung einer Merkmalsform über drei aufeinanderfolgende Generationen:
die P-, die F1- und die F2-Generation. Hätte er seine Experimente nach der F1-Generation
abgebrochen, wären ihm die grundlegenden Gesetzesmässigkeiten verborgen geblieben.
Nach der „Spaltungsregel“ gelangen die beiden Allele für ein bestimmtes Merkmal in
getrennte Gameten
Mendel zog grosse Mengen an Versuchspflanzen und protokollierte seine Experimente sehr genau.
Dabei ergab sich ein Verhältnis von 3:1 in der F2-Generation (75% purpurfarbene und 25% weisse
Blüten). In den Hybriden beeinflusste ausschliesslich der Faktor für purpurfarbene Blüten die
Blütenfarbe, der Erbfaktor für weisse Blüten prägte sich nicht aus. Daraus folgt, dass purpurfarben
dominant ist und weiss rezessiv.
Mendel beobachtete das gleiche Vererbungsmuster bei sechs weiteren Merkmalsformen.
Campbell deutsch: S. 264 Tab. 13.1, engl. S. 250 Tab. 14.1
Mendels Interpretation der Ergebnisse:
1. Alternative Zustandsformen (Allele) eines Gens bedingen die genetische Variabilität bei
Erbmerkmalen.
z.B. traten zwei Versionen von Blütenfarben auf, eine violette und eine weisse. Solche
alternative Versionen werden als Allele eines Gens bezeichnet.
2. Für jedes Merkmal besitzt ein Organismus zwei Allele, je eines von jedem Elternteil.
3. Wenn die beiden Allele unterschiedlich sind, dann wird eines, und zwar das dominante Allel
voll exprimiert; das andere, das rezessive Allel, zeigt keinerlei Ausprägung. Man spricht
vom dominant rezessiven Erbgang.
4. Eine Eizelle oder eine Spermazelle erhält nur eines der beiden Allele, die in zwei Kopien in
den Somazellen des betroffenen Organismus vorliegen. Auf die Chromosomen bezogen
entspricht diese Trennung oder Segregation der Reduktion der Chromosomenzahl vom
diploiden zum haploiden Satz während der Meiose.
Wegen der Dominanz oder der Rezessivität von Allelen enthüllt das Erscheinungsbild eines
Organismus nicht immer seine genetischen Anlagen. Es muss immer zw. dem Phänotyp
(Erscheinungsbild) und dem Genotyp (genetische Grundlage) eines Organismus unterschieden
werden.
Rückkreuzung:
Um feststellen zu können, ob es sich um einen reinerbigen oder mischerbigen Organismus
handelt, wird eine Testkreuzung eines rezessiven Homozygoten mit einem Organismus mit
dominantem Phänotyp, aber unbekanntem Genotyp durchgeführt, eine sogenannte Rückkreuzung.
Sie wurde von Mendel eingeführt und ist immer noch eine wichtige Methode der Genetik.
Campbell deutsch: S. 267 Abb. 13.6, engl.: S. 252 Abb. 14.6
Mendel leitete seine Spaltungsregel aus monohybriden Kreuzungen ab.
Nach der „Unabhängigkeitsregel“ segregieren bei der Gametenbildung die verschiedenen
Allelpaare unabhängig voneinander
Dihybride Kreuzung:
Was wäre das Ergebnis einer Kreuzung, bei der sich die Elternrassen in zwei Merkmalen
unterscheiden – einer dihybriden Kreuzung?
Hypothese 1: die Merkmale werden gemeinsam vererbt
Hypothese 2: die Merkmale werden unabhängig vererbt
Mendel studierte sieben Erbmerkmale von Erbsen in versch. dihybriden Kombinationen und erhielt
in der F2-Generation stets die Aufspaltung 9:3:3:1. Jedes Merkmal wird unabhängig vom anderen
vererbt.
Campbell deutsch: S. 268 Abb. 13.7, engl.: S. 253 Abb. 14.7
Was die einzelnen Erbmerkmale betrifft, gleicht das Segregationsverhalten der Gene der
monohybriden Kreuzung.
