KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Tipps zur Kinder- und Jugendliteratur ---------------------------------------------------- Empfehlungen von Anwärter/innen (Kurs 22/23 – Herr Danner/Herr Schillinger) Seite 1 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 INHALTSVERZEICHNIS TITEL des vorgestellten Buches AUTOR/IN Seite Abgezockt! Als Hitler das rosa Kaninchen stahl Club der toten Dichter Crazy Das Austauschkind Die Wolke Sag mir, was du siehst Schlüter, Andreas Kerr, Judith Kleinbaum, N. H. Lebert, B. Nöstlinger, C. Pausewang, G. Emil und die Detektive Evil – Das Böse Freak Der Herr der Diebe Die Nachtvögel Und dann kam Joselle... Jan, mein Freund Monsterwochen Heißt du wirklich Hasan Schmidt? Cold Turkey Löcher – die Geheimnisse von Green Lake Kästner, E. Guillou, J. Funke, C. Haugen, T. Henkes, K. Pohl, P. Koertge; r. Bosetzky, H. Mechtel, A.( Sachar, L. 15 18 19 21 22 24 26 27 29 30 33 Der Waldläufer Krabat Quasselstrippe Prinz William, Maximilian Minsky und ich Die Welle Rennschwein Rudi Rüssel Level 4 – Stadt der Kinder Pestum, J. Preußler, O. Gleitzman, M. Rahlens, H. J. 35 36 37 41 Rhue, M. Timm, U. Schlüter, A. Slee, C. Brussig, T. Schädlich, H. – J. König, Straube, Taylan: 43 44 45 Schrei in der Stille Am kürzeren Ende der Sonnenallee Der Sprachabschneider Oya. Fremde Heimat Türkei. Zoran Drevenkar Philbrick, R. Seite 2 3 4 6 7 8 10 13 47 48 49 50 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Jugendbuchvorstellung: „Abgezockt!“ von Andreas Schlüter Arena Verlag 2004 (6, 50 Euro), 242 Seiten, geeignet für Klasse 7 und 8 Inhalt Als Bertram und sein Freund Egmont, beides Gymnasiasten, mit dem Fahrrad unterwegs sind, werden sie von Peter, einem Hauptschüler, angehalten. Peter nimmt Egmont das Fahrrad ab und gibt es seiner Clique weiter, damit er dort bessere Chancen hat, „Kassierer“ zu werden und sein Ansehen und seine Stellung in der Clique zu steigern. Aus dem gleichen Grund will er von Bertram 100 Euro erpressen. Da dieser aber bei einem Treffen das Geld nicht dabei hat, soll er in einem Kaufhaus Waren im Wert von 100 Euro stehlen. Bertram lässt sich auf die weiteren Erpressungsversuche und Drohungen ein und wird von einem Privatdetektiv beim Klauen erwischt und von der Polizei vernommen. Aus Angst, man könnte ihm nicht glauben, erwähnt er Peter und seine Vorgeschichte nicht. Auch seinen Eltern gegenüber verschweigt er die Vorfälle. Stattdessen nimmt Bertram 100 Euro aus dem Safe seiner Eltern, um seine „Schulden“ bei Peter zu begleichen. Peter muss unterdessen für ein Fehlverhalten seiner Schwester 1000 Euro an deren Zuhälter zahlen. Zudem soll er sie bestrafen. Als Peter zu Hause eintrifft, schlägt er sie und stößt sie mit voller Wucht an die Wand. Schon im nächsten Augenblick bereut er seine Tat, versucht sich zu rechtfertigen und beschließt, als Wiedergutmachung ein Parfüm für sie im Kaufhaus zu stehlen. Dort angekommen sieht er die Fernsehbilder von den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001. Große Betroffenheit und Bestürzung über die Vorfälle, aber auch die Bewunderung über den Mut der New Yorker Feuerwehrmänner überwältigen ihn. Bertram will die Erpressung durch Peter nicht länger hinnehmen und beschließt, nun aktiv zu werden. Um ihn erstmal zu besänftigen, macht er ihm ein wertvolles Geschenk: Ein OriginalAbzeichen der New Yorker Feuerwehr. Dieses Geschenk bringt Peter zum Innehalten, da er schon seit langer Zeit den Wunsch hegt, Feuerwehrmann zu werden. Er beschließt, sich einem Schweigemarsch zum Gedenken an die Opfer der Terroranschläge anzuschließen, der von Gymnasiasten organisiert wird. Dabei wird er von Mitgliedern seiner Clique entdeckt und zusammengeschlagen, da er zuvor den Informanten eines Cliquenmitgliedes abgeworben hat. Seite 3 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Bertram rettet Peter durch beherztes Eingreifen. Anschließend besucht er ihn im Krankenhaus und überzeugt ihn davon, dass er mit seiner Clique aufs falsche Pferd gesetzt hat. Das Gespräch mit Bertram regt Peter zum Nachdenken an und er überlegt sich Alternativen für sein weiteres Leben, um seinen Traum, als Feuerwehrmann Menschenleben zu retten, zu realisieren. Bewertung und Eignung für den Unterricht Andreas Schlüter schreibt diesen Roman konsequent Kapitel für Kapitel aus der Perspektive von Bertram, dem Opfer und Peter, dem Täter. Dadurch gelingt es ihm, dass sich der Leser in beide Personen hineinversetzen kann und die Beweg- und Hintergründe ersichtlich werden. Das Thema, das sich durch die ganze Geschichte zieht, ist Zivilcourage und der Umgang jedes Einzelnen damit. Schlüter zeigt in seinem Buch, dass sich nicht nur verknöcherte Sozialstrukturen und festgefahrene Verhaltensweisen aufbrechen und verändern lassen. Er demonstriert modellhaft, wie man trotz körperlicher Unterlegenheit bei Handgreiflichkeiten intervenieren kann. Ebenso stellt er dar, wie man mit geschickter Argumentation und unkonventionellen Aktivitäten gegen Erpressung, Mobbing und anderem schädlichen Sozialverhalten erfolgreich vorgehen kann. Die Behandlung des Jugendbuches ermöglicht einen wunderbaren Zugang zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und regt diese an, von ihren eigenen Erfahrungen zu berichten. Isabell Katz Kurs 23 Judith Kerr: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl (Klasse 7/8) Seitenzahl: 239 Preis: 6,95 Euro Inhalt: Die neunjährige Anna und ihr zwölfjähriger Bruder Max wohnen mit ihren Eltern in gesicherten Verhältnissen in Berlin. Die Familie ist jüdischer Herkunft und so wird der Vater, Verfasser regimekritischer Schriften, bei Hitlers Machtergreifung von den Nationalsozialisten verfolgt. Er flieht über Prag nach Zürich, wenig später folgt ihm die Familie in die Schweiz. In Zürich hat der Vater Probleme, seine Schriften zu verkaufen, daher zieht die Familie bald aus dem noblen Zürcher Hotel in Seite 4 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 einen Gasthof am Zürichsee. Die Familie fühlt sich nach anfänglichen Schwierigkeiten in ihrem neuen Domizil wohl, die Kinder besuchen dort die Dorfschule und lernen neue Freunde kennen, jedoch merken sie bald, dass selbst in der Schweiz Juden nicht gleichberechtigt behandelt werden. Als sich die finanzielle Lage der Familie verschlechtert, zieht die Familie nach Paris um, da der Vater dort eine gut bezahlte Stelle findet. In Paris quälen die Familienmitglieder existentielle Probleme: Die Mutter ist der Haushaltsführung in ihrer bescheidenen Wohnung nicht gewachsen, Anna und Max haben Probleme sich zu verständigen und in der Schule Fuß zu fassen. Außerdem finden sie kaum Freunde. Große Geldsorgen führen letztendlich dazu, dass der Vater einen neuen Job in England annimmt und wieder flüchtet die Familie ins nächste Exil, dieses Mal nach London. Trotz des erneuten Umzugs sehen die Kinder der Zukunft in England positiv entgegen und sie sind gespannt, was dort wiederum auf sie zukommen wird. Bewertung: Die Geschichte wird aus der Sicht der zwölfjährigen Anna beschrieben, so dass sie leicht zugänglich und gut nachvollziehbar ist. Aus dem Blickwinkel der Er-Erzählerin wird dadurch die Judenverfolgung aus einer kindlichen Perspektive betrachtet, die dem Leser den Holocaust schonend beibringt, und dies in einer Sprache, die die Geschehnisse so unsentimental in Worte fasst wie kaum ein anderes Jugendbuch. Materialien: - Ravensburger: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Das Schicksal einer Berliner Familie in der Emigration 1933 bis 1935. Materialien zur Unterrichtspraxis. 6./7.Klasse. 2003. - Schroedel: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Lesetagebuch. 2006. Denise Stochniol, Kurs 23 Seite 5 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 N.H. Kleinbaum: Club der toten Dichter Klassenstufe: 9/10, Preis: 6,95 €,: 158 Seiten Inhalt: In dem Roman von Nancy H. Kleinbaum „Club der toten Dichter“, welchen die Autorin nach dem Drehbuch des gleichnamigen Films geschrieben hat, wird der Alltag an einem konservativen und traditionsbewussten Jungeninternat in den Fünfzigern in Vermont USA beschrieben, der durch einen neuen Englischlehrer mit seinen unkonventionellen Lehrmethoden aufgerüttelt wird. Im Besonderen wird die Veränderung von sieben Schülern beschrieben, deren Selbstverwirklichungsversuch mit dem tragischen Selbstmord eines Schülers endet, für dessen dieser Englischlehrer verantwortlich gemacht und daher entlassen wird. Mögliche Unterrichtsthemen: Freundschaft Loslösungsprozess von den Eltern Seite 6 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Selbstfindung, verfolgen eigener Ziele Traumberuf vs. Realität (Arbeitsmarkt, gesellschaftl. Normen und Zwänge, eigenes Leistungspotential) Weiteres Material: Film auf VHS und DVD KLASSENLEKTÜRE – CRAZY (B. Lebert) Klassenstufe: 9./10. Klasse Thematik: Pubertät und Erwachsenwerden Lektürevorschlag: „Crazy“ von Benjamin Lebert Inhalt: „Crazy“ ist die Geschichte des 16-jährigen Benjamin. Damit er nach dem fünften Schulwechsel endlich die 8. Klasse und bestmöglich auch das Abitur schafft, bringen ihn seine Eltern auf das Internat Neuseelen. Doch mehr als den Unterricht beschäftigen Benjamin ganz andere Dinge – die wesentlichen Lektionen fürs Leben lernt er nach dem Unterricht. Obwohl Benni halbseitig gelähmt ist, nimmt ihn die kleine Gruppe um seinen Zimmernachbarn Janosch schnell auf. Die neuen Freunde sind selbst alle „irgendwie anders“ als der Rest der Jugendlichen im Internat und trotzdem sind sie alle Sechs „Helden“ und ziemlich „crazy“. Sie helfen Benni nicht nur mit dem Schuldruck, dem Heimweh und der kriselnden Ehe seiner Eltern zurechtzukommen. Gemeinsam machen sich die Jungs auf den Weg zum Erwachsenwerden, getrieben von der Frage, worum es in dieser Veranstaltung namens Leben eigentlich geht. Geht es um mehr als nur um Mädchen, Sex und Freundschaft? Oder liegt der Sinn des Lebens einfach nur darin, sein Leben zu leben ohne wirklich darüber nachzudenken? Trotz all dieser Fragen lernen die Jungs zumindest eins: Es ist nicht einfach, erwachsen zu werden. Diese Erkenntnis zeigt sich ihnen immer wieder, ob bei der Sexualpädagogin, bei nächtlichen Partys im Mädchengang, der Seite 7 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 unerwiderten Liebe zu einem „(zu)teuren“ Mädchen, der Flucht aus dem Internat oder dem Besuch eines Striplokals.... Einstiegsmöglichkeiten in die Lektüre: - Eigenes autobiographisches Schreiben Einstieg über den Klappentext Einstieg über Buchrezessionen Brainstorming und Diskussion über Außenseiter Weiteres unterrichtliches Vorgehen (Möglichkeiten der Umsetzung): - - Produktiver, kreativer Umgang mit der Lektüre (z.B. innerer Monolog zu Bennis Ankunft im Internat, innerer Monolog von Troy bei der Sexualpädagogin, Bennis Rückblick auf den ersten Tag als Tagebucheintrag, Erstellen einer fiktiven Geschichte über eine weitere Mutprobe der Jungs, Verfassen eines Briefes an Bennis Schwester nach Bennis turbulenter Nacht im Mädchengang, Troy outet sich vor Benni als Bettnässer: Verfassen eines Gespräches zwischen Janosch, Benni und dem dicken Felix über dieses Problem, Verfassen eines Gespräches der Jungs über den Sinn des Lebens...) Verfassen von Charakteristiken der Hauptpersonen Untersuchung des Satzbaus in der Lektüre (unvollständige Sätze => Welche Wirkung hat dies auf den Leser?) Erstellen von Werbeplakaten für das Buch Buch-Film-Vergleich Begleitmaterialien oder außerunterrichtliche