Die österreichische Armeefinanzierung im - Edu-Uni-Klu

Werbung
1
Michael Zojer
220.557 Seminar für Neuere Geschichte / Sommersemester 2004
„Starker Staat, schwacher Staat?“
Fürstliche Herrschaft und politische Kontrolle in der Neuzeit
LV – Leiter: Prof. Mag. Dr. Reinhard Stauber
Institut für Geschichte an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
„Von Kriegsunternehmern und Kontributionszahlungen“
Die österreichische Armeefinanzierung im
dreißigjährigen Krieg
2
Michael Zojer
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende wissenschaftliche Arbeit
selbstständig angefertigt und die mit ihr unmittelbar verbundenen Tätigkeiten selbst
erbracht habe. Ich erkläre weiters, dass ich keine anderen als die angegebenen
Hilfsmittel benutzt habe. Alle ausgedruckten, ungedruckten oder dem Internet im
Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt übernommenen Formulierungen und Konzepte
sind gemäß den Regeln für wissenschaftliche Arbeiten zitiert und durch genaue
Quellenangaben gekennzeichnet.
Ich bin mir bewusst, dass eine falsche Erklärung rechtliche Folgen haben wird.
Michael Zojer
Klagenfurt, 02. Februar 2011
3
Michael Zojer
Inhaltsverzeichnis
Die österreichische Armeefinanzierung im dreißigjährigen
Krieg .................................................................................. 1
Die österreichische Armeefinanzierung im dreißigjährigen
Krieg .................................................................................. 4
Die österreichische Armeefinanzierung im dreißigjährigen
Krieg .................................................................................. 4
1) Die Reichsarmee, ihre Zusammensetzung und
Finanzierung ...................................................................... 6
2) Zum Söldnerwesen und seiner Bedeutung im
dreißigjährigen Krieg ....................................................... 14
3) Die spanischen Habsburger und ihre Rolle als
Geldgeber des Kaisers ..................................................... 19
4) Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur . 22
4
Michael Zojer
Die österreichische Armeefinanzierung im dreißigjährigen Krieg
Die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit war neben zahlreichen anderen
Entwicklungen wie dem fortschreitenden Prozess der „europäischen Staatenbildung“
auch mit grundlegenden Veränderungen des Kriegswesens verbunden: Die Art der
Kriegsführung erhielt ein völlig neues Gesicht.
Ständige Fortschritte im Bereich der Waffentechnik, (Verbesserung der Feuerwaffen,
Aufkommen der Artillerie als neue Waffengattung etc.) sowie die Einführung bisher
unbekannter Taktiken müssen als wesentliche Elemente dieser Veränderung
angesehen werden, doch waren es insbesondere Faktoren wie der stetige Anstieg
der Truppenzahlen und das spätere Aufkommen stehender Heere (zumindest seit
1565 / 66 in Kriegs sowie ab 1649 / 50 auch in Friedenszeiten), die den Charakter
des neuzeitlichen Kriegswesens nachhaltig prägten.
Die Anwerbung und Erhaltung der massiven Heeresaufgebote, in denen Söldner
eine immer wichtigere Stellung einnahmen, war für die jeweiligen Oberbefehlshaber
mit teilweise immensen, finanziellen Aufwendungen verbunden und konnte vielfach
nur durch die Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten zur Geldbeschaffung
bewältigt werden.
Das ständige Anwachsen der Summen, die zur Finanzierung der Verteidigung und
der Kriege wurde in der frühen Neuzeit auch im Herrschaftsbereich der
österreichischen
Habsburger
zu
einem
beschleunigenden
Faktor
für
die
Weiterentwicklung von Steuer- und Finanzsystemen1.
Bedingt durch den überaus langen Finanzierungszeitraum sowie den gewaltigen
Bedarf an Truppen, Proviant und Kriegsmaterial wurde die Aufbringung der
Kriegskosten, speziell im Verlauf des dreißigjährigen Krieges, entscheidend über
Sieg und Niederlage.
Als die Ereignisse der Jahre 1618 und 1619 (Prager Fenstersturz, Absetzung
Ferdinands II. als König durch den böhmischen Landtag, Wahl Friedrichs V. zum
neuen König von Böhmen) den böhmisch – pfälzischen Krieg auslösten, konnte nicht
vorhergesehen werden dass damit die erste Phase eines Krieges eingeleitet wurde,
welcher die Bevölkerung Europas für drei Jahrzehnte in Angst und Schrecken
versetzen sollte.
1
Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses
Habsburg im Konfessionellen Zeitalter, Teil 1 (=Österreichische Geschichte, Wien 2003), 409f.
5
Michael Zojer
Der dreißigjährige Krieg prägte das Gesicht Europas wie kein anderer militärischer
Konflikt
zuvor:
Als
Auseinandersetzungen
Folge
der
wurden
ganze
außergewöhnlich
Landstriche
grausam
entvölkert
geführten
wobei
der
Bevölkerungsstand der Jahre vor Kriegsbeginn in manchen Regionen teilweise erst
nach weit über 100 Jahren wieder erreicht werden konnte.
Das gesamte Ausmaß der menschlichen Tragödie die der Krieg mit sich brachte,
lässt sich leicht an Hand zeitgenössischer Bevölkerungsstatistiken rekonstruieren.
Die österreichischen Habsburger mussten während des dreißigjährigen Krieges
zeitgleich mit zwei militärischen Problemfeldern gewaltigen Ausmaßes fertig werden:
Zum Einen galt es die ständige Bedrohung des eigenen Reichs und des gesamten
Abendlandes durch die anstürmenden Osmanen abzuwenden, zum Anderen
kämpfte man um die Wahrung politischer und religiöser Interessen an der Spitze der
katholischen Liga.
Der österreichische Militärapparat basierte zur damaligen Zeit auf zwei Säulen: dem
von den Landständen organisierten Landesdefensionswesen und professionellen
Söldnertruppen.
Im dualistischen Staat des 17. Jahrhunderts war die Finanzierung und Organisation
des Kriegswesens weitgehend Sache der Stände, die jedoch selbstverständlich in
enger Kooperation mit den landesfürstlichen Behörden agierten.
Neue Heeresstrukturen wie die aus den Truppenkörpern der katholischen Liga
zusammengefasste Reichsarmee erforderten zusätzliche Finanzmittel, die teilweise
nur mit Anleihen beziehungsweise Vorschüssen gedeckt werden könnten. In diesem
Zusammenhang
muss
das
im
weiteren
Verlauf
des
„Kriegsunternehmertum“ besonders hervorgehoben werden.