Die Unabhängigkeitsregel ist das 2. Mendelsche Gesetz. Auch „Regel von der Neukombination der
Gene“ genannt, da die unabhängige Segregation eine genetische Neukombination ist.
Die Mendelsche Genetik beruht auf den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit
Mendels genetische Gesetze der Spaltung und der unabhängigen Segregation sind spezielle
Anwendungen der allg. Regeln der Statistik. Die Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Ereignis
variiert zw. 0 und 1. Ein Ereignis, das mit absoluter Sicherheit abläuft, hat die Wahrscheinlichkeit 1,
ein Ereignis, das mit Sicherheit nicht stattfindet die Wahrscheinlichkeit 0. Das Ergebnis eines
Versuchs ist unabhängig von den Ergebnissen früherer Versuche
unabhängige Ereignisse.
Die Multiplikationsregel:
Man muss die Wahrscheinlichkeiten für jedes Ereignis berechnen und dann die
Einzelwahrscheinlichkeiten miteinander multiplizieren um die Gesamtwahrscheinlichkeit für die
Kombination der Ereignisse zu ermitteln. Nach der Multiplikationsregel ist die Wahrscheinlichkeit,
dass zwei Münzen mit dem Kopf nach oben landen ½ * ½ = ¼. Eine monohybride Kreuzung der
F1-Generation entspricht diesem Beispiel mit den Münzen.
Die Multiplikationsregel kann auch auf dihybride Kreuzungen angewendet werden.
Campbell deutsch: S.270 Abb. 13.9, engl.: S. 254 Abb. 14.8
Die Additionsregel:
Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit für eine F2-Pflanze aus einer monohybriden Kreuzung
heterozygot zu sein? Es gibt zwei Möglichkeiten für F1-Gameten heterozygot zu werden. Das
dominante Allel kann aus der Eizelle und das rezessive Allel aus dem Pollenkorn stammen, oder
umgekehrt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis durch zwei oder mehr unterschiedliche
Ereignisse eintreten kann, ist die Summe der Wahrscheinlichkeiten dieser beiden Ereignisse. So ist
die Wahrscheinlichkeit für einen Heterozygoten in der F2-Generation ¼ + ¼ = ½.
Wie man die Statistikregeln benutzt, um genetische Probleme zu lösen:
Campbell deutsch: S. 271 Beispiel, engl.: S. 255
Wie Mendel entdeckte verhalten sich Erbmerkmale wie diskrete Teilchen
Die beiden Mendelschen Gesetze, Spaltungsregel und Unabhängigkeitsregel, erklären die erbliche
Variabilität durch alternative Versionen (Allele) von „Erbteilchen“ (Genen); diese werden nach
einfachen statistischen Regeln von Generation zu Generation weitergegeben. Diese
Teilchentheorie der Vererbung, zuerst an der Gartenerbse entdeckt, gilt genauso für Feigen,
Fliegen, Fische, Vögel und Menschen.
Die Beziehung zwischen Genotyp und Phänotyp ist in der Regel nicht einfach
Unvollständige Dominanz:
Für einige Merkmalsformen gilt unvollständige Dominanz. Hier zeigen die F1-Hybriden ein
Erscheinungsbild, das zw. den beiden elterlichen Phänotypen liegt, also intermediär ist
intermediärer Erbgang. Kreuzt man beispielsweise ein rotes Löwenmäulchen mit einem weissen,
so haben alle F1-Hybriden rosa Blüten (
unvollständige Dominanz). Die Kreuzung von F1Hybriden führen zu einer F2-Nachkommenschaft, in der die Phänotypen rot zu rosa zu weiss im
Verhältnis 1:2:1 auftreten. Das Verhältnis der Genotypen und der Phänotypen ist in der F2Generation das gleiche.
Campbell deutsch: S. 272 Abb. 13.10, engl.: S. 256 Abb. 14.9
Was ist ein dominantes Allel?:
Was ist ein dominantes Alles, wann ist ein Allel nicht dominant? Im Falle der unvollständigen
Dominanz (Mendel) unterscheiden sich die Phänotypen der Heterozygoten nicht von den
dominanten Homozygoten.
