Prof. Dr. Antonio Mezzetti Laboratorium für Anorganische Chemie ETH Hönggerberg HCI H 235 Anorganische Chemie I 529-0121-00L HS 2012 Inhalt 1. Einleitung in die Koordinationschemie 2. Symmetrie und Gruppentheorie 3. Kristallfeldtheorie / Magnetische Eigenschaften 4. MO LCAO (σ-Bindungen, π-Bindungen), π–Akzeptor-Liganden 5. Elektronische Spektren 6. Reaktionen, Kinetik und Mechanismen Pflichtlektüre: J. Huheey, E. Keiter, R. Keiter Anorganische Chemie – Prinzipien von Struktur und Reaktivität 3. Auflage de Gruyter N.B. Ohne Huheey GEHT NIX! Das Skript ist nur eine Foliensammlung! Zusatzlektüren – M. J. Winter d–Block Chemistry Oxford University Press – L. H. Gade Koordinationschemie Wiley–VCH 1. Einleitung in die Koordinationschemie 2 Inhalt – Lernziele – Definitionen: Ligand, dative Bindung, Komplex – d-Orbitale – Valenzelektronen and Oxidationszahl – Elektronen-Buchhaltung – Valenzstruktur-Theorie (Valence Bond, VB) – Elektroneutralitätsprinzip und Kovalenz der koordinativen Bindung – !-Donoren und !-Akzeptoren im VB-Ansatz – Systematische Betrachtungen: Liganden, Koordinationsgeometrien, Nomenklatur 3 Was ist Anorganische Chemie? Definitionsgemäss: „Unbelebte Chemie“ Immer noch aktuell? Eigentlich: die Chemie von 109 Elementen! Wir werden das Problem reduzieren: Chemie der Übergangsmetalle (= Koordinationschemie) Übergangsmetalle sind überall ... In der organischen Chemie: Metall-katalysierte Reaktionen In der Biochemie: In vielen Proteinen In der Materialwissenschaft: Magnetische / optische Eigenschaften 4 Lernziele Erklärung der Struktur, der chemischen Bindung und der spektroskopischen Eigenschaften der Komplexe der Übergangsmetalle: Cl Cl CO 2– Ni Pt Cl 8 d Cl OC CO CO d10 Minimalistisch: „Wir wollen d-Elektronen zählen können (auch in 20 Jahren noch!)“ Ernst: „Wir wollen das Verhältnis zwischen d-Elektronenzahl des Metalls und Struktur seiner Komplexe verstehen“ Dazu brauchen wir die Grundlagen der Bindungstheorie der Übergangsmetallkomplexe. 5 Die koordinative Bindung als roter Faden der Vorlesung Die Bindung in Komplexen ist eine dative Bindung (koordinative Bindung). Verglichen mit einer klassischen kovalenten Bindung hat eine koordinative Bindung die Eigenart, das ganze Spektrum zwischen kovalent und ionisch abzudecken, was ihre Beschreibung wesentlich komplizierter macht. Damit ist gemeint, dass bestimmte koordinative Bindungen einen vorwiegenden kovalenten Charakter besitzen, andere aber sich eher als ionische Bindungen verhalten. Das Thema der Kovalenz der Bindung hat eine zentrale Bedeutung in der Komplexchemie, weil die Natur der Bindung die Struktur und Reaktivität der Komplexe bestimmt. Ein Beispiel davon ist die Geschwindigkeit der Substitutionen an oktaedrischen Komplexen, die durch den Charakter der koordinativen Bindung (eher kovalent oder eher ionisch) entscheidend beeinflusst wird. In der Vorlesung werden wir diese Problematik ausführlich diskutieren und Konzepte entwickeln, die uns bei der Deutung und Vorhersage der Natur der koordinativen Bindung helfen. 6 Metall + Liganden + Geometrie = Komplex L L L M L L L Metall: Übergangsmetalle (d-Block) Ligand: Elektronen-Paar-Donor Bindung: Lewis Donor–Akzeptor–Schema Anzahl und räumliche Anordnung der Liganden bestimmen die Koordinationsgeometrie (" Symmetrie!) 7 Der Anfang der Koordinationschemie 3+ NH3 H 3N "CoCl3 · 6 NH3" + Ag+ (Überschuss) A 3 AgCl ? Co 3 Cl– NH3 H3 N gelb NH3 NH3 2+ NH3 H 3N "CoCl3 · 5 NH3" + Ag+ (Überschuss) A 2 AgCl ? Co 2 Cl– NH3 H3N purpur Cl NH3 + L "CoCl3 · 4 NH3 " + Ag+ (Überschuss) A 1 AgCl ? 2 Verbindungen: die eine grün, die andere violett L Cl Co Cl– L Cl + L L Co Cl Cl– Cl L L L L = NH3 Alfred Werner (Nobelpreisträger für Chemie 1913) 8 Die Bindung in Komplexen: Dative Bindung (Lewis-Modell): H H + B H N H H H B H H H H N H H Um dative Bindungen zu bilden, brauchen wir leere Orbitale. H H M + N M H H N H Welche sind diese Orbitale? (nd, (n+1)s und (n+1)p besitzen ähnliche Energien) H 9 d-Orbitale: Durchdringung und Energie 10 Die Erste Übergangsreihe 11 Valenzelektronen und Oxidationszahl 12 Oxidationszahl 13 Elektronen-Buchhaltung Wie viele Valenzelektronen gibt es im Bindungsschema des Komplexes? Bsp: [RhCl(CO)(PPh3)2] (Rh(0) ist d9) 2 Methoden, dasselbe Resultat: Geladen: 8 + 2 + 2 + 2 # 2 = 16 e– Das Metall wird als Ion betrachtet, seine e–-Konfiguration angepasst. Alle Liganden werden als 2-Elektronen-Donoren betrachtet. Ihre Ladung wird angepasst (Cl· " Cl–). Neutral: 9 + 1 + 2 + 2 # 2 = 16 e– Das Metall wird als neutral angeschaut. Alle Liganden werden als ungeladen betrachtet (Cl· bleibt Cl·). 14 Bindungsverhältnisse in Koordinationsverbindungen 3 Verschiedene Ansätze: Valenzstruktur-Theorie (VB = Valence Bond), L. Pauling, ab 1930 Kristallfeld-Theorie (CFT = Crystal Field Theory), 1950–1960 (erweitert als Ligandenfeld-Theorie) Molekülorbital-Theorie (MO–LCAO), ab 1960 (Huheey, Kap. 11) 15 Valenzstruktur-Theorie Ansatz: Für Elemente der Hauptgruppen: 1. Hybridisierung 2. Paarung der einzeln besetzten Orbitale Für Übergangsmetalle: 1. Die nd-Elektronen sind nichtbindend. 2. Die unbesetzten nd-Orbitale werden mit den (ebenfalls unbesetzten) (n+1)s- und (n+1)p-Orbitalen hybridisiert. 3. Die Hybridorbitale bilden die dativen Bindungen zu den Liganden. 16 17 18 VB-Ansatz Wenn Elektronenkonfiguration (Oxidationszustand) und Anzhal ungepaarten Elektronen (aus den magnetischen Eigenschaften) bekannt sind: [PtCl4]2– d8, diamagnetisch, nur gepaarte e– [NiCl4]2– d8, paramagnetisch, 2 ungepaarte e– [Co(NH3)6]3+ d6, diamagnetisch, nur gepaarte e– [CoF6]3– d6, paramagnetisch, 4 ungepaarte e– dann kann man die Koordinationsgeometrie voraussagen! 19 20 21 Dative Bindung und Elektroneutralitätsprinzip Die dative Bindung verursacht den Aufbau negativer Ladung am Metall: 3+ OH2 H2O H 2O 3 Fe OH2 OH2 OH2 Pauling postuliert, dass soviele Elektronen transferiert werden, bis das Metall „elektroneutral“ (Ladung = 0) wird. Dies wird durch Resonanz-Strukturen wiedergegeben: OH2 H 2O 3 Fe H 2O OH2 OH2 H 2O OH2 H 2O OH2 "kovalent" 3 OH2 50 % kovalent OH2 50 % ionisch Fe OH2 Ladung(Fe) = 0 "ionisch" Wenn beide Grenzstrukturen zu 50 % beitragen, dann ist die Ladung auf dem Fe-Atom gleich null! 22 "Kovalenz": Das allgegenwärtige Problem der Koordinationschemie Durch die dative kovalente Bindung wird positive Ladung vom Metallion zum Liganden transferiert. Das Elektroneutralitätsprinzip diktiert, wie gross der kovalente Anteil der M–L-Bindung sein muss, um die positive Ladung des Metallions vollständig zu neutralisieren: [FeIII(OH2)6]3+ [FeII(OH2)6]2+ +1/2 +1/2 H2O H2O +1/2 OH2 Fe +1/3 +1/2 +1/3 OH2 H2O OH2 H2O OH2 +1/2 +1/2 50 % kovalent 50 % ionisch +1/3 OH2 Fe +1/3 OH2 OH2 OH2 +1/3 +1/3 33 % kovalent 66 % ionisch Konsequenz: Die höhere Oxidationsstufe hat kovalentere Bindungen als die niedrigere! 23 Elektronegativität und Elektroneutralitätsprinzip [Co(OH2)6]2+ Bsp.: und [Co(NH3)6]3+ Atom ! Bindung $! Co N O 2.0 3.0 3.4 Co–N Co–O 1.0 1.4 (! = Elektronegativität) kovalenter ionischer Je grösser die Elektronegativitätdifferenz $!, desto ionischer die Bindung " Die Co–O-Bindung ist ionischer als die Co–N-Bindung. Deshalb bevorzugt das Co-Atom in [Co(OH2)6]n+ den niedrigeren Oxidationszustand, d. h. Co(II), in dem die Co–O-Bindung den grössten ionischen Anteil hat: 2 [CoIII(OH2)6]3+ + H2O " 2 [CoII(OH2)6]2+ + 1/2 O2 + 2 H+ Umgekehrt ist [CoIII(NH3)6]3+ stabiler als [CoII(NH3)6]2+, weil der +3-Oxidationszustand den grössten kovalenten Anteil hat als der +2-Oxidationszustand: [CoII(NH3)6]2+ + H2O " [CoIII(NH3)6]3+ + OH– + 1/2 H2 24 Anwendung: Die Azidität der Aqua-Komplexe [FeIII (OH2 )6]3+ [FeII(OH2)6]2+ +1/4 +1/4 +1/6 H H H +1/2 H2O H 2O +1/2 O Fe +1/2 OH2 +1/3 H 2O OH2 H2 O OH2 +1/2 +1/2 +1/3 +1/6 O H Fe +1/3 OH2 OH2 OH2 +1/3 +1/3 [FeIII(OH2)6]3+ + H2O [FeIII(OH)(OH2)5]2+ + H3O+ pKa = 2.0 [FeII(OH2)6]2+ + H2O [FeII(OH)(OH2)5]+ + H3O+ pKa = 7.0 25 M–OH2, M–OH und M=O V(II): [VII(OH2)6]2+ [VII(OH)(OH2)5]+ + H+ pKa ! 10 V(III): [VIII(OH2)6]3+ [VIII(OH)(OH2)5]2+ + H+ pKa ! 2.9 V(IV): [VIV(OH2)6]4+ – H+ nicht stabil [VIVO(OH2)5]2+ [VIV(OH)(OH2)5]3+ – H+ [VIVO(OH)(OH2)4]+ + H+ [VIVO(OH2)5]2+ pKa ! 6.0 Der Oxo-Ligand (O2–) reagiert nicht als Oxid, die V–O-Bindung ist weitgehend kovalent! Oxo-Komplexe sind nur in sehr hohen Oxidationszuständen stabil! Beispiel: MnO4– 26 !-Donor-Liganden V–O in [VO(OH2)5]2+ schreiben wir auch als V=O Lewis-Begründung: V::O ist gleichwertig wie V2+ O2–. Es gibt 4 bindende Elektronen, d. h. es handelt sich um eine Doppelbindung. Dies kann man mit dem VB-Ansatz schlecht darstellen. Man braucht Orbitale (MO-LCAO, siehe später): V O V O oder V 2+ O 2– Beide Bindungen sind L!M-dativ. !-Donoren stabilisieren hohe Oxidationszustände (z. B. V(IV)). 27 Oxo-Liganden und Elektronenzahl [CrVIO4]2– Cr2+ O 2– oder Cr O der Oxo-Ligand ist ein 4-Elektronen-Donor! gesamte e ––Zahl: d0 + 4 # 4 e – (O2–) = 16 e – d6 + 2 e – + 4 # 2 e – (O:-Diradikal) = 16 e – „geladen“ „neutral“ [MoVICl4O2]2– gesamte e ––Zahl: d0 + 2 # 4 e – (O2–) + 4 # 2 = 16 e – d6 + 2 e – + 2 # 2 e – (O:-Diradikal) + 4 # 1 = 16 e – „geladen“ „neutral“ 28 !-Akzeptor-Liganden O CO Ni OC 10 C Ni CO CO C O Ni d O C 4 C O C O Aber: Ni Ni C C O Ni C O O die !-Bindung is L"M-dativ die #-Bindung ist M"L-dativ (Rückbindung) !