Thema Nr. 4 Allokationsprobleme und Marktversagen

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Thema Nr. 4: Allokationsprobleme und Marktversagen
Thema Nr. 4
Allokationsprobleme und Marktversagen
24.- 28.11.2003
Désirée Landgrebe
1. Was versteht man unter (technologischen) externen Effekten? Nennen Sie einige
Beispiele.
Die Voraussetzungen für einen vollkommenen Markt sind (nach Fritsch/Wein/Ewers, S. 33ff.)
a) Konstante Produktionstechnik und Produktpalette
b) Konstante Präferenzen der Wirtschaftssubjekte
c) Formale Freiheit der Wahl zwischen Alternativen
d) Homogenität der Güter ohne sachliche, persönliche und räumliche Präferenzen
e) Atomistische Marktstruktur mit vielen Anbietern und Nachfragern
f) Vollständige Information aller Marktteilnehmer
g) Unbegrenzte Mobilität sämtlicher Produktionsfaktoren und Güter
h) Keine Unteilbarkeiten
i) Unendliche Reaktionsgeschwindigkeit
j) Übereinstimmung individueller und gesellschaftlicher Nutzen und Kosten
→ Externe Effekte/Externalitäten sind eine Abweichung von der letzten Voraussetzung j).
Definition von Externen Effekten:
Aktivitäten (Produktion/Konsum) eines Wirtschaftssubjekts beeinflussen die Aktivitäten
anderer Wirtschaftssubjekte, ohne dass hierfür ein Preis bezahlt würde.
Oder anders ausgedrückt: In der Nutzen- oder Produktionsfunktion eines Wirtschaftssubjektes
befindet sich eine Variable, die von einem anderen Individuum bestimmt wird und wofür kein
Preis entrichtet wird.
Tabelle 1:
Externe Effekte
Pekuniäre Effekte
Technologische Effekte
Sie entstehen als normale Folge von Markt- Die
Nutzen-/Produktionsfunktion
eines
beziehungen. Durch geändertes Angebots- Wirtschaftssubjekts wird direkt positiv/
und Nachfrageverhalten ändern sich die negativ durch die Aktivitäten eines anderen
Preise, womit neue Knappheitsrelationen beeinflusst,
ohne
eine
(monetäre)
ausgedrückt werden. Somit steuern pekuniäre Kompensation zu erhalten. Es liegt MarktEffekte die Ressourcenallokation.
versagen vor, da hier private Nutzen/Kosten
nicht
mit
den
gesellschaftlichen
Nutzen/Kosten übereinstimmen.
Beispiel für pekuniäre Effekte:
• Die Beziehungen zwischen Produzenten verändern sich (aufgrund von technischem
Fortschritt oder Nachfrageveränderungen). → Konsequenzen für Umfang und Wert
der Produktion, ohne dass eine direkte Entschädigung bezahlt wird.
• Konsumenten fragen verstärkt Computer anstelle von Schreibmaschinen nach. Die
Nachfrage nach Schreibmaschinen geht zurück.
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Beispiele für technologische Effekte:
Zwischen zwei Produzenten →
• Ein Imker stellt seine Bienenkörbe neben eine Kirschplantage. Der Kirschzüchter
profitiert davon, da die Bienen die Kirschbäume befruchten, wodurch die Ernte
reichlicher ausfällt.
• Ein Pharmazieunternehmen leitet Abwasser in einen Fluss, der von einem
Fischerbetrieb 200 km flussabwärts genutzt wird. Die Fischerträge gehen daraufhin
zurück.
• Der Wachmann einer privaten Schutzgesellschaft fährt mit seiner Uniform in einem
Zug mit. Straftaten im Zug werden dadurch verhindert, ohne dass die Bahn hierfür
zahlen muss.
Zwischen zwei Konsumenten
• In einem Haus hört eine Wohnpartei bis spät in die Nacht laut Musik. Er beeinflusst
damit negativ die Nutzenfunktion seiner Nachbarn, da diese früh aufstehen müssen.
• Mein Nachbar hat einen großen Baum auf seinem Grundstück, der verhindert, dass in
meine Wohnung Sonne hineinscheinen kann. Dadurch ist es bei mir im Sommer auch
ohne Klimaanlage angenehm kühl.