Bei der Kodominanz exprimieren beide Allele unabhängig voneinander ihren Phänotyp. Ein Beispiel
dafür sind die drei Blutgruppen des Menschen, die man mit M, N und MN bezeichnet (das MNSystem hat nichts mit dem AB0-System zu tun). Der MN-Phänotyp ist kein Zwischending zw. den
Phänotypen M und N, sondern beide Phänotypen sind unabhängig voneinander verwirklicht.
Die Beziehung von Allelen kann sich in vollständiger Dominanz, Kodominanz oder versch. Graden
unvollständiger Dominanz äussern. Diese Variationen spiegeln sich in den Phänotypen der
Heterozygoten wider.
Beispiel:
Der für die Tay-Sachs-Krankheit (Erbkrankheit des Menschen) typische Enzymdefekt ist auch bei
den Heterozygoten festzustellen. Diese zeigen eine Aktivität des betreffenden Enzyms, die zw. der
von gesunden und kranken Individuen liegt. Heterozygote weisen die Symptome der Krankheit
nicht auf.
Die Beziehung von Dominanz und Rezessivität ist selten so klar und einfach wie in Mendels
Beispielen. Es ist auch wichtig, zu verstehen, dass ein Allel nicht deshalb als dominant bezeichnet
wird, weil es das rezessive in irgendeiner Weise „unterdrückt“ oder verändert. Allele stellen einfach
Variationen in der Nucleotidsequenz eines Gens dar. Wenn wir nach den biochem. Grundlagen
forschen, erscheint das Konzept von Dominanz und Rezessivität gar nicht mehr so geheimnisvoll.
Wenn ein Allel dominant ist, bedeutet das nicht notwendigerweise, dass es in einer Population
häufiger auftritt als das rezessive Allel für dieses Merkmal. Die natürliche Selektion wirkt sich auf
die relativen Allelhäufigkeiten in einer Population aus.
Zusammenfassung der drei wichtigsten Punkte über die Beziehung zw. Dominanz und
Rezessivität:
1. Diese Beziehungen reichen von der vollständigen Dominanz über versch. Grade der
unvollständigen Dominanz bis hin zur Kodominanz.
2. Dominanz und Rezessivität ergeben sich erst auf der Ebene des Phänotyps; sie beruhen
nicht etwa darauf, dass ein Allel das andere auf dem Niveau der DNA unterdrückt.
3. Die Häufigkeit eines Allels in einer Population ist von seiner Dominanz oder Rezessivität
unabhängig.
Multiple Allele:
Die meisten Gene kommen in mehr als zwei allelen Formen vor. Das AB0-Blutgruppensystem des
Menschen ist ein Beispiel für multiple Allele eines einzigen Gens. Es gibt vier versch. Phänotypen
für dieses Merkmal. Für Bluttransfusionen ist es wichtig, die richtige Blutgruppe zu wählen. Wenn
das Spenderblut einen Faktor (A oder B) trägt, der für den Empfänger fremd ist, so besitzt dieser
Antikörper, welche die fremden Moleküle binden und die Blutzellen des Spenders zum
Agglutinieren (Verklumpen) bringen. Durch diese Verklumpung kann der Empfänger sterben.
Campbell deutsch: S. 273 Abb. 13.11, engl.: S. 257 Abb. 14.10
Pleiotropie:
Bei der Mendelschen Genetik sind wir bislang davon ausgegangen, dass nur ein Gen für einen
bestimmten Phänotyp verantwortlich ist. Die meisten Gene aber zeigen multiple phänotypische
Ausprägungen. Die Befähigung eines Gens, den Phänotyp eines Organismus in vielfacher Weise
zu beeinflussen, wird als Pleiotropie (griech. pleion = mehr) bezeichnet.
Ein Genprodukt hat viele Wirkorte im Organismus.
Epistase:
In einigen Fällen verändert ein Gen die phänotypische Ausprägung eines anderen – ein Vorgang,
der als Epistase bezeichnet wird (griech. epistateo = „die Aufsicht haben“).
Beispiel: Bei Mäusen und vielen anderen Säugetieren ist schwärze Fellfarbe dominant über braune.
