Landtag von NÖ, X. Gesetzgebungsperiode

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Landtag von NÖ, X. Gesetzgebungsperiode
IV. Session
1. Sitzung am 14. Oktober 1976
INHALT:
1.
2.
3.
4.
Eröffnung durch Präsident Dipl.-Ing. Robl (Seite 1).
Abwesenheitsanzeige (Seite 1).
Verlesung des Einlaufes (Seite 2).
Verhandlung:
Antrag des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage, betreffend den Gesetzentwurf mit
dem das NÖ Krankenanstaltengesetz 1974 geändert wird. Berichterstatter: Abg. Sulzer (Seite 2);
Redner: Abg. Pospischil (Seite 11), Abg. Ing. Kellner mit 2 Resolutionsanträgen (Seite 11), Abg. Auer
(Seite 16), Landesrat Körner (Seite 17), Abg. Krenn (Seite 19); Abstimmung (Seite 20).
Antrag des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage betreffend Bericht über die Prüfung der
Gebarung der Jahre 1969-1973 des Bundeslandes Niederösterreich durch den Rechnungshof.
Berichterstatter: Abg. Buchinger (Seite 21); Redner: Abg. Lechner (Seite 28), Abg. In. Kellner (Seite
34), Landesrat Schneider (Seite 35); Abstimmung (Seite 38).
Antrag des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage betreffend Fa. Klaus Lange GesmbH.,
Zwettl, Antrag auf Übernahme der Landeshaftung für einen Kredit in der Höhe von S 8,000.000,-.
Berichterstatter: Abg. Buchinger (Seite 38); Redner: Abg. Leichtfried (Seite 39), Abg. Fidesser (Seite
43), Abg. Romeder (Seite 44); Abstimmung (Seite 46).
Antrag des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage betreffend Oberprüfung der Gebarung
des a.ö. Krankenhauses der Stadtgemeinde Wr. Neustadt durch den Rechnungshof. Berichterstatter:
Abg. Fux (Seite 46); Abstimmung (Seite 47).
Antrag des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage betreffend Fa. Ing. Herbert MüllerGuttenbrunn, Waidhofen a. d. Ybbs, Antrag auf Übernahme der Landeshaftung für einen
Investitionskredlt in der Höhe von S 5,000.000,-. Berichterstatter: Abg. Blochberger (Seite 47);
Redner: Abg. Zauner (Seite 49), Abg. Amon (Seite 50); Abstimmung (Seite 50).
Antrag des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage, betreffend Industrieförderung durch
Übernahme der Landeshaftung; Anpassung der Richtlinien und Erhöhung des Haftungsrahmens.
Berichterstatter: Abg. Diettrich (Seite 51); Redner: Abg. Krenn (Seite 54); Abstimmung (Seite 55).
Antrag des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage, betreffend landwirtschaftliche Fachschule
Gießhübl/Amstetten; Ausbau der Schule. Berichterstatter: Abg. Anzenberger (Seite 55); Abstimmung
(Seite 56).
Antrag des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage, betreffend
Wirtschaftsförderungsfonds, Tätigkeitsbericht 1975. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 56);
Abstimmung (Seite 57).
Antrag des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend NÖ
Betriebsinvestitionsfonds, Tätigkeitsbericht 1975. Berichterstatter: Abg. Dkfm. Höfinger (Seite 57);
Redner: Abg. Krenn (Seite 57), Landesrat Schneider (Seite 57); Abstimmung (Seite 59).
Antrag des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage betreffend den Gesetzentwurf über die
Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Landesmitteln.
Berichterstatter: Abg. Bernkopf (Seite 59); Redner: Abg. Stangl (Seite 61), Abg. Wallner (Seite 63);
Abstimmung (Seite 68).
Antrag des Landwirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend den Gesetzentwurf
über die Förderung der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich. Berichterstatter: Abg. Rabl
(Seite 68); Redner: Abg. Stangl (Seite 69), Abg. Anzenberger (Seite 72), Abg. Leichtfried (Seite 76),
Abg. Reischer (Seite 86), Abg. Romeder (Seite 89), LandeshauptmannStellvertreter Ludwig (Seite 91),
Abg. Dr. Brezovszky (Seite 92), Landesrat Bierbaum (Seite 93); Abstimmung (Seite 95).
Antrag des Landwirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend Bericht über die
Tätigkeit und Wahrnehmungen der Land- und Forstwirtschaftsinspektion im Jahre 1975.
Berichterstatter: Abg. Blochberger (Seite 95); Abstimmung (Seite 96).
Antrag des Rechtsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend den Gesetzentwurf über die
Raumordnung in Niederösterreich. NÖ Raumordnungsgesetz 1975. Berichterstatter: Abg. Buchinger
(Seite 96); Redner: Abg. Präsident Binder (Seite .96), Abg. Manndorff (Seite 98),
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig (Seite 102), Abg. Manndorff (Seite 102); Abstimmung (Seite
103).
Antrag des Landwirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend den Gesetzentwurf,
mit dem das NÖ Jagdgesetz 1974 geändert wird. Berichterstatter: Abg. Rohrböck (Seite 103); Redner:
Abg. Wedl (Seite 103), Abg. Romeder (Seite 105); Abstimmung (Seite 106).
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (um 14.02 Uhr): Ich eröffne die erste Sitzung der IV. Session der X.
Gesetzgebungsperiode. Das Protokoll der letzten 18. Sitzung der III. Session der X. Gesetzgebungsperiode ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen; es ist unbeanstandet geblieben und als genehmigt
zu betrachten.
Von der heutigen Sitzung haben sich entschuldigt die Herren Abgeordneten Birner und Thomschitz.
Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich begrüße Sie zu der heutigen Sitzung,
mit der die IV. Session der X. Gesetzgebungsperiode beginnt, sehr herzlich und möchte der Hoffnung
Ausdruck geben, daß Sie während der sitzungsfreien Zeit auch Gelegenheit gehabt haben, sich
entsprechend zu erholen, um sich mit neuen Kräften der Bewältigung der dem Landtag gestellten
Aufgaben widmen zu können. In mehreren Ausschüssen wurde bereits eine Reihe von wichtigen
Geschäftsstücken beraten, sodaß diese schon heute im Plenum abschließend behandelt werden
können. Ich darf den Obmännern und den Mitgliedern dieser Ausschüsse für diese Arbeit meinen
besten Dank sagen.
Besonders freut es mich, die Feststellung treffen zu können, daß die Beratungen zwischen den beiden
Parteien über die neue Landesverfassung soweit abgeschlossen werden konnten, daß eine
Beschlußfassung über dieses bedeutungsvolle Gesetzeswerk in dieser Session gesichert erscheint.
Im Geiste der gegenseitigen Verständnisbereitschaft, die in den bisherigen Beratungen zum Ausdruck
gekommen ist, möge die Arbeit im Landtag mit dem heutigen Tage wieder beginnen.
Der Abg. Hans Kaiser hat mit Schreiben vom 7. Oktober 1976 einen Urlaub vom 13. 10. bis 12. 11.
begehrt. Ich habe ihm laut § 19 der Landtagsgeschäftsordnung diesen Urlaub erteilt und ersuche das
Hohe Haus um Kenntnisnahme.
Die Landesregierung hat am 20. Juli 1976 gemäß § 3 des Niederösterreichischen Wiederverlautbarungsgesetzes die Niederösterreichische Bauordnung im Landesgesetzblatt 8200-0, 66. Stück,
wiederverlautbart und dies zur Kenntnis gebracht.
Wie bereits angekündigt, setze ich die Geschäftsstücke, Zahlen 214 und 326, welche in den zuständigen Ausschüssen am 13. 10. 1976 verabschiedet wurden, noch auf die Tagesordnung der heutigen
Sitzung.
Die Ausschußanträge, Ausschußberichte und geänderten Gesetzentwürfe zu diesen Geschäftsstücken habe ich auf die Plätze der Abgeordneten auflegen lassen. Ich ersuche um Verlesung des
Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.-331- Vorlage der Landesregierung betreffend Firma W. Hamburger Aktiengesellschaft, Kufstein,
Antrag auf Übernahme der Landeshaftung für einen Investitionskredit in der Höhe von S 160,000.000.
Ltg.-332 - Vorlage der Landesregierung betreffend 2. Zinsenzuschußaktion für INVEST-Darlehen,
Bericht über das Jahr 1975.
Ltg.-336 - Vorlage der Landesregierung betreffend Firma Josef Faber KG, Krems, Antrag auf Übernahme der Landeshaftung für einen Investitionskredit in der Höhe von S 5,000.000.
Ltg.-337 - Vorlage der Landesregierung betreffend NÖSIWAG Niederösterreichische Siedlungswasserbau Gesellschaft mbH, Übernahme der Landeshaftung gemäß § 10 Abs. 2 des Wasserbautenförderungsgesetzes.
Ltg.-338 - Vorlage der Landesregierung betreffend Fremdenverkehrsförderungsfonds, Bericht über
das Jahr 1975.
Ltg.-342 - Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Bernkopf, Bieder, Binder, Birner, Blabolil,
Dr. Brezovszky, Fürst, FUX, Gruber, Jirkovsky, Kaiser, Kosler, Krendl, Krenn, Lechner, Leichtfried,
Pospischil, Prigl, Stangl, Thomschitz, Tribaumer, Wedl, Wiesmayr und Zauner betreffend Änderung
des NÖ Landeswohnbauförderungsgesetzes 1973.
Ltg.-343 - Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Bernkopf, Bieder, Binder, Birner, Blabolil,
Dr. Brezovszky, Fürst, Fux, Gruber, Jirkovsky, Kaiser, Kosler, Krendl, Krenn, Lechner, Leichtfried,
Pospischil, Prigl, Stangl, Thomschitz, Tribaumer, Wedl, Wiesmayr und Zauner betreffend Änderung
des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes.
Ltg.-341- Antrag der Abgeordneten Bernkopf, Fürst, Jirkovsky, Tribaumer, Gruber, Kaiser, Prigl,
Sulzer und Genossen, betreffend Änderung des Sozialhilfegesetzes und der Verordnung über die
Richtsätze in der Sozialhilfe.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (nach Zuweisung des Einlaufes an die zuständigen Ausschüsse): Wir
gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Ich ersuche den Abg. Sulzer, die Verhandlung zur Zahl
242 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. .SULZER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte im Auftrage des Gesundheitsausschusses über die Landtagszahl 242, Entwurf eines Gesetzes, mit dem das NÖ Krankenanstaltengesetz 1974 geändert wird.
Der Nationalrat hat am 3. Mai 1974 die zweite Novelle zum Krankenanstaltengesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 281/1974, beschlossen. Dieses Gesetz enthält im Artikel I grundsatzgesetzliche Vorschriften,
welche durch die Landesgesetzgebung auszuführen sind.
Der vorliegende Entwurf des Ausführungsgesetzes enthält im wesentlichen folgende Regelungen:
a) Die Neufassung der Begriffsbestimmung der Krankenanstalten, im besonderen bedingt durch die
Erweiterung des Aufgabenbereiches auf die Vorsorgemedizin und auf die sogenannten kosmetischen Operationen,
b) die Typisierung und Gliederung der allgemeinen Krankenanstalten und die gegenseitige Zuordnung der einzelnen Anstaltstypen unter Bedachtnahme auf das Einzugsgebiet,
c) Einführung einer Sonderklasse anstelle der bisherigen höheren Gebührenklasse und Erweiterung
der hiefür zulässigen Bettenanzahl in öffentlichen Krankenanstalten,
d) die zwingende Einführung eines Buchführungssystems, das eine Kostenstellenrechnung ermöglicht,
e) Erleichterung des Arzneimittelbezuges,
f) f ) Erweiterung des Aufgabenumfanges der Anstaltsambulatorien,
g) die Neufassung der Regelung der kollegialen Führung in den Krankenanstalten durch Einbeziehung des Leiters des Pflegedienstes in die Anstaltsleitung sowie die Ermöglichung der Ausund Fortbildung des leitenden Personals und die Festlegung objektiver Kriterien für die Auswahl
der Führungskräfte in den Krankenanstalten,
h) die Einführung eines Konsiliarapothekers in Krankenanstalten, die selbst keine Anstaltsapotheke
besitzen sowie eines Krankenhaushygienikers, ferner
i) die aus dem neuen Strafrecht erfließenden Regelungen hinsichtlich der Durchführung, Mitwirkung
oder Verweigerung eines straflosen Schwangerschaftsabbruches.
