Anorganische Chemie I Elektronenespektren / Kinetik A. Mezzetti

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Anorganische Chemie I
A. Mezzetti
1.
Elektronenespektren / Kinetik
Fragenkatalog XI
Die Charge-Transfer-Banden in oktaedrischen [M(CO)6]-Komplexen werden als MLCT
gedeutet, hingegen die von [M(CN)6]n–-Komplexen als LMCT. Diese Zuordnung stimmt mit
der Tatsache überein, dass CO ein stärker π-Akzeptor als CN– ist. Erklären Sie wieso anhand
eines qualitativen MO-LCAO-Diagramms!
L. Stark vereinfacht kann man die Situation QUALITATIV folgendermassen beschreiben:
M
[M(CO)6]
CO
M
[M(CN)6]n–
CN–
!*
B
A
!*
MLCT
t2g
t2g
(teil- oder
vollbesetzt)
(teilbesetzt)
LMCT
!
!
Fall A, [M(CO)6]: Die beobachteten Charge-Transfer-Banden haben MLCT-Natur. Dies
impliziert, dass die Energie-Lücke zwischen den Metall-t2g-Orbitalen und den π*-Orbitalen der
Liganden kleiner ist als zwischen den π-Orbitalen der Liganden und den Metall-t2g-Orbitalen.
Somit wirkt CO als π-Akzeptor, weil seine π*-Orbitale effizienter mit den Metall-t2g-Orbitalen
überlappen als die bindenden π-Orbitalen. Da die t2g-π*-Lücke kleiner ist als die π-t2g-Lücke,
ist die Energie der MLCT-Banden (t2g→π*) kleiner als die der LMCT-Banden (π→t2g).
Fall B, [M(CN)6]n–: Die Situation ist hier umgekehrt!
2.
Die Strukturen von oktaedrischen high-spin d4 und d9-Komplexen zeigen starke Jahn-TellerVerzerrungen. Hingegen zeigen ihre Spektren im normalen Spektralbereich kaum Bandenaufspaltungen. Zeichnen Sie die Elektronenniveaus des Grundzustandes und aller möglichen
angeregten Zuständen, die dazu gehörende Energieniveaus und die möglichen Übergange. Wie
lässt sich daraus die Beobachtung erklären?
L. Als Beispiel diskutieren wir die high-spin d4-Komplexe, deren Grundzustand Jahn-Tellerinstabil ist:
"1
!E1
!E3
!E2
"2
GZ
AZ1
GZ
AZ2
GZ
AZ3
–
Bindungslängen:
Die Bindungslängen werden ausschliesslich durch die Eigenschaften des Grundzustandes (GZ)
bestimmt. Da die Entartung die σ*-antibindenden Orbitale betrifft (siehe Schema oben), sind
starke Effekte auf die Bindungslängen zu erwarten. Die Teilbesetzung eines der beiden σ*antibindenden Orbitale schwächt die entsprechende Bindung, welche dann länger wird. (Wir
haben gesehen, dass Jahn-Teller-Effekt, welche die nichtbindenden t2g-Orbitale betreffen,
kleine oder keine strukturelle Verzerrungen verursachen.)
–
Elektronenspektren:
Die Energien der Banden des Elektronenspektrums werden durch die Energie des Grundzustandes (GZ) und der angeregten Zustände (AZ) bestimmt. Als erste Näherung betrachten
wir die Einelektronbeschreibung für Grund- und angeregten Zustand (siehe Schema oben). Drei
Übergänge sind möglich, deren Energien ΔE1, ΔE2 und ΔE3 sind. ΔE1ist sehr klein. Deshalb
erscheint der entsprechende Übergang nicht im normalen Spektralbereich und kann nicht
beobachtet werden. ΔE2 und ΔE3 sind in normalen Spektralbereich. Ihre Differenz ΔE3–ΔE2
beträgt δ2, d. h. ist gleich wie die Jahn-Teller-Aufspaltung in den nichtbindenden t2g-Orbitalen.
Diese ist kleiner als δ1, die Jahn-Teller-Aufspaltung in den σ*-antibindenden eg-Orbitalen.
Deshalb zeigen die Spektren der d4-Komplexe kaum Bandenaufspaltungen.
3.
Betrachten Sie folgende paramagnetische Komplexe (Magnetische Momente in Bohrschen
Magnetonen in Klammern). Welche Komplexe sind labil?
(1.82 BM)
d1, labil
b. K2[MnI6]
(3.82 BM)
d3, inert
c. K3[Fe(CN)6]
(2.40 BM)
low-spin d5, inert
d. [Fe(NH3)6]Cl2
(5.45 BM)
high-spin d6, labil
L. a. (NH4)2[CrCl5O]
4.
Die Geschwindigkeitskonstanten k des Wasseraustausches zwischen folgenden AquaKomplexen und freiem Wasser sind in Klammern gegeben: [V(OH2)6]2+ (8.7×101 s–1),
[Cr(OH2)6]2+ (1.2×108 s–1); [V(OH2)6]3+ (1×103 s–1), [Cr(OH2)6]3+ (5×10–6 s–1).
(a) Welche Faktoren beeinflussen die Grösse von k?
Ladungsdichte:
Langsamere Reaktionen bei höher geladenen Komplexen, weil
der kovalente Anteil der Koordinationsbindung höher ist.
Elektronenkonfiguration:
d3, low-spin d4-, d5-, d6- und d8-Komplexe sind inert.
(b) Erklärung von Differenzen und Trends:
Komplex
k / s–1
Elektronenkonf.
Ladung
[Cr(OH2)6]2+
1.2×108
high-spin d4
2+
[V(OH2)6]3+
1×103
d2
3+
3
2+
3
3+
[V(OH2)6]
2+
8.7×10
3+
–6
[Cr(OH2)6]
1
5×10
d
d
Die labilen d2- und high-spin d4-Komplexe [Cr(OH2)6]2+ bzw. [V(OH2)6]3+ geben den
schnellsten Austausch, der dreifach-geladene Komplex ist aber wesentlicher langsamer als der
dikationische. Den gleichen Trend sieht man bei den inerten d3-Komplexen.
(c) Anzahl Banden im Elektronenspektrum von [Cr(OH2)6]2+: Obwohl [Cr(OH2)6]2+ in Prinzip
entweder high spin oder low spin sein kann, gibt es mehrere Hinweise für high spin:
(i)
H2O ist ein schwach-Feld-Ligand,
(ii)
Chrom als 3d-Metall hat grosse Paarungsenergien und kleine Δo-Werte und
(iii) die Kinetik deutet auf high-spin hin. Also, es wird eine Bande erwartet (5Eg→5T2g)
(siehe Tanabe-Sugano-Diagramm).
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