Zwischen Produzenten und Konsumenten →
• Der Flugbetrieb des Frankfurter Flughafens stellt eine negative Beeinflussung der
Nutzenfunktion der umliegenden Anwohner dar, da diese in ihrer Lebensqualität
eingeschränkt werden.
• Ein Braunkohlewerk steht in der Nähe einer Wohnsiedlung, deren Bewohner über
Atemwegserkrankungen klagen.
• Der gepflegte Waldbestand ermöglicht mir angenehme Wanderungen auf gut
ausgebauten Waldwegen.
2. Stellen Sie die wohlfahrtstheoretischen Auswirkungen einer Divergenz zwischen den
privaten und sozialen Produktionskosten eines Gutes, das auf einem Wettbewerbsmarkt
gehandelt wird, graphisch dar. Erläutern Sie die Problematik unter Verwendung des
Konzepts der Konsumenten- und Produzentenrente.
Bei negativen Externalitäten stimmen die Kosten, bei positiven Externalitäten stimmen die
Erträge, die bei einem Produzenten anfallen, nicht mit den gesamtgesellschaftlichen
Kosten/Erträgen überein (bei den folgenden Ausführungen werden nur negative externe
Effekte betrachtet). Es gilt:
Private (Grenz-) Kosten + marginale Zusatzkosten = soziale (Grenz-) Kosten.
Die Zusatzkosten drücken das Ausmaß des Externen Effekts aus. Der Preis des Gutes ist
verzerrt: Er zeigt nicht mehr zuverlässig die Knappheit auf dem Markt an, denn der Anbieter
geht nur von den Kosten aus, die bei der Produktion direkt bei ihm angefallen sind (und für
die er auch Ausgaben getätigt hat).
Nach dem Modell der Wohlfahrtsökonomie wird die Wohlfahrt einer Gesellschaft durch die
Summe von Produzenten- und Konsumentenrente ausgedrückt.
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Abbildung 1:
p
Konsumentenrente
D
S’
C
p*
S
D’
Produzentenrente
q*
q
p* ist der Preis, bei dem sich die Angebotsmenge mit der Nachfragemenge deckt. Die
Nachfragekurve zeigt aber, dass es Konsumenten gibt, die bereit gewesen wären, einen
höheren Preis für das Gut zu zahlen (links oben von C). Die Differenz zwischen ihrer, sich in
der Nachfragekurve äußernden Zahlungsbereitschaft und dem Marktpreis ist die
Konsumentenrente (Fläche DCp*).
Auf der anderen Seite gibt es Anbieter, die in der Lage sind, ihre Produkte günstiger
anzubieten als zu p*. (Die Angebotskurve zeigt die steigenden Grenzkosten.) Da der
Marktpreis aber höher liegt, erzielen sie einen Zusatzgewinn, den man Produzentenrente
nennt (Fläche p*CS).
Die Summe von Produzenten- und Konsumentenrente ist dort maximal, wo sich die Kurven
DD’ (aggregierte Nachfrage) und SS’ (aggregiertes Angebot) schneiden, bzw. wo auf
vollkommenen Märkten monetäre Nachfrage gleich monetärem Angebot ist.
In Abbildung 2 liegen konstante Zusatzkosten vor. Da der Produzent sie nicht beachtet, bietet
er das Gut günstiger an, als es unter volkswirtschaftlicher Betrachtung wünschenswert ist
(siehe gestrichelte Linien). Gesamtgesellschaftlich wäre nämlich der Preis p* und die Menge
q* effizient. Die Angebotskurve S* ergibt sich durch Addition der privaten Grenzkosten und
der externen Grenzkosten/Zusatzkosten. Der Anbieter wälzt insgeheim Kosten seiner
Produktion auf die Gesellschaft ab. Seine Produktion ist um (q0 - q*) zu hoch. Jede
Mengeneinheit, die zusätzlich zu q* hergestellt wird, verursacht gesellschaftliche Kosten, die
höher sind als die Erlöse.
Staatliche Eingriffe könnten den negativen externen Effekt z.B. durch eine Pigou-Steuer
internalisieren. Der Staat erhebt eine Steuer in Höhe der externen Zusatzkosten, so dass die
privaten Kosten den sozialen entsprechen:
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Abbildung 2:
S * (s ozia le G re nz ko sten)
p
S p ( priv ate G r enz ko sten )
p*
p0
C D
E
F
N
B
A
Ex ter ne G re nz ko sten/
“ Zusa tz koste n“
0
q* q0
q
Die Konsumentenrente vermindert sich um die Fläche p0p*CE auf p*pC.