-Akzeptoren stabilisieren niedrige Oxidationszustände, z.B. Ni(0) 29 Einzähnige Liganden 30 Zweizähnige Liganden Ligand Donor Example Ligand Donor Example 31 Dreizähnige und Makrozyklische Liganden Ligand Donor Example Ligand Donor Example 32 33 34 2. Symmetrie und Gruppentheorie 36 Inhalt – Symmetrieelemente und Symmetrieoperationen – Punktsymmetrie und Punktgruppen – Irreduzible Darstellungen und Charaktertafeln – Reduzible Darstellungen – Symmetrie und Kristallographie: Gitterpunkt, Gitter, Beugung – Translationssymmetrie und Raumgruppen (Huheey, Kap. 3) 37 Symmetrie Elemente und Symmetrieoperationen Eine Symmetrieoperation (SO) überführt ein Molekül durch eine – Drehung um eine Achse, – Inversion an einem Punkt oder – Spiegelung an einer Ebene (dem Symmetrieelement) in eine Lage, die von der ursprünglicher Lage ununterscheidbar ist. Wenn es in dem Molekül einen Punkt gibt, der bei allen Symmetrieoperationen räumlich unverändert (d. h. in Ruhe) bleibt, dann spricht man von Punktsymmetrie. 38 Symmetrielement Symmetrieoperation – Spiegelebene (!): Spiegelung des Gegenstandes an der Spiegelebene. – Inversionszentrum (i) Inversion des Gegenstandes durch das Inversionszentrum – n-zählige Drehachsen (Cn) Drehung um einen Winkel von 360 °/n (n / 2 – 6) – Identität (E) E = C2 " C2 (E = C22), E = C3 " C3 " C3 (E = C33) – Drehspiegelung (Sn) Drehung um 360° /n gefolgt von einer Spiegelung an einer Ebene senkrecht zur Drehachse. Bestimmte Symmetrieoperationen sind äquivalent: S1 = ! S2 = i 39 40 41 Kombinationen von verschiedenen Cn-Drehachsen 42 Drehspiegelung (Sn) 43 Chiralität Chiralität liegt vor, wenn ein Molekül mit seinem Spiegelbild nicht zur Deckung gebracht werden kann. Gleichwertig ist die Aussage, dass das Molekül keine Drehspiegelachse haben darf. Die Abwesenheit einer Spiegelebene ist dagegen kein ausreichendes Kriterium, da ein Molekül durchaus eine Drehspiegelachse aber keine Spiegelebene haben kann: 44 Punktgruppen (nach Schönflies) Symmetrielemente kommen nicht in beliebigen Kombinationen vor. Das Vorliegen einiger Symmetrieelemente (SE) bedingt die Anwesenheit anderer SE. Beispiel: Im H2O generieren zwei zueinander senkrechten Spiegelebenen eine C2v-Achse: Die Symmetrielemente: C2, !v(xz), !v’(yz), E „gehören zusammen“ und definieren die Punktgruppe C2v. 45 Punktgruppen geringer Symmetrie C1 Cs Ci C1 E (Identität) ist das einzige Symmetrieelement Cs ! (1 Spiegelebene) ist das einzige Symmetrieelement (ausser E) Ci i (Inversionszentrum) ist das einzige Symmetrieelement (ausser E) 46 Punktgruppen mit einer n-zähligen Drehachse Cn – Nur 1 Dreachse: Cn C2 C3 – Eine horizontale* Spiegelebene (!h) zusätzlich zur Cn-Achse: – n vertikale† Spiegelebenen (n !v) zusätzlich zur Cn-Achse: – Lineare Moleküle (ohne Inversionszentrum i) besitzen 1 C!-Achse: C2h C2v C3v C4v C3 Cnh Cnv C!v C!v * Eine horizontale Spiegelebene (!h) ist senkrecht zur Hauptdrehachse (hier, Cn). † n Spiegelebenen, die sich in die Cn-Achse schneiden, nennt man vertikal (!v). C!v 47 Diedergruppen – 1 – 1 Hauptdrehachse Cn + n C2 (senkrecht zur Hauptdrehachse Cn): Dn – 1 Hauptdrehachse Cn + n C2 (# zur Cn) + !v: Dnh – 1 Hauptdrehachse C! + ! C2 (# zur Cn): D!h D3 D!h: D3h D4h D4h D!h D!h D!h Lineare zentrosymmetrische Moleküle weisen eine horizontale Spiegelebene und unendlich viele C2-Achsen senkrecht zur Hauptdreachse C! 48 Diedergruppen – 2 – 1 Hauptdrehachse Cn D3d + n C2 + n !d D4d (die den Winkel zwischen den C2- halbieren): D2d D6d Dnd 49 Punktgruppen sehr hoher Symmetrie Ih Oh [B12H12]2– (Ih) Oh : Oh 4 C3, 3 C4, 6 C2, 3 S4, 3 !h, 6 !d, i Td : 4 C3, 3 C2, 3 S4, 6 !d 50 Fliessschema zur Ermittlung der Punktgruppe eines Moleküls 51 Irreduzible Darstellungen und Charaktertafeln Die Symmetrieoperationen, die zu einer bestimmten Punktgruppen (PG) gehören, bilden eine $ mathematische Gruppe. Jede PG kann in Symmetriemuster zerlegt werden: $ irreduzible Darstellungen (ID) Diese besagen, wie die Symmetrioperationen der PG die Eigenschaften des Moleküls verändern. – Translation entlang der y-Achse: B2 Bedeutung: = +1 –1 –1 +1 = symmetrisches Verhalten, +1 (Charakteren) –1 = antisymmetrisches Verhalten x-Translation B1 = +1 –1 +1 –1 z-Translation A1 = +1 +1 +1 +1 Der Satz von 4 Charakteren (+1, –1, –1, +1) ist eine irreduzible Darstellung der Punktgruppe C2. (Achsenwahl: höchstzählige Drehachse $ z-Achse. Die x-Achse ist # zur Molekülebene) 52 Irreduzible Darstellung Die irreduzible Darstellung beschreibt nicht nur die Auswirkungen der C2v-Operationen auf eine Translation in y-Richtung, sondern auf jede Funktion mit den Eigenschaften eines y-Vektors (z. B. ein py-Orbital des Sauerstoffatoms). !! y ist eine Basisfunktion für diese ID innerhalb der PG C2v !! Nach den Prinzipien der Gruppentheorie ist die Zahl der irreduziblen Darstellungen einer PG gleich der Anzahl der Klassen von Symmetrieoperationen, die diese PG charakterisieren. (Hier gibt es nur ein Symmetrieoperation per Klasse.) Wir erwarten 4 irreduzible Darstellungen für die PG C2v. Eine ID müssen wir noch finden ... – Rotation um die C2-Achse: A2 = +1 +1 –1 –1 53 Charaktertafel (fasst diese Informationen in eine Matrix zusammen) % % % & 4 irreduzible Darstellungen (Mulliken-Symbole) Dimension: % 4 Klassen von Symmetrieoperationen & & Basisfunktionen (R = Rotation) A, B $ eindimensionale irreduzible Darstellung Die Dimension hängt mit der mathematischen Herkunft der Charaktere zusammen: Jeder Charakter ist die Summe der Diagonalelemente der Matrix, die die Symmetrieoperation beschreibt. A B symmetrisches verhalten (+1) gegenüber der Hauptdrehachse (hier C2). antisymmetrisches verhalten (–1) gegenüber der Hauptdrehachse. 1 2 symmetrisches verhalten (+1) gegenüber !v. * antisymmetrisches verhalten (–1) gegenüber !v. * * Oder, wenn vorhanden, gegenüber einer C2-Achse senkrecht zur Hauptdreachse, siehe unten. 54 [PtCl4]2–, D4h 55 Mulliken-Symbole Eindimensionale irreduzible Darstellung: A (symmetrisch zur höchstzähligen Drehachse) B (antisymmetrisch zur höchstzähligen Drehachse) Mehr als eine A bzw. B i. D.: 1 (symmetrisch gegenüber 2. Symmetrieelement) 2 (antisymmetrisch gegenüber 2. Symmetrieelement) Inversionszentrum (i) vorhanden g (gerade) (symmetrisch gegenüber i) u (ungerade) (antisymmetrisch gegenüber i) Horizontale Spiegelebene (!h) ' (symmetrisches Verhalten gegenüber !h) '' (antisymmetrisches Verhalten gegenüber !h) E zweidimensionale irreduzible Darstellung: C4 transformiert x in y und y in –x. Sein Charakter ist weder +1 noch –1, sondern 0, weil die Summe der Diagonalelemente der Matrix ist = 0. Die x- und y-Basisfunktionen transformieren als eine zweidimensionale (oder „zweifach entartete“) Darstellung und werden als Paar tabelliert (x, y). Sie sind innerhalb der D4h-PG untrennbar. T dreidimensionale irreduzible Darstellung. (drei Vektoren werden durch die Symmetrieoperation ausgetauscht) 56 Reduzible Darstellungen "r Bestimmte Eigenschaften eines Moleküls (Schwingungen, Orbitale, usw.) kann man als Vektoren beschreiben. Wenn verschiedene Vektoren vorliegen, können diese in mehrere Arten miteinander „kombiniert“ werden. Allerdings kann die Zahl und Art dieser „Kombinationen“ nicht beliebig gewählt werden, sondern werden durch die Symmetrie (Punktgruppe) des Moleküls bestimmt. Diese Summe aller „Kombinationen“ nennt man reduzible Darstellung. Jede reduzible Darstellung kann in irreduzible Darstellungen zerlegt werden. Dazu verwendet man die Reduktionsformel: N = 1 $ " rx #" ix #n x hx Die Reduktionsformel gibt an, wie oft (N-mal) eine bestimmte irreduzible Darstellung in der zu reduzierenden Darstellung enthalten ist. h = Gesamtzahl der Symmetrieoperationen in der PG " rx = Charakter der Operation x in der reduziblen D. x n = Anzahl von Operationen in der Klasse. " ix = Charakter der Operation x in der irreduziblen D. (Anwendungen der Reduktionsformel werden wir in Zusammenhang mit der MO-LCAO-Methode behandeln.) 3. Kristallfeld–Theorie 58 Inhalt – Oktaedrische Komplexe – Ligandenfeldstabilisierungsenergie (LSFE) – High Spin / Low Spin – Tetraedrische Komplexe – Planar-quadratische Komplexe – Feldaufspaltung (!o) und spektrochemische Reihe – Anwendungen, Beispiele, Grenzen – Magnetische Eigenschaften der d-Block-Komplexe 59 – Geschichte: 1929 (Physik) " 1950 – 1960 (Chemie). – Ziel: UV-VIS-Spektren (Farbe!) / magnetische Eigenschaften der ÜM-Komplexe erklären. – Annahmen: Die Wechselwirkung zwischen M und L ist elektrostatischer Natur, die Liganden werden als Punktladungen betrachtet. Die einzigen Orbitale, die betrachtet werden, sind die d-Orbitale. – Grenzen: Weil nur d-Orbitale werden berücksichtigt, bleibt der grösste Teil der Bindungsenergie unerkannt. Ionisches Modell " die Kovalenz der M–L-Bindung wird nicht beschrieben. Nur #-Bindungen werden beschrieben! (Huheey, Kap. 11, SS. 458–480) 60 Räumliche Anordnung der fünf d-Orbitale 61 Ligandenfeld-Effekte: Oktaeder-Symmetrie 62 Die unterschiedlichen M/L-Weschselwirkungen für t2g- und eg-Orbitale 63 Die Oh-Punktgruppe Die Charaktertafel zeigt, dass es nur 2 Arten von d-Orbitalen gibt (eg und t2g). 64 Elektrostatische Wechselwirkungen zwischen Liganden und Metall Zuerst verteilen wir die 6 negativen Ladungen regelmässig auf der Oberfläche einer Kugel. Alle d-Orbitale werden gleichmässig destabilisiert. Dann konzentrieren wir die 6 Ladungen an die 6 Stellen, wo sich die Liganden befinden. Dadurch werden die t2g-Orbitale stabilisiert (um 0.4 !o) und die eg-Orbitale destabilisiert (um 0.6 !o) (da der Schwerpunkt der Energie konstant bleibt). 65 [Ti(OH2)6]3+ und Elektronische Spektroskopie d1-System: Das UV-VIS-Spektrum entsteht aus dem Übergang: !max = 20 300 cm–1 " t 2 g1eg0 ! t 2 g0 e1g !E = 243 kJ mol–1 = ! o 66 Licht und Energie Wellenzahl: != ! 1 = c " ! (cm "1 ) = 10 7 # (nm) Energie des Photons: !E (kJ mol–1) = h ! NA = h ! c NA Umrechnung: !E (kJ mol–1) = 0.01197 (kJ mol–1 cm) $ ! (cm–1) mit: h = 6.63 $ 10–34 J s NA = 6.02 $ 1023 c = 3.00 $ 108 m s–1 67 Farbe und !o t 2 g1eg0 ! t 2 g0 e1g Gleicher Übergang, zwei unterschiedliche Komplexe: ! (cm–1) [Ti(OH2)6]3+ (violett) [ReF6] (farblos) [Ti(OH2)6]3+ [ReF6] 20 300 32 500 % (nm) 492 308 !E (kJ mol–1) 243 388 LFSE pro Bindung 40.5 kJ mol–1 64.7 kJ mol–1 Die LFSE (200–400 kJ mol–1) ist immer kleiner als die Bindungsenergie, weil nur die nd-Orbitale in Betracht gezogen wurden. Die (n+1)s- und (n+1)p-Orbitale werden nicht berücksichtigt! Die KFT erklärt Farbe/Magnetismus, gibt aber nur qualitativ Auskunft über Bindungsenergien! 