Textes
behandelte
6
Michael Zojer
1) Die Reichsarmee, ihre Zusammensetzung und Finanzierung
Mit der Fortdauer des Krieges kam es auf Grund neuer politischer Konstellationen
und der Ausweitung des Konfliktes zu Veränderungen der Heeresorganisation und
der Kriegsführung auf Seiten der katholischen Bündnispartner.
Die Bestimmungen des Prager Friedens von 1635 und seiner Nebenrezesse sowie
die Vereinbarungen zwischen Kurfürst Maximilian I. von Bayern und Kaiser
Ferdinand II. bildeten die Grundlage für die Schaffung der Reichsarmee,
worunter gemäß Hubert Salm die, mit den Truppen der verbündeten Reichsstände
zusammengefasste kaiserliche Armee verstanden werden muss.
Bei der in der Regel als Reichsarmada bezeichneten Reichsarmee handelte es sich
um die Gesamtheit aller Streitkräfte der so genannten Reichsallianz.
Mit ihrer Einrichtung änderten sich auch die Voraussetzungen für die späteren,
militärischen Operationen2.
Konkret setzte sich die Reichsarmee zusammen aus:
a) der kaiserlichen Reichsarmee als Verband sämtlicher Truppen unter der
unmittelbaren Verfügungsgewalt des Kaisers, wobei hier auf die Gliederung in
immediate (unter direkter Führung des Kaisers) und mediate (unter der
militärischen Führung des Generalleutnants als Stellvertreter des Kaisers)
Einheiten hinzuweisen ist.
b) der kurbayerischen Reichsarmee, gestellt von Kurfürst Maximilian von Bayern
c) der kursächsischen Reichsarmee unter dem Oberkommando des Kurfürsten
Georg I. von Sachsen
d) der westfälischen Kreisarmee, bestehend aus immediaten kaiserlichen sowie
aus mediaten kurkölnischen, kurbayerischen (bis 1638) und bischöflich –
osnabrückischen Regimentern und Kompanien. Die letzte Komponente der
Reichsarmee bildete schließlich
e) der Hauptarmee, einem Verband unterschiedlichster Truppenverbände,
zusammengestellt aus den oben genannten Teilen der Reichsarmee3.
Hubert Salm, Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg. Der Niederrheinisch – Westfälische
Reichskreis 1635 – 1650 (=Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte
e.v.., Münster 1990), 11f.
3 Ebd., 12 f.
2
7
Michael Zojer
Die Finanzierung der Reichsarmee stellte die „katholische Allianz des Reiches“ vor
massive Probleme und konnte, vor allem über einen längeren Zeitraum hinweg, nur
durch die Nutzung vielfältiger Möglichkeiten zur Geldbeschaffung aufrechterhalten
werden.
Der Staat des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts verfügte in der Regel noch nicht
über ein völlig ausgeprägtes Steuerwesen, weshalb es zumeist nicht möglich war, auf
regelmäßige Steuereinkünfte zurückzugreifen. Das stetige Anwachsen der Summen
die zur Verteidigung und Kriegführung der werdenden Habsburgermonarchie benötigt
wurden, erwies sich jedoch als ein beschleunigendes Element in Hinblick auf die
Entwicklung eines leistungsfähigeren Finanz- und Steuerwesens4.
Im Normalfall deckte man die anfallenden Kosten für Hofhaltung, Kammergericht und
auch der Landesverwaltung, indem man auf die Einkünfte aus Regalien (wirtschaftlich
nutzbaren Hoheitsrechten) und den eigenen Domänen (Kron- und Tafelgüter)
zurückgriff5. Spezielle Ausgaben, bedingt durch militärische Auseinandersetzungen,
konnten allerdings nicht durch Verwendung von Mitteln aus jenen, gewöhnlich nicht
steigerungsfähigen, Finanzquellen gedeckt werden. Im Falle konkreter Bedrohung (in
casu extremae necessitatis6) konnten allerdings zweckgebundene Steuerleistungen
der Reichs- und Landstände eingehoben werden, um mit diesen Finanzen
Investitionen im militärischen Bereich zu tätigen. In Kriegszeiten war der Landesfürst
daher auf außerordentliche Steuerzugeständnisse der Stände sowie auf Kredite oder
Subsidienzahlungen (Zahlung von Hilfsgeldern) angewiesen7.
Ferdinand II. verfügte als Kaiser vorerst weder über eine schlagkräftige, eigene
Armee, noch über die Möglichkeiten zur Erhaltung einer Solchen. Wie es der damals
weit verbreiteten Praxis entsprach, betraute auch er mit Albrecht von Wallenstein
einen „Kriegsunternehmer“ mit der Aufstellung einer Armee und erteilte diesem im
Jahre 1625 die Befugnis zur Rekrutierung von rund 20000 Mann8.
Wallenstein verpflichtete sich unter anderem, dem Kaiser die Kosten für Sold,
Verpflegung und Ausrüstung des, von ihm geführten Heeres vorzustrecken –
selbstverständlich
4
mit
dem
Gedanken
an
die
zahlreichen
Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 409.
Johannes Kunisch, Wallenstein als Kriegsunternehmer. Auf dem Wege zum absolutistischen
Steuerstaat. In: Uwe Schulz, Mit dem Zehnten fing es an. Eine Kulturgeschichte der Steuer (München
1986), 153.
6 Ebd., 153
7 Ebd., 153 f.
8 Moritz Ritter, Das Kontributionssystem Wallensteins. In: Historische Zeitschrift 90 (1903), 198ff.
5
8
Michael Zojer
Bereicherungsmöglichkeiten, die sich ihm, im Rahmen seiner Tätigkeit als oberster
Feldherr der kaiserlichen Reichsarmee, bieten würden.
Ohne das, auf Kontributionszahlungen besetzter Gebiete (de facto bezog Wallenstein
allerdings
auch
die
Lande
des
Reichs
und
deren
Einwohner
in
die
Unterhaltszahlungen mit ein) basierende Finanzierungssystem Wallensteins wäre die
Erhaltung eines derartigen Heeresaufgebotes für den Kaiser nicht möglich gewesen 9.
Dies zeigt auch folgender Auszug aus einer Erklärung der kaiserlichen Hofkammer an
den kaiserlichen Hofkriegsrat vom November 1626:
1.° Es ist der Hoffcamer wegen underhaltung der Walnstainischen armada nicht allein
nichts bewust jechmals gewesen, sondern man hat dieselbe gleichsam assecurirt, dz
ohn allen Ihr Kayl. May. Entgelt der herzog von Fridlandt gedachte seine
underhabende armada mit aller nottdurfft, biß dz es etwa wiederumben zu friden
standt gelangen möchte, versechen wurde.
