LYCEE DENIS-DE-ROUGEMONT NEUCHATEL ET FLEURIER ALLEMAND TEXTVERSTÄNDNIS Ballast über Bord: Einfach glücklich Andrea Forth Glücklich – wer wäre das nicht gern ? Amerikanische Wissenschaftler haben jetzt durch Studien belegt, was Diogenes schon vor 2000 Jahren wusste: Wer weniger hat, hat mehr. Was singt doch gleich der Bär Balu im „Dschungelbuch“-Zeichentrickfilm? „Wirf deine 5 Sorgen einfach über Bord“. Allzu gern! Nicht immer ist dies allerdings möglich, zu Beispiel, wenn unser Partner die Arbeit verliert oder wenn ein Kind oder ein Freund schwer krank wird. Auf der anderen Seite gibt es genügend Situationen im Leben, in denen wir unserem Glück selbst im Wege stehen. Oft wäre es nur ein winzig kleiner Schritt – und sofort könnte es uns besser gehen. Schon der 10 Philosoph Diogenes, der vor über 2000 Jahren in Korinth (Griechenland) in einer Tonne lebte, wusste, wie es geht. Er lebte – einfach. In dem berühmt gewordenen Gespräch mit Alexander dem Grossen machte er klar, wie man es schafft, mit wenig glücklich zu werden. Diogenes sagte: „Indem man begreift, dass alle Wünsche nur Umwege sind“. Seine Lebensweisheit ist aktueller denn je. In einer Welt, die uns immer unüberschaubarer 15 und komplizierter erscheint, wünschen wir uns vor allem zwei Dinge: Gesundheit und Glück. Wie ahnen, dass wir auch mit weniger auskommen und uns damit glücklicher und freier fühlen könnten. Wie richtig wir damit liegen, hat eine Studie namens „Luxury Fever“ (Luxusfieber) aus Amerika bewiesen. Professor Robert Frank, Wirtschaftswissenschaftler und Psychologe an der Cornell Universität in New York, ging es um den Zusammenhang von 20 Glück und Wunscherfüllung. Dazu befragte er Arme und Reiche, untersuchte Leute, die sich glücklich fühlten und solche, die nach landläufiger Meinung hätten glücklich sein müssen. Seine Erkenntnis: Wunscherfüllung bringt kein Glück. „Kein äusserliches Verlangen hält jemals, was es versprochen hat“, so Professor Robert Frank. Niemand könne sein Leben nach den eigenen Vorstellungen einrichten. Sei der eine Wunsch endlich erfüllt, stimme etwas 25 anderes nicht. Das Leben sei immer schon zwei Schritte weiter. Und der Versuch sich alles optimal einzurichten, führe zu immer mehr Komplikationen. 1 Wer dagegen einfach lebe, lebe glücklicher. Das zeigt ein Experiment des Forschers, an dem mehrere tausend Frauen und Männer teilnahmen: Sie vereinfachten ihr Leben, anfangs vor 30 allem äusserlich, sprich, sie entrümpelten Haus und Garten, erledigten liegen gebliebene Post, machten endlich die überfällige Steuererklärung, zahlten alte Schulden und schlossen angefangene Vorhaben ab. Mit jedem Stück Ballast, von dem sie sich trennten, wurde es ihnen leichter und freier ums Herz. Diese Entwicklung erstreckte sich schliesslich auch auf ihre Beziehungen zu anderen Menschen: Freundschaften, die nicht aufrichtig waren, wurden 35 beendet. Nach wenigen Wochen schon fanden die Testpersonen, dass sie ein besseres, einfacheres Leben führten. Robert Frank dazu: „Das Verlangen nach mehr Besitz hatte sich bei fast allen gelegt. Und sie spürten, dass sie längst nicht mehr so viel zu sorgen brauchten.“ Denn was sie wirklich im Leben bräuchten, das bekämen sie ganz von selbst. Gerade so, als arbeite ihnen liebevoll zu. 40 Ist also doch was dran an Bär Balus Song „Wirf deine Sorgen über Bord“? Sehen wir das Leben unnötig negativ? Machen wir uns zu viele Sorgen? Vertrauen wir zu wenig auf das Morgen? Und setzen wir uns selbst zu sehr unter Druck? In dem Streben, uns für alle Eventualitäten im Leben abzusichern, nichts zu verpassen. „Ich muss, ich muss, ich muss“: Wie oft schiesst uns dieser Gedanke durch den Kopf? Immer wieder müssten wir eigentlich 45 etwas tun: erledigen, einkaufen, aufschreiben, wegräumen, besorgen, jemanden anrufen. Wir wollen, dürfen nichts versäumen und machen uns damit selbst zum Opfer von Zwängen. Denn was würde passieren, wenn wir all den vermeintlichen Pflichten mal nicht nachkämen, wenn wir uns die Freiheit nähmen, nur wir mal selbst zu sein und uns heute mal „frei“ zu geben? Vermutlich steht viel weniger auf dem Spiel, als wir befürchtet haben. Und uns wäre 50 leicht und wohl ums Herz, geradeso wie Diogenes. Weil wir endlich bei uns selbst angekommen sind. 2