Veranstaltungsmöglichkeiten: Begleitband zur Lektüre vom Verlag an der Ruhr, Crazy als Einmann-Theaterstück vom Weimarer Kultur-Express Beispielhafter Stundenentwurf: Caroline Seger, RS-Seminar, Ludwigsburg Das Austauschkind (C. Nöstlinger) Klassenstufe: 7 Thematik: Jugendliche in der Familie, Schüleraustausch Lektürevorschlag: Christine Nöstlinger: Das Austauschkind Seite 8 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 ►Inhalt: In dem Tagebuchroman erlebt der Leser einen nicht ganz gewöhnlichen Sommer des dreizehnjährigen Ewalds mit. Alles beginnt damit, dass dessen Englischleistungen nicht den hohen Erwartungen von Mutter Mittermeier genügen. Ewalds Englischlehrer schlägt deshalb einen Sprachaufenthalt in England vor. Da Ewald diese Idee überhaupt nicht gefällt, bringt er gemeinsam mit seiner älteren Schwester Bille die Eltern davon ab. Die Familie einigt sich schließlich darauf, einen englischen Austauschschüler über die Sommerferienzeit aufzunehmen. In einem Briefwechsel lernen die Mittermeiers ihren vermeintlichen Austauschschüler Tom als netten Jungen kennen. Am Flughafen erwartet die Familie die erste Überraschung: Anstelle des erwarteten Tom landet dessen Stiefbruder Jasper. Dieser entspricht so gar nicht den Vorstellungen der Familie Mittermeier: Jasper ist verfressen, verstockt, muffelig. Familiäre Regeln schätzt er nicht – dafür Milch und Ketchup, verkohlten Grillfisch und gezuckertes Bier. Das harmonische Familienleben der Mittermeiers gerät in den folgenden Sommerferien gehörig ins Schwanken. Dabei kommt es zu vielen komischen Situationen. Ewald findet in den folgenden Wochen schließlich die Ursache für Jaspers merkwürdiges Verhalten. Dieser leidet stark unter seinen familiären Verhältnissen – die völlig im Gegensatz zu Ewalds scheinbar harmonischem Familienleben stehen: Jaspers Eltern sind geschieden, er versteht sich jedoch sehr gut mit seiner Stiefmutter Mary – von der sich sein Vater jedoch wieder trennte. Der Junge leidet sehr unter dieser Trennung und seinen komplizierten Familienverhältnissen. Gemeinsam versucht Familie Mittermeier nun Jasper zu helfen, so dass er sich schließlich immer wohler fühlt. ►Einstiegsmöglichkeiten in die Lektüre: Eine Verbindung mit dem Fach Gemeinschaftskunde (LPE 3: Jugendliche in der Familie) ist empfehlenswert und ein ggf. gemeinsamer Einstieg über die Betrachtung von Familienbildern aus verschiedenen zeitlichen Epochen bzw. sozialen Aspekten denkbar. Da im Jugendbuch auch ein steter Bezug zum Unterrichtsfach Englisch besteht, ist auch ein Einstieg, zum Beispiel über einen Text der Sorte „English for runaways“, und eine weitergehende fächerverbindende Arbeit mit diesem Fach denkbar. Seite 9 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 ►Weiteres unterrichtliches Vorgehen (Möglichkeiten der Umsetzung): - fächerverbindende oder fächerübergreifende Unterrichtsarbeit (insbesondere mit den Fächern Bildende Kunst, Gemeinschaftskunde, Englisch und Religion) - handlungs- und produktionsorientierter Deutschunterricht (z.B. Umsetzung der Tagebuchform in dialogische Texte, Rollenspiel, Theaterspiel) ►Begleitmaterialien oder außerunterrichtliche Veranstaltungsmöglichkeiten: Zu Christine Nöstlingers „Das Austauschkind“ ist im Buchhandel eine Hörspielkassette bzw. CD erhältlich. Weitere Informationen zur Thematik: Zeitbild „Familienbande“, 16-seitiges Schülerheft, kostenlos als Klassensatz erhältlich über: Zeitbild-Verlag, Mainzer Straße 255, 53179 Bonn - Zeitlupe 30 „Familie“, kostenlos erhältlich über: Bundeszentrale für politische Bildung, Berliner Freiheit 7, 53111 Bonn. Christine Nöstlingers Jugendbuch bietet sich hervorragend im Vorfeld oder im Anschluss an einen Schüleraustausch als Klassenlektüre an. - ►Beispielhafter Stundenentwurf: Die folgende Stundenidee setzt die Kenntnisse der Tagebucheinträge von Dienstag, 28. Juli, bis Samstag, 1. August, voraus ( Seite 96 bis 106 ). In diesen Aufschrieben klärt sich Jaspers familiäre Situation für den Leser. Da diese die Ursache für sein Verhalten darstellt und zugleich sehr verworren ist, scheint eine Visualisierung für die Schülerinnen und Schüler nötig. Diese wird im Unterricht durch die Schülerinnen und Schüler selbst in Form eines Soziogramms für Jasper erstellt. Für den Einstieg eignet sich ein Blitzlicht zur Fragestellung „Warum ist Jasper so?“, in dem jede/r Schüler/in eine kurze Vermutung äußern soll. Alternativ wäre ein ggf. fragmentarisch vorliegendes Soziogramm von Ewalds sozialem Umfeld denkbar. Seite 10 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Als Textgrundlage müssen die oben genannten Tagebucheinträge vorliegen, aus denen die Schüler zunächst in Einzelarbeit sowohl die Personen und ggf auch Orte herausarbeiten, die Jasper mag, als auch die, die er nicht leiden kann. In einer folgenden Gruppenarbeit vergleichen die Gruppenmitglieder ihre Ergebnisse und entwickeln arbeitsteilig ein Plakat. In die Mitte des Plakates malt ein Gruppenmitglied Jasper, andere Schüler schreiben und malen um ihn herum die Personen und ggf. Orte, die im Text erwähnt werden. Um seine Zuneigung bzw. Abneigung diesen gegenüber auszudrücken, zeichnen die Schülerinnen und Schüler verschiedenfarbige Verbindungslinien von Jasper zu den Personen bzw. Orten. Hierbei bietet es sich an auf die Kenntnisse der Klasse über warme und kalte Farbtöne aus dem Fach Kunst zurückzugreifen: Linien in warmen Farbtönen drücken Nähe aus, Linien in kalten Farbtönen Distanz oder Ablehnung. Die erstellten Plakate werden durch die Gruppen im Plenum anschließend visuell präsentiert und verbal erläutert. In einer Diskussion am Stundenende können sowohl Jaspers Gründe für sein Verhalten als auch ein Vergleich mit Ewalds familiärer Situation thematisiert werden. M.O. Lutz, RS-Seminar, Ludwigsburg Pausewang, Gudrun:- Die Wolke Klasse: 8 Autorin Gudrun Pausewang: Die berühmte Schriftstellerin Gudrun Pausewang wurde 1928 als älteste von sechs Kindern in Wichstadtl (Ostböhmen) geboren. Nachdem ihr Vater 1943 in Russland geblieben war, musste ihre Mutter nach Kriegsende allein mit den sechs Kindern in den Westen fliehen. Nach dem Studium war Pausewang fünf Jahre als Lehrerin tätig. Sie wechselte dann in den Auslandsschuldienst und lebte sieben Jahre lang in Chile und Venezuela. In diesem Zeitraum bereiste sie Süd- und Nordamerika. 1963 kehrte sie nach Deutschland zurück und unterrichtete vier Jahre in Mainz-Kastel. Nach ihrer Heirat ging sie als Lehrerin für fünf Jahre nach Kolumbien. 1972, zwei Jahre nach der Geburt ihres Sohnes, kehrte sie endgültig nach Deutschland zurück. Hier unterrichtete sie bis 1989 an einer hessischen Grundschule. Gudrun Pausewang ist seit 1958 schriftstellerisch tätig. Sie hat – neben Romanen für Erwachsene – zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, in denen sich ihre eigenen Erfahrungen und die Betroffenheit über die Armut Südamerikas, das Schicksal von Flüchtlingen und über die atomare Bedrohung niederschlagen. Sie engagiert sich in ihren Büchern für den Frieden, die Umwelt und die soziale Gerechtigkeit. Für ihr literarisches Werk erhielt sie zahlreiche Preise, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis 1988 für ihr Buch „Die Wolke“. 1999 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Verlag: Lizenzausgabe der Süddeutschen Zeitung Junge Bibliothek, Band 2, 2005 Seite 11 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 206 Seiten, 16 Kapitel; gebunden, verfilmt: 2006 Inhalt: Tschernobyl ist fast vergessen, da geschieht ein Reaktorunfall in Grafenrheinfeld – die Bundesrepublik hat ihren SuperGAU. Die Behörden beschwichtigen, doch in der Bevölkerung bricht Panik aus. Die 14-jährige Janna-Berta und ihr kleiner Bruder Uli sind völlig schutzlos der Katastrophe ausgeliefert. Janna-Berta und ihr Bruder fliehen vor der Wolke – dem radioaktiven Fallout – mit dem Fahrrad. Noch bevor der Fallout die beiden erreicht, wird Uli, der Bruder, von einem Auto angefahren und stirbt noch an der Unfallstelle. Janna-Berta wird von einer Familie die gerade zufällig vorbeikommt mitgenommen. Später aber versucht sie sich auf eigene Faust zu Verwandten durchzuschlagen und gerät in einen Regenschauer, dabei wird sie radioaktiv verseucht. Sie wird in ein Not-Krankenhaus aufgenommen und lernt dort andere Kinder kennen, die das selbe Schicksal haben wie Janna-Berta. „Den meisten anderen Kindern im Saal ging es ähnlich wie Ayse und Janna-Berta: Nach Tagen scheinbarer Gesundheit ging es ihnen elender als zuvor. Gequält von hohem Fieber und Durchfall, wimmerten sie vor sich hin oder dösten teilnahmslos. Ayse begann eines Morgens, hysterisch zu schreien. Sie hatte sich gekämmt, und dicke Strähnen ihres üppigen schwarzen Haares waren im Kamm hängen geblieben. Auf ihrer Kopfhaut erschienen kahle Stellen. Als Janna-Berta tröstend den Arm um sie legte, schlug sie nach ihr. Erschrocken starrten die anderen Kinder zu ihr herüber und fuhren sich verstohlen über ihre eigenen Köpfe. [...] „Alle diese Fälle gehören in eine Spezialklinik“, hörte sie einen der Ärzte zu einer Schwester sagen. „Aber es sind Zehntausende“, sagte die Schwester. „Zehntausende?“, entgegnete der Arzt. „Hunderttausende! Die, die spätestens in ein paar Jahren dran sind, nicht mitgezählt.“ (S. 94f.) Später meldet sich eine Tante von Janna-Berta aus Hamburg. Die Tante versucht Janna-Berta einen Familienersatz zu geben, bekommt allerdings keinen Zugang zu Janna-Berta. Sie flüchtet vor den neuen familiären Zwängen und kommt bei Freunden unter. Nach einiger Zeit dürfen die Flüchtlinge wieder in die verseuchten Gebiete zurückkehren, da angeblich jetzt keine Gefahr mehr von der Strahlung ausgeht. So kehrt Janna-Berta wieder nach Hause zurück und trifft dort ihre Großeltern an, die gerade aus Mallorca zurückgekommen sind. Seite 12 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Das Buch im Unterricht Das Buch wurde im Schuljahr 05/06 von einer 8. Klasse gelesen und bearbeitet. Folgende Themen werden in diesem Roman behandelt: Panikreaktionen in der Bevölkerung Verlust eines Familienmitgliedes, Tod von einem Geschwisterteil Wertevorstellungen und deren Verfall Umgang mit Radioaktivität (Bevölkerung / Regierung) Liebe + Freundschaft Für andere Verantwortung übernehmen Da die einzelnen Kapitel keine Überschriften haben, war es für die Schüler sehr interessant zu den Kapiteln passende Überschriften zu finden. Das Thema „Radioaktivität“ eignet sich auch sehr gut für eine GFS. Nach meiner Erfahrung bietet es sich an, zuerst das Buch zu lesen und zu bearbeiten und als Abschluss mit der Klasse den Film „Die Wolke“ anzusehen. Buch und Film weichen an einigen Stellen erheblich voneinander ab. Dirk Volquardsen, Kurs 23 Sag mir, was du siehst Zoran Drevenkar Erschienen im Carlsen Verlag, Febr. 2005 270 Seiten € 7,90 Genre: Roman im Bereich Fantasy/Mystery Inhalt: Winter in Berlin. In einer Weihnachtsnacht voller Schneegestöber macht sich die 16-jährige Alissa mit ihrer besten Freundin Evelin zum Friedhof auf. Sie will wie jedes Jahr das Grab ihres Vaters besuchen. Doch als sie im dichten Schnee in eine Grabkammer fällt und einen Kindersarg findet, verändert sich mit einem Seite 13 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Schlag ihr Leben. Von da an sieht Alissa Wesen, die alle anderen nur als Raben wahrnehmen. Und sie zieht auf unheimliche Weise Mensch und Tier um sich herum in ihren Bann: Ihr treuloser Ex Simon folgt ihr, eine kleine Katze