KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM Irene Andessner Citylights [Wiener Frauen] Fotoportraitserie im Wiener Stadtraum 3. Juli bis 3. September 2008 MEDIEN-EMPFANG 3. Juli 2008, 09.30 Uhr KUNSTHALLE wien project space, Wien 4, Treitlstraße 2 Es sprechen: Sandra Frauenberger Frauenstadträtin Gerald Matt Geschäftsführer KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien Karl Javurek Generaldirektor Gewista Walter Hanzmann Sprecher Kohlmarkt-Komitee Anwesend: Irene Andessner mit ihrem Produktionsteam und Projektsponsoren STATEMENT Frauenstadträtin Sandra Frauenberger: Pionierinnen als Vorbilder im öffentlichen Raum »Wichtig ist es, Frauen sichtbar zu machen – Pionierinnen, die richtungsweisend waren, vor den Vorhang zu holen und diese Frauen zu Vorbildern für andere Frauen werden zu lassen – die Leistungen von Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen wie etwa der Technik, Politik, Kunst, Architektur, Widerstand oder Journalismus in den Mittelpunkt und damit ins Bewusstsein zu rücken. Es freut mich, dass die Künstlerin Irene Andessner mit ihrer Fotoportraitserie ›Citylights [Wiener Frauen]‹, einen wichtigen Beitrag dazu leistet, dass diese Wienerinnen im Stadtbild ein Gesicht bekommen – Österreicherinnen, die mit Selbstvertrauen, Kampfgeist und sehr viel Ausdauer ihre Ziele durchgesetzt haben. Die gesellschaftspolitischen Entwicklungen waren in hohem Maße von Frauen geprägt; von Errungenschaften, die vor allem nachhaltig waren und zu unserem heutigen Leben selbstverständlich dazugehören. Anhand der Biographien der portraitierten Frauen wird deutlich, dass wir heute noch NutznießerInnen und ProfiteurInnen deren Tun und Erfindungen sind. Es ist wichtig, aufzuzeigen, dass Frauen nicht nur ›Gattinnen‹ sind, sondern – Kraft ihrer Persönlichkeit und Beharrlichkeit – Wegbereiterinnen für viele andere Frauen. Denn, wo Frauen sind, folgen Frauen nach. Es geht um Vorbilder in denen sich Frauen wiederfinden und daraus Mut aber auch Kraft schöpfen, sich etwas zu trauen. Unter diesem Aspekt sehe ich auch die aktuelle Frauenpolitik. Es geht darum, beharrlich Initiativen zu setzen, die es Frauen und Mädchen ermöglichen, ›über den traditionellen Tellerrand zu blicken‹ und Rollenbilder neu zu definieren.« PROJEKT-KURZDARSTELLUNG Irene Andessner Citylights [Wiener Frauen] Fotoportraitserie im Wiener Stadtraum 3. Juli bis 3. September 2008 Eröffnung: 3. Juli 2008 um 19.00 Uhr, KUNSTHALLE wien project space karlsplatz, Wien 4, Treitlstraße 2 Im Sommer 2008 realisiert Irene Andessner in Wien eine stadtweite Plakatierung in 400 Citylight-Kästen mit inszenierten Fotoportraits. Als Motive für Portraitserie wählte die Wiener Foto- und Performancekünstlerin verdienstvolle, legendäre und auch fast vergessene Wiener Frauenpersönlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts aus Wissenschaft, Kunst, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die sie darstellerisch nachempfand und bildnerisch interpretierte, um sie auf ihre Weise »wiederzuveröffentlichen«: Marianne Hainisch, Bertha von Suttner, Katharina Schratt, Bertha Pappenheim, Alice Schalek, Emilie Flöge, Lise Meitner, Gina Kaus, Margarete Schütte-Lihotzky, Irene Harand, Hedy Lamarr Das zwischen Historie und zeitgenössischer Kunst changierende Projekt wird in einer Vortragsreihe von Historikerinnen und Kunstkuratoren im KUNSTHALLE wien project space karlsplatz begleitet (Eintritt frei) und es wird ein Stadtrundgang zu den ehemaligen Adressen der Protagonistinnen angeboten (kostenlos), deren Lebensgeschichten auch im Internet nachzulesen sind unter www.wienerfrauen.at. Das Projekt wird unterstützt von: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur; Frauenabteilung der Stadt Wien; KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien; Wien Kultur; Gewista Motivförderer und Ausstatter: Artikel Editionen · Büro Sterngasse · Die Maske · Dr. Haider Petkov · Foto Fayer · Gino Venturini · GrECo International AG · Imagno Brandstätter Images · ISPA Werbung · John Harris Fitness · Juwelier Schullin und Söhne · Juwelier & Silberschmiede Halder · Loden Plankl · Miss Muse · Modeatelier Kaider · Naturhistorisches Museum Wien · Park · Polanoir · Rozet & Fischmeister · Schau Schau Brillen · Schwarzkopf Professional · Thomas Szabo · Toni&Guy · Tostmann Trachten · Wittmann Möbelwerkstätten PROJEKT-KONZEPT Thematische Grundidee: Wiener Frauen-Hommage Das Verdienst von Frauen in Hommagen thematisieren, ihre historischen Glanzleistungen inhaltlich kommunizieren und bildnerisch erstrahlen lassen. Porträtieren von wichtigen/interessanten Frauen mit außergewöhnlichen Lebensläufen bzw. Vorreiterrollen, die in Wien gelebt haben. Legendäre Wienerinnen aus Wissenschaft, Kunst, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Rahmen eines Kunstprojektes im Stadtraum ins öffentliche Bewusstsein bringen, diese aus Archiven, Chroniken und Feuilletons herausholen und außerhalb der musealen Räume in einer Art Straßengalerie der Bevölkerung in Erinnerung rufen bzw. Wiederentdeckungsimpulse generieren. Das Werbemedium der »GewistaCitylights« in den Dienst dieser Erinnerung stellen. Die thematisierten Protagonistinnen Bei ihrer Auswahl für ihre Nachinszenierungen geht es Irene Andessner um Frauen, die wissenschaftsgeschichtlich, sozialhistorisch und kulturell initiativ und erfolgreich wirkten – mit existenziell und kulturell positiven Aus- und Nachwirkungen bis ins Heute: Frauen, die für Frauen Gymnasiums- und Hochschulzugang sowie akademische Berufe und das Frauenwahlrecht durchgesetzt haben; Forscherinnen und Erfinderinnen, die Wissenschaftsgebiete mitbegründet und Grundlagen für moderne Technologien geschaffen haben; Frauen, die Nobelpreis bekommen und andere, die ihn zugunsten ihrer männlichen Forschungspartner nicht bekommen haben, Dichtermusen, die in Stücken von Musil, Schnitzler oder Werfel als literarische Figuren fortleben, und Frauen, die selbst Literatur und Zeitgeschichte geschrieben haben. Entsprechend den gesellschaftlichen und sozialpolitischen Umbrüchen, die meistens von engagierten Frauen ausgehen, fällt die Wahl der Protagonistinnen in deren Wirkungsperiode zwischen Mitte des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts. Es sind Frauen der zwischen 1839 und 1914 geborenen Generationen, deren Lebensgeschichten ideologisch, manchmal auch real ineinandergreifen, was ihr Engagement für die Frauenrechte, gegen den Faschismus, für die Friedensbewegung betrifft. So arbeitete etwa Marianne Hainisch mit Bertha von Suttner in der Friedensbewegung zusammen. In Andessners Porträtgalerie der vorbildlichen Wienerinnen gibt es Entdeckungen zu machen – darunter Irene Harand, die sich 1935 mit ihrem Buch »Sein Kampf – Antwort an Hitler« als einzige Frau öffentlich und konfrontativ Hitlers »Mein Kampf« widersetzt hat (was die Nationalsozialisten mit einem Kopfgeld von 100.000 Reichsmark quittiert haben) – oder die nur für ihre »Frankfurter Küche« bekannte Architektin Margarete Schütte-Lihotzky, die den Nazis so gefährlich war, dass sie sie 1941 vom »Volksgerichtshof« zum Tode verurteilen ließen. Die meisten der Wienerinnen haben – aufgrund ihrer Konfession bzw. ihrer politischen Haltung – viele Jahre im Ausland gelebt und gewirkt. Drei der Vorgestellten haben dort zu bahnbrechnenden Entdeckungen und Erfindungen beigetragen (Meitner, Schütte-Lihotzky, Lamarr). Und Sigmund Freud bezeichnet Bertha Pappenheim (seine »Anna O.