2.° Wie dan auch für dz ander khein müglikheit gewesen währe, auch noch nit ist,der
Hoff Camer allein einen so möchtigen exercitum, der gleichen vor disen von aller deß
Röm. Raich unnd ander Königreich unnd lande einkhumbenden contributionen
nichmahls underhalten, bey abgang gedachter Kön. unnd länder verwilligung, mit der
Proviant außzuhalten10.
Obwohl Wallenstein stets auf dem Modell der Versorgung der Armee mit kaiserlichen
Mitteln beharrte, da er „lediglich die Kosten der ersten Aufstellung selbiger
übernommen habe“, war sowohl ihm, als auch dem Kaiser von Anfang an bewusst,
dass die arg strapazierten kaiserlichen Kassen nicht für derartige Vorhaben
herangezogen werden konnten.
Als
jährlicher
Aufwand
zur
Besoldung
eines
Infanterieregimentes
in
der
Größenordnung von etwa 3000 Mann mussten jährlich etwa 400000 bis 450000
Gulden kalkuliert werden. Die jährlichen Soldausgaben für ein Kavallerieregiment
von rund 1200 Mann Truppenstärke betrugen zwischen 260000 und 300000 Gulden.
Bedingt durch die Existenz zahlreicher Quellen, lassen sich alleine die schwedischen
Kriegskosten in Deutschland während des
dreißigjährigen Krieges auf eine Summe zwischen 30 und 45 Millionen Gulden
festlegen11. Derartig hohe Ausgaben konnten keinesfalls alleine durch die Einnahmen
Kunisch, Wallenstein als Kriegsunternehmer, 156 – 159.
Kaiserliche Hofkammer an den kaiserlichen Hofkriegsrat, Wien, November 1626. In: Gottfried
Lorenz (Hg.), Quellen zur Geschichte Wallensteins (=Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte
der Neuzeit, Freiherr vom Stein - Gedächtnisausgabe 20, Darmstadt 1987),Nr. 18, 111 f.
11 Kunisch, Wallenstein als Kriegsunternehmer, 155f.
9
10
9
Michael Zojer
aus den „klassischen Geldquellen“ (Privilegien, wie etwa Münzrechte aber auch
Erträge
der
eigenen
Domänen)
gedeckt
werden.
Daher
gewannen
Gelderschließungsmaßnahmen, die sicherstellen sollten, dass „der Krieg den Krieg
ernährte12“ immer stärker an Bedeutung, bis sie schließlich zum zentralen Element
der Kriegsfinanzierung in der Zeit des dreißigjährigen Krieges avancierten.
Das Einheben von Kontributionen war zwar ursprünglich beschränkt auf besetzte
Territorien. Dennoch wurden schon vom ligistischen Heer unter der Führung Tillys,
seit Verlagerung der Kriegshandlungen
nach Norddeutschland, an jedem seiner
Aufenthaltsorte Unterhaltszahlungen eingefordert, gleichgültig ob es sich bei den
betroffenen Territorien um Gebiete der Bundesgenossen, der Neutralen oder aber der
Feinde handelte13.
Neben der Bereitstellung von Mannschaftsquartieren hatten die Oberhäupter der
betroffenen Städte beziehungsweise Gebiete auch für das Heranschaffen der
benötigen
Proviantvorräte
und
die
Ablieferung
diverser
Pflichtabgaben
(beispielsweise das sogenannte Servis, dessen Hauptbestandteile Salz, Brennholz
und Beleuchtungsmittel waren) Sorge zu tragen. Zu diesem Zwecke kam es zur
Bildung
sogenannter
Kontributionsbezirke
in
der
Umgebung
des,
zum
Truppenstandort auserkorenen, Gebietes. In jedem der genannten Bezirke hatten
Städte und Ämter einen festgelegten Beitrag zu den benötigten Proviantlieferungen
zu leisten, wobei die angelieferten Nahrungsmittel keine Abgabe darstellten, sondern
nach festgelegter Taxe aus dem Gold der Truppen bezahlt werden sollten. Die
Untertanen erhielten bei Ablieferung des geforderten Proviants vom Stadtrat
Quittungen, die ihnen das Geld für die gelieferten Waren sichern sollte. Vielfach
erfolgten die Zahlungen von Seiten der belieferten Truppen prompt und problemlos,
allerdings kam es wohl ebenso häufig zu Zahlungsverzögerungen oder zum
kompletten Ausbleiben der finanziellen Entschädigungen.
Speziell Wallenstein erwies sich als überaus fähig, was die Beschaffung der Mittel zur
Erhaltung seines Truppenkontingentes betraf. Die von ihm geforderten Kontributionen
waren keineswegs als
Notbehelf zur Überbrückung finanzieller Engpässe zu
betrachten. Vielmehr war Wallenstein stets darauf bedacht, die Wirtschaft und die
finanziellen
Möglichkeiten
der
von
ihm
okkupierten
Gebiete
nicht
durch
unaufbringbare Forderungen nachhaltig zu schädigen, wodurch es ihm gelang, ein
12
13
Ebd., 156.
Ritter, Das Kontributionssystem Wallensteins, 216f.
10
Michael Zojer
Kontributionssystem aufzubauen, mit dem auch ein gewaltiges Heer über Jahre
hinweg besoldet und erhalten werden konnte14.
Trotz des durchdachten Abgabensystems kam es in zunehmendem Maße zu
Übergriffen
durch
Kommandanten
der
wallensteinischen
Armee,
die
sich
rücksichtslos auf Kosten der leidenden Bevölkerung bereicherten. Wallensteins
Selbstherrlichkeit, mit der er sich über lange bestehende Rechtsnormen und
Hoheitsrechte hinwegsetzte muss neben den
Willkürakten seiner Söldner als
Ursache für die steigende Ablehnung, mit der er und seine Männer im Reich zu
kämpfen hatten, gesehen werden15.
Trotzdem verlor das von Wallenstein mitgeprägte System der Kontributionen, als
wesentliches Mittel zur
Truppenfinanzierung, auch nach seinem Tod nichts von
seiner Bedeutung und wurde auch von seinen Nachfolgern in den wesentlichsten
Zügen beibehalten.
