18 | special | Intraokularlinsen Ophthalmologische Nachrichten | 01.2016 Ziele der refraktiven Kataraktchirurgie leichter erreichen Fortschritte der klassischen Phakoemulsifikation und IOL-Implantation – Ein Überblick Chirurgen diese Ziele der refraktiven Kataraktchirurgie leichter erreichen. E s scheint, dass es heute zwei Welten in der Kataraktchirurgie gibt. Die eine Welt wird durch das begrenzt, was medizinisch notwendig und ohne Alternative ist. Hier ist das Ziel, so viele Kataraktoperationen wie möglich innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens und Budgets durchzuführen. Die Wertschöpfung Kermani (10) KÖLN Schwerpunkte der modernen refraktiven Kataraktchirurgie sind die Sicherheit, die refraktive Korrektur – eine brillenfreie Sehfunktion bei Tag und Nacht und in allen Entfernungen – und ein vollständig maßgeschneidertes Verfahren für jeden Patienten. Eine ­ ­Premium-Katarakt-Behandlung sollte eine Premium-Diagnostik, eine Pre­miumPerformance im Operationssaal und eine Premium-IOL-Implantation umfassen. Neue technologische Fortschritte lassen Omid Kermani aus der postoperativ notwendigen optischen Rehabilitation wird dem Augenoptiker überlassen. Der Hintergrund für diese Welt ist, dass die Erstattung der gesetzlichen Krankenversicherung kontinuierlich fällt, während die Zahl der Kataraktpatienten stetig steigt und sich in Zukunft weiter erhöhen wird, denn auch die BabyBoomer-Jahrgänge werden älter. In der anderen Welt der Kataraktchirurgie zielt die medizinische und technologische Entwicklung neben der Verbesserung der OP-Verfahren gerade auf die refraktive Korrektur der Kataraktpatienten. Das Ziel ist die brillenfreie Sehfunktion am Tage und in der Nacht sowie in allen Entfernungen. Jede einzelne Katarakt-Operation wird notwendigerweise in hohem Maße individualisiert sein müssen. In dieser Welt wird kein Aufwand als zu hoch angesehen, um das beste Ergebnis zu erzielen und den hohen Anforderungen des selbstzahlenden oder privat versicherten Patienten gerecht zu werden. Fließband-OP oder Customized? Unabhängig davon, ob die Kataraktoperation wie am Fließband oder individualisiert und mit einer Zielrefrak­ tion von ±0,50 dpt durchgeführt wird, neue technologische Entwicklungen a b Abb. 1a/b: Astigmatismus-korrigierende Inzisionen. Die steilen Hornhautachsen sind in Blau markiert. Die primäre und die ­opposite Inzision haben die gleiche Breite und Länge sowie den gleichen Abstand zum Limbus. Nur die primäre Inzision wird im weiteren Verlauf der Operation genutzt. Die opposite Inzision hat lediglich einen refraktiven Effekt. Abb. 2: Irisprolaps bei Floppy-Iris-­ Syndrom nach systemischer TamsulosinMedikation. machen auch die konventionelle Behandlung effektiver und sicherer. Innovationen in der Kataraktchirurgie werden weiterhin einen Einfluss auf die beiden beschriebenen Welten in der Kataraktchirurgie haben. Keine der beiden Welten wird ohne die Würdigung der jeweils anderen nachhaltig sein können. Schmerzen bei der OP muss kein Patient mehr befürchten. Die Intuba­ tionsnarkose ist eher eine Ausnahme und bleibt Kindern und Menschen mit relevanten Begleiterkrankungen vorFortsetzung siehe Seite 19 ( Ophthalmologische Nachrichten ( Fortsetzung von Seite 18 behalten. Meist erfolgt die Operation unter einer Parabulbäranästhesie, welche während einer Kurznarkose unter Dormicum und Porpofol gesetzt wird. Während