stirbt, doch für Alissa ist sie weiterhin real. Ihr ganzes Leben ist auf den Kopf gestellt. Da macht sie sich auf, um die Wesen, die sie sieht, zu finden. Denn sie will Antworten auf ihre vielen Fragen. Bewertung: In dem neuesten Werk des ausgezeichneten Jugendbuchautors Zoran Drevenkar (u.a. Jugendliteraturpreis 2005) geht es um Freundschaft, Liebe, Familie und nicht zuletzt die grundlegende Frage: Wer bin ich? Das Buch ist wunderbar geschrieben, allerdings inhaltlich kein leichter Lesestoff. Doch gerade das macht den Reiz aus. Denn in keinem anderen Alter beschäftigen sich Jugendliche so sehr mit ihrer eigenen Sehnsucht, der Sexualität und auch mit dem Tod. Empfehlenswert, meiner Meinung nach, erst ab Klasse 9 (offiziell ab 12 Jahren). Rezensionen - Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21.12.2002: In diesem Buch geht es um ein sehr spezielles Phänomen, nämlich das der "Sechzehnjährigkeit" - und die wiederum bedeutet, resümiert Andreas Rosenfelder, "Auserwähltheit". Diesen Zustand beschreibt Drvenkar, und zwar am Beispiel seiner Heldinnen Alissa und ihrer lesbischen Freundin Evelin. Unterwegs sind sie in Berlin, aber auch, wenn wir recht verstehen, in einer Art Totenreich, dessen Darstellung mit Poe verwandt ist und auch mit Stephen King. Der Leser erfährt viel von dem, was die Figuren denken, denn der Erzähler gewähre Einblicke aus der Ich-Perspektive, in mehr als einen Kopf. Was sich zeigt ist, dass die Handelnden in recht unterschiedlichen Welten unterwegs sind, auch ein einheitliches Zeitkontinuum lasse sich nicht mehr ausmachen. Rosenfelder konstatiert, offenkundig sehr angetan, „beunruhigende Spannung“ und lobt das „traurig-schöne Ende“. Pamela Kohse, K22 Lektürevorschlag: Emil und die Detektive von Erich Kästner Klassenstufe: 4-7 Thematik: Abenteuer, Freundschaft, Hilfsbereitschaft, „kleine Helden“ Seite 14 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Lektürevorschlag: Emil und die Detektive von Erich Kästner „Der Emil“ ist ein zeitloser Klassiker der Kinderliteratur. In diesem „Kriminal-Abenteuerroman“ finden Kinder bedeutsame „Lebensthemen“ vor, die nicht an eine bestimmte Zeit oder einen bestimmten Ort gebunden sind, wie zum Beispiel Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Opferbereitschaft und Pflichterfüllung. Inhalt: Eine Inhaltsangabe des Buches findet sich im Vorwort zur Fortsetzung („Emil und die drei Zwillinge“) der Geschichte über Emil und die Detektive wieder: „Der erste Band handelte von der ersten Reise des Neustädters Realschülers Emil Tischbein nach Berlin. Emil sollte seiner Großmutter hundertvierzig Mark nach Berlin bringen. Aber das Geld wurde ihm in der Eisenbahn gestohlen, während er schlief. Emil hatte einen Mann im Verdacht, der Grundeis hieß und einen steifen Hut trug. Doch der Junge wußte erstens nicht, ob dieser Herr Grundeis tatsächlich der Dieb war. Und zweitens war Herr Grundeis, als Emil erwachte, nicht mehr im Abteil...“ Emil sieht den besagten Herrn aber an der nächsten Station aussteigen und verfolgt ihn. Auf seiner Verfolgungsjagd spricht ihn „Gustav mit der Hupe“ an. Ihm erzählt Emil, was geschehen ist. Gustav kommt Emil mit 20 Freunden zu Hilfe. Grundeis wird systematisch beschattet und schließlich von Emil und seinen neuen Freunden, den Detektiven, zur Strecke gebracht. Es stellt sich heraus, dass Grundeis ein gesuchter Bankräuber ist, für dessen Ergreifung tausend Mark Belohnung ausgesetzt sind. (Ersterscheinung des Buchs im Jahre 1928) Einstiegsmöglichkeiten in die Lektüre: Um in die Lektüre einzusteigen lässt sich das Hörspiel „Emil und die Detektive“ (siehe Begleitmaterialien) besonders gut nutzen, um mit einem Hörerlebnis Interesse für den Buchtext zu wecken. Aber auch das Bildmaterial aus dem Kapitel „Zehn Bilder kommen jetzt zur Sprache“ (Kästner 1985, 17ff) lassen sich sehr gut für einen Einstieg nutzen. Hier werden die Hauptpersonen und die wichtigsten Schauplätze des Romans vorgestellt. Zusätzlich kann man die Lerngruppe dazu auffordern, alle Bücher und Medien von zu Hause mitzubringen, die etwas mit dem Leben und Werk von Erich Kästner zu tun haben. Auf diese Weise wird schnell sichtbar, welche Rolle der Autor im bisherigen „literarischen Leben“ der Schüler gespielt hat. Wenn genügend Material zusammenkommt, kann auch eine „KästnerAusstellung“ in Erwägung gezogen werden. - Weiteres unterrichtliches Vorgehen: Einlesen in die Lektüre und erstellen einer Schautafel Die Schüler sollen sich ein „Bild“ von Emils Leben in Neustadt machen. Dazu können bestimmte Textstellen mit Zeichnungen illustriert, und anschließend im Klassenzimmer aufgehängt werden. So entsteht eine Schautafel zum Thema „Emils Leben in der Seite 15 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Kleinstadt“. Später kann dann auf gleiche Weise ein „Bild“ von Berlin erarbeitet werden, so dass ein direkter Vergleich möglich wird. - - Markieren der „Tatorte“ in einem Berliner Stadtplan (fächerübergreifend mit Erdkunde) „Emil in der großen Stadt“ (Beschreibung der Situation) Bei Bedarf bieten sich verschiedene Möglichkeiten zum Verfassen einer Personenbeschreibung (S. 20), eines Polizeiberichts, eines Zeitungsberichts (S. 150) oder einer Inhaltsangabe an Vergleich eines Kinderlebens damals / heute Vorführung und Auswertung des Films „Emil und die Detektive“ (1931) Hörspielproduktion mit der Klasse (ist bereits mit einfachen Mitteln am PC zu realisieren) Begleitmaterialien oder außerunterrichtliche Veranstaltungsmöglichkeiten: Die preisgünstigste Ausgabe des Buchs ist unter der ISBN 3-7915-3012-7 (dtv junior) erhältlich (in neuer Rechtschreibung). Vor der Euroumstellung kostete der Band 10.- DM. Coen, Annette: Literatur-Kartei zum Jugendbuch von Erich Kästner „Emil und die Detektive“. Mühlheim an der Ruhr, 2000. Greisbach, Michaela: Emil und die Detektive. Ein Leseprojekt zu dem gleichnamigen Roman von Erich Kästner. Berlin: Cornelsen, 2000. Grenz, Dagmar: Erich Kästners Kinderbücher in ihrem Verhältnis zu seiner Literatur für Erwachsene. In: Lypp, Maria (Hrsg.): Literatur für Kinder. Göttingen 1977 Harbusch, Ute: Emil, Lottchen und der kleine Mann: Erich Kästners Kinderwelt. Marbach am Neckar 1999 Kästner, Erich: Kästner für Kinder, Bd. 1: Emil und die Detektive. Emil und die drei Zwillinge. Das doppelte Lottchen. Der 35. Mai. Als ich ein kleiner Junge war. Das verhexte Telefon. Zürich. Seite 16 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Schikorsky, Isa: Literarische Erziehung zwischen Realismus und Utopie. Erich Kästners Kinderroman „Emil und die Detektive“. In: Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur. Herausgegeben von Bettina Hurrelmann. Frankfurt am Main: Fischer 1995. S. 216-233 Filme und andere Medien - Videokassette (VHS) 42 55616 „Emil und die Detektive“ (70‘), Drehbuch: Billy Wilder, Regie: Gerhard Lamprecht, Deutschland 1931, Vertrieb: Atlas Film + av Video - „Emil und die Detektive“ (75‘), Deutschland 1954, Vertrieb: Taurus-Film-Video GmbH Film (16 mm Lichtton) 32 53122 (72‘) Tonkassette „Emil und die Detektive“, Verlag Deutsche Grammophon Hörfest. MC 423761-4 Beispielhafter Stundenentwurf zum Kapitel 17: „Frau Tischbein ist so aufgeregt“ (Empfohlene) Voraussetzung: Die Textsorte „Bericht“ sollte eingeführt sein; die Stunde kann aber natürlich auch zur Einführung in den Themenkreis „Bericht“ dienen. Einstieg: Gemeinsame Lektüre des 17. Kapitels bis zur Stelle, an der Frau Tischbein folgende Schlagzeile in der Zeitung liest (S. 150): „Kleiner Junge als Detektiv! Hundert Berliner Kinder auf Verbrecherjagd. Und dann folgte ein ausführlicher spannender Bericht über Emils Erlebnisse vom Bahnhof in Neustadt bis ins Berliner Polizeipräsidium.“ Erarbeitungsphase: Die Schüler erarbeiten in Gruppen einen entsprechenden Zeitungsartikel. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, müssen sie über detailliertes Wissen, was den Buchinhalt betrifft, verfügen. Falls die Möglichkeit besteht, könnten die Arbeitsgruppen ihren Artikel später am Computer bearbeiten und ausdrucken. Die fertigen Zeitungsartikel werden von den Gruppen präsentiert, von der Klasse evaluiert und schließlich im Klassenzimmer aufgehängt. Daniel Weinberger, RS-Seminar, Ludwigsburg Jan Guillou (2005): Evil – Das Böse. Carl Hanser Verlag. 384 Seiten, 19,90 € Seite 17 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 (Schwedische Originalausgabe: 1981) ___________________________________________________________________________ Inhalt: Schweden in den 50er Jahren: Erik, 14-jähriger Anführer einer brutalen Jungenbande und Sohn eines prügelnden Vaters, fliegt von der Schule. Seine letzte Chance auf einen ordentlichen Abschluss ist der Besuch des privaten Elite-Internats Stjärnsberg. Erik, der diesmal alles richtig machen und nie wieder Gewalt anwenden wollte, landet jedoch in einer Welt, die nach dem System der Demütigung und Unterdrückung funktioniert. Die Eliteschule wird von einem „Rat“ regiert, einer Gruppe Abiturienten, die über die Disziplin wachen sollen. Die Lehrer schauen weg, während sadistische Mitglieder des Rates die „traditionellen“ Erziehungsmaßnahmen anwenden und jüngere Schüler erniedrigen und quälen. Erik geht von Anfang an auf Konfrontationskurs, wobei er körperliche Gewalt vermeiden muss. Zwar ist er den älteren Mitschülern im Faustkampf überlegen, dennoch wagt er es nicht zurückzuschlagen, weil das seinen Schulausschluss bedeuten würde. Erik wird schnell zum Ziel sadistischer Bestrafungen, denn der Rat ist es nicht gewohnt, dass man ihm widerspricht. Trotzdem setzt Erik seinen Widerstand fort und schafft es beinahe, auch andere Schüler von seiner Sache zu überzeugen. Beurteilung: Das Buch beschreibt sehr eindringlich, dass nicht der einzelne Mensch böse ist, sondern das System, das Umfeld des Menschen, welches ihn dazu bringt, böse zu handeln und zum Täter zu werden. Dabei wird sehr deutlich, dass der Protagonist, obwohl er selbst oft gewalttätig handelt, gegen Gewalt ist. Im Zentrum steht der Wille, sich mit aktivem und passivem Widerstand gegen ein ungerechtes System wehren und den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Damit ist das Buch gut geeignet, Jugendlichen zu zeigen, dass es sich zum Schutz der eigenen Selbstachtung lohnt, Unrecht und Gewalt entgegenzutreten, statt sie zu ertragen. Die im Buch behandelten Themen Gewalt in der Schule, in der Familie und unter Jugendlichen, dürften Schüler sehr interessieren und motivieren, unter anderem deshalb, weil sie sie womöglich selbst betreffen. Empfehlung: Seite 18 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Das Buch eignet sich für Schüler ab 14 Jahren. Ich würde es aber erst in Klasse neun lesen, da es nicht nur sehr umfangreich (384 Seiten) ist, sondern auf den Leser teilweise sehr bedrückend wirken kann. Ein Nachteil ist der recht hohe Preis des Buches, wobei die Taschenbuchausgabe Anfang 2007 erscheinen soll. Zum Autor: Jan Guillou wurde 1944 in Södertälje geboren und zählt zu den bekanntesten zeitgenössischen Autoren Schwedens. Viele seiner Werke wurden verfilmt, so auch der zu großen Teilen autobiographische Roman „Evil“. Der Film wurde 2004 für den Oscar nominiert. Adriane Pawlik, K 23 Klassenlektüre: Rodman PHILBRICK FREAK Klassenstufe: 7/8 Thematik: Freundschaft/ Behinderung Inhalt: Zwei Jungen, die sich schon aus dem Kindergarten kennen, finden sich nach Jahren wieder: in der Schule. Maxwell ist sehr groß, stolpert gelegentlich über seine eigenen Füße und hat nach eigenen Angaben wenig Grips und Verstand. Freak, der eigentlich Kevin heißt, hat dagegen ungemein viel Grips und Interesse an Mythen und Sagen, er liebt Roboter und Science Fiction und ist bestimmt nicht auf den Mund gefallen. Allerdings ist er behindert. Er kann nicht richtig laufen. Er sagt er sei der erste Cyborg: halb Mensch und halb Roboter, weil seine Beine durch Metallschienen gestützt werden. Freak ist noch dazu sehr klein. So kommt es, dass Max ihn öfters auf seinen Schultern trägt, wenn die beiden gemeinsam Abenteuer bestehen. Durch Freak erfährt Max eine Menge interessanter Geschichten über Artus und die Tafelrunde, die schöne Fee Guinevere, Parcival... er lernt viele neue Wörter wie Ornithopter, Loyalität, Dyade usw. Endlich bekommt Max ein Gehirn, durch Kevin, der sein Wissen und seine Wissbegier voller Begeisterung verströmt. Und dann ist da noch die wunderschöne Gwen, Kevin’s Mutter... Der Vater von Max sitzt im Gefängnis, weil er ein Mörder ist. Als er frei kommt, versucht er die Zuneigung seines Sohnes zu bekommen und kidnappt ihn. Ein neues und gefährliches Abenteuer beginnt für die beiden Freunde. Einstiegsmöglichkeiten in die Lektüre: Seite 19 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 1. Sie können über das Thema Freundschaft einsteigen: die eigenen Erfahrungen der Schüler zu ihren Freundschaften; Wünsche, die man an Freunde hat; Enttäuschungen; Superfreundschaften ... / Methoden: Schneeballsystem, stumme Diskussion, Brainstorming, Gedichte... 