«) als die »eigentliche Begründerin des psychoanalytischen Verfahrens [nach der Katharsis-Theorie]«, weil diese die Therapie des Aussprechens zur Entlastung der Seele bewusst reflektiert hat. Acht Frauen arbeiteten journalistisch und publizistisch, um ihre Überzeugungen zu verbreiten – die Hälfte von ihnen unter männlichen Pseudonymen. Bertha von Suttner hat unter dem Namen »Jemand« im Feuilleton das Vorurteil widerlegt, dass es eine spezifische weibliche Art zu schreiben und zu denken gäbe. Gina Kaus zählte (neben Harand) zu den »verbrannten Dichterinnen«. Die Reporterin Alice Schalek konnte ihrer Gefangennahme durch die Nazis wegen »Gräuelprobaganda« (Faschingszug-Fotografien aus Palästina) noch entfliehen; nur eine Häme von Karl Kraus stempelt die erste Kriegsreporterin bis heute als »Kriegsweib« ab; Kulturwissenschaflterinnen wie Elke Krasny oder Historikerinnen wie Brigitte Hamann halten da vergeblich dagegen (Hamann hält Schaleks Reportagen aus dem Ersten Weltkrieg für »die besten Kriegsreportagen, die ich je gelesen habe«). »Es ist erst kurze Zeit her, dass die Frauen zu den Problemen der Realität zugelassen sind. Bis dahin waren sie einerseits selbst Teil der Realität, andererseits Fiktion des Mannes«. (Gina Kaus, 1929) Bildnerisches Grundkonzept: Die Ausstrahlungskraft leuchtender Vorbilder Produktion einer Porträtreihe nach historisch-authentischen, in der Regel fotografischen Porträts. Eine zeitgenössische bildnerische Würdigung von Vorbildern in Form von Nachbildern: historische Porträts mit den Mitteln unserer Zeit ins Heute übersetzen – mit den Stilmitteln und der Technik von heute. Schwarzweiß-Kabinettfotos mit Lichtdesign in farbige Großformate transponieren. Das Wesen und den Charakter der Protagonistinnen durch Nachspüren der Lebensgeschichten in Porträtsitzungen zum Ausdruck bringen und ihr Charisma in Lichtbildkästen aufleuchten lassen – im öffentlichen Raum. WIENER FRAUEN ÜBERBLICK Marianne Hainisch * 1839 Baden bei Wien, † 1936 Wien, Begründerin der Österreichischen Frauenbewegung, Friedensbewegungsaktivistin Bertha von Suttner * 1843 Prag, † 1914 Wien, Schriftstellerin, Pazifistin, Friedensnobelpreisträgerin Katharina Schratt * 1853 Baden bei Wien, † 1940 Wien, Hofschauspielerin Bertha Pappenheim * 1859 Wien, † 1936 Neu-Isenburg, Frauenrechtlerin, Breuers und Freuds »Anna O.« Alice Schalek 1874 Wien, † 1956 New York, Autorin, Forschungsreisende, erste Kriegsberichterstatterin Emilie Flöge, * 1874 Wien, † 1952 Wien, Modeschöpferin, Klimt-Muse Lise Meitner * 1878 Wien, † 1968 Cambridge, Atomphysikerin, Miterfinderin der Kernspaltung Gina Kaus * 1893 Wien, † 1985 Los Angeles, Schriftstellerin, Dichtermuse Margarete Schütte-Lihotzky * 1897 Wien, † 2000 Wien, Architektin, Pionierin im Wohn- und Sozialbau, Widerstandskämpferin Irene Harand * 1900 Wien, † 1975 New York City, Widerstandskämpferin, Buchautorin Hedy Lamarr * 1914 Wien, † 2000 Altamonte Springs, Schauspielerin, Miterfinderin des Frequenzsprungverfahrens WIENER FRAUEN KURZBIOGRAFIEN Marianne Hainisch, geb. Perger * 25.3.1839 Baden bei Wien, † 5.5.1936 Wien Begründerin und Führerin der Österreichischen Frauenbewegung, Muttertag-Initiatorin, Friedensbewegungsaktivistin Die Industriellentochter Marianne heiratet mit 18 Jahren den Spinnereifabrikanten Michael Hainisch, bekommt zwei Kinder, von denen eines, Sohn Michael, der erste Bundespräsident der Ersten Republik wird. 1870 fordert Marianne Hainisch Mädchengymnasien als Voraussetzung zum Hochschulstudium – es bedarf 22 Jahre ihres beharrlichen Einsatzes, bis tatsächlich das erste Mädchengymnasium in Wien-Mariahilf (Rahlgasse), das zugleich das erste im deutschsprachigen Raum ist, eröffnet wird. Aus privaten Mitteln gründet sie ein sechsklassiges Lyzeum, das 1891 Öffentlichkeitsrecht erhält. 1897 dürfen Frauen an der Universität Wien Philosophie studieren, zwei Jahre später Medizin (Karl Kraus setzt noch 1907 den Wunsch von Frauen, Medizin zu studieren, mit Hysterie gleich) und erst 20 Jahre später Jura. 1902 schließt Hainisch die Frauenvereine zum Bund Österreichischer Frauenvereine zusammen (Vorsitzende bis 1918), 1909 wird sie zur Vizepräsidentin des Frauenweltbundes gewählt. Nach dem 1. Weltkrieg arbeitet sie für die Fürsorge und die Friedensbewegung – zusammen mit Bertha von Suttner, nach deren Tod 1914 sie die Leitung der Friedenskommission im Bund Österreichischer Frauenvereine übernimmt. 1924 initiiert sie nach amerikanischem Vorbild die Einführung des Muttertags in Österreich. Gewohnt hat Marianne Hainisch in der Rochusgasse 7 im 3. Bezirk. Bertha von Suttner, geb. Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau, Pseudonyme: B. Oulot, Jemand * 9.6.1843 Prag, † 21.6.1914 Wien Schriftstellerin, Pazifistin, Friedensnobelpreisträgerin Vater Franz Michael Graf Kinsky stirbt schon vor Berthas Geburt. Mutter Sophie Wilhelmine verspielt das geerbte Vermögen im Glücksspiel. Bertha lernt mehrere Sprachen, beschäftigt sich mit Musik, reist viel. Mit 18 nimmt sie den Heiratsantrag des 56-jährigen Gustav Heine (einem jüngeren Bruder Heinrich Heines) an und löst die Verbindung kurz vor dem Hochzeitstermin. Als Dreißigjährige nimmt sie eine Stelle als Gouvernante und Hauslehrerin der vier Töchter des Industriellen Freiherr Karl von Suttner in Wien (Canovagasse) an, verliebt sich in den jüngsten seiner Söhne, Arthur Gundaccar, den sie später gegen den Willen seiner Eltern heiratet. Fristlos entlassen, reist sie 1876 nach Paris, wo sie als Sekretärin für Alfred Nobel arbeitet. Zwei Wochen kurz, aber nachhaltig ist dieses Engagement, denn der Dynamit-Erfinder Nobel macht sie mit der in London gegründeten Friedensbewegung bekannt, für die sie ab nun kämpft. Ihren Lebensunterhalt finanziert sie mit Magazin- und Zeitungsartikeln. 1898/99 beweist sie mit ihrem Buch »Das Maschinenzeitalter« (das sie unter dem Pseudonym »Jemand« herausbringt), dass es keine spezifische weibliche Art zu schreiben und zu denken gibt, denn keiner der Kritiker hat das Geschlecht des Autors erraten. 