der Operation ist der Patient dann noch einigermaßen sediert und ruhiggestellt, aber ganz sicher absolut schmerzfrei. Alternativ kann auch in reiner Tropfenanästhesie behandelt werden. Dieses Vorgehen hat sich weithin bewährt, ist aber sowohl für Patienten als auch den Operateur mit etwas mehr Stress behaftet. Die Inzisionen. Bewährt haben sich primäre Inzisionen mit einer Breite zwischen 1,8 mm und 2,3 mm. Diese Inzisionsbreite ist hinreichend schmal, um astigmatismusneutral zu bleiben. Gleichwohl ist die Mehrheit der heute verfügbaren IOL über diese Inzisionsbreite auch sicher zu implantieren. Sogenannte MICS (Micro Incisional Cataract Surgery) mit Schnittbreiten unter 2,0 mm haben sich in der Breite nicht durchsetzen können. Die Aus- a b c Abb. 3a–c: Die enge Pupille eines ­Glaukompatienten wird für die Kataraktoperation mit einem MalyuginSpannring erweitert und fixiert. wahl der verfügbaren IOL ist zu gering und die sehr dünnen Optiken neigen zu Stauchung und Dezentrierung infolge der natürlichen Kapselsackschrumpfung nach dem Eingriff. Eine Spielart der Astigmatismuskorrektur in Zusammenhang mit einer Kataraktoperation lässt sich auch durch die geeignete Wahl der Inzi­ sionslage, Breite und die Anzahl der Inzisionen beschreiben. So kann der Operateur die Inzision ganz gezielt auf die steile Achse des cornealen Astigmatismus legen, die Inzision etwas breiter anlegen (z. B. 3,0 mm) und auch noch als Clear Cornea, also weiter corneal platzieren. Bis zu 0,75 cyl lassen sich so zuverlässig reduzieren. Mittels einer sogenannten oppositen Inzision kann der Effekt auf bis zu 1,5 cyl erhöht werden. Hier wird gegenüber der primären Inzision eine | Intraokularlinsen 01.2016 zweite mit gleicher Breite und Länge angelegt. Die opposite Inzision dient nur der Relaxierung der Hornhaut und wird im weiteren Verlauf der OP nicht mehr gebraucht (Abb. 1a/b). Parazentesen (1,0 mm) dienen dann noch der Einführung der Hilfs­ instrumente für die Phakoemulsifika­ tion. In Einzelfällen kann postoperativ über die Parazentese auch schon einmal Druck in der Vorderkammer abgelassen werden. Arbeitet der Operateur mit einem bimanuellen Irrigations-/ Aspirations(I/A)-System, braucht er zwei Parazentesen. Bei koaxialer I/A genügt auch eine Parazentese. Die Kapsulorhexis hat sich als Standardmethode der Kapseleröffnung fest etabliert. Diese kann mit einer speziellen Rhexispinzette oder mit einer gebogenen und scharf­ kantigen Injektionsnadel durchgeführt werden. Es gibt mittlerweile konfektionierte Rhexisnadeln als Einmalartikel, welche den Vorgang noch sicherer und reproduzierbarer machen. Ziel ist es, eine Kapseleröffnung mit einem Durchmesser von 4,8 mm bis 5,2 mm anzulegen. So ist gewährleistet, dass die Kapselränder die IOLRänder gerade eben abdecken und so den Kapselsack versiegeln und zugleich eine asymmetrische Kapselsackschrumpfung mit konsekutiver IOL-Dezentrierung verhindern helfen. Ein weiterer Vorteil dieses Öffnungsdurchmessers ist der Umstand, dass bei Ruptur der hinteren Kapsel im Laufe der Phakoemulsifikation die IOL in die vordere Kapselöffnung ein­ geknöpft und so sicher zentriert und stabilisiert werden kann. Floppy Iris bezeichnet ein Phänomen, welches infolge der systemischen Verabreichung von Tamsulosin entsteht und die Katarakt-OP erheblich komplizieren kann. Tamsulosin ist ein Alpha-Blocker und bei Prostata­ beschwerden das Mittel