Ferner enthält der Gesetzentwurf eine Neuregelung auch in bezug auf die Festsetzung und Aufteilung
der Ärztehonorare.
Ferner wurde auch bei der Entwurfserstellung getrachtet, nach Möglichkeit auch einige sonstige
moderne Entwicklungen auf dem Krankenhausrechtssektor zu berücksichtigen bzw. die rechtlichen
Voraussetzungen hiefür zu schaffen.
Mit dieser Vorlage der Landesregierung hat sich der Gesundheitsausschuß in seiner Sitzung vom
29. September 1976 beschäftigt. Dieser Sitzung sind Anträge beider Fraktionen des Gesundheitsausschusses vorgelegen, und bei der Sitzung konnte eine Reihe dieser Vorschläge, es handelte sich
um insgesamt 22 Punkte, gemeinsam beschlossen werden. In einer Reihe von Fällen wurde eine
einheitliche Auffassung nicht erzielt.
Ich möchte, nachdem die Vorlage allen Damen und Herren des Hohen Landtages zugegangen ist,
mich auf die wesentlichsten Punkte beschränken, die heute dem Plenum vom Ausschuß vorgelegt
werden. Es handelt sich hier vor allem um den Punkt 6 des Antrages des Ausschusses, die Neufestsetzung des § 27 Absatz 1 und 2. Der Absatz 1 hätte zu lauten:
,,(l) Der Abschluß von Verträgen nach § 57 und § 60 bedarf, soweit sich die Verträge auf Krankenanstalten beziehen, deren Rechtsträger nicht das Land Niederösterreich ist, zur Rechtswirksamkeit
der Genehmigung der Landesregierung."
,,(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn
a) der Vertrag gesetzwidrige oder solche Bestimmungen enthält, welche in die Verantwortung der
leitenden Ärzte eingreifen oder den administrativen Betrieb der Anstalt unnötig belasten,
b) eine Ermäßigung der Pflegegebühren anders als entweder in einem Prozentausmaß vom Durchschnitt der jeweils geltenden Pflegegebühren aller öffentlichen Krankenanstalten Niederösterreichs unter Berücksichtigung der Gesamtzahl der veranschlagten Pflegetage oder in einem
Prozentausmaß von den jeweils geltenden Pflegegebühren der einzelnen Krankenanstalten ausgedrückt wird. Die Ermäßigung darf höchstens 20 von Hundert der kostendeckend festgesetzten
Pflegegebühren betragen."
Als wesentlich ist auch der Punkt 13 des Antrages des Gesundheitsausschusses zu verstehen, der die
Änderung des § 57 betrifft.
Der Antrag lautet:
,,Im § 57 treten anstelle der Absätze 3 bis 5 folgende Absätze:
(3) Die Verträge haben Bestimmungen über die Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis zwischen den Trägern der Sozialversicherung (Hauptverband) und dem Träger der
Krankenanstalten durch eine Schiedskommission vorzusehen, deren Vorsitzender der Landeshauptmann oder ein von ihm betrautes Mitglied der Landesregierung oder ein rechtskundiger Beamter des
Amtes der NÖ Landesregierung ist.
(4) Die Schiedskommission besteht aus dem Vorsitzenden und zwei Beisitzern, von denen je einer
von den Streitteilen zu berufen ist. Eine Entscheidung der Schiedskommission kommt rechtsgültig
zustande, wenn sämtliche Mitglieder anwesend waren und sich die Mehrheit für diese Entscheidung
ausgesprochen hat. Den Antrag auf Entscheidung dieser Schiedskommission kann jeder der beiden
Streit teile stellen. "
Der Absatz 5 soll nunmehr lauten:
„(5) Gegen die Entscheidung der Schiedskommission kann eine Berufung an die Landesregierung
eingebracht werden. Im Verfahren sind der Niederösterreichische Krankenanstaltensprengel und das
Land Niederösterreich, auch wenn es nicht Streitteil ist, als Partei anzusehen.''
Absatz 6 soll lauten:
„(6) Auf das Verfahren der Schiedskommission finden die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 Anwendung. Die Geschäftsstelle der Schiedskommission ist das Amt der
NÖ Landesregierung. Die näheren Vorschriften über die Geschäftsführung der Schiedskommission
hat die Landesregierung durch Verordnung zu regeln, so insbesondere über die Einberufung der
Schiedskommission, die Verhandlungsführung, die Protokollführung und die Entschädigung der
Mitglieder nach Maßgabe vergleichbarer landesgesetzlicher Bestimmungen."
Absatz 7 soll lauten:
„(7) Die mit öffentlichen Krankenanstalten, die nicht von einer Gebietskörperschaft betrieben werden,
zu vereinbarenden Pflegegebührenersätze und allfälligen Sondergebühren dürfen nicht niedriger sein
als die Gebühren, die vom gleichen Versicherungsträger an die nächstgelegene öffentliche, von
Gebietskörperschaften betriebene Krankenanstalt mit gleichartigen oder annähernd gleichwertigen
Einrichtungen, wie sie durch die Funktion der Krankenanstalt erforderlich sind, geleistet werden."
Und der Absatz 8:
„(8) Bei Abschluß der Verträge nach Absatz 1 werden die Träger der öffentlichen Krankenanstalten in
Niederösterreich vom Ausschuß des Niederösterreichischen Krankenanstaltensprengels vertreten."
Der Punkt 14 des Antrages des Gesundheitsausschusses lautet: § 58 soll neu gefaßt werden und
folgende Fassung erhalten:
„(1) Kommt ein Vertrag nach § 57 Absatz 1 nicht zustande und hat der vertraglose Zustand bereits
zwei Monate gedauert, so hat über Antrag des Rechtsträgers des NÖ Krankenanstaltensprengels,
eines Sozialversicherungsträgers oder des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger die Landesregierung die Pflegegebührenersätze und die allfälligen Sondergebühren (§ 45 Absatz 1) für die Zeit, für die kein Vertrag besteht, festzusetzen. Die Pflegegebührenersätze sind mit mindestens 80 vom Hundert der Pflegegebühren gemäß § 49 Absatz 1 und
2 festzusetzen.
(2) Der Entscheidung über die Pflegegebührenersätze ist die wirtschaftliche Lage der Träger der
Krankenanstalten sowie der zum Betriebsabgang beitragsverpflichteten nicht spitalerhaltenden
Gemeinden zugrunde zu legen; auf § 2 a ist Bedacht zu nehmen.
(3) Bis zur rechtskräftigen Festsetzung der Pflegegebührenersätze durch die Landesregierung gilt der
Inhalt des zuletzt gültigen Vertrages als von der Landesregierung bescheidmäßig festgesetzt."
Die übrigen Punkte, die dem Ausschuß vorgelegen sind, haben die einhellige Zustimmung des Ausschusses gefunden. Die von mir berichteten Punkte wurden mit Mehrheit im Ausschuß beschlossen
und im heutigen Plenum vorgelegt.
Ich muß daher namens des Gesundheitsausschusses den Antrag stellen:
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. ,,Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Krankenanstaltengesetz 1974 geändert wird,
wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2 . Die Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vorzunehmen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der
Abg. Pospischil.
Abg. POSPISCHIL: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die zur Debatte stehende Vorlage ist im
Rahmen der Gesundheitspolitik unseres Landes sicherlich von eminenter Bedeutung. Seit Anfang
dieses Jahres wird der vorliegende Gesetzentwurf diskutiert, und es konnte auch, so wie wir das aus
der Berichterstattung schon gehört haben, in vielen Punkten zwischen den beiden Fraktionen Übereinstimmung gefunden werden: etwa über die Neufassung der Begriffsbestimmungen oder die
Typisierung und Gliederung der Krankenanstalten, über die Erleichterung des Arzneimittelbezuges,
die Honorare der Ärzte, die Ausbildung der Ärzte, die Weiterbildung und Fortbildung in Krankenanstalten, auch die Weiter- und Fortbildung des Personals und so weiter - alles im Ausführungsgesetz
sicherlich wesentliche Regelungen, die der modernen Entwicklung, den sozialpolitischen Zielsetzungen und den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen waren. In einigen Punkten jedoch
konnte man sich nicht einigen bzw. sind die Vorschläge der ÖVP-Fraktion für uns unannehmbar und
unsozial. Das beginnt, meine Damen und Herren, mit der Ausschaltung der Pflegegruppen etwa, die
nach der Entwurferstellung gerade in dieser Hinsicht eine moderne Entwicklung auf dem Krankenhaussektor genommen hätten. Das findet seine Fortsetzung in den §§ 57 und 58, die Schiedskommission und die Pflegegebührenersätze betreffend. Letzteres ist sicherlich in den vergangenen
Jahren ein ständiges Thema vieler Experten und Politiker gewesen, wie überhaupt das Problem der
Finanzierung der Spitäler in den letzten Wochen und Tagen in das Zentrum, möchte ich sagen, des
politischen Tagesgespräches gerückt ist. Mit außergewöhnlicher Intensität werden öffentliche
Diskussionen über Mängel und deren Ursachen des Krankenanstaltenwesens geführt.
Ich habe schon in der vorjährigen Budgetdebatte Gelegenheit gehabt, mich ausführlich mit diesen
Dingen auseinanderzusetzen, und es treffen die Feststellungen, die ich damals gemacht habe, auch
heute noch zu. Die ÖVP-Fraktion war schon bei der Budgetdebatte anderer Meinung. Der Kollege
Buchinger hat dazu Stellung genommen, und er war der Ansicht, daß die Gebietskrankenkasse oder
die Sozialversicherungsträger schlechthin höhere Leistungen zu erbringen hätten. Er hat dann auch
eine Linie zum Bund hin gefunden, aber er hat das Land nicht genannt, er hat es also ausgeklammert.
Nun haben wir die Rechnung präsentiert bekommen.
Im ÖVP-Antrag ist festzustellen, daß nunmehr im § 58 die Limitierung mit 80% festgelegt wird. Die
Pflegegebührenersätze sind also mit mindestens 80% der Pflegegebühren festzusetzen. (Abg.
Anzenberger: Wer sagt das?) Das heißt aber, meine Damen und Herren, mit anderen Worten, daß
eine solche Umschichtung der Last der Spitalserhaltung auf die Krankenkasse eine Erhöhung der
Beitragsverpflichtung nach sich ziehen müßte, die ungebremst den einzelnen Dienstnehmer treffen
wird. Zunächst richtet sich also diese Forderung nach kostendeckenden Pflegegebührenersätzen an
die Sozialversicherung, und wenn diese nicht zahlen kann, das ist die Folgerung, dann muß sie eben
ihre Versicherten zur Kasse bitten. Reicht das auch noch nicht aus, dann haben wir ja noch immerhin
den Bund, und letzten Endes lassen wir das Land in Ruhe. Nach den Vorstellungen der ÖVP-Fraktion
sollen also in erster Linie die Arbeiter und die Angestellten mehr dazu beitragen, daß die Spitäler
finanziell sichergestellt werden. (Abg. Ing . Kellner: Wo steht das? – Ruf bei der ÖVP: Das haben Sie
gesagt!) Ich werde im Laufe meiner Ausführungen sicherlich dazu noch ganz präzise Stellung
nehmen. (Abg. Ing . Kellner: Darauf bin ich gespannt!)