1889 erscheint ihr Roman »Die Waffen nieder«. Zwei Jahre später gründet Bertha von Suttner die Österreichische Friedensbewegung, hält Vorträge für den Frieden in den wichtigsten Städten Europas und der USA, organisiert Kongresse; 1892 propagiert sie auf dem vierten Weltfriedenskongress in Bern die Gründung eines Europäischen Staatenbundes. Zur Jahrhundertwende wird sie neben Königin Luise, Queen Victoria und George Sand in einer öffentlichen Umfrage zu einer der bedeutendsten Frauen des Jahrhunderts gewählt. In seinem Testament verfügt Alfred Nobel – von seiner ehemaligen Sekretärin inspiriert – einen Preis für »denjenigen oder diejenige« zu stiften, »der oder die am meisten und besten für die Verbrüderung der Völker, für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie für die Bildung und Verbreitung von Friedenskongressen gewirkt« hat. 1905 erhält Bertha von Suttner diesen Preis. Während der Vorbereitungen zu einem Weltfriedens-kongress, den sie im August 1914 in Wien einberufen will, sechs Wochen vor Ausbruch des ersten Weltkrieges, stirbt die Firedensnobelpreisträgerin. »Nach lieben ist helfen das schönste Zeitwort der Welt«, schreibt sie in ihren Epigrammen. Sie wohnt bis zu ihrem Tod in der Wiener Innenstadt, Zedlitzgasse 7. Katharina Schratt * 11.9.1853 Baden bei Wien; † 18.4.1940 Wien Schauspielerin Bereits im Alter von sechs Jahren entdeckt die Tochter eines Badener Papier- und Bürowarenhändlers ihre Liebe zum Theater. Obwohl die Eltern alles versuchten, um sie von der Schauspielerei fern zu halten, folgte sie beharrlich ihrer »Berufung«. Nach ihrem Debüt mit 17 an der Wiener Theater-Akademie in ihrer Heimatstadt ging sie 1872 an das Hoftheater in Berlin. Kurz darauf folgt sie dem Ruf an das Wiener Stadttheater, danach geht sie an das Deutsche Hoftheater in Sankt Petersburg. 1879 gibt die vielgefragte Schauspielerin dem ungarischen Aristokraten Nikolaus Kiss de Ittebe das Jawort und bringt ihren Sohn Anton zu Welt. Nach der Babypause gibt sie ein Gastspiel in New York und kehrt 1883 nach Wien an das Hofburgtheater zurück, wo sie zu einer der beliebtesten Schauspielerinnen ihrer Zeit wird. 1887 zur Hofschauspielerin ernannt, kündigt sie drei Jahre später ihren Vertrag nach Meinungsverschiedenheiten mit dem neuen Burgtheaterdirektor Paul Schlenther. Franz Joseph I wurde sie erstmals 1885 auf dem »Ball der Industriellen« vorgestellt. Der Kaiser schenkt ihr eine Villa in der Gloriettegasse 9 in Wien (nahe seinem Schloss Schönbrunn) und ein Palais am Kärntner Ring 14. Sie besitzt auch ein Haus in Bad Ischl, das der Kaiser von seiner Sommerresidenz über einen schmalen Steg bequem erreichen kann. Die berühmte Freund- und Liebschaft sollte bis Franz Josephs Tod im November 1916 währen. Ab da lebt sie – mit einem Affen, drei Papageien und sieben Hunden – zurückgezogen am Kärtner Ring; selten tritt sie als engagierte Tierliebhaberin an die Öffentlichkeit, z.B. für Lesungen zugunsten wohltätiger Organisationen. Einmal pro Woche sehen die Wiener eine verschleierte, schwarz gekleidete alte Dame zur Kapuzinergruft gehen – wo »die Schratt« ihren geliebten »Franzl« besucht. Sie selbst wird 1940 auf dem Friedhof Wien-Hietzing begraben. Das dollarmillionenschwere Angebot, das ihr zwei Jahre zuvor der Zeitungskönig Hearst für ihre Erinnerungen gemacht hatte, hat sie empört abgelehnt. Bertha Pappenheim (»Anna O.«), Pseud.: Paul Berthold * 27.2.1859 Wien – † 28.5.1936 Neu-Isenburg (D) Frauenrechtlerin, Gründerin Jüdischer Frauenbund; »Eigentliche Begründerin des psychoanalytischen Verfahrens [nach der Katharsis-Theorie]« (Sigmund Freud) Berthas Familienname Pappenheim verweist auf das fränkische Pappenheim. 1870 zieht sie mit ihren Eltern Siegmund und Recha von der Leopoldstadt (Praterstraße 68) in die Lichtensteinstraße 2. Nach behüteter Kindheit und katholischer Mädchenschule bekommt sie mit Anfang 20 Halluzinationen und Angstzu-stände, in der Folge auch Sprach- und Sehstörungen, Nervenschmerzen und rechtsseitige Lähmungen, Amnesie, Depressionen, Essstörungen. Ihr Hausarzt Josef Breuer versucht es mit Hypnose-Behandlungen, verschreibt ihr Sanatoriumsaufenthalte. Bertha P. ist die von der Hysterie geheilte »Anna O.« in der 1895 von Breuer und Freud veröffentlichten Fallstudie. Ihre Aussage, dass das Aussprechen ihr helfe, ihre Seele zu entlasten, entspricht der später als »Katharsis-Theorie« bezeichneten Behandlungstechnik der Psychoanalyse – Freud bezeichnet sie deshalb als die »eigentliche Begründerin des psychoanalytischen Verfahrens«. Ab 1882 lässt sich Bertha Pappenheim zur Krankenpflegerin ausbilden, qualifiziert sich zur Leitung von Krankenpflege-einrichtungen. 1888 geht sie mit der Mutter nach Frankfurt am Main. Dort beginnt sie zu schreiben und sich sozial und politisch zu engagieren. Erste Novellen entstehen 1890 unter dem Pseudonym »Paul Berthold«. Sie übersetzt Mary Wollstonecrafts »A vindication of the rights of woman«, eine Grundschrift der feministischen Bewegung. 1930 erscheint ihre »Sisyphus-Arbeit«, eine Studie über Mädchenhandel und Prostitution in Osteuropa und dem Orient. Hauptberuflich leitet Pappenheim ab 1895 zwölf Jahre lang das Mädchenwaisenhaus des Israelitischen Frauenvereins – »Ausbildung zur beruflichen Eigenständigkeit statt Vorbereitung auf spätere Verheiratung« lautet ihr Erziehungsprogramm. 1904 gründet sie den Jüdischen Frauenbund (JFB) zur »Stärkung der Frauenrechte und Förderung der Erwerbstätigkeit jüdischer Frauen, Gleichstellung im Berufsleben, Kampf gegen den Mädchenhandel, Ausübung der Wohltätigkeit« und 1917 die seit 1945 wiedererrichtete Zentralwohl-fahrtsstelle der Juden in Deutschland. Ab 1924 lebt sie zusammen mit der ca. 40 Jahre jüngeren Journalistin Hannah Karminski (ermordet 1943 in Auschwitz-Birkenau). 1935 vermacht sie dem Museum für angewandte Kunst in Wien ihre Spitzen- und Eisengusskunstsammlung. 1936 erliegt Bertha Pappenheim einer Tumorerkrankung und wird in Frankfurt beerdigt. »Einer Aufgabe darf man sich nie entziehen, einer Zumutung immer«, war ihr Credo. Alice Schalek, Pseud.: Paul Michaely * 21.8.1874 Wien, † 6.11.1956 New York Fotografin, Reisejournalistin, erste weibliche Kriegsberichterstatterin Als Kind des Annoncen-Agenturbetreibers Heinrich Schalek besucht Alice Schalek das Lyzeum des Wiener Frauenerwerbsvereins und lernt mehrere Fremdsprachen. Schon früh interessiert sie sich für andere Länder. 1902 veröffentlichte sie unter dem männlichen Pseudonym Paul Michaely den Roman »Wann wird es tagen?«. 1903 fängt sie als Journalistin im Feuilleton der Neuen Freien Presse in Wien an, für die sie insgesamt über 30 Jahre lang tätig sein wird. Ein Jahr später konvertiert sie vom jüdischen zum protestantischen Glauben. Reisen nach Nordafrika, nach Ägypten und Kleinasien (1905 und 1909) stehen am Beginn ihrer Karriere als Reisejournalistin. Alice Schalek wird als erste Frau in den Presseclub Concordia aufgenommen, ist Vorstandsmitglied des Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien und des PEN-Clubs. 1914 gehört sie zu den Gründern der Wohltätigkeitsorganisation »Schwarz-Gelbes Kreuz«. 1915 berichtet sie – als erste weibliche Kriegsberichterstatterin – über die Kämpfe in den Dolomiten, über den Serbienfeldzug und die Isonzofront. Ihre Fotoberichte erscheinen heroisch und patriotisch. Die k.u.k. Monarchie zeichnet sie dafür 1917 mit dem »Goldenen Verdienstkreuz mit Krone am Band der Tapferkeitsmedaille« aus – eine ungewöhnliche Auszeichnung für eine Frau. Karl Kraus wirft ihr in seiner »Fackel« Kriegsverherrlichung vor und setzt ihr in »Letzte Tage der Menschheit« ein Negativdenkmal – Schaleks Ehrenbeleidigungsklage gegen Kraus bleibt ergebnislos. Nach dem Ersten Weltkrieg macht sie Reisereportagen aus Nord- und Südamerika, Afrika und abermals Asien. In den Dreißigerjahren bereist sie Syrien, den Irak und Iran und dokumentiert das Leben in den Kibbuzim in Palästina. Zwischen ihren Reisen wohnt sie – mit dem Telefonanschluss A-17-2-56 – am Schottenring 15. Zu ihrem 60. Geburtstag (1934) würdigt das Neue Wiener Tagblatt Schalek als »die erste österreichische Weltreisende, die ihre Reisen als Beruf durchführte« und die »die Technik des Weltreisens mit der Beherrschung des Schreibens für Zeitungen, des Photographierens und Vortragens vereinte«. 