Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Hochschule Anhalt (FH) Sozialrecht Teil A: Prof. Dr. Braun www.profbraun.de Teil B: RiSG Dr. Ulmer Seite 1 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Inhaltsverzeichnis: Gliederung .............................................................................................................. 2-4 Vorbemerkungen ........................................................................................................5 Gliederung: Teil A - Grundlagen I) Einführung 6 1) Standort der Vorlesung 6 2) Begriff des Sozialrechts 6 3) Bedeutung des Sozialrechts 7 4) Geschichtliche Entwicklung 7 5) Ausblick auf das idnternationale Sozialrecht 9 II) Das SGB I, Allgemeiner Teil 1) Überblick 10 2) Gesetzessystematik 10 3) Leistungsarten § 11 11 4) Persönlicher Geltungsbereich § 30 11 5) Leistungsträger § 12 12 6) Handlungs-, Geschäfts- und Rechtsfähigkeit § 36 12 7) Aufklärung, Beratung, Auskunft §§ 13-15 12 8) Rechtsfolgen bei Pflichtverletzung durch Leistungsträger, Herstellungsanspruch 14 9) Verbot nachteiliger Vereinbarungen § 32 17 10) Sozialgeheimnis § 35 17 11) Verzinsung § 44 17 12) Verjährung § 45 18 13) Auszahlung, Überleitung u.ä. §§ 47-59 18 14) Mitwirkung des Leistungsberechtigten §§ 60-67 19 Seite 2 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun III) Das SGB IV, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung 1) Ziel und Zweck des SGB IV 20 2) Sachlicher Leistungsbereich § 1 20 3) Begriff der Solidarversicherung 20 4) Versicherungsarten 5) Ausstrahlung, Einstrahlung §§ 4,5 21 6) das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis § 7 22 7) Beitragsrückstände § 7 b; das praktische Problem 25 8) Geringfügige Beschäftigung §§ 8, 8a 27 9) Art und Höhe des Einkommens §§ 18a-18e 29 20 10) Meldepflichten, §§ 28a-28c 29 11) Sozialversicherungsausweis §§ 95-109 30 12) Organisationsrecht §§ 29-90a 30 IV)Das SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung 1) Ziel und Zweck des SGB V 32 2) Rückblick und Ausblick 32 3) Solidaritätsgrundsatz § 1 32 4) Krankenkassen § 4 32 5) Versicherter Personenkreis 33 6) Beiträge §§ 220 ff. 36 7) Leistungsgrundsätze und Leistungsarten 37 8) Honorierungsverfahren, System 38 9) das Leistungsspektrum §§ 11-68 40 10) Zuzahlungen, Belastungsgrenze §§ 61, 62 42 11) Medizinischer Dienst der Krankenkassen §§ 275 ff. 43 V) Das SGB XI, Soziale Pflegeversicherung 1) Ziel und Zweck des SGB XI 44 2) Aufbau und System § 46 ff. 44 3) Programm §§ 1-13 44 4) Leistungsberechtigter Personenkreis §§ 14 ff. 44 5) Versicherungspflicht im Einzelnen §§ 20 ff 44 6) Beiträge §§ 54 ff. 45 7) Leistungen der Pflegeversicherung §§ 28-45c 45 8) Renten- und Unfallversicherung für Pflegepersonen § 44 46 9) Vertragssystem zwischen Pflegekassen und Leistungserbringern §§ 69-81 46 10) Honorierung der Pflege §§ 82-92a 47 Seite 3 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun VI)Das SGB III, Arbeitsförderung VII) VIII) 1)... Ziel und Zweck des SGB III 48 2)... Ziele der Arbeitsförderung § 1 48 3)... Zusammenarbeit von AG, AN und der BA § 2 48 4)... Berechtigte §§ 12-21 48 5)... versicherter Personenkreis §§ 24-28a 48 6)... Finanzierung §§ 340-366 49 7)... Beiträge §§ 341-353 49 8)... Umlagen §§ 354-362 50 9)... Bundesbeteiligung §§ 363-365 50 10). Aufbau und Organisation der BA §§ 367-403 50 11). Leistungen an Arbeitgeber §§ 217-239 51 12). Leistungen an Träger §§ 240-271 54 13). Leistungen an Arbeitnehmer §§ 45-216b 56 Das SGB II, Grundsicherung für Arbeitssuchende 1) Ziel und Zweck des SGB II 72 2) Geltungsbereich 72 3) Leistungsträger 73 4) der Grundsatz: Fördern und Fördern §§ 1-6c 74 5) Anspruchsvoraussetzungen §§ 7 - 13 74 6) Leistungen §§ 14 - 35 78 Das SGB XII, Sozialhilfe 1) Ziel und Zweck des SGB XII 83 2) Subsidiarität §§ 2, 21 83 3) Träger § 3 84 4) Leistungsarten § 4 84 5) Anspruchsvoraussetzungen §§ 17 - 26 84 6) Hilfe zum Lebensunterhalt (HzL) §§ 27 - 40 86 7) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung §§ 41 - 46 87 8) Hilfe zur Gesundheit und Pflege §§ 47 - 52; §§ 61 - 66 88 9) Eingliederungshilfe für Behinderte §§ 53 - 60 88 10) Einsatz des Einkommens und Vermögen §§ 82 - 96 89 11) Berücksichtigung von Ansprüchen 12) insbesondere Unterhaltsansprüchen §§ 93 - 95 89 Seite 4 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun IX)Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) 1) Problem der Migration 92 2) keine Leistungen nach dem SGB XII 92 3) Leistungsberechtigte § 1 92 4) Leistungen §§ 3, 4 92 5) Beschränkungen §§ 2,3 92 X) Das SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung 1) zum Verständnis 93 2) Aufgabe der UV § 1 93 3) Träger der UV § 22 II SGB I 94 4) Versicherung kraft Gesetzes § 2 94 5) Versicherung kraft Satzung § 3 95 6) Versicherungsfreiheit § 4 95 7) freiwillige Versicherung § 6 95 8) Beiträge §§ 152 ff. 95 9) der Arbeitsunfall § 8 I 96 10) der Wegeunfall § 8 II Nr. 1 100 11) Berufskrankheiten § 9 101 12) Leistungen - Überblick §§ 26-103 101 XI)Das SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung wird fortgesetzt XII) soziale Förderung wird fortgesetzt XIII) 105 106 EntschädigungsR wird fortgesetzt 107 Seite 5 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun XIV) Das SGB X, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz 1) Ziel und Zweck des SGB X 108 2) Amtshilfe §§ 3-7 108 3) Verfahrensgrundsätze §§ 8-25 109 4) Anhörung Beteiligter § 24 110 5) Akteneinsicht § 25 110 6) Fristen, Termine, Wiedereinsetzung §§ 26, 27 110 7) Verwaltungsakte §§ 31-38 111 8) Bestandskraft des VA §§ 39-52 112 9) öffentlich-rechtlicher Vertrag §§ 53-61 115 10) Sozialdatenschutz §§ 67-85a 115 11) Auskunftspflichten §§ 97-101a 116 12) Erstattungs- und Ersatzansprüche Dritter §§ 115-119 116 Fallübersicht Folienübersicht 120-121 122 Seite 6 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Vorbemerkung: In Teil A (Prof. Dr. Braun) werden ausgewählte Bücher des SGB vorgestellt und zusammenfassend, übergreifend und einführend das Grundlagenwissen für Wirtschaftsjuristen vorgestellt. In Teil B (Dr. Ulmer) werden wirtschaftsrechtliche Schwerpunkte des Sozialrechts, thematisch vernetzt und für den jur. Praktiker aufbereitet mit Berechnungsbeispielen dargestellt. Vorlesungen wechseln mit Übungen, so dass für Verständnis- und Detailfragen Raum geschaffen ist. Wegen der dürftigen Lage auf dem sozialrechtlichen Lehrbuchmarkt bleibt das ansonsten umfassende Leseprogramm auf das Repetitorium A+S SozR. 1 + 2 sowie die Lehrbücher Gitter/Schmitt, SozialR.; Schulin/Igl; Waltermann, SozialR. und Muckel, SozialR. beschränkt. Dafür werden umso mehr aktuelle Informationen und ein Einblick in die Standard und aktuelle Rechtssprechung gegeben. Die Falltexte befinden sich auf einem eigenen Handout. Merke: Die in Teil A fett und mit Balken am Rand versehenen Teile sind häufig Klausurgegenstand. Seite 7 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Teil A Grundlagen I. Einführung: 1) Standort der Vorlesung Folie 1 - das Sozialrecht ist Teil des öffentlichen Rechts Begriff: Privat-, Zivil-, Bürgerliches Recht; öffentliches Recht, Verwaltungsrecht 2) Begriff des Sozialrechts - keine gesetzliche Definition - Staatszielbestimmung - Art. 20 Abs.1, Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG - § 1 Abs. 1 SGB I benennt grundlegenden Wesensmerkmale des Sozialrechts - mit dem dortigen Wesensmerkmalen sind Auftrag, Programm, Zielsetzung und Zustandsbeschreibung des Sozialrechts festgelegt Versuch einer Begriffsbildung: a) Systemüberblick nach früherer Rechtssprechung bestanden 3 Bereiche: • • • Sozialversicherung Sozialversorgung Sozialhilfe nach heutiger Rechtsvorstellung ist das Sozialrecht gegliedert in: • • • • soziale Vorsorge soziale Entschädigung soziale Forderung Sozialhilfe mit dem jeweiligen dazugehörigen Teilgebieten Seite 8 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Folie 2 (nach Schulin, Einführung dtv 5024 S. XIX) b) Sozialgesetzbuch a) Aufbau b) Überblick über Inhalte c) Beschränkung des Vorlesungsstoffes 3) Bedeutung des Sozialrechts - Vorsorge für Grundrisiken des Lebens - ökonomische Bedeutung anhand des Sozialgesetzbuches a) Begriff Sozialbudget - Gesamtheit aller sozialen Leistungen und ihre Finanzierung Vgl. dazu: Schulin, Einführung dtv 5024, S. XIX A+S SozR 1 S. 2 b) Aufgaben - nicht nur Abwehr von Not durch Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimum, sondern auch Abbau von Wohlstandsunterschieden und zunächst teilweise Sicherung des erlangten Lebensstandard Bsp.: SGB XII BAföG SGB III c) 4) gerichtliche Durchsetzung - § 51 SGG - Sozialgerichte - Besonderheit SGB XII Geschichtliche Entwicklung (Überblick) a) frühe Formen sozialer Sicherung - seit dem Mittelalter durchgängige Versuche in den Staaten, durch die Kirche und in Selbsthilfeorganisationen (Zünfte) Seite 9 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) frühe Gesetzesgrundlagen - Preuß. Allg. LandR 1794, Verpflichtung des Staates zur Unterstützung Bedürftiger - Preuß. Allg. Gewerbeordnung 1845 Versicherungszwang bei bestehenden Unterstützungskassen - Kaiserliche Botschaft 17.11.1881 (auszugsweise abgedruckt bei Schulin aaO S. XII c) - 1883 Gesetz betr. die KV der AN - 1884 UnfallversicherungsG - 1889 Invaliditäts- und AltersversicherungsG die RVO u.a. Gesetze - 1911 kam es zu einer Zusammenlegung der 3 selbstständigen Gesetzeswerke in der RVO - Teile der RVO gelten selbst nach Schaffung des SGB noch heute insbesondere §§ 17a ff. RVO, Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 200 Mutterschaftsgeld) - 1911 VersicherungsG für Angestellte, später AngestelltenversicherungsG (AVG) d) 1923 ReichsknappschaftsG das SGB - Vorbild ist BGB - 1976 beginnend mit dem SGB IV - Entwicklung des SGB - SGB I - Allg. Teil - SGB II ff. - Besond. Teile - die weiteren geltenden Einzelgesetzes gelten gem. Art. II SGB I als besondere Teile des SGB (BAföG, ALG, BVG, UnterhVG, WoGG) Seite 10 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun das SGB im Einzelnen: - SGB I - SGB XII nochmals im Überblick mit nochmaliger Begründung der Auswahl des Vorlesungsstoffes 5) Ausblick auf das internationale Sozialrecht a) Sozialversicherungsabkommen b) das EU-Recht - Wanderarbeiter - Erziehungsgeld bei Beschäftigung im Inland - Hilfsmittel, Arzt- und Zahnbehandlung im EU-Bereich (z.B. § 13 IV SGB V) Fall 1 - Pflegeprobleme in Portugal (Fall 3 bei A+S mit Lösung SozR 1, S. 30-35) Seite 11 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun II. Das SGB I1, Allgemeiner Teil 1) Überblick 2) Gesetzessystematik - vergleichbar dem BGB oder dem StGB Funktion als allgemeiner Teil a) soziale Rechte §§ 2 - 10 - keine subj. Rechte, keine Anspruchsgrundlagen - Anspruchsgrundlagen finden sich in den einzelnen Teilen des SGB, z.B.: § 19 SGB II - ALG II § 117 SGB III - ALG § 44 SGB V - KG § 35 SGB VI - Regelaltersrente § 45 SGB VII - Verletztengeld § 37 SGB XI - Pflegegeld §§ 17, 27, 28 SGB XII - Hilfe zum Lebensunterhalt - sozialpolitische Leitvorstellungen, allenfalls zur Auslegung heranzuziehen; keine sozialen Grundrechte b) Einbeziehung - als besondere Teile des SGB gilt der Katalog des § 68 mit der Folge, dass das SGB I, X auch hierfür gilt c) Arbeitsförderung/Sozialversicherung - 1 Anmerkung: begriffliche Trennung §§ 3, 4 beachten Teil A ist modular aufgebaut - die vorliegende Systematik ist aus didaktischen Gründen gewählt, kann aber jederzeit auf Wunsch geändert werden Seite 12 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 3) Leistungsarten § 11 • • Dienstleistungen, z.B. Beratung und Vermittlung §§ 29-44 SGB III Sachleistungen, z.B. ärztliche und zahnärztliche Behandlung z.B. § 28 SGB V • - Geldleistungen, z.B. KG, ALG II §§ 44 SGB V, § 19 SGB II, § 116 SGB III zur weiteren Einteilung vgl. die Übersicht bei A+S, SozR 1, S. 44 4) Persönlicher Geltungsbereich § 30 Text § 30 - maßgebend ist nicht die Staatsangehörigkeit, sondern der Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthaltsort - es gilt jedoch die Subsidiaritätsklausel des § 37, d.h. für die Rechtsanwendung ist zunächst zu prüfen, ob in den einzelnen Büchern des SGB oder in Spezialgesetzen nicht Sondervorschriften enthalten sind - insbesondere sind für den Wirtschaftsjuristen §§ 3-5 SGB V Ausstrahlung, Einstrahlung (näheres bei Teil III, SGB IV) Bsp.: - der EU-angehörige Student in Dtl. - BAföG - der dt. Student im Ausland - BAföG - der nicht EU-angehörige Student in Dtl. - BAföG - der abgeordnete dt. AN eines Unternehmens in Dtl. - Versicherungspflicht - der ausländische AN in Dtl. - Versicherungspflicht - sog. Leistungsexport; beachte z.B. §§ 110-114 SGB VI, EU-Verordnung 1408/71, zwischenstaatliche Regelungen in Sozialversicherungsabkommen Seite 13 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 5) Leistungsträger § 12 Text §§ 18-29 Hinweis: - Agenturen für Arbeit - KV - Deutsche Rentenversicherung - BG, Unfallkassen pp. 6) Handlungs-, Geschäfts- und Rechtsfähigkeit § 36 - vollgeschäftsfähige Personen iSd §§ 104 ff. BGB sind handlungsfähig iSd Sozialrechts - gem. § 36 I 1 wird die Handlungsfähigkeit auf 15-jährige Personen ausgedehnt auf den Antragsteller, Geltendmachung und Entgegennahme von Sozialleistungen - gem. § 36 II Besonderheiten - Abschichtung, GeschF., HandlgsF., RechtsF. 7) Aufklärung, Beratung, Auskunft §§ 13-15 a) Komplexität des SozR b) c) Informations-, Kenntnisstand der Berechtigten wesentliche Nebenpflichten - Hauptpflicht - Nebenpflichten von Berechtigten und Leistungsträgern Aufklärung § 13 - obj. Rechtspflicht ohne Einzelfallbezug - kein subj. Recht, keine Anspruchsgrundlagen - Informationen an die Allgemeinheit Seite 14 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: - Sprechtage (beim Rentenversicherungsträger) - Broschüren (bei der AA; BMA) - Merkblätter (bei GKV) - Presseveröffentlichungen und Medienarbeit (Hartz I-IV Bundesarbeitsblatt) d) Beratung § 14 - umfassende Informationen ohne gezielte Informationsfragen - weiterer Begriff gegenüber Auskunft nach § 15 - subj. Rechtsanspruch gegenüber dem jeweiligen Leistungsträger - Beratung erfolgt mdl. oder schriftl. aufgrund individueller Anfrage - Beratung ist aber kein VA Bsp.: e) - im Scheidungsverfahren Anfrage an GKV was zu beachten ist - Anfrage an RV was zu tun ist kurz vor Altersgrenze - Anfrage an BG bei Betriebsunfall Auskunft § 15 - Informationen über konkrete Fragen Text § 15 Bsp.: - ist es sinnvoll meine RV freiwillig weiter zu führen? - habe ich Anspruch auf Krankengeld? - liegt ein Wegeunfall vor? Fall 2 - die verspätete Übermittlung der BfA (heute DRV-Bund) an die AOK bei Rentenantragstellung Seite 15 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 8) Rechtsfolgen bei Pflichtverletzung durch Leistungsträger, Herstellungsanspruch a) persönliche Haftung nach § 823 BGB - nur, wenn der Mitarbeiter nicht in Ausübung seiner Amtspflicht fiskalisch gehandelt hat und kein Beamter iSd BeamtenR ist >> in Ausübung einer Amtspflicht - hoheitlich mit öffentl. Gewalt oder schlicht hoheitlich - handelt ein Mitarbeiter, wenn er Rechtsinstitute des öffentl. Rechts gebracht (z.B. VA); privatrechtlich, wenn er Rechtsinstitute des PrivatR gebraucht (z.B. Kaufvertrag) die Leistungsverwaltung des SozR gehört zur schlicht hoheitlichen Tätigkeit Abgrenzungskriterium ist die Zielsetzung, in deren Sinne der Mitarbeiter tätig wird bzw. der innere Zusammenhang (näheres Palandt § 839 Rz 10 ff.) - beachte die geschützten Rechtsgüter in § 823 BGB, dazu gehört nicht das Vermögen - für die Fälle von Pflichtverletzung kommt § 823 BGB daher für Rechtspraktiker nicht in Frage b) Haftung des Leistungsträgers bei persönl. Haftung neben der Haftung des Mitarbeiters nach a) käme eine solche des Leistungsträgers gem. § 831 bzw. gem. §§ 89, 30, 31, 831 BGB in Betracht mit der Folge der Exkulpation nach § 831 I 2 BGB c) Beamtenhaftung § 839 BGB - hat ein Beamter iSd BeamtenR nichthoheitlich gehandelt, kommt eine Haftung nach § 839 BGB in Betracht - es müssen nicht die in § 823 BGB genannten Rechtsgüter verletzt sein, also ist hier auch Verletzung des Vermögens geschützt! - sog. Eigenhaftung des Beamten Seite 16 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun d) Staatshaftung - bei hoheitlicher Tätigkeit entfällt die persönliche Haftung des Mitarbeiters - gleichgültig, ob er Beamter im beamtenrechtlichen Sinne ist - es gilt hier der erweiterte Beamtenbegriff - an die Stelle der Beamtenhaftung tritt gem. Art. 34 GG, § 839 BGB die Staatshaftung - hierher gehört die Verletzung der Amtspflicht gem. §§ 14, 15 SGB I als hoheitliche Aufgabe daraus ergeben sich folgende Nachteile: • • • • Zivilrechtsweg Art. 34 S. 3 GG Anwaltszwang § 78 ZPO Darlegungs- und Beweislast, Beibringungsmaxime Schadensersatzanspruch ist grds. auf Geldersatz beschränkt keine Naturalrestitution • e) Folgenbeseitigungsanspruch ist nur auf Zukunft gerichtet sozialrechtlicher Herstellungsanspruch - aufgrund der genannten Probleme hat es die Rspr. + Literatur als unangemessen erachtet, den Rechtssuchenden auf die Haftung zu verweisen - es wurde durch Rechtsfortbildung das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs entwickelt - es handelt sich hier um eine sozialrechtliche Naturalrestitution - es soll der Zustand hergestellt werden, der ohne Fehler der Behörde bestehen würde - der sozialrechtliche Herstellungsanspruch umfasst auch die Fehler anderer Behörden, wenn ein sachlicher Zusammenhang iS einer Funktionseinheit besteht (Vgl. oben Fall 2) Seite 17 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Voraussetzungen: aa) fehlerhaftes Verwaltungshandeln durch eine Sozialleistungsbehörde hoheitliches oder schlicht hoheitliches Handeln Verletzung einer Haupt-/Nebenpflicht z.B. falsche Auskunft Bsp.: Auskunft, auch § 127 II SGB III würde für alle Altfälle gelten die Wartezeit nach § 50 SGB VI könne nicht mehr erfüllt werden bb) Verschulden ist nicht erforderlich - Pflichtwidrigkeit genügt cc) nachteilige Folgen für Versicherte wirtschaftlicher Nachteil ungünstige Gestaltung des Geschehensablaufs Bsp.: verspätete Kündigung u. Anwendung von § 127 II n.F. SGB III (siehe oben aa)) Unterbleiben einer Rentenantragstellung (siehe oben aa)) dd) Kausalität zwischen fehlerhaften Verwaltungshandeln und nachteiligen Folgen für den Versicherten oder dem wirtschaftlichen Nachteil bzw. der ungünstigen Gestaltung Rechtsfolgen: aa) Leistungsträger muss Berechtigten so stellen, als ob die Amtspflichtverletzung fehlerfrei erfüllt worden wäre Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes, der bei fehlerfreier Amtshandlung bestehen würde Bsp.: Gewährung von ALG nach § 127 II SGB III aF (siehe oben) Rentengewährung (siehe oben) bb) Verjährung gem. § 45 I SGB I Seite 18 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Fall 3 - Kein Rechnerzugang, keine Rente - Fall 6 bei A+S mit Lösung, SozR 1, S. 63 ff. Leseprogramm: A+S SozR 1, S. 48, 61 ff. Muckel S. 428-430 Schulin/Igl S. 463-466 Waltermann S. 13-14 9) Verbot nachteiliger Vereinbarungen § 32 Text § 32 a) Bericht aus der Praxis - insbesondere der Bereich der Geringfügig Beschäftigten b) Versicherungspflicht - AG-Anteile: AV § 346 SGB III KV § 249 SGB V RV § 168 SGB VI PflegeV § 58 SGB XI Fall 4 - Beitragserstattung bei Mehrfacharbeitsverhältnissen BGH-Rspr. 10) Sozialgeheimnis § 35 a) Bericht aus der Praxis b) Amtshilfe 11) Verzinsung § 44 Hinweis Seite 19 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 12) Verjährung § 45 a) Ansprüche auf Sozialleistung, betr. nicht StammR b) Ansprüche auf Beiträge § 25 SGB IV c) Erstattung von Beiträgen §§ 26, 27 SGB IV d) Erstattung von Leistungen § 50 SGB X 13) Auszahlung, Überleitung u.