Die beiden Allele für dieses Merkmal werden mit B und b bezeichnet. Der Genotyp einer Maus mit
braunem Pelz muss also bb sein. Aber ein zweites Gen regelt, ob in den Haaren Pigment
eingelagert wird oder nicht. Das Produkt eines Gens bestimmt, ob das Fell schwarz oder braun
wird, abhängig von den Allelen B und b. Wenn die Maus homozygot rezessiv ist für das zweite Gen
(cc), so ist die Fellfarbe weiss, die Maus ist dann ein „Albino“, unabhängig vom jeweiligen Allel für
die Fellfarbe (B oder b). Die beiden Gene erden getrennt vererbt
dihybride Kreuzung der F1Generation.
Campbell deutsch: S.274 Abb. 13.12, engl.: S. 258 Abb. 14.11
Polygene Vererbung:
Es gibt eine grosse Zahl von Merkmalen, inklusive der Hautfarbe und der Körpergrösse des
Menschen, bei denen eine Entweder – Oder – Klassifizierung (Mendel) nicht möglich ist, weil die
Merkmale einer Population ein Kontinuum bilden (also graduell sind). Man bezeichnet solche
Merkmale als quantitative Merkmale. Variabilität in der Quantität deutet in der Regel auf polygene
Vererbung hin: zwei oder mehr Gene wirken zusammen, um einen Phänotyp hervorzubringen.
Polygene Vererbung ist das Gegenteil von Pleiotropie.
Die Hautpigmentierung beim Menschen wird von mindestens drei unabhängigen Genen kontrolliert.
Umweltfaktoren, wie z. B. die Sonneneinstrahlung beeinflussen den Phänotyp der Haut natürlich
auch.
Erbanlagen und Umwelt; der Beitrag der Umwelt zum Phänotyp:
Der Phänotyp ist sowohl vom Genotyp als auch von der Umwelt abhängig. Ein Baum, dessen
Erscheinungsbild im Prinzip von seinem Genotyp bestimmt ist, zeigt dennoch Blätter
unterschiedlicher Grösse, Gestalt und Grüntönung, je nach Exposition gegenüber Sonne und Wind.
Beim Menschen beeinflusst die Ernährung di Körpergrösse, Training wirkt sich auf Körperbau aus,
Sonneneinstrahlung dunkelt die Haut und durch Übung steigert man die körperliche und geistige
Leistungsfähigkeit. Selbst eineiige Zwillinge, die genetisch identisch sind, zeigen phänotypische
Unterschiede, die auf ihre individuellen Lebensumstände zurückzuführen sind.
Aus einem bestimmten Genotyp lässt sich nicht ein genau definierter Phänotyp ableiten, sondern
es existiert eine phänotypische Bandbreite, die von Umwelteinflüssen abhängig ist. Diese
Bandbreite des Phänotyps wird als Reaktionsnorm des Genotyps bezeichnet. Es gibt Fälle, bei
denen die Reaktionsnorm gleich null ist; dann lässt der Genotyp nur einen ganz bestimmten
Phänotyp zu. Im Allg. zeigen polygen vererbte Merkmale die breiteste Reaktionsnorm. Genetiker
bezeichnen solche Merkmale als multifaktorell (viele Faktoren, genetische und umweltbedingte,
wirken zusammen auf den Phänotyp ein).
Vererbung und Variabilität aus der Sicht Mendels:
Der Begriff Phänotyp hat zwei Bedeutungen. Er beschreibt nicht nur spezifische Erbmerkmale
sondern beschreibt auch einen Organismus in seiner Gesamtheit (alle Aspekte des äusseren
Erscheinungsbildes, der Anatomie, der Physiologie und des Verhaltens). Gleichermassen steht der
Genotyp für das gesamte Genom eines Organismus und nicht nur für die Allele eines einzelnen
Genortes. In den meisten Fällen wird die phänotypische Ausprägung eines Gens durch andere
Gene und die Umwelt beeinflusst. Der Phänotyp eines Organismus spiegelt seinen gesamten
Genotyp und seine Umweltsituation wider.