1939 wird sie wegen Fotografien von einem Faschingszug in Palästina und »Gräuelprobaganda« von den Nazis verhaftet, kann jedoch in die Schweiz fliehen und über London nach New York emigrieren, wo sie sehr zurückgezogen lebt. An der Lebenssituation außereuropäischer Frauen zeigt Schalek zeitlebens großes Interesse. Während ihre frühen Frauenporträts von indischen Tempeldienerinnen, japanischen Geishas oder orientalischen Tänzerinnen noch auf Exotik setzen, so kommen ihre dokumentarischen Frauenbilder in den Zwanzigerjahren ohne folkloristisches Beiwerk aus. Oft gehen der Fotografie intensive Gespräche und freundschaftliche Beziehungen voraus. Auf ihr Engagement in der internationalen Frauenbewegung verweisen zahlreiche Aufnahmen von politisch organisierten Frauen. Von der Stellung der Frau in außereuropäischen Ländern berichtet Schalek in zahlreichen (ca. 500) Lichtbildervorträgen. Neben ihren Novellen und Romanen hinterlässt Alice Schalek rund 6000 Fotografien sowie viele Reisebücher und berichte aus allen Kontinenten. Emilie (Luise) Flöge * 30.8.1874 Wien; † 26.5.1952 Wien Modeschöpferin, Klimt-Muse Emilie, Tochter von Barbara und Drechslermeister Hermann Flöge, erlernt zunächst den Beruf einer Schneiderin, um später eine Modeschöpferin zu werden. Ihre erste Schneiderwerkstatt befindet sich in der Neubaugasse 7. Gemeinsam mit ihren Schwestern Helene und Pauline eröffnet sie 1904 in der Mariahilfer Straße 1b (über dem Café Casa Piccola von Lina Loos’ Vater) den Wiener Haute-Couture-Salon »Schwestern Flöge«. Der von Kolo Moser und Gustav Klimt als Gesamtkunstwerk gestaltete Salon wird zum führenden Modetreffpunkt der Wiener Gesellschaft. Klimt entwirft für Flöges Salon auch »Reformkleider«, die Frauenrechtlerinnen zum korsettfreien Tragen propagieren. In der besten Zeit beschäftigen die Schwestern bis zu 80 Schneiderinnen. 1938 müssen sie ihren Modesalon schließen. Ab 1938 arbeitet Emilie Flöge in ihrer Wohnung im obersten Stockwerk der Ungargasse 39. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs verbrennen hier ihre Trachtensammlung und auch wertvolle Gegenstände aus dem Klimt-Nachlass. Gustav Klimt, den sie als Schwager ihrer Schwester Helene (Frau von Ernst Klimt) kennengelernt hatte, hat seine Emilie ab 1891 oft gemalt und fotografiert. Auf seinem berühmtesten Gemälde »Der Kuss« stilisiert er sich selbst mit ihr als Liebespaar. Lise (Elise) Meitner * 17.11.1878 Wien, † 27.10.1968 Cambridge/G.B. Atomphysikerin, Miterfinderin der Kernspaltung In der Kaiser-Franz-Joseph-Straße 27 (heute Heinestraße 27) in Wien-Leopoldstadt wächst Elise Meitner als dritte Tochter des jüdischen Rechtsanwaltes Dr. Philipp Meitner und Hedwig Meitner-Skovran, erzogen nach evangelischem Glauben. Sie geht in eine Bürgerschule – Mädchen sind an den Gymnasien noch nicht zugelassen. Nach dem Lehrerinnen-Examen und nach Bestehen der Matura, auf die sie sich im Selbststudium vorbereitet hatte, studiert sie Physik, Mathematik und Philosophie an der Universität Wien (u.a. bei Ludwig Boltzmann), beschäftigt sich mit Fragestellungen der Radioaktivität, promoviert 1906 als zweite Frau an der Wiener Universität im Hauptfach Physik. Nach einer erfolglosen Bewerbung bei Marie Curie in Paris arbeitet sie am Institut für Theoretische Physik in Wien. 1907 geht Dr. Meitner nach Berlin in Vorlesungen von Max Planck, trifft dort den Chemiker Otto Hahn, mit dem sie die folgenden 30 Jahre zusammenarbeiten sollte. Da in Preußen Frauen noch nicht studieren dürfen, muss sie das Gebäude immer durch den Hintereingang betreten, und weil sie als Frau die Experimentierräume der Studenten nicht betreten darf, forscht sie als »unbezahlter Gast« mit Hahn bis zur Aufhebung des Verbots (1909) in einer ehemaligen »Holzwerkstatt« im Souterrain des Chemischen Instituts der Berliner Universität an Fragen der Radioaktivität. 1912 bis 1915 ist Meitner Assistentin von Max Planck. 1914 wird sie aufgenommen als das erste weibliche Wissenschaftliche Mitglied der KaiserWilhelm-Gesellschaft für Chemie, wo sie die physikalisch-radioaktive Abteilung bis 1938 sollte. Im Ersten Weltkrieg Kriegsdienst macht sie sich auch als Röntgenschwester an der österreichischen Front nützlich. »Herzlich liebe ich die Physik! Es ist so eine Art persönlicher Liebe, wie gegen einen Menschen, dem man sehr viel verdankt.«, schreibt sie 1915 in einem Brief. 1917 entdecken Meitner und Hahn das Element Protactinium und sie habilitiert 1922 als erste Physikerin Preußens an der Berliner Universität. 1933 wird der Professorin für Kernphysik »als gebürtige Jüdin« die Lehrbefugnis entzogen. Zwischen 1935 und 1938 macht sie noch Strahlungsversuche mit Otto Hahn und F. Straßmann, bevor sie nach Stockholm emigriert und dort ans Nobel-Institut geht. 1939 interpretiert sie mit ihrem Neffen, dem Physiker Otto Robert Frisch, die Resultate der Versuche mit Hahn und Straßmann, berechnet die bei der Uranspaltung auftretende Energie und führt die Bezeichnung »Kernspaltung« ein (für deren Entdeckung Otto Hahn 1946 allein den Nobelpreis für Chemie erhält). Von den USA mehrmals dazu aufgefordert, weigert sich die überzeugte Pazifistin, Forschungsaufträge für den Bau einer Atombombe anzunehmen und bleibt während der Zweiten Weltkriegs in Schweden, wo sie ab 1946 die Kernphysikalische Abteilung des Physikalischen Instituts der Technischen Hochschule Stockholm leitet und 1948 die schwedische Staatsbürgerschaft an, ohne die österreichische aufzugeben. Insgesamt dreimal für den Nobelpreis nominiert, erhält Liese Meitner u.a. 1955 den ersten »Otto-Hahn-Preis für Chemie und Physik« und 1957 die »Friedensklasse des Ordens Pour-leMérite«. 1959 wird in Berlin in ihrer Anwesenheit das »Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung« eingeweiht. 1960 siedelt sie zu ihrem Neffen Otto Robert Frisch nach Cambridge. Bis zu ihrem Tod mit 89 Jahren macht sich Lise Meitner für eine friedliche Nutzung der Kernspaltung stark. Seit 1997 gibt es ein kurzlebiges radioaktives Metall (Halbwertszeit 3,4 Millisekunden) namens Meitnerium. Gina Kaus, geb. Wiener, adopt. Kranz, verh. Zirner, verh. Kaus, verh. Frischauer, Pseudonym: Andreas Eckbrecht * 21.10.1893 Wien, † 23.12.1985 Los Angeles, USA Schriftstellerin und Dichtermuse Die jüdische Familie des Geldvermittlers Max Wiener zieht oft um: ein Jahr nach der Geburt von Regina von der Sterngasse 8 (Innenstadt) in die Berggasse 30, dann vom Alsergrund in die Leopoldstadt (Ferdinandstraße 23) und zurück in den Alsergrund (erst Halmgasse 11, dann ins Haus 15) und schließlich (1913) wieder in die Berggasse (Nummer 8). Um ihr unstetes Elternhaus hinter sich zu lassen, heiratet Regine Wiener bereits mit 20 und folgt ihrem Mann Josef Zirner nach Breslau. 