DAS POLITISCHE REGIME DER FÜNFTEN REPUBLIK Die Fünfte Französische Republik (Ve République) ist die fünfte republikanische Verfassung Frankreichs. Sie besteht seit dem 5. Oktober 1958 und wird als semipräsidentielles Regierungssystem eingeordnet. 1. Vorgeschichte: Die V. Republik folgte der IV. Republik. Das System der IV. Republik wurde nach zahlreichen inneren Krisen und insbesondere wegen der fortwährenden, die Zeit seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges überschattenden kriegerischen Auseinandersetzungen im Zuge der Dekolonisation (vor allem der Indochinakrieg und der Algerienkrieg) bei der Mehrheit der Bevölkerung als gescheitert angesehen. Durch den Militärputsch vom 13. Mai 1958 in Algier (Algerien war keine Kolonie, sondern ein in vier Departements aufgeteilter integraler Bestandteil Frankreichs) wurde die gerade erst gebildete Regierung unter Premierminister Pflimlin in Frage gestellt. Bereits einen Tag später war klar, dass auch das Militär Frankreichs selbst der verfassungsmäßigen Regierung nicht mehr gehorchte. Nach 14-tägiger Druckausübung durch das Militär, die in einem Ultimatum gipfelte, stimmte schließlich Präsident Coty zu, Charles de Gaulle zum Ministerpräsidenten zu machen. Coty, der einen Bürgerkrieg befürchtete, rief auch das Parlament auf, de Gaulle zu bestätigen und mit den diktatorischen Sondervollmachten zu versehen, die er – und das Militär für ihn – forderten. Diese Einigung mit den Putschisten geschah im letzten Augenblick, da die „Opération Résurrection“ (der Sturm auf Paris durch das Militär) bereits angelaufen war. So wurden die Panzereinheiten in Rambouillet und die Fallschirmjägereinheiten aus Algerien in letzter Minute gestoppt. Dies beendete die IV. Republik. Das Parlament vertagte sich nach dem Beschluss „sine die“. De Gaulle regierte bis zum Verfassungsreferendum im August ohne Parlament, einzig verbliebenes Organ der Vierten Republik war Staatspräsident Coty. De Gaulle flog nach seiner Vereidigung sofort nach Alger und verlieh den dortigen Putsch-Generälen Auszeichnungen. Das politische System der Fünften Republik wurde entscheidend geprägt durch Charles de Gaulle, ihren ersten nach der neuen Verfassung gewählten Präsidenten (1958–1969). Dieser hatte bereits am 16. Juni 1946, wenige Monate nach seinem Rücktritt als Präsident der Provisorischen Regierung in seiner berühmten Rede von Bayeux seine Vorstellungen eines Regierungssystems mit einem starken, von der Legislative unabhängigen Präsidenten dargelegt. In bewusster Abgrenzung zum politischen System der IV. Republik mit einer schwachen Exekutive – die durchschnittliche Amtszeit einer Regierung betrug in der IV. Republik sechs Monate – konnte de Gaulle, dem durch das Verfassungsgesetz vom 3. Juni 1958 besondere Vollmachten einschließlich der Ausarbeitung einer neuen Verfassung übertragen wurden, diese Vorstellungen in der Verfassung der V. Republik verwirklichen. 2. Politisches System Charles de Gaulle hatte per Plebiszit am 28. September 1958 eine neue Verfassung durchsetzen können, die der Regierung (und insbesondere dem Präsidenten) stärkere Macht verlieh. Die Arbeit des Parlaments wurde „rationalisiert“, das heißt, die Befugnis zur Gesetzgebung ist auf eine abschließende Liste begrenzt. Die Sitzungsperioden wurden in der Verfassung festgelegt und die Tagesordnung wird von der Regierung bestimmt. Damit war die Verfassung von 1958 in erster Linie eine Reaktion auf die Verfassung der Vierten Republik, in der das Parlament quasi allmächtig das politische Leben dominierte, und nicht die Regierung. Das gesamte politische Leben war hierdurch instabil geworden. Seit einer Verfassungsänderung 1962 wird der Präsident direkt vom Volk gewählt, die Wahlperiode wurde 2002 von zunächst sieben auf nun fünf Jahre verkürzt. Damit wurde die Amtszeit der Legislaturperiode der Nationalversammlung angepasst, um Phasen der „Cohabitation“ (Parlamentsmehrheit aus anderem politischen Lager als der Präsident) nach Möglichkeit zu vermeiden. Da der Präsident jedoch weiterhin das Recht hat, jederzeit das Parlament aufzulösen, ist ein gleichmäßiger Rhythmus nicht garantiert. Bis auf wenige Ausnahmen wurde in der Fünften Republik die Nationalversammlung nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt. Kritiker bemängeln die Übermacht des Präsidenten und die daraus resultierende Schwäche des Parlaments. Aus diesem Grunde wurde – polemisch – gefragt, ob Frankreich noch ein demokratisch verfasster Staat sei. 1968 zeigte sich dies in einer paradoxen Abfolge von öffentlichen Konflikten, für die der Präsident keine Lösung erreichen konnte, dem eindeutigen Wahlsieg nach dem Mai 68 und dem Rücktritt nach dem verlorenen Referendum, in dem er seine Programmatik nicht durchsetzen konnte. Seit einigen Jahren wirbt die Vereinigung « Convention pour la sixième République », der vor allem sozialistische Politiker angehören, für eine neue Verfassung, also eine „Sechste Republik“. 3. Organigramm der politischen Struktur der Fünften Französischen Republik :