Neben den bereits erwähnten Kontributionen waren, sowohl für den Kaiser als auch
für die Liga, die Subsidienzahlungen des Papsttums von immenser Bedeutung. Als
Oberhäupter der katholischen Kirche erwiesen sich Papst Paul V., (jener belegte
1620 zur Unterstützung des Kaisers sogar den italienischen Klerus mit einem
dreijährigen Zehnt) aber auch dessen Nachfolger, Gregor XV. als große Förderer des
Kaisers und auch der katholischen Liga unter der Führung Maximilians von Bayern
(seit 1623). Insbesondere während der Amtszeit Gregors XV. (vom Februar 1621 bis
zum Juli 1623) konnte sich der Kaiser über großzügige Unterstützung aus Rom
freuen. Er führte nicht nur die von seinem Vorgänger und dem Kaiser
ausgehandelten, monatlichen Hilfszahlungen fort, sondern er erhöhte deren Summe
noch zusätzlich16. Zentral für die deutsche Politik Gregors waren die Bemühungen,
den Kaiser endlich zur Ernennung Maximilians von Bayern zum Pfälzischen
Kurfürsten zu bewegen. Nur bei Erfüllung dieser Bedingung wollte der Papst dem
Kaiser weiterhin seine finanzielle Unterstützung gewähren. Gregor XV. setzte seine
Hoffnungen vor allem auf die Liga – wohl auch bedingt durch die großen Erfolge des
Jahres 1622 an denen das Ligaheer unter Tilly wesentlichen Anteil hatte. Zwischen
dem Kaiserhof und der Liga kam es zu Spannungen, da man Verhandlungen mit dem
Papst häufig dazu nutzte um die, oft als ungerecht empfundene, Verteilung der
14
Kunisch, Wallenstein als Kriegsunternehmer, 159f.
Ebd., 159.
16 Dieter Albrecht, Zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges. Die Subsidien der Kurie für Kaiser
und Liga 1618 – 1635. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 19 / 3 (1956), 540ff.
15
11
Michael Zojer
Subsidien anzuprangern und sich wechselseitig Unterstützungsgelder abspenstig zu
machen17.
Die Amtszeit Urbans VIII. war in ihren ersten acht Jahren gekennzeichnet von einem
fast völligen Aussetzen der Subsidienzahlungen an Kaiser und Liga. Erst im
Dezember 1631 gewährte der Papst dem Kaiser und der Liga wieder laufende
monatliche Subsidien18.
Von den genauen Summen der Geldflüsse aus Rom weiß man, dass unter Paul V.
rund
625000 Gulden, in einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren, an Kaiser und Liga
überwiesen wurden.
Für die Jahre unter Gregor XV. lassen sich derartige Angaben nur schwer und unter
Berücksichtigung der „unglaublichen Münzverschlechterung zwischen Sommer 1621
und Herbst 162219“, machen.
Während der Scudo als jene Währung in der die päpstlichen Hilfsgelder an Bankiers
ausbezahlt wurden stabil blieb, erlebte der Gulden eine rapide Entwertung. Die
Bankiers als Mittelsmänner zahlten die, in Scudi eingelangten, monatlichen
Geldbeträge, wie festgelegt, in Gulden aus. Durch die Wertminderung des Gulden
mussten von päpstlicher Seite immer geringere Scudo – Beträge überwiesen werden,
wobei der Realwert der in Gulden ausbezahlten „Monatsraten“ wesentlich verringert
wurde20. Trotz der geschilderten Problematik lassen sich für die Zeit Gregors XV. als
Papst Subsidienzahlungen in der Höhe von rund 1239000 Gulden in guter Münze
sowie 700000 Gulden in schlechter Münze annehmen. In den letzten Jahren unter
Urban VIII. von 1631 – 1635 flossen immerhin noch 550000 Taler (der Taler wurde
dem Gulden wegen seiner Wertbeständigkeit vorgezogen) in die Kriegskassen von
Kaiser und Liga21.
Neben den bereits genannten Zahlungen der Kurie konnten sich Kaiser und Reich im
Verlauf des Krieges auch auf Hilfsgelder aus dem habsburgischen Spanien stützen.
Spanien engagierte sich bereits früh finanziell im Rahmen der kaiserlichen
Kriegsführung. So operierten etwa in den Jahren von 1618 bis 1620 spanische oder
mit spanischen Geldern besoldete Truppen bei den Kampfhandlungen in Böhmen
und im Reich. Graf Oñate, spanischer Botschafter am Kaiserlichen Hof, leitete über
Albrecht, Die Subsidien der Kurie, 542 – 545.
Ebd., 555.
19 Albrecht, Die Subsidien der Kurie, 544.
20 Ebd., 544.
21 Ebd., 562.
17
18
12
Michael Zojer
Mailand große Geld und Truppenlieferungen an Ferdinand II., der im Juli 1620 auf
über 12000 Mann unter spanischer Besoldung zurückgreifen konnte22.
Den Hintergrund für die Zahlung spanischer Subsidien war stets die Hoffnung, den
Kaiser und das Reich auf diese Weise zum Eintritt in den Kampf gegen die
abtrünnigen Niederländer zu bewegen. Trotz großzügiger Hilfsleistungen (allein
1632/33 floss eine Million Gulden über Wallenstein in die kaiserliche Kriegskasse)
wurden die Spanier enttäuscht, da sowohl Ferdinand II. als auch sein Sohn
Ferdinand III. vor einem Bruch mit den nördlichen Niederlanden oder Frankreich
zurückschreckten23.
Bedingt durch permanente Rückschläge und mangelndes Vertrauen in die
Zuverlässigkeit des Kaisers reduzierte man nach den großen Aufwendungen der
Jahre 1635/36 (über 3,5 Millionen Gulden!) die Zuwendungen massiv und
beschränkte die Zusammenarbeit ab 1641 auf die Bereitstellung kaiserlicher Truppen
gegen Bezahlung24.
Mit
dem
Ende
des
dreißigjährigen
Krieges
beginnt
für
die
tradierte
Militärhistoriographie gleichsam auch der Unterhalt stehender Truppen in großem Stil,
wobei allerdings zur Verteidigung der von den Türken schwer bedrängten,
habsburgischen Gebiete schon seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
„stehende“ Truppenkörper gebräuchlich waren.
Auch wenn die Erfahrungen der Kriegsjahre die Hinwendung zum stehenden Heer
beschleunigte, verlief der Auf- und Ausbau ständig bereitgehaltener Streitkräfte in
einem vielschichtigen und längerfristigen Prozess, der strukturelle Änderungen
sowohl im Heeres- als auch im Staatswesen einschloss.