Die Produzentenrente geht von AEp0 auf BCp* zurück.
Der Staat nimmt zusätzliche Steuern ein (ABCF).
Der externe Effekt in Höhe der Fläche CDEF wird vollständig internalisiert.
Es ergibt sich ein volkswirtschaftlicher Wohlfahrtsgewinn von der Fläche CDE, weil
der Wohlfahrtsverlust des negativen externen Effektes in Höhe der Fläche CDEF
durch den Staatseingriff rückgängig gemacht wird, die Summe aus Produzenten- und
Konsumentenrente plus Steuereinnahmen dabei jedoch um CEF zurückgeht.
! Fläche CDEF minus Fläche CEF = Fläche CDE.
•
•
•
•
•
Die Pigou-Steuer ist eine Preislösung, da sie am Preis eines Gutes ansetzt. Problematisch bei
dieser Art der Internalisierung ist die Zuordnung und Erfassung/Bewertung der Zusatzkosten.
3. Was versteht man unter einem natürlichen Monopol? Inwiefern rechtfertigt die
Existenz eines natürlichen Monopols staatliche Interventionen? Welche Ziele verfolgt
der Staat bei der Regulierung natürlicher Monopole?
Natürliche Monopole liegen vor, wenn der Wettbewerb auf dem betroffenen Markt unmöglich
oder aus Effizienzgründen nicht erstrebenswert ist. Dies kann geschehen, wenn bestimmte
Annahmen zur vollständigen Konkurrenz nicht gegeben sind:
a) Ein Produzent hat an einer einmalig vorkommenden Ressourcen die Verfügungsrechte
(z.B. eine bestimmte Holzart, die nur in einer Region wächst); ! Annahme 1.e)
aufgehoben.
b) Ein Unternehmen kann sich Technologien oder Ressourcen patentieren lassen (z. B. neue
Medikamente); ! Annahme 1.a) aufgehoben.
c) Technische Unteilbarkeiten liegen vor; ! Annahme 1.h) aufgehoben.
Die letztgenannte Möglichkeit ist die häufigste Ursache für ein natürliches Monopol: Bei
steigender Produktionsmenge sinken die Durchschnittskosten (steigende Skalenerträge). Die
allgemeine Kostenfunktion K= VK + FK besteht aus variablen Stückkosten und Fixkosten.
Bei technischen Unteilbarkeiten sind die Fixkosten sehr hoch, die variablen Kosten dagegen
niedrig. Beispiele für diese Art der Kostenfunktion sind alle Unternehmen, die Netze
unterhalten müssen (Strom, Wasser, Bahn, Telefon).
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Auf einem Markt der vollständigen Konkurrenz sind die Anbieter Mengenanpasser, d.h., der
Preis ist ein Datum. Der Produzent weitet seine Angebotsmenge solange aus, bis der Preis die
Grenzkosten erreicht (p = GK). Der natürliche Monopolist kann sich an diese Regel nicht
halten, er würde nicht kostendeckend produzieren. Es entstünde ein Defizit bei der
gesamtwirtschaftlich effizienten Menge y* (GK < DK). Staatliche Intervention ist notwendig,
damit die Versorgung der Allgemeinheit mit diesem Gut und zu einem gewissen
Qualitätsstandard gesichert ist.
Abbildung 3:
p
N
p
Durchschnittskosten
p
Defizit
p*
0
y*/2
y*
Grenzkosten
y
Wie man an der Graphik leicht sieht, kann ein Unternehmen, das die Menge y* produziert und
anbietet, diese zu Stückkosten in Höhe von p produzieren, während zwei Unternehmen, die
jeweils y*/2 anbieten, einen Preis von p verlangen müssen, um ihre Stückkosten zu decken,
folglich besteht eine „Tendenz zum Monopol“. Ein Unternehmen, das ein natürliches
Monopol besitzt, hat also einen Größenvorteil (!
!„economies of scale“)
Generell stehen dem Staat zwei Handlungsalternativen zur Verfügung:
1.) die Unterwerfung der Monopole unter staatliche Regulierung (Preisregulierung,
Kontrahierungszwang), oder „Gemeinwirtschaftliche“ Unternehmen,
2.) die Verkürzung der Monopoldauer (Substitutionsmöglichkeiten/Wettbewerb fördern).
