G20-LÄNDERSERIE: ITALIEN ITALIEN: LICHT AM ENDE DES TUNNELS Das Land auf der Apenninen-Halbinsel zählt zu den EU-Sorgenkindern. Seit der Finanzkrise schwächelt die Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit hat sich fast verdoppelt, die Staatsverschuldung stieg auf über 133 Prozent. Mit Ministerpräsident Matteo Renzi wurden erste Strukturreformen angepackt, einige Signale deuten auf eine leichte, aber fragile Erholung hin. VON: UWE GÖRLER Trotz milliardenschwerer Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank stiegen zuletzt in Italien wieder die Zinsen für Staatspapiere. Der drohende Grexit lässt Anleger wieder genauer auf die Risiken ihrer Investments in den EU-Peripheriestaaten schauen. Italien zählt zu den Sorgenkindern innerhalb der Eurozone. Seit der Finanzmarktkrise befindet sich das Land in Stagnation bzw. zeitweiser Rezession. 2013 sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,7 Prozent, 2014 um 0,4 Prozent. Der Schuldenberg des Landes ist nach Griechenland innerhalb der Eurozone der zweithöchste. Allein von Ende 2013 bis Ende 2014 wuchs die Staatsverschuldung laut dem Statistikamt der Europäischen Union von 128,5 auf 132,1 Prozent des BIP. Die Arbeitslosigkeit verdoppelte sich seit Ausbruch der Krise nahezu von 6,7 auf 12,7 Prozent (2014). Die Industrieproduktion ging im gleichen Zeitraum um rund 25 Prozent zurück. Die Investitionen sind laut der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing (gtai) seit 2009 stark rückläufig. 2012 sanken sie um 9,3 Prozent, 2013 um 5,8 Prozent und 2014 um 3,3 Prozent. Strukturelle Verkrustungen in der Wirtschaft, Korruption und kriminelle Machenschaften durch mafiöse Strukturen sowie eine überbordende Bürokratie belasten das Land seit Jahren bzw. Jahrzehnten. Politiker aller Coleur wagten sich bisher nicht an grundlegende, längst überfällige Reformen. Druck auf Reformen wächst Der derzeit regierende Ministerpräsident Matteo Renzi trat 2014 sein Amt 32 | EXTRA-MAGAZIN JULI/AUGUST 2015 an, diesen Reformstau nun endlich aufzulösen. Bereits die Vorgängerregierung um Mario Monti läutete die- Italien Einwohnerzahl 61,3 Mio. Fläche 301.340 km² Regierungssitz Rom BIP pro Kopf in USD (2014) 36.215,65 IWF-Prognose (2015) 0,5 % Wirtschaftswachstum Inflationsrate 06/15 0,09 % durchschnittliches Alter 44,2 Jahre Aktien-Index FTSE MIB Bekannte Großunternehmen: Telecom Italia, Fiat, Enel, ENI, Unicredito Renzi führte nun schrittweise eine Arbeitsmarktreform durch. Der Kündigungsschutz wurde gelockert, die Zeitspanne für befristete Arbeitsverhältnisse verlängert, Lohnnebenkosten für die Arbeitgeber gesenkt, sofern Arbeitnehmer fest angestellt werden. Es wurde eine Wahlrechtsreform eingeführt und der Senat wurde umgebaut. Nun sollen Schulen, Justiz und die öffentliche Verwaltung reformiert werden. Erste Erfolge dieses Reformkurses sind bereits sichtbar, unterstützt durch die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die den Eurokurs künstlich nach unten drückt, so dass Exportunternehmen konkurrenzfähiger sind. So hat sich die Stimmung bei Italiens Firmenchefs im Juni deutlich aufgehellt. Der Geschäftsklimaindex stieg um 2,5 auf 104,3 Punkte. Das ist der höchste Stand seit Mai 2008. Das Verbrauchervertrauen legte von 106,0 auf 109,5 Zähler zu. Die Auftragseingänge erhöhten sich um 