ä. §§ 47-59 a) Auszahlung von Geldleistungen § 47 Bericht aus der Praxis b) Auszahlung bei Verletzung der Unterhaltspflicht § 48 Hinweis für Betroffene, Abzweigung c) Aufrechnungsrecht des Leistungsträgers § 51 d) Abtretung und Verpfändung § 53 aa) Abtretung §§ 398 ff. BGB bb) Verpfändung §§ 1273 ff. BGB praktisch unrealistisch cc) insbesondere § 53 III iVm §§ 400 BGB, 850c ZPO unpfändbarer Betrag nach Tabelle e) Pfändung § 54 Fall 5 - mehrfache Pfändung Hinweis für Gläubiger und Schuldner auf § 55 f) Rechtsnachfolge, Vererbung §§ 56, 58 Seite 20 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 14) Mitwirkung des Leistungsberechtigten §§ 60-67 a) Grundsatz § 60 b) persönliches Erscheinen § 61 c) Untersuchungen, Heilbehandlung §§ 62, 63, 65 Fall 6 - riskante Operationen d) Folgen fehlender Mitwirkung, Nachholung §§ 66, 67 Leseprogramm: A+S SozR 1, S. 1-68 Gitter/Schmidt S. 1-39 Muckel S. 1-77 Schulin/Igl S. 1-60 Waltermann S. 1-52 Seite 21 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun III. Das SGB IV, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung 1) Ziel und Zweck des SGB IV - Vergleich mit SchuldR AT des BGB und des StGB AT - cum grano salis 2) Sachlicher Leistungsbereich § 1 - nochmals zur Unterscheidung von SozialversicherungsR und Arbeitsförderung (SGB III) - das SGB IV gilt für: • • • • KV UV RV KVLG - praktisch aber wg. § 1 I 2 auch für das SGB III - für das SGB XII und für das SGB II gilt es hinsichtlich des Sozialversicherungsausweises 3) Begriff der Solidarversicherung - Bericht aus der Praxis - Umlageverfahren - Kapitaldeckungsverfahren 4) Versicherungsarten (Überblick; Einzelheiten in Teil B, Dr. Ulmer) a) Grundsatz - Pflichtversicherung - freiwillige Versicherung - Weiterversicherung Seite 22 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Pflichtversicherung - Versicherung kraft Gesetzes § 2 I, II - zwingende öffentl.-rechtl. angelegte Mitgliedschaft in allen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung - Anknüpfungspunkt Berufsausbildung §§ 7 ff.; Einzelheiten in den besonderen Teilen des SGB c) freiwillige Versicherung, Weiterversicherung - freiwillige Versicherung liegt vor, im Falle von Beitritt ohne zum Kreis der Versicherungspflichtigen zu gehören und ohne vorher Mitglied gewesen zu sein - bei der Weiterversicherung gehörte der Berechtigte vorher zum Kreis der Versicherten • • • • • Arbeitsförderung § 28a SGB III KV § 9 SGB V UV § 6 SGB VII RV § 7 SGB VI PV §§ 26, 26a SGB XI d) Familienversicherung § 10 SGB V e) Nachversicherung § 8 SGB VI 5) Ausstrahlung, Einstrahlung §§ 4,5 a) Ausstrahlung § 4 - die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung bleibt bestehen, auch wenn im Rahmen eines in der BRD bestehenden Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit zeitlich begrenzt oder aufgrund ihrer Eigenart (z.B. Montage, Forschung, Lehraufträge) im Anstand erbracht wird Seite 23 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Rechtsprobleme entstehen häufig dadurch, dass Leistungen an die Voraussetzungen des Wohnortes bzw. gewöhnlichen Aufenthalt geknüpft werden - Text § 30 III SGB I Wohnsitz im sozialrechtlichen Sinne beurteilt sich nach den tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gegebenheiten - Beratungsbedarf im Unternehmen; beachte gem. § 6 zwischenstaatliches Abkommen sog. Sozialversicherungsabkommen Fall 7 - Bielefeld - Bosten und zurück (Fall 4 bei A+S mit Lösung, SozR 1, S. 38 ff.) b) Einstrahlung § 5 - umgekehrt gilt das dt. SozialR nicht für Personen, die in einem ausländ. Arbeitsverhältnis stehen und in die BRD entsandt worden sind, sofern wegen der Eigenart der Beschäftigung (z.B. Montage, Werkvertrag, Forschung, Lehrauftrag) oder vertraglich die Tätigkeit in der BRD zeitlich begrenzt ist - Beratungsbedarf wie vor unter a) - Vgl. auch die Dienstleistungs-Richtlinie der EU - Download 6) Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis § 7 - Versicherungspflicht besteht in der KV, RV, AV und PV für gegen Entgelt Beschäftigte und Azubi`s - entscheidend ist gem. § 7 I für alle Zweige der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses - nach ständiger Rechtssprechung des BAG und des BSG ist Voraussetzung, dass • • Arbeit aufgrund eines Vertrages Seite 24 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun • in abhängiger Tätigkeit erbracht wird - ob eine abhängige Tätigkeit vorliegt, wird anhand folgender Kriterien entschieden: • • • • • - Einbindung in die betriebl. Organisation Weisungsgebundenheit hinsichtlich - Arbeitszeit, - Arbeitsart und - Arbeitsort Überwachung in Form von - Kontrolle und - Berichtspflicht Unselbstständigkeit und Gesamtbetrachtung zu den Begriffen AV und Beschäftigungsverhältnis vor allen im Lichte fehlerhafter Arbeitsverhältnisse, Weiterbeschäftigung im KdgSchProzess und bei Schwarzarbeit a) Outsourcing, Scheinselbstständigkeit u.a. Bericht aus der Praxis - Outsourcing Bsp.: - Reinigungstätigkeit - Marketing-Abteilung - Forschungs-Abteilung - Freie Mitarbeiterverhältnisse - Subunternehmen, Werkverträge - § 7 IV a.F. (Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit) Seite 25 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - 5 Kriterien; bei Erfüllung von 3 galt die gesetzl. Vermutung eines Arbeitsverhältnisses, wenn Mitwirkungspflichten nach §§ 206 SGB V oder 196 I SGB VI verletzt wurden - wenn versicherungspflichtige MA mit mehr als 325,- € pro Monat - Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber - Gepräge als AV - kein unternehmerisches Handeln - entspr. Tätigkeit im vorausgehenden AV Bsp.: - technisches Zeichnen eines Architekten - Stenotypistin in einem Stb.-Büro - Regalbeschickerin b) Anfrageverfahren § 7a Clearingstelle BfA - heute DRV Bund Statusfeststellungsverfahren; Formular - VO 27 „Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status“ zum Download aa) bb) Beauftragung, Abs. 1 - beide Parteien oder auch nur eine - nicht, wenn ein Feststellungsverfahren schon läuft Antragstellung innerhalb 1 Monats, Abs. 6 - bei Bescheid über Bestehen eines Arbeitverhältnisses wird der Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d) erst bei Unanfechtbarkeit fällig; Widerspruch u. Klage haben aufschiebende Wirkung - Eintritt der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe bei Zustimmung und entspr. Versicherung Seite 26 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun cc) Verfahren, Abs. 2-5 - Stoffsammlung durch DRV Bund, Fristsetzung, beabsichtigte Entscheidung, Äußerungsfristen dd) Dauer - § 7a VII weniger als 3 Monate Bericht aus der Praxis 7) Beitragsrückstände § 7 b; das praktische Problem - hat kein Antragsverfahren stattgefunden und wird die Statusfeststellung als Beschäftigter getroffen, z.B. bei einer Betriebsprüfung tritt das Problem der rückwirkenden Beitragspflicht ein - Ausnahme nach § 7a - Text § 7a da § 7a Nr. 2 idR nicht vorliegen dürfte, kommt es zu Nachentrichtungen von Beiträgen a) Nachentrichtung, Verfahren § 25 SGB beachte bei § 45, dass die 4-jährige Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Beitragspflicht entstanden ist, was sonst fast einer 5-jährigen Frist gleichkommen kann b) Gesamtsozialversicherungsbeitrag § 28d KV ca. 14,4 % PV 1,7 % RV 19,5 % AV 6,5 % Bezugsgröße -Download Seite 27 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun c) Zahlungspflicht beim Arbeitgeber § 28e d) Einzugsstelle, Krankenkasse § 28h e) Beitragsabzug, Lohnabzugsverfahren § 28g f) Betriebsprüfung § 28p 4-Jahres-Rhythmus Bericht aus der Praxis Fall 8 - misslungenes Outsourcing Teil 1: der Architekt Anton Gerlach (AG) empfahl seiner Sekretärin Angelika Nehner (AN) eine Zusammenarbeit auf Basis eines freien Mitarbeiterverhältnisses. Dazu sollte sie ein Schreibbüro in ihrem Wohnhaus einrichten und dort die Sekretariatsarbeit, insbesondere die Schreibarbeiten durchführen. So könne sie Familie und Beruf ohne Beeinträchtigungen gemeinsam und gleichzeitig ausüben. Sämtliche technische Equipments werde vom ArchitektenBüro gestellt (Mobile, PC mit Schreibprogramm und Drucker, Büromöbel, Papier, Frankiermaschine etc.). So wurde am 1.1.2002 begonnen. Ein Antragsverfahren wurde nicht durchgeführt. Im August 2006 kommt es zu einer Betriebsprüfung. Wie wird der Prüfer die Statusfrage der AN entscheiden? Teil 2: AN verdiente 3.000,- € brutto. Wie hoch ist der geschätzte monatliche Gesamtsozialversicherungsbeitrag? Wohin ist er zu entrichten? In welcher geschätzten Höhe werden insgesamt die Beiträge anfallen? Seite 28 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Teil 3: AG möchte die gesamte, zumindest die hälftige Beitragsschuld der AN in Rechnung stellen Ist das möglich, und in welchem Umfang? Teil 4: Sofort nach Bekanntwerden des Betriebsprüfungsergebnis kündigt die AN und nimmt ihren restlichen Jahresurlaub. AG fragt bei Ihnen nach, ob er außerhalb des Lohnabzugsverfahrens mit welcher Anspruchsgrundlage und mit welchen Erfolgsaussichten die Beitragszahlungen der AN in Rechnung stellen kann? Teil 5: Wie wäre die Rechtslage, wenn eine Anfrageverfahren durchgeführt worden wäre? Teil 6: Wie verfährt die DRV verwaltungsrechtlich? (Feststellungs- und Beitragsbescheid) Fall 9 - vogelfreier RA (Fall 1 bei A+S mit Lösung SozR 1, S. 15 ff.) 8) Geringfügige Beschäftigung §§ 8, 8a - die Vorschriften über geringfügige Beschäftigungen wurden mehrfach geändert a) Entgeltgeringfügigkeit 400,- € - derzeit ist die Entgeltgrenze - ohne Beschränkung auf 15 h pro Woche- auf 400,- € festgelegt, Abs. 1 b) Zeitgeringfügigkeit - 2 Monate oder 50 Arbeitstage nach Eigenart oder vertraglich begrenzt, es sei denn berufsmäßige Ausübung und mehr als 400,- € monatlich Seite 29 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: - Kellner im Gartenrestaurant - Skilehrer - Messeaushilfe c) Zusammenrechnung, § 8 II - mehrere geringfügige Beschäftigungen sind zusammenzurechnen, wobei die erste geringfügige Beschäftigung bei Feststellung der Versicherungspflicht ausgenommen ist, wenn sie mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung zusammentrifft Fall 10 - mehrfacher Reinigungsdienst die Reinigungskraft erklärt schriftlich, sie würde nur eine geringfügige Beschäftigung beim AG ausüben und würde andere Beschäftigungen unterlassen bzw. schriftlich mitteilen. Sie unterzeichnet eine Vereinbarung, wonach sie wichtigenfalls AG- und AN-Anteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag dem AG erstattet, hilfsweise eine Vertragsstrafe in dieser Höhe zu bezahlen hat. Tatsächlich übt sie mehrere Tätigkeiten im Reinigungsdienst mit zusammengerechnetem Bruttoverdienst iHv 2.000,- € mtl. aus. Besteht der Anspruch des AG zu Recht? In welcher geschätzten Höhe? (BGH-Rspr.) d) Privathaushalt § 8a; Steuerbegünstigung e) Mini-Jobs § 20 f) 400,- € bis 800,- € monatlich Pauschalbeiträge, 25%, 12% • • • 11% KV, § 249b S. 1 SGB V 12% RV, § 172 III SGB VI (dort auch zu Studenten) 2% Steuer (§ 40a II EStG) Seite 30 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - bei geringfügiger Beschäftigung nach § 8a fallen 12% Pauschalbeitrag an • • • - 5% KV, § 249b S. 2 SGB V 5% RV, § 172 IIIa SGB VI 2% Steuer Mini-Jobs, hier zahlt ab 400,01 € der AG den vollen AG-Anteil, entlastet wird AN innerhalb der Gleitzone, dessen lineare Höherstufung erst bei 800,- € den vollen Beitragssatz erreicht (§ 163 X) - zum Bereich geringfügige Beschäftigung, Gleitzone, Fälle u.a. Broschüre zum Download beim BMG g) Aufzahlung, Erwerb von Ansprüchen in der RV - §§ 52, 168 I Nr. 1b, 163 VIII 9) Art und Höhe des Einkommens §§ 18a-18e - politische Gestaltungsmöglichkeiten - beachte allgemeinverbindliche Verträge, Tarifbindung Bericht aus der Praxis Fall 11 - teures Weihnachtsgeld (Fall 3 bei A+S mit Lösung SozR 1, S. 35 ff.) 10) Meldepflichten, §§ 28a-28c Seite 31 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 11) Sozialversicherungsausweis §§ 95-109 - Mitführungspflicht § 95 - Aussteller Rentenversicherungsträger § 96 - Vorlagepflicht §§ 98, 99 12) Organisationsrecht §§ 29-90a a) Versicherungsträger sind Körperschaften des Öffentl. Rechts mit Selbstverwaltung § 29 b) informativ jeweils Abs. 2 in §§ 18-29 SGB I Organe - §§ 29 ff. gelten für KV, PV; UV und RV; die Organisation der BA ist in den §§ 371 ff. SGB III geregelt aa) bei PV, UV und RV - sind als Organe die paritätisch besetzte Vertreterversammlung und ein Vorstand gebildet - jeder Versicherungsträger hat außerdem einen GF, der bei der DRV Bund als Direktorium gestaltet ist (§ 31) bb) bei KV - wird statt Vertreterversammlung und ehrenamtlichen Vorstand ein Verwaltungsrat und ein hauptehrenamtlicher Vorstand gebildet (§§ 35a, 31 III a) cc) bei BA - ist ein Verwaltungsrat und bei den AA sind Verwaltungsausschüsse zu bilden (§ 371 SGB III) Seite 32 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun c) Amtszeiten 6 Jahre - Sozialversicherungswahlen § 45 - Friedenswahlen § 46 III; Voraussetzungen dort; die Stimmabgabe wird für die in Vorschlagslisten erfassten Bewerber gesetzlich fingiert; die Vorgeschlagenen gelten als gewählt d) Aufsicht §§ 87-90a - Behörden § 90 BVA, BMAS, BMF; Landesministerien - BA § 393 SGB III BMAS Leseprogramm: A+S SozR 2, S. 1-41 Muckel S. 43-77 Schulin/Igl S. 67-71 Waltermann S. 55-74 Seite 33 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun IV. Das SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung 1) Ziel und Zweck des SGB V - Vergleich mit den besonderen Büchern des BGB 2) Rückblick und Ausblick a) Gesetz betr. die KV des AN vom 15.6.1883 b) RVO vom 19.7.1911 c) SGB V vom 1.1.1989 - mit zahlreichen ÄnderungsG, neu GRG (Gesundheitsreformgesetz bis GKV-ModernisierungsG (GMG)) neu 14.11.2003 (Vgl. Schulin dtv 5024 S. XXXIII d) politisches Steuerungsinstrument - rechtsphilosophische und rechtssoziologische Aspekte - der rechtspositivistische Ansatz der Vorlesung 3) Solidaritätsgrundsatz § 1 Bericht aus der Praxis 4) Krankenkassen § 4 a) das gegliederte System - Landesverbände § 207 - Spitzen-Bundesverbände § 213 - Ausblicke auf die Bürgerversicherung Seite 34 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Wahlfreiheit § 173 c) 18-monatige Bindung, Kündigung § 175 IV Risiko - Strukturprobleme - Finanzausgleich im Innenverhältnis § 265 - Risikostrukturausgleich § 266 - zu den Größenordnungen, Download: Risikostrukturausgleich 5) Versicherter Personenkreis a) Versicherungspflicht § 5 - Text - insbesondere: - AN und Azubi`s Nr. 1 - ALG-Empfänger und ALG II - Empfänger Nr. 2, 2a - Studenten Nr. 9, 10 - Rentner Nr. 11 (KVdR) aa) die Wahlfreiheit im Lichte von § 5 Nr. 11 eine Beispielrechnung bb) besondere Personengruppen, Hinweis - Landwirt Familienangehörige Mitarbeitende Altenteiler (KVdL) Nr. 3 - Künstler, Publizisten Nr. 4 - Behinderte Nr. 7, 8 Seite 35 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Versicherungsfreiheit § 6 aa) Jahresarbeitsentgeltgrenze, Versicherungspflicht- grenze Nr. 1, Abs. 4 2006: 47.250 € p.a., mtl. 3.937,50 € Download: > Rechengrößen in der Sozialversicherung > Beitragsbemessungsgrenze und Versicherungspflichtgrenze (2006 p.a. 42.750 €) bb) Beamte, Richter, Soldaten auf Berufssoldaten Nr. 2 cc) Studenten Nr. 3 Immatrikulation reicht nicht, Zeit und Arbeitskraft überwiegend fürs Studium; Erscheinungsbild dd) c) andere Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung § 7 11%, § 249b S. 1 d) Befreiung von der Versicherungspflicht § 8 aa) Unterschreiten der JAV-Grenze Nr. 1 Antragsfrist 3 Monate gem. Abs. 2 bb) neu: bei Bezug von ALG, Unterhaltsgeld, ALG II wenn keine Pflichtversicherung in den letzten 5 Jahren und vergleichbarer KV Fall 12 - Arbeitlos und doppelt versichert (Fall 5 bei A+S mit Lösung SozR 2, S. 49 ff) cc) andere, insbesondere Nr. 2, 3, 4, 5 Seite 36 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun e) freiwillige Versicherung § 9 (Auswahl) aa) Nr. 1 bei Ausscheiden aus der Versicherungspflicht und Versicherungszeit bb) Nr. 2 bei Beendigung der Familienversicherung nach § 10 cc) Nr. 3 bei erstmaliger Beschäftigungsaufnahme dd) Nr. 5 rückkehrende Arbeitnehmer wichtig: 3-Monatsfrist Bsp.: - Student - Ehescheidung f) Familienversicherung § 10 Ehegatten/Scheidung Lebenspartner Kinder, Abs. 4 aa) Nr. 1 Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt Bsp.: - die ausländ. Familie (EU-Mitglieder) - die ausländ. Familie (nicht EU-Mitglieder) bb) Nr. 2 keine Pflichtversicherung des Familienmitglieds, keine freiwillige Versicherung Bsp.: - der verheiratete Student - das Rentner- Ehepaar cc) Nr. 3 keine Versicherungsfreiheit, keine Befreiung Bsp.: - der verheiratete Manager - der verheiratete Geringverdiener Seite 37 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun dd) Nr. 4 keine gutverdienenden Selbstständige Bsp.: - der verheiratete Unternehmer - der verheiratete Rentner ee) Kinder Abs. 2, 3 Altersgrenzen Kinder von Doppelverdienenden Bsp.: - Student 1 - Student 2 (Mutter 3.000,- + Vater 5.000,-) 6) Beiträge §§ 220 ff. a) Grundsatz § 220 - Beitragsbemessungsgrenze § 223; nochmals Versicherungspflichtgrenze (2006 p.a. 47.250,- €) und Beitragsbemessungsgrenze (2006 p.a. 42.750,- €) b) Bundesbeteiligung § 221 c) beitragspflichtige Einnahmen § 226 Steuerungsinstrument rechtspolitischer Ausblick d) Rente § 228 e) beitragspflichtige Einnahmen ALG u.