68 69 Ligandenfeld-Stabilisierungsenergie (LSFE oder CSFE) d0 d1 d2 d3 70 „Low-Spin“ und „High-Spin“ Komplexe d4: Zwei Möglichkeiten: t2g4 eg0 t2g3 eg1 !O > P starkes Ligandenfeld !O < P schwaches Ligandenfeld Paarbildungsenergie P (oder Paarungsenergie) Besteht aus zwei Beiträgen: – Coulombsche Abstossung (nimmt von 3d nach 5d ab, die Orbitale werden grösser) – Verlust an Austauschenergie (tritt ein, wenn Elektronen mit parallenen Spins gezwungen werden, antiparallele Spins anzunehmen) 71 Austauschenergie Elektronen gleichen Spins weichen sich gegenseitig aus (Ausschliessungsprinzip von Pauli). Als Folge davon schirmen diese die Kernladung füreinander jeweils weniger ab und die Anziehung zwischen Kern und Elektronen ist stärker: dadurch wird die Gesamtenergie geringer. Die zusätzliche Stabilität von Konfigurationen mit parallenen Spins ist die Austauschenergie Eex: Eex = " N(N – 1) K 2 (K = Austauschenergie für 2 Elektronen) Eex ist eine quadratische Funktion " sie nimmt mit der Zahl paralleler Spins rasch zu. Halbgefüllten Unterschalen: maximale Zahl paralleler Spins " maximale Austauschenergie. Der grösste Verlust an Austauschenergie für die d-Orbitale erfolgt, wenn bei einer d5-Konfiguration zwei Elektronenpaare gebildet werden. Daher weisen viele d5-Komplexe, z. B. von Mn(II) oder Fe(III), eine high-spin-Anordnung auf. 72 Paarbildungsenergien PC = coulombsche Energie, Pex = Austauschenergie, Pges = gesamte Paarbildungsenergie 73 4 Low-Spin d –d 7 d4 d5 d6 d7 d5 d6 d7 High-Spin d4–d7 d4 74 8 LFSE für d –d 10 d8 d9 d 10 75 LFSE in Oh: Zusammenfassung 76 77 Wovon hängt die Grösse von ! ab? 1) Oxidationsstufe des Metalls (! nimmt mit zunehmender OZ / Ladung zu) 2) Hauptquantenzahl n (! nimmt mit zunehmender n zu) 3) Zahl der Liganden und Koordinationsgeometrie (! nimmt mit zunehmender Ligandenzahl zu) 4) Art der Liganden: Spektrochemische Reihe ! nimmt in der Reihenfolge zu: I– < Br– < S2– < SCN– < Cl– < N3– < F– < OH–, Harnstoff < O2–, Oxalat < H2O < NCS– < py, NH3 < en < bipy, phen < NO2– < < PR3 < CH3–, C6H5– < P(OR)3 < CN– < H– < CO < NO+ 78 79 M- und L-Beiträge zu ! Der Wert von !o bei einem oktaedrischen Komplex kann nährungsweise durch ein Produkt zweier unabhängiger Faktoren erhalten werden: !o = f $ g Die Grösse f gibt die Feldstärke eines Liganden relativ zu Wasser an (f(H2O) =1.00). Der g-Faktor ist eine charakteristische Grösse des betreffenden Metallions. 80 In der Folge werden Tetraedrische Komplexe und Planar-quadratische Komplexe diskutiert. 81 Tetraeder-Symmetrie: Ligandenfeld-Effekte 82 Die Td-Punktgruppe 83 LFSE in Td NB: !t = 4 9 !o d0–d2 d0 d1 d2 84 LFSE in Td d3 d4 d5 d6 d7 d8 d9 d 10 85 Tetragonale Symmetrie und planar-quadratische Komplexe oktaedrisch tetragonal planar-quadratisch 86 Die D4h-Punktgruppe 87 88 89 Anwendungen der KFT Die wichtigste Anwendung der KFT: Magnetische Eigenschaften der Komplexe Eine diamagnetische Substanz hat NUR gepaarte Elektronen. N Das externe Magnetfeld B0 ändert den Bahndrehimpuls der Elektronen und induziert ein schwaches Feld, das gegen B0 ausgerichtet ist. Das Magnetfeld ist schwächer in der Probe als ausserhalb. µ N S Universelle Eigenschaft der Materie (alle Substanzen haben gepaarte Elektronen). S Messung: Schwache Abstossung in einem inhomogenen magnetischen Feld: 90 Eine paramagnetische Substanz besitzt ungepaarte e– (Spin- und Bahnmoment). Das externe Magnetfeld B0 orientiert den Spin- und Bahndrehimpuls parallel zum B0. Das Magnetfeld ist stärker in der Probe als ausserhalb. Das permanente (Spin- und Bahn-)Moment wird durch B0 ausgerichtet und in die Region mit dem grössten Feld angezogen (Analogie zum elektrischen Dipol). Der Paramagnetismus deckt den viel kleineren Diamagnetismus. N µ S N Messung: Starke Anziehung in einem inhomogenen magnetischen Feld: S Komplexe der Übergangsmetalle mit ungepaarten Elektronen sind paramagnetisch. Die Stärke des magnetischen Moments hängt von der Zahl der ungepaarten Elektronen ab. Umgekehrt kann man aus Messungen des magnetischen Moments die Zahl der ungepaarten Elektronen (und somit die Elektronenkonfiguration) des Komplexes ermitteln. Die Grundlagen dieser Messungen werden in vereinfachter Form in der Folge erklärt. 91 Wird eine Substanz in ein magnetisches Feld gebracht, ist das Feld B im Inneren der Probe: grösser kleiner !H = B – H0 > 0 !H = B – H0 < 0 als das angelegte Feld H0 paramagnetisch diamagnetisch 92 Intensität I der Magnetisierung (= magnetisches Moment pro Volumeneinheit) 4 & I = B – H0 4! I != H0 I B = "1 H0 H0 Magnetische Suszeptibilität pro Volumeneinheit paramagnetisch ! >0 diamagnetisch ! <0 Spezifische Suszeptibilität Molare Suszeptibilität / H0 "M " " = #/$ ($ = Dichte) "M = " · M (M = Molmasse) 93 Messung der Magnetisierung: Faraday-Methode Eine Probe der Masse m und der spezifischen Suszeptibilität " wird in ein inhomogenes Magnetfeld der Stärke H0 gebracht. !H Der Gradient von H0 in z-Richtung ist : !z 'z Auf die Probe wirkt die Kraft fz in der z-Richtung fz = m · " · H0 · "$# ! H %'& !z 94 Bestimmung der Molare Suszeptibilität "M "!H % fz = m · " · H0 · $ # ! z '& Die Kraft ist die Differenz des Gewichtes der Probe g im Feld und ohne Feld: fz = Gewichtmit Feld – Gewichtohne Feld Der Wert des Gradients (%H/%z) wird nicht bestimmt. Eichung mit einer Standard-Substanz mit bekanntem "M: Aus: fz #"H & = H0 % $ " z (' m! ergibt sich: fu f = s mu ! u ms ! s und somit "M der Probe als !u = ms ! s fu f =k u fs mu mu Korrektur für den Diamagnetismus: siehe Huheey, S. 538. (u = unbekannt, s = standard) 95 Die Magnetisierung auf der mikroskopischen Ebene Ein Elektron besitzt einen Eigendrehimpuls (Spin) mit der Quantenzahl 1/2. Dieser Drehimpuls ist Ursache eines magnetischen Moments µ: µ= g e! 2me J(J + 1) Kleinste Einheiten des magnetischen Momentes sind Bohr-Magnetone (BM): 1 BM = µ( = e! 2me e = Elementarladung, ! = g = Landé-Aufspaltungsfaktor = 1+ J(J + 1) + S(S + 1) ! L(L + 1) 2J(J + 1) h , me = Elektronenmasse 2! " g = 2 wenn L = 0 Mit J = S (d.h. L = 0) erhält man: µ= e! g S(S + 1) 2me (S = Gesamtspinquantenzahl) In BM ist es: µ = 2 S(S + 1) (BM) ("spin-only"-Formel) 96 97 Magnetismus und Temperatur In einer paramagnetischen Substanz werden die Momente durch das extern angelegte Feld orientiert. Wird das Feld entfernt, verteilen sich die einzelnen Elektronenmomente durch die statistisch in allen möglichen Richtungen. thermische Bewegung Die Probe weist makroskopisch kein magnetisches Moment auf, weil die Vektorsumme der Einzelmomente verschwindet. Konkurrenz zwischen der ausrichtenden Wirkung des Feldes und der auf statistische hinwirkenden thermischen Bewegung: Gleichverteilung Das magnetische Moment nimmt mit zunehmender Temperatur ab: Curie-Verhalten: Temperaturabhängigkeit von ", 1/" und µ eff: 98 Beziehung zwischen "M, µ und Zahl der ungepaarten Elektronen Das molekulare magnetische Moment µ bestimmt "M durch: "M = N 2 2 µ 3RT (Curie-Gesetz) (N = Avogadro-Zahl, R = Gaskonstante, T = absolute Temperatur) Das Moment µ wird in Borschen Magnetons (BM) ausgedrückt (1 BM = e·h / 4 & m). Auflösung: µ= 3RT N2 "M = 2.84 " M #T 99 „Spin-only Formula“ Aus µ = g S(S + 1) (BM) Mit gElektron ) 2 erhält man: n n µ = 2 S(S + 1) = 4S(S + 1) = 4 !# + 1$& = n ( n + 2 ) 2"2 % µ = [n(n+2)]1/2 (BM) (n = Zahl der ungepaarten Elektronen) gilt NUR für komplexierte 3d-Ionen! n µ / BM 1 1.73 2 2.83 3 3.88 4 4.90 5 5.92 100 n und µ für 3d-Ionen 101 Anwendungen der KFT Die KFT erklärt: – Spektroskopische Eigenschaften (! und Ligandenfeld-Stärke) – Magnetische Eigenschaften (Anzahl ungepaarter Elektronen) – Thermodynamische Eigenschaften (Gitterenergien, ionische Radien, Hydratationsenergien, E0) – Kinetische Eigenschaften (Geschwindigkeit der Substitutionsreaktionen) von d-Block-Verbindungen 102 !o und !t: Zusammenfassung NB: 10 Dq = !o !t = 4 9 Dt 103 Gitterenergien von MX 2 (M = Ca – Zn) Die Kationen M2+ besetzen Oktaederplätze in einem Gitter von X–-Anionen. Da der Ionenradius von Ca2+ zum Zn2+ allmählich abnimmt, erwartet man ein allmähliches und gleichmässiges Anwachsen in diese Richtung (dünn gezeichnete Kurve). Die experimentelle Kurve zeigt den Effekt der LSFE in diesen high-spin oktaedrischen Systemen. 104 Ionische Radien 105 Hydratationsenthalpien von [M(OH ) ] + 2 6 (M = Ca – Zn) M (s) + 6 H2O + 2 H+ (aq) " [M(H2O)6]2+ (aq) + H2 (g) M2+ (g) + 2 e– " M (s) 2+ + – M (g) + 6 H2O (l) (+2 H (aq) + 2 e ) " [M(H2O)6]2+ (aq) (+ H2 (g)) +!Hformation –!Hvap + ion !Hhydration (die Standardbildungsenthalpie für H+ (aq) ist = 0) 106 0 Standard Redox-Potenziale E [Co(H2O)6]2+ " [Co(H2O)6]3+ + e– E0 = –1.83 V [Co(ox)3]4– " [Co(ox)6]3– + e– E0 = –0.57 V [Co(phen)3]2+ " [Co(phen)3]3+ + e– E0 = –0.42 V [Co(edta)]2– " [Co(edta)]– + e– E0 = –0.37 V [Co(en)3]2+ " [Co(en)3]3+ + e– E0 = –0.18 V [Co(NH3)6]2+ " [Co(NH3)6]3+ + e– E0 = –0.11 V [Co(CN)5(H2O)]3– + CN– " [Co(CN)6]3– + H2O + e– E0 = +0.83 V 107 Substitutionsreaktionen an oktaedrischen Komplexen [M(H2O)6]n+ + H2O* inerte Komplexe d3, l.s. d4–6 Ladungsdichte q2/r ($ 10–28 C2 m–1) [M(H2O*)(H2O)5]n+ + H2O labile Komplexe d1,d2/h.s. d4, d5, d6/d7, d9, d10 d8 34 Al3+ 17 Be2+ 10 2 Mn2+ Na+ 108 Geschwindigkeit der Substitutionsreaktionen Effekt der elektronenkonfiguration dn in oktaedrischen* Komplexen Langsame Reaktionen (inerte Komplexe): d3, low spin d4–6 Schnelle Reaktionen Erklärung: (+ strong-field d8, pl. quadr.) (Grenzfall: weak-field d8, okt.) (labile Komplexe): d0, d1, d2, high spin d4–7, d9 und d10 Inert sind Komplexe, die im Übergangszustand LFSE verlieren! 