Sie setzen, meine Damen und Herren, mit diesem Antrag, der die Dinge auf der sozialpolitischen
Front in Gang bringt, einen Akt, jedoch nur in einer Richtung. Und diese Richtung können wir nicht zur
Kenntnis nehmen. Das ist eben das große Unbehagen, mit dem wir uns nicht abfinden werden und
nicht abfinden können, weil es eben in erster Linie nur wiederum den Versicherten, den unselbständig
Erwerbstätigen, trifft. Es bedarf keiner besonderen Vorstellungsgabe, die Konsequenzen einer
solchen realen Einkommensverminderung zu erkennen, die Gegenrechnung kommt bei den nächsten
Lohnverhandlungen. Im Effekt wird eine solche Umschichtung nichts anderes sein als ein zusätzlicher
Impuls der Lohn- und Preisspirale.
So, glaube ich, meine Damen und Herren, kann man ein Problem nicht lösen – immer mit der Überschrift ,,Gesundheit hat Vorrang" betitelt. Es müßte da doch andere Lösungsmöglichkeiten geben, und
meine Fraktion hat auch solche parat. Auch heute und bei dieser Gelegenheit sollten wir also über
Gründe sprechen, die das Spitalsproblem so akut haben werden lassen. In der Antwort kommen wir
sogleich wiederum auf das Finanzierungsproblem zurück und auf die Tatsache, daß die Kostensteigerungen in den Krankenanstalten im letzten Jahr enorm hoch waren. Allein von 1973 auf 1975
erhöhte sich der Betriebsaufwand aller Krankenanstalten in Österreich von etwa 10 Milliarden Schilling
auf 15 Milliarden Schilling, das ist eine Erhöhung in zwei Jahren um 50 %.
Es drängt sich daher neuerlich die Frage auf, ob die Verteuerung des Spitalsbetriebes in diesem
Ausmaß tatsächlich gerechtfertigt ist. Es wäre zu prüfen - das wird auch von den Experten überall in
den Diskussionen vorgeschlagen und es klingt immer wieder an -, ob die Kosten des Spitalsbetriebes
unter Ausnützung aller organisatorischen und ökonomischen Möglichkeiten niedriger sein könnten,
ohne daß die Qualität - und wir legen einen besonderen Wert darauf, daß man das festhält - der
Betreuung und der Behandlung der Patienten herabgesetzt wird. Man müßte also untersuchen. In
dieser Hinsicht kommt uns der Rechnungshof mit seinen Feststellungen in einigen Punkten sehr entgegen. Interessant ist der Rechnungshofbericht vor allem auch deshalb, weil es ja kaum jemanden
gibt, der Einblick in die Verhältnisse des Spitalsbetriebes hat. Folgende Beispiele, ganz kurz aufgezählt:
Der Rechnungshof hat festgestellt – der Bericht wurde auch dem zuständigen Landtag zugewiesen -,
daß eine Landesapotheke, die die Landeskrankenanstalt mit Heilmitteln beliefert, nur etwa die Hälfte
ihres Jahresumsatzes direkt bei den Erzeugern zu Fabrikspreisen einkaufte, obwohl 90% des
Bedarfes zu Fabriksabgabepreisen hätte bezogen werden können. Statt 10% wurden somit 50% nicht
zum Fabrikspreis, sondern bei den Großhändlern zum Apothekeneinstandspreis bezogen. Hätte man
alle Möglichkeiten des günstigen Einkaufs zum Fabriksabgabepreis genützt, hätte diese Landesapotheke den Krankenanstalten im betreffenden Jahr um etwa 1% Millionen Schilling billigere Medikamente liefern können.
Der Rechnungshof hat weiters festgestellt, daß zum Beispiel ein Landeskrankenhaus über Weisung
des Amtes der Landesregierung das Kleingebäck beim örtlichen Bäckermeister kaufen mußte, der pro
Semmel 56 Groschen in Rechnung stellte, das vorliegende Offert eines Großerzeugers einen
Semmelpreis von 39 Groschen mußte unberücksichtigt bleiben. Das auf diese Weise freiwillig
gezahlte Preisplus belief sich damals auf rund 184.000 Schilling.
Es wurde auch festgestellt, daß eine Krankenanstalt für die Reinigung ihre Anstaltswäsche, hätte sie
diese einer Wäscherei, einer öffentlichen Reinigungsanstalt übergeben, 300.000 Schilling hätte einsparen können. Der Rechnungshof stellt weiters fest, daß in einer Landeskrankenanstalt jenen Ärzten,
denen das Recht einer Privatordination im Krankenhaus eingeräumt wurde, nur ein Teil der daraus
entstehenden Sach- und Personalkosten zur Bezahlung vorgeschrieben wurde. Und ein besonders
krasses Beispiel eines großzügigen Einnahmenverzichtes stellt die Verteilung eines Teiles der Einnahmen aus dem Ambulanzbetrieb dar. Der Rechnungshof hat festgestellt, daß 60% der von den
Sozialversicherungsträgern geleisteten Entgelte für ambulante Behandlungen nicht dem Rechtsträger,
sondern den Spitalsärzten zufließen, ohne Rücksicht darauf, ob auch alle ertragsbeteiligten Ärzte an
der Behandlung der ambulanten Patienten mitgewirkt haben. Der Zweifel an der Mitwirkung der
Behandlung liegt insbesondere hinsichtlich der Primarärzte auf der Hand, weil alle wissen, daß sich
die Primarärzte in den seltensten Fällen in die ambulante Behandlung der Patienten einschalten.
Meine Damen und Herren! Aus diesem wenigen Aufgezeigten ist ein wirtschaftliches Fehlverhalten mit
finanziellen Auswirkungen klar erkennbar. Ich bin mir aber ebenso klar darüber, daß man die aufgezeigten Beispiele sicherlich nicht verallgemeinern kann. Eines steht jedoch fest: daß zumindest ein
Teil des Betriebsabganges in den Verwaltungen der Krankenanstalten selbst seine Ursache hat.
Nun wieder zurück zum ÖVP-Antrag. Im 5 58 heißt es also, daß bei einem vertragslosen Zustand die
Landesregierung die Pflegegebührenersätze festzusetzen hat, und sie hat diese mit 80% limitiert. Das
hört sich ganz einfach an und scheint vom Standpunkt jener, die sich in dieser Sache wenig
Gedanken machen, schon der Schlüssel zum Erfolg zu sein.
Meine Damen und Herren! Dieser Gedanke muß scheitern. Er scheitert an der Tatsache der Finanzierungsmethode der Krankenversicherten. Der Gedanke trägt aber auch nicht mehr dem heute
existenten gesellschaftspolitischen Bewußtsein Rechnung. Wenn heute noch jemand glaubt, daß eine
im Rahmen öffentlicher Einrichtungen in Anspruch genommene Dienstleistung von so großer Bedeutung, wie es das Krankenhaus oder die Krankenhauspflege ist, von jenen finanziert werden soll, die
sie in Anspruch nehmen, oder von einer hinter ihr stehenden Versicherung, der irrt. (Abg. Ing. Kellner:
Ist unsere Meinung!) Die Sozialstruktur ist bei uns viel zu ausgewogen, als daß sich das Rad in einem
Teilbereich des sozialen Gefüges einfach zurückdrehen ließe. Gesundheit, so glauben wir, und Sie
sagen, Sie treten uns bei, ist nicht Privatsache und kann auch nicht mehr zur Privatsache gemacht
werden. In anderen Bereichen finden wir ja diese Gedanken bestätigt, etwa bei der Errichtung einer
Schule. Oder die Bezahlung der Lehrer erfolgt nicht von den Eltern der Schüler oder von den Studenten, sondern die staatliche Gemeinschaft hat dafür aufzukommen. Gott sei Dank gewährleistet unsere
Rechtsordnung ja nicht nur, daß der Staatsbürger auf Kosten des Staates lesen, schreiben und rechnen lernt oder lernen kann. Der Staat gewährleistet darüber hinaus auch die Mittel zur Hochschulbildung, ohne den geringsten finanziellen Beitrag der Studierenden oder der Eltern zu verlangen. Das
wird durch Stipendien noch forciert und gefördert. Finanzielle Schwächen werden also ausgeglichen
und wirtschaftliche Schwierigkeiten abgebaut.
Warum soll das in anderen Bereichen und gerade im Bereich der Gesundheitspolitik anders sein?
Jeder Spitalspatient hat ja mit seiner Steuerleistung gleichfalls - die Sozialversicherungsbeiträge hier
ausgeklammert - die Ausbildung der in den Krankenanstalten tätigen Ärzte mitfinanziert. Wenn er
dann deren Hilfe braucht, soll er noch gesondert dafür bezahlen. (Zwischenruf rechts.) Ja, wenn wir
uns ohnehin einig sind, warum machen wir dann diese Umstände, warum? (Abg. Ing. Kellner: Warum
machen Sie welche? Ich verstehe nicht, warum Sie welche machen!) Schauen Sie, Sie brauchen nicht
ablenken, Sie wissen ganz genau, um welche Umstände es sich hier handelt. Im Gesetz limitieren Sie
80%, das heißt also mit anderen Worten, daß die Sozialversicherungsträger zur Kasse gebeten werden. Um das geht es ja. Ich sehe schon ein, daß Sie das negieren wollen, daß Sie das nicht einsehen
wollen. Sie kommen aber um diesen Umstand nicht herum. Sie werden also heute noch Farbe bekennen müssen, meine Herren!
Es ist auf alle Fälle hier, wenn wir alle öffentlichen Steuern heranziehen eine Ungleichheit zu erkennen die ganz einfach nicht aufrechterhalten werden kann. Im Bereich des Einkommensteuerrechtes
gilt der Grundsatz, daß jeder nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit seine Steuern zu entrichten
hat. Eine ausgeprägte Progression bei der Steuerbemessung sorgt auch für die Realisierung dieses
Grundsatzes.
In der Sozialversicherung gilt dieser Grundsatz nicht. Innerhalb der Höchstbeitragsgrundlage trifft
jeden Beitragspflichtigen die relativ gleiche Last. Dafür sorgt eben der starre Beitragssatz. Versicherte
mit einem Arbeitseinkommen, das über die Höchstbeitragsgrundlage hinausgeht, haben bei steigendem Einkommen eine relativ sinkende Beitragspflicht. Wollte man daher die Krankenanstalten so weit
aus Mitteln der Krankenversicherung finanzieren, wie Sie das vorhaben, daß kein Betriebsabgang
entsteht, dann müßte man diese linearen Beitragssätze entsprechend anheben. Eine unsozialere und
die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Staatsbürgers mehr mißachtendere Methode ist nicht vorstellbar. Der Unterschied zwischen Finanzierung aus Steuermitteln und Finanzierung aus lohnbezogenen
Beiträgen zur Krankenversicherung ist zu beachten und wird weiterhin ausschlaggebend sein müssen.
Meine Damen und Herren! Durch diese Beispiele möchte ich nur beweisen, daß der Vorschlag der
ÖVP untauglich ist und daß die Dienstnehmer durch Ihren Vorschlag echt benachteiligt würden. Wenn
es also, so wie ich jetzt aufgezeigt habe, nur Unbegünstigte gibt, dann stellt sich die Frage, wer dann
die Begünstigten sind. Da möchte ich also jetzt gleich ein Wort, der Herr Landesfinanzreferent lächelt
schon, an ihn richten.
Durch die Übernahme der tatsächlichen Spitalskosten durch die Krankenkassen würde vor allem der
Finanzreferent des Landes Nutznießer sein und in die Lage versetzt werden, diese Gelder anderweitig
zu verwenden. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Sicher!) Es ist sicher nicht so, das möchte ich
ganz ehrlich zugeben, daß die Landesbudgetgelder für unwichtige Zwecke vorgesehen sind. Das soll
nicht heißen, daß wir in allem mit dem einverstanden sind, was uns da so der Herr Landesfinanzreferent budgetmäßig vorlegt. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Das will ich ja gar nicht!) Das
wäre ja im Widerspruch zu dem, was ich selber hier vor kurzem erst im Zusammenhang mit dem
Rechnungsabschluß und mit dem Nachtragsbudget gesagt habe. (Abg. Fidesser: Warum streichen
Sie nicht heraus, daß sich der Finanzminister zurückgezogen hat?) Darauf kommen wir noch.