ä. § 232a f) Studenten § 236 g) Beitragssätze §§ 241 ff. aa) allgem. Beitragssatz § 241 bb) zusätzl. Beitragssatz § 241a Seite 38 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun cc) h) Sonderformen §§ 242 ff. Tragung der Beiträge §§ 249 ff. - 251 aa) hälftige Tragung § 249 zusätzl. Beitragssatz i) bb) Studenten cc) Geringfügig Beschäftigte § 249a dd) Tragung durch Dritte § 251 Beitragszahlung §§ 252 ff. insbesondere nochmals Lohnabzugsverfahren § 253 und Studenten § 254 j) Beitragszuschüsse wegen Überschreiten der JAV-Grenze § 257 7) Leistungsgrundsätze und Leistungsarten a) Wirtschaftlichkeitsgebot §§ 2 I, 12 anders § 1 Nr. 2 SGB VII b) Sach- und Dienstleistungen § 2 II c) Kostenerstattungsverfahren § 13 Grundsatz, Ausnahmen § 15 SGB XI; Kannbestimmung Erstattung nicht mehr nur für freiwillige Mitglieder Bsp.: - Aufenthalt in einer TCM-Klinik nach Schlaganfall - Zahnbehandlung im Ausland d) persönliches Budget § 11 Nr. 5 iVm § 17 II - IV SGB IX Seite 39 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun e) Verträge mit Leistungserbringern § 2 II 3 aa) Physiotherapeuten und verwandte Berufsgruppen bb) Apotheker cc) Krankenhäuser dd) Ärzte und Zahnärzte 8) Honorierungsverfahren, System a) Grundsatz Folie 3 b) Ärzte und Zahnärzte, Psychotherapeuten, Einrichtungen § 72 I 2 aa) Kassenzulassung, Vertragsärzte §§ 95 ff. Verfahren §§ 95a ff. bb) KV und KZV § 77 Sicherstellungsauftrag § 75 freie Arztwahl § 76 Hausarzt-, Facharztversorgung § 73b cc) Verträge §§ 82 ff. - Gesamtverträge § 82 Landesverbände, Bundesverbände Zulassung nach Bedarf, Honorierungsverfahren, Gewährleistung ordnungsgemäßer Vertragserfüllung u.v.a.m. - Bundesmantelvertrag § 82 Umfang ärztlicher Versorgung, persönliche Leistungserbringung, Bescheinigungen, Psychotherapie u.v.a.m. insbesondere EBM § 87 Darstellung EBM - Gesamtvergütung § 85 Landesverbände Seite 40 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Festbetrag, Kopfpauschale, Einzelleistungsvergü- tung, Fallpauschale Folie 4 (siehe dazu auch A+S, SozR 2, S. 91) c) Krankenhäuser §§ 107 ff. aa) Zulassung § 108 bb) Versorgungsaufträge § 109 cc) dreiseitige Verträge § 115 Belegarztwesen vor- und nachstationäre Behandlung § 115a ambulantes Operieren §§ 115b ff. d) e) f) Heilmittelerbringer §§ 124 ff. aa) Zulassung bb) Verträge Hilfsmittelerbringer §§ 126 ff. aa) Zulassung bb) Verträge cc) Hilfsmittelverzeichnis Apotheker und pharmazeutisches Unternehmen §§ 129 ff aa) Verträge § 131 bb) Verordnungstechnik der Ärzte § 129 I Nr. 1 Bsp.: - Diazepan - Aut simile cc) Importartikel § 129 I Nr. 2 dd) Einzelmengen § 129 I Nr. 3 ee) Generika (Nachahmerprodukte im ArzneiR) Seite 41 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun ff) g) Rabatte §§ 130 ff. sonstige Leistungserbringer §§ 132 ff. aa) häusliche Krankenpflege § 132a bb) Soziotherapie § 132b cc) Krankentransport § 133 9) das Leistungsspektrum (Überblick und Auswahl) §§ 11-68 a) Prävention §§ 20-24 - Zahnerkrankungen, Gruppen- und Individualprophylaxe §§ 21, 22 - Kuren § 23 - Empfängnisverhütung, Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation §§ 24a, b b) Früherkennung §§ 25, 26 c) Leistungen bei Krankheit §§ 27-60 - Krankenbehandlung, Grundsatz § 27 - ärztliche und zahnärztliche Behandlung §§ 28, 29 - Arznei- und Verbandmittel § 31 Ausschluss gem. § 31 iVm Richtlinien, § 34 Festbeträge, §§ 35, 36 - Heilmittel Begriff, äußere Wirkung § 32 - Hilfsmittel Begriff, Kompensation § 33 - häusliche Krankenpflege § 37 Selbstbeschaffung Abs. 4 Satzung der KV Fall 13 - Haushaltshilfe (Fall 11 bei A+S mit Lösung SozR 2, S. 85 ff.) Seite 42 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Krankenhausbehandlung § 39 ärztliche Einweisung mit Krankenhaus-Benennung Verzeichnis für Krankenhausbehandlung Abs. 3 Abweichung Abs. 2 - Reha-Leistungen § 40 - Kinderkrankengeld § 45 - Krankengeld §§ 44-51 - Entgeltersatzleistungen - Ausschluss § 44 I Nr. 2 z.B. für Studenten und Familienangehörige Entstehen bei Krankenhausbehandlung, Kur und Reha § 46 Höhe 70% des Regelentgelts § 47 Berechnung Abs. 2 Bemessungszeitraum einmalig bezahltes Arbeitsentgelt Obergrenze 90% des Nettoarbeitsentgelts Bsp.: monatliches Bruttoentgelt 3.000,- € gem. §§ 47 I 1, 226 (Regelentgelt) monatliches Nettoarbeitsentgelt § 47 I 2, § 14 II SGB IV 1.980,- € einmalig bez. Arbeitsentgelt in Form von Weihnachtsgeld iHv 1.800,- € 1. Schritt: Ermittlung des Regelentgelts nach Abs. 2 S. 1-5 (brutto) 2. Schritt: Ermittlung des Nettobetrages aus Regelentgelt 3. Schritt: wieviel % des Regelentgelts macht Nettoentgelt aus? Seite 43 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 4. Schritt: einmalig bez. Arbeitsentgelt iSd Abs. 2 S. 6 (brutto) wird festgestellt und mit dem Prozentsatz aus Schritt 3 multipliziert hieraus ergibt sich der Nettobetrag des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts, soweit dieses der Ermittlung des Regelentgelts zugrunde liegt 5. Schritt: dieser 2. Nettobetrag (aus Schritt 4) wird dem Nettobetrag aus Schritt 2 hinzuaddiert - Dauer der KG-Bezahlung § 48 - 78 Wochen für dieselbe Krankheit innerhalb 3 Jahren - Ruhen des KG § 49, insbesondere bei Entgeltfortzahlung - Selbstbehalt und Beitragsrückzahlung für freiwillige Mitglieder §§ 53, 54 - Zahnersatz §§ 55-57 befundbezogene Festzuschüsse 50% § 55 I; 100% Zuschuss gem. § 55 II Regelversorgung § 56 - Fahrtkosten § 60 10) Zuzahlungen, Belastungsgrenze §§ 61, 62 a) sog. Praxisgebühr § 28 IV - 10,- € b) Arznei- und Verbandsmittel § 31 III iVm § 61 S. 1 c) Heilmittel § 32 II iVm § 61 S. 3 Seite 44 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun d) Hilfsmittel § 33 II iVm § 61 S. 1 e) häusliche Krankenpflege § 37 V iVm § 61 S. 3 f) Haushaltshilfe § 38 V iVm § 61 S. 1 g) Krankenhausbehandlung § 39 IV iVm § 61 S. 2 je Kalendertag h) medizinische Reha § 40 VI iVm § 61 S. 2 je Kalendertag i) Zahlungsweg § 43b an Leistungserbringer mit Verrechnung j) Zuzahlung bei Fahrtkosten § 60 II S. 2 k) Belastungsgrenze § 62 11) Medizinischer Dienst der Krankenkassen §§ 275 ff. a) Aufgaben § 275 - insbesondere § 275 I Nr. 3b, Ia Bsp.: - häufige Montagserkrankung - Beschäftigungsverbot gem. § 3 I MuSchG (nein) b) Anspruch des Arbeitsgebers § 275 Ia, S. 3 Leseprogramm: A+S SozR 2, S. 42-96 Gitter/Schmidt S. 44-99 Muckel S. 81-158 Schulin/Igl S. 86-158 Waltermann S. 74-111 Seite 45 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun V. Das SGB XI, Soziale Pflegeversicherung 1) Ziel und Zweck des SGB XI - Reformdiskussionen - soziokulturelle Situation - Beitragssatzsystem - Streichung eines gesetzlichen Feiertags § 58 II 2) Aufbau und System § 46 ff. - § 21 a I, II SGB I, § 1 III - Pflegekassen, Träger der Pflegeversicherung § 46 I, II SGB XI ähnelt im Aufbau, Systematik und Programmatik dem SGB V - Pflichtversicherung gem. § 1 II 1 in GKV, gem. § 1 II 2 in PKV 3) Programm §§ 1-13 - Vorrang der häuslichen Pflege § 3 - Dienst-, Sach- und Geldleistungen § 4 4) Leistungsberechtigter Personenkreis §§ 14 ff. a) Pflegebedürftigkeit § 14 - Gutachterliche Feststellung § 18 MDK Bericht aus der Praxis b) Pflegestufen § 15 5) Versicherungspflicht im Einzelnen §§ 20 ff a) Versicherungspflicht § 20 insbesondere Nr. 1, 2, 3, 9, 10, 11, Abs. 2, Abs. 4 Seite 46 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Befreiung von der Versicherungspflicht § 22 c) Versicherte der PKV § 23 d) Familienversicherung § 25 e) Weiterversicherung § 26 6) Beiträge §§ 54 ff. a) Beitragsbemessungsgrenze § 54 II 2006 p.a. 42.750,- €, monatl. 3.562,50 € nochmals Beitragsbemessungsgrenze und Versicherungs- pflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze (2006 p.a. 47.250,- €)) b) Beitragssatz § 55 1,7% bundeseinheitlich vom Bruttoarbeitsentgelt c) Beitragsfreiheit § 56 d) Tragung der Beiträge §§ 58, 59 e) Beitragszuschuss bei freiwilligen Mitgliedern § 61 7) Leistungen der Pflegeversicherung §§ 28-45c Überblick § 28 I a) Wirtschaftlichkeitsgebot § 29 I Vertragswesen § 29 II Seite 47 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Leistungsvoraussetzungen § 33 ähnlich im Rentenrecht; 5 Jahre Vorversicherungspflicht in der Rahmenfrist; anders die KV c) Leistungen im Ausland § 34 d) Pflegesachleistungen § 36 e) Pflegegeld § 37 f) Tagespflege, Nachtpflege § 41 g) Kurzzeitpflege § 42 h) Vollstationäre Pflege § 43 8) Renten- und Unfallversicherung für Pflegepersonen § 44 - für nicht erwerbsmäßige tätige Pflegepersonen, die nicht mehr als 30 h wöchentlich arbeiten, entrichten die Pflegekassen und die priv. Versicherer Beiträge an den für die nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen - zuständigen RV-Träger, wobei sich die beitragspflichtigen Einnahmen nach § 166 SGB VI bestimmt - annähernd der Pflege besteht Unfallversicherungsschutz gem. § 129 SGB VII beim nicht erwerbsmäßigen Gemeinde-Unfallversicherung, jedoch gem. § 185 II SGB VII ohne Beitragspflicht 9) Vertragssystem zwischen Pflegekassen und Leistungserbringern §§ 69-81 a) Rückblick auf das Vertragssystem in der GKV b) Leistungsvoraussetzungen §§ 29 II, 72 - Versorgungsvertrag mit zugelassenen Pflegeeinrichtungen Seite 48 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Vertragspartner: Landesverband der Pflegekassen einerseits und der Träger der Pflegeeinrichtung bzw. Verband des jeweiligen Trägers anderseits c) Zulassungsvoraussetzungen §§ 72 III, 71 d) Form, Inhalt, Kündigung von Verträgen §§ 73-75 e) Verträge mit Einzelpersonen § 77 - Beschränkung der Selbstbestimmung (§ 2 II) durch das Gesetz; selten, dass die Versorgung durch Pflegedienst nicht gewährleistet werden kann - Verpflichtung, kein Beschäftigungsverhältnis mit Pflegebedürftigen einzugehen (doppelte Einnahmequelle) 10) Honorierung der Pflege §§ 82-92a a) Pflegevergütung für zugelassene Leistungsträger § 82 b) Pflegesatz für voll- und teilstationäre Einrichtungen § 83 - Verfahren § 84 Leseprogramm: A+S SozR 2, S. 97-122 Gitter/Schmidt, S. 102 - 134 Muckel, S. 162 - 184 Schulin/Igl, S. 159 - 193 Waltermann, S. 111 – 125 Seite 49 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun VI. das SGB III, Arbeitsförderung 1) Ziel und Zweck des SGB III nochmals: Arbeitsförderung / Sozialversicherung - im SGB III ist zwar das Recht Entgeltersatzleistungen ein wesentlicher Teil, jedoch nicht die Gesamtheit des 3. Buches Text § 3 2) Ziele der Arbeitsförderung § 1 3) Zusammenarbeit von AG, AN und der BA § 2 4) Berechtigte §§ 12-21 5) versicherter Personenkreis §§ 24-28a a) Versicherungspflicht §§ 24-26 - Text - Beschäftigte § 25 Beginn, Bestand, Ende des Versicherungspflichtverhältnisses § 24 II-IV nochmals: Beschäftigungsverhältnis - sonstige Versicherungspflichtige § 26 b) versicherungsfreie Beschäftigte § 27 - Überblick - insbesondere Studierende Abs. 4 + Arbeitslose Abs. 5 c) freiwillige Weiterversicherung § 28a (neu!) aa) insbesondere Pflegepersonen und Selbstständige Nr. 1, 2 bb) Voraussetzungen - Vorversicherungszeit 24 Monate - unmittelbare Vorbeschäftigung oder Bezug von Entgeltersatzleistungen Seite 50 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - d) keine anderweitige Versicherungspflicht keine Versicherungspflichtgrenze wie in der KV 6) Finanzierung §§ 340-366 a) Gesamtheit der Finanzierungsmittel § 340 - Beiträge §§ 341-353 - Umlagen §§ 354-362 - Bundesbeteiligung §§ 363-365 - Rücklage § 366 7) Beiträge §§ 341-353 a) Beitragssatz: 6,5%, § 341 II Beitragsbemessungsgrundlage § 341 III b) Beitragsbemessungsgrenze 2006: 5.250,- € c) Sonderregelung für Beschäftigte in der Gleitzone § 344 IV dazu ausführlich und mit Beispielen im Teil B, bei Ulmer d) Bezugsgröße 2006: 2.450,- € / 2.065,- € wichtig z.B. für §§ 342, Azubis, sonstige Personengruppen, § 345 Nr. 1-7, freiwillig Versicherte § 345 b e) Beitragstragung §§ 346-351 aa) hälftige Tragung AG/AN § 346 I bb) Beschäftige in der Gleitzone § 346 Ia dazu ausführlich und mit Beispielen im Teil B, bei Ulmer cc) mit Erreichung des 65. Lebensjahr trägt nur noch der AG 50% des Betrags § 346 III dd) sonstige Personen (Auswahl) - Wehr- und Zivildienstleistende § 347 Nr. 2 Seite 51 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Bezieher von Kranken- oder Verletztengeld § 347 Nr. 5 - Krankentagegeldbezieher (z.B. freiwillig Versicherte) § 347 Nr. 6 f) Zahlungsweg §§ 348, 349 (Auswahl) aa) Gesamtsozialversicherungsbeitrag §§ 28d, g, h; Abs. 1 bb) Wehrdienstleistende und Empfänger von Sozialleistungen an BA direkt § 349 II, III 8) Umlagen §§ 354-362 a) System - die Leistungen aus der Winterbauförderung und das Insolvenzgeld werden zwar an die AN bezahlt, jedoch zahlen die AG die erforderlichen Beiträge als Umlage b) Winterbau-Umlage §§ 354-357 - Prozentsatz der Bruttoarbeitsentgelte (1%) der Wirtschaftszweige; Zahlung über Ausgleichskasse c) Insolvenzgeld-Umlage §§ 358-362 - Zahlung durch Unfallversicherungsträger, die durch Umlage bei den Unternehmen die Mittel aufbringen (1,33%) 2005: ca. 2,1 Mrd. € 9) Bundesbeteiligung §§ 363-365 10) Aufbau und Organisation der BA §§ 367-403 a) Gliederung § 367 - zentrale - Regionaldirektionen - AA Seite 52 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Selbstverwaltung §§ 371-380 - Verwaltungsrat § 373 - Verwaltungsausschüsse § 374 - Beteiligung zu gleichen Teilen AN/AG/öffentl. Körperschaften § 371 V c) Vorstand §§ 381, 382 d) Geschäftsführung bei den AA § 383 11) Leistungen an Arbeitgeber §§ 217-239 a) Eingliederungszuschuss §§ 217-222 Bsp.: - der Schwerbehinderte Arbeitslose mit einem GdB von 50 (§§ 217, 219) - die Arbeitslose ohne Berufsausbildung/ nach der Familienpause (§§ 217, 218) aa) Grundsatz § 217 bb) Eingliederungszuschuss und Dauer §§ 218-220 - 50% des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt; tarifliches Entgelt, ortsübliches Entgelt; Pauschbetrag des Gesamtsozialversicherungsbeitrags - 70% bei Schwerbehinderten und sonstig behinderten Menschen - Minderung nach 12 Monaten 10% - max. 30% - Dauer 12/ 24/ 36/ 96 Monate - Überprüfung nach 12 Monaten cc) Ausschluss der Förderung, Rückzahlung § 221 Bsp.: - die Kündigung bei einem Tochterunternehmen zum Zwecke der Übernahme in ein anderes Tochterunternehmen Abs. 1 Nr. 1 - unzulängliche Arbeitsleistung während der Förderungszeit Abs. 2 Nr. 1 dd) Förderung und AAG § 220 III Seite 53 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun ee) Sonderregelung für ältere AN § 421f b) Einstellungszuschuss bei Neugründungen §§ 225-228 Bsp.: - das „Start-Up-Unternehmen“ - neue Töchterunternehmen - die Kündigung bei Förderung aa) Grundsatz § 225 - 2-Jahreszeitraum - unbefristete Beschäftigung - Arbeitslosigkeit des Bewerbers - neuer Arbeitsplatz bb) Einstellungszuschuss § 226 - Entgeltersatzleistung für 3 Monate vor der Einstellung - ABM-Maßnahme - geförderte Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III - Kleinbetriebe (< 5 AN) - max. 2 AN zur Förderung (Abs. 2, 4) - exklusive Alternativität (Abs. 3) cc) Höhe, Dauer § 227 - 50%, wie Eingliederungszuschuss (§§ 227, 220) - Dauer dd) Förderung und AAG § 227 II c) Förderung der beruflichen Weiterbildung durch Vertretung §§ 229-233 (weniger häufiges Verfahren) Bsp.: - die CAD-Weiterbildung im Möbelhaus (§§ 229 ff.; 77ff.; 235c) - AÜG bei beruflicher Weiterbildung Seite 54 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun aa) Grundsatz § 229 - berufliche Weiterbildung - befristete Einstellung eines Arbeitslosen (sachl. Grund § 231) - AÜG-Verfahren - Förderungsausschluss wie § 221 bb) Höhe, Dauer § 230 - 50% - 100% wie § 220; 12 Monate und 50% bei Leih-AN an Verleiher - d) Berücksichtigung der Weiterbildungskosten §§ 77 ff. Förderung der Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung §§ 235235c Bsp.: - Ausbildungsbegleitende Hilfen des Kolping-Werks - Blockunterricht vs. außerbetriebliche Einrichtungen des Handwerks aa) zum Begriff der Ausbildungsbegleitenden Hilfen und zu außerbetrieblichen Einrichtungen § 235 I bb) Höhe § 235 II anteilig für Dauer der Maßnahmen cc) Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter § 235a dd) Praktikumsvergütung § 235b ee) berufliche Weiterbildung § 235c e) - Voraussetzungen - Verhältnis zu §§ 77 ff. Förderung und Teilhabe §§ 236-239 Bsp.: - die gekündigte Schwerbehinderte Dipl.-Pädagogin Seite 55 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun aa) Voraussetzungen und Höhe § 236 II bb) Arbeitshilfen für Behinderte § 237 Bsp.: - das Lesegerät - die Pkw-Ausstattung Voraussetzungen cc) Probebeschäftigung Behinderter § 238 - Voraussetzungen - Kosten, nicht Entgelt - Dauer 3 Monate f) Beiträge bei Beschäftigung älterer AN § 421k Beitragsbefreiung g) Existenzgründungszuschuss „Ich-AG“ § 421d (auslaufend) Fall 14 - Floristen in der Flaute, A+S, SozR 2, S. 235 ff. mit Lösung 12) Leistungen an Träger §§ 240-271 (Überblick) a) Förderung der Berufsausbildung u.a. §§ 240-251 (Überblick) Bsp.: - das Kolpingwerk aa) Begriff: Träger § 21 bb) ABM-Maßnahmen § 241 cc) Leistungen § 243 Maßnahmekosten § 245 Seite 56 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) ABM-Maßnahmen §§ 260-271 Bsp.: - Arbeitslose im multifunktionalem Einsatz (!) - Arbeitslose in der Bibliothek aa) Grundsatz § 260 - Arbeitsmarktpolitische Situationen Nr. 1 - zstl. im öffentl. Interesse liegende Arbeiten Nr. 2 - Konkurrenzausschluss Nr. 3 - Begründung von AV Nr. 4 bb) zstl. Arbeiten § 261 II cc) Arbeiten im öffentl. Interesse § 261 III dd) Förderungsfähige AN § 263 ee) Höhe der Zuschüsse § 264 ff) - 130,-/ 1.200,-/ 1.100,-/ 900,- (Abs. 2) - Erhöhung mgl. bis zu 10% (Abs. 2) - max. Höhe des tats. Arbeitsentgelt (Abs. 3) Dauer der Förderung § 267 - Regelförderung 12 Monate (Abs. 1) - Ausnahmen 24/ 36 Monate (Abs. 2, 3) - Wiederholungen (Abs. 5) gg) Rückzahlung § 268 Bsp.: - 24 Monate Förderung und Aufhebung des AV auf Wunsch des AN - die unzumutbare Ersatzzuweisung - Abberufung c) - Strategie und Gegenstrategie - besondere Kündigungsrechte § 270 Förderung bei Infrastrukturmaßnahmen § 279a Bsp.: - Agenda 21 Thüringen, neue Landwege - Hochwasserschutzprogramme aa) Voraussetzungen - öffentl.