2. Oder sie steigen über das Thema : meine Stärken/ Schwächen ein. Jeder Schüler überlegt sich, was er besonders gut kann und wo er auf die Hilfe anderer (stärkerer, älterer Schüler,Eltern... angewiesen ist). Dann schickt jeder Schüler ein leeres Blatt mit seinem Namen durch die Klasse und jeder Mitschüler schreibt darauf, welche positiven Eigenschaften dieser Schüler hat, so dass am Ende jeder Schüler eine Liste hat, auf der steht, was er alles kann in den Augen seiner Mitschüler. 3. Sie könnten auch erzählen, dass sich die zwei Jungen nach langer Zeit wieder begegnen. Sie skizzieren die Situation, in der sie sich momentan befinden und lassen die Schüler einen möglichen Fortgang der Geschichte schreiben. 4. Natürlich eignet sich dieses Buch auch hervorragend zum Vorlesen. Auch das könnte ein möglicher Einstieg sein, der die Schüler fesselt, denn es spricht ihre Sprache. Weiteres unterrichtliches Vorgehen Im weiteren Verlauf können Sie sehr viel lesen lassen. Eventuell können die Schüler auch ein Lesetagebuch anfertigen, oder eine Lesebox- in der sie durch Gegenstände und Textauszüge die wichtigsten, interessantesten oder verrücktesten Momente des Buches für sich festhalten. Das Buch ist aus Max’s Sicht geschrieben und es bietet sich an verschiedenen Stellen an einmal die Perspektive zu wechseln: wie empfindet Kevin zum Beispiel ihr erstes Zusammentreffen, oder die Flucht vor Tony D. Oder was denken sich die Jungs um Tony D. als sie die beiden jagen? Was geht in dem Vater vor, als er nach Jahren Haft seinen Sohn wiedersieht? Was hält die Mutter von Kevin von der Freundschaft der beiden? (Briefe an Freunde, weiterschreiben eines Erzählstranges, Tagebuchberichte usw.) Oder die Schüler schreiben, was sie jetzt an Max’s Stelle tun würden und lesen erst danach, wie es wirklich weiter geht. Begleitmaterialien und weitere außerunterrichtliche Veranstaltungen: Leider habe ich noch keine Begleitmaterialien zu diesem Buch gefunden. Aber die Schüler können die Verfilmung des Buches >The Mighty< anschauen. Beispielhafter Stundenentwurf: Kapitel 16 Einstieg: Schüler spielen die Szene Kap 16, die sie zuvor erarbeitet haben (HA, die jedesmal eine andere Gruppe erledigt). Die Mitschüler stellen im Anschluss Fragen, falls sie welche haben und geben Anregungen für Verbesserungen und LOB. (15’) EA: Kreative Schreibaufgabe: 1. Stellt euch vor, Kevin hat nachts aus seinem Fenster beobachtet, was mit seinem Freund Seite 20 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 passiert ist. Was wird er nun tun? 2. Gram und Grim haben gehört, was passiert ist, aber sie haben sich nicht getraut einzugreifen, schließlich saß dieser Mann wegen Mord im Gefängnis. Schreibt einen Dialog! Was besprechen sie, als der Vater mit dem Sohn aus dem Haus ist? 3. Was hat der Vater nun vor? Wohin wird er Max bringen. Lässt sich Max das einfach so gefallen? Wie geht es weiter? Diese drei Aufgaben können zur Auswahl gestellt werden, so dass Schüler, die schon weitergelesen haben, nun eine Geschichte mit Perspektivenwechsel wählen. (15’) EA2: Schreibkonferenz: Schüler setzen sich in ihrem Thema zusammen und lesen gegenseitig ihre Ergebnisse, um das gelungenste herauszufinden und dann vorzutragen. Dazu schreibt jeder Schüler einen (positiven aber kritischen) Kommentar unter jeden gelesenen Text. (10’) Auswertung: Schüler lesen jeweils ihren besten Text vor (5’) Annett Heinz, RS-Seminar, Ludwigsburg Titel: Autorin: „Der Herr der Diebe“ Cornelia Funke Verlag: Atrium Verlag, Oktober 2001 Kosten: 15,90 Euro Inhaltsangabe: Die Brüder Prosper und Bo sind Waisenkinder und auf der Flucht vor ihrer Tante, die nur den kleineren Jungen zu sich aufnehmen möchte. Da die Kinder aber nicht getrennt werden möchten, haben sie sich von Hamburg nach Venedig durchgeschlagen. Venedig ist ihnen aus den fantastischen Erzählungen der verstorbenen Mutter bekannt. Die Jungen schließen sich in der Stadt einer Gruppe von Straßenkindern an, die in einem alten Kino leben und ihren Lebensunterhalt durch gestohlene Antiquitäten verdienen. Die Tante und der Onkel der Brüder haben die Spur der beiden bis nach Venedig verfolgt und erteilen einem Detektiv einen Suchauftrag. Dieser entdeckt sie, allerdings können sie erst einmal entkommen.... Seite 21 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Bewertung: Eine spannende Abenteuergeschichte, die vor einer fantastischen Kulisse und mit kunsthistorischen Einzelheiten sehr genau beschrieben wird. Allerdings könnte der Umfang des Buches manche Leser erschrecken. Empfehlenswert ist das Buch ab Klasse sechs. Materialien: Leider habe ich dazu keine gefunden Claudia Bernhard, K 22 Buchvorstellung: „Die Nachtvögel“ von Tormod Haugen 1. Kurzbiografie des Autors und Wirkungsgeschichte des Buches: Haugen ist am 12. Mai in Trysil, Norwegen geboren. Er absolvierte sein Studium (Deutsch, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft) in Oslo und arbeitete danach im Munch Museum. Haugen erhielt für seinen Roman „Die Nachtvögel“ 1979 den Norwegischen Literaturpreis und im gleichen Jahr den Deutschen Jugendliteraturpreis. Im Jahre 1990 ist Haugen für sein Gesamtwerk mit der internationalen Hans-Christian-Andersen-Medaille für Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet worden. Seit 1979 zählt die einfühlsame Geschichte des 8-jährigen Joachims zu den ersten Klassikern des psychologischen Kinderromans. 2. Inhaltsangabe: In dem Roman „Die Nachtvögel“ werden die vielfältigen Ängste, Sorgen und Gefühle des achtjährigen Joachim vorgestellt. Insbesondere leidet er unter den Schwierigkeiten seiner Eltern. Hilflos erlebt er mit, wie sein Vater immer mehr an seinen eigenen Ängsten verzweifelt und sich die Familiensituation Seite 22 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 zuspitzt. Der Titel des Romas bezieht sich auf die drastischste Erscheinung von Joachims Ängsten: Diese äußern sich in Form von großen, schwarzen Nachtvögeln, die von Joachim in den Schrank gesperrt werden. Zwischendurch werden die Erlebnisse Joachims mit Gleichaltrigen, die seine Ängste häufig noch verstärken, geschildert. Seine Eltern können Joachim nur teilweise helfen, so dass Joachim weitgehend auf sich allein gestellt ist. Aus eigener Kraft lernt er mit der Zeit sich seinen Problemen zu stellen und erlangt schließlich zu mehr Selbstbewußtsein 3. Kommentar: Ein sehr einfühlsames und poetisches Buch, das den verschiedensten Ängsten von Menschen, insbesondere Kinderängsten (Angst vor dem Unheimlichen, soziale Ängste, Versagensängste usw.) einen Raum und ein Sprachohr verleiht. Die Schüler können mithilfe von Joachims Ängsten eigene Ängste (in der dritten Person) thematisieren. Ein wesentlicher Schritt bei der Angstbewältigung ist das Verbalisieren von Ängsten. Der Lehrer kann mithilfe des Buches Angstbewältigungsstrategien zum Lerninhalt machen. Das Thema des Buches wird differenziert dargestellt; keine Schwarz-Weiß-Darstellung (ein Junge kann auch Angst haben usw.) und beschäftigt sich auch mit anderen Themen (Freundschaft, Gewalt, Aggressivität und Konflikte innerhalb der peer group usw.) Der Autor bedient sich einer sehr symbolreichen, märchenhaften Sprache. Neben dem Problemgehalt, die authentische und beeindruckende Darstellung der Ängste des Protagonisten, weist das Buch auch eine hohe literarische Qualität auf (z.B. strukturell differenzierte Erzählweise). Insbesondere eignet sich die Lektüre des Buches im Unterricht mit Schülern der 5. Klasse, denn diese sind vielen Veränderungen ausgesetzt, die Ängste mit sich führen. Eine weitere Zielgruppe ist jedoch auch das 6. und 7. Schuljahr. Zur Behandlung im Unterricht eignen sich sowohl kognitiv-analytische Verfahren, die auf die Interpretation und die literarästhetischen Faktoren des Buches abzielen, aber auch handlungs-und produktionsorientierte Zugangsweisen. Anregungen hierzu: Daubert, H.: Tormod Haugen. Die Nachtvögel. 5.-7.Schuljahr. In: dtv junior (Hrsg.): Lesen in der Schule mit dtv junior. Unterrichtsvorschläge für die Altersstufen 9 bis 12 Jahren. Moderne Kinderromane 1. 5. Aufl. München: dtv 2000, S. 31-54. Rebecca Rusche, K22 Seite 23 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Kevin Henkes: „...und dann kam Joselle“ Materialien/ Literatur: Daubert, Hannelore und Horst, Gisela:„Kevin Henkes: ...und dann kam Joselle. 5.-7. Schuljahr“. In: Lesen in der Schule mit dtv junior. Unterrichtsvorschläge für die Altersstufen 9 bis 12 Jahre. Moderne Kinderromane. DTV junior. 3. Auflage. München 1998. S. 129-158. (Auszug auch erhältlich als PDF-Datei auf der Homepage des DTV). Fischer, Kordula: „Umgehen mit Steinwörtern. Kevin Henkes: ...und dann kam Joselle – die literarische Vorstellungskraft fördern.