Anorganische Chemie I A. Mezzetti 1. Elektronenespektren / Kinetik Fragenkatalog X Betrachten Sie folgende paramagnetische Komplexe (Magnetische Momente in Bohrschen Magnetonen in Klammern). Welche Komplexe sind labil? (1.82 BM) d1, labil b. K2[MnI6] (3.82 BM) d3, inert c. K3[Fe(CN)6] (2.40 BM) low-spin d5, inert d. [Fe(NH3)6]Cl2 (5.45 BM) high-spin d6, labil L. a. (NH4)2[CrCl5O] 2. Die Geschwindigkeitskonstanten k des Wasseraustausches zwischen folgenden [M(OH2)6]n+Komplexen und freiem Wasser sind: Komplex k (s–1) [V(OH2)6]2+ [Cr(OH2)6]2+ [V(OH2)6]3+ [Cr(OH2)6]3+ 8.7 × 101 1.2 × 108 1 × 103 5 × 10–6 (a) Welche Faktoren beeinflussen die Grösse von k? Ladungsdichte: Langsamere Reaktionen bei höher geladenen Komplexen, weil der kovalente Anteil der Koordinationsbindung höher ist. Elektronenkonfiguration: d3, low-spin d4-, d5-, d6- und d8-Komplexe sind inert. (b) Erklärung von Differenzen und Trends: Komplex k / s–1 Elektronenkonf. Ladung [Cr(OH2)6]2+ [V(OH2)6]3+ [V(OH2)6]2+ [Cr(OH2)6]3+ 1.2×108 1×103 8.7×101 5×10–6 high-spin d4 d2 d3 d3 2+ 3+ 2+ 3+ Die labilen d2- und high-spin d4-Komplexe [Cr(OH2)6]2+ bzw. [V(OH2)6]3+ geben den schnellsten Austausch, der dreifach-geladene Komplex ist aber wesentlicher langsamer als der dikationische. Den gleichen Trend sieht man bei den inerten d3-Komplexen. 3. Im Spektrum von [Cr(CN)6]3– beobachtet man folgende Absorptionsbanden: 37'900 (264 nm (Charge-Transfer), 32'300 und 26'500 cm–1. Das Spektrum von [Cr(ox)3]3– (ox = Oxalat, C2O42–) enthält zwei Banden (23'600 und 17'400 cm–1). Der Racah-Parameter B für das freie Cr3+-Ion beträgt 918 cm–1. (a) Berechnen Sie die Δo für beide Komplexe! Welcher Komplex hat den grössten Δo-Wert? Haben Sie es erwartet? Wieso? Achtung: 1) Im T.S.-Diagramm ist die Feldstärke in Dq angegeben (Δo = 10 Dq)! 2) Wenn nötig, extrapolieren Sie die E/Δ-Kurve (sie verlaufen etwa linear bei hohem Δ). (a) Berechnung der Werte von B’ und Δo. Zuordnung der Übergänge: [Cr(CN)6]3– 1) 2) 37'900 cm–1 32'300 cm–1 26'500 cm–1 E1 32300 cm !1 = = 1.22 E2 26500 cm !1 → Charge-Transfer 4 A2g → 4T1g 4 A2g → 4T2g Dq B' = 5.0 Dq → entspricht ! = 50 B' Bemerkung: Um auf dieses Verhältnis zu kommen, muss man die Kurven als Gerade extrapolieren! E 32300 = = 62 B' B' [Cr(ox)3]3– B’ = 521 cm–1 23'600 cm–1 17'400 cm–1 Δo = 50.0 × 521 cm–1 = 26'600 cm–1 4 A2g → 4T1g 4 A2g → 4T2g Dq E1 23600 cm !1 = = 1.36 E2 17400 cm !1 → E 23600 = = 40 B' B' B’ = 590 cm–1 B' = 3.0 Dq → entspricht ! = 30 B' Δo = 30 × 590 cm–1 = 17'700 cm–1 Der Hexacyano-Komplex hat den grösseren Δo-Wert. Aufgrund der relativen Position dieser Liganden in der spektrochemischen Reihe ist dies erwartet. Und wenn ich vergessen habe, wie die spektrochemische Reihe aussieht? Kein Problem: CN–ist ein π-Akzeptor. Im Gegenteil ist Oxalat ein π-Donor, weil es besetzte π-Orbitale besitzt, die energetisch hoch liegen (auch wegen der negativen Ladung). Wie aus MO-LCAO bekannt, vergrössern π-Akzeptoren Δo, πDonoren verkleinern Δo. Somit erwarten wir ein grösseres Δo für CN– als für Oxalat! (b) Berechnen Sie das nephelauxetische Verhältnis für beide Komplexe! Welcher Komplex hat die kovalentere Bindung? Erklären Sie wieso! L. Die nephelauxetischen Verhältnisse β für [Cr(CN)6]3– und [Cr(ox)6]3– sind: B' 521 cm !1 = = 0.57 β in [Cr(CN)6] = B 918 cm !1 3– β in [Cr(ox)6]3– = B' 590 cm !1 = = 0.64 B 918 cm !1 Obwohl die Differenz nicht gross ist, ist der nephelauxetische Effekt grösser mit CN– als mit Oxalat. Das nephelauxetische Verhältnis ist ein Mass für die Kovalenz der Bindung. Je kovalenter die Bindung, desto stärker wird der Racah B Parameter gesenkt. Somit hat der Hexacyanokomplex die kovalentere Bindung. Der Vergleich zeigt auch, dass CN– ein weicherer Ligand ist als Oxalat: Weiche Liganden geben kovalentere Bindungen!