der ersten Wahl für die meisten Urologen. Das Problem für den Augenchirurgen ist, dass sich die Pupille kaum mehr vernünftig erweitern lässt und diese meist während der OP sehr stressanfällig wird und mit deutlicher Miosis reagiert. Aber auch die Biomechanik des Iris­gewebes verändert sich nachteilig. Die Iris verliert Festigkeit und neigt dazu, unter Irrigation zu flattern und bei Aspiration angesaugt zu werden. Oft prolabiert das Irisgewebe durch eine der Inzisionen und kompliziert so den weiteren OP-Verlauf (Abb. 2). Das Absetzen von Tamsulosin ist nicht ungefährlich, es kann zu Harnverhalt und anderen Komplika­ tionen kommen. Wir begegnen daher dem ­Floppy-Iris-Syndrom mit einem kleinen, sehr effektiven chrirugischen Hilfsmittel. Der Pupillenspannring von Malyugin wird zusammengefaltet in das Auge injiziert und in der ­Pupille über den Irissphinkter verankert. Die Pupille kann so auf 6,0 mm sicher erweitert und stabilisiert werden (Abb. 3a–c). Das Entfernen des Spannringes erfolgt genauso wie die Implantation, diesmal über eine Rückfaltung in den Injektor. Phako-Upgrade. Unabhängig davon, ob die Linsenentfernung refraktiv-chirurgisch oder medizinisch indiziert ist, konventionell oder lasergestützt durchgeführt wird, die Linse muss mit Ultraschall emulsiert und mit einem effizienten I/A-System abgesaugt werden. Die Fa. Alcon hat mit der Entwicklung der CenturionMaschine neue Standards gesetzt. Hier ersetzt das Fluid-Management-System (FMS) durch eine computergesteuerte Balance von BSS-Injektion und Emulgat-Aspiration den konventionell üblichen schwerkraftbetriebenen Einfluss von BSS. Das FMS kann aufgrund sensorgesteuerter Vorgaben durch den Operateur einen physiologischen Spüldruck regeln. Bei herkömmlichen I/A-Systemen wird die Flaschenhöhe in der Regel bei 100 cm H2O eingestellt, was einem IOD von 74 mmHg entspricht. Mit FMS hat der Chirurg die Möglichkeit, den gewünschten IOD während der OP vorzugeben. Üblicherweise verwende ich jetzt einen IOD von 30 mmHg (entspricht 40 cm H2O) für die Rou­ tineverfahren. Diese Low-pressureSituation hat keinerlei Nachteil in Bezug auf die Stabilität der Vorderkammer während der Opration. Im Ergebnis verbrauche ich bei den Routine-Eingriffen nur ein Drittel der Flüssigkeit im Vergleich zu einer herkömmlichen Phako-Maschine. Es ist ganz einfach: Weniger Flüssigkeit, die durch das Auge fließt, bedeutet weniger Stress für das Auge. Auch der Phako-Tip ist bei dieser Maschine weiterentwickelt worden und arbeitet mit der sogenannten Ozil-IP-Technologie. Ozil steht für eine rotatorische Bewegung des Phako-Tips, IP für „intelligent Phako“, was bedeutet, dass die konventionelle koaxiale Ultraschall-Ausrichtung der Tip-Bewegung nach wie vor möglich ist, aber nur zur Anwendung kommt, Abb. 4: Die Referenzeinheit des Verion-­ Systems erfasst alle für die Planung und Durchführung der OP relevanten Daten des Auges. wenn ein gewisser Vakuumdruck entsteht – das heißt, wenn der Tip beginnt, durch angesaugtes Material zu okkludieren. Geschieht dies, setzt das IP zusätzlich zum sanfteren Ozil ein, und die Wirkung ist wie bei einem Turbolader in der Motorentechnologie. Die Wirkungsleistung des Tips wird unmittelbar signifikant gesteigert ohne dass ein sogenannter „surge“ entsteht. Das heißt, extreme Druckschwankungen, wie sie bei herkömm- | special | 19 lichen Phako­maschinen häufig beobachtet