109 Beispiele [Fe(OH2)6]3+ + Cl– " [FeCl(OH2)5]2+ + H2O gelb [FeCl(OH2)5]2+ + PO43– " [Fe(PO4)(OH2)5] + Cl– farblos [Fe(PO4)(OH2)5] + SCN– " [Fe(SCN)(OH2)5]2+ + PO43– rot [Fe(SCN)(OH2)5]2+ + F– " [FeF(OH2)5]2+ + SCN– farblos Für alle diese Reaktionen gilt: Reaktionszeit ! 1 min " alle labile h.s.-Fe(III)-Komplexe Der Co(III)-Komplex [Co(NH3)6]3+ im Gegensatz: [Co(NH3)6]3+ + 6 H3O+ [Co(OH2)6]3+ + 6 NH3 ist nicht stabil in saurer Lösung, reagiert aber sehr langsam: !G° < 0 inert 110 111 Die Grenzen der KFT Die Koordinationsbindung hat einen kovalenten Anteil, dessen Grösse von den Liganden und vom Metall (Art, Oxidationszustand) abhängt. Einige Hinweise auf die kovalente Komponente der Koordinations-Bdg: – Der nephelauxetische Effekt (siehe später, Elektronische Spektren der ÜM-Kompl.): Die e––e–-Abstossung (Paarbildungsenergie) in Komplexen ist schwächer als im freien Ion. Erklärung: Die Orbitale des Komplexen sind grösser als die vom freien Ion. Dies weist auf die Überlappung der M- und L-Orbitale (Kovalenz!) hin. – NMR- und ESR-Kopplungskonstanten Das Metallatom überträgt magnetische Kopplung zwischen magnetischen Kernen (z.B. H, P, F). Erklärung: Die Spin-Information wird durch Elektronen weitergegeben, die sich im gleichen Orbital befinden (Kovalenz!) (H*'M'*P). 112 Die KFT kann den kovalenten Anteil der Bindung nicht beschreiben! 4. MO–LCAO (Molekülorbital-Theorie) 114 Inhalt – MO–LCAO und Gruppentheorie: Eine Einführung – Oktaedrische Komplexe: !- und "-Bindung – Tetraedrische Komplexe: !-Bindungen – "-Donoren und "-Akzeptoren (CO, N2, NO+, C2H4, O2, Phosphine, Phosphite, H2) – Quadratisch planare Komplexe: !- und "-Bindungen (als Übung) (Huheey, Kap. 11, S. 480 – 504) 115 MO–LCAO und Gruppentheorie: Eine Einführung Wie im Kapitel 2 besprochen, beschreibt die Charaktertafel die Symmetrieelemente einer Punktgruppe und das Verhalten der Eigenschaften eines Objekts dieser Symmetrie gegenüber den Symmetrieoperationen. Zusätzlich zeigt sie, dass die Eigenschaften des Objekts ("reduzible Darstellung") durch Zerlegung in einfachere "Komponenten" ("irreduzible") vereinfacht beschrieben werden können. Als Beispiel nehmen wir einen (x,y,z)-Vektor in der C2v-Punktgruppe: Für jede einzelne Symmetrieoperation existiert eine Matrix, die die Koordinaten des Vektors transformiert: Folgende Matrizen beschreiben den Effekt der Symmetrieoperationen der C2v-Punktgruppe auf unseren (x,y,z)-Vektor (unten links): Es fällt auf, dass alle Symmetrieoperationen durch Diagonalmatrizen beschrieben werden! Somit kann man sie vereinfacht durch ihre Spuren (traces) darstellen (oben rechts). Dass alle Elemente ausserhalb der Diagonale gleich Null sind suggeriert eine wesentlich wichtigere Vereinfachung (nächste Folie). 116 Reduzible und Irreduzible Darstellungen Da alle Elemente ausserhalb der Diagonale gleich Null sind, können wir den (x,y,z)-Vektor in seine Komponenten zerlegen: Somit erhält man drei eindimensionale 1#1-Matrizen. Diese entsprechen den Charakteren der x-, y- und zKomponenten des (x,y,z)-Vektors in den jeweiligen irreduziblen Darstellungen B1, B2 und A1: Wir haben den (x,y,z)-Vektor in seine x-, y- und z-Komponenten zerlegt! In der Sprache der Gruppentheorie sagt man, dass die reduzible Darstellung !m die Summe der B1-, B2- und A1-irreduziblen Darstellungen ist: !m = B1 + B2 + A1 Die Charaktere der reduziblen Darstellung sind die Summe der Charaktere der jeweiligen irreduziblen Darstellungen: 117 Reduktion Die Zerlegung (Reduktion) des (x,y,z)-Vektors in seine x-, y- und z-Komponenten kann systematisch durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass die Charaktere der reduziblen Darstellung bekannt sind (siehe oben): !m 3 –1 1 1 Dazu wird die Reduktionsformel verwendet. Für die reduzible Darstellung !m gilt: N = 1 # !rx "!ix "n x h x n x = Anzahl von Operationen in der Klasse. " ix = Charakter der Operation x in der irreduziblen D. h = Gesamtzahl der Symmetrieoperationen in der PG " rx = Charakter der Operation x in der reduziblen D. 1 [(3 ! 1! 1) " (1! 1! 1) + (1! 1! 1) + (1! 1! 1)] = 1 4 1 N(A2 ) = [(3 ! 1! 1) " (1! 1! 1) " (1! 1! 1) " (1! 1! 1)] = 0 4 1 N(B1 ) = [(3 ! 1! 1) + (1! 1! 1) + (1! 1! 1) " (1! 1! 1)] = 1 4 1 N(B2 ) = [(3 ! 1! 1) + (1! 1! 1) " (1! 1! 1) + (1! 1! 1)] = 1 4 N(A1 ) = und somit !m = A1 + B1 + B2 wie oben gezeigt. 118 C4-Rotation in C4v (Entartung) Als zweites Beispiel betrachte man einen (x,y,z)-Vektor in der C4v-Punktgruppe: Wie transformiert die C4-Achse den (x,y,z)-Vektor? Da die C4-Achse auf der z-Achse liegt, lässt eine 90°-Rotation um die C4-Achse die z-Komponente des Vektors unverändert. Eine 90°-Rotation um die C4-Achse im Uhrzeigersinn transformiert die x-und y-Komponenten gemäss: x $ –y y$x Somit ist die Rotationsmatrix: 0 !1 0 1 0 0 0 0 1 Beweis: " 0 !1 0 % ! x $ " !y % $1 0 0 ' # y & = $ x ' $ '# & $ ' $# 0 0 1 '& "# z &% $# z '& 119 Die Rotationsmatrix enthält Elemente ausserhalb der Diagonale, die nicht gleich Null sind (siehe unten links). Diese Elemente betreffen die x-und y-Komponenten. Man sagt, dass ein .x-Vektor und ein y-Vektor "zusammen" oder "gemeinsam" transformieren oder, dass sie "entartet" sind. Somit kann ein (x,y,z)-Vektor nur in seine (x,y)- und zKomponenten zerlegt werden(siehe unten rechts): 0 !1 0 1 0 0 0 0 1 0 !1 1 0 0 0 0 0 1 Man beachte, dass die Spur der 2#2 (x,y)-Rotationsmatrix für die C4-Achse gleich Null ist. Dementsprechend ist in der C4v-Charaktertafel der Charakter für die C4-Achse = 0: $ Ein (x,y,z)-Vektor kann in der C4v-Punktgruppe in die z-Komponente (A1) und in eine x,y-Komponente (E) zerlegt werden. Die x- und y-Komponenten können nicht getrennt werden, weil sie zusammen transformieren. Sie gehören zur zweifach entarteten irreduziblen Darstellung E. Somit kann man den (x,y,z)-Vektor in folgenden Komponenten zerlegen: !m = A1 + E 120 Komplexere Punktgruppen: C3v Betrachten wir die C3v-Punktgruppe, die folgende Symmetrieoperationen enthält: Die Identität transformiert jeden Vektor in sich selbst. Somit lautet die entsprechende Matrix: ! 1 0 0 $! x $ ! x $ # &# & # & # 0 1 0 &# y & = # y & # 0 0 1 &# z & # z & " %" % " % Für die Spiegelung durch die (x,z)-Spiegelebene gilt: " 1 0 0 %" x % " x % $ '$ ' $ ' $ 0 !1 0 '$ y ' = $ !y ' $ 0 0 1 '$ z ' $ z ' # &# & # & Die Situation für die C3-Rotation ist komplizierter (siehe unten). 121 Allgemeine Rotationsmatrix für eine Rotation um die z-Achse Die Rotation eines (x,y,z)-Vektors um die z-Achse lässt die z-Komponente des Vektors unverändert. Somit lautet die Matrix: ! ? ? 0 $ # & # ? ? 0 & # 0 0 1 & " % Betrachten wir einen Vektor des Betrags r, der einen Winkel % mit der x-Achse bildet (Polarkoordinaten). Die Koordinaten vor der Rotation (x,y) sind: y x = r cos % y = r sin % Rotation und werden durch die Rotation um einen Winkel & in die neuen Koordinaten (x', y') umgewandelt: " x' = r cos (% + &) = r cos % cos & – r sin % sin & = x cos & – y sin & y' = r sin (% + &) = r sin % cos & + r cos % sin & = y cos & + x sin & Kurz: ! x x' = x cos & – y sin & y' = x sin & + y cos & In Matrixform: " cos! $ $ sin ! $ 0 # !sin ! cos! 0 %" x % " x ' % '$ ' $ ' '$ y ' = $ y' ' '$ z ' $ z' ' &# & # & 0 0 1 (Für die Rotation im Uhrzeigersinn muss man die Vorzeichen des sin &-Terms umkehren.) 122 Die C3-Rotationsmatrix Somit lautet die 120°-Rotation eines (x,y,z)-Vektors um die C3-Achse (die z-Achse): " $ ! 12 $ $ 3 2 $ $ 0 $ # ! 3 !1 0 2 2 % 0 ' ' 0 ' ' 1 ' ' & Die Zusammenfassung der drei 3#3-Matrizen für die E-, C3- und !v-Symmetrieoperationen auf den Vektor r lautet: Der Vektor r kann in seine (x,y)- und z-Komponenten zerlegt werden, nicht aber weiter, weil die C3-Symmetrieoperation die x- und y-Komponenten vermischt. Die Matrizen können in 2#2- und 1#1-Matrizen diagonalisiert werden: 123 C3v: Matrizen und Charaktere der irreduziblen Darstellungen Die Charaktere der irreduziblen Darstellungen erhalten wir als Summe der Diagonalelemente der Matrizen: und somit: Das (x,y)-Symbol in der dritten Zeile der Charaktertafel bedeutet, dass die x- und y-Richtungen in C3v äquivalent und ununterscheidbar sind: In der Sprache der Gruppentheorie, transformieren die Einheitsvektoren x und y als entartetes Paar. 124 Entartung In C3v sind die Einheitsvektoren x und y gleichwertig. Besitzt ein Molekül mit C3v-Symmetrie eine Eigenschaft in der x-Richtung, gibt es eine gleichwertige und von der ersten ununterscheidbare Eigenschaft in der y-Richtung. Somit haben die Elemente eines entarteten Paars die gleichen Eigenschaften und unterscheiden sich nur in der Ausrichtung. Beispiel: Die px- und py-Orbitale sind in der C3v-Symmetrie ein entartetes Paar und haben somit die gleiche Form und Energie (nicht aber die gleiche Ausrichtung). 125 Die !-Bindung in oktaedrischen Komplexen (Bsp.: [Co(NH3)6]3+) Die Ligandenorbitale werden in delokalisierte Orbitale kombiniert. Für einen oktaedrischen Komplex erhält man aus den 6 Ligandenorbitalen 6 Linearkombinationen, die mit den "passenden" Metallorbitale kombiniert werden. 1 LGO (') ist eine Linearkombination der 6 Atomorbitalen ("i): " a1g = 1 (# x + # $ x + # y + # $y + # z + # $z ) 6 ? M 6 Ligandenorbitale $ 6 LGOs Die Linearkombinationen müssen Symmetrie-angepasst sein. Das heisst, ihr Symmetrieverhalten muss mit der Oh-Punktgruppe kompatibel sein. Wir werden unten sehen (siehe "Reduktion"), wie solche Linearkombinationen aufgebaut werden können. Ein Metallorbital "passt" zu einem bestimmt LGO, wenn beide zur gleichen irreduziblen Darstellung gehören. 126 Ligandengruppenorbitale (LGOs) Die 6 Ligandeorbitale, die für die !