________________________________________________________________________________________ 12 Wahlprüfsteine an die Kandidatinnen und Kandidaten zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Die Wahlprüfsteine dienen der Information der Wählerinnen und Wähler. Ihre Antworten werden auf den Webseiten der Europa-Union und Jungen Europäischen Föderalisten veröffentlicht. Peter Matthiesen Piratenpartei Schleswig-Holstein WK 6 Neumünster/Plön/Boostedt Bitte begründen Sie, wenn möglich, kurz Ihre Antwort. 1. Die überparteiliche Europa-Union Deutschland (EUD) wie auch die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland sprechen sich in ihren jüngst verabschiedeten Grundsatzprogrammen für die Schaffung eines föderalen europäischen Bundesstaates aus. Teilen Sie dieses Ziel? Sollte hierzu unter Beteiligung der Zivilgesellschaft ein Konvent einberufen werden? Langfristig ist dieses Ziel ein MUSS! Dann wird aus der Kommission eine Regierung. Ein Konvent wäre ein Weg, muss aber auch alle derzeitigen Regierungen umfassen. Eine Beteiligung der Zivilgesellschaft wäre frühestens der zweite Schritt, nachdem bekannt ist, auf welche Souveränitätsrechte die Mitgliedsstaaten u.U. verzichten würden, insbesondere in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. ________________________________________________________________________________________ 2. Eine der Ursachen für die seit Jahren andauernde „Euro-Krise“ liegt in der unvollendeten Wirtschafts- und Währungsunion. Sehen Sie die Notwendigkeit, die vergemeinschaftete Währungspolitik durch eine vergemeinschaftete Wirtschafts- und Finanzpolitik zu ergänzen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welches sind Ihre konkreten Vorstellungen? Es gibt viele Ursachen für die „Eurokrise“. Die Hauptschwäche, wie es der gerade durch die Regierungen beschlossene Haushalt der EU zeigt, ist die mangelhafte parlamentarische Beteiligung auf allen Ebenen und damit die fehlende Mitwirkung der Bürger. Hier gilt es anzusetzen, ehe auch die Finanzpolitik vergemeinschaftet werden könnte. 3. Sind Sie der Auffassung, dass die EU einen Haushalt bekommen soll, der sich aus eigenen Steuereinnahmen – bei gleichbleibender Belastung der Bürgerinnen und Bürger – speist? Sollte es vorab gelingen, die Steuersätze auf allen Gebieten in ganz Europa anzugleichen, dann könnte über einen eigenen Haushalt für die EU eine Entscheidung getroffen werden. 4. Würden Sie angesichts der hervorgehobenen Stellung Deutschlands in der Krisenbekämpfung die mögliche Sorge unserer europäischen Partner vor einem „deutschen Europa“ als berechtigt ansehen? Nein, denn die Politik Deutschlands hat das Glück gehabt, dass der deutsche Export und der deutsche Mittelstand so stark sind. Sparen allein, dass beweisen z.B. Spanien und Portugal, kann die Wirtschaft auch nachhaltig schwächen. 5. Welche prioritären Ziele sollte die deutsche Europapolitik zur Überwindung der Krise verfolgen? Erste Priorität muss die Stärkung der Parlamente haben. Es geht nicht an, dass die Parlamentarier von Bundestag und Europaparlament nur „Abnicken“ dürfen, was die Regierungen entscheiden. Es geht dabei um unser Steuergeld! ________________________________________________________________________________________ 6. Wesentliche Maßnahmen zur Krisenbekämpfung (ESM, Fiskalpakt) wurden außerhalb der EU-Verträge als völkerrechtliche Vereinbarungen ins Werk gesetzt. Sind Sie der Auffassung, dass diese Regelungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt in die EU Verträge überführt und damit auch der demokratischen Kontrolle des Europäischen Parlaments unterworfen werden müssen? Eindeutig JA! Aber einer umfassenden Kontrolle durch das Europaparlament. 7. Sind Sie der Auffassung, dass das Europäische Parlament durch Zuerkennung des Initiativrechts und durch die Möglichkeit einer Wahl der Kommission ohne nationale Vorgaben gestärkt werden soll? Sind echte europäische Parteien erforderlich? Die Piratenpartei ist weltweit entstanden und somit auch die einzige europäische Partei. Die Rechte des Europäischen Parlaments sind deutlich auszuweiten und die Wahl der Kommission die natürliche Folge. Das jetzige „Hilfskonstrukt“ trägt auf Dauer nicht. Das Initiativrecht ist schon lange überfällig. 8. Wie stehen Sie zu der Forderung, dass alle in Deutschland lebenden EU-Bürgerinnen und EU-Bürger neben den Kommunal- und Europawahlen künftig auch an den Landtags- und Bundestagswahlen teilnehmen können sollten? Das ist für mich keine Frage, denn „Bürger zweiter Klasse“ haben wir in Deutschland schon genug. Auch hier ist Zugangsgerechtigkeit zu schaffen. 9. Sind Sie der Auffassung, dass künftig der europäische Außenminister die gemeinsamen europäischen Interessen nach außen vertreten sollte (und damit die nationalen Außenminister eine deutlich untergeordnete Rolle einnehmen)? Auf dem Wege zu einer Europäischen Regierung ist das mittelfristig unumgänglich. Die Straffung heißt Verzicht auf Doppelstrukturen. Vorher aber ist der Einfluss des Europaparlaments deutlich zu stärken. Ansonsten siehe Antwort auf Frage 1. 10. Unter welchen Voraussetzungen würden Sie eine gemeinsame europäische Armee (anstelle der nationalen Streitkräfte) befürworten? „Pooling and sharing“ ist eine Worthülse. Erst nach einer vernünftigen und umfassenden Bewertung auf EU und NATO Ebene unter Streichung aller Länderspezifischen Vorbehalte, wäre der Weg frei. Grundsätzlich muss nicht jeder Staat über alle Fähigkeiten verfügen. Eines aber muss gesichert werden: Der Parlamentsvorbehalt vor jedem Einsatz! ________________________________________________________________________________________ 11. Sollte die EU in der Sozialpolitik mehr Kompetenzen bekommen, um den sozialen Ausgleich stärker zu fördern, wie zum Beispiel durch eine europäische Arbeitslosenversicherung (wie im Van Rompuy-Bericht vorgeschlagen wurde)? Das ist noch Zukunftsmusik. 12. Im 17. Deutschen Bundestag bilden mehr als 170 Abgeordnete der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen eine überparteiliche Parlamentariergruppe der Europa-Union Deutschland. Können Sie sich vorstellen, der Europa-Union Deutschland beizutreten, um dieser Parlamentariergruppe anzugehören? Zunächst müsste ich gewählt werden. Ich kenne die Europa-Union und hätte kein Problem mit einer Mitgliedschaft. Das wäre unabhängig von der Parlamentariergruppe im Bundestag zu entscheiden, denn auf die Tagespolitik hat diese Mitgliedschaft nach meiner Beobachtung wenig Einfluss. Leider! Optional: Folgende Punkte zur europäischen Integration im Allgemeinen und zur Lösung der derzeitigen Krise sind mir persönlich besonders wichtig: Es ist ein großer Mangel in der Europapolitik, dass immer noch nicht alle Staaten des Balkans Mitglied in der EU sind, z.T. nicht einmal Kandidaten. So ist es ungeheuerlich, dass die EU zulässt, dass Griechenland seit 1992 Mazedonien blockiert. Auch die Aufnahme der Türkei ist zu beschleunigen, wenn Europa eine wirkliche Einheit werden will.