Campbell deutsch: S. 276 Abb. 13.14, engl.: S.259 Abb. 14.13
Stammbaumanalysen bestätigen Mendelsche Erbgänge beim Menschen
Erbsen sind günstige Versuchsobjekte für genetische Forschung, Menschen jedoch nicht. Die
menschl. Generationszeit beträgt etwa 20 Jahre und Menschen haben relativ wenig Nachkommen
(verglichen mit Erbsen und anderen Organismen). Ausserdem sind gezielte Kreuzungsexperimente
aus ethischen Gründen nicht durchführbar. Aber die Gesetzmässigkeiten der Mendelschen Genetik
sind nach wie vor die Grundlage der Humangenetik.
Ein Stammbaum stellt die verwandtschaftlichen Beziehungen zw. Kindern und Eltern über einige
Generationen hinweg dar. Wenn man sich durch solch einen Stammbaum hindurch arbeitet, sollte
immer wieder die Mendelsche Genetik angewendet werden, auf diese Weise kann man den
Genotyp der meisten Individuen ermitteln. Aus einem Stammbaum können wir nicht nur die
Genotypen unserer Vorfahren ableiten, sondern auch Voraussagungen machen für unsere
Nachkommen.
Viele menschliche Erbkrankheiten folgen den Mendelschen Regeln der Vererbung
Auch bei Krankheiten, die wie einfache Mendelsche Merkmale vererbt werden, kann man die
Technik der Stammbaumanalyse anwenden.
Rezessiv vererbte Krankheiten:
Man kennt mehrere Tausend genetisch bedingte Krankheiten, die rezessiv vererbt werden.
Gene codieren Proteine mit spezifischen Funktionen. Ein Allel, das eine Erbkrankheit bedingt,
codiert entweder ein nichtfunktionierendes Protein oder überhaupt kein Protein mehr. Bei
rezessiven Erbkrankheiten sind die Heterozygoten gesund, weil sie noch ein zweites „normales“
Allel besitzen, das die Bildung einer ausreichenden Menge des betreffenden Proteins veranlasst.
Eine rezessive Erbkrankheit manifestiert sich nur in einem homozygoten Individuum, das von
jedem Elternteil ein rezessives Allel erhalten hat. Die Heterozygoten, die phänotypisch gesund sind,
werden als Träger bezeichnet, da sie das rezessive Allel an ihre Nachkommen weitergeben
können.
Die meisten Patienten mit rezessiven Erbkrankheiten sind Kinder „normaler“ Eltern, die beide
Träger des rezessiven Gens sind. Die Vereinigung zweier Träger entspricht einer MendelschenF1Kreuzung, bei der die Zygote die Wahrscheinlichkeit von ¼ besitzt zwei rezessive Allele zu
erhalten. Ein Kind mit normalem Phänotyp ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 ein Träger.
Deshalb sind zwei von drei Individuen mit normalem Phänotyp heterozygote Träger.
Falls die Krankheit vor Eintritt der Geschlechtsreife zum Tode führt oder steril macht, pflanzen sich
die rezessiv homozygoten Individuen nicht fort. Doch auch wenn sich rezessiv Homozygote
fortpflanzen können, bilden solche Individuen stets einen erheblich kleineren Prozentsatz der
Population als heterozygote Träger.
Im Allg. treten Erbkrankheiten nicht in allen Bevölkerungsgruppen im gleichen Umfang auf. Diese
Unterschiede sind auf die unterschiedliche genetische Vorgeschichte zurückzuführen, als die
Populationen noch stärker geographisch und daher auch genetisch isoliert waren.
 Cystische Fibrose:
Die häufigste letale genetisch bedingte Krankheit in Europa ist die cystische Fibrose von der
jedes 2000ste Neugeborene betroffen ist. Einer von 20 Europäern (5%) ist Träger
(heterozygot). Die abnorm hohe extrazelluläre Chlorid-Konzentration macht die
Schleimschicht bestimmter Zellen ungewöhnlich dick und zäh. Der Schleim sammelt sich in
Pankreas, Lunge, Verdauungstrakt und anderen Organen, wodurch die Gefahr einer
Lungenentzündung oder anderer Infektionen steigt. Ohne Behandlung würden Kinder mit
cystischer Fibrose vor Ablauf des fünften Lebensjahrs sterben. Eine spezielle Diät, tägliche
Antibiotikagaben und andere vorbeugende Massnahmen können die Prognose deutlich
verbessern. Heute beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung in den Industrieländern
ungefähr 27 Jahre (In diesen Durchschnittswert geht die hohe Sterblichkeit im Kindesalter
mit ein, der einzelne Betroffene kann wesentlich älter als 27 Jahre werden.).