Konkret:
• Es existieren verschiedene Möglichkeiten der Preisregulierung bei Monopolisten:
Kostenorientierte Preisregulierung, d. h. der Monopolist setzt die GK als Preis an,
sein Defizit übernimmt der Staat; oder man gestattet dem Monopolisten einen Preis in
Höhe der Durchschnittskosten plus einem Gewinnaufschlag (oder einen
Kapitaleinheiten-Zuschlag).
• Zeitliche Befristung von Monopolen durch Versteigerung; allerdings wird dann der
Monopolist die Cournot-Lösung anstreben! Frage ist, ob bei der Versteigerung die (an
sich entstehenden) Monopolprofite vorweggenommen werden (vgl. Preise für die
UMTS-Mobilfunklizenzen).
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•
Kontrahierungszwang = Das Unternehmen muss mit jedem Nachfrager einen Vertrag
abschließen (Krankenkassen)
• Vereinfachung von Gründungsvorschriften für Unternehmen
• Öffnung des Leitungsnetzes für andere Anbieter des Gutes (z. B. Telekom muss
Mitanbietern ihr Netz zur Verfügung stellen)
Doch auch der Markt selbst kann natürlichen Monopolen entgegenwirken.
• Durch den technischen Fortschritt können Unteilbarkeiten abgemildert bzw.
aufgehoben werden.
• Neue Kosten sparende Produktionsverfahren ermöglichen anderen Unternehmern den
Zutritt zu dem Markt.
• Substitute treten auf, die in Konkurrenz zum entsprechenden Gut treten (Verlagerung
von Transporten von der Schiene auf die Straße).
• Die Kostenvorteile aus den zunehmenden Skalenerträgen können durch
organisatorische Aufwendungen bzw. durch Produktivitätseinbußen aufgrund der
Unternehmensgröße hinfällig werden.
Ein wichtiges Argument gegen natürliche Monopole (vgl. Baumol, W. (1977): On the Proper
Cost Tests for Natural Monopoly in a Multiproduct Industry, in: American Economic Review,
Vol. 67, S. 809-822) besagt, dass die meisten Unternehmen Mehrproduktbetriebe sind, bei
denen sowohl „economies of scale“ (Größenvorteile, steigende Skalenerträge), als auch
„economies of scope“ (Verbundvorteile) vorhanden sind.
Die Verbundvorteile lassen sich dadurch erklären, dass ein Produktionsfaktor gleichzeitig für
verschiedene Produktionsprozesse benutzt werden kann. Dann muss der Test nicht mehr wie
 y* 
*
oben lauten (die Produktion von y ist billiger als die Produktion von 2*   ),
 2 
sondern C ( y + y + ... + y ) < C ( y ) + C ( y ) + ... + C ( y ) : Die Kosten der Summe
beliebiger n Outputvektoren sind kleiner als die Summe der Kosten, wenn man diese
Outputvektoren einzeln produziert („Sub-Additivität“)! Anders ausgedrückt: Ein
Unternehmen kann eine Palette von Produkten kostengünstiger anbieten, als wenn jedes
einzelne Produkt aus dieser Palette von unterschiedlichen Produzenten hergestellt werden
würde.
Liegt also „Sub-Additivität“ nicht vor, kann es zum „Rosinenpicken“ kommen: Aus dem
Bündel von Gütern, bieten Konkurrenten nur eines an, das dann Gewinn bringend produziert
und vertrieben werden kann.
1
2
n
1
2
n
4. Durch welche Eigenschaften sind öffentliche Güter gekennzeichnet? Nennen Sie
Beispiele für Güter mit hohem Öffenlichem-Gut-Charakter und mit hohem Privat-GutCharakter. Warum wird die Hochschulausbildung häufig als „Mischgut“ bezeichnet?