Kompetenzmäßig ist das ganz klar ausgedrückt. Der Finanzminister zahlt das, was ihm zukommt.
(Große Unruhe im Hause. - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.)
Es muß, meine Damen und Herren, hier ganz eindeutig klargestellt werden, daß keiner Position im
Budget so große Bedeutung zukommt wie etwa der des Krankenhauses, nicht wahr? (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Sind wir uns ohnedies einig!) Was ich in diesem Zusammenhang bei der
Budgetdebatte im Jahre 1975 festgestellt habe, trifft auch heute noch zu und ist auch im Stenographischen Protokoll nachzulesen. Das habe ich schon gesagt.
Ganz eindeutig möchte ich nochmals feststellen, daß im Sinne der verfassungsrechtlichen Aufgabenteilung die primäre Vorsorgepflicht bei den Ländern liegt. In einer Statistik über die Entwicklung des
Aufwandes der Krankenversicherungsträger für Anstaltspflege seit dem Jahre 1966 ist zu ersehen,
wieviel die einzelnen Bundesländer in Prozenten zu den ordentlichen Einnahmen für das Gesundheitswesen aufgewendet haben. Es wurde dazu ein allgemeiner Beobachtungszeitraum von neun
Jahren herangezogen. Daraus geht hervor, daß das Bundesland Niederösterreich während des
gesamten neunjährigen Beobachtungszeitraumes für das Gesundheitswesen relativ die geringsten
Aufwendungen getätigt hat. Die Aufwendungen liegen unter der Hälfte der nächstfolgenden Bundesländer Oberösterreich und Burgenland. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Herr Kollege! Haben
Sie sich das angeschaut? Wir haben 22 Gemeindekrankenhäuser!) Darauf komme ich auch gleich zu
sprechen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Ich kann ja nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!)
Die höchsten Prozentsätze bzw. die höchsten Aufwendungen für das Gesundheitswesen erbringt,
wenn man von Wien absieht, das Land Steiermark. Das wird Ihnen ja sicher auch nicht unbekannt
sein. (Zwischenruf von Landeshauptmannstellvertreter Ludwig.) Was haben Sie jetzt gesagt (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Lauter Landeskrankenhäuser!) Auch, eben. In Prozenten zu den
Einnahmen gesehen, liegen die Steirer zum Beispiel von 1971 bis zum Jahre 1973 beim Fünffachen
des Bundeslandes Niederösterreich. Wien weist seit vielen Jahren das Dreifache in dieser Hinsicht
aus. Und die Ursache, da gebe ich Ihnen recht, dieser Unterschiede ist eben in der Struktur der
Spitalerhalter zu sehen. In Niederösterreich haben wir es zum überwiegenden Teil mit Gemeindespitälern zu tun, während in der Steiermark fast ausschließlich das Land selbst der Rechtsträger der
Krankenhäuser ist, und in Oberösterreich ist es wieder so, daß die öffentlichen Spitäler einen relativ
hohen Anteil am Spitalswesen haben. Hier zeigt sich also, daß von jenen Ländern die meisten Mittel
für das Gesundheitswesen aufzubringen sind, in denen das Land selbst zum überwiegenden Teil der
Rechtsträger für die Spitäler ist.
Besonders interessant aber ist die Entwicklung der Beitragseinnahmen bei den Krankenversicherungsträgern in den letzten Jahren. Im Vergleich dazu aber die Einnahmen der Länder. In
Schillingen ausgedrückt, Herr Landeshauptmannstellvertreter und Landesfinanzreferent, sieht das so
aus, daß im Jahre 1973 allein die Krankenversicherungsträger um über 633 Millionen Schilling mehr
für die Spitalserhaltung aufgewendet haben, als es der Steigerung ihrer Beitragseinnahmen entsprochen hat, während die Zahlungen der Länder - ich spreche also jetzt vom Land Niederösterreich -, in
Relation zu den Einnahmen gesehen, um über 1,4 Milliarden Schilling zurückgeblieben sind. Diese
Divergenz - und das halte ich für sehr wesentlich - ist für Niederösterreich in noch vielstärkerem Ausmaß feststellbar. Wir entnehmen wiederum einer Statistik, die solche Vergleiche in Meßzahlen ausdrückt, folgende Feststellung :
Im Jahre 1973 haben die Einnahmen des Landes die Meßzahl 313,7, der Aufwand für das Gesundheitswesen jedoch nur die Meßzahl 214,l erreicht. Bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse ergab sich bei den Beitragseinnahmen eine Meßzahl von 219,4, jene der Aufwendungen für
Anstaltspflege betrug aber 260,O. In Schillingen wiederum umgerechnet, heißt es, daß der Aufwand
der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse für Anstaltspflege für das Jahr 1973 um fast 60
Millionen Schilling höher lag, als es der Entwicklung auf dem Beitragssektor entsprochen hätte, wogegen das Land Niederösterreich mit seinem Beitrag für das Gesundheitswesen um fast 140 Millionen
Schilling hinter der Einnahmenentwicklung geblieben ist. Das ist also die Divergenz, und das sind
Tatsachen.
Ich habe mich auch beim letzten Budget in dieser Hinsicht bemüht klarzumachen, daß das Land hier
eindeutig zurückbleibt. Um es zu sagen, der Herr Finanzreferent ist bei seinem Beitragssatz geblieben, während der Bund reagierte, indem er in den Jahren 1973 und 1974 seinen Beitrag auf 24 und
28% angezogen hat - (Zwischenruf von Abg. Fidesser.) Ich komme gleich dazu -, wodurch aus diesem
Titel das Land zusätzlich 92 Millionen Schilling profitierte, ohne daß es die Leistungen auf dem Sektor
des Gesundheitswesens erhöht hätte. So muß man die Zusammenhänge sehen, meine Damen und
Herren, und dazu noch, wie ich schon erwähnt habe, bei dem an sich sehr bescheidenen Ausmaß im
Verhältnis zu den anderen Bundesländern. Da das Land Niederösterreich ungefähr bei der Hälfte der
Leistung der nächstniedrigen Bundesländer Burgenland und Oberösterreich liegt, kann die Minderleistung des Landes im Jahre 1973 mit mindestens 300 Millionen Schilling gegenüber dem Mittelwert
aller Bundesländer sogar mit fast 630 Millionen Schilling angenommen werden. Das sind die Tatsachen, von denen wir auszugehen haben.
Es ist zu einfach festzustellen, die Krankenkassen - damit sind ja in erster Linie die Arbeitnehmer, die
selbständigen Arbeitgeber, die Versicherten gemeint – sollten kostendeckende Pflegegebühren
zahlen. Eine Auseinandersetzung, meine Damen und Herren, mit den sozialen Konsequenzen dieser
Auffassung haben alle bisher peinlichst vermieden. Aber es muß einmal auch hier und in diesem
Zusammenhang gesagt werden. Ich gebe schon gerne zu, daß die finanzielle Lösung - das wissen
wir, diesbezüglich sind wir in Übereinstimmung - keinen weiteren Aufschub duldet, aber man wird sich
bei dieser Diskussion auch darüber klar sein müssen, daß die öffentliche Hand ihren Anteil zu übernehmen hat. Das gilt sowohl für den Bund, (ÖVP: Bravo!) aber auch - dazu haben Sie ja noch nie
Stellung genommen - für das Land!
Meine Damen und Herren! Auch über einen weiteren Anteil der Krankenversicherungsträger wird man
sicherlich reden müssen. Es darf aber nicht umgekehrt sein, wie Sie das hier vorschlagen. Die grundsätzliche Frage, wie weit für die Spitalskosten die Sozialversicherung und wie weit die Allgemeinheit
für die Steuern aufzukommen hat, kann nicht durch einen Gewaltakt gelöst werden, sondern muß
sachlich und vernünftig ausdiskutiert werden.
Im Jahre 1960 hatten alle Krankenversicherungsträger zusammen 18 % ihrer Beitragseinnahmen für
Anstaltspflege aufwenden müssen, und bis zum Jahre 1975 stieg dieser Anteil fast um 25 % der
Beitragseinnahmen. Der Aufwand der Krankenkassen für die Anstalten erhöhte sich aber, meine
Damen und Herren, und das ist vielleicht auch in diesem Zusammenhang sehr interessant, nicht nur
wegen steigender Pflegegebührenersätze. Eine zusätzliche Komponente für die Aufwandssteigerung
liegt auch in der Entwicklung der gesetzlichen Bestimmungen über die Inanspruchnahme der
Anstaltspflege. Schon die 18. Novelle zum ASVG brachte eine wesentliche Leistungsverbesserung.
Bis dahin haben also Befristungen für den Leistungsanspruch auf Anstaltspflege gegolten, im Vergleich zur Dauer des Krankengeldanspruches. Diese Bestimmung wurde mit der 18. Novelle
aufgehoben. Seither haben die Krankenkassen Anstaltspflege ohne jede zeitliche Befristung zu
gewähren. Das ist nur eines von vielen Beispielen. Diese könnten also noch fortgesetzt werden. Jetzt
eine auch sehr wesentliche Frage: die Frage der Schiedskommission. Dem § 57 im ÖVP-Antrag
können wir ebenfalls nicht beitreten. Schiedsrichter ist wiederum der Herr Landeshauptmann. Zwei
weitere Beisitzer, von denen je einer von den Streitteilen zu berufen ist, sind zum Vorsitzenden noch
dazu zu bestellen. Interessant wieder, daß also gegen die Entscheidung der Schiedskommission eine
Berufung an die Landesregierung eingebracht werden kann; also der Herr Landeshauptmann ist
wiederum Schiedsrichter. Ein Kuriosum, wie das sicherlich nur in Niederösterreich möglich ist. Durch
eine Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz, in der bestimmt wird, daß die Zusammensetzung von
Landesbehörden ausschließlich Sache der Landesgesetzgeber sei, beschließt die ÖVP mit ihrem
Antrag eben diese Möglichkeit.
Im Grundsatzgesetz sieht die Zusammensetzung der Schiedskommission ja wesentlich anders aus.
Sie besteht aus einem Richter als Vorsitzenden und aus je einem Vertreter des Bundesministeriums
für soziale Verwaltung und des Bundesministeriums für Finanzen, des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, des in Betracht kommenden Landes und des in Betracht kommenden Rechtsträgers der Krankenanstalt selbst. Diese Schiedskommission, meine Damen und Herren, hat ja im
wesentlichen keine Rechtsfragen zu entscheiden, sondern es geht nur um die Frage, in welchem
Ausmaß die Krankenkassen zur Finanzierung der Krankenanstalten heranzuziehen sind.
Wohin der Weg führt, ist klar erkennbar. Langfristig wird im Wege dieser Zwangsschlichtung die
Absicht des Landes, die Last der Erhaltung der Krankenanstalten auf die Krankenkassen abzuwälzen,
schrittweise realisiert, und in Ihrem Antrag, im § 58, finden wir mit der Limitierung von 80% der Pflegegebührenersätze diese Sache bestätigt. Daß wir das ablehnen müssen, habe ich sicherlich deutlich
genug zum Ausdruck gebracht.