-Bindung gebraucht werden, sind gegen das Metallatom gerichtet. Die 6 p-Orbitale werden als Vektoren dargestellt: M Wie können wir die Form der LGO's bestimmen? ( M !" Die aus der Kombination der 6 Einzelvektoren resultierenden LGOs sind eine Art "Supervektor", der 6 Komponenten besteht und mit der Oh-Symmetrie kompatibel ist. Mit der Gruppentheorie kann man diesen "Supervektor" in seine Komponenten zerlegen. Wie oben gesehen, erfolgt die Zerlegung (Reduktion) über das Symmetrieverhalten des Vektors, das durch die Charaktere ausgedrückt wird. Die Charaktere der reduziblen Darstellung !" ermöglichen ihre Zerlegung in die Komponenten. Der erste Schritt ist somit die Bestimmung der Charaktere der reduziblen Darstellung !". 127 Reduzible Darstellung !" Für !-Bindungen kann man eine vereinfachte Methode anwenden, um die Charaktere der !" zu bestimmen: Charakter einer Symmetrioperation (SO) = Anzahl der Vektoren, die bei der SO in Ruhe bleiben Oh !" E 6 8 C3 6 C2 6 C4 3 C2* 0 0 2 2 i 0 6 S4 0 8 S6 0 3 !h 4 6!d 2 * C 2 = C 42 Diese Faustregel funktioniert, weil Komponenten, welche unverändert bleiben, mit +1 multipliziert werden. Somit hat jede solche Komponente Charakter = 1. Alle anderen Komponenten werden mit Null multipliziert. Diese Methode taugt nicht immer (siehe "Bindungen). Grund dafür ist, dass eine Komponente mit Koeffizienten )1 (z. B. –1) multipliziert werden kann. 128 Reduktion N = 1 $ " rx #" ix #n x hx Die Reduktionsformel gibt an, wie oft (N-mal) eine bestimmte irreduzible Darstellung in der zu reduzierenden Darstellung !" enthalten ist. h = Gesamtzahl der Symmetrieoperationen in der PG " rx = Charakter der Operation x in der reduziblen D. !" 6 0 0 2 2 0 x n = Anzahl von Operationen in der Klasse. " ix = Charakter der Operation x in der irreduziblen D. 0 0 4 2 129 !" = a1g + eg + t1u Die 6 LGOs bestehen aus Metall-Orbitale: 1 LGO mit a1g-Symmetrie 2 LGOs mit eg-Symmetrie 3 LGOs mit t1u-Symmetrie 3d $ eg, t2g 4s $ a1g 4p $ t1u 130 M- und L-Orbitale der gleichen Symmetrie Die Form der LGOs kann man aus der Gruppentheorie herleiten. Wir werden aber die LGOs graphisch von der Form der passenden Metall-Orbitale ableiten: Die Metall-t2g-Orbitale finden keinen passenden Partner in den LGOs! ($ keine Überlappung) 131 132 Energieniveaudiagramm (Oh) Durch Überlappung der Orbitale gleicher Symmetrie an M und L6 entstehen die MOs des Komplexes. 133 Die t2g-Orbitale sind nichtbindend 134 Oktaedrische Komplexe: Kommentare zum Energiediagramm Bsp.: [Co(NH3)6]3+ $ $ Alle antibindende Molekülorbitale unbesetzt $ Die nichtbindenden t2g-MOs vollständig besetzt $ Alle bindende Molekülorbitale vollständig besetzt $ Die Bindungsenergie entspricht der Stabilisierung $ der 6 bindenden MOs. $ Die "/"* -Aufspaltung ist kleiner für die d-Orbitale, weil ihre Überlappung mit den Liganden-eg-LGOs klein ist. Die bindenden MOs sind hauptsächlich Liganden-Atomorbitalen, die antibindenden MOs werden eher durch Metall-AOs beschrieben. Die nichtbindende MOs sind reine Metall-AOs. *O entspricht der Energielücke zwischen nichtbindenden und antibindenden d-Orbitale. Starkes-Feld-Liganden bilden starke Bindungen (= tiefe "-Energie, hohe "# -Energie). Die KFT betrachtet nur die Effekte auf nicht- und antibindende Orbitale! Und [CoF6]3–? 135 Tetraedrische Komplexe – – Metall-Orbitale: Liganden-Orbitale 3d, 4s, 4p 2p Metall-Orbitale: 3d $ e, t2 4s $ a1 4p $ t2 (9 Orbitale) (4 Orbitale) 136 Erinnerung: Tetraedrische Komplexe in der KFT 137 Ligandengruppenorbitale (LGOs) M Reduzible Darstellung !" Td !" E 4 8 C3 1 3 C2 0 6 S4 0 6 !d 2 (Charakter einer Symmetrioperation (SO) = Anzahl der Vektoren, die bei der SO in Ruhe bleiben) Jetzt zerlegt man die reduzible Darstellung in irreduziblen Darstellungen. 138 Reduktion N = 1 $ " rx #" ix #n x hx h x n " rx " ix Gesamtzahl der Symmetrieoperationen in der PG = 24 Zahl der Operationen in der Klasse. Charakter der Operation x in der reduziblen D. Charakter der Operation x in der irreduziblen D. !" 4 1 0 0 2 139 !" = a1 + t2 Die 4 LGOs bestehen aus – – 1 LGO mit a1-Symmetrie 3 LGOs mit t2-Symmetrie s M M dxy pz M dxz py z M y dyz px x Die Metall-e-Orbitale finden keinen passenden Partner in den LGOs! ($ keine Überlappung, nichtbindend) 140 Energieniveaudiagramm (Td) 141 Tetraedrische Komplexe: Kommentare zum Energiediagramm [CoCl4] 2– Mischung von 3 Sätzen von antibindend $ Orbitalen mit t2–Symmetrie Daraus folgt, dass p- und d-Metallorbitale vermischt werden. schwach antibindend $ Dies ist möglich, weil die Td-Punktgruppe nicht zentrosymmetrisch ist, und die Unterscheidung zwischen g-und uOrbitale entfällt. (spektroskopische Folgen: siehe später) bindend $ Wie in oktaedrischen Komplexen sind die bindenden MOs (t2, a1) hauptsächlich Liganden-Atomorbitalen, die antibindenden MOs (2 # t2* und a1*) werden eher durch Metall-AOs beschrieben. Die nichtbindende MOs (e) sind reine Metall-AOs. *t entspricht der kleinsten Energielücke zwischen nichtbindenden und antibindenden d-Orbitale. Die t2-Metallorbitale (dxy, dxz, dyz und p) sind nicht direkt zu den LGO's gerichtet. Deswegen ist die Überlappung zwischen den t2-Orbitalen gering. Demzufolge fällt die Destabilisierung aller t2-Orbitale klein aus, und *t ist klein! 142 143 Die "-Bindung in oktaedrischen Komplexen (Bsp.: [CoF6]3–) Vorgehen: ??? 2p – Analyse der Metall-Orbitale: – Analyse der Liganden-Orbitale – Kombination der Liganden-Orbitale Ligandengruppenorbitale, LGO (2 # 6 Orbitale) Erst die Reduktion der Darstellung der "-Bindung in [ML6] besagt, welche Metallorbitale eine "-Bindung bilden können! 144 Reduzible Darstellung !$ M Oh !$ E 12 8 C3 6 C2 6 C4 3 C2* 0 0 0 –4 i 0 6 S4 0 8 S6 0 3 !h 0 6!d 0 * C2 = C42 Charakter einer Symmetrioperation (SO) = Anzahl der Vektoren, die bei der SO in Ruhe bleiben Jetzt zerlegt man die reduzible Darstellung in irreduzible Darstellungen. 145 Reduktionsformel N = 1 $ " rx #" ix #n x hx Die Reduktionsformel gibt an, wie oft (N-mal) eine bestimmte irreduzible Darstellung in der zu reduzierenden Darstellung enthalten ist. n x = Anzahl von Operationen in der Klasse. h = Gesamtzahl der Symmetrieoperationen in der PG " rx Charakter der Operation x in der reduziblen Darstellung. !$ 12 0 0 0 –4 0 " 0 x i = Charakter der Operation x in der irreduziblen Darstellung. 0 0 0 146 !$ = t1g + t2g + t1u + t2u Die 12 LGOs bestehen aus 3 LGO mit t1g-Symmetrie 3 LGOs mit t2g-Symmetrie 3 LGOs mit t1u-Symmetrie 3 LGOs mit t2u-Symmetrie Das Metall hat aber nur t2g- und t1u –Orbitale! Die LGOs mit t1g- und t2u-Symmetrie finden keinen passenden Partner am Metall! ($ keine Überlappung). Somit: t1g t2g t1u t2u nichtbindend bindend bindend nichtbindend 147 Die Form der "-Orbitale Bindende "-Orbitale z y y x x t1u t2g M M t2u t1g Nichtbindende "-Orbitale 148 Energieniveaudiagramm (Oh) 149 "-Donoren Bsp.: "-Akzeptoren [CoF6]3– [Mo(CO)6] 150 Die spektrochemische Reihe * nimmt in der Reihenfolge zu: I– < Br– < S2– < SCN– < Cl– < N3– < F– < OH–, Harnstoff < < O2–, Oxalat < H2O < NCS– < py, NH3 < en < bipy, phen < < NO2– < P < H– + CH3–, C6H5– < CN– < CO " -Donoren reduzieren *o: I– < Br– < S2– < SCN– < Cl– < N3– < F– < OH–, Harnstoff < < O2–, Oxalat < H2O < NCS– < NH3 < en " -Akzeptoren erhöhen *o: bipy, phen < NO2– < P < CN– < CO < NO+ 151 "-Donoren und "-Akzeptoren 152 Wechselwirkungen zwischen Metall- und Ligandenorbitalen: 153 "-Donoren und "-Akzeptoren 3 Beispiele: CO (2 # d"-$*) Die M$CO-Rückbindung betrifft die zwei senkrecht zu einander stehenden "*-Orbitale des CO. Der CO-Ligand ist end-on gebunden. C2H4 (d"-$*) Die M$C2H4-Rückbindung benutzt das "*-C2H4-Orbital. Ethen ist ,2-koordiniert. PX3 Die M$PX3 Rückbindung benutzt das !*-Orbital der P–X-Bindung (X = R, OR). (d"-" *) 154 1. CO (2 # d"-$*) CO (Reminder) C CO O (Huheey, S. 199) Die 2 Elektronen im CO-HOMO sind das „lone pair“ auf C (Bild oben rechts). Diese bilden die dative !-Bindung zum Metall. 155 Synergistische Bindung (= !-. /012): die !-L$M-Donation un "-M$L-Rückbindung („back-donation“) verstärken sich gegenseitig: 156 Carbonylkomplexe [M(CO)6] Die "-Bindung ist eine „"-Rückbindung“, weil sie Elektronendichte aus den gefüllten t2g-Metallorbitale in die unbesetzten "*-Orbitale des CO-Moleküls transferiert: Dadurch wird die Energie der t2g-Metallorbitale gesenkt: 157 Experimentelle Beweise für "-Bindungen 1. Infrarot-Spektroskopie Die Wellenzahl %(CO) (genauer: die Kraftkonstante k) der C–O-Bindung ist ein Mass für die Stärke der C–O-Bindung. %(CO) im freiem CO (g) beträgt 2143 cm–1. Effekt der Elektronendichte am Metall: d6-Komplexe % (cm–1) d10-Komplexe % (cm–1) [Mn(CO)6]+ 2090 [Ni(CO)4] 2060 [Cr(CO)6] [V(CO)6] 2000 – 1860 2– 1748 [Ti(CO)6] – 1890 2– 1790 [Co(CO)4] [Fe(CO)4] Mit wenigen Ausnahmen ist %(CO) von Carbonylkomplexen immer niedriger als im freien CO. Deutung: Die !-L$M-Bindung entfernt Elektronen aus einem schwach bindenden CO-Orbital (Bindungsordnung nimmt leicht ab). Die "-M$L-Bindung transferiert Elektronen zu einem stark antibindenden CO-Orbital (Bindungsordnung nimmt stark ab). Die C–O-Bindung wird durch die Koordination am Metall geschwächt (siehe später für Ausnahmen). 158 2. Strukturdaten (Elektronen- und Röntgenbeugung) 231 pm CH3 OC Re CO Kovalenzradius von sp3-hybridisiertem Kohlenstoff = 77 pm ! ! somit ist der Kovalenzradiun von Re(I) = 154 pm CO OC CO 200.4 pm Kovalenzradius von sp-hybridisiertem Kohlenstoff = 70 pm ! ! somit erwartet man 224 pm für die Re–C-Bindunglänge. Die ist aber 24 pm kürzer ! "-Bindung! Rankin, D. W. H.; Robertson, A. J. Organomet. Chem. 1976, 105, 331. 159 2. C2H4 (d"-$*) 160 C–C im Ethen: 134 pm 161 3. PR3 und P(OR)3 (d"-"*) "-Bindung: !*-(P–C)-Orbital oder 3d-Orbital am P-Atom? $Hybrid von beiden! 162 "-Akzeptor-Eigenschaften Die Elektronegativität der Substituenten am P-Atom bestimmt die "-Akzeptor-Eigenschaften (Wieso?): PPh3: schwächer "-Akzeptor P(OPh)3: stärker "-Akzeptor 163 Konkurrenz um die "-Elektronen Cr–C trans zu CO = 188.0(4) pm 189.6(4) pm 164 Erklärung: P(OPh3) ist ein stärkerer "-Akzeptor als PPh3! 