Projekt Weltethos an der Albert-Schweitzer Realschule „Empört euch!” Walter Lange stellt diesen Aufruf des 93-jährigen Stéphane Hessel, Résistance-Kämpfer und KZ-Überlebender, in den Raum. Das Publikum sind 180 Schülerinnen und Schüler der Albert - Schweitzer- Realschule, die in der Murkenbach-Aula versammelt sind. Walter Lange ist Projektleiter der Stiftung Weltethos für den Bereich Schule. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer besucht er Schulen in ganz Deutschland, um mit Jugendlichen ethische Fragen zu diskutieren. Es gibt Dinge in der Welt, die unerträglich sind und über die man sich unbedingt aufregen sollte. Mit provozierenden Bildern lotet er mit den Jugendlichen aus, was für sie in dieser Welt empörenswert sein könnte. Ist es das Cybermobbing, der Finanztransfer der Reichen in Steueroasen, sexualisierte Gewalt und Ehrenmorde oder „die iPhone Krankheit”? „Wer von Euch schaut morgens als erstes auf sein Handy? Oder denkt ihr manchmal, euer Handy vibriere, obwohl niemand anruft?“ Bei diesen Fragen fühlen sich die Jugendlichen ertappt. Einig sind sie sich aber, dass der „alleinerziehende Fernseher" kein anstrebenswertes Modell ist. Doch was ist die Alternative zur Gewalteskalation und der sich immer höherschraubenden Konsumspirale? Ist es möglich, dass sich Menschen aller Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen auf gemeinsame ethische Werte verständigen? Inspiriert vom »Projekt Weltethos« des Tübinger Theologen Hans Küng verabschiedete 1993 das Parlament der Weltreligionen in Chicago die »Erklärung zum Weltethos«. Erstmals in der neueren Geschichte der Religionen verständigen sich Repräsentanten aller Weltreligionen auf Kernelemente eines gemeinsamen Ethos: • Das Prinzip Menschlichkeit, • die »Goldene Regel« der Gegenseitigkeit, • die Verpflichtung auf Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und die Partnerschaft von Mann und Frau. Die Weisungen der großen alten religiösen und ethischen Traditionen der Menschheit wurden aufgegriffen und in der Erklärung zum Weltethos formuliert: Du sollst nicht stehlen! Oder positiv: Handle gerecht und fair! Du sollst nicht lügen! Oder positiv: Rede und handle wahrhaftig! Du sollst nicht töten! Oder positiv: Hab Ehrfurcht vor dem Leben! Du sollst nicht Unzucht treiben! Oder positiv: Achtet und liebet einander! Weltethos, das ist die Vision eines globalen Bewusstseinswandels im Ethos: Menschen – ob weltweit, national oder lokal – sind für ein friedliches Zusammenleben auf gemeinsame elementare ethische Werte, Maßstäbe und Haltungen angewiesen. Der Einwand kam: „Es werden doch so viele Kriege im Namen der Religion geführt, wie passt das zusammen?" „Wenn man hier genau hinschaut", entgegnete Walter Lange, „so geht es bei diesen Kriegen meist um profane Machtinteressen." Aber es gibt viele Beispiele von der Macht eines erfolgreichen gewaltfreien Widerstandes. Als eindrückliches Beispiel zeigte er die Schlussszenen aus dem Film „Nikolaikirche”. „Wir hatten alles geplant, wir waren auf alles vorbereitet”, so der General, „nur nicht auf Kerzen und Gebete.” Der Erfolg dieser friedlichen Revolution war der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung Deutschlands. Das Projekt wurde ermöglicht durch die Förderung aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.