Misstrauensvotum gegen die bulgarische Regierung - N-Ost

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Misstrauensvotum gegen die bulgarische Regierung
Lehrer streiken und fordern 100 Prozent mehr Lohn
Von Kliment Hristov
Sofia (n-ost) Die bulgarische Opposition hat heute im Parlament ein Misstrauensvotum
gegen die Regierung eingereicht. Sie wirft der Dreiparteien-Koalition vor, mit der
Ausbildungsreform gescheitert zu sein, da der Lehrerstreik bereits in seine vierte Woche
geht. Die 64 Abgeordneten, die den Antrag unterstützen, hatten der Regierung in der
vergangenen Woche ein Ultimatum von 48 Stunden gegeben, um einen Ausweg aus dem
Streit mit den Lehrern zu finden.
Die drei größten Gewerkschaften der Lehrer und Kindergärtner Bulgariens waren in den
Ausstand getreten, nachdem sie schon im Frühling gedroht hatten, 100 Prozent mehr
Lohn zu fordern. Sie hätten damit im Juli 2008 ein Durchschnittsgehalt von etwa 650
Lewa (ca. 320 Euro) erhalten. Finanzminister Plamen Orescharski und
Ausbildungsminister Daniel Waltschew beharrten jedoch auf einer Lohnerhöhung von
lediglich dreimal 10 Prozent bis Juli 2008. Der Vorsitzende der bulgarischen Sozialisten,
Georgi Parwanow, scheiterte gestern mit seinem zweiten Vermittlungsversuch zwischen
den Parteien.
Gleichzeitig räumte Ex-Finanzminister Milen Weltschew aus der regierenden Partei NDSV
im Nationalfehrnsehen „bTV“ ein, es sei unverständlich, wenn bei Staatsreserven von
über 2,5 Milliarden Lewa eine Lohnerhöhung für die Lehrer abgelehnt werde. Zur
Bedingung für einen Kompromiss machte er, dass Gewerkschaften anderer Sparten nicht
mit weiteren Streiks begännen.
Der demokratische Bürgermeisterkandidat für Sofia, Konstantin Papasow, schlug am
Wochenende vor, die für den 28.Oktober geplanten Lokalwahlen um einen Monat zu
vertagen und dann gleichzeitig ein neues Parlament zu wählen, sollte die Regierung nicht
auf die Lehrer zugehen. Er wurde darin vom amtierenden Bürgermeister Bojko Borissow
unterstützt.
Zur gleichen Zeit übt die Regierung massiven Druck auf die Gewerkschaften der Lehrer
aus, melden bulgarische Zeitungen. Lehrer würden entlassen oder kurzerhand in den
Ruhestand versetzt. Ständig würden Listen mit den Namen der Streikenden verlangt.
Gesundheitsminister Radoslaw Gajdarski behauptete, eine hundertprozentige
Lohnerhöhung für Lehrer sei unfair gegenüber anderen Berufsgruppen wie zum Beispiel
Ärzten. Finanzminister Plamen Orescharski hält Kürzungen von 25 Prozent bei den mehr
als 1000 Beschäftigten in der Ausbildungsparte längst für überfällig. Der Fernsehsender
„bTV“ veröffentlichte zudem ein informelles Gespräch zwischen zwei Ministern, aus dem
hervorgeht, dass diese die Verhandlungen mit den Gewerkschaften lediglich verzögern
wollen. Die Opposition verlangte daraufhin umgehend den Rücktritt der beiden.
Diese Vorgänge bestätigen Spekulationen, die Regierung wolle eine Einigung mit den
Streikenden bis kurz vor den Lokalwahlen Ende Oktober hinauszögern, um dann mit
einer großzügigen Geste bei den Wählern zu punkten. Die Lehrer aber drohen nun, auch
die Lokalwahlen zu sabotieren. Sie wollen Schulen, die als Wahllokale genutzt werden,
besetzen.
Am vergangenen Donnerstag hatten die Lehrer bereits massive Demonstrationen vor den
Gebäuden des Ministerrates und des Parlaments in der bulgarischen Hauptstadt Sofia
organisiert. Laut Gewerkschaftern nahmen daran 75000 Menschen teil, lokale Medien
berichteten sogar über 40000 Demonstrierende. Unter den Protestierenden seien bereits
eine Million Unterschriften zur Unterstützung der Streikenden gesammelt worden,
berichtete Lehrerin Janka Takewa, die ebenfalls streikt.
Seit vergangener Woche haben in Bulgarien nun auch die Förster die Arbeit niedergelegt.
Außerdem drohten die Gewerkschaften der Beschäftigten im Transport, die Lehrer zu
unterstützen und das Land lahm zu legen.
Die Debatte über das Misstrauensvotum der Opposition muss nun innerhalb der nächsten
sieben Tage im Parlament stattfinden. Es ist bereits das dritte Votum gegen die
Regierung von Sergej Stanischew: Anfang März 2007 überstand sie eine Abstimmung
wegen der gescheiterten Gesundheitsreform, im April vergangenen Jahres wurde ihr
wegen des mangelhaften Wiederaufbaus nach den Überschwemmungen von 2005
beinahe das Vertrauen entzogen. Ein Mitglied der Regierungspartei NDSV zeigte sich
indes zuversichtlich, dass die Regierung auch diesmal standhalten werde. Schließlich sei
die Ausbildungsreform lediglich ein Problem der Übergangszeit in Bulgarien.
Ende
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