Meine Damen und Herren! Ein Wort zum Selbstbehalt, weil auch darüber in der letzten Zeit und insbesondere in den letzten Tagen sehr viel gesprochen wird. Alle Vorschläge, die diesbezüglich gemacht
wurden, gehen ins Leere. Die unmöglichsten Vorschläge werden gemacht, und es ist ganz gleich, um
wen es geht, ich nehme da keinen aus. Der eine glaubt, ein halbes Prozent des Bruttobezuges wäre
heranzuziehen, der andere spricht von 40 Schilling und ein nächster sogar von 75 Schilling. Ich nenne
keine Namen. Auf diese Weise sollte eine Verminderung des jährlichen Defizits der Krankenanstalten
um ca. 1 bis 1,3 Milliarden Schilling erreicht werden. Ein Beispiel wieder dazu, wohin das führen wird:
In Österreich - das wissen wir alle – gibt es noch nahezu 300.000 Ausgleichszulagenempfänger,
welche bei einem monatlich zur Verfügung stehenden Betrag von 2.625 Schilling niemals in der Lage
sein werden, für einen vierwöchigen Krankenhausaufenthalt, wenn ich den letzten Vorschlag – sicherlich den ärgsten - mit 75 Schilling Selbstbehalt täglich hernehme, eine Zuzahlung von 2.100 Schilling
zu leisten. Man muß sich vorstellen, in welche Zwangslage diese Menschen kommen, und man kann
die Berechnungen anstellen, wie man will: es werden immer die sozial Schwächeren zur Kasse
gebeten. Es könnte also vorkommen, daß ein notwendiger Krankenhausaufenthalt trotz schwerster
gesundheitlicher Bedenken rechtzeitig abgebrochen oder überhaupt nicht angetreten wird und
dadurch möglicherweise jedwede Chance auf endgültige Genesung vereitelt wird. Daß wir so einen
Vorschlag ablehnen müssen, müßte jedem klar sein.
Obwohl das Bild, das wir hier über diese Krankenanstalten aufzeigen, nicht erfreulich ist, sollten wir
nicht behaupten - und darauf, daß dies heute zum Ausdruck kommt, lege ich auch Wert -, daß diese
Anstalten vor dem Ruin stehen, wie das immer wieder gerne von den Massenmedien zum Ausdruck
gebracht wird, weil diese Behauptung ganz einfach falsch ist. Sie genießen ja keine Rechtspersönlichkeit, sie sind auch keine selbständigen Wirtschaftskörper; hinter jeder Krankenanstalt steht ja ihr
Rechtsträger. Natürlich steht außer Streit - das wiederhole ich -, daß die Gebietskörperschaften zur
Erfüllung ihrer Aufgaben mehr Geld brauchen, als ihnen zur Verfügung steht. Das ist unbestritten. Und
es wird auch von niemandem bestritten werden, daß die Strukturen und die Finanzierung der Spitäler
einer grundlegenden Reform bedürfen. Jedoch eine Finanzierung der Krankenhäuser ausschließlich
durch die Sozialversicherungsträger und damit durch die Versicherten müssen wir ablehnen.
Es ist uns, meine Damen und Herren, daher auch unverständlich - ich sage das noch einmal -, daß
Sie, die ÖVP, eine solche Bestimmung vorschlagen und heute auch im Alleingang durchziehen
wollen. Sie waren im Ausschuß nicht mehr zur Diskussion bereit oder diskussionsfreudig und haben
uns schon vor die Alternative gestellt: Strengen Sie sich nicht an, sagen Sie zu jenen Punkten ja, wo
Sie glauben, ja sagen zu können, und so Sie nein sagen müssen, dort sagen Sie also ganz einfach
nein. Von einem sozialen Empfinden gegenüber dem unselbständig Erwerbstätigen kann da überhaupt keine Rede sein. (Abg. Romeder: So eine polemische Phrase!)
Ihre Haltung, meine Damen und Herren, werden die Menschen in diesem Land sicherlich nicht verstehen. Sie werden also heute mit Ihrer Mehrheit kostenproportionale Deckungsraten der Sozialversicherungsträger fixieren. Ihr Weg, den Sie damit einschlagen, ist erstens verfassungsrechtlich
bedenklich und zweitens in jeder Hinsicht unsozial. Wenn diese hohen Pflegegebührenersätze zu
entrichten sind, bedeutet dies eine hohe zusätzliche finanzielle Belastung für die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, allein für die Jahre 1975 und 1976 im Ausmaß von 310 Millionen
Schilling. Der tägliche Pflegegebührenersatz beträgt 1975 304 Schilling, und nach den neuen
Bestimmungen würde er 405 Schilling betragen. Für 1976 ist bereits ein solcher in der Höhe von 368
Schilling vereinbart, durch Ihren Vorschlag sollte der 491 Schilling betragen. Der derzeit höchste Satz
in einer Wiener Klinik beträgt zum Vergleich 418 Schilling. Wenn also die Pflegegebührenersätze zu
entrichten sind, muß es, sollte es nicht zum finanziellen Bankrott des Institutes kommen, zu drastischen Leistungseinschränkungen sowohl bei den Vertragspartnern als auch bei den Versicherten
kommen, wofür Sie dann, meine Damen und Herren, die Verantwortung tragen, oder es müßte zu
einer wesentlichen Erhöhung der Beiträge kommen, für die natürlich der Bund kompetenzmäßig
zuständig ist.
Nun bin ich aber neugierig, ob einige Ihrer Herren zu dem stehen, wozu sie auch heute eigentlich
verpflichtet wären. In der Landesexekutive des Niederösterreichischen Gewerkschaftsbundes wurde in
diesem Zusammenhang eine Resolution einstimmig beschlossen. Diese Resolution richtet sich gegen
den ÖVP-Antrag und lehnt die Limitierung mit 80% ab. Der Kollege Auer als Vizepräsident der Kammer hat da mitgestimmt. Ich bin neugierig - ich sehe ihn jetzt nicht, (Heiterkeit.) - wie sich der Herr
Diplomkaufmann Höfinger, von dem rede ich – wo ist er,- (Heiterkeit) – (Zwischenruf bei der
ÖVP: Er ist ohnehin hier!) ist in Ordnung, ist in Ordnung - als Vorsitzender des Überwachungsausschusses - es ist jetzt meine Sache, ob ich das jetzt aufzeige oder nicht - und seine Kollegen hier
verhalten werden. (Abg. Rozum: Mich siehst Du hoffentlich!) Wenn Sie wollen, Kollege Rozum, geht
es auch Sie an, Sie sind ja irgendwie Mitredner. Da müssen Sie jetzt, meine Herren, Farbe bekennen
und beweisen, ob Sie zu dem stehen - jedenfalls gilt das für den Kollegen Auer, der da mitgestimmt
hat -, was Sie schon einmal bejaht haben.
Und sollten Sie, meine Herren Kollegen, (Abg. Romeder: Das ist Schulmeisterei und Erpressung! Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen. - Rufe bei der ÖVP: Hört! Hört!) nicht zu Ihrem
Wort stehen. Nein, nicht Hört! Hört! Hat er mitgestimmt, oder hat er nicht mitgestimmt gegen den
Antrag der ÖVP? Das wird man hier wohl aufzeigen können. Nicht mehr geschieht. Gar nicht mehr
geschieht. (LandeshauptmannstellVertreter Ludwig: Herr Kollege, es gibt eine Gruppenmeinung!)
Schauen Sie, es geht in dem Antrag darum, daß gegen die Limitierung protestiert wird, daß gegen
den Antrag der ÖVP vorgegangen wird. Darum geht es und um nichts anderes. Das ist der Tenor des
Antrages. (Zwischenrufe bei der ÖVP: Vorlesen!) Daß Ihnen dieser Antrag nicht genehm ist und die
Situation nicht genehm ist, kann ich verstehen, aber Sie können diese Tatsache nicht aus der Welt
schaffen. (Abg. Anzenberger: Den Wortlaut wollen alle hören!) Sollten Sie, meine Damen und Herren,
und die Kollegen nicht zu Ihrem Wort stehen, müssen Sie sich einen Vorwurf machen lassen, den wir
natürlich in aller Öffentlichkeit tun werden. Und was wir Ihnen da vorwerfen, wird sicherlich nicht sein,
daß Sie in vielen Dingen anderer Meinung sind. Was wir Ihnen vorwerfen, ist die Unaufrichtigkeit und
die Divergenz zwischen ihren Reden und zwischen Ihrem Handeln! (Beifall bei der SPÖ.)
Auch der Herr Präsident Weiss hat vor Jahren von dieser Stelle aus - das ist in den Stenographischen
Protokollen nachzulesen - gewarnt vor einem Schritt, den Sie heute begehen. Sie können sich also
erkundigen, was er gemeint hat. Meine Damen und Herren und liebe Kollegen! Das ist nunmehr für
Sie eine Möglichkeit, hier bei der Abstimmung Ihr Wort zu halten, im richtigen Augenblick zu beweisen, wie man sich einem Wohlfahrtsstaat verpflichtet fühlt und was man vom System echter sozialer
Sicherheit hält.
Es trennt uns - das möchte ich abschließend natürlich feststellen - in diesen Fragen von der ÖVP noch
vieles. Sie sind, meine Damen und Herren von der rechten Seite dieses Hauses, eben noch Vorstellungen verhaftet, die unserer Zeit nicht mehr ganz gemäß sind und keinesfalls mehr entsprechen.
(Abg.Buchleitner: So wie die Schweden!) Weil wir in einigen Punkten keine Übereinstimmung finden,
weil wir also Ihrem Antrag nicht beitreten können, erlaube ich mir, folgenden Antrag einzubringen
(liest):
,,Antrag der Abgeordneten Pospischil, Tribaumer, Dr. Brezovszky, Bernkopf, Krenn, Binder, Blabolil,
Bieder, Lechner, Jirkovsky und Prigl gemäß § 52 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages von
Niederösterreich zum Antrag des Gesundheitsausschusses über die Vorlage der Landesregierung
betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Krankenanstaltengesetz 1974 geändert wird. Landtagszahl 242.
Die gefertigten Abgeordneten stellen den Antrag, der Herr Präsident möge über die Ziffern 27, 66 und
66a des Ausschußantrages die namentliche Abstimmung anordnen.'' (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Als nächster Redner gelangt der Abg. Ing. Kellner zum Wort.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die
Beschlußfassung und Beratung über das Krankenanstaltengesetz fällt in eine Zeit, in der im sachlichen, aber auch im emotionellen Bereich der Gesundheitsvorsorge in allen Bereichen des täglichen
Lebens, könnte man fast sagen - diskutiert wird. Im sachlichen Bereich gehe ich mit dem Kollegen
Pospischil durchaus denselben Weg, wenn er der Auffassung ist, daß in der Organisation und in der
grundsätzlichen Einstellung des einzelnen, aber auch unserer Gesellschaft zum Krankenanstaltenwesen manches geändert und verändert werden sollte. Die Haltung der Österreichischen Volkspartei
in dieser Frage ist auch nicht unbekannt. Der Gemeindevertreterverband der Österreichischen Volkspartei, aber auch der Klub der Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei haben im heurigen
Frühsommer in dieser Frage ihre Vorstellungen und ihre Anregungen bekanntgegeben.
Wir könnten uns durchaus vorstellen, daß vom Prinzip der Abgangsdeckung stärker abgegangen und
etwa das System des Zweckzuschusses mehr in den Vordergrund gerückt wird, um nur einige Bereiche anzuziehen. Der emotionelle Bereich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist erklärlich,
wenn wir wissen, daß sich jeder einzelne von uns dann, wenn er sich in Spitalspflege, in Anstaltspflege begeben muß, irgendwie wehrlos ausgeliefert fühlt und daher zur Krankheit auch noch das
Seelische dazukommt. Ich wollte eigentlich nicht, Kollege Popischil, den Zuständigkeitsbereich in
Niederösterreich anziehen, weil ich der Auffassung war, daß die öffentliche Meinung über die Frau
Gesundheitsminister und ihre Durchschlagskraft in der Öffentlichkeit stark genug in den Vordergrund
gerückt wurde. Wenn Sie aber hier, Kollege Pospischil, der Auffassung sind, daß in den niederösterreichischen Krankenanstalten verschiedene Unzukömmlichkeiten seitens des Rechnungshofes
angeprangert wurden, dann darf ich Sie bitten, sich mit dem zuständigen Referenten für das Krankenanstaltenwesen in Niederösterreich, das ist die Frau Landesrat Körner, auseinanderzusetzen. Ich
selbst habe dazu keine weitere Aussage zu tätigen.