 Tay-Sachs-Krankheit:
Diese Krankheit wird durch ein funktionsuntüchtiges Enzym verursacht, das nicht in der
Lage ist, eine bestimmte Klasse Gehirnlipiden abzubauen. Die Symptome der Tay-SachsKrankheit manifestieren in der Regel einige Monate nach der Geburt. Der Säugling leidet an
Krampfanfällen, erblindet und die motorischen und mentalen Fähigkeiten gehen verloren.
Der Tod tritt unausweichlich nach einigen Jahren ein.
 Sichelzellen-Anämie:
Die Sichelzellen-Anämie beruht auf einem einzigen Aminosäureaustausch im Hämoglobin
der roten Blutzellen. Wenn der Sauerstoffpartialdruck im Blut eines Sichelzellen-Patienten
niedrig ist (in extremer Höhenlage oder bei körperlicher Anstrengung), kann das
Sichelzellen-Hämoglobin die Gestalt der Blutzellen in eine Sichelform umwandeln. Die
Sichelzellenbildung der Blutzellen zieht dann andere Symptome nach sich. Die multiplen
Effekte des Sichelzellen-Allels sind auch ein Beispiel für Pleiotropie.
Campbell deutsch: S. 279 Abb. 13.16, engl.: S. 262 Abb. 14.15
Für das Sichelzellen-Allel sind heterozygote Individuen Merkmalsträger. Sie sind
normalerweise gesund, obwohl manche der Heterozygoten einige Symptome der
Sichelzellenkrankheit zeigen, wenn sie unter starkem Sauerstoffmangel leiden.
Die Ursache für das gehäufte Auftreten des Sichelzellen-Allels könnte sein, dass nur die
Homozygoten tatsächlich Krankheitssymptome haben, die Heterozygoten aber in
bestimmten Gegenden einen Vorteil gegenüber gesunden Homozygoten haben. Eine
einzelne Kopie des Sichelzellen-Allels erhöht nämlich die Resistenz gegen Malaria.
Dominant vererbte Krankheiten:
Obwohl die meisten schädlichen Allele rezessiv sind, gibt es doch einige dominante
Erbkrankheiten.
 Achondroplasie:
Eine Form des Zwergwuchses mit einer Häufigkeit von 1:10’000
Heterozygoten zeigen Zwergwuchs.
Dominant letale Allele sind viel seltener als rezessiv letale. Eine Ursache dafür ist, dass die Effekte
dominant letaler Allele nicht durch den heterozygoten Zustand unterdrückt werden. Viele dominant
letale Allele sind das Ergebnis von Mutationen in einem Gen des Spermiums oder der Eizelle,
durch welche die neuentstehende Nachkommenschaf bereits sehr früh abgetötet wird.
Ein Individuum, welches das fortpflanzungsfähige Alter nicht erreicht, kann die mutierte Form des
Gens auch nicht weitergeben. Dies steht im Gegensatz zu rezessiv letalen Mutationen, die durch
die Fortpflanzung heterozygoter Träger mit normalem Phänotyp von Generation zu Generation
weitergegeben wird.
Ein dominant letales Allel kann der Eliminierung entgehen, wenn es erst im vorgerückten Alter zum
Tode führt.
 Chorea Huntington:
Es handelt sich hierbei um eine generative Nervenerkrankung. Sie wird durch ein dominant
letales Allel hervorgerufen, das bis zum 35sten bis 45sten Lebensjahr keine erkennbaren
Krankheitssymptome hervorruft. Wenn aber die Zerstörung des Nervensystems beginnt, ist
der Krankheitsverlauf irreversibel und führt unweigerlich zum Tode. Jeder Mensch, der das
Allel für Chorea Huntington trägt, gibt mit einer 50%-igen Wahrscheinlichkeit das
krankmachende Allel an seine Nachkommen weiter.