“ In: Praxis Deutsch, Heft 162. Neue Kinder- und Jugendliteratur. S. 39-44. Henkes, Kevin: „...und dann kam Joselle“. München 1996. (6€) Hintz, Ingrid: „Lesetagebuch zu Kevin Henkes ...und dann kam Joselle“. Schroedel Verlag 2003. (2,50€) Inhalt: Der Kinderroman „...und dann kam Joselle“ erzählt von dem zehnjährigen Nick Werla, dessen Mutter fünf Jahre zuvor an Krebs gestorben ist, was Nick bis heute nicht verarbeitet hat. Nick lebt mit seinen Ängsten und Alpträumen, v.a. wenn sich der Todestag der Mutter wieder jährt. Sein letztes Erlebnis mit seiner Mutter, eine Fahrt mit einem Riesenrad, will er als Mutprobe jedes Jahr wiederholen. Da dies im ersten Jahr fehlgeschlagen ist, erschafft sich Nick seit dem immer wieder einen imaginären Freund, der ihm bei diesem Vorhaben helfen soll. Diesen Freund „begräbt“ Nick nach jedem Scheitern auf einem nahegelegenen Hügel. Nick versucht durch sein Spielen die Verbindung zur Mutter aufrecht zu erhalten: er sammelt Schlüssel, die die im Traum verschlossene Tür zur Mutter öffnen könnten und er spielt mit der Arche und ihren Tieren, die er von der Mutter als letztes Geschenk bekam. Joselle Stark, etwa so alt wie Nick, lebt seit kurzem in der Nähe bei ihrer Oma. Sie wurde von ihrer Mutter Vicky als „Ballast“ dorthin geschickt, damit Vicky ungestört Zeit mit ihrem neuen Freund verbringen kann. Joselles Oma erzählt Joselle um sie zu trösten, dass es dem Nachbarsjungen Nick noch schlechter geht, da er seine Mutter Reena sogar verloren hat. Joselle ist von seinem Schicksal fasziniert und legt heimlich mit Steinen u.a. das Wort „Reena“ auf den Hügel direkt vor Nicks Fenster. Nick ist entsetzt und wird erneut mit dem Tod der Mutter konfrontiert. Seite 24 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Auf diesem Hügel lernen sich die zwei Kinder dann kennen und entwickeln eine intensive Freundschaft, ohne dass Nick von Joselles Steinwörtern weiß. Durch diese Freundschaft erfährt nun auch Joselle, dass sie gebraucht wird und beide Kinder lernen mit Verlusterfahrungen umzugehen. Durch Joselles Lügen wird die Freundschaft letztendlich auf eine harte Probe gestellt. Sie streiten sich und Joselle geht wieder zur Mutter zurück, ohne alles mit Nick direkt klären zu können. Nick ist aber nun innerlich stärker geworden und auf einem guten Weg, seine Trauer und den Verlust durch Gespräche und Malerei verarbeiten zu können. Kommentar: Dieses Buch halte ich für den Deutschunterricht in Kl. 6 und 7 sehr gut geeignet, um die Themen Freundschaft und Trauerarbeit durch einen vielschichtigen, sprachlich und inhaltlich komplexen Kinderroman zu erarbeiten. Die Schüler können durch die Figuren über eigene Ängste und Probleme, sowie deren Lösungsmöglichkeiten reflektieren und reden. Die durchgängig auftauchenden symbolischen Leitmotive und Metaphern bieten die Möglichkeit, die Wahrnehmung von Symbolen und ihre Sinnerschließung zu üben. Dieser Roman bietet eine Vielzahl an Gelegenheiten für eine handlungs- und produktionsorientierte Erschließung. Die Handlung weist viele Andeutungen, Vorausdeutungen und Leerstellen auf, die sehr gut aufgegriffen werden können. (Ideen vgl. Literaturangaben) Dieser literarisch wundervoll gestaltete Roman, der aus zwei Perspektiven (Nick und Joselle, dargestellt durch unterschiedliche Schriftarten) personal erzählt wird, eignet sich hervorragend zur Schaffung von Grundlagen eines literarischen Verständnisses. Andrea Poggemeier K22 Jan, mein Freund Peter Pohl 1985 Originalausgabe „Janne min vän“, 1989 dt. Erstausgabe im Ravensburger Buchverlag 352 Seiten ca. € 7,95 empfohlenes Lesealter: Jugendliche aufwärts Seite 25 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugend-literaturpreis und der Nils- Holgersson- Medaille, dem wichtigsten schwedischen Jugendbuchpreis. Genre: Jugendroman Inhalt: Krister „Krille“ ist Schüler an der schwedischen Schule Södra Latin im Schuljahr 54/55. In den Ferien lernen er und seine Clique den artistisch fahrradfahrenden Jan kennen. Allerdings ranken sich um Jan einige Geheimnisse: er hat mädchenhafte Züge, keiner kennt seinen Nachnamen, weiß wo er wohnt und ob oder wo er zur Schule geht. Zudem verschwindet er zeitweise wochenlang. Erst ganz am Ende klärt sich, dass Jan eigentlich ein Mädchen ist, das beim Zirkus Hochseilartistin ist, und sehr wahrscheinlich – dieser Teil ist sehr verschleiert und lässt sich nur erschließen – missbraucht wird. Das große Thema des Buches ist Freundschaft, das nötige Vertrauen, das allerdings von „Jan“ nicht aufgebracht wird und ihm deshalb auch nicht geholfen werden kann. Tragisch ist, dass am Ende heraus kommt, dass „er“ umgebracht wurde. Bewertung: Das Buch ist aus der erlebenden und reflektierend rückblickenden IchPerspektive von Krille erzählt und wechselt immer wieder vom Jetzt in die Vergangenheit. Es ist was Erzählperspektive und Haltung sowie den Aufbau angeht, anspruchsvoll – krimiähnlich spannend geschrieben und auch immer nur Indizien und Merkwürdiges preisgebend. Material: Es gibt eine Verfilmung des Buches mit dem Titel „Mein Freund Joe“, allerdings endet der Film anders. Näheres, sowie medienpädagogische Vorschläge zum Umgang mit dem Film unter: http://www.lisum.de/go?SmartLink=11161&Bereich=4; den Film selbst kann man als DVD, VHS oder 16mm Lichttonfilm unter http://online.lmzbw.de bestellen und beim jeweiligen Medienzentrum ausleihen. Es gibt auch eine Bühnenbearbeitung von Moritz Seibert und Marco Dott im Auftrag des Ravensburger Verlags. Uraufführung 2000. Näheres unter: http://www.theatertexte.de/data/kiepenheuer_buehnenvertriebs_gmbh/1250/show Britta Schanta, K23 Ron Koertge (2005): Monsterwochen. dtv junior. 154 Seiten, 6,50 € (Englische Originalausgabe: 2001) Inhalt: Seite 26 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Ben, ein spastisch gelähmter Junge, der wohlbehütet bei seiner peniblen Großmutter aufwächst, ist ein Einzelgänger. Statt Freundschaften zu pflegen, beschäftigt er sich vor allem mit Kinofilmen. Bei den „Monsterwochen“ in den Rialto-Lichtspielen lernt er Colleen kennen, ein ziemlich ausgeflipptes Mädchen aus seiner Schule mit dem Lebensmotto: High genug gibt's gar nicht. Zwischen den beiden entwickelt sich, sehr zum Unwillen von Bens Großmutter, eine (recht einseitige) Freundschaft. Bislang kannte Ben nur die Traumwelt des Kinos, doch durch Colleen taucht er ein in das wirkliche Leben, in die erste Liebe und auch in die Problematik der Drogensucht. Es gelingt ihm, sich langsam von seiner Großmutter zu lösen, neue Erfahrungen zu machen und am Ende sogar einen eigenen Film zu drehen. Beurteilung: Ron Koertge erzählt Bens Geschichte mit viel Witz, Ironie und teilweise „herrlich respektlosen Dialogen“ (FAZ), ohne dabei aber in Geschmacklosigkeit oder Beliebigkeit abzudriften. Der Roman ist unterhaltsam und hintergründig und kommt dabei ganz ohne Sentimentalität oder Happy-End aus. Das Buch beinhaltet Themen, die für Jungen und Mädchen interessant sind (erste Liebe, Ablösung von den Erziehungsberechtigten, Filme, Drogen…). Ein weiterer Vorteil ist, dass es mit 153 Seiten nicht allzu dick ist und sich relativ schnell lesen lässt. Mir persönlich hat dieses Buch ausgesprochen gut gefallen. Empfehlung: Ich würde das Buch mit Schülerinnen und Schülern ab Klasse 8 lesen. Materialien: Habe ich bisher keine gefunden. Zum Autor: Ron Koertge lebt in Kalifornien. Er hat Romane für Jugendliche und Erwachsene verfasst und in den USA viele Auszeichnungen dafür erhalten. Monsterwochen war in diesem Jahr für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Sandra Wagner, K22 Rezension: „Heißt du wirklich Hasan Schmidt?“ (Bosetzky, H.) Literaturangabe: Seite 27 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 -ky: Heißt du wirklich Hasan Schmidt Rowohlt Verlag, Reinbek 1988; Erstaufl. 1984; rotfuchs 20360 125 S.; 4,50 Euro ab 12 Jahre Der Autor Horst Bosetzky erzählt unter dem Pseudonym „-ky“ die Erlebnisse eines deutschen Teenagers, der den Alltag einer türkischen Familie in Berlin notgedrungen näher kennen lernt. Hasan Schmidt heißt im Grunde genommen Matthias Schmidt. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten lässt er sich, ohne es zu wissen, auf einen illegalen Job ein: Jugendliche sollen im Auftrag eines ´Immobilienhais` die Bewohner eines Mietshauses aus den Wohnungen ekeln. Dabei entsteht einer türkischen Familie erheblicher Sachschaden. Auf der Flucht vor der Polizei versteckt sich Mathias zufällig bei dieser Familie, lernt sie kennen und fühlt sich dort wohl. Er erlebt eine Familie, wie er sie sich schon immer selbst gewünscht hatte. Wärme, Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft lassen die unterschiedlichen religiösen und politischen Überzeugungen in den Hintergrund treten. Bei Familie Özcan kann Matthias als Hilfskraft den verursachten Schaden abarbeiten, wodurch Matthias zu Hasan wird. Am eigenen Leib erfährt er nun die ablehnende Haltung gegenüber Türken. Um jugendlichen Lesern einen Einblick in den Alltag einer türkischen Familie zu ermöglichen, hat „-ky“ auf die beliebte Form des Krimis zurückgegriffen. In der mit Spannung gewürzten Geschichte erfahren Jugendliche viel über die türkische Sprache, Leben, Kultur und Bräuche. Da macht es aus meiner Sicht nichts, dass die Geschichte teilweise sehr konstruiert wirkt. Unterrichtsbegleitende Materialien sind beim Verlag oder im Buchhandel erhältlich. Björn Arnold, K22 KLASSENLEKTÜRE COLD TURKEY Klassenstufe: 7./8. Klasse Thematik: Gefährdung durch Drogen Lektürevorschlag: „Cold Turkey“ von Angelika Mechtel (1992) Inhalt: „Cold Turkey“ ist die Geschichte von Andy, einem Jungen, der durch seine labile Persönlichkeit und sein soziales Umfeld in eine Drogenabhängigkeit gerät. Er wird an der Schule mit Haschisch erwischt, welches ihm sein Freund Michi, der mit Hasch dealt, zugesteckt hat. Andy verrät Michi nicht – und wird selbst als Dealer von der Schule verwiesen. Einige seiner so genannten Freunde gehen daraufhin auf Distanz. Seine Eltern bestrafen ihn und setzen ihn unter Druck, statt nach den Gründen für sein Verhalten zu suchen. Andy fühlt sich unverstanden, klinkt sich aus und versucht nun erst recht sich Stoff zu beschaffen. Seite 28 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Er lernt die Fixerin Natalie kennen, verliebt sich in sie und verlässt seine Familie. Damit ist sein Abstieg nicht mehr aufzuhalten. Sein Wesen verändert sich zusehends, er zeigt kein Interesse mehr an seiner Familie und insbesondere an seiner Schwester Simone, der er immer alles anvertraut hat. Er verliert seine Lehrstelle, die ihm seine Eltern besorgt haben und lässt Gegenstände aus der Wohnung seiner Eltern verschwinden, um damit Geld für Drogen zu beschaffen. Später wird er richtig kriminell und begeht Diebstähle, um seine und Natalies Sucht zu bezahlen. Seine Schwester hält Kontakt zu ihm und findet ihn eines Tages im Drogenrausch leblos auf dem Boden liegen. Sie weiß nun, dass er ein Junkie geworden ist und an der Nadel hängt. Sie ist mit der Situation überfordert, zieht sich zurück und wird krank vor Sorge, da sie den Eltern nichts erzählt und nicht weiß, wie sie ihm helfen kann. Simone lernt Sara, eine Betreuerin der Drogenberatungsstelle, kennen und vertraut sich ihr an. Andys Eltern fassen nach langer Überlegung den Entschluss, ihn bei der Polizei anzuzeigen, um ihn somit aus seinem Teufelskreis zu befreien. Andy kommt ins Untersuchungsgefängnis und erhält nach einiger Zeit die Möglichkeit, eine Entzugstherapie zu machen. Die Therapie kann nur erfolgreich sein, wenn sein Wille stark genug ist. Auf ihn wartet außer dem schmerzhaften Entzug auch ein Gerichtsverfahren wegen Drogenhandels und Diebstahls. Es ist ein erster Schritt auf einem langen steinigen Weg, der ihn in ein anderes Leben führen kann. Einstiegsmöglichkeiten in die Lektüre: - Bildimpuls, Schaubild mit Fakten zur Drogenproblematik Brainstorming und Diskussion über Drogenproblematik, Mind-Mapping zum Thema Drogen Einstieg über den Klappentext Einstieg über Buchrezessionen Rollenspiel der Anfangssequenz des Buches Weiteres unterrichtliches Vorgehen (Möglichkeiten der Umsetzung): - - Produktiver und kreativer Umgang mit der Lektüre durch das Erstellen eines Lesetagebuches in Freiarbeit (10 Unterrichtsstunden) Fächerverbindendes Thema Nr.2 in Klasse 7: Gefährdung durch Suchtmittel mit Bezügen zu Religion, Gemeinschaftskunde, Biologie (vgl. Bildungsplan 1994,S.142f) Verfassen von Charakteristiken der Hauptpersonen des Buches Untersuchung des Satzbaus in der Lektüre (integrativer Grammatikunterricht) Begleitmaterialien oder außerunterrichtliche Veranstaltungsmöglichkeiten: Seite 29 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Diskussion mit Vertretern der Drogenberatung Beispielhafter Stundenentwurf: Lesetagebuch „Cold Turkey“ - Für die Erstellung des Lesetagebuches in Freiarbeit werden den SchülerInnen folgende Informationen und Aufgaben gegeben: 1. Aufbau und Gliederung - Gestaltung des Einbandes Inhaltsverzeichnis Nummerieren der Seiten Zitieren/Quellenangaben Literaturverzeichnis Grafische Gestaltung: -aktuelle Zeitungsartikel einkleben -Buchszenen illustrieren -Personenbeziehungen zeichnerisch darstellen (Schaubild) 2. Pflichtthemen a) Inhaltsangabe: Schreibe eine Inhaltsangabe zu einem der sechs Teile. oder Schreibe eine Inhaltsangabe zum gesamten Buch. b) Brief an Andys Eltern: Wer könnte ihn schreiben? Mit Namensnennung oder anonym? An welcher Stelle der Handlung wäre er angebracht? Welchen Zweck hätte der Brief? Beachte eine ordentliche Briefform. c) Erfinde einen 7.Teil: Schreibe diesen Teil im Stil des Buches. 