-rechtl. Träger Seite 57 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Infrastrukturmaßnahmen und - Verbesserung bzw. - Erhaltung - der Umwelt - Verpflichtung eines Wirtschaftsunternehmens zur Beschäftigung von Arbeitslosen (Nr. 1) - d) zstl. Verwendung (Nr. 5) Überbrückungsgeld § 57; Existenzgründerzuschuss § 421 Buchst. l (Auslaufmodell – daher Kurzvorstellung) sog. „Ich-AG“ alternative Inanspruchnahme von § 57 oder § 421 Buchst. l aa) Überbrückungsgeld § 57 - Voraussetzungen Abs. 1, 2 - Dauer Abs. 3 - Höhe Abs. 5 bb) Existenzgründerzuschuss § 421 Buchst. l - Voraussetzungen Abs. 1 - Dauer, Höhe Abs. 2, 3 13) Leistungen an Arbeitnehmer §§ 45-216b (Schwerpunkte für praktische wirtschaftsjurist. Tätigkeiten und Infos für Studierende) a) Bewerbungskosten §§ 45, 46 - Bewerbungskosten §§ 45 Nr. 1, 46 I; 260,- € p.a. - Reisekosten §§ 45 Nr. 2, 46 II b) Eignungsfeststellung, Trainingsmaßnahmen §§ 48-52 c) Mobilitätshilfen §§ 53-55 - Hilfe bei Aufnahme einer Beschäftigung Seite 58 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - d) e) Arten § 53 II; Höhe § 54 II ff. Überbrückungsgeld §§ 57, 58 - Voraussetzungen § 57 I, II - Dauer/Höhe § 57 III, IV - Vergleich mit Existenzgründungszuschuss § 421d Förderung der Berufsausbildung §§ 59-76 (wegen der Zielgruppe nur Hinweise) - berufliche Ausbildung § 60 - Berufsvorbereitende Maßnahmen § 61 - Personenkreis § 63 - Unterbringung, Lebensunterhalt, Fahrtkosten, Lehrgangskosten §§ 65-67 f) berufliche Weiterbildung §§ 77-87 Bsp.: - das Berufsförderungswerk Leipzig (BFW) - ALG während Weiterbildung (§ 124a) aa) Grundsatz § 77 insbesondere - Notwendigkeit - Zulassung bb) Weiterbildungskosten § 79 - Lehrgangskosten § 80 - Fahrtkosten § 81 - Unterbringungskosten § 82 cc) Bildungsgutschein § 77 III g) Entgeltersatzleistungen - Arten §§ 116 ff. - Arbeitslosengeld §§ 117-149 - Teilarbeitslosengeld § 150 - Übergangsgeld §§ 160-168 - KUG §§ 169-182 Seite 59 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun h) - InsoG §§ 183-189a - Winterausfallgeld §§ 214-216 Arbeitslosengeld §§ 117-149 aa) Anspruch bei - Arbeitslosigkeit oder - beruflicher Weiterbildung bb) Anspruchsvoraussetzungen - Arbeitslosigkeit - Meldung - Anwartschaftszeit Seite 60 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Folie 5 - Voraussetzungen ALG - Anspruchsvoraussetzungen § 118 Arbeitslosigkeit Meldung Anwartschaftszeit § 118 I Nr. 1 § 118 I Nr.2 § 118 I Nr. 3 - Beschäftigungslosigkeit - persönlich § 119 I Nr. 1, II, III § 122 I - Eigenbemühungen - Wirkungsdauer § 119 I Nr. 2, IV § 122 II - Zeit § 123 - Rahmenfrist § 124 - Verfügbarkeit § 119 I Nr. 3, V Sonderfälle § 120 - Zumutbarkeit § 121 cc) Arbeitslosigkeit Diese Voraussetzung ist nicht nur bei Beschäftigungslosigkeit gegeben. Als weitere Untervoraussetzung sind Eigenbemühungen und Verfügbarkeit erforderlich (Abs. 1 Nr. 1-3). - Beschäftigungslosigkeit Abs. 1 Nr. 1 setzt idR das Fehlen einer Beschäftigung - also ein beendetes AV oder ein beendetes faktisches (fehlerhaftes) AV voraus; besteht das AV noch, wird aber kein Entgelt bezahlt, gilt die Gleichwohl-Gewährung gem. § 143 I Seite 61 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: - taktische ao AG-Kündigung mit Einstellung der Zahlungen - AU ohne Entgeltzahlung Selbstständigkeit und mithelfendes Familienmitglied schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus, aber Anrechnung gem. § 141 I - Eigenbemühungen § 119 IV die Arten der Eigenbemühungen müssen nicht kumulativ vorliegen; Nachweis wird von den Sachbearbeitern der AA gefordert - Verfügbarkeit (Abs. 5) bedeutet nicht nur Möglichkeit und Fähigkeit eine mind. 15 Std. umfassende Beschäftigung aufnehmen zu können (Nr. 1), sondern auch erreichbar zu sein (ErreichbarkeitsAO), zu einer zumutbaren Beschäftigung bereit zu sein und an Eingliederungsmaßnahmen teilzunehmen die Zumutbarkeit ergibt sich aus § 121 - Sonderfälle der Verfügbarkeit § 120 (Auswahl) Schüler und Studenten können ALG beziehen, sofern sie ihre Schul- und Studienzeit so einzurichten in der Lage sind, dass sie mind. 15 Std. die Woche für eine versicherungspflichtige Tätigkeit erübrigen können § 120 II - Zumutbarkeit richtet sich nach § 121 die praktisch relevanten Zumutbarkeitsregelungen ergeben sich aus Abs. 3-5; danach erfolgt eine Abstufung hinsichtlich des erzielbaren Arbeitsentgelts, der Pendelzeiten und der Befristung - Entgelt in den ersten 3 Monaten: 20% Monate 3-6: 30% ab dem 7. Monat: Höhe des ALG unter Berücksichtigung der Aufwendungen zumutbar Seite 62 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Pendelzeiten zumutbar über 6 Std. tägl. Arbeitszeit 2 ½ Std. über 6 Std. tägl. Arbeitszeit und weniger 2 Std. Pendelzeiten zumutbar Pendelzeiten = Hinfahrt zzgl. Rückfahrt zum Umzug vgl. Abs. 4 S. 4-7 - die Annahme einer befristeten Beschäftigung ist idR zumutbar (Abs. 5) - auch wenn sich dadurch im Einzelfall für nachfolgende ALG-Ansprüche ein geringerer Entgeltersatzanspruch ergeben sollte es sind jedoch die Zumutbarkeitsregelungen nach Abs. 3 u. 4 zstl. zu beachten dd) Meldung § 122 persönliches Erscheinen erforderlich; Meldung schon 3 Monate vor erwarteter Arbeitslosigkeit mgl. Arbeitslosmeldung gilt gem. § 323 I 2 als Antrag, denn es gilt gem. § 323 Antragserfordernis zur sog. Quickermittlung vgl. § 37b die frühere Sanktion des § 140 a.F. mit Kürzung des ALG um 7,- bis 50,- € für jeden Tag der Verspätung ist ersatzlos aufgehoben worden zum Erlöschen der Meldungswirkung vgl. Abs. 2 ee) Anwartschaftszeit §§ 123, 124 der ALG-Anspruch setzt voraus, dass der ASt. in der 2jährigen Rahmenfrist 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist beachte Abs. 2 und restlicher ALG-Anspruch aus der 1. Anwartschaftszeit § 127 II ff) Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung §§ 117 I Nr. 2, 124a berufliche Weiterbildung gem. § 77; fiktive Regelung Seite 63 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun gg) Sonderformen des ALG §§ 125, 126 § 125 Bsp.: - eine gekündigte ANin stellt Antrag auf ALG und gem. § 43 I SGB VI - der Antrag wird abgelehnt, weil nach ärztlichem Gutachten eine Erwerbsfähigkeit von mehr als 6 Std. tägl. besteht, sie kann aber keine 15 Std. tägl. arbeiten - die ANin wird aufgefordert, von ihrer KK Antrag auf Reha bei der DRV oder Teilhabe zu stellen, dies nimmt sie unverzüglich vor - besteht ein Anspruch auf ALG ab Antragstellung für ALG? § 126 Bsp.: - ein AN ist zum 28.02. gekündigt worden, er war ab dem 20.02. bis zum 05.03. arbeitsunfähig - die AA will nur ab dem 05.03. ALG bezahlen - zu Recht? - Kinderkrankengeld § 126 II, vgl. dazu auch § 45 hh) Anspruchsdauer §§ 127, 128 ii) - siehe Tabelle zu §127 - beachte ab 01.02.2006 § 434 Buchst. l Höhe des ALG §§ 129-141 - Grundsatz § 129 erhöhter Leistungssatz Nr. 1 - 67% allgemeiner Leistungssatz Nr. 2 - 60% des Leistungsentgelts, das im Bemessungszeitraum erzielt wurde - Bemessungsentgelt § 131 durchschnittliches beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, das im Bemessungszeitraum erzielt wurde nicht in das Bemessungsentgelt fließen ein Beträge gem. § 131 II, insbes. nicht Abfindungen Seite 64 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun bei KUG u.a. Entgeltersatzleistungen sind die Arbeitsentgelte ohne diese Leistungen fiktiv zugrunde zu legen - Bemessungszeitraum § 130 Bemessungsrahmen 1 Jahr (Abs. 1 S. 2) ausnahmsweise 2 Jahre (Abs. 3), nicht einbezogen werden Zeiten nach Abs. 2 - Leistungsentgelt § 133 Grundlage ist Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum - hiervon werden die in § 133 I genannten Abzüge vorgenommen das Leistungsentgelt ist damit nicht identisch mit dem durchschnittl. Nettoentgelt Veränderungen können sich durch Änderungen der Lohnsteuerklasse z.B. bei Scheidung ergeben, siehe dazu Abs. 2, 3 - Empfehlung nehmen Sie in der Beratung über die Höhe des ALG keine exakte Berechnung vor, geben Sie allenfalls angenäherte Werte an - zur praktischen Anwendung siehe die Tabelle Anlage 3/102 im Aichberger das ALG wird gem. § 134 für Kalendertage geleistet, die Woche ist mit 7, der Monat mit 30 Tagen anzusetzen § 339 zur Anwendung der Tabelle: aus dem Bruttoentgelt im Bemessungszeitraum kann das Bemessungsgeld abgelesen werden - je nach Sachverhalte ergibt sich die sog. Leistungsgruppe - ihr ist der erhöhte/ allgem. Leistungssatz zugeordnet das Bruttoentgelt ist bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen Seite 65 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: gem. Download ALG-Rechner der AA; Stand 2006; 3.000,- mtl. ALG: tägl. 33,06 € wöchentl. 231,42 € monatl. 991,80 € bei Steuerklasse 1; kein Kind Anrechnung von Nebeneinkommen § 141 Freibetrag 165,- € monatl. bei selbstständiger Tätigkeit und mithelfendes Familienmitglied ist der Freibetrag ebenfalls 165,- €; 30% werden außer bei höheren Betriebsausgaben als Betriebseinnahmen angesetzt; es ist die Gewinnermittlung nach §§ 4 ff. EStG zugrunde zu legen, daher ALG-Bescheid unter Vorbehalt anrechnungsfrei bleiben die Verdienste aus geringfügiger Beschäftigung (Abs. 2) und aus selbstständiger Tätigkeit bzw. als mithelfendes Familienmitglied von weniger als 15 Std. wöchentlich (Abs. 3), wenn in den letzten 18 Monaten 12 Monate diese Tätigkeit ausgeübt wurde kk) Ruhen des ALG §§ 142-146 - Bezug anderer Sozialleistungen § 142 um den Doppelbezug zu verhindern, ruht bei anderen Leistungen - insbes. bei Entgeltersatzleistungen und Ruhe der ALG-Anspruch Ausnahme z.B. § 142 II Nr. 1, weil bei (Wiedererkrankung und) Bezahlung von Verletztengeld eine Anrechnung von ALG auf Verletztengeld erfolgt § 52 SGB VII - Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung § 143 dieser Ruhenstatbestand ist aus der Tatsache heraus verständlich, dass ALG Entgeltersatzfunktion hat Seite 66 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun beachte: bei Aufhebungsvereinbarungen u.ä. Urlaubsabgeltungsregelung treffen und Abfindung nicht splitten wird das Entgelt oder die Urlaubsabgeltung tatsächlich nicht bezahlt, gilt die sog. Gleichwohlgewährung gem. § 143 III - Entlassungsentschädigung § 143a beachte: bei Aufhebungsvereinbarungen u.ä. Kündigungsfrist beachten und zwar die längste auf Gesetz/ TV/ Arbeitsvertrag - dann entsteht kein Anrechnungsproblem - ist Kündigungsfrist nicht beachtet worden, ruht ALGAnspruch bis zum fiktiven Ende der längsten Frist, Sonderfälle Abs. 1 S. 3-7 - Anrechnung und Ruhen von Abfindungen max. Ruhezeit 1 Jahr; kürzer bei Vorliegen von Abs. 2, S. 2-5 Berechnung siehe Tabelle, Folie Nr. 6 (oder Download: www.palm-bonn.de/abfindung.htm) Bsp.: Abfindung 25.000,- € Entgelt 3.000,- € Lebensalter 40 10 Jahre Betriebszugehörigkeit Seite 67 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Folie 6 - Ruhen des ALG-Anspruches bei Entlassungsentschädigung Berechnungsweise: 1. Abfindung: 100 = x (maßgeblicher Prozentsatz siehe Tabelle) = ................ € (Höhe der anrechenbaren Abfindung) 2. Letztes Monatseinkommen : 30 =................. € (Tagesverdienst) 3. ................... € (anrechenbare Abfindung) ................. € (Tagesverdienst) = ................... € Tage (Alg/Alhi-Anspruch ruht) Lebensalter zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Jahren Betriebszugehörigkeit in Jahren unter 40 ab 40 ab 45 ab 50 ab 55 ab 60 weniger als 5 60 % 55 % 50 % 45 % 40 % 35 % 5 und mehr 55 % 50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 10 und mehr 50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 15 und mehr 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 25 % 20 und mehr 40 % 35 % 30 % 25 % 25 % 25 % 25 und mehr 35 % 30 % 25 % 25 % 25 % 25 % 30 und mehr - 25 % 25 % 25 % 25 % 25 % 35 und mehr - - 25 % 25 % 25 % 25 % Seite 68 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Ruhen bei Sperrzeit § 144 (in der Praxis häufigster Fall des Ruhens) - Arbeitsaufgabe Abs. 1 Nr. 1 Bsp.: - der AN kündigt selbst - der AN ist initiativ beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages - der AN gibt Anlass zur verhaltensbedingten Kündigung - der gemobbte AN Arbeitsablehnung Abs. 1 Nr. 2 Bsp.: - ANin verweigert die Annahme einer Vollzeitbeschäftigung, weil die Pendelzeiten 2 Std. übersteigen - die als Kassiererin vorgesehene Arbeitslose tritt ihre Arbeit nicht an - der Arbeitslose erscheint betrunken zum Vorstellungsgespräch - Eigenbemühungen Abs. 1 Nr. 3 Bericht aus der Praxis; die Bewerbungen im Schnellhefter - Ablehnung und Abbruch einer Eingliederungsmaßnahme Abs. 1 Nr. 4, 5 Bericht aus der Praxis; psycho-soziale Situationen - Meldeversäumnis Abs. 1 Nr. 6, 7 die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe ist idR 12 Wochen, sofern nicht die Ausnahmetatbestände von Abs. 3 S. 2 vorliegen für die Fälle der Arbeitsablehnung, die Ablehnung vor dem Abbruch einer Eingliederungsmaßnahme gilt Abs. 4 mit Sperrzeiten von 3/ 6 / 12 Wochen Seite 69 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun die Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen betragen 2 Wochen (Abs. 5) diejenigen wg. Verstoß gegen § 37 b – 1 Woche (Abs. 6) - Ruhen bei Arbeitskämpfen § 146 die BA muss neutral sein – sie darf über ALG nicht i Arbeitskämpfe eingreifen - sie greift nicht ein, d.h. sie gewährt ALG im Fall des Abs. 1 Bsp.: - in Nordwürttemberg/Nordbaden wird in der Metall -und Elektroindustrie gestreikt - die ANin in einem Textilkaufhaus wird arbeitslos - sie greift ein, d.h. sie darf kein ALG an AN gewähren (Abs. 2), die am Streik beteiligt sind - sie greift ein, d.h. sie darf kein ALG an AN gewähren im Fall des Abs. 3 Bsp.: - in Nordwürttemberg/Nordbaden wird in der Metall –und Elektroindustrie gestreikt; durch den bestreikten Betrieb Bosch in BaWü stehen infolge Fernwirkung die Bände bei Daimler/Chrysler still (Abs. 3 Nr. 1) - wie vor die Bänder bei BMW in Leipzig stehen still – hier wie in BaWü wird die Forderung nach 5% mehr Lohn und einer 38 Std. Woche erhoben; Nordwürttemberg/Nordbaden gilt als Pilot-Bezirk (Abs. 3 Nr. 2) Hinweis auf Abs. 3 S. 3 betr. die sog. Außenseiter, für die keine Bezugnahmeklausel oder Gleichstellungsabrede gilt - Hinweis auf Neutralitätsausschuss (Abs. 5) Seite 70 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun ll) Erstattungspflicht § 147a wg. § 434 l ist die praktische Bedeutung entfallen hier nur Hinweis i) Teilzeitarbeitslosengeld § 150 Begriff Voraussetzungen Dauer des Anspruchs k) Übergangsgeld § 160 Begriff Voraussetzungen Dauer des Anspruchs l) Kurzarbeitergeld (KUG/ Kug) §§ 169-182 aa) Voraussetzungen - erheblicher Arbeitsausfall § 170 - betriebl. Voraussetzungen § 171 - persönl. Voraussetzungen § 172 - Anzeige § 173 - erheblicher Arbeitsausfall § 170 Bsp.: - die NAK-Stoffe AG stellt ihren Bereich Weben teilweise ein und verstärkt ihren Textildruckbereich (Abs. 2) - Jahrhundertwasser in Sachsen (Abs. 3 - Vermeidbarkeit Abs. 4 - Ausmaß des Entgeltausfalles (Abs. 1 Nr. 4) - die Voraussetzungen des § 170 müssen kumulativ vorliegen - Vorübergehend ist der Arbeitsausfall, wenn mit einiger Wahrscheinlichkeit später wieder zum Vollbetrieb übergegangen werden soll - betriebl. Voraussetzungen § 171 Seite 71 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - persönl. Voraussetzungen § 172 Hinweis auf KUG bei Arbeitskämpfen und sog. Kalte Aussperrung und Gleichwohlgewährung § 174 bb) Dauer und Höhe §§ 177-179 - Höchstbezugsdauer für 1 Beauftragung: 6 Monate sofern nicht der Sondervorschuss des § 182 greift Wiederholung mgl.; Wartefrist 3 Monate § 177 Bericht aus der Praxis - Höhe: erhöhter Leistungssatz 67%, allgemeiner Leistungssatz 60% § 178 - Bezug: Nettoentgeltdifferenz § 179 Differenz zw. Soll-Entgelt (pauschaliert) und Ist-Entgelt (pauschaliert) Merke: Nettoentgelt nicht gleichzusetzen dem pauschalierten Nettoentgelt Einzelheiten gem. § 179 Abs. 1 wegen der Steuerklasse, Systematik ähnlich der Berechnung des ALG Zur praxisrelevanten Bezifferung siehe Tabelle, Anlage zu § 179 und WAG Fall 15 – endgültig entzweit, A+S, SozR 2, S. 219-223, Fall mit Lösung Fall 16 – nichteheliche Nachzug, A+S, SozR 2, S. 225-229 , Fall mit Lösung m) Insolvenzgeld (Inso-Geld) §3 183-189a aa) Voraussetzungen - Insolvenz-Ereignis bzw. Beendigung der Betriebstätigkeit § 183 I Arbeit in Unkenntnis des Insolvenzereignisses § 183 II bb) Dauer: 3 Monate für zurückliegende Zeit von 3 Monaten, gerechnet vom Insolvenzereignis cc) Anspruchsausschlussfrist § 184 Seite 72 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: - in der Krise vereinbaren AG und AN eine außerplanmäßige Entgelterhöhung –InsoVerwalter ficht dies an § 184 I Nr. 2 dd) Höhe § 185 alle Ansprüche – also auch die auf Provision, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Sondergratifikationen § 183 I S. 3 Bruttobezüge abzgl. Gesetzlicher Abzüge Inso-Geld wird also netto von der BA an den AN bezahlt n) Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft §§ 209216 nur Hinweise; vertriefte Darstellung auf Wunsch o) Transferleistungen §§ 216a, b Unterstützung in der Übergangsphase zw. 2 Beschäftigungen durch Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und bei finanz. Beteiligung durch den Arbeitgeber Bedeutung im Verhältnis zu §§ 254 ff. a.F. gering (früher Zuschüsse zu Sozialplanmaßnahmen) Leseprogramm: A+S SozR 2, S. 206-240 Gitter/Schmidt, S. Muckel, S. Schulin/Igl, S. Waltermann, S. Seite 73 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun VII. Das SGB II - Grundsicherung für Arbeitssuchende (in der breiten Öffentlichkeit bekannt als Hartz IV wurde verkündet als 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt und ist in Kraft getreten am 01.01.2005 Stellungnahme zur Formulierung rechtssoziologisch: Steuerungsinstrument Gegenstand im Gegensatz zur Formulierung des Einführungsgesetzes ist ganz überwiegend die Zusammenlegung der früheren „Arbeitslosenhilfe“ mit der sozialhilferechtlichen Leistung auf „Hilfe zum Lebensunterhalt“ zum sog. ALG II - damit ist Ziel u. Zweck des Gesetzes festgelegt 1) Ziel und Zweck des SGB II - Geldleistungen, Grundsicherung für Arbeitssuchende - ersetzt die „AnschlussArbeitslosenhilfe“ nach §§ 190 ff. SGB III a.F. und legt sie mit der „Hilfe zum Lebensunterhalt“ zum ALG II zusammen, um die Beseitigung von Zuständigkeiten für Arbeitssuchende und Sozialämtern zu vermeiden - nachgelagertes, staatliches Fürsorgesystem, dass existenzsichernde Funktion erfüllen soll - bedarfsdeckende und bedarfsabhängige Leistungen 2) Geltungsbereich - Erwerbsfähige, hilfsbedürftige Arbeitssuchende erhalten Leistungen nach dem SGB II, sofern die einzelnen Leistungsvoraussetzungen vorliegen (§§ 7-13); zur Erwerbsfähigkeit siehe § 8 - nicht erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten Leistungen nach dem SGB XII unter den dortigen Voraussetzungen - das SGB XII hat das BSHG und das GrundsicherungsG abgelöst Hinweis: die bisherige duale Rechtswegzuständigkeit Alhi-Ansprüche resortierten bei dem ArbG, BSHG-Ansprüche bei dem SG Seite 74 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun nunmehr sind die SG für Ansprüche nach dem SGB II und nach dem SGB XII zuständig - für den leistungsberechtigten Personenkreis des SGB II ist die „Hilfe zum Lebensunterhalt“ gem. §§ 27 ff SGB XII ausgeschlossen (Ausnahme ist § 34 SGB XII), das SGB II geht also vor (§ 5 ) 3) Leistungsträger a) kreisfreie Städte und Kreise § 6 I Nr. 2 aa) § 16 II 2, Nr. 1-4 - Betreuung - Schuldnerberatung - psychosoziale Betreuung - Suchtberatung bb) § 22 - Unterkunft und Heizung cc) § 23 III - Erstausstattung Wohnung pp. - Erstausstattung Bekleidung pp. - mehrtätige Klassenfahrten b) Bundesagentur (BA) § 6 I Nr. 1 alle anderen Leistungen also insbesondere: - Eingliederungsleistungen - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - Sozialversicherung c) Arbeitsgemeinschaften § 44b wahrgenommen werden die Aufgaben gem. § 44b von den bei den JobCentern (§ 9 Ia SGB III) zu bildenden Arbeitsgemeinschaften es ist also zu trennen in Trägerschaft und Wahrnehmung, was sich finanziell und bei den einzelnen Leistungsorten auch personell auswirkt Seite 75 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun private oder öffentl.