Botschaften und Argumentation der VHI-Initiative „Holz verantwortungsvoll nutzen“ 1. Holzverknappung – eine Realität, die noch an Schärfe gewinnen wird Die Verknappung des Rohstoffes Holz ist allgemein deutlich zu spüren. Es steht nicht genügend Holz für alle Wirtschaftsbereiche, die auf den Rohstoff angewiesen sind, zur Verfügung. Angesichts des wachsenden Bedarfs besteht ein Kannibalisierungspotenzial zwischen konkurrierenden Verwendungszwecken und Branchen. 2. Ursache der Holzverknappung ist der Ausbau der energetischen Biomassenutzung Die Hauptursache der Verknappung von Holz stellt die ungebremste Nachfrage der Holzenergiebranche dar, die in den zurückliegenden Jahren erheblich zugenommen hat. 3. Forstliche Maßnahmen können die Versorgungslücke nicht schließen Die Inventurstudie 2008 hat gezeigt, dass der Holzeinschlag inzwischen auf Höhe des Zuwachses erfolgt und die Reserven mobilisiert sind. Damit ist die Holznutzung aus dem Wald an ihre Grenzen gestoßen und kann nicht weiter expandiert werden. Auch eine Verkürzung der Umtriebszeiten (frühere Baumernte), der Anbau von Kurzumtriebsplantagen (schnellwachsende Gehölze), die Änderung der Baumartenwahl oder Maßnahmen der Forstgenetik sind allein oder kombiniert nicht in der Lage, das bevorstehende Defizit auszugleichen. Ein verstärkter Import aus Übersee scheidet aus ökologischen und ökonomischen Gründen aus. 4. Politische Subventionierungen sind nicht länger verantwortbar Die Nachfrage der Holzenergiebranche wird künstlich „angeheizt“ durch politische Subventionierungen, die ursprünglich nur einen Anreiz zur energetischen Nutzung von Holz geben sollten. Inzwischen muss man von einer Überförderung sprechen. Denn die Technologie ist ausgereift und der Marktzugang ist längst geschafft. Das Marktanreizprogramm und die Steuererleichterungen entfalten inzwischen eine schädliche Wirkung, weil sie den Wettbewerb zwischen energetischer und stofflicher Nutzung verzerren, Preissprünge verschulden, die Unsicherheit bei der Materialversorgung schüren und dadurch den etablierten Holzindustrien den Rohstoff und damit die Grundlage ihres Wirtschaftens entziehen. 5. Bedrohung betrieblicher und beruflicher Existenzen in Holzhandwerk, -industrie und -handel Trotz der wissenschaftlich beschriebenen Versorgungslücke und entgegen bestimmter politischer Willenserklärungen (Aktionsplan der Bundesregierung zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe) begünstigt die Politik auf allen Ebenen die direkte Verbrennung stofflich nutzbarer Holzsortimente in immer mehr Kleinfeuerungs- und neuen Biomasseanlagen. Die stoffliche Holznutzung gerät dadurch ins Hintertreffen. Eine Unterversorgung und Verteuerung von Holz setzt den Unternehmen – gerade in der noch nicht überwunden Krise – existenzbedrohend zu. Ganz konkret bedeutet das Belegschaftsreduzierungen, Betriebsschließungen oder die Verlegung der Arbeit in den rohstoffreicheren Osten. 6. Nur Kaskadennutzung sichert Arbeitsplätze und Innovation Aus sozioökonomischen Gründen ist Holz zunächst stofflich und erst am Ende seines Zyklus‘ energetisch zu nutzen. Ein zu frühes Verbrennen des wertvollen Rohstoffes vernichtet Werte. Die Wertschöpfungskette ist so zu gestalten, dass das Holz und seine Bestandteile der wertmäßig besten Verwendung zugeführt werden. Eine hohe Wertschöpfung sichert Arbeitsplätze und Innovation in Deutschland. Experten sprechen von der so genannten Kaskadennutzung von Holz. Sie ist volkswirtschaftlich geboten. 