Inzisionen

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Kapitel 2 · Operation
2.1
Inzisionen
2.1 · Inzisionen
Videos auf DVD: Ï Parazentese mit MVR-Blade (Tupfer), Ï Parazentese mit MVR-Blade (Pinzette),
Ï Inzision und Parazentesen mit Keratom, Ï Zweistufige Inzision, Ï Dreistufige Inzision,
Ï Skleraler Tunnelschnitt, Ï Stabilisierung des Auges mit dem Haltering, Ï Temporale Inzision
bei superiorem Filterkissen, Ï Hintere Kapselperforation bei der Inzisionserweiterung
Clear-korneale und limbokorneale Inzision
a
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Die »Clear-cornea-Inzision« ist eine häufig verwendete, schnelle Hauptinzision, bei der die Schnittführung
anterior der Insertion der konjunktivalen Gefäße erfolgt. Die Architektur der Wunde ist selbstschließend
und entweder gerade oder gestuft (⊡ Abb. 2.1.1). Die Stufe kann mit einem kalibrierten Diamantmesser
oder direkt mit dem abgewinkelten Keratom hergestellt werden (⊡ Abb. 2.1.2). Wenn die Schnittführung
weiter posterior durch die limbalen Gefäße geht, wird von einer limbokornealen Inzision gesprochen.
Inzisionen noch weiter posterior des Limbus werden als sklerokorneale Inzisionen bezeichnet. Bei der
Durchführung der Inzision sollte der Bulbus an der gegenüberliegenden Seite stabilisiert werden, entweder mit einer Pinzette, einem Wattetupfer oder einem Haltering (⊡ Abb. 2.1.3). Das Einschneiden der
Hornhaut erfolgt zuerst mit einem sehr flachen Winkel des Keratoms, so dass die Klinge etwa 1–2 mm
innerhalb der Hornhaut einen Tunnel schneiden kann. Dann wird das Keratom angewinkelt, damit die
Penetration in die Vorderkammer erfolgen kann. Der Widerstand wird im Zuge der Penetration geringer.
Eine gute Kontrolle der Vorwärtsbewegung des Keratoms ist sehr wichtig, um nicht die Linsenkapsel
oder die Iris zu beschädigen (⊡ Tab. 2.1.1).
b
c
⊡ Abb. 2.1.1a–c. Stufen der clear-kornealen Inzision
⊡ Abb. 2.1.2. Keratom
0°
> Auf alle Fälle sollte während der Inzision kein Druck auf das Auge oder die Wunde ausgeübt
werden, so dass die Vorderkammer bei der Eröffnung des Auges nicht kollabiert.
30°
Die Stelle der Inzision sollte so gewählt werden, dass eine natürliche und komfortable Haltung der Hand
bei der Phakoemulsifikation gewährleistet wird. Auf diese Art werden auch Verzerrungen der Hornhaut
minimiert. Von am Kopfende sitzenden Rechtshändern wird die Inzision daher oft bei etwa 120° angelegt
(⊡ Abb. 2.1.4). Die Hauptinzision sollte temporal erfolgen,
▬ wenn die Augen sehr tief sind,
▬ bei starker Vaskularisation der superioren Hornhaut oder Bindehaut,
▬ bei großen superioren Filterkissen nach Glaukomchirurgie oder
▬ bei Zustand nach marginaler Keratitis der superioren Hornhaut.
Temporale Hauptinzisionen werden von vielen Chirurgen generell gerne eingesetzt, v. a. bei der gleichzeitigen Durchführung von »limbal relaxing incisions«, weil diese wegen des größtmöglichen Abstandes
von der Hornhautmitte den geringsten Einfluss auf den Hornhautastigmatismus haben. Die Breite
der Inzision (z. B. 3,2 mm) richtet sich i. Allg. nach dem Phakohandstück und der zu implantierenden
Linse.
Skleraler Tunnelschnitt
Diese Inzisionen werden nicht selten bevorzugt, wenn größere Schnittbreiten in Sonderfällen erforderlich sind, z. B. bei Implantation einer nichtfaltbaren Linse. Die Inzision mit einem skleralen Tunnel
ist zeitaufwändiger als die clear-korneale Inzision, und benötigt oft eine Diathermie. Diese Inzisionen
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60°
120°
90°
⊡ Abb. 2.1.4. Clear-korneale Inzision, Winkel
⊡ Abb. 2.1.3. Haltering
⊡ Tabelle 2.1.1. Komplikationen bei der clear-kornealen Inzision
Komplikation
Maßnahme
Wunde undicht
Setzen einer Nylon-10/0-Naht am Ende der Operation,
Dichtigkeitskontrolle
Wunde und Tunnel zu lang
Pausen, um einer Überhitzung des Phakohandstücks
vorzubeugen
Perforation der anterioren Linsenkapsel
Dieser Defekt oder Lappen der Kapsel für die Kapsulorrhexis
verwenden
Verletzung und Abhebung des Endothels
Kontrolle, evtl. eine Luftblase am Ende der Operation in der
Vorderkammer belassen
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werden bevorzugt superior angelegt, häufig bei 75° oder 120°. Hauptvorteile dieser Technik sind die hohe
Deformationsstabilität und die rasche Wundheilung (⊡ Tab. 2.1.2).