-rechtl. Verträge; GF; Berufungsrecht bei Streitigkeiten; Delegation von Aufgaben auf die AG (vgl. dazu sehr informativ Schaubild bei A+S, SozialR 2, S. 242; Mitteilungspflicht, § 44 I-IV die AG erlässt VA und Widerspruchsbescheide - vgl. oben zur Rechtswegzuständigkeit: SG d) Experimentierklausel § 6a fast 70 kommunale Träger, zum download 4) der Grundsatz: Fördern und Fördern §§ 1-6c Absichtserklärungen (Schulin aaO S. XXIV, fast lyrisch) die wesentlichen Maßnahmen sind allerdings im SGB III genannt; vgl. § 16 I der Grundsatz des Förderns wird erst im 3. Kapitel (§ 14) genannt ! a) Leistungen, Leistungsorten §§ 1 II, 4 b) Grundsatz des Förderns § 2 c) Leistungsgrundsätze § 3 5) Anspruchsvoraussetzungen §§ 7-13 a) Grundsatz - es handelt sich bei den Leistungen des SGB II um staatliche - nicht um sozialversicherungsrechtliche Leistungen - so dass Vorversicherungszeiten und Beiträge nicht erforderlich sind b) Berechtigte § 7 - Nr. 1 Alter 15. - 65. Lebensjahr - Nr. 2 Erwerbsfähigkeit § 8 - Nr. 3 Hilfsbedürftigkeit § 9 - Nr. 4 gewöhnlicher Aufenthalt in der BRD - Bedarfsgemeinschaft Abs. 2 - erwerbsfähiger Hilfsbedürftiger und Seite 76 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Eltern, Elternteil eines minderjährigen, unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, sowie der im Haushalt lebende Partner des Elternteils (Nr. 2) und - Partner (Nr. 3) und - Minderjährige Kinder (Nr. 4) Bsp.: 45-jähriger Hilfsbedürftiger lebt in einem Haushalt zusammen mit Ehefrau/Lebensgefährtin und 20-jähriger Tochter, sowie deren Partner und deren 2-jähriger Sohn zusammenlebende gleichgeschlechtliche Lebenspartner gem. §33b c) Erwerbsfähigkeit § 8 - mind. 3 h täglich - die Feststellung trifft die AA gem. § 44a; bei Meinungsverschiedenheiten mit dem kommunalen Trägern (§ 6 I Nr. 2) oder anderen Leistungsträgern (z.B. der DRV) entscheidet die Einigungsstelle gem. § 45 Fall 17 – Verwirrung bei der Zahlungspflicht Fall Nr. 27 bei A+S, SozR 2, S 243-246 Bericht aus der Praxis: - der Streit zwischen AA und Kommune § 44a ist neu - ALG II oder Sozialhilfe; aus der Sicht des Hilfsbedürftigen zu der Frage der Erwerbsminderung, ihren Arten und den Rechtsfolgen vgl. das sehr informative Schaubild bei A+S, SozR 2, S. 247 d) Hilfsbedürftigkeit §§ 9, 10, 11, 12 ALG II ist Fürsorgeleistung, daher ist gem. § 9 - zumutbare Arbeit § 10 und - zu berücksichtigendes Einkommen § 11 und - zu berücksichtigendes Vermögen vom Leistungsträger zu überprüfen Seite 77 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun aa) zumutbare Arbeit § 10 - zumutbar ist - von den Ausnahmen des Abs. 1 abgesehen - jede Arbeit Bsp.: Nr. 1 Arbeit auf dem Bau für einen körperlich Schwachen; Konstruktionsarbeiten für eine Kfm. Angestellten Nr. 3 Arbeit für eine Hilfsbedürftige mit Kind unter 3 Jahren; bei älterem Kind, wenn in ländlicher Gegend keine Kinderkrippe vorhanden ist oder keine andere zur Aufsicht vorhandene Person Nr. 4 - Pflegebedürftige Angehörigen nach dem SGB XI nicht als zumutbar gelten die Bedingungen nach Abs. 2 bb) zu berücksichtigendes Einkommen (Grundzüge) § 11 - Einkommen ist alles an Zufluss mit Ausnahme der Leistungen nach Abs. 1 (Einkünfte) - es sind abzusetzen gem. Abs. 2: Steuern, Sozialversicherungs- und Arbeitslosenbeiträge, angemessene Beiträge zu öffentlichen oder gesetzlichen Versicherungen (z.B. Versorgungswerken) und Beiträge zur KV bzw. RV bei nicht versicherungspflichtigen oder befreiten Personen und ein Freibetrag nach § 30 - Pauschalierung gem. Abs. 1 S. 2, 3 - nicht abzuziehen sind Leistungen gem. Abs. 3: z.B. Schmerzensgeld, Einzelheiten in der ALG II - VO gem. § 13 Bsp.: zur Berechnung vgl. A+S, SozR 2, Fall S. 255 - 259 mit folgender Änderung aufgrund der Neureglung Bruttoverdienst mtl. 1.030,- ./. Steuern u. Sozialabgaben (§ 11 II) 513,- Nettoverdienst 517,- Seite 78 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun ./. Fahrtkosten (ALG II-VO) 14,40 ./. Werbungskostenpauschale (ALG-VO) 15,33 ./. Kfz-Haftpflichtversicherung (ALG-VO) 15,36 bereinigtes Einkommen 471,91 ./. Freibetrag gem. § 30 20% von 800,- 160,- 10% von 320,- (1.030,- ./. 800,-) 23,- zu berücksichtigendes Einkommen 288,91 cc) zu berücksichtigendes Vermögen § 12 - alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind zu berücksichtigen - Geld u. in Geld bewertbare bewegliche und unbewegliche Sachen, Forderungen und dingliche Rechte Unterschiede Einkommen, zufließender Erwerb, Einkünfte - das sog. Schonvermögen wird in Abzug gebracht - Berücksichtigung nach dem Verkehrswert (Abs. 4) zum Schonvermögen gehören: - Nr. 1, 1a Grundfreibeträge je nach Lebensalter - max. 13.000,für volljährigen Hilfsbedürftigen/ 4.100,- für Kinder - Nr. 2 Altersvorsorgebeiträge nach Bundesrecht (RiesterRente, Rürup-Rente) - Nr. 3 private Altersvorsorgebeiträge, sofern gem. § 165 III VVG eine Verwertungsklausel vereinbart wurde - max. 13.000,- - Nr. 4 750,- Freibetrag für Anschaffungen pro Person unverwertbares Schonvermögen ist gem. Abs. 3 nicht in Ansatz zu bringen (nach der Spruchpraxis der SG): - Nr. 1 Hausrat - beachte Abs. 3 S. 2; nicht früherer Lebenszuschnitt - aktuelle Situation ist maßgebend Seite 79 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Nr. 2 Kfz bis Verkaufserlös von 5.000,-; Anrechnung von Mehrerlös - Nr. 3 Altersvorsorgebeiträge nur bei Befreiung von der gesetzl. RV - Nr. 4 Hausgrundstück - 800 m2 im Ländlichen, 500 m2 im innerstädtischen Bereich; ETW 120 m2 - Nr. 5 Vermögen zur Immobilienbeschaffung nur unter der Voraussetzung von Behinderung oder Pflegebedürftigkeit - Nr. 6 Familienstücke - Rspr. des BSG Fall 18 – vgl. dazu Fall bei A+S, SozR 2, S. 260-264; dort auch Schaubild zu Anspruchsvoraussetzungen und Anrechnungssystematik 6) Leistungen §§ 14-35 a) Grundsatz des Förderns § 14 Ziel: Eingliederung persönlicher Ansprechpartner Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit b) Eingliederungsvereinbarung §§ 15, 31 I Nr. 1a, b - Vereinbarung zw. AA und Hilfsbedürftigen über Leistungen, Bemühungen des Leistungsempfängers, deren Häufigkeit und Form des Nachweises für jeweils 6 Monate; öffentl.-rechtl. Vertrag; gem. §§ 53 ff. SGB X - im Verweigerungsfall ergeht VA gem. § 15 I S. 6 SGB III außerdem besteht Kürzungsmöglichkeit gem. § 31 I Nr. 1a, b c) Verweis auf SGB III-Leistungen § 16 - für die wichtigsten Leistungen zur Förderung der Erwerbstätigkeit gelten die Vorschriften aus dem SGB III - also insbesondere: - Beratung und Vermittlung §§ 29 - 44 SGB III Seite 80 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Unterstützung der Beratung und Vermittlung (Bewerbungs-, Reisekosten, Trainingsmaßnahmen, Mobilitätshilfen, Weiterbildung) §§ 45 - 56; 77 - 87 - Eingliederungsbeihilfen (Eingliederungszuschüsse, Einstellungszu- schuss) §§ 217 - 239 - Leistungen an Träger (Förderung der Berufsausbildung, ABMMaßnahmen, Infrastrukturmaßnahmen) §§ 240 - 247; 260 - 271; 279a - - Vermittlungsgutschein § 421g Ein-Euro-Jobs § 16 III kein Arbeitsverhältnis; BUrlG gilt; Haftung im innerbetrieblichen Schadensausgleich und gem. § 105 SGB VII vgl. auch das Schaubild bei A+S, SozR 2, S. 272 d) ALG II §§ 19 - 27 Arten - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts § 20 - angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung § 22 - befristeter Zuschlag § 24 aa) Regelleistung § 20 - Alleinstehende, Alleinerziehende - 345,- (Abs. 2) mit jährlicher Anpassung gem. Abs. 4 zum 1. Juli; Angehörige der Bedarfsgemeinschaft 90% bzw. 80% (Minderjährige) bb) Mehrbedarf § 21 - werdende Mütter 17% des Regelbedarfs (Abs. 2) - Alleinerziehende 36%/ 12% - höchstens 60% des Regelbedarfs (Abs. 3) - Behinderte 35% des Regelbedarfs bei Leistungen zur Teilhabe (Abs. 4) - medizinische Gründe (Abs. 5) - Mehrbedarf kann addiert werden bis max. zum Regelbedarf cc) Leistungen für Unterkunft u. Heizung § 22 - tats. Aufwendungen, sofern angemessen Seite 81 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - bei Angemessenheit übersteigende Aufwendungen max. 6 Monate mit Verpflichtung zu Wohnungswechsel (Abs. 2) - Mietkautionen und Umzugskosten können vom kommunalen Träger übernommen werden (Abs. 3) - Direktleistungen an Vermieter möglich (Abs. 4) - Mitschulden als Darlehen (Abs. 5) Fall 19 – wie Fall bei A+S, SozR 2, S. 251-253 dd) besonderer Mehrbedarf § 23 - insbesondere Darlehen, Tilgung (Abs. 1) - Erstausstattungen, Klassenfahrten (Abs. 3) ee) befristeter Zuschlag § 24 - wegen der Befristung von ALG-Bezug gem. § 127 SGB III kann es wegen des geringen ALG II zu sozialen Härten kommen - um dies zu mildern kann ein auf max. 2 Jahre befristeter Zuschlag gewährt werden - Voraussetzung ist, dass der ALG-Bezug nicht länger als 2 Jahre zurückliegt Höhe: 2/3 des Unterschiedsbetrages zw. ALG + Wohngeld und ALG II Höchstbetrag: 160,-/ 320,- zzgl. 60,- pro Kind im 1. Jahr; 50% im 2. Jahr Fall 20 – wie Fall Nr. 28 bei A+S, SozR 2, S. 248-251 ff) Sozialversicherungsbeiträge - die Bezieher von ALG II sind sozialversichert (§§ 5 I Nr. 2a SGB V; 20 I S. 2 Nr. 2a SGB XI; 3 S. 1 Nr. 3a SGB VI) diese Beträge werden vom Leistungsträger ohne Abzug vom ALG II entrichtet und vom Bund getragen für von der Leistungspflicht befreite ALG II-Bezieher regelt §“6 den Zuschuss zum ALG II Seite 82 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun damit sind die Hilfsbedürftigen und über die Familienversicherung ihre Angehörigen gegen das Risiko von Krankheit und Pflegefall versichert bei der Rentenversicherung ergeben sich erhebliche Einbußen, weil sich der RV-Beitrag gem. § 166 I Nr. 2a SGB VI aus 400,- mtl. bemisst e) Sozialgeld § 28 - es ist im Regelfall für Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die nicht erwerbsfähig sind oder bis zum Alter von 14/15 vorgesehen - es beträgt 60%/ 80% der Regelleistung Aufgabe: ALG II und geplanter Mindestlohn - eine Bedarfsgemeinschaft ohne Einkommen und Vermögen besteht aus dem Ehepaar, einem 15-jährigen Sohn, einer volljährigen allein erziehenden Tochter mit einem 1-jährigen Kind und einem Großelternteil - die Eheleute und die Tochter haben bis vor 1 Jahr ALG bezogen - die Miete für eine 100 m2 große Wohnung beträgt 840,-; die Heizungskostenpauschale 80,- pro Monat - nur der Großelternteil bezieht eine Altersrente von 600,- wie hoch sind die mtl. Leistungen nach dem SGB II ? f) Einstiegsgeld § 29 - Anreizfunktion zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit - Bezugsdauer max. 24 Monate; Kettenbezug möglich - Höhe § 29 III R-VO des BMAS g) Sanktionen §§ 31, 32 - die Sanktionen sind erheblich - dies rechtfertigt sich aus der Fürsorgeleistung des ALG II und dem Erfordernis alsbaldiger Eingliederung Seite 83 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - die Sanktionen sind nach Art und Stufen unterschiedlich: aa) 1. Stufe - 30% in den Fällen Abs. 1, 3 - es erfolgt nicht nur eine Kürzung - es entfällt auch der Zuschlag nach § 24; die Belehrung kann mündlich erfolgen bb) 1. Stufe - 10% in den Fällen Abs. 2 - es erfolgt nicht nur eine Kürzung - es entfällt auch der Zuschuss nach § 24; es hat eine zumindest mündliche Belehrung zu erfolgen cc) 2. Stufe - 30%/ 10% - bei wiederholter Pflichtverletzung wird auf der 2. Stufe eine nochmalige Kürzung in Höhe des Prozentsatzes auf der 1. Stufe angeordnet (60%/ 20%) - wiederholte Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Fehlverhalten auf der 1. Stufe andauert - es muss sich um eine neue andere Pflichtverletzung aus dem Katalog des Abs. 1, 2 handeln dd) besonders dramatisch ist die Sanktion bei Hilfsbedürftigen unter 25 Jahren - in den Fällen von Abs. 1 u. 4 kommt das ALG II völlig in Wegfall und die Kosten für Unterkunft und Heizung werden an den Vermieter gezahlt; Belehrung auch mündlich + hat vorher zu erfolgen - es ergehen dann Sachleistungen und geldwerte Leistungen z.B. Bekleidungs- u. Lebensmittelgutscheine Leseprogramm: A+S SozR 2, S. 240-279 (sehr empfehlenswert !) Gitter/Schmidt, S. ... Muckel, S. ... Schulin/Igl, S. ... Waltermann, S. ... Seite 84 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun VIII. Das SGB XII (Sozialhilfe), Grundzüge das SGB XII hat mit seinem Inkrafttreten am 01.01.2004 das BSHG abgelöst da auch das SGB II als Teil des Sozialhilferechts angesehen wird und die erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen erfasst, ist der Anwendungsbereich des SGB XII stark eingeschränkt das SGB II ist vorrangig das SGB XII gilt daher vor allem für: - Kinder und Jugendliche, die nicht in Hausgemeinschaft mit Angehörigen leben - nicht Erwerbsfähige und - Menschen über 65 Jahre das GrundsicherungsG (GrSiG) aus dem Jahr 2001 sollte älteren Menschen den Makel der Sozialhilfeempfänger nehmen nachdem aufgrund des SGB XII auch das GrSiG außer Kraft getreten ist, sind die Älteren über die Regelung in §§ 41 ff. wieder Sozialhilfeempfänger es bestehen im Bereich der Sozialhilfe 3 sich gegenseitig ausschließende Sicherungssysteme: - das SGB II - das SGB XII und - das AsylbewerberleistungsG das SGB XII gehört nicht zum Sozialversicherungsrecht, es ist ein Fürsorgesystem - finanziert aus Steuermitteln 1) Ziel und Zweck des SGB XII - mit dem SGB XII wird das Ziel verfolgt, jedem Berechtigten durch Sozialhilfeleistungen die Führung eines menschenwürdigen Daseins zu ermöglichen - es dient dem Zweck, die Berechtigten zu befähigen, unabhängig davon zu leben 2) Subsidiarität §§ 2, 21 - Sozialhilfe erhält nicht, wer durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens oder seines Vermögens oder von Angehörigen Unterhalt bezieht (§ 2) Seite 85 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Empfänger von Leistungen nach dem SGB II ebenso, mit Ausnahme von § 34, sofern nicht die AG nach dem SGB II diese Leistungen trägt (§ 21) 3) Träger § 3 - idR kreisfreie Städte und Landkreise 4) Leistungsarten § 4 - von besonderer Bedeutung sind die Hilfe zum Lebensunterhalt (HzL) §§ 27 - 40 und die Grundsicherung im Alter sowie bei Erwerbsminderung §§ 41 - 46 a) Leistungsalternativen § 10 - Dienst-, Geld-, Sachleistungen (die Geldleistung hat Vorrang vor der Sachleistung) b) Beratung und Unterstützung, Aktivierung § 11 - Budgetberatung Abs. 2 S. 4 - Hinweise auf soz. Dienst, Unterstützung bei Aufnahme einer Tätigkeit c) Leistungsabsprache § 12 d) Leistungen in Einrichtungen § 13 - z.B. Entziehungsverfahren bei Drogen- und Alkoholabhängigkeit 5) Anspruchsvoraussetzungen §§ 17-26 a) kein Antragserfordernis § 18 - mit Ausnahme Leistungen bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung §§ 41 - 46 b) Subsidiarität §§ 2, 19, 21 - keine Erwerbsfähigkeit, kein berücksichtigungsfähiges Einkommen und Vermögen, keine Leistungen anderer (z.B. Unterhalt) oder von Trägern anderer Sozialleistungen (§ 2) Seite 86 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - gemeinsame Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei Ehegatten, Lebenspartner und Kindern - keine Berücksichtigung von elterlichen Einkommen und Vermögen, wenn eine Person bei ihren Eltern wohnt, schwanger ist oder ein Kind unter 6 Jahren betreut - SozialhilfeR ist zum SGB II subsidiär (§ 21) c) Auszubildende § 22 - grds. kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt d) Ausländer § 23 - Ausländer, die sich tats. in der BRD aufhalten, erhalten Leistungen nach Abs. 1 S. 1 - sind sie älter als 65 J. oder dauerhaft erwerbsgemindert müssen sie - um Grundsicherung nach §§ 41 - 46 zu erhalten, ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben - Ausländer, die eingereist sind - um Sozialhilfe zu erlangen, haben keinen Anspruch (Abs. 3 S. 1) sind sie eingereist - um Leistungen zu erhalten - gilt Abs. 3 S. 2 - Leistungsberechtigte nach dem AsylbewerberleistungsG erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe (Abs. 2) e) Deutsche im Ausland §§ 24, 132 - Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten grds. keine Leistungen Ausnahme Abs. 1 S. 2 und § 132 f) Einschränkung, Aufrechnung § 26 - wer sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres durch Verminderung von Einkommen oder Vermögen absichtlich sozialhilfeberechtigt macht, erhält nur das zum Lebensunterhalt Unerlässliche - Aufrechnungsmöglichkeit bei vorsätzlicher oder grober falscher Angaben Seite 87 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: der durch einen Unfall querschnittsgelähmte erhält 200.000,- Abfindung von der gegnerischen Versicherung u. lebt damit 2 Jahre ein buntes Leben Aufgabe: die Eltern des Steuerberaters bedürfen des dauernden Aufenthalts in einem Pflegeheim - die gemeinsame Rente reicht nicht aus, um die Heimkosten zu begleichen der Steuerberater verweigert Unterhaltsleistungen mit Hinweis auf § 43 II die Eltern beantragen Grundsicherung wie ist die Rechtslage? 