3. Wahlthemen a) Gruppenarbeit: Ihr entscheidet euch für zwei Beiträge: - Stellt einen informativen Lexikonartikel zum Begriff „Drogen“ her, ohne direkt abzuschreiben. Schreibt eine Szene in Dialogform mit dem Inhalt: „Simone versucht ihren Bruder zu einer Therapie zu überreden.“ Was würdet ihr tun, wenn ihr erfahren würdet, dass ein Freund in einer ähnlichen Situation wie Andy ist? Erstellt eine tabellarische Übersicht über „Andys Abstieg“. Seite 30 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 b) Einzelarbeit: Du entscheidest dich für vier Beiträge: - Verfasse ein Gedicht zum Thema. Fertige ein passendes Plakat zum Thema! Betrachte die äußere Aufmachung des Buches. Entwerfe ein eigenes Cover für das Buch. In welchen Schritten erlebt Simone die Veränderung ihres Bruders? Fertige dazu eine Tabelle an, in der man diese Entwicklung tatsächlich nachvollziehen kann. Versuche in eigenen Überlegungen zu erklären, warum Andy so abrutscht. Überlege, warum Andys Eltern ihrem Sohn nicht helfen können. Oder können sie es doch? Mache Vorschläge dazu! Eigene Ideen für die Gruppen- oder Einzelarbeit sind sehr willkommen, müssen aber mit der Lehrkraft abgesprochen werden. Thomas Franke, RS-Seminar, Ludwigsburg Louis Sachar: Löcher – die Geheimnisse von Green Lake 1999, 2002 Beltz & Gelberg 296 Seiten € 7,90 Genre: Roman Inhalt: Bei der Lektüre “Löcher” von Louis Sachar handelt es sich um ein spannendes und äußerst amüsant geschriebenes Jugendbuch. Es handelt von der bizarr-komischen Geschichte eines Jungen namens Stanley Yelnats, der durch einen dummen Zufall in einer unglaublichen Besserungsanstalt für straffällig gewordene Jugendliche landet. Der Name des Camps, Green Lake, ist ein ebensolcher Witz (es liegt in einem ausgetrockneten Wüstensee im westlichen Texas) wie sein Programm: Jeder Jugendliche der hier einsitzt, hat die Aufgabe, in der sengenden Wüstensonne pro Tag ein riesiges Loch zu schaufeln. Fünf Fuß tief und fünf Fuß breit. Im Laufe seiner Haftzeit findet Stanley heraus, dass die Chefin des Camps durchaus nicht nur die Charakterbildung der Jugendlichen mit ihrem Schaufelprogramm Seite 31 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 verbindet, sondern auch ganz handfeste Gründe hat: Sie will eine Schatzkiste im knochentrockenen Boden finden lassen. Da Stanley nun auch davon weiß, tut er das, was bislang niemand geschafft hat: Er flieht und versucht, gemeinsam mit seinem Haftgenossen, dem ehemaligen Obdachlosen und Heimkind Zero, den Schatz zu heben. Kein leichtes Unterfangen, zumal es da noch die gefährlichen gelb gefleckten Eidechsen und die tödliche Trockenheit gibt. Parallel zur Hauptgeschichte entwickelt Sachar durch eingestreute Textteile die pechdurchtränkte Familiengeschichte der Yelnats. Und was zu Beginn so gar nichts miteinander zu tun hat, verwebt sich am Ende zu einem Happy End, das sich gewaschen hat: Stanley und Zero finden die Schatzkiste und werden reich, Stanley bannt den Familienfluch und kauft ein Haus für seine ehemals arme Familie und Zero findet mit Hilfe einer Detektei seine Mutter wieder. Beurteilung: Das Buch ist in auktorialer Erzählperspektive und in einer klaren und erstaunlich trockenen Sprache geschrieben. Trotz seines Umfangs von 296 Seiten führt die klare Gliederung des Buches in 50 nicht allzu umfangreiche Kapitel dazu, dass die Lektüre auch für leseschwache Jugendliche überschaubar bleibt. Des Weiteren ist es äußerst spannend und interessant geschrieben und somit für Jungen und Mädchen gleichermaßen ein Lesevergnügen. Material: Literaturkartei (Verlag an der Ruhr, € 17,90) DVD (Das Geheimnis von Green Lake, Walt Disney, € 14,90) Internetseiten: http://www.ulricianumaurich.de/10a/holes/redesign/index.htm, http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/sachar/index.html Kerstin Weil, Kurs 23 Jo Pestum: Die Waldläufer Fischer- Verlag 154 Seiten Seite 32 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Sonderpreis 5 Euro Inhalt: Sommer 1947: In der Nachkriegszeit sind die deutschen Städte verwüstet und der Jahrhundertsommer verwandelt die Wiesen in ausgetrocknete Felder. Hansi, Jupp und Gereon, drei 12jährige Jungen aus Köln, werden aufs Land ins Schwäbische geschickt. Hier sollen die Freunde Ferien auf dem Bauernhof machen und mal wieder richtig essen. Doch statt dessen werden sie von den Bauersleuten als billige Erntehelfer ausgenutzt. So beschließen sie eines Nachts abzuhauen. Eine aufregende Flucht beginnt. + - Abenteuer, das vor allem Jungen der Klasse ansprechen wird - eignet sich sehr für handlungsorientierten Unterricht(z. B. Rollenspiele) - - wenig Vorwissen der Schüler zur geschichtlichen Situation (Nachkriegszeit) Klassenstufe: 7 Material: Vom Verlag werden keine Materialien angeboten. Thomas Kelm K22 Krabat von Otfried Preußler Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv) 8,50 € Großdruck, 314 Seiten Klasse 7 Lehrerbegleitheft (Thienemann Verlag) Ulf Abraham: Praxis des Deutschunterrichts Der Roman ist in 3 Teile gegliedert. Jeder Teil befasst sich mit einem Jahr, das Krabat in der Mühle verbringt. Das 1. Jahr Krabat ist ein armer Waisenjunge im Alter von 14 Jahren. Ständig wiederkehrende Träume der Mühle am Schwarzen Wasser führen ihn auf den Weg dorthin, wo er von den 11 Müllerburschen und dem einäugigen Meister erwartet wird. Tagsüber lernt Krabat das Handwerk des Müllers kennen, wöchentlich muss er als Rabe im Kreis der Zauberlehrlinge Zaubersprüche auswendig lernen und an Neumondnächten kommt der Gevatter, der sein Korn zum mahlen bringt. Der Altgeselle Tonda hilft Krabat durch die harte Lehrzeit, doch dieser stirbt am Jahresende auf unerklärliche Weise. Seite 33 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Das 2. Jahr Krabat ist in diesem ersten Jahr um drei Jahre gealtert. Die Arbeit in der Mühle geht weiter und Krabat, nun zum Gesellen gemacht worden, schließt Freundschaft zu Juro, der als dumm gilt aber nach und nach Krabat seine Schlauheit offen legt. In der Osternacht hört Krabat den Gesang eines Mädchens, der Kantorka, im Traum, der ihn immer wieder beschäftigt. Je weiter es dem Jahresende zugeht, desto streitlustiger werden die Müllersburschen und in der Nacht vor dem Jahreswechsel kommt erneut einer von ihnen auf unerklärliche Weise ums Leben. Das 3. Jahr Juro hilft Krabat dabei, die Zusammenhänge zu durchschauen: Der Meister hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, er bekommt Macht und politischen Einfluss und jedes Jahr ein weiteres Lebensjahr, wenn ein Geselle anstatt seiner stirbt. Mit der Hilfe von Juro erfährt Krabat, dass ein Mädchen alle retten kann, wenn es zu Jahresende kommt und den Meister bittet, eine Probe zu bestehen. Krabat nimmt zur Kantorka Kontakt auf. Als der Meister beginnt, diese Bedrohung zu spüren, wählt er ihn zum Todeskandidaten aus und lässt ihn sein eigenes Grab schaufeln. Die Kantorka kommt am Ende des Jahres und besteht die Probe. Dadurch werde alle Müllersburschen vom Meister und ihren Hexenkünsten befreit. Kommentar: Das Buch ist bis zum Schluss sehr spannend geschrieben. Dadurch, dass die Orte auf einer Karte nachzuvollziehen sind, können sich die Schüler besser in das Geschehen hineinversetzen. Dadurch, dass der Roman in 3 Teile gegliedert ist, kann man das Buch besser untergliedern und eventuell aufteilen. Durch die Zwischengeschichten wird Abwechslung in das Geschehen gebracht, so wird beispielsweise die Vergangenheit des Müllers angesprochen oder andere Geschichten der Gesellen werden eingebracht. Alles in allem ist es ein packender, interessanter und abwechslungsreicher Roman!! Elke Grosse, K22 Klassenlektüre Morris Gleitzman: Quasselstrippe Klassenstufe: 5/6 Thematik: Behinderung, Außenseiter, Freundschaft, Familie Lektürevorschlag: Morris Gleitzman: Quasselstrippe (Beltz Verlag, Weinheim 1998) Inhalt: Seite 34 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Umschlagtext: Bloß kein Mitleid! Das kann Rowena überhaupt nicht leiden. Denn dass sie nicht sprechen kann, ist zwar lästig, aber „behindert“ fühlt sie sich nicht. Es gibt schließlich viele Möglichkeiten, den anderen mitzuteilen, was man zu sagen hat. Auch wenn es am Anfang ein paar Schwierigkeiten in der neuen Schule gibt. Aber die kriegt sie in den Griff. Rowenas einzig richtig großes Problem ist ihr toller Vater, der sich allerdings manchmal einfach unmöglich benimmt. Zum Beispiel, wenn er im Restaurant einen Kopfstand macht oder lauthals Cowboy-Lieder zum Besten gibt. Doch wie Rowena ihm das klar machen soll, das bereitet ihr einige Kopfzerbrechen. Weiterer Inhalt: Im Laufe des Buches freundet sich Rowena mit Amanda an, einer Mitschülerin, deren Vater der Präsident von einem Förderverein ist, der ein Gemeindejugendprojekt unterstützt. Zuerst ist Amandas Interesse an Rowena darauf beschränkt, dass sie einen „Schützling“ für dieses Projekt braucht. Als Rowena dies erfährt ist sie verbittert und enttäuscht, doch auch Amanda bemerkt, dass sie nicht richtig gehandelt hat. So werden sie doch noch gute Freundinnen. Rowena mag Miss Cumming, ihre Klassenlehrerin sehr und sie freut sich, dass auch ihr Vater ein gewisses Interesse an der Lehrerin zeigt, doch sein unmögliches Verhalten macht eine Beziehung schwer. Rowena ergreift schließlich beim Schulfest eine ungewöhnliche Methode, um ihm sein Benehmen vor Augen zu halten. Einstiegsmöglichkeiten in die Lektüre: Vorführen von Zeichensprache, Pantomimespiel, Verortung von Australien (dort spielt die Geschichte), Beschreibung und Vorstellung der Personen z.B. durch Verkleiden, Bilder Weiteres unterrichtliches Vorgehen (Möglichkeiten der Umsetzung): Lektüre eignet sich gut für ein Lesetagebuch; es laufen mehrere Geschehen gleichzeitig ab, so dass in unterschiedliche Perspektiven geschlüpft werden kann, die ein kreatives Schreiben (Brief, Tagebuch, Fortsetzungen, andere Verhaltensmöglichkeiten, was-wärewenn-Geschichten etc.) erlauben. Daneben können spezielle Thematiken wie die Freundschaft der Mädchen, die Beziehung zwischen Vater und Tochter in eigenen Unterrichtseinheiten ausführlicher behandelt werden. Begleitmaterial oder außerunterrichtliche Veranstaltungsmöglichkeiten: Bücher mit Zeichensprache; Besuch einer Schule mit stummen Kindern. Beispielhafter Stundenentwurf: Im folgenden Stundenbeispiel verband sich die Lektüre mit den Aspekten eines Briefes und Tagebucheintrages, deren Formen in vorangegangenen Stunden behandelt wurden. Gleichzeitig konnte eine kreativer und produktorientierter Schreibanlass geschaffen werden. Stundenziele waren: Die Schüler sollen sich