Die limbale Bindehaut wird mit einer Schere über 5 mm eröffnet. Die Sklera wird freigelegt und eine
eventuelle Blutung wird mit der Diathermie gestillt. Etwa 2 mm hinter dem Limbus erfolgt die limbusparallele oder im Gegensinn gekrümmte (frown), partielle Sklerotomie (⊡ Abb. 2.1.5). Eine bogenförmige
Klinge (crescent blade oder pocket knife) wird verwendet, um einen Tunnel unter dem Limbus parallel
zur Sklera bis in die klare Hornhaut zu lamellieren. Mit einem Keratom wird dann die Vorderkammer in
der gewünschten Breite (z. B. 3,2 mm) eröffnet.
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Deformationsstabilität der Inzision
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Diese ist ein entscheidendes Kriterium für die Güte der Wundarchitektur. Die Deformationsstabilität
muss so sein, dass die Wunde nicht nachträglich durch Manipulationen am Auge intermittierend wiedereröffnet wird. Dies gilt v. a. für seitlich platzierte Wunden, die dem Risiko einer digitalen Manipulation
im Bereich der seitlichen Lidspalte ausgesetzt sind. Die Deformationsstabilität der Wunde ist umso höher,
je schmäler und länger sie ist, wobei ein quadratisches (square) Design angestrebt werden sollte. Liegt
der Tunneleingang im Bereich des Limbus oder der Sklera, ist die Deformationsstabilität aufgrund der
dortigen speziellen Gewebeeigenschaften höher. Zudem erfolgt die Wundheilung wesentlich schneller
(Tage) gegenüber einem rein kornealen Schnitt (Monate). Eine Eröffnung des Wundeinganges wird bei
kornealem Schnitt nur durch die deckende Epithelschicht, bei limbalem und skleralem Schnitt hingegen
durch die deckende Bindehaut und Wundheilung im proximalen Tunnelabschnitt verhindert.
⊡ Abb. 2.1.5a–f. Skleraler Tunnelschnitt mit geradem (a) oder »Frown-Schnitt« (e)
Astigmatismusneutralität der Inzision
Ein weiteres Kriterium für die Güte der Wundarchitektur ist die Astigmatismusneutralität. Auch kleine
Schnitte erzeugen eine sektorielle Abflachung der Hornhaut innerhalb des Schnittes, die umso zentraler
reicht, je kornealer der Schnitt lokalisiert ist. Korneale Schnitte erzeugen bereits bei einer Breite von 3 mm
eine bleibende sektorielle Abflachung innerhalb der 5-mm-Pupillarzone, während dies bei retrolimbal
angelegten Inzisionen bis zu einer Breite von 4 mm nicht nachweisbar ist. Aufgrund der chirurgischen
Einfachheit und der Vermeidung von Bindehautblutung und Fremdkörpergefühl sind korneale Inzisionen postoperativ jedoch sehr populär.
⊡ Tabelle 2.1.2. Vorteile und Nachteile der clear-kornealen Inzision und des skleralen Tunnelschnitts
Inzision
Vorteile
Nachteile
Clear-korneal
 Rasch
 Einfach
 Von allen Seiten durchführbar
 Änderung des Astigmatimus, wenn zentral
durchgeführt
 Benötigt gelegentlich eine Naht zur
Abdichtung der Wunde
Skleraler Tunnel
 Gute Abdichtung
 Gute Wundheilung
 Geeigneter bei Konvertierung zu ECCE
(extrakapsuläre Kataraktextraktion)
 Zeitaufwändig
 Oft nur superior durchführbar
 Benötigt Diathermie
> Daher wird zur Gewährleistung optimaler Deformationsstabilität und Astigmatismusneutralität
bei kornealen Inzisionen eine weitere Reduktion der gängigen Wundbreite von ca. 3 mm auf
Werte unter 2 mm angestrebt.
Derzeit liegen die minimalen Wundbreiten je nach Phakotechnik (koaxial > biaxial) und Linsentyp
(3-piece mit Schlaufenhaptik > single-piece mit Plattenhaptik) bei 1,8–1,6 mm.
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