1915 kommt sie als Witwe zurück nach Wien und beginnt zu schreiben. Sie verkehrt im literarischen Kreis des Café Herrenhof, ist befreundet mit den Dichtern der Zeit – Hermann Broch, Franz Blei, Alfred Adler, Robert Musil, Franz Werfel, Karl Kraus –, verbunden mit Kafka-Freundin Milena Jesenska, verliebt in den Schriftsteller Otto Soyka (»Ich hatte einen Geliebten, den ich nicht liebte«). Musil gestaltet später nach ihr die Figur der Alpha in seinem Drama »Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer« (1924); in Werfels Roman »Barbara oder die Frömmigkeit« (1929) ist sie die Hedda Aschermann. 1916 lässt sich die Dichtermuse vom Millionär Josef Kranz zum Schein adoptieren (heißt nun Zirner-Kranz, schreibt unter Pseudonym Andreas Eckbrecht), lässt ihn den Autor und Kritiker Franz Blei als Sekretär engagieren – der ihr Geliebter und Mentor wird und mit dem sie schließlich die Zeitschrift »Summa« gründet. 1917 wird ihre Komödie »Diebe im Haus« im Burgtheater uraufgeführt. 1920 erhält sie für das Theaterstück »Toni« den Goethe-Preis und für ihre Veröffentlichung »Der Aufstieg« den Fontane-Preis; der erzählerische Motor dieser Novelle ist – wie auch 25 Jahre später in ihrem letzten Roman »Der Teufel nebenan« – Alfred Adlers Theorie des »männlichen Protests«. Sie verlässt das Palais Kranz (in der Liechtensteinstraße 53–55) und heiratet den Schriftsteller Otto Kaus, arbeitet in Adlers Frauenberatungsstellen, gibt »Die Mutter« heraus – ein innovatives Magazin für Säuglingspflege und sexuelle Fragen – und schreibt in der »Arbeiterzeitung«. Mitte der 20er Jahre lebt Gina Kaus in Berlin und schreibt für die »Literarische Welt« und die »Vossische Zeitung«. In ihrem Essay »Die Frau in der Literatur« (1929) resümiert sie: »Es ist erst kurze Zeit her, dass die Frauen zu den Problemen der Realität zugelassen sind. Bis dahin waren sie einerseits selbst Teil der Realität, andererseits Fiktion des Mannes«. 1932 erscheint ihr Bestseller »Die Überfahrt«. 1933 zählt sie zu den »verbrannten Dichtern« (»Nie zuvor war ich in besserer Gesellschaft gewesen«). 1935 hält sich ihr Roman »Katharina die Große« in den USA zwei Monate auf der Bestsellerliste. Ihre Wohnung (seit 1933) im Philipphof am Albertinaplatz wird zum Zentrum für geflohene Schriftsteller aus Deutschland – darunter Bertold Brecht und Helene Weigel. 1938 emigriert Kaus mit ihren Söhnen Otto und Peter aus zweiter Ehe und Lebensabschnittsmann Eduard Frischauer aus Wien über Zürich und Paris in die USA, wird in Hollywood zur gefragten Drehbuchautorin; fünf ihrer Romane werden verfilmt. Während sich Gina Kaus im Emigrantenkreis um Vicky Baum, Bertolt Brecht, Fritz Kortner und Berthold Viertel bewegt, bekommt ihre Halbschwester Steffi, verehelichte Stephanie von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst von Adolf Hitler das Goldene Ehrenzeichen der NSDAP und von Hermann Göring Max Reinhardts Salzburger Schloss Leopoldskron. 1941 wird die entfremdete, von Geburt her ebenfalls jüdische Verwandte in New York als HitlerSpionin verhaftet. In Gina Kaus’ 1990 veröffentlichten Memoiren spielt diese Halbschwester die selbe Rolle wie in ihrem Leben: keine Rolle. Margarete Schütte-Lihotzky * 23.1.1897 Wien, † 18.1.2000 Wien Architektin, Pionierin im Wohn- und Sozialbau, Widerstandskämpferin Margarete Lihotzkys Vater ist ein liberal gesinnter, pazifistischer Staatsbeamter, der das Ende des Habsburger Reiches und die Gründung der Republik von 1918 befürwortet. Mit einem Empfehlungsschreiben von Gustav Klimt, einem Freund ihrer Mutter, kommt sie an die K.u.K Kunstgewerbeschule Wien (heute Universität für angewandte Kunst) in die Architekturklasse von Oskar Strnad – einem Pionier des sozialen Wohnbaus – und wird 1919 die erste diplomierte Architektin Österreichs. Sie gewinnt Siedlungsbau-Wettbewerbe und organisiert eine Beratungsstelle für Wohnungseinrichtungen. In gemeinsamen Projekten mit Strnad, Adolf Loos oder Josef Hoffmann plant die »Frau Architekt« Wohnanlagen wie den Winarskyhof im 20. Bezirk. 1926 wird Margarete Lihotzky an das Hochbauamt der Stadt Frankfurt am Main berufen. Hier setzt sie Frederick Winslow Taylors Erkenntnisse von den Arbeits- und Bewegungsabläufen (Taylorismus) in einem Küchenkonzept um – ihre »Frankfurter Küche« ist der Prototyp der modernen Einbauküche. Und hier lernt sie den Architekten Wilhelm Schütte kennen, den sie 1927 heiratet. Anfang der 30er Jahre entwirft sie für die Wiener Werkbundsiedlung Reihenhäuser. 1933 wird ihre Arbeit auf der Weltausstellung in Chicago ausgestellt. Als sich die politische Situation in der Weimar Republik verschlechtert, geht SchütteLihotzky mit ihrem Mann nach Moskau, arbeitet dort mit Kollegen an der Errichtung der Industriestadt Magnitogorsk im Ural. In der Sowjetunion lebt sie, bis Stalins Säuberungen das Leben in der Sowjetunion unerträglich und gefährlich machen. 1937 gehen die Schüttes nach London, dann nach Paris, 1938 ziehen sie nach Istanbul, einem Ruf der Akademie der Schönen Künste folgend. Istanbul wird ein Treffpunkt für verbannte Europäer – die Schüttes treffen z.B. die Musiker Béla Bartók und Paul Hindemith, aber auch den Architekten Herbert Eichholzer, der einen kommunistischen Widerstand zum Nazi-Regime organisiert und Schütte-Lihotzky dafür gewinnt. 1941 wird sie mit ihm und weiteren Köpfen der Untergrundbewegung im Wiener Caféhaus Viktoria am Schwarzenbergplatz von der Gestapo verhaftet, des Hochverrats beschuldigt und vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Durch Entwendung eines offiziellen Briefbogens der türkischen Regierung gelingt es ihrem Mann, die Umwandlung des Todesurteils in eine 15-jährige Zuchthausstrafe zu erreichen, von der sie nach vier Jahren durch die US-Truppen befreit wird. Nach dem Krieg arbeitete die Architektin in Sofia. 1947 geht sie zurück nach Wien, engagiert sich für Frauenfragen und die Friedensbewegung. Ab 1948 ist sie die Vorsitzende des Bundes Demokratischer Frauen Österreichs (bis 1969). Als Kommunistin erhält sie jedoch keine öffentlichen Aufträge und arbeitet infolgedessen als Beraterin in der Volksrepublik China, in Kuba und in der DDR. 1951 trennt sie von ihrem Ehemann. 1962 wird sie Städtebauexpertin der UNO. 1970 bezieht sie ihre Wiener Wohnung in der Franzensgasse 16/40. Verspätet werden ihre Werke in Österreich öffentlich anerkannt. 1980 empfängt sie u.a. den Architektur-Preis der Stadt Wien. Eine Ehrung durch den österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim lehnt sie 1988 wegen dessen Nazivergangenheit ab. 1995 klagt sie – gemeinsam mit anderen ehemaligen Widerstandskämpferinnen – Jörg Haider wegen Holocaust-verharmlosender Äußerungen. 