Es ist möglich die Krankheit vor dem Ausbrechen zu diagnostizieren. Für Familien, in denen
Chorea Huntington vorgekommen ist, bedeutet dies ein Dilemma: Ist es für einen bislang
gesunden Menschen überhaupt wünschenswert zu wissen, dass er eine tödliche, heute
noch unheilbare Erbkrankheit hat?
Multifaktorielle Krankheiten:
- Herzkrankheiten
- Diabetes
- Krebs
- Alkoholismus
- Schizophrenie
- manisch-depressive Psychose
Unser Lebensstil ist von entscheidender Bedeutung in der Balance zwischen genetischen
Umwelteinflüssen, insbesondere bei Herz-Kreislauf-Problemen und anderen multifaktoriell
bedingten Krankheiten. Sportliches Training, gesunde Ernährung, wenig Alkohol, Abstinenz
gegenüber Nikotin und eine positive Bewältigung von Stress-Situationen reduzieren das Risiko für
Herzerkrankungen und einige Krebsarten.
Die Gentechnik entwickelt neue Methoden für genetische Tests und Familienberatung
Eine Verhütung von Erbkrankheiten ist manchmal möglich, weil in einigen Familien das Risiko
abgeschätzt werden kann, mit dem ein geplantes Kind ein bestimmtes schädliches Allel erben wird
oder ein Fötus dieses Allel trägt.
Campbell deutsch: S. 281 Beispiel, engl.: S.264
Diagnose von Trägern:
Weil die meisten Kinder mit rezessiven Erbkrankheiten von gesunden Partnern gezeugt werden, ist
es zur Ermittlung des genetischen Risikos notwendig festzustellen, ob die zukünftigen Eltern
heterozygote Träger des rezessiven Allels sind. Bei einigen Erbkrankheiten lässt sich durch einen
Test der dominante Homozygote vom Heterozygoten unterscheiden. Die moderne Biotechnologie
eröffnet Möglichkeiten, menschliches Leid zu mindern, aber zuerst müssen einige ethische
Probleme gelöst werden.
Pränatale Diagnose:
- Amniocentese
- Chorionzotten-Biopsie
- Ultraschall-Untersuchung
- Fötoskopie
In ungefähr einem Prozent der Fälle verursachen Amniocentese und Fötoskopie Komplikationen,
wie etwa Blutungen der Mutter oder gar den Tod des Fötus.
Falls durch diese Untersuchungsmethoden eine ernstzunehmende Krankheit diagnostiziert wird,
stehen die Eltern vor der schweren Entscheidung zwischen einem Schwangerschaftsabbruch und
der Geburt eines Kindes mit einem erblichen Defekt.
Untersuchung des Neugeborenen:
Einige Erbkrankheiten lassen sich nach der Geburt mit Hilfe recht einfacher
Untersuchungsmethoden diagnostizieren, die heute in den meisten Krankenhäusern routinemässig
durchgeführt werden.
 Phenylketonurie:
rezessive Erbkrankheit, von der etwa jedes 10’000ste Neugeborene in Europa betroffen
ist
Kinder mit dieser Krankheit können die Aminosäure Phenylalanin nicht in
ausreichendem Mass abbauen. Diese Verbindung und ihr Abbauprodukt können sich in
toxischen Mengen im Blut konzentrieren, was zu geistiger Retardation führt. Wenn diese
Krankheit aber beim Neugeborenem erkannt wird, kann durch spezielle Diät mit
phenylalaninarmen Lebensmitteln die geistige Retardation verhindert und die normale
Entwicklung gewährleistet werden. Daher ist die Untersuchung der Neugeborenen auf
Phenylketonurie und andere therapierbare Krankheiten besonders wichtig.
Leider lassen sich nur sehr wenige Erbkrankheiten erfolgreich behandeln.
Wichtig! Der Phänotyp ist sowohl vom Genotyp als auch von der Umwelt abhängig.
Herunterladen