165 Sterische Effekte von PR 3 und P(OR)3 „Cone Angle“: Tolman, C: A. Chem. Rev. 1977, 77, 313. 166 Sterische Effekte auf die Reaktivität Dissoziationsgleichgewichte und cone angle: –L 0 [Pd (L)4] –L 0 K1 [Pd (L)3] K2 [Pd0 (L)2] K1 und K2 nehmen in der Reihenfolge ab: PPhtBu2 > P(Cyclohexyl)3 > P(iPr3)3 > PPh3 = PEt3 > PMePh2 > PMe3 Cone angle (°): 170 160 145 118 167 Weitere "-Akzeptor-Liganden Ligandentyp Bindungsart Weitere Beispiele CO 2 # d"-$* N2, NO+ C2H2 1 # d"-$* ,2-O2 PR3 d"-" * ,2-H2, agostische Bindung 168 Vergleich N2 / CO Im (symmetrischen) N2 sind die Lappen des "*-Orbitals gleichmässig auf den N-Atomen verteilt. Deshalb ist die Überlappung zwischen den M- und N2-Orbitalen ist weniger effizient als mit CO: N2 CO Hinzu kommt, dass das N2-Orbital, das für die N2$M-!-Donation zuständig ist, energetisch tiefer liegt als im CO. Somit ist N2 auch ein schwächer !-Donor als CO. 169 N2 als Ligand N2 ist isoelektronisch mit CO, aber ein schwächer "-Akzeptor als CO. Deshalb, nur elektronenreiche Komplexe binden N2, d. h. d6-Komplexe (gefüllte "-Orbitale) mit basischen Liganden (keine andere starke "-Säuren (wie z. B. CO)!). N2 ist auch ein schwächer !-Donor als CO, weil die Energie des lone pairs niedriger ist als im CO. Molibdän(0): 170 Ruthenium(II): IR: [Ru(NH3)5(N2)]2+: %(N2) = 1955 cm–1 (2331 cm–1 im freien N2) 171 NO+ NO+ ist isoelektronisch mit CO, aber ein noch stärker "-Akzeptor (+1-Ladung auf O)! 172 173 O2 (Zur Erinnerung) Im O2-Molekül sind die "*-Orbitale z.T. besetzt.Um die Koordination zu ermöglichen, müssen die 2 ungepaarten e – in den "*-Orbitale gepaart werden. Somit ist 1 der beiden Orbitale leer und kann die 2 e – der "- Rückbindung vom Metall akzeptieren. 174 ,2-O2 (,2 = „bishapto“ = 2 O-Atome binden zum Metall. Achtung: Es gibt auch ,1!) d8 OC PR3 Ir O O Cl PR3 "!2-O2" Disauerstoff Disauerstoff- oder Peroxokomplex? d6 OC In einer alternativen Beschreibung kann man den O2-Liganden als Peroxo (O22–) betrachten. PR3 Ir O Cl PR3 Die Oxidationszahl des Metalls ist um 2 Einheiten höher als im ,2O2-Komplex. O "O22–" Peroxo Der Peroxo-Ligand ist ein 4-Elektronen-Donor und besetzt 2 Koordinationsstellen. Die Gesamtelektronenzahl des Komplexes bleibt unverändert. 175 (,2-H2) H H M M H H "klassisches" Hydrid "nichtklassisches" Hydrid Bindung: ! " H H ! besetzt M leer !# leer M H H besetzt 176 “Agostische“ C–H-Bindung [W(CO)3(PCy3)2] W–H(11a) = 2.27 Å Kubas, G. J. J. Am. Chem. Soc. 1986, 108, 2294. [Re(CO)3(PCy3)2]+ Re–H(11a) = 2.89(5) Å Heinekey, D. M. J. Am. Chem. Soc. 1994, 116, 4515. Die C–H-!-Bindung wirkt als 2-Elektronen-Donor und besetzt die 6. Koordinationsstelle. Durch die !-Bindung und die "-Rückbindung wird die C–H-Bindung geschwächt. 177 Die "-Akzeptor-Reihe 178 Die "-Akzeptor-Reihe NO+ > CO, RNC, PF3 > PCl3, C2H4, P(OPh)3 > P(OEt)3 > C(OR)R > C2H2 > P(SR)3 > PPh3 > PR3 > R2S > RCN > Anilin > Alkylamine > Ether > Alkohole 179 !- und "-Effekte der Liganden: Ein Überblick Die Spektrochemische Reihe bietet einen Überblick auf die kombinierten !- und "-Eigen- schaften der Liganden: I– < Br– < S2– < SCN– < Cl– < N3– < F– < OH–, Harnstoff < O2–, Oxalat < H2O < NCS– < py, NH3 < en < bipy, phen < NO2– < < PR3 < CH3–, C6H5– < P(OR)3 < CN– < H– < CO < NO+ (Quelle: Huheey, S. 473) Starkfeld-Liganden sind entweder starke "-Akzeptoren (siehe oben) oder starke !-Donoren (Hydrid, Alkyl) (siehe unten). 180 Was ist ein guter !-Donor? Als gute !-Donoren werden Liganden bezeichnet, die eine koordinative !-Bindung mit starkem kovalenten Anteil bilden. Dies bedeutet, dass die Orbitalüberlappung zwischen Metall und Liganden gross ist (Beispiel: Hydrid, Phosphin). Wie erkennt man, welche Liganden gute !-Donoren sind? Durch die starke Überlappung mit dem Metallorbital schwächt ein starker !-Donor die Bindung zum Liganden in der trans-Stellung (trans-Einfluss, siehe unten). Wieso sind bestimmte Liganden bessere !-Donoren als andere? Bedingung für die Bildung einer koordinativen Bindung mit starkem kovalenten Anteil ist, dass beide Bindungspartner (Metall und Ligand) "weich" sind (harte und weiche Säuren und Basen, siehe unten). 181 trans-Einfluss „The trans influence is defined as the extent to which a ligand weakens a bond trans to it in the equilibrium state.“ (Pidcock A.; Richards, R. E.; Venanzi, L. M. J. Chem. Soc. (A), 1966, 1707.) 2.262(2) Å 2.30(2) Å 2.264(2) Å Cl Et3P Pt PEt3 PEt3 Et3P Cl Pt Cl 2.29(9) Å JPt,P = 2400 Hz JPt,P = 3520 Hz Cl 2.364(2) Å 2.374(2) Å Ein Ligand, der eine koordinative Bindung mit grossem kovalentem Anteil bildet, will die transstehende M–L-Bindung schwächen (weil zueinander trans-stehende Liganden mindestens ein Metallorbital teilen müssen). Deshalb zeigt der trans-Einfluss, welche Liganden gute !-Donoren sind! Der trans-Einfluss – und somit die kovalente "-Bindungsstärke – nimmt ab: – – – – – – CH3 > H > PMe3 > CN > OH , Br > Cl > C2H4 > NH3 > py, F– > CO > OH2 Quelle: Sajith, P. K.; Suresh, C. H. Dalton Trans. 2010, 39, 815. In der Folge werden wir ein Konzept besprechen, das diese Reihe erklärt (Weich/Hart-Konzept, siehe unten). 182 N. B.: Der trans-Einfluss ist ein thermodynamischer Effekt! D. h., er wirkt im Grundzustand und wird aus Grundzustandseigenschaften des Komplexes gedeutet (Bindungslängen, Kopplungskonstanten, IR-Schwingungsfrequenzen usw. 183 Spektrochemische Reihe und "- und $-Eigenschaften der Liganden Stark-Feld-Liganden sind entweder starke "-Donoren (= Liganden, die "Bindungen mit starkem kovalentem Anteil bilden) oder starke $-Akzeptoren. !-Donor-Reihe Definitionsgemäss bilden starke !-Donoren starke !-Bindungen. Somit stabilisieren sie die !-bindenden Orbitale und destabilisieren die !*-Orbitale. Resultat: *o, die Energiedifferenz zwischen t2g-Orbitalen (mit n oder "-Charakter) und eg (!*-Orbitalen) nimmt zu. Die kovalente "-Bindungsstärke nimmt ab (trans-Einfluss) (siehe oben) in der Reihe: – – – – – – CH3 > H > PMe3 > CN > OH , Br > Cl > C2H4 > NH3 > py, F– > CO > OH2 Starke "-Donoren Schwache "-Donoren 184 "-Akzeptor-Reihe (Quelle: Huheey, S. 501) Starke "-Akzeptoren stabilisieren die "*-Orbitale. Resultat: *o, die Energiedifferenz zwischen t2gOrbitalen (mit n oder "-Charakter) und eg (!*-Orbitalen) nimmt zu. 3 Starke $-Akzeptoren NO+ > CO, RNC, PF3 > PCl3, C2H4, P(OPh)3 > P(OEt)3 > C2H2 > PPh3 > R3 > R2S > RCN > Anilin > Alkylamine > Ether > Alkohole Starke $-Donoren $ Spektrochemische Reihe Resultiert aus der Überlappung beider Effekte: 3 Starke $-Akzeptoren oder !- Akzeptoren NO+ > CO > H– > CN– > P(OR)3 > CH3–, C6H5– > PR3 > NO2– > > bipy, phen > en > py, NH3 > NCS– > H2O > Oxalat, O2– > OH– > > OH– > F– > N3– > Cl– > S2– > Br– > I– Starke $- Donoren $ 185 Harte und weiche Säuren und Basen – HSAB-Prinzip als Faustregel – Klassifizierung als „hart“ oder „weich“ – HSAB: Theoretische Grundlagen – Elektronegativität & (Mulliken / Jaffé) und Absolute Härte ' – Matched (hard/hard, soft/soft) oder Mismatched (hard/soft)? 186 Die Koordinative Bindung als Lewis Säure-Base-Wechselwirkung $ $ HSAB-Prinzip (eine Faustregel) Klasse a Al(III), Ti(IV) und Co(III) bevorzugen N, O und F als Donoratome. Harte Säuren verbinden sie sich bevorzugt mit harten Basen. Klasse b – – Ag+, Hg2+ und Pt2+ bilden stabilere Komplexe mit PR3, CN , I . Weiche Säuren verbinden sie sich bevorzugt mit weichen Basen. 187 Klassifizierung als „hart“ oder „weich“ + + Konkurrenzreaktion zwischen der harten Säure H und der weichen Säure CH3Hg : + + BH + CH3Hg K + CH3HgB + H Harte Base B: 3 Weiche Base B: $ + Beispiele: CH3HgF + HSO3 weich-hart – hart-weich CH3HgOH + HSO3 – – K + 103 CH3HgSO3 + HF weich-weich hart-hart – K > 107 CH3HgSO3 + H2O Sowohl die Stärke als auch das HSAB-Verhalten müssen berücksichtigt werden. Wenn die Stärken der Säure und der Base sehr unterschiedlich sind: – – OH + CH3HgSO3 $ CH3HgOH + SO3 hart weich-weich weich-hart 2– K = 10 weich 188 HSAB-Klassifizierung der Basen/Liganden 2 Reaktionen als Referenz: HB(n–1)– Kh H+ + Bn– CH3HgB(n–1)– Kw CH3Hg+ + Bn– 189 HSAB: Theoretische Grundlagen Elektronegativität (Huheey, S. 211 ff, 404 ff.) & nach Mulliken / Jaffé != Wieso? Beispiel: HCl (nach Pauling): (Repetition) I+A 2 H–Cl 4 H+ Cl– 4 H– Cl+ I II III kovalent Wenn Cl elektronegativer ist als H ionisch ionisch $ der Beitrag der Struktur II ähnlich gross sein wie der von I. Die Ionisierungsenergie I ist ein Mass für die Schwierigkeit, ein Elektron (oder, allgemeiner, Elektronendichte) von einem Atom abzutrennen und ein Kation zu bilden. Die Elektroneneaffinität A ist ein Mass für die Tendenz eines Atoms, negative Ladung aufzunehmen. 1 $2 ! = 0.336 #% ( I Zur Anpassung auf die Pauling-Skala: & (in eV) + A (in eV)) " 0.615 ( ' 190 Ladung und Energie eines Atoms Sowohl die erste Ionisierungsenergie als auch die (erste) Elektronenaffinität eines Atoms hängen näherungsweise nach einer quadratischen Gleichung von seiner Ladung q ab (kann auch eine Teilladung sein!): E = ( q + ) q2 Beispiel: F und Cl 191 Elektronegativität & Jaffé hat gezeigt, dass die Definition der Elektronegativität & nach Mulliken gleich ist dem Anstieg ( dieser Energiekurve im Ursprung (q = 0). Beweis: E = ( q + ) q2 Die erste Ableitung der Energie nach der Ladung q lautet: dE =(+2)q dq Somit gilt für q = 0: ! dE $ " dq &% q=0 &=# =( Beweis: Für q = +1 $ Für q = –1 $ 1) – 2) ergibt: E = I = ( +) E = –A = –( + ) I+A=2( 1) 2) != $ I+A =& 2 192 Härte ' Mit der Mulliken-Jaffé-Methode mann man die Elektronegativitäten partiell geladener Atome ermitteln. Ein Atom mit einer negativen Partialladung übt eine geringere Anziehung auf zusätzliche Elektronen als ein neutrales Atom der gleichen Sorte (= seien Elektronegativität ist geringer) (siehe E-q-Kurve). Um dies zu erkennen, kann man die Elektronegativität & durch Expansion in Taylorreihe um q = 0 ausdrücken: " d! % ! (q) = ! q=0 + q $ + ... # dq '& q=0 Somit entscheidet Was ist aber d! , wie stark sich die Elektronegativität mit der Ladung q ändert. dq dE d! ? Da & gleich ist, folgt es: dq dq d! d2E = dq dq 2 $ Krümmung der E-q-Kurve Physikalische Bedeutung: Kleine, "harte" (= kaum polarisierbare) Atome haben grosse Werte von d2E : dq 2 Die Elektronegativität & nimmt schnell mit der Ladung ab, das Atom zieht zusätzliche Ladung nicht mehr an. d2E Grosse, "weiche" (= polarisierbare) Atome haben kleine Werte von : dq 2 Die Elektronegativität & nimmt langsam mit der Ladung ab, das Atom kann mehr Ladung anziehen (grössere "Ladungskapazität"). 