Öffentliche Güter sind Güter, deren Allokation über den Markt nicht möglich ist. Sie sind
nicht marktfähig. Dies ist nicht (nur) in ihren Eigenschaften an sich begründet, sondern kann
auf die in der Gesellschaft vorherrschenden Vereinbarungen und Regelungen zurückgeführt
werden. Für Öffentliche Güter müssen Alternativen zum Markt gesucht werden. Zwei
Merkmale kennzeichnen Öffentliche Güter:
a) das Ausschlussprinzip/Exklusionsprinzip ist nicht anwendbar bzw. nicht wirtschaftlich und
b) die Konsumgrenzkosten sind nicht fühlbar (es herrscht keine Rivalität im Konsum)
Dies unterscheidet diese Güter von Privatgütern/Individualgütern (siehe Tabelle 2).
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Tabelle 2:
Konsumgrenzkosten
sind fühlbar
Konsumgrenzkosten
sind nicht fühlbar
Anwendung des
Exklusionsprinzips wäre
wirtschaftlich
Individualgüter
Klubkollektivgüter
Anwendung des Exklusionsprinzips
wäre unwirtschaftlich
Quasikollektivgüter
Echte prototypische Kollektivgüter
(Öffentliche Güter)
Güterklassifizierung nach Grossekettler (1985)
Das Ausschlussprinzip bedeutet, dass man Zahlungsunwillige von der Nutzung eines Gutes
ausschließen kann, d.h., ist jemand nicht bereit für ein Gut z. B. ein Auto zu zahlen, kann er es
auch nicht nutzen. Dieser Ausschluss ist bei Kollektivgütern/Öffentlichen Gütern nicht
möglich bzw. unwirtschaftlich, da er mit zu hohen Transaktionskosten verbunden wäre.
So kann man den einzigen Zahlungsunwilligen in einer Straße schlecht von der Nutzung der
Straßenbeleuchtung ausschließen. Grundsätzlich kann das Ausschlussprinzip immer
angewendet werden, hier müssen aber die Kosten und die im Staat vorherrschenden Werte
berücksichtigt werden.
Die Wahrnehmung von Konsumgrenzkosten/Rivalität im Konsum bedeutet, dass der
Einzelne in seinem Nutzen eingeschränkt wird, wenn ein weiterer Konsument dasselbe Gut
nutzt. Mit anderen Worten: Will man ein zusätzliches Individuum mit einer Einheit eines
Gutes versorgen oder will man dem Individuum eine Einheit des Gutes zuteilen, entstehen
Konsumgrenzkosten. Sie sind spürbar bei Individualgütern, nicht spürbar bei Kollektivgütern.
So ist es egal, ob eine Theatervorstellung in einem Saal mit 200 Plätzen von 100 oder 101
Zuschauern besucht wird (Klubkollektivgut) oder der atomare Schutzschild von 80 Mio. oder
81 Mio. Bürgern in Anspruch genommen wird (echtes prototypisches Kollektivgut).
Wegen der Nichtanwendbarkeit dieser beiden Kriterien, die ein „Trittbrettfahrerverhalten“
begünstigen, werden Kollektivgüter/öffentliche Güter auch nicht von der Privatwirtschaft
sondern vom Staat oder einem Kollektiv angeboten.
Exkurs zur Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen natürlichen Monopolen und
öffentlichen Gütern (nicht klausurrelevant bzw. nur für Bonuspunkte):
Neben die Konsumgrenzkosten müssen die Produktionsgrenzkosten gestellt werden, die
entstehen, wenn eine Einheit zusätzlich produziert wird. Dazu gehen wir von einer einfachen
Kostenfunktion aus (vgl. Klaus W. Zimmermann/ Tobias Thomas, WiSt 6/2003, S. 342):
K = c × Qb
(1)
K
= c × Q b −1
Q
(2)
dK
K
= b × c × Q b −1 = b ×
dQ
Q
(3)
dK
K
dQ
=b
(4)
Q
wobei b definiert sei als die Produktionskostenelastizität, c sei eine Konstante, Q die
Produktionsmenge und K die Kosten.
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K
Abbildung 4:
GK
DK
DK
Q
Für b>1 liegen die Grenzkosten der Produktion über den Stückkosten, für b<1 darunter.
Daneben gibt es die Konsumgrenzkosten:
Q = x × na
(5)
Dabei steht x für eine Standardkonsummenge, n für die Konsumentenanzahl, und a ist der
Rivalitätsparameter, der die Rivalität im Konsum quantifiziert, wobei 0≤a≤1.Dieser Parameter
zeigt die „Nutzungselastizität der Bereitstellungsmenge“ an, d.h.:
dQ n
a=
× .