Kollege Pospischil, Sie haben uns hier das geliefert, was die ganze Zeit eigentlich unser Eindruck war,
daß Sie aus politischen Gründen versuchen wollen, die Frage der Abgangsdeckung in unseren
Krankenhäusern auf eine ganz einfache Formel zu bringen: Die Österreichische Volkspartei will
wieder einmal, nach Ihrer Aussage, den sozial Schwachen belasten. Sie haben mit Halbwahrheiten
operiert, Kollege Krenn, es wurde hier von Anfang bis zum Ende unkorrekt und in Halbwahrheiten
gesprochen. (Beifall bei der ÖVP.)
Einige Beispiele: Es wird hier und wurde hier festgehalten, daß die Abgangsdeckung zur Gänze die
Sozialversicherungsträger be- zahlen sollten. Bitte, wo steht das? Bisher ist eine Rabattgewährung bis
zu 40% im Gesetz festgelegt und in unserem Vorschlag ist eine Rabattgewährung bis 20% enthalten.
Wo ist also in unserem Gesetz eine vollkommene Abgangsdeckung durch den Sozialversicherungsträger? Erste Unkorrektheit. Die zweite Unkorrektheit ist, daß Sie, wenn Sie von der Sozialversicherung gesprochen haben, eigentlich immer nur die Sozialversicherung der Unselbständigen
angezogen haben. Herr Kollege, er hat davon gesprochen, und es ist aber immer wieder durchgeklungen, daß man die sozial Schwachen, die Arbeiter und Angestellten, belasten will. (Landeshauptmannstellvertreter: Von der Masse!) Bitte, wo steht es, daß die Österreichische Volkspartei die
Erhöhung der Krankenkassenbeiträge verlangt? Im Gegenteil. Wir haben immer wieder erklärt,. . . . ,
(Zwischenrufe von der SPÖ.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Verständnis dafür, daß Sie der Auffassung sind,
daß man in diesem Österreich das Zweifachsystem spielen kann, weil dies dem Herrn Bundeskanzler
Kreisky bisher gelungen ist. Heute habe ich es in einer Karikatur glänzend dargestellt gesehen: Der
Bund ist für etwas zuständig. Der Staatsbürger kommt zum Herrn Bundeskanzler und will dort seine
Rechte kassieren, und dieser sagt: Auszahlungsschalter ist dort bei den neun Bundesländern. Das
passiert täglich in allen Fragen, wo der Bund auf Grund seiner Wirtschaftspolitik nicht mehr in der
Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Eine
alte Walze, Kellner! - Abg. Romeder: Tatsachen sind das!) Herr Landeshauptmannstellvertreter
Czettel! Es gibt noch eine dritte Unkorrektheit in der Aussage des Kollegen Pospischil, und Sie müssen das ja selbst mitempfunden haben, sonst hätten Sie ihm doch während seiner Rede einige Male
Beifall gezollt. Das haben Sie nicht getan. Man hat also den Eindruck gehabt, Sie waren mit seiner
Aussage nicht ganz einverstanden, (Beifall bei der ÖVP. - Unruhe.) denn die dritte Unkorrektheit,
meine sehr verehrten Damen und Herren war, daß der Herr Kollege Pospischil hier von Alternativen
spricht, die die sozialistische Fraktion in dieser Frage anbieten wird. Kollege Pospischil, vielleicht habe
ich sie überhört. Ich bin jetzt eine Minute ruhig und gebe Ihnen die Chance, die Alternativen, die Sie
hier genannt haben, noch einmal zu wiederholen. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie haben von Alternativen gesprochen und dabei die Frau Landesrat Körner angegriffen. Das können
Sie im Protokoll nachlesen. Soll das eine Alternative für das Krankenanstaltenkonzept der
Sozialistischen Partei in diesem Lande sein? Vielleicht, ich weiß es nicht! Ich hätte mir das jedenfalls
nicht zu sagen getraut.
Die vierte Unkorrektheit war, daß Sie hier von Verfassungswidrigkeit gesprochen haben. Ich darf Sie
bitten zu sagen, (Abg. Leichtfried: Verfassungsrechtlich bedenklich! – Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt
das Glockenzeichen.) wo das verfassungsrechtlich bedenklich ist, Kollege Leichtfried. Ich wäre neugierig, wo das bedenklich sein soll. (Abg. Romeder: Wollen Sie die Spitäler oder nicht?) Ja, meine
sehr verehrten Damen und Herren, das ist genauso einfach und so korrekt, wie die Ausführungen in
der heutigen Arbeiterzeitung. Diese schreibt genauso korrekt, wie es die Aussagen Pospischils waren,
von Erhöhung der Pflegegebühren. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, wo werden Pflegegebühren durch den Landtag von Niederösterreich erhöht? Das kann er gar nicht, weil das nur die
Landesregierung kann. Es heißt in der heutigen Arbeiterzeitung, der Herr Ing. Grandosek protestiert
schärfstens gegen die Absicht, die zu einer enormen Belastung der Krankenversicherungsträger und
zwangsweise auch zur Beitragserhöhung führen würde. Das ist korrekt. (Ab. Wedl: Zwangsweise
führen müßte!) Das ist korrekt, aber was steht denn vorher? Erhöhung - groß geschrieben - der
Pflegegebühren. Genauso unkorrekt wie in vielen anderen Bereichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Und das Letzte war, das wieder eine Halbwahrheit ist, daß
im Bundesgesetz die . . . .(Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Wollen Sie die Kassenbeiträge
erhöhen oder nicht? - Abg. Romeder: Wollen Sie Gemeindespitäler oder nicht?) Herr Landeshauptmannstellvertreter, warten Sie doch ein bisserl, ich habe ja erst angefangen zu reden, ich wäre auf
diese Frage schon eingegangen, seien Sie nicht so ungeduldig. Ich möchte jetzt nur einmal festhalten,
was der Kolle Pospischil meiner Auffassung nach nicht ganz korrekt hier festgehalten hat. (Abg.
Kosler: Aber geh, hör auf!) Ja, Herr Kollege Kosler, mit ,,geh hör auf" werden wir halt Fragen, die tief
in den Rechtsbereich hineingehen, nicht lösen können, zumindest nicht in diesem Hause.
Es wurde also hier gefragt, warum wir nicht die Gebietskommission in der Zusammensetzung übernommen hätten, wie es im Bundesgesetz steht. Ja, ich glaube - zumindest der Herr Dr. Brezovszky
wird es wissen -, wenn der Bund hier etwas gemacht hat oder etwas nicht gemacht hat, was er hätte
machen sollen, nämlich tätig werden, daß er zuerst die Bereiche im Verfassungsgesetz aufheben und
die Materie mit einem späteren Gesetz regeln würde, und daß wir in Niederösterreich als Mehrheitsfraktion nicht nur die mehreren sind, sondern auch über manche Dinge ein bisserl nachdenken und
uns über manche Dinge auch informieren und daraus die notwendigen Schlüsse ziehen.
Kollege Krenn! Anscheinend hat das Ihr Kollege nicht gemacht, sonst hätte er nicht hier - wider
seinem besseren Wissen, nehme ich an - gesagt, daß auch in diesem Bereich der Vorschlag, der die
Zusammensetzung der Schiedskommission regelt, rechtlich durchaus in Ordnung geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir uns die derzeitige finanzielle Verteilung und
Belastung der einzelnen Gebietskörperschaften anschauen, dann sind das, was in der Belastung als
Reihenfolge hier festgehalten wurde, erstens die Kassen, zweitens die Versicherten, drittens der
Bund, dann lange nichts, und dann kommt das Land. So hat es der Kollege Pospischil hier angeführt.
Die Gemeinden hat er nicht genannt, diese hat er vergessen, er hat überhaupt – wenn Ihnen das aufgefallen ist, Herr Gemeindereferent - in seiner ganzen Rede nicht ein einziges Mal von einem
Gemeindespital gesprochen, dabei haben wir in Niederösterreich 22 Gemeindespitäler - das möchte
ich festhalten -, vier Landeskrankenhäuser und ein Sonderspital. (Beifall bei der ÖVP.)
Nicht ein Wort ist über ein Gemeindespital gefallen. Sehen Sie, das sind doch Proportionen, die gar
nicht stimmen können. Man kann das, was man nicht aussagt, wegwischen, indem man versucht,
einzelne Kollegen einzuschüchtern. Der Kollege Auer wird Ihnen, den Text, Kollege Pospischil, der bei
dieser ÖGB- Exekutivsitzung beschlossen wurde und den Sie vielleicht nicht kennen - wir wollen gar
nicht abstreiten, daß er mitgestimmt hat -, genau vorlesen. Dann wird nämlich die Sache, die Sie hier
mit einer großzügigen Geste weggewischt haben, anders aussehen. Wie schaut denn die Belastung
derzeit aus? Anscheinend muß man das doch noch einmal festhalten, obwohl man der Auffassung
sein könnte, daß die Damen und Herren dieses Hauses die Belastungen, die auf die einzelnen
Gebietskörperschaften entfallen, kennen. Sie wissen, daß derzeit knapp 60% des Betriebsabganges
vom Sozialversicherungsträger bezahlt werden. Sie wissen, daß der Bund noch vor drei Jahren 24%
des Abganges bezahlt hat. Sie wissen, daß er vor zwei Jahren 28% bezahlt hat, und wir wissen, daß
der Bund, ohne lange herumzufackeln, aus eigener Machtvollkommenheit diese 28% auf 18,5 herabgesetzt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe damals nicht gehört, daß jemand gesagt hätte,
dadurch werden irgend welche andere Körperschaften, sei es nun der Sozialversicherungsträger, sei
es die Gemeinde oder das Land, zusätzlich belastet. Kein Wort hat man von Ihnen gehört. (Beifall bei
der ÖVP.) Es ist daher eine selbstverständliche Forderung, daß wir vom Bund verlangen, in einer Zeit,
wo die Kosten explodieren, nicht selbstherrlich seinen Beitrag in diesem Problemkreis herabzusetzen.
Ich werde diesbezüglich heute noch einen Antrag hier stellen.
Nummer 1: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen, daß es bei 22 Krankenhäusern im
Lande Niederösterreich, die von den Gemeinden zu erhalten sind, wirklich so ist, daß sich unsere
Gemeinden sehr bemühen, ihrer Verpflichtung unseren Bürgern gegenüber, den Landesbürgern
gegenüber, entsprechend gerecht zu werden. Wenn wir uns aber die finanzielle Situation einer
Gemeinde ansehen, die das Pech hat - aus dieser Schau gesehen -, ein Krankenhaus erhalten zu
müssen, so wissen wir alle, wie es mit diesen Gemeinden bestellt ist. Es gibt Beispiele, wo der
Betriebsabgangsanteil der betreffenden Gemeinde höher ist als die Ertragsanteile, die dort seitens
des Bundes bzw. des Landes zur Verfügung gestellt werden. Doch es ist ein Faktum, meine sehr
verehrten Damen und Herren, daß die nicht spitalerhaltenden Gemeinden Niederösterreichs,
zusammengefaßt im sogenannten NÖKAS, sozusagen in einer Solidaritätsaktion hier versuchen, an
diesem Abgang mitzubezahlen und daß das Land, Kollege Krenn, immerhin noch einen Anteil von
durchschnittlich 30% der Abgangsdeckung, also fast doppelt soviel als der Bund, leistet. Von der
Errichtung und Erhaltung möchte ich überhaupt nicht reden, denn beim Errichtungs- und
Erhaltungsaufwand, meine sehr verehrten Damen und Herren, das wollen wir auch einmal sagen,
zahlt doch der Bund nicht einen Kreutzer dazu, (Beifall bei der ÖVP.), obwohl er verfassungsmäßig
auch hier Verpflichtungen hätte. Stellen wir das doch einmal fest: (Landeshauptmannstellvertreter
Czettel: Das ist ja nicht wahr!)