193 Die Härte (') ist die Krümmung der E/q-Kurve! E = ( q + ) q2 dE =(+2)q dq d2E dq 2 =2) $ )= 1 d2E 2 dq 2 Beziehung zwischen Härte, I und A: Zurück zur Beziehung zwischen E, I, und A: Für q = +1 $ Für q = –1 $ 1) + 2) ergibt: E= I = ( +) E = –A = –( + ) I–A=2) $ != 1) 2) I–A = " = absolute Härte 2 194 HSAB: Theoretische Grundlagen Absolute Härte != I"A 2 Absolute Elektronegativität Absolute Härte von F2, Cl2, Br2 und I2: != I+A 2 I = Ionisationspotenzial (eV); A = Elektronenaffinität (eV) Für „closed-shell“ Atome/Moleküle (solche mit abgeschlossener Elektronenkonfiguration) gilt: EHOMO = –I ELUMO = –A Somit ist die Härte gleich der Hälfte der HOMO/LUMO-Lücke $ Das Ionisationspotenzial I ist massgebend für die Härte und für die Elektronegativität! (Deshalb verlaufen ' und & etwa parallel zueinander.) 195 Absolute Härte (eV) 196 HSAB und Komplexe harte Säuren / Basen weiche Säuren / Basen grosse HOMO/LUMO-Lücke kleine HOMO/LUMO-Lücke Ti Ti–F F Ru LUMO LUMO n Bsp: d0-Komplex HOMO I Ru–I n HOMO Bsp: d6-Komplex hart / hart weich / weich ionische Wechselwirkungen massgebend! starke kovalente Bindungen (z.B. $-Bdg.) hard / soft – mismatch: instabil (weder die ionische noch die kovalente Komponente der Bindung ist stark!) 197 198 Anwendungsbeispiele 1. trans-Einfluss Wir haben oben gesehen, dass Phosphine einen grösseren tran-Einflus besitzen als Chloro: 2.262(2) Å 2.30(2) Å 2.264(2) Å Cl Et3P Pt PEt3 Et3P Cl JPt,P = 2400 Hz Jetzt verstehen wir wieso: PEt3 Pt Cl 2.29(9) Å Pt(II) Cl– PEt3 JPt,P = 3520 Hz Cl 2.364(2) Å 2.374(2) Å ist weich ist hart ist weich Die Bindung zwischen einem weichen Metall-Ion wie Pt(II) und einem weichen Liganden wie Phosphin ist stärker als die Bindung zwischen Pt(II) (weich) und Chloro (hart) (hard/soft mismatch). Somit wird die Pt–Cl-Bindung in cis-[PtCl2(PEt3)2] durch die Pt–P-Bindung geschwächt. Dadurch können die längeren Pt–Cl-Distanzen (und die kürzeren Pt–P-Dstanzen) im cis-Isomer erklärt werden. 199 2. Substitutionsreaktionen Stabilitätskonstanten als Indikatoren der Bindungsstärke (Historisch: In wässriger Lösung) – [Fe(OH2)6]3+ + SCN (aq) K1 = [Fe(SCN)(OH2)5]2+ + H2O [FeSCN 2+ ] = 9 # 102 [Fe 3+ ][SCN ! ] 2+ [Cu(OH2)6]2+ + 4 NH3 (aq) [Cu(NH3)4(OH2)2]2+ + 4 H2O K4 3 )4 ] = [Cu(NH = 1 # 1013 2+ 4 [Cu ][NH 3 ] SCN bzw. NH3 binden das Metall-Ion stärker als H2O. 200 Systematische Trends log K [M(OH2)n]n+ + L (aq) + Ag 2+ Cu K= [ML(OH2)n–1]m+ + H2O – NH3 F 3.3 4.2 –0.2 0.9 – – Cl Br 3.1 0.1 4.3 –0.1 Erklärung: Ag(I) soft bindet F– (hart) eher schwach. Cu(II) (borderline) hat schwache Affinität für Br– (weich). [ML] [M][L] Elektronenspektren –1-Elektron-Beschreibung und Terme – Russel-Saunders-Kopplungsschema (Beispiel: p2) – Die Regeln von Hund – Russell-Saunders-Terme – Termenaufspaltung in schwachem oktaedrischem Feld (Beispiel: d2) – „Loch“-Formalismus – Auswahlregeln für Elektronenübergänge, Extinktionskoeffizienten – Tanabe-Sugano-Diagramme und Bestimmung von !o – Der nephelauxetische Effekt – Charge-Transfer-Spektren – Tetragonale Abweichungen von der Oktaedersymmetrie und Jahn-Teller-Theorem (Huheey, S. 504–534, 1139–1145 lesen!!) 202 Einleitung Die bisher für Übergangsmetalle besprochene Energieniveaudiagramme beruhen auf dem sog. 1-Elektronen-Modell und sind – strikt betrachtet– nur für d1- und d9-Komplexe gültig. Wenn das Metallion mehr als ein d-Elektron besitzt, " Elektron-Elektron-Abstossung. Zwei Grenzfälle: 1 – die Kristallfeldaufspaltungen sind grösser als die Elektron-Elektron-Abstossung (stark-Feld-Liganden, schwere Metalle). – die Symmetrie des Komplexes ist niedrig. Dann ist das 1-Elektronen-Modell zulässig. 2 – die Kristallfeldaufspaltungen sind klein (schwache Liganden, 3d-Metalle) – die Symmetrie des Komplexes ist hoch. Vorgehen: Grundzustand und angeregte Zustände des freien Ions (Terme) werden zuerst ermittelt. Auf diese Zustände lässt man das Kristallfeld als Störung wirken. 203 Die 1-Elektron-Beschreibung Dabei werden die Wechselwirkungen zwischen e – vernachlässigt! 204 Atomare Energiezustände / Terme Wasserstoffatom: Die Energie einer Spektrallinie und damit eines Elektronüberganges (zwischen stationären Zuständen) ist durch die Rydberg-Gleichung gegeben: #1 1& # [cm–1] = 109737% " ( $ n12 n22 ' mit n2 > n1 Die Gleichung besteht aus zwei Termen: Die Spektroskopiker charakerisieren mit dem Begriff Term die Energien der an dem Elektronenübergang beteilgten Zuständen. (Huheey, Anhang C, S. 1139) 205 Atomare Energiezustände und Termsymbole In einem Atom addieren sich die Bahn- (l) und Spinmomente (s) aller Elektrone. Das Gesamtbahnmoment L ist angeben durch: L = l1 + l2, l1 + l2 – 1, l1 + l2 – 2, ..., | l1 – l2 | Die Komponente des Gesamtmomentes in Richtung einer gegebenen Achse ist: ML = L, L – 1, L – 2, ..., 0, ..., –L Die Zahl der möglichen Werte von ML beträgt 2 L + 1. ML ergibt sich auch als: M L = ml1 + ml2 + ...+ ml n Für die Spinquantenzahl gilt: S = "s i Für einen gegebenen Wert von S gibt es 2 S + 1 Spinzustände, die durch Ms charakterisiert sind: MS = S, S – 1, S – 2, ..., –S oder M S = ms1 + m s2 + ...+ ms n 206 Russel-Saunders-Kopplungsschema Der Gesamtderhimpuls eines Elektrons ist die Vektorsumme aus dem Bahndrehimpuls und dem Elektronenspin: j=l+s Wie bein einem Elektron treten auch in einem Atom Bahnmoment L und Spinmoment S in Wechselwirkung und ergeben die neue Quantenzahl J: J = L + S, L + S – 1, L + S – 2, ... |L – S| Das Zustandekommen der J-Werte lässt sich aus der Darstellung der beteiligten Vektoren ersehen: Russel-Saunders-Kopplungsschema nennt man auch LS-Kopplungsschema. Alternative: l + s " j (für jedes einzelne Elektron), j1 + j2 + ... + jn = J (jj-Kopplungsschema) 207 Die p2-Konfiguration des Kohlenstoffatoms 1. 2. 3. 4. Ermittlung der möglichen Werte für ML und MS. Ermittlung der Elektronenkonfigurationen, die das Pauli-Prinzip erfüllen. Tabellarische Erfassung der Mikrozustände. Ableitung der Terme aus der Tabelle der Mikrozustände. 208 2 2 2 Termaufspaltung für den C-Grundzustand (1s 2s 2p ) 209 Die Regeln von Hund 1. Grösstmögliche Spin-Multiplizität Der Zustand mit dem grössten Wert für S besitzt die geringste Energie (" Grundterm). (Weil der Term mit der grössten Spin-Multiplizität die grösste Austauschenergie besitzt.) 2. Grösstmöglicher L-Wert Der Zustand mit dem grösseren Wert für L ist der energieärmere (bei gleicher Spin-Multiplizität). 3. J-Wert Bei weniger als halb gefüllten Unterschalen ist der Term mit dem kleineren J-Wert der energieärmere. Bei mehr als halb gefüllten Unterschalen ist der Term mit dem grösseren J-Wert der energieärmere. 210 Russell-Saunders-Terme 211 Vergleich zwischen Ein-Elektron-Näherung und LS-Kopplungsschema 212 Termen in einem SCHWACHEN oktaedrischen Feld Bedeutung: Der energetische Abstand zwischen den Termen ist gross verglichen mit der Störung, die von den Liganden verursacht wird. Die Wellenfunktionen für die Terme S, P, D, F, G, usw. haben die gleiche Symmetrie wie die Wellenfunktionen der entsprechenden Orbitale s, p, d, f, g, usw. " Der gleiche Aufspaltungsmuster entsteht! 213 d2-Ion 214 „Loch“-Formalismus Ein Metallion mit d9-Konfiguration hat in seinem d-Niveau eine Elektronen-Leerstelle oder ein „Loch“ und kann daher sozusagen als ein inverses d1-Ion aufgefasst werden. Diese beiden Konfigurationen, d1 und d9, haben daher den gleichen Grundzustandsterm 2D für das freie Ion, und in einem Oktaederfeld entstehen in beiden Fällen die Niveaus 2T2g und 2Eg. Die energetische Reihenfolge dieser beiden Niveaus ist jedoch bein einem d9-Ion gerade umgekehrt wie die Anordnung für den d1-Fall. Dieser Loch-Formalismus kann auch auf alle anderen dn-Konfigurationen angewandt werden: d2 und d8 bzw. d3 und d7 weisen identische Terme für den Grundzustand des freien Ions auf, aber die Aufspaltungen im Oktaederfeld sind jeweils invers zueinander. Eine ähnliche inverse Beziehung besteht auch zwischen den Aufspaltungsmustern in oktaedrischen und tetraedrischen Ligandenfeldern. Hinzu kommt, dass die Symmetriebezeichnungen g und u bei den tetraedrischen Komplexen entfallen, da diese kein Inversionszentrum aufweisen. 215 216 Auswahlregeln für Elektronenübergänge 1. Regel von Laporte Nur solche Übergänge sind erlaubt, bei denen ein Wechsel der Parität stattfindet: g "u oder u"g Übergänge der Art g " g oder u " u sind verboten. " Alle d-d-Übergänge in oktaedrischen Komplexen sind Laporte-verboten! (wenig intens) " In tetraedrischen Komplexe gibt’s d-p-Mischung: die Laporte-Regel wird aufgehoben. 2. Alle Übergänge mit !S ! 0 sind verboten Damit ein Übergang erlaubt ist, darf dabei keine Änderung der Spinmultiplizität stattfinden. Die zweite Auswahlregel schränkt die Zahl der möglichen Übergänge drastisch ein. In der d2-Konfiguration sind dann nur drei Übergänge spin-erlaubt: 3 T1g " 3T2g 3 T1g " 3A2g 3 T1g " 3T2g (P) 217 2 5 Spektren von d - und d -Komplexen Oktaedrischer d2-Komplex: 3 Absorptionsbanden (unabhängig von Feldstärke). Dies heisst aber nicht, dass alle Banden beobachtet werden können! (Hohe E " UV) Oktaedrischer d5-Komplex: Der Grundzustand (6A1g) ist der einzige Zustand im Diagramm mit der Spinmultiplizität 6. alle Übergänge sind sowohl Laporte- als auch spinverboten! 