(6)
dn Q
Für die Konsumgrenzkosten erhält man:
dK dK
dK
=
× a × x × n a −1 =
× a × n a −1 ← x = 1
(7)
dn dQ
dQ
Sie zeigen also an, welche zusätzlichen Kosten bei Versorgung eines zusätzlichen
Konsumenten mit der Standardmenge x entstehen.
Führt man die beiden Ausdrücke (7) und (3) zusammen, ergibt sich:
dK
K
= a × n a −1 × b × .
(8)
dn
Q
Hierbei sind K/Q die Durchschnittskosten der Produktion und zeigen an, welchen Preis ein
Unternehmen auf dem Markt erzielen muss, damit seine Kosten (Stückkosten) gedeckt sind.
dK/dn sind dann die oben definierten Konsumgrenzkosten. Definiert man κ als das Verhältnis
aus Konsumgrenzkosten und Produktionsdurchschnittskosten, gilt:
κ=
dK
K
dn
= a × n a −1 × b.
(9)
Q
Aus wohlfahrtstheoretischer Sicht sollte der Preis immer den Konsumgrenzkosten
entsprechen. Für κ≥1 ist dann das Gut „marktfähig“. Für κ<1 ist kein kostendeckendes
Marktgleichgewicht möglich. Daraus lässt sich jetzt eine neue Taxonomie der Güter ableiten:
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Tabelle 3:
Produktionskostenelastizität b
Rivalitätsparameter a
b<1
b>1
a= 0
κ <1 ①
κ <1 ②
a=1
κ <1 ③
κ >1 ④
0<a<1
κ <1 ⑤
κ >1 bzw. κ <1 : Fall6
Bei ④ ist κ>1 und a=1 und b>1 ! Extremfall der marktfähigen Individualgüter!
Bei allen Fällen, bei denen κ<1 ist, treten Probleme der wohlfahrtsmaximalen
Marktversorgung auf oder aber der Markt versagt total (Fälle ① und ②: „reine“ öffentliche
Güter). Fälle ③ und ⑤ stehen für natürliche Monopole: Grenzkostenpreise führen zu
Verlusten! Bei Fall 6 tauchen alle möglichen Arten von externen Effekten auf (Klaus W.
Zimmermann/ Tobias Thomas, WiSt 6/2003, S. 342).
Ende des Exkurses
Öffentliche Güter sind von meritorischen Gütern zu unterscheiden: Diese sind Güter, die zwar
Privat-Gut-Charakter haben, aber trotzdem aus politischen Gründen öffentlich bereitgestellt
werden, da die verantwortlichen Entscheidungsträger der Ansicht sind, dass das betreffende
Gut zu wenig nachgefragt wird. Sie steigern die Nachfrage, indem sie das Gut zu einem Preis
unter den Grenzkosten oder gar umsonst anbieten (z. B. Museen). (Paternalismus kann sich
auch auf Güter beziehen, die „zu viel“ nachgefragt werden.)
Tabelle 4:
Kollektivgüter
Meritorisches Gut
Gut, für das kein Markt aufgrund von
Gut, das der Staat aus nichtwirtschaftlichen
gesellschaftlichen Vereinbarungen existiert
Gründen unter dem Marktwert anbietet, z. B.
Museen, oder dessen Konsum er verbietet
• Innere Sicherheit
oder einschränkt , z. B. Drogen.
Beispiel zur Diskussion: Das „Mischgut“ Hochschulausbildung
Sollen Studiengebühren erhoben werden, um Nichtzahlungswillige auszuschließen? Bei
Härtefällen könnte die Studiengebühr gemindert werden.
Tabelle 5:
Individualgutcharakter
Kollektivgutcharakter
• Studium erhöht die private Chance,
• Erhöhung und Verbesserung des
ein besseres Einkommen in der
Humankapitals einer Volkswirtschaft,
Zukunft zu erlangen.
!positive externe Effekte
• Direkte Anwendung des gelernten
• Zukünftige Staatseinnahmen sichern
Wissens,
(mehr Einkommen = mehr Steuern),
• Öffentlicher Nutzengewinn durch
• Prestige, Ansehen.
Vermittlung einer „staatsbürgerlichen“
Erziehung.
Möglicherweise unterschiedlicher Gut-Charakter bei verschiedenen Bildungsgütern
(Grundschule, Abitur, Studium ...).
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