werden, können deutlich abgemildert werden. Mit der Kombination aus niedrigem Druck (low-pressure), sensorgesteuertem FMS und der sanften Power von Ozil-IP bleibt die Vorderkammer zu jeder Zeit stabil, ohne dass es zu ausgeprägten Schwingungen von Irisoder Linsendiaphragma kommt. Die Phakoemulsifikation bleibt immer unter der Kontrolle des Operateurs, physikalische Nebeneffekte durch ungewollte Druckschwankungen bleiben aus und der durchflussbedingte Stress für das Auge ist bei physiologischem IOD auf ein Minimum reduziert. Integrierte Systeme. Bei der Entwicklung des Verion Image-GuidedSystem haben wir bereits in einer sehr frühen Phase mitgewirkt. Die Firma SMI Berlin, die ursprünglich das System entwickelt und dann an Alcon verkauft hat, ist der Marktführer in optischen Trackingsystemen weltweit. Anfang der 2000er-Jahre haben wir die Entwicklung eines Ausgleich­ systems für Torsionsfehler in der refraktiven Laserchirurgie initiiert und gemeinsam mit SMI zur Marktreife geführt. Das System fand dann später auch Einzug in die IOL-Chirurgie, hier Fortsetzung siehe Seite 20 ( 20 | special | Intraokularlinsen Ophthalmologische Nachrichten ( Fortsetzung von Seite 19 zur korrekten Positionierung torischer Linsen. Das System arbeitet vollständig integriert. Es schließt sich somit der Kreis zwischen Diagnostik und OPPlanung, OP-Durchführung und postoperativer Qualitätskontrolle. Andere Hersteller bieten ähnliche Lösungen, und einige Technologieanbieter arbeiten mit Anordnungen von Komponenten unterschiedlicher Hersteller. Das Ziel integrativer Systeme besteht darin, die refraktive Kataraktchirurgie weiter zu perfektionieren. Bildgeführte Navigation durch die OP. Wenn ein Patient sich für eine ­Premium-Katarakt-Behandlung entscheidet, umfasst diese Behandlung Premium-Diagnostik, Premium-Performance im OP, die Implantation einer Premium-IOL sowie eine abschließende Qualitätskontrolle. Das Verion Image-Guided-System® wird verwendet, um die Behandlung zu planen, zu navigieren und das Ergebnis zu überprüfen. Die sogenannte Referenzeinheit ist im Voruntersuchungsraum direkt neben dem IOLMaster (Carl Zeiss Meditec) positioniert und misst die optische, visuelle und die geometrischen Achsen des Auges. Mesopische sowie photopische Pupillen­durchmesser werden in Bezug gesetzt (Abb. 4). Im selben Messvorgang werden die Hornhautradien und eine Vielzahl markanter Bezugspunkte auf dem Limbus und auf der Iris für dieser Patienten musste ich den OPSaal verlassen, um die individuelle Markierung für die Behandlung zu ­setzen. Nun werden die individuellen Daten aus der Verion-Referenzeinheit aus dem Voruntersuchungsraum über unser Haus-Netzwerk an den digitalen Marker im OP-Saal übertragen. Mit der Eingabe der ID des Patienten stehen die Daten unmittelbar im OP-Saal zur Verfügung (Abb. 5). Die koaxiale Ausrichtung des Auges mit dem Mikroskop ist eine Voraus­ setzung für eine genaue und fehlerfreie digitale Kennzeichnung. Das System kann verwendet werden, um eine manuelle Kapsulorhexis in Bezug auf Größe und Position zu führen. Torische und multifokale IOL können sicher im Verlauf des Eingriffes auf die richtige Position zentriert und eingestellt werden. Gelegentlich können eine aus­ geprägte Chemosis der Bindehaut oder Blutungen im Limbusbereich das EyeTracking stören. Nach meiner Erfahrung ist das System jedoch zuverlässig und konsistent in 98 von 100 