besonders mit den Kapiteln 8 und 9 im Buch Quasselstrippe auseinandersetzen und sich in die Gefühle der Hauptperson Rowena hineinversetzen. Die Schüler sollen die Merkmale eines Briefes, eines Tagebucheintrages Seite 35 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 kennen und dieses Wissen praktisch anwenden können. Zudem sollen sie lernen, einen zuvor gelesenen Text inhaltlich logisch und wesentlich wiederzugeben. Anita Ziolkowski, RS-Seminar, Ludwigsburg Unterrichtsverlaufsplan Datum: 29.04.2002 Klasse: 6 Fach: Deutsch Thema: Quasselstrippe: Ein Brief zum Thema Freundschaft (Hinweis: Kapitel 8: Rowena verbringt einen schönen Tag mit Amanda. Sie ist glücklich, endlich eine Freundin zu haben. Kapitel 9: Rowena erfährt, dass Amanda sie als Schützling für den Förderverein ihres Vaters will. Sie ist wütend und enttäuscht) Zeit 9.25 Phase Lehrer-Schüler-Interaktion Einstieg Vorführen der Wörter „Freund“, „froh“ und „traurig“ in Gebärdensprache. Dadurch soll der Impuls zur Hauptfigur Rowena und zum Thema gesetzt werden. Dazu werden die Gebärden auch als Bild an die Tafel gehängt (bzw. als Folie aufgelegt) Die Schüler fassen die Kapitel 8 und 9 zusammen, um die Geschehnisse nochmals präsent werden zu lassen 9.30 Sozialform Stummer Bilder Impuls (Folien) Anmerkungen Möglichkeit der Visualisierung Schüler können Zeichen auch nachmachen, evtl. als Pantomime vorspielen, was Wörter bedeuten. (Kapitel 8/9 lesen war HA) SV Problem Die Aufgabenstellung wird erklärt. Die LSG Schüler sollen sich in Rowena Stellung hineinversetzen und einen Brief verfassen, den Rowena an jemanden (Vater, Erin, Amanda) schreibt, oder einen Tagebucheintrag schreiben. Im Unterrichtsgespräch wiederholen die Schüler nochmals die Merkmale von Briefen und Tagebucheinträgen, die an der Tafel notiert werden. Wichtig ist hierbei die Betonung der Gefühle, die sich im Brief / Tagebucheintrag Seite 36 Medien Tafel KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 ausdrücken sollen. Die Klasse wird in zwei Gruppen geteilt. Die eine Gruppe befasst sich mit Kapitel 8, die andere mit Kapitel 9. Die Arbeitsaufträge werden verteilt. und Bearbeit -ung Stillarbeit Arbeitsblatt mit Arbeitsaufträgen Lektüre 10.00 Besprech- Die Schüler lesen ihre Ergebnisse vor, die LSG und zuhörenden Schüler kommentieren, wie sich SG die Gefühle und Gedanken Rowenas im ung und Werk ausdrücken, ob sie z.B. diese Feednachempfinden können. back Sollten einige Schüler nicht fertig geworden sein, dann Rest als HA Rahlens, Holly-Jane: Prinz William, Maximilian Minsky und ich Inhaltsangabe: Nelly Sue Edelmeister ist ein echtes amerikanisches Nerd: eine dünne, äußerst unsportlich, aber hochbegabte 13-Jährige mit einem IQ von 148 und einem Notendurchschnitt von 1,0. Doch die Probleme der zukünftigen Weltraumforscherin sind momentan eher irdischer Art. Nelly ist verliebt und zwar ausgerechnet in William Arthur Philip Louis Windsor, den künftigen König von England. Um den Prinzen kennen zu lernen, will sie unbedingt in die Basketballmannschaft ihrer Schule aufgenommen werden, da diese zu einem Turnier nach Eton eingeladen wird. Für ein Basketball-Dummie scheint das aber ein schier unmögliches Vorhaben zu sein. Auch Lucy, Nellys amerikanische Mutter, findet dieses Ziel nicht erstrebenswert. Statt Seite 37 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Passen, Dribbeln und Sprungwürfen soll ihre Tochter lieber die Thora studieren, denn Nellys Bat-Mizwa steht bevor. Doch vielleicht lässt sich ja ein Deal mit diesem Basketball-Crack im Fledermaus-Look, diesem unsäglichen Maximilian Minsky, arrangieren… Kommentar: „Prinz William, Maximilian Minsky und ich“ ist eine spannende, witzige und humorvolle Geschichte, die aber durchaus ernste und nachdenkliche Momente beinhaltet. Auf den ersten Blick mag das Jugendbuch als eine Art Mädchenroman erscheinen, doch dieser Blick täuscht. Nelly steht auf ca. 212 Seiten eine emotionale Berg- und Talfahrt durch, die weit über die Handlungen eines sog. „Mädchenromans“ hinausgehen. Das Happy End, das sich Nelly so herbeisehnt, findet statt. Doch zeigt sich das Glück in anderer, unerwarteter Form. Themen, die der Roman anschneidet und die im Unterricht aufgegriffen werden können, sind zum Beispiel: - Identitätsfindung von Jugendlichen - Außenseiterpositionen - Probleme von Heranwachsenden mit Eltern - Trennung der Eltern - Judentum - Tod (im Roman stirbt die Ersatz-Oma und damit geht für Nelly die einzige Person von der sie sich wirklich verstanden fühlte) Meines Erachtens ist der Roman für die Klassen 7 und 8 geeignet. Materialien: Materialien für die Erarbeitung sind meines Wissens nicht vorhanden. Der Roman ist als Hardcover (ISBN: 3499211599, Preis: 12,90 €) und als Taschenbuch erhältlich (ISBN: 3499212749, Preis: 6,90 €). Zudem gibt es eine zweisprachige Taschenbuchversion. (ISBN: 3499212943, Preis: 5,90 €) Andrea Daßing, K22 Morton Rhue „Die Welle“ Inhaltsangabe Als Ben Ross, Geschichtslehrer an der Gordon High School, im Geschichtsunterricht den Zweiten Weltkrieg und die Vernichtung der Juden durch die Nazis durchnimmt, stellen ihm Schüler die Frage, wieso die deutsche Seite 38 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Bevölkerung tatenlos zugesehen hat. Er kann diese Frage nicht beantworten und startet in der nächsten Unterrichtsstunde ein Experiment: Er drillt seine Schüler auf Disziplin, verlangt, dass sie bei der Beantwortung von Fragen aufstehen und die Antworten herausbrüllen müssen. Seinen Schülern macht diese Form von Unterricht erstaunlicherweise Spaß und er ergänzt das Regelwerk, das streng befolgt werden muss immer weiter. Schließlich gründet er "Die Welle", eine Organisation mit einem eigenen Gruß, Abzeichen und Überwachern, die auf die Einhaltung der Regeln achten. "Die Welle" beschränkt sich nicht mehr nur auf den Geschichtskurs, auch andere Schüler werden rekrutiert. Langsam aber sicher gleitet ihm die Kontrolle über das Experiment aus den Händen und "Die Welle" entwickelt ein gefährliches Eigenleben. Schüler, die nicht Mitglieder werden wollen, werden belästigt und bedrängt, Kritik unterbunden. Laurie Saunders, eine Schülerin aus dem Geschichtsunterricht von Ben Ross und Chefin der Schülerzeitung, war am Anfang auch von der Welle mitgerissen, doch das mulmige Gefühl, das sie hat, schlägt in Angst um. Sie versucht ihren Mitschülern klarzumachen, wie wahnsinnig "Die Welle" ist, doch die gehen zu ihr auf Distanz. Dieses Buch ist besonders brisant, weil die dargestellte Geschichte auf einer wahren Gegebenheit beruht: 1969 machte der Lehrer Ron Jones genau dieses Experiment an einer High School in Palo Alto, Kalifornien. Für Kl. 9 Vorschläge zur Unterrichtspraxis Durchführung des Planspiels zum Thema Diskriminierung Werner Aldinger "Macht die Spitzenköpfe rund" zu finden in: Durch Faszination zur Macht - die Faszination der Macht Bausteine zum Verhältnis von Macht und Manipulation. Handreichung für den Unterricht. Zusammengestellt und ausgearbeitet von einer Gruppe des Erziehungsausschusses der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) Hrg.: Landeszentrale für politische Bildung, GCJZ, Stuttgart, Dezember 2003 Durchführung des Experiments wie Ben Ross es durchführt (schnelles Hinsetzen üben, korrektes Sitzen, gemeinsames Zeichen..) Seite 39 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Kommentar zum Buch und zur Durchführung im Unterricht Die Lektüre früher als Klasse 9 (frühestens Ende Klasse 8) zu behandeln ist nicht sinnvoll, da die geschichtlichen Hintergründe fehlen. Außerdem sind Schüler in höheren Klassen eventuell besser in der Lage Situationen nachzuempfinden und mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu analysieren. Geht man nur vom Schwierigkeitsgrad der Sprache aus, könnte der Text auf jeden Fall schon früher gelesen werden. Gerade die recht einfache Sprache in der das Buch geschrieben ist, hat die Schüler begeistert. Die Durchführung des Planspiels war ein voller Erfolg und ist nur zu empfehlen. Ebenso die Nachahmung des Experiments. Erst dadurch wurde den Schülern die Macht von Gruppenzwang richtig deutlich. Es gab keinen, der sich von der gemeinsamen Begrüßung und der Disziplin nicht hat anstecken lassen (Ergebnis eines Fragebogens!). Julia Kröner, K22 Uwe Timm: Rennschwein Rudi Rüssel Ein Kinderroman mit Bildern von Gunnar Matysiak Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv junior) Erscheinungsjahr: 1993 (Erstausgabe: Verlag Nagel&Kimche, Zürich, 1989) Preis der Taschenbuchausgabe: 6 € Seitenanzahl: 160 Gattung: Kinderroman Jahrgangsstufe: 5 und 6 Thematik: Komik (Schwein in einer Stadtwohnung), Verhältnis Mensch-Tier, Haustiere-Nutztiere, Verantwortung, Rollenverteilung in einer Familie, Arbeits-losigkeit, … Empfehlung: unmittelbare Anknüpfungspunkte an Lebenserfahrungen von S., eignet sich zur Förderung des selbstständigen Lesens, Möglichkeiten für fächerverbindenden Unterricht (Bio, BK) Zusammenfassung des Inhalts: Eine Familie (bzw. jüngste Tochter) gewinnt bei einer Tombola ein Ferkel, das sie mit in ihre Hamburger Stadtwohnung nimmt. Die Kinder gewöhnen sich schnell Seite 40 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 an das neue Familienmitglied, doch die Mutter (Lehrerin) und der Vater (arbeitsloser Ägyptologe) haben mit dem Schwein Rudi Rüssel Probleme. Besonders der böse Hausbesitzer ist gegen die Haltung des Schweins, sodass er schließlich der Familie die Wohnung kündigt. Glücklicher Weise findet die Familie ein neues Zuhause, der Vater endlich eine Arbeitsstelle - wenn auch als Platzwart - und Rudi erhält seinen benötigten Platz, da er immer größer und gefräßiger wird. Schließlich wird Rudi Rüssel vom Maskottchen eines Fußballvereins zum Rennschwein, das erfolgreich an Schweinerennen teilnimmt. Doch dann verliebt sich Rudi bei einem Rennen in die Sau Borsti… (Happy End). Meine Meinung: Obwohl bestimmt einige Kinder das Buch schon privat gelesen haben, eignet es sich trotzdem für den Deutschunterricht, da hierbei auf die verschiedenen Themen intensiv eingegangen werden kann. Außerdem können unterschiedlichste Methoden und Medien (bspw. auch das Internet) angewendet werden. Die Sprache ist einfach und komisch, sodass das Leseinteresse geweckt wird. Gaby Schöchlin, Kurs 23 Andreas Schlüter: Level 4 – Stadt der Kinder Zum Autor / Buch: Andreas Schlüter, geboren 1958, leitete mehrere Jahre Kinder und Jugendgruppen in Hamburg. Dort arbeitet er seit 1990 als freier Journalist. 