Der kontinuierliche Unterhalt eines Heeres wird zu Recht als typisches Kennzeichen
eines absolutistischen Staates gesehen, in dem die auf den Landesfürsten
eingeschworene Streitmacht als Mittel zur Durchsetzung des Absolutismus dient.
Hildegard Ernst, Madrid und Wien 1632 – 1637. Politik und Finanzen in den Beziehungen zwischen
Philipp IV. und Ferdinand II. (=Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren
Geschichte 18, Münster 1991), 18f.
23 Hildegard Ernst, Spanische Subsidien für den Kaiser 1632 bis 1642. In: Konrad Repgen (Hg.),
Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven (=Schriften des Historischen
Kollegs, Kolloquien 8, München 1988), 299ff.
24 Ebd., 301.
22
13
Michael Zojer
Aus nahe liegenden Gründen stieß daher der Landesfürst bei der Durchsetzung
seiner Pläne bezüglich eines stehenden Heeres meist auf massiven Widerstand der
Stände25.
25
Bernhard Sicken, Der Dreißigjährige Krieg als Wendepunkt. Kriegführung und Heeresstruktur im
Übergang zum miles perpetuus. In: Heinz Duchard (Hg.), Der Westfälische Friede. Diplomatie –
politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte (=Historische Zeitschrift, Beiheft 26,
1998), 581f.
14
Michael Zojer
2) Zum Söldnerwesen und seiner Bedeutung im dreißigjährigen Krieg
Das Wesen des Dreißigjährigen Krieges war entscheidend geprägt vom Einsatz der
zahlreichen Söldnerheere, die sich zum wichtigsten Instrument der Kriegsführung
während jener Zeitepoche entwickelten. Das Söldnerheer der damaligen Zeit darf
noch nicht als Element des staatlichen Militärwesens gesehen werden, vielmehr
standen die Dienste einer Söldnerarmee jedem zur Verfügung, der die notwendigen
Mittel zur Bezahlung der Truppen aufzubringen vermochte. Obwohl Geld die
Entscheidung erleichterte war es dennoch nicht alleine ausschlaggebend für die
Beantwortung der Frage, in wessen Dienst man die eigene Kampfkraft stellen sollte.
Bei Kriegsbeginn bestimmte meist die Konfession die Bannerfarben unter denen
man marschierte. Die Nationalität spielte bei der Wahl des „Arbeitgebers“ keine Rolle
– gerade die multikulturelle Prägung vieler Söldnerverbände wurde zu einem
weiteren speziellen Merkmal des Heereswesens im Dreißigjährigen Krieg26.
Als Beispiel für die Vielzahl der innerhalb eines Truppenverbandes vereinten
Nationalitäten kann das Fußregiment des Feldmarschall – Leutnants Gilles de Haes
(1597 – 1657) herangezogen werden, welches im Herbst 1644 aus abgedankten
Italienischen Söldnern formiert und zum Teil vom Kurfürst von Bayern mit Waffen
ausgestattet wurde: das Regiment setzte sich zusammen aus 534 Deutschen, 218
Italienern, 54 Polen, 51 Slowenen, 43 Burgundern, 26 Griechen, 24 Lothringern, 18
Dalmatinern, 15 Franzosen, 15 Türken, 14 Tschechen, 11 Spaniern sowie fünf
Ungarn, zwei Kroaten, zwei Schotten, zwei Sizilianern und einem Iren 27.
In der Literatur finden sich zahlreiche Beispiel für die Mobilität von Söldnern und
Söldnerführern sowie die Multinationalität vieler Militäreinheiten.
So führt etwa Bernhard Kroener dem Leser in bemerkenswerter Weise die auch für
heutige Verhältnisse noch beeindruckende beruflich bedingte „Reisetätigkeit“ des
schottischen Soldaten Andreas (Andrew) de Melvill(e) vor Augen. Dieser diente
während des 17. Jahrhunderts in beinahe allen Teilen Europas28.
Neben einer Vielzahl verschiedener Nationalitäten fanden sich in den meisten der
Söldnerregimenter auch Angehörige der unterschiedlichsten sozialen Klassen und
Gruppierungen.
Helmut Lahrkamp, Dreißigjähriger Krieg - Westfälischer Frieden. Eine Darstellung der Jahre 1618 –
1648 (Münster 1999), 157.
27 Ebd., 159.
28 Vgl. Bernhard Kroener, „Der Krieg hat ein Loch…“. Überlegungen zum Schicksal demobilisierter
Söldner nach dem dreißigjährigen Krieg. In: Duchard (Hg.),Der Westfälische Friede, 599 – 633.
26
15
Michael Zojer
Die freie Geburt war längst nicht mehr Voraussetzung für den Eintritt in den
Kriegsdienst.
Trotz des hohen „Bauernanteils“ der Gesamtbevölkerung (fast 90 Prozent) ergaben
Berechnungen, dass immerhin 52 Prozent der ausgedienten Söldner im 17.
Jahrhundert städtischer Herkunft waren. Die Zahlen verdeutlichen, dass der Bauer
jener Zeit wohl nur schwer zum Zurücklassen seines Hofes und seiner Familie
bewegt werden konnte, um sich als Söldner seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Trotz des ausbleibenden „Massenansturms“ der Bauern auf die Söldnerheere
bestand zu keinem Zeitpunkt Mangel an Rekruten, denn Abenteuerlust und
Profitstreben bewegten immer mehr Studenten, Gesellen und Lohnarbeiter aber
auch gesellschaftliche Randgruppen wie Verbrecher oder Landstreicher dazu, sich
für ein Leben als Söldner zu entscheiden29.
Auch wenn Abenteuerlust und in vielen Fällen reiner Patriotismus Menschen zum
Weg in den Solddienst veranlassten: der bei weitem häufigste Grund sich einem
Söldnertrupp anzuschließen, waren ökonomische Interessen. Je länger der Krieg
dauerte, desto rascher schritt die Verarmung der Menschen voran und nicht umsonst
schreibt Geoffrey Parker in seinem Text über die Soldaten des dreißigjährigen
Krieges: „Most soldiers do indeed seem to have joined up, because they could not
longer survive in civilian life30“.
Die Formierung und spätere Erhaltung schlagkräftiger Söldnerheere konnte nur
durch das Zutun der obersten staatlichen Gewalten (Kaiser, Städte, Fürsten) erreicht
werden. Sie betrauten einen Obersten oder Hauptmann mit der Aufstellung eines
Truppenkörpers (Regiment oder Fähnlein) und versahen selbigen mit den dazu
notwendigen Privilegien: dem Offizierspatent, einem „Bestallungsbrief“, sowie einem
sogenannten „Artikelsbrief“.
