EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 – 2014 Petitionsausschuss 18.12.2012 MITTEILUNG AN DIE MITGLIEDER Betrifft: 1. Petition 0631/2012, eingereicht von Tiago Guimarães, portugiesischer Staatsangehörigkeit, zu neuen Verfahren in der Biotechnologie, die es ermöglichen, Equidensperma nach dem Tod zu sammeln und zu kryokonservieren Zusammenfassung der Petition Der Petent, der in Veterinärwissenschaften promoviert hat, schildert seine von der EU finanzierte Tätigkeit an der Universität Porto, bei der er Verfahren entwickelt habe, mithilfe derer Equidenspermien bis zu 48 Stunden nach dem Tod der betreffenden Hengste gesammelt werden können; auf diese Weise könne das genetische Erbgut insbesondere von reinrassigen Pferden durch Kryokonservierung erhalten werden. Er verweist darauf, dass es keine europäischen Rechtsvorschriften hinsichtlich der Vermarktung des Endprodukts gebe; eine Tatsache, die er als Einschränkung einer wirtschaftlichen Betätigung ansieht, die laut Angaben des European Horse Network jährlich etwa 100 Milliarden Euro einbringen würde. Er ersucht um Änderungen der Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Abschnitt I der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen. 2. Zulässigkeit Für zulässig erklärt am 25. September 2012. Die Kommission wurde um Auskünfte gebeten (Artikel 202 Absatz 6 der Geschäftsordnung). 3. Antwort der Kommission, eingegangen am 18. Dezember 2012 CM\922985DE.doc DE PE502.158v01-00 In Vielfalt geeint DE Nach Angaben des Petenten gibt es im Pferdesport viele tödliche Unfälle, wodurch der Sportpferdezucht wertvolles Erbgut vorenthalten bleibt, da es im Unionsrecht keine Vorschriften zu tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Equidensperma, das aus den nach dem Tod entfernten Hoden gewonnen wird, gibt. Im Hinblick darauf ersucht er um eine Änderung der Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Abschnitt I der Richtlinie 90/425/EWG1 unterliegen. Der Petent verweist auf die wirtschaftliche Bedeutung der Pferdeindustrie in Europa. Zwar gibt es keine endgültigen Statistiken, aber verschiedene Studien in den Mitgliedstaaten der EU geben einen Einblick in die Einnahmen der Pferdeindustrie. Schätzungen des European Horse Network (EHN) zufolge könnte sich der Einfluss der „Pferdewelt” in Europa jährlich auf insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro belaufen. Diese Zahl beinhaltet die direkte wirtschaftliche Auswirkung aller Bereiche der Pferdeindustrie (Zucht, industrielle Betriebe und Dienstleistungen in Verbindung mit Pferden, Training, Forschung...) sowie die indirekte und induzierte Auswirkung der Tätigkeiten mit Pferden, wie beispielsweise die Organisation von Veranstaltungen und Pferdewetten (30 Milliarden Euro pro Jahr). Schätzungen der British Horseracing Authority (BHA) zufolge liegt die Sterblichkeitsrate von Rennpferden bei 0,2 %, doch eine künstliche Besamung bei reinrassigen Pferden ist nicht erlaubt. Der Reitsport-Weltverband FEI verzeichnete bei seinen Veranstaltungen 1222 und 1299 in den Jahren 2010 bzw. 2011 in der Europäischen Union insgesamt 13 bzw. 10 Todesfälle, die auch nicht-sportbedingte Fälle, wie beispielsweise Koliken, umfassen und zudem Stuten und Wallache betreffen. Ein tödlicher Unfall eines Hochleistungshengstes bei einem Pferdewettkampf, von dem zuvor kein Sperma zur Kryokonservierung gesammelt wurde, ist daher ein außergewöhnlicher und ziemlich seltener Fall. Darüber hinaus wären der Eintrag eines solchen Hengstes in die Hauptabteilung eines Zuchtbuchs gemäß der Entscheidung 96/78/EG der Kommission2 und die Zulassung zur Zucht durch eine zugelassene Zuchtorganisation gemäß der Entscheidung 92/353/EWG der Kommission3 Voraussetzungen für die Berechtigung eines Eintrags der Nachkommen in die Hauptabteilung eines Zuchtbuchs dieser Rasse. In der Richtlinie 92/65/EWG sind unter anderem die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Equidensperma festgelegt. Diese Bestimmungen, die nicht, wie vom Petenten beschrieben, die Verwendung von Samen im Inland betreffen, schreiben vor, dass Equidensperma in einem zugelassenen Samenentnahmezentrum gesammelt werden muss, und zwar unter der Voraussetzung, dass der Spenderhengst unter anderem regelmäßig Gesundheitsuntersuchungen unterzogen wird und sich vor der Samenentnahme 30 Tage lang nicht in Kontakt mit Tieren eines anderen Gesundheitszustandes befand, es sei denn, es werden frühestens 14 Tage nach der Entnahme des für den Handel bestimmten Samens 1 ABl. L 49 vom 20.2.2009, S. 48. ABl. L 19 vom 25.1.1996, S. 39. 3 ABl. L 192 vom 11.7.1992, S. 63. 2 PE502.158v01-00 DE 2/3 CM\922985DE.doc nachträgliche Untersuchungen durchgeführt. Beide Voraussetzungen können während eines Pferdewettkampfs nicht erfüllt werden. Schlussfolgerung Anhang D der Richtlinie 92/65/EWG wurde zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 176/2010 der Kommission geändert. Diese aktualisierten tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Equidensperma sowie dessen Einfuhr aus Drittländern gewähren ausreichende Flexibilität für verschiedene Sachverhalte in Bezug auf Spenderhengste, die bei Pferdewettkämpfen eingesetzt werden, während gleichzeitig gesundheitliche Mindeststandards gewährleistet werden. Bei einer Bewilligung des Handels mit Equidensperma, das aus nach dem Tod entfernten Hoden gewonnen wird, besteht die Gefahr eines Mangels an Rückverfolgbarkeit und gesundheitlicher Garantien; zudem könnte solches Sperma von jedem geschlachteten oder toten Hengst ohne eine Überprüfung seines Gesundheitszustandes gewonnen werden. Es wird daher nicht empfohlen, Artikel 11 und 17 der Richtlinie 92/65/EWG anzupassen, um die Gewinnung von Equidenspermien aus nach dem Tod entfernten Hoden miteinzubeziehen, sondern stattdessen das Sammeln von Sperma zur Kryokonservierung von genetisch wertvollen Hengsten, die bei Wettkämpfen eingesetzt werden, gemäß Anhang D zu fördern. CM\922985DE.doc 3/3 PE502.158v01-00 DE