Fällen. Postoperativ kann dann die Referenzeinheit zur Überprüfung der Ausrichtung der torischen IOL wieder verwendet werden. Dies ist sowohl für Dokumentation als auch Feinabstimmung der chirurgischen Nomo­gramme nützlich, da diese Vorgehensweise objektive Daten liefert. So muss die Qualitätskontrolle funktionieren. Mit der postoperativen Untersuchung schließt sich der Kreis von Planung, Ausführung und Überprüfung. Abb. 5: Der „digital marker“ des Verion Image-Guided-System® unterstützt den Operateur bei der korrekten Ausrichtung zum Beispiel einer torischen IOL. Das ­Navigationsbild ist in den Strahlengang des OP-Mikroskopes eingeblendet (Head-UpDisplay). das Eye-Tracking-System (DigitalMarker), welches in das OP-Mikroskop integriert ist, aufgenommen. Der Digital-Marker dieses Systems verfügt über einen Eye-Tracker, welcher ankoppeln kann, sobald er die von der Referenzeinheit identifizierten Bezugspunkte erkannt hat. Im weiteren Verlauf der Operation navigiert das System robust und reproduzierbar. Es besteht keine Notwendigkeit für die manuelle Farbmarkierung, und dies erleichtert die Arbeitsabläufe erheblich. Bevor wir mit diesem System gearbeitet haben, musste jeder Patient mit einem eingefärbten torischen Marker vor der topischen Anästhesie manuell in aufrecht sitzender Position unter Anwendung eines Lidsperrers markiert werden. In meiner Praxis umfasst eine von vier Opera­ tionen entweder eine torische IOL-Implantation oder eine astigmatische Keratotomie. Für jeden Abb. 6: Frühe YAG-Laser-Kapsulotomie nach Implantation einer torischen MIOL. Infektionsprophylaxe ist heute Standard in der Kataraktchirurgie. Präoperativ wird das OP-Feld natürlich desinfiziert. Heute verzichtet man auf ein Abschneiden der Zilien. Die intracamerale Verabreichung von Cefuroxim zum Abschluss der Operation ist zwar wissenschaftlich immer noch umstritten, wird aber von allen Fachgesellschaften empfohlen und von uns daher auch praktiziert. Die sicherste Infektionsprophylaxe sind aber wohl nach wie vor 1.) eine kurze OP-Zeit und 2.) ein sicherer Wundverschluss. Postoperativ werden antibiotische Augentropfen für wenigstens zwei Wochen verabreicht. Die postoperative Therapie gerade | 01.2016 nach Premium-IOL-Implantation ­sollte neben der Verabreichung von topischen Antibiotika und Steroiden auch auf eine Stabilisierung des Tränen­ filmes abzielen. Die meisten Seh­beschwerden nach einer KataraktOP sind Folge eines instabilen Tränen­ filmes und können mit Tränenersatzmitteln gelindert werden. Steroid­responder – Patienten, die auf Steroide mit erhöhtem Augendruck reagieren - sind nicht selten. Daher ist auch eine IOD-Messung etwa eine Woche nach der OP zwingend. Bei erhöhtem Augendruck kann auf nicht steroidale Antiphlogistika umgestellt werden. Ein Nachstar nach der Katarakt-OP ist auch heute noch der Normalfall. Die Inzidenz hat aber aufgrund der modernen IOL-Designs nachgelassen. Sie liegt in etwa bei 15 Prozent der Fälle innerhalb der ersten zwölf Monate nach OP. Die YAG-Laser-Kapsulotomie ist immer noch das Verfahren der Wahl zur Nachstarbehandlung (Abb. 6). Patienten, die MIOL im Auge tragen, sind anfälliger gegenüber geringfügiger Nachstarbildung. Sie müssen früher und konsequenter behandelt werden, nur so lassen sich die sonst irritierenden Streulicht­ phänomene wirkungsvoll beheben. W ( Autor: Dr. Omid Kermani Augenklinik am Neumarkt Schildergasse 