6) Hilfe zum Lebensunterhalt (HzL) §§ 27 - 40 - der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts (§ 27) außerhalb von Einrichtungen, ohne Leistungen für Unterkunft u. Heizung wird nach Regelsätzen festgelegt (§ 28) - die Höhe des Regelsatzes setzen die Landesregierungen jeweils zum 1. Juli eine Jahres fest; die Bestimmung von regionalen Regelsätzen ist zulässig (§ 28 II) Eckregelsatz: ist der Bedarf für einen Haushaltsvorstand (§ 28 II S. 3) - zum Stand der jew. Regelsätze - vgl. download „Sozialhilfesätze“ - die Höhe des Eckregelsatzes ist mit geringen Abweichungen in den Ländern am ALG II orientiert, im Jahr 2005/2006 - 345,- - gem. § 28 IV gewährleistet, dass die Regelsatzbemessung + bei Haushalten mit Ehepaar und 3 Kindern zusammen unter den erzielbaren mtl. durchschnittl. Nettobedarfsentgelten unterer Lohn- und Gehaltsgruppen bleibt - sog. Lohnabstandsgebot Aufgabe: Ermitteln Sie z.B. anhand der „tarifrechtlichen Arbeitsbedingungen“ BMAS für mehrere Gewerbetreibende die monatlichen Nettoarbeitsentgelte! Ermitteln Sie für eine Familie wie in § 28 IV (Ehepaar, 3 Kinder) den monatlichen Betrag der Hilfe zum Lebensunterhalt (Unterkunft 850,-; Heizung 100,monatlich)! Seite 88 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Hinsichtlich Unterkunft, Heizung (§ 29), Mehrbedarf (§ 30), einmaliger Bedarf (§ 31), Beträge zur Kranken- u. Pflegeversicherung (§ 32) wird auf die entspr. Darstellung in Teil VIII - SGB II verwiesen Fall 21 – Fall 7 bei A+S, SozR 1, S. 75-78 Hinweis: im Gegensatz zu den Hilfsbedürftigen nach dem SGB II besteht für Sozialhilfeempfänger keine gesetzliche Verpflichtung zur Altersvorsorge - es gilt jedoch § 33 von dieser Regelung wird jedoch nur dann Gebrauch gemacht, wenn durch die Beiträge eine vernünftige Lösung geschaffen und eine angemessene Alterssicherung erfolgen kann z.B. durch freiwillige Weiterversicherung bei Haushaltsgemeinschaften gilt die Vermutungsregelung des § 36 d.h. die nachfragende Person muss darlegen und beweisen, dass sie von Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine Leistungen zum Lebensunterhalt erhält Fall 22 – Fall 8 bei A+S, SozR 1, S. 79-84 Kürzung § 39 (vgl. dazu die entspr. Darstellung in Teil VIII - SGB II) 7) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung §§ 41 - 46 a) Leistungsberechtigte § 41 - gewöhnlicher Aufenthalt im Inland und - Vollendung 65. Lebensjahr oder - volle Erwerbsminderung auf Dauer und - Antrag und - Lebensunterhalt nicht aus Einkommen oder Vermögen zu beschaffen b) Leistungsumfang § 42 - Regelsatz gem. § 28 Seite 89 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Leistungen für Unterkunft und Heizung entspr. § 29 - Mehrbedarf entspr. § 30 - einmaliger Bedarf entspr. § 31 - Übernahme von Kranken- u. Pflegeversicherungsbeiträgen entspr. § 32 - Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen gem. § 34 die Leistungen sind somit im Wesentlichen die gleichen wie bei Hilfe zum Lebensunterhalt c) Unterschiede - keine Vermutungsregelung wie in § 36 - Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber Kindern u. Eltern kommen nicht zur Anrechnung, wen deren jährliches Einkommen je unter 100.000,- liegt - § 43 II - Leistungsbewilligung idR für 12 Monate § 44 - Zusammenarbeit mit den Trägern der GRV, Hinweis auf §§ 41 ff. ggf. mit Antragsformular auf Grundsicherung § 46 8) Hilfe zur Gesundheit und Pflege §§ 47 - 52; §§ 61 - 66 da Sozialhilfeempfänger idR - von den Ausnahmen der Weiterversicherung und freiwilligen Versicherung abgesehen - nicht krankenversichert sind, erhalten sie Hilfe zur Gesundheit gem. §§ 47 - 52 und zur Pflege gem. §§ 61 - 66 9) Eingliederungshilfe für Behinderte §§ 53-60 Besonderheit: § 57 leistungsberechtigte Behinderte können ein trägerübergreifendes persönliches Budget erhalten um mit diesem in eigener Verantwortung an der Gesellschaft teilzuhaben (vgl. dazu auch §§ 17 II - IV SGB IX) Seite 90 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 10) Einsatz des Einkommens und Vermögen §§ 82 - 96 nochmals zum Begriff Einkommen und Vermögen: Einkommen, Einkünfte, Zufluss das Gesetz differenziert beim Einsatz vom Einkommen nach der HzL (§§ 82 - 84) und den anderen Leistungen a) Anrechnung bei der HzL aa) vom Einkommen abzusetzen § 82, vgl. dazu die Ausführungen zum ALG II bb) vom Einkommen nicht abzusetzen § 83, insbesondere § 83 II cc) Anrechnung der nach der Absetzung verbleibende Betrag ist voll auf HzL anzurechnen (§§ 2, 19) b) Anrechnung bei sonstigen Leistungen (§§ 85 - 89) - erhöhte Freibeträge nach § 85 - Anrechnung des Einkommens über der Einkommensgrenze (§ 87) in angemessenen Umfang c) Anrechnung des Vermögens (§§ 92, 93) - einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen - also bereits vorhandene Gegenwerte u. Anwartschaften - zum Schonvermögen vgl. schon die Ausführungen beim ALG II - hier § 90 - vermögensgeschontes Barvermögen gem. RVO zu § 90 I Nr. 9: bei HzL - 1.600,-; bei den übrigen Leistungen - 2.600,- 11) Berücksichtigung von Ansprüchen - insbesondere Unterhaltsansprüchen §§ 93 - 95 a) gesetzlicher Forderungsübergang Begriff und Bedeutung Seite 91 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Übergang nach § 93 - die Vorschrift ist geschaffen für Leistungspflichtige, die keine Leistungsträger sind - insbesondere kommen in Betracht Pflichtteils- oder Beihilfeansprüche und Ansprüche des verarmten Schenkers gem. § 528 I c) Unterhaltsansprüche § 94 - in der Praxis ergeben sich die häufigsten Fälle bei Unterhaltsansprüchen Leistungsberechtigter gem. § 94 Fall 23 – Vgl. Fall Nr. 9 bei A+S, SozR 1 „Und ewig zahlt der Sohn“, S. 92-96 aa) zur Unterhaltspflicht nach §§ 1601 ff. BGB bb) in der Praxis liegen hier die Fälle säumiger Unterhaltspflichtiger meist Ansprüche gegen erwachsene Kinder bei Heimunterbringungskosten pflegebedürftiger Eltern ausgeschlossen ist die cessio legis bei Unterhaltsansprüchen im 2. Grad - also z.B. Großeltern gegen Enkel; ausgeschlossen ist der Übergang der Ansprüche auch bei Grundsicherung im Alter ausgeschlossen ist auch der Übergang von Unterhaltsansprüchen einer schwangeren Frau von einer Person, die ein leibliches Kind bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres betreut gegen Verwandte 1. Grades - also Tochter gegen Eltern für die Vergangenheit kann der Sozialhilfeträger die cessio legis nur geltend machen, seit er sie schriftlich dem Unterhaltspflichtigen anzeigend § 95 IV cc) die Bedeutung von § 43 II die Vorschrift des § 94 muss in Zusammenhang mit § 43 II gesehen werden Seite 92 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun das bedeutet eine erhebliche Veränderung der Rechtslage nach dem BSHG und eine deutliche Vermeidung von verschämter Altersarmut oder anders ausgedrückt: der Anspruch auf Grundsicherung besteht im Falle des § 43 II, der Unterhaltsberechtigte muss seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen eine Verpflichtung des Leistungsberechtigten zur Abtretung der Unterhaltsansprüche oder eine Verweigerung des Sozialhilfeträgers zur Leistung bis zur Zahlung des Unterhalts besteht nicht Leseprogramm: A+S SozR 1, S. 69-98 (sehr empfehlenswert !) Muckel, S. ... Schulin/Igl, S. ... Waltermann, S. ... Seite 93 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun IX. Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - Überblick 1) Problem der Migration evtl. Diskussion Problematik von Asylbewerbern und Wirtschaftsflüchtlingen 2) keine Leistungen nach dem SGB XII 3) Leistungsberechtigte § 1 4) Leistungen §§ 3, 4 a) Sachleistungen Abs. 1 b) Barzahlungen Abs. 1 - 50,- mtl. c) Gemeinschaftsunterkunft Abs. 2, § 3 II 5) Beschränkungen §§ 2,3 a) Existenzminimum § 3 Leistungsumfang ist auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche beschränkt Geldleistungen werden durch Sachleistungen ersetzt b) Einreise zum Zwecke der Leistung § 1a c) Arbeitsgelegenheit in Aufnahmeeinrichtungen § 5 - pro Std. 1,05 € Fall 24 – Fall Nr. 10 bei A+S, SozR 1 „Extreme Notwendigkeit“, S. 100-104 Leseprogramm: A+S SozR 1, S. 98 - 104 Seite 94 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun X. Das SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung 1) zum Verständnis - die besondere Funktion der gesetzl. Unfallversicherung (UV) besteht darin, die privatrechtliche Unternehmerhaftung zu ersetzen - das Gesetz stellt die Unternehmen gem. § 104 von der zivilrechtlichen Haftung - insbesondere bei Pflichtverletzungen - gegenüber AN frei, allerdings nur für Personen - nicht für Sachschäden - das gilt nicht, wenn der Unfall vom Unternehmer vorsätzlich oder auf einem Weg gem. § 8 II Nr. 1-4 (z.B. bei einem Verkehrsunfall) herbeigeführt wurde denn dann tritt erwartungsgemäß die Versicherungsgesellschaft nach dem Pflichtverssicherungsgesetz ein - konsequent ist daher nur der Unternehmer Mitglied beim Unfallversicherungsträger - hingegen ist der Beschäftigte Versicherte - die Beitragspflicht liegt alleine beim Unternehmen (§ 150) - zum Rückgriff bei vorsätzlicher oder grob fahrlässigem Handeln des Unternehmers vgl. § 110, ebenso zu Schwarzarbeit - entsprechendes gilt für die Haftung von Beschäftigten gem. § 105 - daraus folgt, dass AN nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleich einen Haftungsfreistellungsanspruch gegen den AG haben - das hat folgende Vorteile: - kein Prozessrisiko gegen AG, - finanzstarke Organisation als Leistungserbringer und - Erhalt des Betriebsfriedens Bericht aus der Praxis 2) Aufgabe der UV § 1 Text § 1 - Absicherung bei Krankheit, Erwerbsminderung und Tod Text § 22 I SGB I - Prävention - Heilbehandlung - Geldleistungen Seite 95 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 3) Träger der UV § 22 II SGB I - vgl. Anlage 1, 2 zum SGB VII 4) Versicherung kraft Gesetzes § 2 - historisch warne über das UVG von 1884 ursprünglich nur die Beschäftigten versichert - durch Ausweitung des Personenkreises auf Schüler, Studenten, Pflegepersonen iSd SGB XI, Organspender, Helfer in Notfällen u.a. Personen hat das SGB VII zunehmend den Charakter sozialer Entschädigung erhalten - außerhalb der gewerbl. und landwirtschaftl. BG handelt es sich um steuerfinanzierte Leistungen a) echte (Nr. 1-2) und unechte (§§ 8 ff.) UV Bsp. bei Schulin § 25 Rz 413-421 b) Versicherungsbeginn - unabhängig von Beitragszahlung, Wirksamkeit des Arbeitsvertrages - Meldung gem. § 28a SGB VI beginnt der Versicherungsschutz mit Aufnahme der Tätigkeit von Gesetzes wegen c) „wie“ Versicherung Abs. 2 - hier werden auch nur einmalige bzw. kurzfristige Tätigkeiten in den Versicherungsschutz einbezogen - es muss eine ernstliche, dem Unternehmen dienende Tätigkeit, die den mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und die nach ihrer Art üblicherweise von Beschäftigten verrichtet wird, vorliegen Fall 25 – Fall Nr. 16 bei A+S, SozR 2 „Jahrhundertflut und andere Katastrophen“, S. 126-132 Seite 96 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 5) Versicherung kraft Satzung § 3 - Einbeziehung aufgrund sozialer Schutzbedürftigkeit unter Berücksichtigung von Gefährdungsrisiken z.B. mitarbeitende Familienangehörige, Lebenspartner u.a. 6) Versicherungsfreiheit § 4 7) freiwillige Versicherung § 6 8) Beiträge §§ 152 ff. a) System - die Höhe der Beiträge richtet sich nach den Einkünften der Versicherten, dem Umlagesoll und nach den Gefahrklassen (§ 153 I) - das Umlagesoll ist der Finanzbedarf, der gem. § 152 nach Ablauf des Kalenderjahres festgestellt wird - durch Satzung wird der Gefahrtarif festgestellt, in dem die Gefahrklassen enthalten sind (§ 157) - bei freiwillig Versicherten ist der in der Satzung der BG bestimmte Jahresarbeitsverdienst (JAV) zur Beitragsberechnung zugrunde zu legen b) Veranlagung zu den Gefahrklassen § 159 c) Nachweise § 165 - die Unternehmen haben zu Beginn eines Kalenderjahres Lohnnachweise zu führen - dabei sind sie auskunftspflichtig (§ 166) d) Beitragsberechnungsbescheid §§ 167, 168 Formel: - Arbeitsentgelt x Gefahrklasse x Beitragsfuß (1,2) / 100 zum Beitragsfuß vgl. § 167 II Seite 97 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 9) der Arbeitsunfall § 8 I a) Kausalitätsprinzip - es werden nur Leistungen für Personenschäden erbracht, die ursächlich auf unternehmensbezogene Risiken im Zusammenhang mit einer Beschäftigung zurückzuführen sind b) Unfallbegriff - zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder Tod führt (Abs. 2 S. 2) c) Doppelkausalität dreigliedrige kausale Ereigniskette: - durch eine versicherte Tätigkeit muss ein schädigendes Ereignis verursacht worden sein (haftungsbegründende Kausalität - auch Unfallkausalität genannt) und dieses Ereignis muss der Gesundheit schaden bzw. Tod zur Folge haben (haftungsausführende Kausalität auch Schadenskausalität genannt) d) Zurechnungszusammenhang, innerer Zusammenhang - hier geht es um die Frage, ob die Unfallbringende Tätigkeit als versicherte Tätigkeit zu bewerten ist - erst danach ist die haftungsbegründende Kausalität zu prüfen - nach der Rspr. des BSG kommt es darauf an, ob das zum Unfall führende Verhalten zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist und ob sie in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehen - der Zurechnungszusammenhang muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen, beim Kausalzusammenhang genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit e) eigenwirtschaftliche Tätigkeit - versichert ist eine Tätigkeit, wenn sie dem Interesse des Unternehmens dienen soll Seite 98 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - eigenwirtschaftliche Tätigkeiten dienen nicht dem Unternehmen, sondern dem Versicherten - hierfür besteht kein Versicherungsschutz - Unterbrechung der versicherten Tätigkeit - Nahrungsaufnahme, Getränke - Privatgespräche, Besuche f) wesentliche Bedingung - nur diejenigen Umstände würden als (Mit-)Ursache angesehen werden, die wg. ihrer besonderen Bedeutung zum Erfolgsantritt wesentlich beigetragen haben - die wesentliche Bedingung muss sowie für haftungsbegründende als auch für haftungsausführende Kausalität gegeben sein Folie 7: Gesamtstruktur des Versicherungsfalles versicherte Tätigkeit Verhalten Zurechnungszusammenhang innerer Zusammenhang muss pos. festgestellt werden Unfallgeschehen haftungsbegründende Kausalität wesentl. Ursache Körperschaden haftungsausführende Kausalität wesentl. Ursache hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt Seite 99 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: Zurechnungszusammenhang, innerer Zusammenhang • der Kfz-Mechaniker (AN) verletzt sich bei einer ihm übertragenden Arbeit an einer Drehbank • derselbe Kfz-Mechaniker führt nach Feierabend mit Zustimmung des AG an seinem privaten Pkw Arbeiten durch, er verletzt sich an der Drehbank Bsp.: haftungsbegründende Kausalität (Unfallkausalität) • der Kfz-Mechaniker stürzt bei einer betrieblichen Tätigkeit und verstirbt; die Obduktion ergibt Schädelbasisbruch • ein Kfz-Mechaniker stürzt bei einer betrieblichen Tätigkeit und verstirbt; die Obduktion ergibt ein Aneurysma Bsp.: haftungsausführende Kausalität (Schadenskausalität) • der Kfz-Mechaniker transportiert per Hand schwere Teile und zieht sich ein Ischia-Lumbalgie zu; Vorschäden bestehen nicht • wie vor, der Kfz-Mechaniker macht über die Ischia-Lumbalgie dauernde Beschwerden im Lendenwirbelbereich geltend, eine orthopädische Begutachtung führt zu dem Ergebnis, das schwere Vorschäden im Lendenwirbelbereich vorliegen Bsp.: wesentliche Ursache • der Kfz-Mechaniker erleidet infolge von Abgasen eine Schwächeanfall und zieht sich bei einem Sturz Verletzungen zu • der Kfz-Mechaniker stürzt infolge eines Schwächeanfalls und verletzt sich; es ist nicht mehr zu klären, ob wg. der Abgase oder einer genetischen Veranlagung Seite 100 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun g) selbst geschaffene Gefahren - es gilt das Alles-oder-Nichts-Prinzip - eine Verschuldensquotelung oder Abstufung der Fahrlässigkeitsgrade sind ohne Bedeutung - nur bei ganz außergewöhnlicher Unvernunft kommt es zu einem Leistungsausschluss - sofern der innere Zusammenhang, der Zurechnungszusammenhang noch besteht, kann eine Zugunsten-Betrachtung erfolgen Bsp.: - der Arbeiter nimmt ein Förderband als Transportmittel, um zu einer Tätigkeit in einen anderen Betriebsteil zu gelangen - Sonnenbaden auf dem Laufsteg eines Tanklastzuges während der Fahrt h) Trunkenheitsfälle Bericht aus der Praxis; Häufigkeit - aa) die Rspr. hat ein Strafmodell entwickelt: Volltrunkenheit - da hier keine dem Betrieb mehr förderliche Tätigkeit verrichtet wird, kann der UV-Träger die Leistungen zutreffend ablehnen bb) - eine feste BAK-Grenze gibt es nicht, Gesamtzusammenhang - bei 1,1 Promille wesentl. Ursache Alkoholisierung - sofern bei bloßer Fahruntüchtigkeit noch zweckdienliche betriebliche Arbeit erledigt werden kann, bleibt es beim Versicherungsschutz - im Straßenverkehr wird die Hypothese gebraucht, ob ohne Alkoholisierung der Unfall im Sinne einer wesentlichen Bedingung auch eingetreten wäre Bsp.: ein mit 1,1 Promille alkoholisierter Lkw-Fahrer fährt bei Grünlicht über die Kreuzung; ein anderer Verkehrsteilnehmer übersieht as Rotlicht; beim Zusammenstoß wird der Lkw-Fahrer verletzt wie vor BAK 0,8 Promille Seite 101 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun i) vorbereitenden Tätigkeiten - sofern diese zweckbezogen betrieblich sind, besteht Unfallschutz - An- und Umkleiden ist privatwirtschaftliche Tätigkeit, sofern es sich nicht um Schutzkleidung handelt k) Gemeinschaftsveranstaltungen - wenn vom Unternehmen organisiert, zumindest gebilligt und für Betriebsangehörige vorgesehen zum Zwecke der Verbundenheit veranstaltet, so besteht Unfallschutz Fall 26 – Fall Nr. 17 bei A+S, SozR 2 S. 140-143 10) der Wegeunfall § 8 II Nr. 1 Bericht aus der Praxis; Häufigkeit a) § 8 II Nr. 1 - versicherte Tätigkeit seit 1925 - als Ausgangspunkt kommt der häusliche Bereich in Betracht - umfangreiche Kasuistik; Außentür - Haupteingang - Nebenzugang - Garagen etc. b) § 8 II Nr. 4 - in Betracht kommt ein sog. Dritter Ort, speziell geregelt in Nr. 4 - auch bei Wegeunfällen ist innerer wesentlicher Zusammenhang zw. Weg und versicherter Tätigkeit erforderlich - der Dritte Ort tritt an die Stelle der Wohnung Bsp.: - häuslicher Bereich - Arztbesuch - Betrieb - die Grenzen der Unterbrechung liegt bei 2 Std. - Abweg ist nicht mehr auf Zielort gerichtet Seite 102 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun c) Umweg - es muss nicht der direkte Weg gewählt werden - Umwege, also auf das Ziel gerichtete längere Wege sind unfallversichert, wenn es hierfür eine sachliche Begründung gibt und die längere Wegstrecke unwesentlich ist - Rechtsfolge bei wesentl. Umwegen - Rückkehr zum direkten Weg d) § 8 II Nr. 2 - Kinderbetreuung - Fahrgemeinschaften e) § 8 II Nr. 3, 4 11) Berufskrankheiten § 9 Bericht aus der Praxis; Häufigkeit - aufgenommen in den gesetzl. UV-Schutz 1925 - Bedeutung der Berufskrankheiten-VO - die Berufskrankheit muss infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten sein - wesentlicher Ursachenzusammenhang muss bestehen - es gilt das Enumerationsprinzip/Listenprinzip des BK-Katalogs zur Kausalität genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit - eine Vermutung reicht nicht aus 12) Leistungen - Überblick §§ 26-103 Bericht aus der Praxis - § 26 II „...mit allen geeigneten Mitteln...