60% des Errichtungsaufwandes zahlt das Land Niederösterreich, 20% zahlen die Gemeinden und
20% der NÖKAS. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann sich durchaus vorstellen,
daß seitens des Landes Niederösterreich eine Ersparnis, wenn es zu einer echten Ersparnis überhaupt käme, durch eine Verschiebung der Lastenverteilung, beispielsweise bei der Errichtung von
Krankenhäusern, wieder den Niederschlag im gleichen Bereich des Sozialen finden könnte. Wir
stellen noch einmal fest, daß wir der Auffassung sind, daß der Bundesgesetzgeber die Sozialversicherungsträger als Gebietskörperschaft eingerichtet hat, und wenn diese Gebietskörperschaften
nicht die notwendigen Mittel haben, um die ihnen gesetzlich aufgetragenen Aufgaben zu erfüllen,
dann hat eben der Bund dafür zu sorgen, daß die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Diese Idee ist anscheinend gar nicht so abwegig, denn auch der Pospischil - ich habe ihm auch
gesagt, daß wir uns in weiten Bereichen ja fast auf der gleichen Ebene befinden - hat mit seinem Vergleich bezüglich des Steuerzahlens gesagt, daß also jeder einzelne mit seinem Steuergroschen praktisch auch im Gesundheitswesen eine Mitfinanzierung zu vollziehen hat. Das behaupten wir ja, und
der Schluß aus dieser Behauptung ist, daß der Bund in diesem Fall als der zuständige hier auch entsprechende Zuschüsse zu leisten hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich höre immer, der Bund sei nicht zuständig. Ich darf Ihnen
nur eines sagen: Gemäß Art. 12 Abs. 1 der Bundesverfassung ist die Grundsatzgesetzgebungskompetenz in den Angelegenheiten der Heil- und Pflegeanstalten Bundesangelegenheit.
Gemäß Art. 10 Abs. 1 Ziffer 11 liegt das Gesundheitswesen - ich darf es bitte wiederholen, damit es
nicht überhört wird und es sich die Damen und Herren einprägen können: „Gemäß Art. 10 Abs. 1 Ziffer
11 des Bundes-Verfassungsgesetzes" - im Bereich des Sozial- und Vertragsversicherungswesens.
(Abg. Dr. Brezovszky: Grundsatzgesetzgebung! Vollziehung ist aber etwas anderes!) Die Zuständigkeit des Bundes erscheint uns daher gegeben. Selbstverständlich, Herr Dr. Brezovszky! Wir sind ja
dieser Auffassung. Deswegen sagen wir doch, daß wir uns jetzt als Gesetzgeber des Landes Niederösterreich in dieser Beziehung selbstverständlich vorstellen können, daß von der bisherigen
Deckungsform abgegangen wird und, um die Gemeinden und das Land zu entlasten und die Versicherten nicht zu belasten, eben eine neue Form gefunden wird, wobei der Bund für die zusätzlichen
Mittel aufkommen soll. Ja wieso eigentlich nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren? (Ruf bei
der SPÖ: Da kommt niemand mit!) Wieso soll da niemand mitkommen? (Abg. Wiesmayr: Wer ist denn
der Bund?) Da schau her, auf einmal taucht diese Frage auf! Also ich muß schon sagen, Kollege
Wiesmayr, sehen Sie, das ist die Situation.
Sie bekämpfen unter dem Schlagwort ,,Es darf der sozial Schwache nicht belastet werden'', was auch
unsere Auffassung ist, eine Situation, der Sie überhaupt keine andere Alternative entgegensetzen
können. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Alle müssen zahlen! - Abg. Romeder: Wollen wir ja!)
Ist in Ordnung, ich meine nur, wenn ich drei Partner habe, das ist der Sozialversicherungsträger, die
Gemeinde, das Land, und der Bund noch dazu, genau genommen sind es also vier, kann sich der
Bund nicht einfach - ich darf es noch einmal wiederholen für jene, die es bis jetzt noch nicht so genau
erkannt haben - seiner Verpflichtung entziehen und nicht mehr 28%, sondern nur 18,75% bezahlen.
(Zwischenruf von Abg. Kosler.)
Wieso zahlt er 28%, Kollege Kosler? Ich glaube, die Frau Landesrat Körner würde sich sicher darüber
freuen, wenn Sie sagen könnte, er zahlt 28%.Er zahlt aber 18,75%. Ist in Ordnung. Der Bund sagt, ich
bestimme die Höhe. Die Sozialversicherungsträger sagen, wir zahlen nur 60%, das Land zahlt 30%
und die Gemeinden, die Schwächsten in diesem Bereich, nämlich die sozial Schwachen, bleiben bei
dieser Rechnung auf der Strecke. Es kann doch nicht, Kollege Pospischil, das Patentrezept sein,
überall dort, wo der Bund einfach versagt hat, jetzt nicht nur im Bundesbereich die Länder verantwortlich zu machen, sondern auch auf Länderebene das Land dazu zu bringen, daß es die zusätzlichen
Abgangsdeckungen übernimmt. Ich glaube, so kann es doch nicht gehen, meine sehr verehrten
Damen und Herren.
Es ist ja sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, was hier gespielt werden soll. Der Landeshauptmannstellvertreter Czettel hat eigentlich sofort nach drei Sätzen, die der Redner der Sozialistischen
Partei gesprochen hat, ziemlich laut sehr vereinfachend gesagt, (Landeshauptmannstellvertrer
Czettql: Ein Anschlag auf die Kassen!) nein, auf die Arbeiter und Angestellten haben Sie gesagt. So
war es doch. Ist in Ordnung. Jeder kann seine Meinung haben, Herr Landeshauptmannstellvertreter
Czettel, aber damit war das Problem ja bereits überzogen. Es ist ganz klar, denn das ist das Schlagwort, mit dem man ab nun hausieren gehen will. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: No na!) Aber
auch hier, Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, hoffen wir, daß aus einem Saulus wieder ein
Paulus werden wird, denn wir hören dann noch, wie bezüglich der Arbeitnehmerförderung von Ihnen
gesagt wurde, was für schlechte Menschen wir sind, weil wir hier eine Arbeitnehmerförderung in der
von uns gewünschten Form beschlossen haben.
Ihrem letzten NÖ-Report entnehme ich mit Vergnügen, daß die Hände der niederösterreichischen
Arbeitnehmer nicht mehr leer sind. Damit haben Sie ja Gott sei Dank selber auch zugegeben, daß
unsere Lösung gut war. (Beifall bei der ÖVP.) Ich hoffe daher, daß aus Ihnen auch in diesem Bereich
noch ein Paulus werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre verlockend, hier, durch Zahlenmaterial erhärtet,
noch einmal festzustellen, mit wieviel Abgang wir zu rechnen haben und wieviel eine 20%ige
Entlastung der Gemeinden und der Länder tatsächlich ausmachen kann, wieviele Mittel in den
Gemeinden frei würden, um auch in Niederösterreich für unsere Landesbürger das Leben noch
lebenswerter zu gestalten. Sie müssen nur einmal den Mut haben, sehr verehrte Damen und Herren,
zu sagen, daß eben auch eine sozialistische Bundesregierung - auch eine sozialistische Bundesregierung - in diesem Staate eine soziale Verantwortung zu tragen hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich habe Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, einen Antrag angekündigt, bzw. zwei Anträge.
Der erste Antrag ist der Resolutionsantrag des Abg. Ing. Kellner zur Vorlage der Landesregierung,
betreffend den Entwurf eines Gesetzes, mit dem das NÖ Krankenanstaltengesetz geändert wird.
Die Landesregierung wird ersucht, bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundesministerium
für Finanzen sowie Gesundheit und Umweltschutz vorstellig zu werden, daß
1. die derzeit völlig unzulängliche Beteili gung des Bundes an der Deckung des Betriebsabganges
der öffentlichen Krankenanstalten geändert wird. Es wird erwartet, daß sich der Bund, so wie dies
für das Jahr 1975 der Fall war, mit mindestens 28. v. H. beteiligt, und
2. durch Änderung des Bundes-Krankenanstaltengesetzes zumindest eine Beteiligung des Bundes
im Ausmaß von 30 v. H. am Errichtungs-, Umgestaltungs- und Erweiterungsaufwand erreicht
wird."
Herr Präsident, ich darf bitten, über diesen Antrag abstimmen zu lassen.
Der zweite Resolutionsantrag des Abg. Ing. Kellner:
,,Die Landesregierung wird ersucht, bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundesministerium
für Finanzen, zu erreichen, daß die Träger der Sozialversicherung vom Bund, der gemäß Art. 10 Abs.
1 Ziffer 11 B-VG für das Sozialversicherungswesen zuständig ist, derart finanziell dotiert werden, daß
sie imstande sind, kostendeckende Pflegegebührenersätze an die öffentlichen Krankenanstalten für
ihre Versicherten zu entrichten."
Ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß Sie vor allem der zweite Antrag davon überzeugt, daß alle Ihre Befürchtungen von uns nicht ins Auge gefaßt waren.
Und, Kollege Pospischil, um Ihnen zu beweisen, daß es erstens einmal die Sorge unserer Kollegen
ist, wie sie in ihren Gremien zu ihren Beschlüssen und Entschlüssen stehen und daß sie einen
Psychoterror Ihrerseits bezüglich des Antrages einer namentlichen Abstimmung nicht brauchen, sondern daß wir auch offen bereit sind, zu unserem Verhalten zu stehen, werden wir selbstverständlich
dem geschäftsordnungsmäßigen Antrag auf namentliche Abstimmung einzelner Punkte beitreten und
ihn unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Auer.
Abg. AUER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zum Worte
gemeldet, damit in diesem Raum keine falschen Zitate stehen bleiben, und werde daher die in der
Landesexekutive des Österreichischen Gewerkschaftsbundes einstimmig beschlossene Resolution
vorlesen. Ich darf damit beginnen:
1. Absatz: ,,Die Landesexekutive Niederösterreich des Österreichischen Gewerkschaftsbundes hat
sich in der Sitzung am 23. September 1976 mit Pressemeldungen befaßt, wonach der ÖVP-Landtagsklub in Niederösterreich beabsichtigt, von der Landesregierung eine Regierungsvorlage zu fordern,
welche eine Erhöhung der Pflegegebührenersätze der Krankenversicherungsträger von derzeit 60%
auf 80% des amtlichen Pflegegebührensatzes anstrebt."
2. Absatz: ,,Die Landesexekutive Niederösterreichs protestiert gegen eine solche Absicht auf das
schärfste."
So war die ursprüngliche Fassung, Kolleginnen und Kollegen, jene Fassung nämlich, die uns von den
Sozialisten zugemutet worden wäre, hier mitzustimmen. Wir haben über diese Resolution verhandelt.
Der 1. Absatz ist gleich geblieben, und im zweiten Absatz heißt es nun:
„Die Landesexekutive Niederösterreichs protestiert gegen eine einseitige Belastung der Versicherten
auf das schärfste." Der Bezug, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf die Initiative der Österreichischen Volkspartei ist herausgenommen worden, denn gegen eine einseitige Belastung der
Arbeitnehmer sind wir nach wie vor. Ich darf also weiterlesen:
„Eine derartige Anhebung der Gebührensätze würde zu einer enormen Mehrbelastung der Krankenversicherungsträger führen und in der derzeitigen finanziellen Situation zwangsweise eine Beitragserhöhung erfordern. Die Niederösterreichischen Gewerkschafter sind der Auffassung, daß sich die
Gebietskörperschaften ihren Verpflichtungen auf dem Sektor des Gesundheitswesens nicht entziehen
können, indem sie die Mehrbelastung auf die Arbeiter und Angestellten unseres Bundeslandes überwälzen." (Abg. Stangl: Und Ihr auf den Bund!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Dazu muß man doch,
glaube ich, einmal feststellen, daß der Bezug hier auf die Gebietskörperschaften gerichtet ist, nur
übersieht halt die sozialistische Fraktion immer, daß es in diesem Zusammenhang drei Gebietskörperschaften gibt. Wenn sie von Gebietskörperschaften redet, dann meint sie immer nur eine, nämlich das Land Niederösterreich. Dieses soll bezahlen. Es gibt in diesem Zusammenhang aber drei
Gebietskörperschaften. Auf die Zuständigkeit, Kollegen, komme ich gleich zu reden.