1993 erschienen seine ersten kriminalistischen Kurzgeschichten. Kurz darauf seine Romane für Kinder und Jugendliche, deren erster Band „Level 4 – Stadt der Kinder“ ist (1994). Level 4 gehört zu den „Discworld – Novels“, deren Entstehen vor dem Hintergrund der technischen Modernisierungsschübe der 90er Jahre zu sehen ist. Es werden zwar traditionelle Motive des Fantastischen verwendet, doch sind es keine geheimnisvollen Mächte, die in eine fremde Welt entführen, sondern die Technik. Inhalt: Ben, der Hauptheld des Buches erhält von seinem besten Freund ein neues Computerspiel, welches er im Laden schon mehrmals gespielt hat, ohne die höchste Ebene zu erreichen. Als er am Nachmittag das Spiel beginnt, geschieht etwas merkwürdiges. Durch einen Fehler im System verschwinden plötzlich aus der Stadt alle Personen über 15 Jahre und alle Kleinkinder. Übrig bleiben nur noch die Kinder. Ben versucht nun seine Freunde davon zu überzeugen, dass das Computerspiel Wirklichkeit geworden ist. Die Kinder nützen natürlich zunächst einmal die Situation redlich aus, dass keine Erwachsenen mehr da sind. Sie plündern Geschäfte, machen eine Essensschlacht und dergleichen mehr... Schließlich müssen die Kinder lernen sich zu organisieren, um die Funktionen der Stadt aufrecht zu erhalten. Dies wäre ja recht einfach, wenn es da nicht Kolja und seine Bande gäbe. Doch am Ende gelingt es Ben und seinen Freunden, in dem sie die Regeln des Computerspiels ausnützen, die Situation zu entschärfen und den Ursprungszustand, das heißt die reale Welt mit den Erwachsenen wieder herzustellen. Seite 41 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Kommentar: Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das Buch den meisten Schülern Spaß gemacht hat. Es eignet sich gut für Klasse 5 und 6. Für die Klassenstufe 7 ist es meines Erachtens nicht mehr geeignet. Problematisch ist allerdings, dass Schlüter teilweise Begriffe aus der Computertechnik verwendet, welche den Schülern nicht mehr geläufig und dementsprechend auch im Wortschatz der Schüler nicht vorhanden sind und deshalb einer Klärung bedürfen. Material: Entweder unter Google: Andreas Schlüter Level 4 – Stadt der Kinder eingeben oder: - www.wenermanns.de Unterrichtsmaterialien Deutsch Hauptschule / Sekundarstufe I Stark Verlag Thorsten Anicker , K22 Vorstellung und Empfehlung einer Ganzschrift - Schrei in der Stille von Carry Slee (Klasse 8) Schule kann Spaß machen- Sie kann aber auch schrecklich sein. Und das ist sie für Jochen. Er besucht die 8. Klasse und wird aufgrund seines Aussehens auf furchtbare Art von seinen Mitschülern geärgert. Innerhalb der Klasse haben sich verschiedene Parteien gebildet. Einige denken sich jeden Tag neue, grausame Dinge aus, um Jochen zu demütigen. Anderen ist Jochen egal. Sie lassen ihn in Ruhe, ergreifen aber auch keine Partei für ihn. Und dann gibt es noch David. Er findet die ständigen Hänselein schrecklich und weiß, dass sich die anderen nicht richtig verhalten. Doch er hat nicht den Mut Jochen zu helfen. Er befürchtet, dann selbst zum Opfer und Außenseiter zu werden. Doch Jochens Leidensdruck wird so groß, dass er keinen anderen Ausweg findet und sich in einem Fluss ertränkt. Erst jetzt, wo es zu spät ist, wachen Schüler, Lehrer und Eltern auf. Alle machen sich Vorwürfe, vor allem David. Er hat sich vorgenommen nie wieder wegzuschauen, wenn etwas Unrechtes geschieht. Aus dieser Einsicht heraus mobilisiert er einige Mitschüler. Gemeinsam möchten sie ein Sorgentelefon für Mobbingopfer einrichten. Kommentar: Dieses Jugendbuch behandelt ein hochaktuelles Thema: Seite 42 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Mobbing in der Schule. Es bietet dem Lehrer die Möglichkeit Mobbing in der Klasse zu thematisieren. Die Schüler können sich über die Ursachen und Folgen informieren, indem sie beispielsweise Täterund Opferberichte lesen. An dieser Stelle bieten sich auch Rollenspiele an. Die Schüler schlüpfen sowohl in die Täter und Opferrolle und können so am eigenen Leib spüren, wie sich dies anfühlt. Das Buch bietet die Chance Schüler für dieses brisante Thema zu sensibilisieren. Durch Jochens Tagebucheinträge erfährt der Leser viel über das Innenleben des Mobbingopfers. Dadurch wird die Geschichte sehr authentisch. Außerdem bietet der Roman viele Schreibanlässe, wie beispielsweise Inhaltsangaben, Zusammenfassungen, Tagebucheinträge aus den verschiedenen Perspektiven der Personen, Dialoge, Rollenspiele, das Weiterschreiben von Kapiteln etc. Sabrina Veit, K22 „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“ von Thomas Brussig Klassenstufe: 9 Thematik: Geschichte von Ostberliner Jugendlichen, die in Zeiten der Mauer in der geteilten Straße „Sonnenallee“ im direkten Mauerbereich aufwachsen. Inhalt: Am kürzeren Ende der Sonnenallee, im Ostberliner Stadtteil Baumschulenweg, wohnt Micha Kuppisch – gleich neben der Mauer. Wenn er aus der Haustür tritt, hört er die Rufe westlicher Schulklassen vom Aussichtspodest: „Guckt mal, ‘n echter Zoni!“ Doch Micha macht sich nichts daraus, er hat eine andere Sorge: Miriam. Sie ist das schönste Mädchen weit und breit, doch leider schon vergeben. Die Jugendlichen hören Musik und ihr Musikgeschmack unterscheidet sich auch nicht großartig von dem ihrer westlichen Altersgenossen, jedoch gibt es gewisse Schwierigkeiten an Platten verbotener Bands wie den Rolling Stones oder Jimi Hendrix zu gelangen. Als ein Volkspolizist auch noch eine Kassette mit verbotener Musik beschlagnahmt, diese auf seiner Beförderungsfeier abspielt und zur Strafe gleich wieder um zwei Ränge degradiert wird, wird das Leben auch nicht gerade leichter. Es geht um die Westverwandtschaft, die Güter schmuggelt, deren Einfuhr überhaupt nicht untersagt ist, betrunkene FDJler, die Autos aus dem Westen anhalten und ihre Insassen sozialistische Kampflieder singen, schwule Tanzlehrer und vieles mehr. Die Hauptpersonen leiden, wenn sie vom rachsüchtigen Polizisten ausgerechnet mitgenommen werden, wenn sie zu ihrer wichtigen Verabredung wollen oder wenn ihnen ein Redebeitrag für den nächsten Parteitag aufgebrummt wird. Einstiegsmöglichkeiten in die Lektüre: Festhalten des Alltags von Jugendlichen heute (Stichworte: Wohnort, Freizeit, Musik, Outfit, Schulsituation) Vergleich mit dem Alltag der Jugendlichen in der DDR Geschichte der Berliner Mauer Seite 43 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Weiteres unterrichtliches Vorgehen (Möglichkeiten der Umsetzung): Alle SchülerInnen füllen einen Fragebogen zu den angegebenen Stichworten aus In Kleingruppen werden zu je einem Stichwort die Fragebogen-Ergebnisse gesammelt Zu jedem Stichwort werden Collagen/Wandzeitung gefertigt Mit Hilfe der Lektüre werden Informationen zum Alltag der DDR-Jugendlichen gesammelt und ebenfalls Collagen/Wandzeitung erstellt Vergleich/Reflexion der Ergebnisse im Plenum Dokumentation der wichtigsten Ereignisse der Geschichte der Berliner Mauer fertigen und Überlegungen der Folgen für die Menschen anstellen (Begegnung „Ossis“ – „Westtouris“) Begleitmaterialien oder außerunterrichtliche Veranstaltungen Fragebogen, Zeitschriften, Fotos, CD(-Cover), Musikbeispiele, Plakate Geschichtliches, Hintergrundmaterial, Zeitdokumente Klassenfahrt nach Berlin Autor: Hans Joachim Schädlich Titel: Der Sprachabschneider Erscheinungsjahr: 1980 Seitenzahl: 63 Paul ist ein verträumter Junge, der lieber vor sich hin träumt und mit Freunden spielt, als seine Hausaufgabe zu erledigen. Eines Tages trifft er einen Mann namens Vielolog vor der Schule. Dieser unterbreitet ihm ein Angebot: Wenn Paul ihm Teile seiner Sprache gibt, erledigt er für ihn die Hausaufgabe. Paul lässt sich auf dieses Tauschgeschäft ein und genießt die Zeit ohne Hausaufgabe. Viel zu schnell vergeht die erste Woche und er wünscht sich eine weitere Woche ohne Hausaufgabe. So lässt er sich auf 2 weitere Deals mit Vielolog ein. Doch schon bald merkt Paul, welche Auswirkungen diese fehlenden Wortarten auf seine Sprache hat: in der Schule bekommt er Ärger mit den Lehrern, seine Freunde und Mitschüler machen sich über ihn lustig und verstehen ihn nur schwer und seine Eltern machen sich große Sorgen. Dann entschließt sich Paul, das Geschäft mit Vielolog aufzulösen. Dieser stellt ihm ein Rätsel, das er mit Hilfe seines Freundes lösen kann. Die Lösung des Rätsels bringt ihm seine gesamte Sprache zurück und er ist erleichtert. Die Geschichte gibt es in verschiedenen Ausgaben von verschiedenen Verlagen zu verschiedenen Preisen. Ich bevorzuge die Ausgabe von Schrödel (5,95€), da sich hier Seite 44 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 verschiedene Materialien im Anhang befinden (Biografie, Entstehung, Verstehen und deuten, Sprache und Wirkung) und sowohl ein Lehrerband als auch ein Arbeitsheft vorhanden ist. Empfehlung: Ich halte dieses Buch für sehr geeignet, um mit den Schüler/innen integrativen Deutschunterricht zu betreiben. Die Wortarten und deren Funktion werden hier „verpackt“ in Literatur, so dass die Schüler/innen sehr gerne an den Wortarten arbeiten. Klassenstufe: 5.- Anfang 6. Klasse Realschule für die Arbeit mit Lektüre und Wortarten, evtl. Kommunikation Kathrin Rommel Kurs 23 König, Straube, Taylan: Oya. Fremde Heimat Türkei. Lektürevorschlag: König, Straube, Taylan: Oya. Fremde Heimat Türkei. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1988. Klassenstufe: 7/8 Thematik: Leben in zwei Kulturen, Heimat, Fremde, Probleme und Besonderheiten türkischer Jugendlicher, die Rolle der Frau in Deutschland/ der Türkei. Inhalt: Das Buch erzählt von der 16- jährigen Oya, die in Frankfurt aufgewachsen ist und sich dort sehr heimisch fühlt: die geht dort zur Schule, spricht problemlos deutsch, hat gute Freundinnen. Eines Tages entschließen sich die Eltern, in die Türkei zurückzukehren. Für Oya bricht eine Welt zusammen. Nach der Schule wollte sie auf eine Berufsfachschule gehen, Krankenschwester werden- nun wird das unmöglich werden. Oya, die die Türkei nur aus den Ferien kennt, fällt es schwer, sich in der Türkei einzugewöhnen. Sie fühlt sich wie eine Fremde. Ihre Großmutter verlangt absolute Unterwerfung, ihre Mutter trägt nur noch Koptuch, was sie in Deutschland nicht getan hat und auch in der Schule fühlt sie sich sehr unwohl, sie ist nur eine Nummer und alles ist anders als in Deutschland. Ihre Eltern verhalten sich ihr gegenüber strenger als in Deutschland, sie darf z.B. nur noch bestimmte Kleider tragen. Mit ihrer deutschen Freundin und auch mit der Lehrerin schreibt sich Oya Briefe, was ihr Heimweh nach Deutschland nur noch größer macht. Die Situation wird immer verzweifelter, als Oyas Eltern ihr eröffnen, dass sie seit der Geburt ihrem Cousin Ahmet als Frau versprochen ist und die Verlobung bald stattfinden wird. Seite 45 KJL-Tipps Anwärter(innen) – Kurs 23 Zusammen mit ihrer türkischen Freundin versucht sie, einen Pass für die Rückkehr nach Deutschland zu bekommen- vergeblich. In Folge bricht sie psychisch zusammen. Doch an diesem tiefsten Punkt angelangt, beginnt Oya zu verstehen, dass sie aus dem, was bleibt, das Beste machen muss. Und letztendlich geht das Buch dann doch – den Umständen entsprechend- gut aus: Oya künftiger Schwiegervater bietet ihr eine Tätigkeit in seinem Kleidergeschäft an, sie darf selbst eine Boutique einrichten und ihr Mann verhält sich recht verständnisvoll ihr gegenüber. Da das Buch aus der Perspektive Oyas erzählt wird, identifiziert man sich als Leser leicht mit dieser Figur und das Schicksal geht einem nahe. Das Buch eignet sich meiner Meinung nach für den Unterricht, zum einen weil die Leser über Probleme und Besonderheiten türkischer Jugendlicher informiert werden. Außerdem geht es um die Rolle der türkischen Mädchen und Frauen hier in Deutschland und in der Türkei. Durch die Lektüre kann eine Auseinandersetzung mit dem Land Türkei angeregt werden; aber auch mit der deutschen Geschichte: mit der Arbeitsmigration in den 60er Jahren und mit dem „Rückkehrförderungsgesetz“ von 1983. Ebenso behandelt das Buch die Thematik: Leben in zwei Welten: Was ist Heimat, was ist Fremde? Oya fühlt sich in Deutschland zu Hause, doch sagt sie selbst von sich, dass sie den Deutschen zu türkisch, den Türken zu deutsch ist. Sie weiß eigentlich nicht, wo sie hin gehört. Ich könnte mir vorstellen, dass sich einige meiner SchülerInnen vielleicht angesprochen fühlen und zu diesem Thema etwas zu erzählen haben. Anne-Sophie Rempfer, Kurs 23© Fachbereich Deutsch (SSDL) Seite 46