1 Botschaften und Argumentation der VHI-Initiative (Forts.) 7. Kaskadennutzung dient dem Ressourcen- und Klimaschutz. Der Nutzungsdruck auf den bereits intensiv bewirtschafteten Wald und seine vielfältigen Funktionen wird abgeschwächt. Das Klimagas CO2 bleibt länger im Holz gebunden und verschafft der Menschheit einen wichtigen Zeitgewinn im Kampf gegen eine Klimakatastrophe. 8. Gefahr der Substitution von Holz zu Lasten der Umwelt Wenn Holz nicht mehr ausreichend verfügbar ist, wird es durch Umwelt und Klima belastende Materialien ersetzt, z.B. durch die energieintensiven Bau- und Werkstoffe Aluminium, Stahl und Beton. Die seit den 1990er Jahren erreichten Erfolge des ökologischen, energiesparenden Holzbaus gegenüber der herkömmlichen Massivbauweise werden wieder zunichte gemacht, wenn Holz für Bauherren knapp und zum Luxusgut wird. 9. Betreiber neuer Biomassekraftwerke müssen selbst Verantwortung für Holzversorgung tragen Insbesondere die großen Stromkonzerne planen weitere gigantische Investments, da die energetische Holznutzung in erheblichem Umfang subventioniert wird. Die Betreiber neuer Kraftwerke müssten die eigene Versorgung mit Brennstoff durch das Anlegen von speziellen Energieholzplantagen sicher stellen. Denn frisches Waldholz ist in Deutschland und Europa bereits ebenso „verteilt“ wie Rest- und Altholz: Die gesamte verfügbare Altholzmenge von 7,9 Millionen Tonnen jährlich ist bereits unter Vertrag, die Biomassekraftwerke müssen ihren Bedarf schon heute über zusätzliche Importe in erheblichem Umfang decken. Plantagen allein entschärfen die Lage nicht. Die positive Mengenwirkung kann sich nur entfalten, wenn gleichzeitig ein geschlossenes Nutzungssystem für Holz aus dem Wald (Kaskadennutzung) umgesetzt wird. 10. Die Politik muss jetzt die Möglichkeit nutzen, die Weichen richtig zu stellen Die Bundespolitik ist gefordert, die nationalen Zielvorgaben im Bereich der Erneuerbaren Energien für Holzbiomasse zu überprüfen und diese an die tatsächlichen Potenziale anzupassen sowie sich für eine realistische Ressourcenpolitik auf europäischer Ebene einzusetzen. Bundesregierung und Europäische Kommission müssen wieder faire Wettbewerbsbedingungen zwischen stofflicher und energetischer Holzverwendung herstellen und nach Auffassung des VHI insbesondere die Subventionen zur einseitigen energetischen Holzverwendung sofort stoppen (u. a. reduzierte Umsatzsteuer, keine Ökosteuer, Marktanreizprogramm); Forschung und Entwicklung zur Kaskadennutzung von Holz (erst stofflich, dann energetisch) intensivieren; Gesetzesvorhaben, wie z. B. in Deutschland das Kreislaufwirtschaftsgesetz und das ErneuerbareEnergien-Gesetz, an die Notwendigkeiten einer Kaskadennutzung von Holz anpassen; den Aktionsplan der Bundesregierung zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe (Aug. 2009) innerhalb der Waldstrategie 2020 umsetzen und die vorliegenden Vorschläge zu Förderinstrumenten prüfen; auf Staatsflächen vermehrt Energie(vor)wälder oder Kurzumtriebsplantagen anlegen und sich für eine Flächenbereitstellung der Länder und Kommunen einsetzen; sicherstellen, dass bei öffentlicher Förderung neuer Holz-Biomasseanlagen ein belastbares Gutachten zu den vorhandenen Rohstoffpotenzialen unter Einbeziehung der vor Ort ansässigen Betriebe der Holzindustrie vorzulegen ist. Stand: 2010 2