“ - Unterschied zur KV a) Überblick § 26 I - Systematisierungsanspruch nach Funktonen Seite 103 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Schadensbeseitigung (Restitution §§ 24-54 und Kompensation §§ 45-52, 56-62, 40, 41 - Natural-Barleistungen b) Heilbehandlung §3 27-34 - Bedeutung der D-Ärzte § 34 II c) Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft §§ 39-43 - Kfz-Hilfe § 39 I Nr. 1 - Wohnungshilfe § 41 - Reisekosten § 43 d) Verletztengeld §§ 45-52 aa) Voraussetzungen § 45 bb) Beginn und Ende § 46 cc) Höhe - Rückgriff auf § 47 I, II SGB V - das gesamte regelmäßige Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen ist zu berücksichtigen bis zur doppelten Bezugsgröße (§ 85 II) - Bezugsgrößen-VO: 2006 - 2.450,-/2.065,- € mtl. - 80% des Regelentgelts - Entgeltersatz dd) Dauer § 46 - Ende mit Leistungen (Rente) nach § 50 I 1 SGB V (§ 46 III S. 2 Nr. 2) - Ende nach 78 Wochen (abzgl. 6 Wochen EFZ) § 46 III S. 2 Nr. 3 e) Kinderpflegeverletztengeld § 45 IV f) Verletztenrente aa) Voraussetzungen - Versicherte - innerer Zusammenhang (s.o.) - Kausalität (s.o.) - wesentliche Ursache (s.o.) Versicherungsfall Seite 104 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - MdE mindestens 20% - über die 26. Woche hinaus bb) Erwerbsfähigkeit - es erfolgt eine abstrakte Beurteilung - dabei kommt es nicht auf die konkrete ausgeübte Tätigkeit an - es wird auf den gesamten Bereich des Erwerbslebens abgestellt Bsp.: nach Schulin (Rz 514) AN A ist als Schwimmmeisterin tätig - früher war sie als gelernte Bankkauffrau vollschichtig über viele Jahre im Beruf in ihrer Funktion als Schwimmmeisterin rutscht sie aus und verletzt sich an der Wirbelsäule als Schwimmmeisterin kann sie nicht mehr eingesetzt werden, jedoch als Bankkauffrau - keine MdE cc) MdE (Minderung der Erwerbstätigkeit) - sie bestimmt sich nach Erfahrungssätzen und Richtwerten („Knöcheltabelle“/ „Gliedertaxe“) Bsp.: Daumen 20% MdE Gebrauchshand 60% MdE Unterschenkeln 50% - in der Praxis wird häufig das Handbuch von Schönberger/Mehrtens, Valentin verwendet und Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtentätigkeit herausgegeben von BMAS - mehrere MdE werden nicht addiert, jedoch Erhöhung dd) Höhe - die Verletztenrente richtet sich nach dem Jahresarbeitsverdienst (JAV) - das ist der Gesamtbetrag aus Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen - bei Verlust der Erwerbsfähigkeit beträgt die Rente 2/3 des JAV - bei Minderung vom Hundertsatz der Vollrente - höchstens doppelte Bezugsgröße (§ 85 II) - mind. 60% der Bezugsgröße (§ 85 I) - Bezugsgrößen-VO: 2006 - 2.450,-/2.065,- € mtl. Seite 105 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun ee) Abfindungen §§ 75-80 g) Witwen-, Witwer-, Waisenrente §§ 65-71 - bis Wiederheirat § 65 I - Sterbevierteljahr § 65 II Nr. 1 - große, kleine Witwen-, Witwerrente § 65 II Nr. 2, 3 - Versorgungsehe § 65 VI aa) Höhe Witwen-, Witwerrente § 65 II bb) Höhe Waisenrente § 68 cc) Dauer kleine Witwenrente § 65 I S. 2 dd) Dauer Waisenrente § 67 III h) Geschiedenenwitwenrente § 66 Leseprogramm: A+S SozR 2, S. 122-158 Gitter/Schmidt S. ... Muckel, S. ... Schulin/Igl, S. 207-270, (Rz 397-527) sehr empfehlenswert ! Waltermann, S. ... Seite 106 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun XI. Das SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung 1) Ziel und Zweck des SGB VI - Vergleich mit besonderen Büchern des BGB - Leistungsrecht und Finanzierung Im Mittelpunkt des Leistungsrechts steht das Rentenrecht mit den zentralen Fragen der Rentenarten (§§ 33 – 49); bei der Finanzierung steht im Mittelpunkt das Beitragsrecht Beachte: Zum Leistungsrecht gehört nicht nur die Rente, sondern auch die medizinische Rehabilitation, die Teilhabe am Arbeitsleben und das Übergangsgeld (§§ 15 – 32) - Soziale Vorsorge im Sozialrecht (vgl. Schulin, Einführung in dtv 5024, S. XVII). 2) Rückblick und Ausblick - Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889 (RGBl. S. 97) - Demografische Entwicklung - Rentenreformgesetze seit 1992 (Schulin aaO S. XL) - Ausblick auf die Rentenformel,- §§ 64 – 69 3) Träger, Organisation - DRV-Bund; Regionalträger, z.B. Dt. Rentenversicherung NRW - § 125 Abs. 2, Knappschaft-Bahn-See - Landwirte; landwirtschaftliche Alterskassen - Künstler; Künstlersozialversicherungsgesetz 4) Leistungsgrundsätze, § 13 - Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit - Abgrenzung zur KV, § 13 Abs. 2 Seite 107 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 5) Versicherungspflicht, §§ 1, 2, 3 - Überblick - Es gibt keine Pflichtversicherungsgrenze; JAV der KV; Versicherungspflichtig sind auch Arbeitnehmer mit höchstem Entgeltanspruch; allerdings Beitragsbemessungsgrenze (§§ 159, 160) 6) Versicherungsfreiheit, § 5 - Insbesondere Beamten und Richter, Berufssoldaten - Insbesondere geringfügig Beschäftigte, § 5 Abs. 2 7) Finanzierung - Die Rentenversicherung wird in Umlageverfahren finanziert (§ 153). Das bedeutet, dass die Ausgaben eines Kalenderjahres durch die Einnahmen des gleichen Kalenderjahres gedeckt werden sollen. Auf Grund des demografischen Wandels und als Folge der wirtschaftlichen Entwicklung sinken die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, so dass im Umlageverfahren nur eine Sicherung dem Grunde und nicht der Höhe nach gegeben ist. a) Beiträge aa) Beitragssatz zur Zeit 19,9 % bb) Beitragsbemessungsgrenze §§ 159, 160 2009: Ost 54.600 € West: 64.800 € 2010: Ost 55.800 € West: 66.000 € cc) Tragung der Beiträge - Grundsatz, hälftige Tragung, § 168 - Arbeitgeberanteil bei Versicherungsfreiheit, insbesondere Rentner und geringfügig Beschäftigte, § 172 Abs. 1, 2 Hier trägt der Arbeitgeber die hälftigen Beiträge. Seite 108 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun dd) Geringfügig Beschäftigte - Nochmals: Versicherungssituation von geringfügig Beschäftigten KV: AG: 13 %; § 249 b SGB V RV: AG: 15 %; §§ 168I Nr. 1b, 172 III SGB VI Pauschale Steuer 2%; § 40 a Abs. 2 EstG + 0,1 % Umlage nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (dient der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch die Minijobzentrale für ab 4 Wochen Beschäftigte). Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung der BG fallen individuell an. - Der geringfügig Beschäftigte kann optieren, § 5 Abs. 2 Satz 2, mit der Folge, dass er – geringfügige – Rentenanwartschaften erwirbt. ee) Zahlung der Beiträge - Gesamtsozialversicherungsbeitrag, § 28 d SGB IV - Lohnabzugsverfahren, § 28 g SGB IV - Einzugsstellen, §§ 28 h, i SGB IV ff) ELENA /DÜV-Verfahren Seit 01.01.2010 Elektronischer Entgeltnachweis neben Datenübertragung nach bisherigeM Recht b) Beteiligung des Bundes, §§ 213 – 215 c) Nachhaltigkeitsrücklage, § 216 50 % der Durchschnittlichen Ausgaben für einen Monat (früher 3 Monate) 8) Rentenarten, § 33 a) Renten wegen Alters, § 33 II Seite 109 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Regelaltersrenten, § 35 - Altersrente für langjährige Versicherte, § 36 - Altersrente für schwerbehinderte Menschen, § 37 - Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (§ 40) sowie nach den Vorschriften des 5. Kapitels, §§ 228 ff. - Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Arbeitsteilzeitarbeit § 237 - Altersrente für Frauen, § 237 a b) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, § 23 II - Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, § 43 I - Rente wegen voller Erwerbsminderung, § 43II - Rente für Bergleute, § 45 (sowie nach den Vorschriften des 5. Kapitels) §§ 28 ff. - Rente wegen Berufsunfähigkeit, § 240 - Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, § 241 c) Renten wegen Todes, § 33 IV - Kleine Witwenrente oder Witwerrente, § 46 I - Große Witwenrente oder Witwerrente, § 46 II - Erziehungsrente, § 47 - Waisenrente, § 48 9) Allgemeine Voraussetzungen für einen Rentenanspruch a) Wartezeit Ein Anspruch gegen den Versicherungsträger setzt gem. § 34 Abs. 1 eine Mindestversicherungszeit voraus. Das bedeutet, dass der Versicherte mit seinen Beiträgen der Versichertengemeinschaft angehört haben muss und somit zu deren Leistungsfähigkeit beigetragen hat. aa) Je nach Rentenart beträgt die Wartezeit 5 bis 25 Jahre, §§ 50 – 53 Seite 110 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Für die Regelalterszeit die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die Rente wegen Todes beträgt sie 5 Jahre (§ 50 Abs. 1). bb) Das Versicherungsprinzip beinhaltet, dass Leistungen nur erbracht werden, wenn Wartezeiten mit Beitragsentrichtung vorliegen. Dieses Prinzip kann sozialrechtlich in seiner reinen Form nicht durchgehalten werden. Zum sozialen Ausgleich werden sog. rentenrechtliche Zeiten zu Grunde gelegt, die neben Beitragszeiten (§ 55) umfassen - Kindererziehungszeiten, § 56 - Berücksichtigungszeiten bei Erziehung eines Kindes bis zum 10. Lebensjahr, § 57 - Anrechnungszeiten, insbesondere wegen Schwanger- und Mutterschaft, sowie Arbeitslosigkeit, Schule und Studium, § 58 und - Zurechnungszeiten bei Renten wegen Erwerbsminderung und Tod, wenn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet wurde, § 59 b) Versicherungsrechtliche und persönliche Voraussetzungen, § 34 Abs. 1 Hier handelt es sich um die bei den einzelnen Rentenarten zu berücksichtigenden Voraussetzungen wie Alter, Schwerbehinderung, Erwerbsminderung, Tod, Arbeitsunfall u.a. 10) Altersrente a) Anspruchsvoraussetzungen aa) Regelaltersrente, §§ 35, 235 - Für Versicherte, die vor dem 01.01.1964 geboren sind, gilt ausschließlich § 235; Versicherte die nach dem 31.12.1963 geboren sind, gilt ausschließlich § 35 Seite 111 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Voraussetzungen § 35 Vollendung des 67. Lebensjahres Erfüllung der allgemeinen Wartezeit Allgemeine Wartezeit: gem. § 50, 5 Jahre - Voraussetzungen § 235 Erreichung der Regelaltersgrenze, frühestens 65. Lebensjahr, stufenweise Anhebung auf 66 Jahre und 10 Monate für Versicherte, die nach 31.12.1946 (siehe Tabelle in § 235 Abs. 2) - Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bb) Altersrente für langjährig Versicherte, §§ 36, 236 Anwendung der Vorschriften richtet sich nach Geburtsjahr Grundsätzlicher Anspruchsvoraussetzungen: - Vollendung des 67. Lebensjahres - Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren - Kein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze (§ 34 Abs. 2, 3) vorzeitige Inanspruchnahme der Rente ab Vollendung des 63. Lebensjahres möglich aber Anhebung der Regelaltersgrenze von 65. Auf 67. Jahre erforderte stufenweise Anhebung der Altersgrenze für Altersrenten für langjährig Versicherte Geburt der Versicherten vor 1949: - Abschlagsfreier Rentenanspruch ab Vollendung des 65. Lebensjahres, § 236 Abs. 1 S. 2 - Vorzeitige Inanspruchnahme ab 63. Lebensjahr möglich (Rentenabschlag max. 7,2 % KM x 0,3 % gem. § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2) Versicherte der Geburtsjahrgänge 1949 bis 1963: - Stufenweise Anhebung der Altersgrenze für abschlagsfreien Rentenanspruch von 65 Jahren auf 66 Jahre 10 Monate, § 236 Abs. 2 S. 2 - Vorzeitige Inanspruchnahme ab 63. Lebensjahr möglich höhere Abschläge Seite 112 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Versicherte der Geburtsjahrgänge ab 1964: - Altersgrenze gem. § 36, 67. Lebensjahr - Vorzeitige Inanspruchnahme ab 63. Lebensjahr möglich höhere Abschläge (max. 14,4 %) cc) Altersrente für schwerbehinderte Menschen, §§ 37, 236 a - Grundnorm für Versicherte der Geburtsjahrgänge ab 1964 - § 37 - Vollendung des 65. Lebensjahres - Nach § 2 Abs. 2 SGB XI Anerkennung der Schwerbehinderung zu Beginn der Altersrente - Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren - Kein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze - Vorzeitige Inanspruchnahme der Rente ab 62. Lebensjahres möglich (Rentenabschlag max. 10 %, § 37) - § 236 a gilt für Versicherte, die vor dem 01.01.1964 geboren sind - Vollendung des 63. Lebensjahres - Nach § 2 Abs. 2 SGB XI Anerkennung der Schwerbehinderung zu Beginn der Rente - Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren - Kein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze - Beachte § 236 a Abs. 2 – stufenweise Anhebung des abschlagsfreien Renteneintritts für Versicherte der Geburtenjahrgänge 1952 – 1963 Wichtig!!! Ab dem 01.01.2012 tritt der § 38 in Kraft! Durch die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 Jahren auf 67 Jahre ist eine neue Altersgrenze geschaffen worden. Einen Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährige Versicherte hat, wer das 65. Lebensjahr vollendet hat die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt hat Seite 113 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun und den Beruf aufgegeben hat oder nur noch Einkünfte innerhalb der Grenzen der gesetzlichen Hinzuverdienstmöglichkeiten erzielt. Damit wird ab 2012 eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte eingeführt. Wer mindestens 45 Jahre lang Pflichtbeiträge eingezahlt hat, erhält auch weiterhin mit dem 65. Lebensjahr die Rente ohne Rentenabschlag. Zeiten der Kindererziehung bis zum vollendeten 10. Lebensjahr des jüngsten Kindes zählen als erfüllte Wartezeit mit. Auf diese Wartezeit von 45 Jahren werden aber keine Schul- und Studienzeiten angerechnet. Akademiker sind daher praktisch ausgeschlossen. Auch ist eine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente vor dem 65. Lebensjahr nicht möglich. Mit dieser besonderen Form der Altersrente wird den Menschen entgegengekommen, die ein langes Arbeitsleben hinter sich gebracht haben. dd) Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute, § 4 - Vollendung des 62. Lebensjahres - Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren - Siehe auch § 238 ee) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Arbeitsteilzeit, § 237 - Ab dem Jahr 2012 können keine neuen Ansprüche auf diese Rentenart mehr entstehen, da Voraussetzung ist, dass Versicherte vor dem 01.01.1952 geboren sein müssen ff) Altersrente für Frauen, § 237 a - Vor dem 01.01.1952 geboren - Damit keine neuen Ansprüche von Versicherten ab dem Jahr 2012 Seite 114 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Rentenhöhe aa) Rentenformel, § 63 Abs. 4, 64 gilt für alle Rentenarten bb) Die Rentenhöhe ist vor allem durch die Höhe des Arbeitsentgelts bzw. des Arbeitseinkommens bestimmt. Es findet jedoch ein sozialer Ausgleich dadurch statt, dass rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt werden (siehe oben unter a), aa)). Das Äquivalenzprinzip, hohe Beiträge korrespondieren mit hohen Rentenleistungen, ist dadurch durchbrochen. Bsp. vgl. AN mit 45 Jahren Betriebszeiten mit AN der in jungen Jahren erwerbsunfähig wird. cc) Wartezeit, § 50 Abs. 1 Nr. 1 dd) Entgeltpunkte, §§ 70ff. Maß für individuelle Beitragszeiten Für Beitragszeiten: Verhältnis des individuellen jährlichen Bruttoverdienstes zum jährlichen Bruttodurchschnittsverdienst gem. Anlage 1, § 70. Ist das jährliche Bruttoarbeitsentgelt gleich dem jährlichen Bruttoentgelt nach Anlage 1, beträgt der Entgeltpunkt 1,0. Für Beitragszeiten im Beitragsgebiet gilt § 256 a. Für Kindererziehungszeiten gilt § 70 Abs. 2. Für Beitragsgeminderte und beitragsfreie Zeiten gilt § 71(Gesamtleistungsbewertung, Grundbewertung, Vergleichsbewertung). 