Muslime fordern eigene gesetzliche Feiertage Der Zentralrat der Muslime in Deutschland setzt sich für zwei feste islamische Feiertage ein. Während CDU und CSU das mit Blick auf die "abendländische Tradition" ablehnen, zeigt sich die SPD offen. Unmittelbar vor Ostern hat der Zentralrat der Muslime in Deutschland einen Vorstoß in eigener Sache gemacht: Der Verband fordert, dass die Bundesländer per Gesetz islamische Feiertage einführen sollen. Ein "wichtiges integrationspolitisches Zeichen" wäre das, erklärte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek den Zeitungen der "WAZ"-Gruppe seinen Vorstoß – eines, das "die Toleranz in unserer Gesellschaft" unterstreichen würde. Konkret schwebt Mazyek vor, je einen Tag im islamischen Fastenmonat Ramadan und einen in der Zeit des islamischen Opferfestes gesetzlich als Feiertage zu verankern. Mazyek geht es vor allem um mehr Sensibilität gegenüber Muslimen: "Es geht nicht um arbeitsfreie Tage, sondern darum, dass Politik, Verwaltung und Behörden diese Tagen entsprechend in den Kalender aufnehmen." Dies mache "unsere Gesellschaft bunter und ist ein Spiegelbild dessen, was wir sowieso schon haben". Da die Muslime eine "signifikante Größe" in Deutschland seien, spreche nichts gegen "einen interreligiösen Kalender". Meinungen dazu: Dem Vorschlag erteilte der Chef des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), eine scharfe Absage: Er sehe dafür "weit und breit keine Notwendigkeit". Deutschland habe überdies "keine islamische Tradition". Die geltenden religiösen Feiertage seien im Rahmen der christlichabendländischen Tradition entstanden. Ähnlich äußerte sich Georg Schmid, Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag. "Deutschland ist ein Land mit einer christlich-abendländischen Tradition und Kultur, deshalb sehe ich keine Notwendigkeit, gesetzliche muslimische Feiertage einzuführen", sagte Schmid im Gespräch mit der "Welt". Auch wenn es für die CSU "als C-Partei" wichtig bleibe, "dass Raum für das Religiöse bleibt und wir nicht zu einer säkularen Gesellschaft werden".Schmid attackierte zudem SPD und Grüne: Man müsse "hellhörig" werden, "wenn gerade die Parteien und Politiker, die das Christliche immer weiter zurückdrängen wollen, plötzlich für muslimische Feiertage kämpfen. Ich höre auch von SPD und Grünen nicht, dass sie sich für christliche Feiertage in muslimischen Ländern stark machen würden." Der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke aus Hamburg sagte, dass zwar auch muslimische Feiertage einen gesetzlichen Schutz verdienten, er schränkte aber gleichzeitig ein: "Sie haben nicht den öffentlichen Charakter wie die Feiertage der christlichen Tradition." Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg macht im Interview mit der Deutschen Welle klar, dass allein die Anzahl von rund 4 Millionen Muslimen in Deutschland noch kein Argument sei: "Wollen wir jetzt gucken, wie hoch der Anteil muslimischer Mitbürger ist und danach verteilen wir die Feiertage? Das wäre eine Gesellschaft, die nach Beliebigkeit und Proporz verfährt." Jeder könne auch so völlig frei entscheiden, welche Feiertage er feiern möchte. "Wir würden eine Diskussion aufmachen, in der wir über eine Quote diskutieren würden, welche Religion welche Feiertage bekommt", so Sensburg. Genauso könnten dann auch Juden, Hindus oder Atheisten Feiertage für sich fordern. Viel wichtiger findet Sensburg, dass die bestehenden Feiertage in Deutschland besser geschützt werden: "Wir haben keine islamische