Der Bestallungsbrief, oft auch als Bestallungspapier bezeichnet, diente zur
Festlegung der Soldatenzahl, sowie des Sold- und Sammelplatzes und bestimmte
gleichzeitig die Anzahl der Truppeneinheiten innerhalb des zu bildenden
Truppenkörpers. Zweck des Artikelsbriefes hingegen war die Reglementierung des
Rechtsgebrauches sowie der juristisch – sozialen Beziehungen innerhalb des
Regiments für dessen Bildung der Inhaber des Offizierspatentes meist die
benötigten Finanzen vorschoss oder überhaupt zur Verfügung stellte 31.
29
Herbert Langer, Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges (Stuttgart u. a. 1978), 89ff.
Geoffrey Parker, The Soldiers of the Thirty Years’ War. In: Repgen (Hg.), Krieg und Politik, 307.
31 Langer, Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges, 92.
30
16
Michael Zojer
Hintergrund für das gönnerhafte Auftreten zahlreicher Söldnerführer während des
großen Krieges war selbstverständlich die Aussicht auf spätere Entschädigungen
(durch den/die Dienstgeber) und die vielen Bereicherungsmöglichkeiten, die sich im
Verlauf des Krieges bieten würden. Wichtigste Voraussetzung für die Qualifikation
als Feldherr im dreißigjährigen Krieg war die Existenz finanzieller Ressourcen, auf
die man zurückgreifen konnte. Der Wohlstand eines Feldherren zählte weit mehr als
dessen
militärische
Erfolge
wie
zahlreiche
Beispiele
militärischer
Führungspersönlichkeiten, die von einer Niederlage in die nächste schlitterten aber
wegen ihrer Fähigkeit zur Beschaffung dringend benötigter dennoch „unangetastet“
blieben, belegen können32.
Am Anfang jeder Söldnerkarriere stand das so genannte Laufgeld, welches der
angeworbene Soldat aus der Hand des Werbers entgegennimmt.
Nach Auszahlung des Laufgeldes war der nun registrierte Neugeworbene
verpflichtet, sich unverzüglich zum Musterplatz zu begeben. Hierbei ist zu bemerken,
dass es immer wieder zu „Laufgeldbetrügereien“ kam und angeworbene Soldaten
trotz Entgegennahme des Laufgeldes nicht zur Musterung erschienen. Derartige
Vergehen stellten allerdings kaum ein größeres Problem dar, da sich der bei weitem
größte Teil der Angeworbenen moralisch dazu verpflichtet fühlte, für das erhaltene
Geld Leistung zu erbringen und daher auch am Musterungsplatz erschien 33. Im Zuge
der Musterung wurden Waffen und Ausrüstung an die neu rekrutierten Truppen
verteilt, sowie das eigentliche Ritual der Musterung, als symbolischer Eintritt in eine
Gemeinschaft, durch den Befehlshaber oder dessen Vertreter, den Kommissar,
vollzogen. Die feierliche Verlesung des Artikelsbriefes und die anschließende
Vereidigung der Soldaten bildeten schließlich den Abschluss des, sich über mehrere
Tage hinweg erstreckenden, Musterungsprozesses34.
Die Besoldung der Truppen erfolgte in der Regel nach genau festgelegten
Richtlinien. Jeder der einzelnen Truppenränge bezog ein bestimmtes monatliches
Fixum, (tatsächlich war eine regelmäßige Auszahlung des Soldes aber überaus
selten) wobei Haupt- und Befehlsleute selbstverständlich besser bezahlt wurden.
Neben Geldzahlungen empfing der Söldner etliche weitere Leistungen von Seiten
seines „Kriegsherren“.
Parker, The Soldiers of the Thirty Years’ War, 308f.
Reinhard Baumann, Landsknechte. Ihre Geschichte und Kultur vom späten Mittelalter bis zum
Dreißigjährigen Krieg (München 1994), 72f.
34 Langer, Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges, 93.
32
33
17
Michael Zojer
Diese umfassten unter anderem die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Werkzeug
sowie die Bereitstellung
der benötigten Unterkünfte. Die Finanzierung der Truppen entwickelte sich, wie im
bisherigen Verlauf dieses Textes bereits mehrfach erwähnt, immer weiter hin zur
Idee,
dass
„der
Krieg
den
Krieg
ernähren
müsse“
und
so
wurden
Kontributionszahlungen der Aufenthaltsgebiete allmählich das wichtigste Mittel zur
Finanzierung der Söldnerverbände des Dreißigjährigen Krieges.
Problematisch gestaltete sich das Leben der Söldner in der so genannten „Gartzeit“
– der Zeit ohne Soldvertrag. Im Normalfall waren bis zum Ende eines Feldzuges
sämtliche der noch ausständigen Gehälter ausbezahlt worden und die nun nicht
mehr gebrauchten Söldner hatten ihr Abzugsgeld, zumeist in der Höhe eines halben
Monatssolds, in Empfang genommen. Es kam allerdings immer wieder zu
Abmusterungen, deren Hintergründe schlichtweg darin lagen, dass die zur Erhaltung
der Truppen erforderlichen Gelder und Versorgungsgüter nicht mehr beschafft
werden konnten. Die entlassenen Söldner waren gezwungen ihre weitere
Versorgung selbst zu organisieren. Vielfach wurden sie dabei unterstützt durch
behördliche Anordnungen, welche die Zivilbevölkerung zu Abgaben an die
umherstreunenden
„Gartbrüder“
verpflichteten.
Wo
derartige
Unterstützungsregelungen jedoch nicht vorhanden waren, kam es schnell zu
gewalttätigen Übergriffen der, immer noch bewaffneten, Vaganten unter denen der
betroffene Teil der Zivilbevölkerung massiv zu leiden hatte35.
Die größte Gefahr für das Leben der Soldaten im Krieg ging, neben den ständigen
Kampfhandlungen, von den zahlreichen Seuchen aus. Man nimmt heute an, dass im
Verlauf des Krieges mehr Soldaten an Seuchen zugrunde gingen als an den Folgen
der Gefechte und Schlachten. Typhus, Ruhr und Skorbut zählten zu den ständigen
Begleitern der Söldnerverbände. Immer wieder traten derartige Seuchen im Bereich
der Truppenlager auf und dezimierten, vor allem bei längeren Belagerungen, ganze
Armeen massiv36.
Es waren die ständigen Plünderungen und Verwüstungen der umherziehenden
Streitkräfte die maßgeblich zum Entstehen eines tief greifenden Hasses der
Bevölkerung gegenüber dem Kriegshandwerk und somit auch dem Söldnerwesen.