1996 gehört sie zu den Unterstützerinnen des Frauenvolksbegehrens (für Gleichstellung von Frauen und Männern im Bundes-Verfassungsgesetz). An ihrem 100. Geburtstag (1997) tanzt sie im Museum für angewandte Kunst mit dem Wiener Bürgermeister Walzer. Im Jahr 2000 hinterlässt sie ein unveröffentlichtes Manuskript, das 2004 als Buch erscheint unter dem Titel »Warum ich Architektin wurde«. Irene Harand * 7.09.1900 Wien, † Feb. 1975 New York City Widerstandskämpferin, Journalistin, Buchautorin Irenes Mutter vergleicht die Religionen mit einer »Musikkapelle, in der alle die selbe Melodie, nur mit verschiedenen Instrumenten spielen«. In diesem toleranten Klima einer evangelisch-protestantischen Familie wächst sie auf – schon früh sensibilisiert für den latenten, in der Schulzeit wiederholt erlebten Antisemitismus. Nach der Pflichtschule kommt sie an die französische Schule im vierten Bezirk. Und schon mit 19, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, vermählt sie sich mit dem ehemaligen K.u.K-Offizier Frank Harand. Die Ehe überdauert die Zeiten, bleibt aber kinderlos. Ende der zwanziger Jahre stößt Irene Harand zur Kleinrentnerbewegung (»Verband der Kleinrentner und Sparer Österreichs«) des Anwalts und Politikers Dr. Moriz Zalman, der gegenüber der österreichischen Regierung durchsetzen konnte, dass Tausende durch Krieg und Inflation um ihre Altersersparnisse gebrachte Kleinrentner vom Staat eine Entschädigung erhielten. Harand wird Zalmans Stellvertreterin, schreibt für dessen Zeitung »Welt am Morgen«. 1930 gründet sie mit ihm die erste »Österreichische Volkspartei« (nicht mit der später aus der Christlichsozialen Partei hervorgegangenen ÖVP identisch), die sich den Kampf gegen Antisemitismus auf ihre Fahnen heftet – bis zur Machtübernahme durch die Einheitspartei Vaterländische Front unter Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß. 1933 gründet Harand die »Weltbewegung gegen Rassenhass und Menschennot«, die bald als »HarandBewegung« international bekannt wird. Als Sprachrohr gibt das Kommunikationsorgan »Gerechtigkeit« heraus, in dem sie ab September 1933 wöchentlich in einer Auflage von 28.000 Exemplaren über den Antisemitismus berichtet und die Demagogie des NS-Staates, namentlich ihrer Führer und – auch kirchlichen – Unterstützer angreift. 1933 erscheint auch, selbstfinanziert, Harands Streitschrift »So oder So – Die Wahrheit über den Antisemitismus«, 1935 ihr Buch »Sein Kampf – Antwort an Hitler«. 1937 reagiert die Frau, die sich als einzige öffentlich Hitlers »Mein Kampf« widersetzt hat, auf die Münchener Ausstellung »Der ewige Jude« mit einer Verschlussmarkenserie, die Porträts berühmter Juden verbreitet. »...ich muss arbeiten, arbeiten – damit diesen Frieden dieses Glück alle genießen...und mir meines gönnen...«, sagt sie in dieser Zeit. Irene Harands Wohnadresse lautet bis 1938 Wien 1, Elisabethstraße 20. Am 12. März, dem Tag des Einmarsches in Österreich, hält sie sich zu Gesprächen in Paris auf. Die Nationalsozialisten setzen ein Kopfgeld von 100.000 Reichsmark auf sie aus und verbrennen ihre Bücher öffentlich in Salzburg. Von Frankreich zusammen mit ihrem Ehemann über den Atlantik geflüchtet, kann sie Moriz Zalman noch eine Bürgschaft und eine Professur in den USA beschaffen, doch ihr Mitstreiter kommt nicht mehr aus Deutschland heraus und wird im KZ Sachsenhausen ermordet. Die amerikanische Übersetzung von »Sein Kampf« wird von der Anti-Nazi League 526 an alle öffentlichen Bibliotheken der USA verteilt. In New York gründet Harand mit Emigranten das »Austrian Forum«, das sie von 1960 bis zu ihrem Tod 1975 leitet. 1969 wird Irene Harand mit der Ehrenmedaille »Gerechte unter den Völkern« von der israelischen "Yad Vashem"-Gedenkstätte geehrt. 1971 erhält sie das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. 1975 stirbt sie in New York. 1990 wird auf Initiative des ÖVP-Hauptgeschäftsführers Dr. Peter Marboe ein 1952 errichteter Gemeindebau in der Judengasse 4 auf »Irene Harand Hof« getauft. Hedy Lamarr, geb. Hedwig Eva Maria Kiesler * 9.11.1914 Wien – † 19.01.2000 Altamonte Springs, Florida Filmschauspielerin und Miterfinderin des Frequenzsprungverfahrens. Eva Marias Vater Emil Kiesler ist Direktor im Wiener Creditanstalt Bankverein, ihre ungarische Mutter Gertrud Lichtwitz Konzertpianistin – eine jüdisches Elternhaus in Döbling (Osterleitengasse 2b/2/8). 1931 besucht sie das Max-Reinhardt-Seminar in Berlin. Dann geht sie als Script-Girl in die Sascha Filmateliers in Sievering. Auf erste kleinere Filmauftritte folgt 1931 die erste größere Rolle in »Man braucht kein Geld«. 1932 dreht sie knapp 18-jährig die erste Nacktszene der Filmgeschichte in dem Film »Ekstase«, der 1933 gegen den Protest von Papst Pius XI. auf der Biennale in Venedig erfolgreich aufgeführt wird und in den USA nur zensuriert läuft. Ihre erste eigene Meldeadresse lautet Wien-Döbling, Peter-Jordan-Straße 12/2. 1933 tritt Eva Maria in der Operette »Sissy« im Theater an der Wien auf. Im selben Jahr heiratet sie in der Wiener Karlskirche den Wiener Rüstungsindustriellen Fritz Mandl (Hirtenberger Patronenfabrik), der von ihr verlangt hat, dass sie vom jüdischen zum katholischen Glauben übertritt, aber vergeblich versucht, alle »Ekstase«-Filmkopien aufzukaufen. Am gemeinsamen Wohnsitz, dem Schloss Schwarzenau in Niederösterreich, verkehrt Prominenz wie Ödön von Horváth oder das Ehepaar Franz und Alma Werfel. 1936 hat Eva Maria eine Romanze mit dem österreichischen Vizekanzler, Prinz Ferdinand von Starhemberg. 1937 flüchtet sie aus der ehelichen Stadtwohnung am Schwarzenbergplatz 15 über Paris nach London, wo sie MGM-Boss Louis B. Mayer entdeckt und unter dem Künstlernamen Hedy Lamarr (nach dem Stummfilmstar Barbara La Marr) für Hollywood verpflichtet. Die New York Daily News kürt Hedy Lamarr zur »schönsten Frau des Jahrhunderts« (1937). Hedys Hollywood-Debüt ist ein Film (»I Take This Woman«), für den MGM anfangs den Marlene-Dietrich-Regisseur Josef von Sternberg engagiert. Von ihren über 30 Filmen wird »Samson & Delilah« der erfolgreichste (1949) und ihr letzter Film heißt »The Female Animal« (1957). Als Schönste stellt sie sich für Promotions von Parfums, Make-up, Soda-Drinks und Zigaretten zur Verfügung. 1940 erschafft Bob Kane nach ihrem Vorbild die Comic-Figur der Catwoman; über vier Jahrzehnte später trägt die von Sean Young verkörperte Figur der Rachel in Ridley Scotts »Blade Runner« (1982) ihre Züge. 1966 dreht Andy Warhol mit ihr den Untergrundfilm »Hedy«. 1984 überrascht Lamarr als Songwriterin für den Sänger Chris Taaj. »I did what I did for love. The others did it for money«, sagt sie. Anfang der 1990er Jahre benutzt der Softwarekonzern Corel ein digitalisiertes Lamarr-Porträt auf dem Packungscover für die Grafiksoftware »Corel Draw 8« (sie klagt und erhält drei Mio. US-Dollar). Hedy Lamarr, ab 1953 amerikanische Staatsbürgerin, heiratet insgesamt sechsmal und hat drei Kinder. 1941 entwickelt sie mit dem Komponisten George Antheil das »Frequency Hopping« (Frequenzsprungverfahren); das 1942 zur abhörsicheren Kommunikation und zur Aufklärung patentierte System kommt ab Ende der 1980er Jahre auch der zivilen Nutzung zugute – für das GSM-Mobiltelefonieren sowie bei allen Formen der drahtlosen Kommunikation und digitalen Funktechnologien wie Bluetooth und WLAN. Für diese Erfindung erhält Lamarr ab 1997 mehrere amerikanische Auszeichnungen sowie 1998 die »Viktor-Kaplan-Medaille« des Österreichischen Patentinhaber- und Erfinderverbandes. Seit 2006 gibt es den »Hedy Lamarr Preis – Österreichischer Preis für besondere Leistungen von Frauen im Bereich der Nach-richtentechnik«. Im Sommer 2005 streuen Ihre Kinder Anthony und Denise ihre Asche über den Wienerwald. HISTORISCHE ADRESSEN Marianne Hainisch Wien 3, Rochusgasse 7 (Wohnadresse) Marianne-Hainisch-Hof, Wien 3, Petrusgasse 15 (gebaut 1927/28) Marianne-Hainisch-Gasse, Wien 3 (seit 2002) Bertha von Suttner 1873 Wohn- und Arbeitsstelle (als Erzieherin im Hause des Baron Karl von Suttner): Innenstadt, Canovagasse Wohnung (bis Tod 1914): Wien 1, Zedlitzgasse 7 (Gedenktafel) Katharina Schratt Schratt-Villa in Hietzing, Gloriettegasse 9 (umgestaltet) Palais Kärtner Ring 14 Bertha Pappenheim 1. Elternhaus: Wien-Leopoldstadt, Praterstr. 