5,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Allerdings sank im April die Industrieproduktion überraschend um 0,3 Prozent. Erholungskurs, aber noch fragil Inwieweit jedoch der Spar- und Reformkurs anhält, bleibt angesichts einer durchschnittlichen Regierungszeit von elf Monaten fraglich. Der umstrittene Regierungschef Silvio Berlusconi gehörte mit seiner Regierungszeit zu den wenigen Ausnahmen in der Nachkriegszeit. Und dass Matteo Renzis Zenit bereits überschritten sein könnte, zeigten die zurückliegenden Regionalwahlen mit großen Wahlerfolgen der Regionalpartei Lega Nord sowie der eurokritischen „Fünf-Sterne-Bewegung“. So fällt es Renzi immer schwerer, sich gegenüber seinen linken Kritikern innerhalb der eigenen Partei durchzusetzen. Hinzu kommt ein möglicher Grexit, der ausländische Investoren auch in Italien noch vorsichtiger agieren lassen könnte. ETFs auf italienische Aktien Italien:Bruttoinlandsprodukt(BIP)proKopfinjeweiligenPreisenvon2004bis 2014(inUS-Dollar) 50.000 39.523,42 40.000 BruttoinlandsproduktproKopfinUS-Dollar sen Kurs mit einer Rentenreform ein. So wurde eine stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters bei Frauen von 60 auf 63 Jahre und bei Männern von 65 auf 67 Jahre beschlossen. Ein früherer Renteneintritt ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer mindestens 42 Jahre und einen Monat in die Rentenkasse eingezahlt hat. 36.587,14 30.000 30.224,76 30.918,1 35.874,68 37.031,28 34.789,38 36.215,65 33.915,46 34.714,7 32.287,05 20.000 10.000 0 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle:: WeitereInformationen: IMF ©Statista2015 Italien 2009 2010 2011 2012 2013* 2014* 50 ENTWICKLUNG DES DB X-TRACKERS FTSE MIB 45 40 35 30 25 20 15 10 01.2007 01.2008 01.2009 01.2010 01.2011 01.2012 01.2013 01.2014 01.2015 db x-trackers FTSE MIB auf Rot, „dies ist der Seitwärtsbewegung seit April mit abschließender Korrektur im Juni geschuldet. Unsere kurzfristigen Signale haben bereits gedreht, bestätigt sich die aktuelle Dynamik mit einem positiven Durchbruch der Jahreshöchststände, wird es für Italien ein interessantes Kaufsignal geben“, so der Fondsmanager Thomas Drabek. des. Überdurchschnittlich gewichtet sind die Sektoren Finanzwesen, Versorger sowie Energie. Größte Positionen darin sind ENI, Intesa Sanpaolo, Unicredit und Enel. Die Aktien werden physisch abgebildet, Erträge ausgeschüttet. Die jährliche Gesamtkostenquote beträgt 0,30 Prozent. Eine thesaurierende Variante auf den Index bietet hingegen iShares (WKN: A0YEDP). Fondsvolumenstärkster ETF ist ein Produkt der Deutschen AWM auf den italienischen Leitindex FTSE MIB (WKN: DBX1MB). Er umfasst die aktuell 41 marktkapitalstärksten Aktien des Lan- Anleger, die angesichts beschriebener Unsicherheiten lieber breiter gestreut investieren möchten, können dies über den bereits erwähnten D3RS Welt AMI tun. Infos finden Sie unter www.d3rs. ZUSAMMENFASSUNG Italiens Wirtschaft erholte sich seit der Finanzkrise nicht, Investitionen & Wachstum gingen zurück, die Arbeitslosigkeit verdoppelte sich fast. Ministerpräsident Matteo Renzi leitete bereits erste Reformen ein, erste Signale deuten auf eine leichte, aber auch fragile Erholung hin. Mit ETFs können Anleger an einer möglichen Erholung partizipieren. Die Trendsignale des D3RS Welt AMI (WKN: A1C4DR) stehen derzeit noch EXTRA-MAGAZIN JULI/AUGUST 2015 33