89er-Forderungen wieder aktuell Rückblickend auf die Wende vor 25 Jahren sagte die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley einmal: „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.“ Ergänzen möchte ich hier: Schön wär´s, wenn wir wenigstens den hätten. Hinter dem Deckmantel von Rechtsstaatlichkeit verbirgt sich jedoch so manches Unrecht. Anhand von drei Beispielen möchte ich nun kurz aufzeigen, wie aktuell die Forderungen der Demonstranten von 1989 inzwischen wieder sind: 1. Freie Wahlen Viele werden jetzt denken: Haben wir doch. Stimmt das? Vor zwei Jahren wurde ich als Bürgermeisterkandidat in Rickenbach nicht zur Wahl zugelassen, mit der Begründung, man zweifle an meiner freiheitlich- demokratischen Gesinnung. Den Ball gebe ich gern zurück – ich zweifle an der freiheitlich- demokratischen Gesinnung jener Entscheidungsträger. Die haben offenbar noch nicht mal die Demokratie verstanden, wonach das Volk als oberster Souverän entscheidet, wen es im Amt haben will und wen nicht. Wenn man aber die Bürger in der Angelegenheit entmündigt, haben sie ja keine freie Wahl mehr. Bei der Ablehnung meiner Kandidatur wurde auch argumentiert, dass ich aufgrund meines Briefes an alle ausländischen Botschaften, in dem ich Grundrechtsverletzungen durch Organe der BRD aufzeige, ein Verfassungsfeind sei. Wie bitte? Wer also Missstände aufzeigt und auf die Einhaltung des Grundgesetzes pocht gilt als Verfassungsfeind und darf nicht mehr zur Wahl zugelassen werden. Dann aber sind es keine freien Wahlen mehr. Auch in anderen Orten wurden Kandidaten aufgrund gesinnungsterroristischer Entscheidungen nicht zugelassen, obwohl sie ansonsten alle äußeren Voraussetzungen erfüllten. Die damalige Forderung nach freien Wahlen ist also nach wie vor aktuell. 2. Meinungsfreiheit Jährlich werden hierzulande etwa 14.000 Verfahren wegen – oder besser gesagt gegen Meinungsäußerungen geführt. Im Verfassungsschutzbericht finden sich sogenannte Propagandadelikte nur in der Statistik der „politisch motivierten Kriminalität rechts“ – nicht in der Statistik links motivierter Straftaten. Die Hätschelkinder des Systems werden von daher diesbezüglich auch nicht verfolgt. Im Jahr 2007 wurde ich für Zitate Jesu aus Johannes 8 und des Apostels Paulus aus Titus 1- also Bibelworte, der Benennung von Tatsachen und meiner berechtigten Kritik an Personen des öffentlichen Lebens zu 10 Monaten Haft, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung und 150 Sozialstunden verurteilt. Bis hin zum sogenannten Bundesverfassungsgericht bekam ich kein Recht. Die Verurteilung für - sogar vom Gericht als wahr erkannte – Aussagen, erfolgte mit der Begründung, dass diese Tatsachen geeignet seien, Unruhe auszulösen. Das Aussprechen bestimmter Wahrheiten kann also in der BRD als Straftatbestand gewertet werden. Dies jedoch ist mit meiner Vorstellung eines freiheitlichen Rechtsstaates unvereinbar. Der HERR JESUS CHRISTUS spricht: „… und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh. 8:32) Auch in dem Punkt ist die damalige Forderung nach Meinungsfreiheit hoch aktuell. 3. Freiheit für alle politischen Gefangenen Mit Krokodilstränen in den Augen beklagen die Vertreter der BRD die Verurteilung des Dissidenten Liu Xiaobo zu 11 Jahren Haft für seine Überzeugungen in China, während gleichzeitig hierzulande Horst Mahler für seine Überzeugungen zu 12 Jahren Haft verurteilt wurde. Man muss seine Meinung nicht teilen, aber ich halte es hier mit einer Voltaire zugeschriebenen Aussage: „Ich mag verdammen was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür geben, dass Du es sagen darfst.“ Dies wäre eines freiheitlichen Rechtsstaates angemessen, nicht aber das, was wir derzeit vor Augen haben. Seine Aufgabe - so sagte Horst Mahler selbst einmal - besteht darin, Rumpelstilzchen beim Namen zu nennen. Kennt ihr das Märchen von Rumpelstilzchen? In etwas abgewandelter Form möchte ich den Reim daraus mal so wiedergeben: „Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Zins und Wucher heiß – und die ganze Welt bescheiß.“ Nein, ich rede hier nicht von zwangsglaubensverordneten Dogmen, die sich inzwischen auch im § 130 StGB wiederfinden und wissenschaftlich nicht untersucht werden dürfen. Aber lasst mich die Frage stellen: Wer ist der größere Verbrecher – der Bankräuber oder die Räuberbanken? Auch eine Reihe anderer Erkennender, die dem System zu gefährlich wurden, sitzen in deutschen Kerkern. Also selbst die Forderung nach Freiheit für alle politischen Gefangenen ist wieder aktuell. Wir können also getrost die alten Schilder von damals wieder hervorholen und damit erneut auf die Straße gehen!