Vor allem der gewaltige „Anhang“ jeder Truppeneinheit sorgte im Umland des
35
Langer, Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges, 98f.
Lahrkamp, Dreißigjähriger Krieg – Westfälischer Frieden, 166. sowie Parker, The Soldiers of the
Thirty Years’ War, 312f.
36
18
Michael Zojer
jeweiligen Aufenthaltsortes durch unzählige Diebstähle und Überfälle für Chaos. Die
Nachhut eines Regimentes umfasste neben dem familiären Anhang der Söldner
zahlreiche Menschen, die von den Bedürfnissen der Söldner zu profitieren hofften
(Marketender, Prostituierte etc.)37.
Immer öfter kam es zu organisiertem Widerstand der Bauern gegen die plündernden
Scharen, die sich vielerorts in einen regelrechten Kleinkrieg mit der ansässigen
Bevölkerung verwickelt sahen38.
Die Söldner des dreißigjährigen Krieges waren Angehörige eines eigenen Standes
mit eigenem Rechtsverständnis und eigener Gerichtsbarkeit. Bedingt durch das
rücksichtslose und brutale Vorgehen gegenüber der ohnehin schon schwer in
Mitleidenschaft gezogenen Bevölkerung (man denke nur an die erschreckende
Kreativität der Soldaten, was die Erfindung neuer Foltermethoden betraf) wurde der
Söldner im Verlauf des Krieges zum höchsten Feindbild aller geschundenen
Zivilisten. Die Greueltaten der Söldner und Soldaten in „den dreißig Jahren“
schädigten das Ansehen des Kriegsvolkes nachhaltig und bewirkten, dass sich
Streitkräfte auch in späterer Zeit noch mit massiver Ablehnung von Seiten des
Volkes konfrontiert sahen.
37
38
Langer, Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges, 96f.
Ebd., 106f.
19
Michael Zojer
3) Die spanischen Habsburger und ihre Rolle als Geldgeber des Kaisers
Spaniens Rolle im dreißigjährigen Krieg war bis zum Mai des Jahres 1635, als
Frankreich der spanischen Krone offiziell den Krieg erklärte, eine passive.
Man beschränkte sich auf die finanzielle Unterstützung des Kaisers in der Hoffnung
ihn zum militärischen Handeln gegen das Frankreich Ludwigs XIII. zu bewegen,
nachdem über Jahre hinweg ein Konflikt zwischen den beiden Großmächten
schwelte (Mantuanischer Erbfolgekrieg)39.
In Spanien hatte sich bereits seit dem Ende des 16. Jahrhunderts eine Vielzahl von
Problemen gestaut, die kaum beseitigt werden konnten. Eines der grundlegendsten
Probleme war die Tatsache, dass es sich bei der spanischen Monarchie, anders als
in Frankreich, um eine so genannte „composite monarchy“ (eine Union
unterschiedlichster Königreiche und Fürstentümer, deren Repräsentanten jeweils
eigene Interessen verfolgten) handelte.
Lediglich der militärische Schutz des Gesamtkönigreiches band die verschiedenen
Teilherrschaften an Kastilien - das eigentliche Kernland der Monarchie.
Die Unterschiede zwischen Kastilien und Frankreich zeigten sich allerdings auch auf
anderer Ebene. Die Bevölkerung Kastiliens war bereits seit den 1570er Jahren durch
den beinahe permanenten Kriegszustand zur Zahlung hoher Steuern verpflichtet.
Obwohl die Einnahmen aus den amerikanischen Kolonien vorerst noch anstiegen
(die Silbererträge schrumpften seit 1600 stetig), war das bevölkerungsmäßig eher
kleine Kastilien (unter 7 Millionen Menschen an der Wende zum 17. Jahrhundert)
dazu gezwungen, den Hauptteil der Kosten für die Verteidigung des spanischen
Weltreiches zu tragen. Die Länder der aragonesischen Krone, die iberischen
Randprovinzen und seit 1580 auch das
neu erworbene Portugal, ließen eine zusätzliche Besteuerung ihrer Einwohnerschaft
nicht zu40.
Unter Olivares, der als Minister die Geschäfte Spaniens in der Zeit von 1621 bis
1643 leitete, erfolgten Versuche, der voranschreitenden Finanz- und Wirtschaftskrise
entgegenzuwirken. Die spanischen Besitzungen in Italien, das Königreich beider
Sizilien aber auch Portugal, Aragon, Valencia und Katalonien sollten durch eine
Waffenunion stärker in die spanischen Kriegsfinanzierung eingebunden werden. Das
Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 377 – 381.
Ronald Asch, Kriegsfinanzierung, Staatsbildung und ständische Ordnung in Westeuropa im 17. und
18. Jahrhundert. In: Historische Zeitschrift 268 (1999), 648ff.
39
40
20
Auftreten
von
Volkserhebungen
Katalonien (1640)
und
Sezessionserscheinungen
Michael Zojer
in
Portugal,
und später auch in Süditalien zeigten jedoch, dass eine
Steigerung der Staatseinnahmen nicht auf diese Weise herbeigeführt werden
konnte. Mit dem Ziel die immensen Heereskosten zu verringern, kam es unter den
Nachfolgern Philipps II. (1556 – 1598) zu einer umfassenden Reform des
spanischen Kriegswesens.
Private Kriegsunternehmer übernahmen die Versorgung ganzer Heeresteile und
wurden dafür mit Barzahlungen oder einträglichen Privilegien entschädigt. Adelige
Großgrundbesitzer wurden mit der Rekrutierung von Soldaten betraut. Sie griffen
hierbei zumeist auf ihre eigenen Bauern zurück und wurden für die Kosten jener
„Aushebungen“ mit der Oberhoheit über Städte, Gerichtsbarkeitsrechte und Steuern
entlohnt. Anders als in Frankreich wurde der, auf diese Weise gestärkte Adel, von
der Krone nicht als Bedrohung gesehen.
Die Bedeutung der spanischen Aristokratie für den Staat war enorm, denn
Angehörige jener Schicht übernahmen die wichtige Aufgabe der Kreditbeschaffung
für einen Staat, der selbst kaum noch kreditwürdig war.
Seit etwa 1635/40 folgte auch Spanien dem Vorbild anderer europäischer Staaten
und verfolgte die Idee des Krieges, der vom Kriege lebt41.