68 (1859–1870) (Geschäftsadresse des Vaters: Praterstr. 19) 2. Wohnadresse (mit Eltern): Wien 9, Liechtensteinstrasse 2, 3. Stock (1870–1888) Pension Vienna, Wien, Frankgasse 5 (1935 zu Besuch in Wien, erster versuchter Spitzenverkauf MAK) Alice Schalek Wohnung: Wien 1, Schottenring 15 (Telephon A-17-2-56) Emilie Flöge Schneiderwerkstätte in der Neubaugasse im 7. Bezirk 1904 Mariahilferstraße 1b im 6. Bezirk Modesalon „Schwestern Flöge“ (über ehemaligem Café Casa Piccola), Wohnung Wien 3, Ungargasse 39 Lise Meitner Geburtsadresse/Elternwohnung: Wien-Leopoldstadt, Kaiser-Franz-Joseph-Straße 27 (heute Heinestraße 27) Gina Kaus 1893 Geburtshaus: Wien 1, Sterngasse 8 1894: Alsergrund, Berggasse 30, dann Leopoldstadt, Ferdinandstr. 23 1910: Alsergrund, Halmgasse 11, dann 15 1913: Berggasse 8 (noch mit Familie) 1916: Palais Dr. Josef Kranz: Alsergrund, Liechtensteinstr. 53–55 Wohnung mit Frischauer: Wien 1, im Philipphof Albertinaplatz (1947 abgerissen, heute Mahnmal gegen Krieg und Faschismus von Alfred Hrdlicka) Margarete Schütte-Lihotzky Elternhaus in Wien-Margareten Eigene Wiener Wohnung: Wien 5, Franzensgasse 16/40 (geplant 1967–69, Einzug 1970) Gewidmete Adressen: Margarete Schütte-Lihotzky Park, Wien 5, Mittersteig (1997) Margarete-Schütte-Lihotzky-Hof, Wien 21, Carminweg 6 Schütte-Lihotzky-Hörsaal 7 der TU Wien, Wien 4, Karlsplatz 13, (Hauptgebäude, Stiege 7, Erdgeschoß) Irene Harand Wien 1, Elisabethstraße 20 (bis 1938) Gewidmet 1952: Irene Harand Hof, Wien 1, Judengasse 4 Hedy Lamarr Elternhaus in Döbling, Osterleitengasse 2b/2/8 (1914-1928) Erste eigene Meldeadresse: Wien 19., Peter-Jordan-Str. 12/2 (von 1928-1933) Stadtwohnung Fritz Mandl: Wien 4., Schwarzenbergplatz 15/3 (1933-1938) Wien 4., Schwarzenbergplatz 15/1/10/11 (1938) VORTRAGSREIHE Veranstaltungsort: KUNSTHALLE wien project space karlsplatz, Wien 4, Treitlstraße 2 Termine, Vortragende/r, Thema: Dienstag, 08. Juli, 19.00 Uhr Dr. Lisa Fischer Lina Loos und die Aufbruchsfrauen der Wiener Moderne Donnerstag, 10. Juli, 19.00 Uhr Dr. Irene Suchy Entfremden und Befremden. Die Komponistin Lili Scheidl-Hutterstrasser und ihre zeitgenössischen Kolleginnen Dienstag, 22. Juli, 19.00 Uhr Mag. Elke Krasny Performing HerStories. Topografien als Form weiblicher Geschichtsschreibung Montag, 28. Juli, 19.00 Uhr Dr. Gabriele Kohlbauer-Fritz »Anna O.« – Bertha Pappenheim Dienstag, 19. August, 19.00 Uhr Prof. Klaus Honnef Das Selbst und die anderen. Irene Andessner und die Kunst der Gegenwart Samstag, 30. August, 15.00 – 17 Uhr Petra Unger M.A. Frauen vor Ort. Lebensgeschichten der Frauen Wiens – ein Rundgang VORTRAGENDE Dr. Lisa Fischer Geboren 1959, Historikerin, Soziologin, Journalistin, Ausstellungskuratorin. Arbeitsschwerpunkte: Lebensweltanalysen, Biografieforschung 18. bis 20. Jahrhundert. Zahlreiche Publikationen zur Wiener Moderne, Regionalhistorie und Europageschichte (u.a. Rumänien und Bulgarien). Wurde u.a. mit dem Wissenschaftspreis der Stadt Wien und dem Kulturpreis der Stadt Klosterneuburg ausgezeichnet. Publikationen u.a. bei Böhlau „Lina Loos. Wenn die Muse sich selbst küsst“ (1994), „Schattenwürfe in die Zukunft. Kaiserin Elisabeth und die Frauen ihrer Zeit“ (1998), „Sigmund Freud. Wiener Schauplätze der Psychoanalyse“ (mit Regina Köpl , 2006), „Eden hinter den Wäldern. Samuel von Brukenthal, Politiker, Sammler, Freimaurer in Sibiu/Hermannstadt“ (2007) und zuletzt bei Czernin „Irgendwo. Wien, Theresienstadt und die Welt. Die Sammlung Heinrich Rieger“ (2008). Dr. Irene Suchy Geboren in Wien, studierte Musikpädagogik, Germanistik, Musikwissenschaft und Violoncello. Aufenthalt in Japan. Musikredakteurin beim Österreichischen Rundfunksender Ö1, verantwortlich für „Apropos Musik - das monatliche Musikmagazin“, moderiert und gestaltet Sendungen wie „Pasticcio“, „Radiokolleg“ und „Spielräume“. Präsentatorin und Dramaturgin im Radiokulturhaus. Universitätslektorin an der Universität für Musik und darstellende Kunst, als Wissenschaftlerin am Weg zur Habilitation. Zahlreiche Buch- und Zeitschriftenbeiträge, Musikwissenschaftliche Forschungen zu NS-Exil und abendländischer Musik in Japan, zu Mäzenatentum in Wien um 1900 – Hugo Wolf, Paul Wittgenstein, Arnold Schönberg und Lilly Lieser – und zur österreichischen Musikgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zu Friedrich Gulda und Otto M. Zykan. 2001 für die Erfindung der „Ö1-Geige“ mit dem Maecenas Anerkennungspreis ausgezeichnet. Mag. Elke Krasny Geboren 1965, lebt als Kulturtheoretikerin, Stadtforscherin Ausstellungsmacherin und Autorin in Wien. Sie lehrt Kunstpädagogik an der Akademie der Bildenden Künste Wien, ist als Kulturvermittlung in Museen tätig und entwickelt Kunstprojekte für den öffentlichen Raum. Zahlreiche Ausstellungen und Publikationen zu Architektur, Kulturgeschichte und Gegenwartskunst sowie partizipatorische Kunstprojekte. Als Vortragende und Moderatorin im Rahmen von Veranstaltungen der ÖGFA (Österreichischen Gesellschaft für Architektur), des AzW, Tanzquartier Wien, sowie bei vielen Kunstprojekten im öffentlichen und sozialen Raum tätig. Mitverantwortlich für die inhaltliche Konzeption des virtuellen Museums www.musieum.at , in dem Objekte aus dem Wien Museum, dem Jüdischen Museum Wien, dem Österreichischen Museum für Volkskunde sowie dem Technischen Museum Wien unter genderspezifischem Fokus präsentiert werden. Neben regelmäßigen publizistischen Tätigkeiten für „Architektur aktuell“, „orf.on“ und „Die Presse“ veröffentlichte Krasny zuletzt (gemeinsam mit Ulrike Felber u. Manuela FellnerFeldhaus) „WELT AUSSTELLEN: Schauplatz Wien 1873“ (Technisches Museum Wien 2004/2005) und „Warum ist das Licht so schnell hell? Eine Reise durch die Welt des Lichts“ (Residenz 2005, mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet). Im Herbst 2008 erscheint im Wiener Metroverlag „Stadt der Frauen. Eine andere Topographie von Wien“. Dr. Gabriele Kohlbauer-Fritz Geboren 1962, Studium der Slawistik und Judaistik in Wien und Moskau; 1987 Promotion; Arbeit als freie Journalistin und Wissenschaftlerin; seit der Eröffnung 1991 Hauskuratorin am Jüdischen Museum der Stadt Wien. Zahlreiche Ausstellungen und Publikationen, zuletzt hat sie den Ausstellungskatalog „Beste aller Frauen: Weibliche Dimensionen im Judentum“(Jüdisches Museum der Stadt Wien, 2007) herausgegeben. Prof. Klaus Honnef Geboren 1939 in Tilsit, studierte Soziologie und Geschichte in Köln. Kunstkritiker, Ausstellungsmacher und Kulturpublizist mit Schwerpunkt Fotografie, lebt in Bonn. 1972 Mitorganisator der documenta 5 (Abteilung „Idee + Idee / Licht“ zusammen mit Konrad Fischer) und 1977 der documenta 6 als Mitverantwortlicher für die Abteilungen Malerei und Fotografie, die erstmals auf einer documenta in ihrer gesamten Bandbreite und bis hin zur Gegenwart gezeigt wurde. Zeichnete über 25 Jahre für das Ausstellungsprogramm des Rheinischen Landesmuseums Bonn verantwortlich. Seit 2000 freier Ausstellungsmacher und Autor u. a. für „Die Welt“, „Kunstzeitung“ und „Kunstjahr“; „Eikon“, „Photonews“, und „Künstler – Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst“. Veröffentlichte zahlreiche Bücher, Ausstellungskataloge, Essays und Artikel. 