218 Extinktionskoeffizienten 219 Zahl der spin-erlaubten Übergänge 220 Tanabe-Sugano-Diagramme berücksichtigen sowohl schwache als auch starke Felder (sind daher umfassender als OrgelDiagramme). Sie ähneln den Korrelationsdiagrammen, sind aber zur Gewinnung quantitativer Aussagen wesentlich nützlicher. Der Grundzustand wird immer als Abszisse genommen, d. h. die Energien der angeregten Zuständen werden relativ zum Grundzustand aufgetragen. Die interelektronische Abstossung wird mit Hilfe der Racah-Parameter B und C ausgedrückt. B und C sind Linearkombinationen von Coulomb und Austauschintegrale des freien Ions. Man erhält sie als empirische Parameter aus den Spektren der freien Ionen. B gibt die Energiedifferenz zwischen Zuständen gleicher Spinmultiplizität. C braucht man für !E zwischen Zuständen verschiedener Multiplizität. Parametrisierung durch B: Energie E " E/B Feldstärke " !/B Vereinfachungen: B $ 1 000 cm–1 C $ 4B (für d6 C/B= 4.8) 221 Tanabe-Sugano-Diagramme 222 Racah-Parameter 223 6 Beispiel: d High Spin: Bei schwachem Oktaederfeld ist der Grundzustand 5T2g, (aus dem Term 5D des freien Ions). [CoF6]3–-Spektrum: 5 T2g " 5Eg ist der einzige Spin-erlaubte Übergang Low Spin: Unter den angeregten Zuständen auf der Seite des schwachen Feldes befindet sich ein Term 1A1g (aus dem Term 1I des freien Ions), dessen Energie mit wachsendem ! steil abfällt. Schliesslich wird 1A1g bei !/B = 20 der Grundzustand. An dieser Stelle tritt Spinpaarung ein, woraus die Diskontinuität im Diagramm resultiert (senkrechte Linie). [Co(oxalat)3]3–-Spektrum: 1 A1g " 1T1g 1 A1g " 1T2g zwei Spin-erlaubte Übergänge (weitere Übergänge bei höheren Energien werden durch vollständig erlaubte charge-transfer-Banden (siehe später) maskiert) Da die Steigung des 1T2g-Terms viel grösser ist als die von 1T1g, nimmt der Abstand der beiden Absorptionsbanden mit wachsender Feldstärke ! der Liganden zu. 224 [Co(en)3]3+ 1 A1g " 1T1g 21 550 cm–1 1 A1g " 1T2g 29 600 cm–1 225 Bestimmung von !o Durch Vergleich eines gemessenen Spektrum mit dem entsprechenden Tanabe-Sugano-Diagramm kann man den Wert von ! für einen Komplex bestimmen (z.B.: [Co(en)3]3+). Vorgehen: 29600 cm"1 21500 cm"1 = 1.37 Aus dem Diagramm erkennt man, dass dieses Verhältnis bei !/B = 40 gegeben ist. Dort ist E/B = 37: 1 A1g ! 1T1g 21500 " B’ = 581 cm–1 = = 37 B' B' ! = 40 % B’ = 40 % 581 = 23 200 cm–1 B’ ist der Racah-Parameter B im Komplex. Im freien Ion ist B = 1 100 cm–1 (siehe Tab. 11.18). Somit: 581 cm !1 (im Komplex) = 0.53 1100 cm !1B' (im freien Ion) 226 Die Koordination reduziert B (ein Mass für die Wechselwirkungen zwischen den Elektronen) um 47%! (Nephelauxetischer Effekt, siehe unten). 227 Der Parameter B’ Der scheinbare Wert von B in Komplexen (als B’bezeichnet) ist immer kleiner als der des freien Ions (wegen der Kovalenz): 228 Das Nephelauxetische Verhältnis ! = B’/B !<1 Ist immer kleiner als 1 und sinkt mit zunehmender Delokalisierung (Kovalenz) Die Nephelauxetische Reihe B ! B' = (1 ! " ) # h(Ligand) $ k(Metall) B nephelauxetischer Effekt/d-Elektronen-Delokalisierung (1–!) nimmt zu " F– < H2O < dmf < OC(NH2)2 < NH3 < en < ox < NCS– < Cl– < CN– < Br– N3– < I– Mn2+< V2+ < Ni2+ $ Co2+ < Mo2+ < Cr3+ < Fe3+ < Rh3+ $ Ir3+ < Co3+ < Mn4+ < Pt4+ < Pd4+ (B’ oder ! = B’/B nimmt ab ") 229 Ligand-to-Metal-Charge-Transfer-Spektren (LMCT) Elektrontransfer von Orbitalen mit Ligandencharakter zu Orbitalen mit Metallcharakter. [MnO4]– L(t1) " M(e) 17 700 cm–1 L(t1) " M(t2*) 29 500 cm–1 L(t2) " M(e) 30 300 cm–1 L(t2) " M(t2*) 44 400 cm–1 Nur die Bande bei 17 700 cm–1 liegt im sichtbarem Bereich (14 000 – 28 000 cm–1). Sie verursacht die tiefviolette Farbe. NB: Diese sind (u"g)-Übergänge und deshalb Laporte-erlaubt. Wegen der grossen Extinktionskoeffizienten (102 bis 106 l mol–1 cm–1) verwendet man LMCT-Komplexe als Pigmente. Ligand " Metall-charge-transfer-Übergänge (LMCT) für einen tetraedrischen Komplex [ML4]. 230 Metal-to-Ligand -Charge-Transfer-Spektren (MLCT) Übergänge zwischen Orbitalen mit Metallcharakter und Orbitalen mit Ligandcharakter. 231 Abweichungen von der Oktaedersymmetrie Elektronische oder strukturelle Faktoren können Abweichungen von der oktaedrischen Symmetrie verursachen. Da solche Abweichungen die Elektronenspektren stark beeinflussen können, werden sie in diesem Kapitel diskutiert. Miteinbezogen werden auch Verzerrungen, die nicht unbedingt spektroskopisch relevant sind. Tetragonale und Trigonale Verzerrungen des Oktaeders Zuerst werden tetragonale Verzerrungen diskutiert, die durch die Art der Liganden verursacht werden. Ein Beispiel sind pseudooktaedrische Komplexe der Zusammensetzung [MX2Y4]. 232 Tetragonale Abweichungen: [CrF2(en)2] + Änderung der Energieniveaus eines d3-Ions als Folge der Symmetrie-Erniedrigung von oktaedrisch (Oh) nach tetragonal (D4h). 233 Effekt auf die d-Orbitalenergien 234 Bestimmte Elektronenkonfigurationen können Verzerrungen von der idealen Oktaedersymmetrie hervorrufen. Das Jahn-Teller-Theorem besagt, welche Moleküle dafür anfällig sind. Das Jahn-Teller-Theorem Bei nicht-linearen Molekülen, die sich in einem entarteten Zustand befinden, tritt eine Verzerrung auf, die die Symmetrie erniedrigt, die Entartung aufhebt und die Energie senkt. Keine Aussage über Grösse oder Art der Verzerrung (Stauchung oder Dehnung) (ausser dass das Inversionszentrum erhalten bleibt.) Die Aufspaltung der stark antibindenden eg-Orbitale ist wesentlich grösser als die der t2g-Orbitale, da letztere entweder nichtbindend oder an schwachen &-Wechselwirkungen mit den Liganden beteiligt sind. Aus den Tanabe-Sugano-Diagramme geht hervor, dass die einzigen Konfigurationen mit nicht-entarteten Grundzuständen folgende sind: high-spin d3 und d5, low-spin d6 und d8 Keine Jahn-Teller-Verzerrung erwartet! 235 Für alle anderen Konfigurationen erwartet man Jahn-Teller-Verzerrungen: 236 Beispiele: d9, d4 Energieniveaudiagramm für die d9-Konfiguration im Feld von 6 oktaedrisch (Oh) oder tetragonal-gedehnt (D4h) angeordneten Liganden: 237 238 Jahn-Teller-Verzerrungen und Reaktivität Die Stabilisierung durch den Jahn-Teller-Effekt kann mit anderen strukturellen Effekten kollidieren. Das typische Beispiel betrifft den Chelat-Effekt, der in der Folge besprochen wird. 239 Der Chelat Effekt Chelatringe vergrössern die Stabilität von Komplexen erheblich. Diese Stabilisierung wird als ChelatEffekt bezeichnet. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Entropie-Einfluss, der allen Chelat-Systemen gemeinsam ist, aber oft wird eine zusätzliche Stabilisierung durch eine negative Enthalpieänderung beobachtet. Man betrachte die stufenweise Substitution zweier einzähnigen NH3-Liganden durch den zweizähnigen Liganden Ethylendiamin (en) im Komplex [Ni(NH3)6]2+: [Ni(NH3)6]2+ + en [Ni(en)(NH3)4]2+ + en [Ni(en)2(NH3)2]2+ + en [Ni(en)(NH3)4]2+ + 2 NH3 [Ni(en)2(NH3)2]2+ + 2 NH3 [Ni(en)3]2+ + 2 NH3 K1 K2 K3 Da die Bindungsverhältnisse von Ammoniak und Ethylendiamin sehr ählich sind, erwartet man keine nennenswerte Enthalpieänderung für diese Reaktion. Aus den K1-, K2- und K3-Werten errechnet man folgende thermodynamische Daten: 240 (Hancock, R. D.; Martell, A. E. Comments Inorg. Chem. 1988, 6, 237.) Der Ersatz von einzähnigen Liganden durch den Chelatliganden erhöht die Entropie in der Lösung: !S = n R ln 55.5 = 33.4 n J K–1 Dabei ist n die Anzahl der Chelatringe. Bei T = 300 K ist der Entropie-Beitrag zur freien Enthalpie (pro Chelatring): !G(Chelat) = –T!S = –(300 K) % (33.4 J K–1 mol–1) = 10.0 kJ mol–1 Dies stimmt mit den Daten in der Tabelle überein und zeigt, dass der Entropie-Beitrag zum Chelat-Effekt der grösste ist. 241 Chelat-Effekt und Jahn-Teller-Verzerrung Die Eigenart des Chelatringes in einem Komplex schränkt das Ausmass der möglichen Verzerrung des Oktaeders ein, weil der Ligand durch den Abstand zwischen den koordinierenden Atomen eine bestimmte charakteristische Spannweite, einen optimalen "Biss" (bite angle), besitzt: H2 N bite angle M N H2 Ein Beispiel für den Widerstreit zwischen der Stabilisierung durch den Jahn-Teller-Effekt und den geometrischen Ansprüchen eines Chelat-Liganden findet man bei den Ethylendiamin-Komplexen von Cu(II). Die zweiwertigen Ionen der meisten Übergansmetalle bilden Komplexe mit Ethylendiamin (en) durch stufenweisen Ersatz von Wasser: [M(OH2)6]2+ + en [Ni(en)(OH2)4]2+ + en [Ni(en)2(OH2)2]2+ + en [Ni(en)(OH2)4]2+ + 2 H2O [Ni(en)2(OH2)2]2+ + 2 H2O [Ni(en)3]2+ + 2 H2O K1 K2 K3 Die Werte der Stabilitätskonstanten K1, K2 und K3 zeigen einen leichten Stabilitätsanstieg mit wachsender Ordnungszahl von Mn(II) bis zum Ni(II): 242 Die Irving-Williams-Reihe Stabilitätskonstanten von Ethylendiamin-Komplexen mit jeweils gleichen Liganden: Mn2+ < Fe2+ < Co2+ < Ni2+ < Cu2+ > Zn2+ [Cu(en)3]2+ ist bemerkenswert unbeständig, obwohl er die grössten K1- und K2-Werte aufweist. Erklärung: Für trans-[Cu(OH2)2(en)2]2+ ist eine Verzerrung dadurch möglich, dass sich die beiden trans-ständigen Aqua-Liganden etwas vom Kupfer-Ion entfernen, während die beiden en-Ringe relativ unverändert bleiben. Der Energiegewinn durch diese JahnTeller-Verzerrung des d9 Cu(II)-Ions erklärt, wieso die mono- und bis-substituierten en-Komplexe besonders stabil sind. Im Gegensatz dazu ist beim [Cu(en)3]2+ keine tetragonale Verzerrung möglich, ohne dass wenigstens zwei Chelatringe deformiert werden. 243 Kinetik und Chelat Effekt Die Substitution eines chelierenden Ligandes is langsamer als die eines ähnlichen einzähnigen Ligandes. Zwei Gründe: – Der Chelat-Ligand is starker gebunden. – Die Umkehrreaktion von (1) ist sehr wahrscheinlich.