Seit Phillip II. war es eines der Hauptziele spanischer Außenpolitik gewesen,
Österreich zum Bruch mit Frankreich, das die abtrünnigen Niederlande unterstützte,
zu bewegen. Trotz der prekären Finanzlage Spaniens investierte Olivares allein
1632/33 eine Million Gulden an den kaiserlichen Generalissimus Wallenstein, in der
Hoffnung, dadurch seine Truppen zum Kampf gegen Frankreich oder die
Niederlande zu gewinnen. Nachdem alle Aufwendungen nichts bewirkten, kam es
am 31. Oktober 1634 zu einem Vertrag, der sowohl den Kaiser, als auch Spanien
zufrieden stellen sollte: Spanien versprach dem Kaiser Geld, der dafür einwilligte,
den Bruch mit Spanien zu vollziehen. Als sich zeigte, dass auch dieser Vertrag nicht
zur Erfüllung kommen würde, da der Kaiser das mit Sachsen aufgebaute
Friedenswerk durch Bekanntwerden des Abkommens mit Spanien gefährdet sah,
versuchte man den Kaiser auch ohne Vertrag für die Unterstützung der spanischen
Anliegen zu gewinnen.
Die spanischen Anliegen waren jedoch alles andere als leicht erfüllbar. Man wollte
Frankreich schwächen um die französische Unterstützung der Niederlande zu
41
Asch, Kriegsfinanzierung, 652f.
21
Michael Zojer
beenden. Weiters sollten die abtrünnigen Provinzen zu einem für Spanien
akzeptablen Frieden gezwungen werden, was 1635 vor allem den holländischen
Verzicht auf Pernambuco voraussetzte. Für Olivares war klar, dass die Frage des
Fortbestandes oder des Ruins der spanischen Monarchie an das Erreichen jener
Ziele gebunden war. Man mobilisierte daher in den Jahren vor der französischen
Kriegserklärung die letzten Reserven der spanischen Ressourcen, um dadurch den
Lauf der Dinge zu Gunsten der spanischen Krone zu verändern. Durch Aufnahme
hoher Kredite gelang es der spanischen Botschaft in Wien für die Jahre 1635 und
1636 über 3500000 Gulden zur Verfügung zu stellen42.
Mit den Geldern sollten im militärischen Bereich drei verschiedene Posten finanziert
werden: Die Anwerbung von Truppen die direkt der spanischen Krone unterstellt
sein sollten, die Übernahme von Truppen aus dem kaiserlichen Heer (gegen
Erstattung der Werbegelder), sowie die Subsidien für den Kaiser, die jedoch an
bestimmte Verwendungszwecke gebunden waren43.
Nachdem Ferdinand II. bis zum Zeitpunkt der französischen Kriegserklärung an
Spanien nicht zum Eintritt in den Krieg gegen Frankreich bereit war, ging Spanien
vorerst als einzige der beiden Habsburgermächte in den offenen Konflikt mit
Frankreich über, dessen Ende mit dem Pyrenäenfrieden von 1659 auch das Ende
Spaniens als Weltmacht besiegeln sollte.
42
43
Ernst, Spanische Subsidien, 299f.
Ernst, Spanische Subsidien, 300.
22
Michael Zojer
4) Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur
a.) gedruckte Quellen
Kaiserliche Hofkammer an den kaiserlichen Hofkriegsrat, Wien, November 1626. In:
Lorenz Gottfried (Hg.), Quellen zur Geschichte Wallensteins (=ausgewählte Quellen
zur Deutschen Geschichte der Neuzeit, Freiherr vom Stein – Gedächtnisausgabe 20,
Darmstadt 1987), Nr. 18, 111 – 114.
b.) Literatur
Albrecht Dieter, Zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges. Die Subsidien der
Kurie für Kaiser und Liga 1618 – 135. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
19 / 3 (1956), 534 – 568.
Asch Ronald G., Kriegsfinanzierung, Staatsbildung und ständische Ordnung in
Westeuropa im 17. und 18. Jahrhundert. In: Historische Zeitschrift 268 (1999), 635 –
672.
Baumann Reinhard, Landsknechte. Ihre Geschichte und Kultur vom späten
Mittelalter bis zum Dreißigjährigen Krieg (München 1994).
Ernst Hildegard, Madrid und Wien 1632 – 1637. Politik und Finanzen in den
Beziehungen zwischen Philipp IV. und Ferdinand II. (=Schriftenreihe der Vereinigung
zur Erforschung der Neueren Geschichte 18, Münster 1991).
Dies., Spanische Subsidien für den Kaiser 1632 bis 1642. In: Repgen Konrad (Hg.),
Krieg und Politik 1618 – 1648. Europäische Probleme und Perspektiven (=Schriften
des Historischen Kollegs, Kolloquien 8, München 1988), 299 – 303.
Kroener Bernhard, „Der Krieg hat ein Loch…“. Überlegungen zum Schicksal
demobilisierter Söldner nach dem dreißigjährigen Krieg. In: Duchard Heinz (Hg.),Der
Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld –
Rezeptionsgeschichte (=Historische Zeitschrift, Beiheft 26, 1998), 599 – 633.
Kunisch Johannes, Wallenstein als Kriegsunternehmer. Auf dem Wege zum
absolutistischen Steuerstaat. In: Schulz Uwe (Hg.), Mit dem Zehnten fing es an. Eine
Kulturgeschichte der Steuer (München 1986), 153 – 162.
Lahrkamp Helmut. Dreißigjähriger Krieg – Westfälischer Frieden. Eine Darstellung
der Jahre 1618 – 1648 (Münster 1999).
Langer Herbert, Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges (Stuttgart u.a. 1978).
Parker Geoffrey, The Soldiers of the Thirty Years’ War. In: Repgen (Hg.), Krieg und
Politik, 303 – 317.
Ritter Moritz, Das Kontributionssystem Wallensteins. In: Historische Zeitschrift 90
(1903), 193 – 250.
23
Michael Zojer
Salm Hubert, Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg. Der Niederrheinisch –
Westfälische Reichskreis 1635 – 1650 (=Schriftenreihe der Vereinigung zur
Erforschung der Neueren Geschichte 16, Münster 1990).
Sicken Bernhard, Der Dreißigjährige Krieg als Wendepunkt. Kriegführung und
Heeresstruktur im Übergang zum miles perpetuus. In: Duchard Heinz (Hg.), Der
Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld –
Rezeptionsgeschichte (=Historische Zeitschrift, Beiheft 26, 1998), 581 – 599.
Winkelbauer Thomas, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des
Hauses Habsburg im Konfessionellen Zeitalter, Teil 1 (=Österreichische Geschichte,
Wien 2003).
Herunterladen