1980 Berufung als Honorarprofessor für Theorie der Fotografie an die Kunsthochschule Kassel, Lehraufträge u.a. an den Universitäten Trier, Köln und Wuppertal und der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. 1988 mit dem „Chevalier de l'ordre des arts et des lettre“ der Republic de France ausgezeichnet. Zahlreiche Fotobuch-Preise. Vizepräsident der deutschen Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes - AICA; 1989 Mitbegründer und seit 2002 Vorsitzender der Gesellschaft Photo Archiv e.V. in Bonn. Petra Unger M.A. Geboren in Wien, Kulturvermittlerin, geprüfte Stadtführerin und akademische Referentin für feministische Bildung und Politik. In den verschiedensten Bereichen der Kulturvermittlung tätig, darunter in zahlreichen Ausstellungen in Wiener Museen (Künstlerhaus, Kunsthalle, Kunsthaus, Liechtenstein Museum, Sammlung Leopold). Ihr Schwerpunktthema ist Frauengeschichte unter kritisch-feministischen Aspekten. Dazu veranstaltet sie Vorträge, Frauenstadtspaziergänge in Wien und (szenische) Lesungen (etwa zu der Philosophin Helene von Druskowitz, der Weltreisenden Ida Pfeiffer, der Sozialdemokratin und KZ-Überlebenden Rosa Jochmann und der Historikerin Gerda Lerner). Sie veröffentlichte 2006 im Wiener Metroverlag „Wiener Frauenspaziergänge. Wo sich Frauen in Wien am besten finden“. PROJEKT-HOMEPAGE www.wienerfrauen.at Das Kunstprojekt »Citylights [Wiener Frauen]« wird begleitet von einer Projekt-Homepage, auf der sich Betrachter der in den »Gewista-Citylights« affichierten Fotoporträts über die historischen Vorbilder informieren können – über die Lebensgeschichten und die Wiener Adressen der Protagonistinnen, über die projektbegleitenden Vortragstermine sowie über die Künstlerin Irene Andessner. Die Website www.wienerfrauen.at ist als unentgeltlicher Beitrag des Designstudios »Büro Sterngasse«, Melk/Wien, entstanden (Grafik-Design: Georg Zöchling, Programmierung: Roland Fasching). CREDITS Projektteam Bettina Leidl, KÖR Geschäftsführerin Gerald Matt, KÖR Geschäftsführer Ricky Renier, KÖR Projektkoordinatorin Barbara Zwiefelhofer, Organisation Vortragsreihe Klaudius Foltin, Citylights Gewista Produktionsteam Irene Andessner Produktionsmanagement, Recherchen, Texte, Medienarbeit: Peter Fabian Art Director, Setdesign, Bildbearbeitung, Grafik-Design: Florian Rutter Setbau: Olli Aigner Kostümdesign/Ausstattung: Barbara Hollander, Ute Neuber Styling: Therese Weinmann Maske: Bernd Bauer, Tünde Kiss-Benke Haar-Styling: Alex Socher Haare: Laura Slizkova, Lisa Entholzer (Assistentin) Assistentin von Frau Andessner: Valerie Tiefenbacher Fotografie: Peter Kubelka, Sabine Vukovich (Assistentin) Fotoregie Motiv Hedy Lamarr: Lillian Fayer-Barylli Licht-Beratung: Rainer Schmidt Dokukameras: Hanz Eder, Benny Epp, Walter Wehmeyer Set-Fotografie: Susanne Matula Homepage-Design: Georg Zöchling, Büro Sterngasse Homepage-Programmierung: Roland Fasching, Büro Sterngasse Best girl: Anna Catering: Herbert Rausch, Hotel Urania Sponsorenkontakt Kohlmarkt-Komitee: Walter Hanzmann Öffentliche Sponsoren Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur; Frauenabteilung der Stadt Wien; KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien; Wien Kultur Motivförderer und Ausstatter Artikel Editionen · Büro Sterngasse · Die Maske · Dr. Haider Petkov · Foto Fayer · Gewista · Gino Venturini · GrECo International AG · Imagno Brandstätter Images · ISPA Werbung · John Harris Fitness · Juwelier Schullin und Söhne · Juwelier & Silberschmiede Halder · Loden Plankl · Miss Muse · Modeatelier Kaider · Naturhistorisches Museum Wien · Park · Polanoir · Rozet & Fischmeister · Schau Schau Brillen · Schwarzkopf Professional · Thomas Szabo · Toni&Guy · Tostmann Trachten · Wittmann Möbelwerkstätten KÜNSTLERIN KURZPROFIL Irene Andessner Geboren in Salzburg 1978/79 Akademie der Bildenden Künste Venedig (Emilio Vedova) 1979-85 Akademie der Bildenden Künste Wien (Max Weiler, Arnulf Rainer) 1982/83 Arbeitsstipendium Rom 1989–2000 Atelier in Köln 2000–2005 Atelier in Venedig Lebt und arbeitet in Wien Die in Salzburg geborene, in Wien lebende Künstlerin studierte an den Akademien der Bildenden Künste Venedig (Emilio Vedova) und Wien (Max Weiler, Arnulf Rainer). Ihr Hauptthema ist seit 1988 das Selbstporträt, das sie ursprünglich in Form von Malerei und ab Mitte der 90er Jahre in Tableaux vivants, Foto- und Videoinszenierungen umsetzt. „Das Gesicht ist nur zufällig meines“ sagt Irene Andessner 1992. In den Augen von Peter Sloterdijk markieren ihre Porträts als „Détraits“ die Auflösung und damit die Austauschbarkeit der bildnerischen Darstellung von Persönlichkeit (in: Sphären I, 1998). Danach tritt die Selbstinszenierung mit Rollenspiel an die Stelle des gemalten Selbstporträts. „Nachbilder“ von kunst- und zeitgeschichtlichen Vorbildern wie Sofonisba Anguissola oder Frida Kahlo entstehen, auch heilige (Schwarze Madonna) und fiktive (Rachel aus „Bladerunner“) Personen sowie moderne Mythen (Marlene Dietrich). Im Projekt „I.M.Dietrich“ geht die Rollenidentifikation bis zur Annahme des Familiennamens des Vorbildes durch eine reale Heirat. Als „Wanda“ (re)produziert sie das Idealbild, das Leopold von Sacher-Masoch von der Frau hatte. 2006 interpretiert sie die überlieferten, in ihrer Authentizität fragwürdigen Mozart-Porträts („I.A. Mozart(?)“). Den „Saal der berühmten Männer“ im Café Florian (Venedig) verwandelt sie in einen „Salon der illustren Frauen“, den Paternoster im Haus der Industrie (Wien) in einen „Maternoster“ (mater nostra). Überlieferte, erinnerte, vorgestellte, idealisierte, selbst „wahrgenommene“ Bilder… das Bild der Frau, der sie ihr wandelbares Gesicht leiht, „ist immer ­fiktiv – in den Augen des Betrachters wie der Gesellschaft“ (Andessner). Nicht „I was“, sondern „I am“ (wie sie ihr Produktionsteam nennt) ist das Motto der Künstlerin. Ein Credo, mit dem sie selbst historische Gestalten sehr gegenwärtig zum Ausdruck bringt und eine Art Gegen-Gegenwart anbietet – im Sinne: Ich ist eine/bin eine Andere. Projekt- und Werkinformationen unter www.andessner.com ANSPRECHPARTNER Mediensprecherin der StRin Sandra Frauenberger: Elvira Franta, Bakka phil. Tel. 01-4000-81853 Handy 0676-8118-81853 [email protected] Pressekontakt KÖR Kommunikation: Gallus Vögel [email protected] Handy 0664 3966556 Betreuung Vortragsreihe: Barbara Zwiefelhofer [email protected] Handy 0650-740 6572 Künstlerin: Irene Andessner Skype: ireneandessner [email protected] Handy 660-426 0000 Büro Irene Andessner: Peter Fabian [email protected] Handy Österreich: 0660-426 4264 Handy Deutschland: +49-171-210 5200 Text- und Bilddaten-Downloads: www.andessner.com/wienerfrauen