0Für Zeiten nach dem Rentenbeginn gilt § 75. Bsp.: Entgeltpunkte für Beitragsgeminderte Zeiten Bsp.: Entgeltpunkte bei freiwilliger Beitragszahlung Bsp.: Entgeltpunkte bei Beitragszeiten im Beitragsgebiet Seite 115 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: Entgeltpunkte bei Kindererziehungszeiten ee) Persönliche Entgeltpunkte, § 66 Summe aller Entgeltpunkte und Zuschläge ff) Rentenartfaktor, § 67 Er sichert die unterschiedlichen Ziele der jeweiligen Renten Abweichung bei knappschaftlicher Versicherung um ca. 1/3 gg) Aktueller Rentenwert, § 68 Formel Rentenanpassung, § 68 Abs. 5 Mit der Rentenanpassung wird die Rente ermittelt mit der die Renten jeweils zum 01. Juli eines Kalenderjahres angehoben werden sollen. Eine Anpassung an die Bruttolöhne ist nur mittelbar gegeben. - Bruttolohnentwicklung des vergangenen Jahres (2. Faktor in der Formel) - Riesterfaktor (3. Faktor in der Formel) setzt sich zusammen aus dem Altersvorsorgeanteil (Riestertreppe) und dem Beitragssatz der RV - Nachhaltigkeitsfaktor (4. Faktor in der Formel) berücksichtigt das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern modifiziert um Faktor α der die Auswirkungen aktuell auf ein ¼ mindert (α = 0,25) Schutzklausel, § 68 a die eine Verringerung des aktuellen Rentenwertes verhindert Seite 116 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Entwicklung der Rentenwerte Tabelle der Rentenwerte Gültigkeit Ost jeweils ab Entwicklung West Ost Entwicklung West 01. Juli 1999 21,16 € 24,84 € 2000 21,74 € 0,6 % 24,99 € 0,6 % 2001 22,06 € 1,5 % 25,31 € 1,3 % 2002 22,70 € 2,9 % 25,86 € 2,2 % 2003 22,97 € 1,2 % 26,13 € 1,0 % 2007 23,09 € 0,5 % 26,27 € 0,5 % 2008 23,34 € 1,1 % 26,56 € 1,1 % 2009 24,13 € 3,38 % 27,20 € 2,41 % Bsp.: Rente bei Durchschnittseinkommen Bsp.: Rente bei Kindererziehungszeiten Bsp.: Rente bei Niedrigeinkommen 11) Renten wegen Todes Witwenrente, § 46 Erziehungsrente, § 47 Waisenrente, § 48 a) Witwenrente aa) Kleine Witwenrente , § 46 Abs. 1 - Anspruchsvoraussetzungen, Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Nr. 3) - Höhe, Formel (§§ 63, 64) Rentenartfaktor (§ 67 Nr. 5) - Bezugsdauer max. 24 Monate (§ 46 Abs. 1 S. 2) Seite 117 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Sonderregelung für Altfälle, § 242 a - Wiederverheiratung bb) Große Witwenrente, § 46 Ab. 2 - Anspruchsvoraussetzungen, Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Nr. 3) Mindestdauer der Ehe 1 Jahr (Versorgungsehe); § 46 Abs. 2 a, Ausnahme § 242 a Abs. 3 - Höhe, Formel §§ 63, 64 Rentenartfaktor (§ 67 Nr. 6) - Aufhebung der Altersgrenze gem. § 242 a Abs. 5 b) Waisenrente Höhe, Formel, Rentenartfaktor, § 47 Nr. 7, 8 Halbwaisen-, Vollwaisenrente, § 48 Abs. 1, Abs. 2 Altersgrenzen § 48 Abs. 4 12) Erwerbsminderungsrente, § 43 Teilweise Erwerbsminderung, § 43 Abs. 1 Volle Erwerbsminderung, § 43 Abs. 2 Früher BU-, EU-Rente a) Teilweise Erwerbsminderung aa) Anspruchsvoraussetzungen, § 43 Abs. 1 - Auf die erworbene Qualifikation und den bisherigen beruflichen Werdegang kommt es nicht an - 3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren - Wartezeit 5 Jahre - Außerstandesein 6 Std. täglich bb) Höhe Formel, Rentenartfaktor 0,5 Seite 118 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun b) Volle Erwerbsminderung aa) Anspruchsvoraussetzung, § 43 Abs. 2 Außerstandesein 3 Std. täglich bb) Höhe Formel Rentenartfaktor 1,0 Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr, § 59 13) Zugangsfaktor, § 77 Korrektur bei früherem Rentenbeginn Seite 119 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun XII. Soziale Förderung wird fortgesetzt Seite 120 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun XII. EntschädigungsR wird fortgesetzt Seite 121 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun XIII. Das SGB X, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz 1) Ziel und Zweck des SGB X - Vergleich mit den Verwaltungsverfahrensgesetzen (VwVfG) von Bund und Ländern a) Verwaltungsverfahren § 8 Bsp.: - Rentenantrag - Antrag auf Verletztengeld - Rückforderung von ALG b) Sozialdatenschutz Bsp.: - Anfrage der StA bei der AA - Wissenschaftlicher Dienst der DRV - Information der privaten Unfallversicherungsgesellschaft durch BG c) Zusammenarbeit der Leistungsträger §§ 86-96 d) Beziehung zu Dritten §§ 97-101a e) Erstattungsansprüche §§ 102-119 f) Einheitliches Verfahren für alle Bücher des SGB (§ 1) Vervollständigung von SGB I 2) Amtshilfe §§ 3-7 - Begriff, Bedeutung, Grenze Seite 122 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - Amtshilfe im Spannungsfeld zwischen Aufgabenerfüllung und Sozialdatenschutz 3) Verfahrensgrundsätze §§ 8-25 a) Begriff des Verwaltungsverfahrens § 8 (s.o.) b) Vorverfahrensfähigkeit § 11 c) Beteiligte § 12 Bsp.: - Zulassungsverfahren für Vertragsärzte - BAföG-Verfahren d) Bevollmächtigte und Beistände § 13 - insbesondere die Vertretung von Unternehmen durch Dipl. - Wirtschaftsjuristen/BA Bsp.: - der angestellte Justitiar im Beitragsverfahren mit der BG - der freiberufliche Dipl.- Wirtschaftsjurist/BA e) Untersuchungsgrundsatz § 20 aa) Amtsermittlungsgrundsatz, Offizialmaxime bb) Dispositionsgrundsatz cc) Beibringungsgrundsatz Bsp.: - der Bürger im Strafverfahren - der Kläger im Zivilprozess - der Antragsteller im Verwaltungsverfahren Seite 123 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun f) Beweismittel § 21 - SAPUZ, aber keine Parteivernehmung - insbes. Zeugen; Verweigerung gem. § 22; Ausbleiben von Zeugen §§ 118, 380 ZPO (Zwangsmittel) 4) Anhörung Beteiligter § 24 - Grundsatz, Ausnahmen, nachträgliche Anhörung § 41 I Nr. 4 5) Akteneinsicht § 25 a) Einsicht, Fotokopien, Abschriften b) Versendung der Akten an den Wohnsitz des Beteiligten c) Ausnahmen Abs. 2 Bsp.: - schockierende med. Gutachten - Hinweise auf Abstammung 6) Fristen, Termine, Wiedereinsetzung §§ 26, 27 a) Nachholungszeitraum § 27 II, III b) Nachholung der Handlung, Glaubhaftmachung § 27 II Bsp.: - die versäumte Frist des § 9 II SGB V nach Scheidung - der Rentenantragsteller in der PKV § 8 II SGB V Seite 124 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun 7) Verwaltungsakte §§ 31-38 a) Begriff § 31 Bsp.: - Rentenbescheid (Gewährung) - ALG-Bescheid (Ablehnung) - Erstattungsbescheid (Krankengeld) - Feststellungsbescheid (Pflichtversicherung) b) Nebenbestimmungen § 32 Bsp.: - Rente auf Zeit (Befristung) - KG-Bescheid mit Auflage einer Entziehungskur c) Form §§ 33, 34 aa) VA Bericht aus der Praxis; Beweislast bb) d) Schriftform bei Zusicherung auf Erlass eines VA § 34 Rechtsbehelfsbelehrung § 36 - Frist §3 62; 84 SGG; 70 VwGO - 1 Monat - bei Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung Frist - 1 Jahr, §§ 66 II SGG, 58 II VwGO e) Rechtsbehelfsverfahren §§ 62-64 - Antrag, Bescheid, Widerspruchsbescheid §§ 78 ff. SGG - neuer Bescheid im Vorverfahren § 86 SGG Bsp.: - Krankengeldbescheid, Neufestsetzung im Vorverfahren - Erstattungsbescheid aber KV und Neufestsetzung - Kostenfreiheit § 64 Seite 125 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun f) Begründung § 35 - Ausnahme Abs. 2 - insbes. bei Ermessensentscheidungen § 39 SGB I und Angriffsmöglichkeiten Bsp.: - Eingliederungszuschuss für AG gem. §§ 217 ff. SGB III - Einstellungszuschuss bei Neugründungen gem. §§ 225 ff. SGB III 8) Bestandskraft des VA §§ 39-52 a) b) Überblick - Zugang § 39 - Rücknahme - Widerruf - Aufhebung Nichtigkeit § 40 - Bericht aus der Praxis c) Heilung § 41 d) nicht begünstigender (belastender) VA, begünstigender VA - Unterscheidung wichtig - Bsp.: - Beitragsbescheid - ablehnender Bescheid - Zulassungsbescheid Seite 126 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun e) Rücknahme, Widerruf - Unterscheidung wichtig - f) aa) rechtswidrige VAe werden zurückgenommen §§ 44, 45 bb) rechtmäßige VAe werden widerrufen Rücknahme von VAe aa) nicht begünstigender VAe § 44 Rücknahme auch bei eingetretener Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit und Zukunft Ausnahme: wenn der Betroffene vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat Bsp.: - ablehnender KG-Bescheid der BAK bei freiwilligem Mitglied, das behauptet Entgeltfortzahlungsanspruch zu haben (Hinweis auf Beitragshöhe) - falsche Angaben des AN nach Beendigung des AV im Statusverfahren; Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch AOK bb) begünstigender VAe § 45 Rücknahme auch bei eingetretener Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit und Zukunft Ausschluss der Rücknahme Abs. 2 S. 1, 2 Vertrauensverlust Abs. 2 S. 3 - insbesondere bei - Arglist - unrichtige, unvollständige Angaben - Rückwirkung Abs. 3 Bsp.: - die erschlichene ALG-Zahlung des Schwarzarbeiters Seite 127 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun - die unvollständigen Angaben bei Arbeitsunfall/Wegeunfall Fall 27- Erziehungsgeld als Vollzeitkraft (Fall 18 bei A+S mit Lösung, SozR 1, S. 198 g) Widerruf von VAe aa) nicht begünstigender (belastender) VAe § 46 Widerruf auch nach Unanfechtbarkeit mit den Besonderheiten des § 46 I, II für die Zukunft zurücknehmbar Bsp.: - die nachgereichte Immatrikulationsbescheinigung im Erziehungsgeldverfahren - die geänderte Rspr. des BSG im ALG II-Verfahren bb) begünstigender VAe § 47 Widerruf auch nach Unanfechtbarkeit grds. nur für die Zukunft und nur bei - gesetzlicher Grundlage bzw. Vorbehalt oder - Nichterfüllung einer Auflage Bsp.: - Gewährung von ALG unter dem Vorbehalt der erwarteten BSG-Entscheidung - Gewährung von Verletztengeld mit der Auflage, sich einer ungefährlichen Operation zu unterziehen Widerruf bei Geld- und Sachleistungen auch nach Unanfechtbarkeit und für die Vergangenheit bei - Verwendungsdefizit oder - Nichterfüllung einer Auflage Seite 128 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Bsp.: - anderweitige Verwendung der Sozialhilfeleistung gem. § 29 SGB XII - Verletztengeld wie vor h) Aufhebung, Erstattung §§ 48, 50 - zum Verhältnis Rücknahme und Aufhebung - Fall 12 - Erstattung durch VA § 50 III - Verjährung (4 Jahre), Beginn § 50 IV - Verzinsung (5% über Basiszinssatz) 9) öffentlich-rechtlicher Vertrag §§ 53-61 a) Bericht aus der Praxis b) Vertragsdogmatik c) Schriftform § 54 d) insbesondere Vergleichsvertrag § 54 Bsp.: - der Beitragsstreit der BG mit dem Führer einer Kolonne von Fleischentbeinern e) Zwangsvollstreckung § 60 10)Sozialdatenschutz §§ 67-85a a) Begriff § 67 b) Zulässigkeit der Übermittlung §§ 67d-78 aa) Grundsatz § 67d bb) Poilzei, StA, Gerichte, Behörden § 68 Seite 129 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun cc) besondere gesetzl. Pflichten § 71 dd) Strafverfahren § 73 ee) Unterhaltsverfahren § 74 c) Schadensersatz § 82 d) Auskunft an Betroffenen § 83 11)Auskunftspflichten §§ 97-101a a) Auskunftspflicht des AG § 98 b) Auskunftspflicht von Angehörigen u.a. § 99 aa) Auskunftspflichtige, Ergänzung zu § 60 SGB I bb) Auskunftsumfang cc) Rechtsfolgen Bsp.: - Lebenspartner in der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 SGB II mit 2 Wohnungen - vermutete Bedarfsgemeinschaft der Haushaltsgemeinschaft nach § 36 SGB XII 12)Erstattungs- und Ersatzansprüche Dritter §§ 115-119 a) Ansprüche gegen den Arbeitgeber § 115 - Gleichwohl-Gewährung nach § 143 III SGB III - Krankengeld-Leistung bei § 49 I Nr. SGB V - Leistung von ALG bei bestehendem Arbeitsverhältnis - gesetzl. Forderungsübergang (cessio legis) Bsp.: - die streitenden Arbeitsvertragsparteien - die Aufrechnung entgegen §§ 394 BGB, 850c ZPO Seite 130 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Fall 28 - Beispiel Schulin/Igl S. 481 ff. b) Ansprüche gegen Schadensersatzpflichtige § 116 - Schadensereignis und Schadensverlagerung - gesetzl. Forderungsübergang (cessio legis) - Schadensgleichheit bei Geschädigten und Leistungsträger - Gleichheit des Zeitraumes - Einbeziehung von Beiträgen aus Sozialleistungen und KVBeiträgen Bsp.: - der unverschuldete Verkehrsunfall/ Wegeunfall aa) Haftungsbegrenzung Abs. 2 - Gefährdungshaftung z.B. §§ 7 StVG, 1,2,9 HPflG, 37 LuftVG - Beschränkung auf Höchstbeträge (Körperverletzung, Tod 600.000,-/3 Mio.; Sachbeschädigung 300.000,-) Bsp.: bb) Mitverschulden des Geschädigten Abs. 3 cc) - nach Herzinfarkt ungebremst in Fußgängerzone Übergang iH der Mitverschuldensquote Quotenvorrecht des Geschädigten - Abs. 2 und 3 regeln das Problem, wie zu verfahren ist, wenn der Ersatzanspruch des Geschädigten gegen den Schädiger rechtlich nicht zum Ausgleich des Gesamtschadens ausreicht - volles Quotenvorrecht des Geschädigten nach Abs. 2 entgegen Abs. 1 bleibt der Anspruch insoweit beim Geschädigten, als er zum Ausgleich seines Schadens er- Seite 131 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun forderlich ist - der Versicherungsträger erhält nur die verbleibende Restforderung - unter Schaden ist nicht nur der sachlich u. zeitlich kongruente Schaden zu verstehen, also incl. Schmerzensgeld (im Gegensatz zu § 1542 RVO mit Quotenvorrecht für Sozialträger) - der Geschädigte kann bei höhenmäßiger Begrenzung der Haftung seine gesamten Schadensersatzansprüche vorab befriedigen (BGHZ 135, 170-178 = NJW 97, 17851787 > sehr lesenswert) Bsp.: - Abs. 2 nach BGHZ 135, 170-178 2-jähriges Kind (K) erleidet bei Verkehrsunfall schweren Schaden iFv einer Querschnittslähmung, der Haftpflichtversicherer ist verurteilt zur Zahlung von 250.000,- € - die AOK hat bereits 130.000,- € an Leistungen erbracht und will diesen Betrag - der BGH hat die Klage der AOK gegen den Haftpflichtversicherer mit der Begründung abgewiesen, es sei zu erwarten, dass die Schwere der Verletzungen und der zu erwartenden Lebensdauer der Betrag iHv 250.000,- € als Schadensbeitrag von K noch benötigt werde - Abs. 3 1.000,- € mtl. Erwerbs- bzw. Unterhaltsschaden DRV 750,- € mtl. Geldleistungen der AOK (z.B. KG oder Rente) 60% Haftung des Schädigers AOK/DRV erhält 750,- € >> 60% = 450,- € der Versicherte erhält für den Restschaden von 250,- € (1.000,- / 750,-) 60% von 250,- = 150,- € Seite 132 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun somit insgesamt 900,- €; 750,- € von AOK/DRV und 150,- € von Haftpflichtversicherer Leseprogramm: A+S Gitter/Schmidt, S. 325-340 Muckel, S. 417-440 Schulin/Igl, S. 470-483 Waltermann, S. 275-289 von Wulffen SGB X § 116 Rz 5-47 Seite 133 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Fallübersicht: Seite Fall 1: „Pflegeprogramm in Portugal“ .................................................................... 9 Fall 3 bei A+S mit Lösung SozR 1, S. 30-35 Fall 2: „die verspätete Übermittlung der BfA (heute DRV-Bund) ......................... 13 an die AOK bei Rentenantragsstellung“ Fall 3: „kein Rechnerzugang, keine Rente“ ......................................................... 17 Fall 6 bei A+S mit Lösung, SozR 1, S. 63 ff. Fall 4: „Beitragserstattung bei Mehrfacharbeitsverhältnissen“............................. 17 BGH-Rspr. Fall 5: „mehrfache Pfändung“ .............................................................................. 18 Fall 6: „riskante Operation“ .................................................................................. 19 Fall 7: „Bielefeld - Bosten und zurück“ ................................................................ 22 Fall 4 bei A+S mit Lösung, SozR 1, S. 38 ff. Fall 8: „misslungenes Outsourcing“ ..................................................................... 26 Teil 1 - 6 Fall 9: „vogelfreier RA“ ........................................................................................ 27 Fall 1 bei A+S mit Lösung SozR 1, S. 15 ff. Fall 10: „mehrfacher Reinigungsdienst“................................................................. 28 Fall 11: „teures Weihnachtsgeld“ ........................................................................... 29 Fall 3 bei A+S mit Lösung SozR 1, S. 35 ff. Fall 12: „arbeitslos und doppelt versichert“............................................................ 34 Fall 5 bei A+S mit Lösung SozR 2, S. 49 ff Fall 13: „Haushaltshilfe“......................................................................................... 40 Fall 11 bei A+S mit Lösung SozR 2, S. 85 ff Seite 134 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Fall 14: „Floristen in der Flaute“ ............................................................................ 54 A+S, SozR 2, S. 235 ff. mit Lösung Fall 15: „endgültig entzweit“ .................................................................................. 70 A+S, SozR 2, S. 219-223, Fall mit Lösung Fall 16: „nichtehehliche Nachzug“ ......................................................................... 70 A+S, SozR 2, S. 225-229 , Fall mit Lösung Fall 17: „Verwirrung bei der Zahlungspflicht“ ......................................................... 75 Fall Nr. 27 bei A+S, SozR 2, S 243-246 Fall 18: Fall bei A+S, SozR 2, S. 260-264 ............................................................. 78 Fall 19: Fall bei A+S, SozR 2, S. 251-253 ............................................................. 80 Fall 20: Fall Nr. 28 bei A+S, SozR 2, S. 248-251 .................................................. 80 Fall 21: Fall 7 bei A+S, SozR 1, S. 75-78 .............................................................. 87 Fall 22: Fall 8 bei A+S, SozR 1, S. 79-84 .............................................................. 87 Fall 23: „Und ewig zahlt der Sohn“ ........................................................................ 90 Fall Nr. 9 bei A+S, SozR 1, S. 92-96 Fall 24: „Extreme Notwendigkeit“ .......................................................................... 92 Fall Nr. 10 bei A+S, SozR 1, S. 100-104 Fall 25: Fall 16 bei A+S, SozR 2, „Jahrhundertflut und andere Katastrophen“, ..... 94 S. 126-132 Fall 26: Fall 17 bei A+S, SozR 2, S. 140-143 ...................................................... 100 Fall 27: „Erziehungsgeld als Vollzeitkraft“ ........................................................... 114 Fall 18 bei A+S mit Lösung, SozR 1, S. 198 Fall 28: Beispiel Schulin/Igl S. 481 ff. .................................................................. 117 Seite 135 von 136 Sozialrecht Prof. Dr. A. Braun Folienübersicht: Seite Folie 1: Standort der Vorlesung....................................................................... 6 Folie 2: nach Schulin, Einführung dtv 5024 S. XIX .......................................... 7 Folie 3: System Honorierungsverfahren ........................................................ 38 Folie 4: siehe dazu auch A+S, SozR 2, S. 91 ............................................... 39 Folie 5: Voraussetzungen ALG ..................................................................... 59 Folie 6: Ruhen des ALG-Anspruches bei Entlassungsentschädigung .......... 66 Folie 7: Gesamtstruktur des Versicherungsfalles .......................................... 97 Seite 136 von 136