Tradition in diesem Land, das lässt sich nicht wegreden. Die existierenden Feiertage haben eine lange Tradition. Diese kann man nicht aufweichen, indem wir alles gleichmachen." Die Diskussion um zusätzliche Feiertage könnte diese Traditionen gefährden: "Dann können wir irgendwann die Feiertage ganz ohne religiösen Hintergrund feiern und sie nur noch 'bank holiday' nennen - aber dann haben wir uns jedweder Wurzeln beraubt", so Sensburg. Die SPD-Fraktion im Bundestag zeigte sich hingegen offener für das Anliegen des Zentralrats. "Eine Anerkennung muslimischer und jüdischer Feiertage wäre ein gutes Zeichen, denn Menschen mit diesen Religionen gehören zu unserem Land", sagte Kerstin Griese, SPD-Fraktionsbeauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften, der "Welt". Hamburg ist bislang Vorreiter Als erstes und bisher einziges Bundesland hat das SPD-Regierte Hamburg Verträge mit Muslimen geschlossen, welche auf die Gleichstellung christlicher und islamischer Feiertage zielen. Das 2012 vom Ersten Bürgermeister Olaf Scholz unterzeichnete Regelwerk sieht vor, dass muslimische Arbeitnehmer sich an Feiertagen freinehmen können; die verlorene Arbeitszeit müssen sie aber nacharbeiten. Hamburger Schüler islamischen Glaubens müssen an diesen Tagen nicht zur Schule gehen. Die Forderung nach einem gesetzlichen islamischen Feiertag ist keinesfalls neu: Bereits Ende 2004 hatten die damals mit der SPD regierenden Grünen in der "Welt" die Einführung eines solchen Tages gefordert. Im Gegenzug wollte die Partei einen christlichen Feiertag streichen. Jedoch hatten sowohl der Koalitionspartner SPD als auch die Union den Vorstoß scharf kritisiert. Dass es tatsächlich zu bundesweiten muslimischen Feiertagen kommt - ob arbeitsfrei oder nicht - ist derzeit eher unwahrscheinlich. Trotzdem, ein wenig Rückenwind bekommen die Muslime aus den Bundesländern: So trat im kleinsten Bundesland Bremen beispielsweise bereits im Januar 2013 ein Vertrag mit muslimischen Verbänden in Kraft, der Arbeitnehmern an drei hohen islamischen Feiertagen im Jahr erlaubt, unbezahlt frei zu nehmen. Presseerklärung : Islamisches Portal „Es ist erfreulich, dass Bremen den Vertrag mit den Islamischen Religionsgemeinschaften schrittweise umsetzt“, erklärte Oğuz Üҫüncü, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) anlässlich des Beschlusses der Bremischen Bürgerschaft, mit der eine Gleichstellung der islamischen Feiertage mit den christlichen und jüdischen Feiertagen erfolgen soll. Üҫüncü weiter: "Die beschlossene Änderung des Sonn- und Feiertagsgesetzes, die eine Gleichstellung der islamischen Feiertage Opferfest, Ramadanfest und Aschura mit den christlichen und jüdischen Feiertagen vorsieht, ist ein erfreulicher Schritt. Allerdings kann dies nur ein erster Schritt in Richtung Gleichstellung bedeuten. Die vollständige Gleichstellung des Islam in Deutschland muss das Ziel sein". Auch in Hamburg wurde ein ähnlicher Vertrag bereits auf den Weg gebracht. Zuspruch kam auch aus anderen Bundesländern, etwa Baden-Württemberg und Berlin. Die Hauptstadt hat das Recht auf Feiertage für muslimische Arbeitnehmer und Schüler ebenfalls umgesetzt. Derzeit in Bayern: In Bayern sind, auf Anweisung des Kutusministeriums,muslimische Schüler an den Festtagen des Festes des Fastenbrechens und des Opferfestes für die ersten beiden Tage von der Verpflichtung zur Teilnahme am Unterricht und sonstigen Veranstaltungen befreit. Diese Regelung gilt in allen alten Bundesländern sowie in Thüringen.