107–109, 50667 Köln Tel.: 0221-650-722-0 E-Mail: [email protected] Welche MIOL ist die Beste? Kenntnis der Defokuskurven und Halointensitäten von entscheidender Bedeutung DÜSSELDORF Der Wunsch nach Brillenunabhängigkeit ist in den letzten Jahren auch bei Kataraktpatienten immer stärker geworden. Verbesserungen der MIOL-Designs mit optimierter Asphärizität und verbesserter Lichtausbeute haben die Akzeptanz deutlich erhöht. Der Wunsch, auch im Intermediärbereich ohne Korrektur lesen zu können, führte bei vielen Herstellern zur Entwicklung von MIOL mit reduzierter Nahaddition. Z Die MIOL–Kapazität – oder auch Defokuskapazität – ist dabei eine sehr praktische Möglichkeit, dies auszudrücken. Sie ist definiert als die Fläche unter der Defokuskurve zwischen den Werten -3 dpt und 0 dpt. Diese wird am besten in 0,5-dpt-Schritten ermittelt. Als Referenzkurve ist ein konstanter Visus von 1,0 Grundlage. Die dazugehörige Fläche ist demnach 100 Prozent. Um die beste MIOL für eine bestimmte Distanz zu ermitteln, ist die Defokuskapazität in Ferne, Intermediärbereich und Nähe unterteilbar (Abb. 2). Unsere Auswertungen führten zu folgenden Ergebnissen: Wie kann man MIOL leichter vergleichen? Visus: 1. Die höchste Defokuskapazität über 0 bis -3 dpt hatte in unserer Arbeit die trifokale Lisa der Firma Zeiss. Sie ist demnach der Allrounder unter den Multifokallinsen. 2. Die Oculentis Comfort eignet sich für den Intermediärbereich am besten und hat im Vergleich zu der trifokalen MIOL weniger photopische Phäno­mene. 3. Für einen guten Nahvisus auch bei schlechten Lichtbedingungen ist die Tecnis 4.0 die sicherste Leselinse. 4. Diffraktive Linsen mit höherer Nahaddition bei kleiner Pupillen­ Um Multifokallinsen miteinander vergleichen zu können, bedarf es einer Maßzahl. Abb. 1: Optikdesign, Fokalität, Nahaddition und Zielrefraktion sind bei der M ­ IOL-Auswahl zu berücksichtigen. weite (2,7 mm) haben eine hohe ­Tiefenschärfe und somit auch einen guten Intermediärvisus. N eue Ansätze mit einer Kombina­tion von ­unterschiedlichen Nahaddi­tionen in beiden Augen führen nicht nur zu einem zentralen Sum­ mationseffekt und ­verbessern den binokula­ ren Visus, sondern redu­ zieren zugleich die Wahr­ nehmung von optischen Phänomenen wie Halos und Glare. Dr. Hakan Kaymak Halos: Jede Multifokallinse führt aufgrund der verschiedenen Brennpunkte zu einem Halo. Die meisten Patienten gewöhnen sich nach ein paar Monaten an dieses Phänomen und können es aufgrund der Neuroadaptation ausblenden. Trotzdem stellt sich aber die Frage, ob man durch eine gezielte Auswahl der MIOL Einfluss auf Halos Kaymak (4) iel dieses Beitrages ist es, einen Überblick über die klinischen Ergebnisse zu schaffen und herauszufinden, welche MIOL für welchen Patientenwunsch die Beste ist. Der Operateur muss sich bei der Linsenauswahl auf ein Optikdesign, auf die Fokalität, die Nahaddition und auf die Zielrefraktion festlegen (Abb. 1). Daher ist es für die erfolgreiche MIOLImplantation wichtig, die optischen Eigenschaften zu kennen, um den Patienten individuell zu versorgen. Ausgewertet wurden für diese Arbeit folgende Implantate: 1. AMO: Tecnis MIOL (2,75, 3,25, 4,0) 2. Oculentis MIOL: MplusX, Lentis Comfort 1,5 3. Zeiss: bifokale und trifokale Lisa 4. Alcon: Restor 2,5, 3,0. Abb. 2: Die Defokuskapazität ist ­unterteilbar in Ferne, Intermediärbereich und Nähe. Fortsetzung siehe Seite 22 (