Die Gemeinden bezahlen derzeit mehr, als sie in manchen Bereichen können, das Land bezahlt
bereits, der Bund hat bezahlt und weigert sich in letzter Zeit zu bezahlen, meine sehr verehrten
Damen und Herren. Diese Resolution, die wir in der Landesexekutive beschlossen haben, ist durchaus als Aufforderung an den Bund zu werten, auch seinen Verpflichtungen nachzukommen. (Beifall
bei der ÖVP.)
In der Arbeiterkammer haben wir uns eben vorher mit diesem Thema beschäftigt. Im Hauptausschuß
ist darüber eingehend diskutiert worden. Es wurden keinerlei Beschlüsse gefaßt, und ich war sehr
überrascht, als es letztens in der AZ hieß, daß hier Beschlüsse gefaßt worden seien, wogegen
schärfstem protestiert worden ist. Ich darf Ihnen jetzt sagen, was geschehen ist. Der Hauptausschuß
der Arbeiterkammer hat dieses Problem beraten und dem Vorstand der Arbeiterkammer zur weiteren
Beschlußfassung bzw. zur weiteren Behandlung zugewiesen. So schauen die Dinge aus, niemals so,
wie durch die AZ falsch informiert worden ist. Kollege Krenn, wir werden über dieses Problem einmal
in der Arbeiterkammer deutlich reden. Das kann ich Ihnen schon jetzt von hier aus versprechen. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Krenn: Sehr freundlich!)
Kollegen! Von den Kompetenzen wird immer sehr viel gesprochen. Ich wundere mich sehr. Wenn es
nämlich darum geht, daß der Bund zahlen soll, dann sind Sie, meine sehr verehrten Damen und
Herren Abgeordneten von der sozialistischen Fraktion, die ersten, die sich hinter die Kompetenzen
verschanzen: Der Bund ist nicht verpflichtet - die Kompetenz liegt beim Land. Wir haben in der letzten
Sitzung vor den Sommeferien hier eine SPÖ-Forderung behandelt. Da war von den Kompetenzen
keinerlei Rede. Wenn Sie vom Land etwas verlangen, fragen Sie nicht nach den Kompetenzen, dann
sagen Sie ganz einfach: Das Land soll zahlen, ganz gleich, ob es dafür zuständig ist oder nicht. Wenn
es um den Bund geht, sind Sie die ersten, die sich hinter die Kompetenzen verschanzen. (Beifall bei
der ÖVP. - Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Sehr richtig! )
Wir haben auch im Hauptausschuß der Arbeiterkammer verlangt, weil auch hier immer wieder über
ein Konzept für die Spitäler gesprochen wird, die Kammer solle doch einmal bei der Frau Gesundheitsminister bezüglich des versprochenen Spitalskonzeptes vorstellig werden. Keine Rede davon,
meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben auch gefragt, wo denn die 500 Millionen Schilling
hingekommen sind, die der Bund aus der Tabakpreiserhöhung eingenommen hat und die angeblich
für die Spitäler zweckgebunden waren. Wenn man aber solche Fragen aufwirft, dann wird es auch in
den zuständigen Ausschüssen der Niederösterreichischen Arbeiterkammer sehr ruhig. (Abg.
Romeder: Hört! Hört!) Der Bund verlangt erhöhte Tarife, erhöht also die entsprechenden Preise, wo er
zuständig ist, und bezahlt weniger.
Ich würde Ihnen vorschlagen, vielleicht einmal beim Bund vorstellig zu werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie würden, meine sehr verehrten Damen und Herren, damit dem Land helfen, Sie sind ja auch
Niederösterreicher (Abg. I g . Kellner: Sogar Landtagsabgeordnete!) und haben die Interessen des
Landes zu vertreten. Sie würden damit den Gemeinden helfen, wo Sie ebenfalls eine gewisse Zuständigkeit haben, Sie würden den Krankenkassen damit helfen, und Sie würden nicht zuletzt den Arbeitnehmern helfen, die Sie vorgeben zu vertreten. (Lebhafter und lang anhaltender Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist Frau Landesrat Körner.
Landesrat KÖRNER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Als Gesundheitsreferent begrüße ich es, wenn
man sich mit Fragen der Gesundheit beschäftigt. Aber nicht jede Auseinandersetzung dient diesem
Zweck. Darf ich zunächst einmal eine Feststellung machen.
Herr Abgeordneter, wenn Sie sagen, wir - damit meinen Sie die gesamte SPÖ-Fraktion - geben vor,
Arbeitnehmerinteressen zu vertreten, dann glaube ich, daß wir eine solche Feststellung nicht nur
zurückweisen müssen, sondern darüber hinaus die Feststellung machen können, daß unser aller
Arbeit den arbeitenden Menschen in diesem Lande gilt. Das zu bestreiten, ist Ihnen vorbehalten
geblieben. (Beifall bei der SPÖ.) Ich möchte also außerdem, um die Emotionen nicht so hochgehen zu
lassen, auf eines hinweisen:
Weil ich diesem Hause schon sehr lange angehöre, weiß ich, daß diese Diskussion nicht neu ist und
nicht zum erstenmal geführt wird, sondern seit Jahrzehnten, wie Sie in den Protokollen dieses Hauses
nachlesen können. Aber, Herr Klubobmann, wenn Sie hier Worte gebrauchen, wie Psychoterror, dann
können Sie doch nicht, wie Sie gesagt haben, eine sachliche Diskussion erwarten. Ich glaube, daß mit
solchen Ausdrücken niemandem gedient ist. (Abg. Romeder: Wer hat sich so verhalten? - Abg. Dr.
Bernau: Wer hat denn begonnen, bitte? - Abg. Ing . Kellner: Ich gestatte mir, das Wort des Abg.
Pospischil so zu qualifizieren!) Das Wort ,,Psychoterror" ist vom Herrn Klubobmann hier festgestellt
worden. Ich glaube, das nützt niemandem, bringt niemandem etwas, entlastet keine Gemeinde. Eine
solche Feststellung ist unrichtig. Hier zu behaupten, es wurde Psychoterror ausgeübt, ist also, glaube
ich, etwas vergriffen. (Ruf bei der ÖVP: Dann müssen wir uns das gefallen lassen! - Abg. Präsident
Reiter: Frau Landesrat, wie übersetzen Sie Psychterror?)
Meine Herren, Sie glauben, hier alles vertreten zu können und reden, wenn der andere sich erlaubt,
eine Meinung zu vertreten, von Psychoterror. Das ist nicht möglich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das
geht nicht. (Große Unruhe.) Auch wenn Sie noch so schreien - ich muß Sie bitten, sich etwas zu beruhigen -, wird das die Situation nicht ändern. (Abg. Buchinger: Das war keine Bitte! - Abg. Romeder:
Für die Galerie brauchen wir nicht reden! - Abg. Dr. Bernau: Da müssen Sie zuhören! Ich bin dafür, wir
lassen das Tonband abspielen, damit Sie auch hören, wie es war!) Der Herr Abgeordnete hat auch
gesagt, man sollte über die Spitalsfrage deutlich reden. Das haben wir immer getan und wenn Sie
hier, zur Seite der SPÖ gerichtet, sagen, wenn es um den Bund geht, dann schweigen sie meistens,
und es wird still, dann darf ich Sie an etwas erinnern:
Herr Abgeordneter, Sie waren noch gar nicht Mitglied des Landtages, als ich schon einem Antrag,
einer Aufforderung an den Bund, zugestimmt habe. Die Forderung des Landes und der Gemeinden
hat sich nämlich nicht erst jetzt an den Bund gerichtet, (Abg. Anzenberger: Schon wieder ein Vorwurf!)
sondern auch schon vor 1966. (Abg. Anzenberger: Das war aber die ÖVP!) Moment, lassen Sie mich
ausreden, Sie hören es gleich. Sie war in der Zeit zwischen 1966 und 1970 genauso ohne Erfolg wie
vor 1966, und wir haben dieselbe Forderung gemeinsam mit der ÖVP-Fraktion an den Bund gerichtet,
als es eine SPÖ-Alleinregierung gegeben hat. Erst bei der letzten Budgetdebatte, glaube ich, war es,
daß wir gemeinsam mit der ÖVP einen Aufforderungsantrag an den Bund gerichtet haben, mehr zum
Betriebsabgang zu bezahlen. Daher weise ich es zurück, wenn Sie sagen, wenn es um den Bund
geht, sind wir still. Das ist nicht wahr. (Abg. Ing . Kellner: Frau Landesrat, Ihre Fraktion kann heute
mitstimmen!)
Sie wissen es ganz genau, es gibt nur einen Unterschied zwischen der Zeit der ÖVP-Alleinregierung,
wo wir einen solchen Protest eingebracht haben, und der jetzigen Zeit der sozialistischen Regierung.
Sie wissen, daß der Bund 18,75% bezahlte und unsere Forderung zum erstenmal in der Geschichte
nach 1945 mit Erfolg gekrönt war, denn der Bund hat 1974 nicht mehr nur 18,75% bezahlt, sondern
auf Grund einer Novelle zum Krankenanstaltengesetz - diese war befristet und ist mit 31. Dezember
ausgelaufen - zum erstenmal 24% und dann 1975 28%.
Herr Klubobmann, Sie haben gemeint, zum Aufbau zahle der Bund keinen „luckerten Groschen". So
ungefähr haben Sie gesagt. Darf ich dazu folgendes sagen: Es ist richtig, der Bund hat bis 1972 für
den Bauaufwand keinen Groschen geleistet. (Landeshaupmannstellvertreter Ludwig: 1970, 1972!)
1972 hat er außer dem Zuschuß zum Betriebsabgang zum erstenmal 885.000 Schilling gegeben. Das
war also eine kleine Summe, die für ganz Österreich, wenn man ehrlich ist, praktisch überhaupt nichts
bringt. 1973 haben wir für die niederösterreichischen Anstalten zum erstenmal in der Geschichte für
den Bau- und Investitionsaufwand 47,428.000 Schilling erhalten. 1974 hat das Land Niederösterreich
vom Bund für den Ausbau 52,150.000 Schilling bekommen, 1975 55,853.000 Schilling.
Mit den Zweckzuschüssen (Zwischenrufe. - Unruhe. - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen: Ich bitte die Herren von der Galerie, sich jeder Stellungnahme zu enthalten.) Zur Investitionsförderung beträgt also die Leistung des Bundes zum Betriebsabgang der niederösterreichischen
Krankenanstalten und zum Bauaufwand einschließlich des Jahres 1975 insgesamt 499,906.000 Schilling und etliches. Es ist also nicht so, daß der Bund nichts geleistet hat. Daß uns die Leistung des
Bundes zum Betriebsabgang zu wenig ist, ist eine Tatsache, und wir haben mit Ihnen gemeinsam
einen diesbezüglichen Antrag beschlossen. Es haben die Gesundheitsreferenten aller neun Bundesländer ebenfalls einen solchen Forderungsantrag an den Bund gestellt.
Ich möchte aber in dem Zusammenhang sagen, daß sich die Gesundheitsreferenten sehr wohl
Gedanken darüber gemacht haben und daß es nicht so einfach ist, wie Sie es darzustellen versuchen,
in der Novelle zu unserem Krankenanstaltengesetz zu beschließen, daß jetzt die Sozialversicherungsträger 80 % zu leisten haben. Wenn es so einfach wäre, dann hätten wir diese Lösung
schon finden können. (Abg. Ing . Kellner: In Salzburg hat man sie schon!) Man weiß aber, daß eine
Lösung in dieser Form ohne Belastung der Versicherten praktisch nicht möglich ist, denn die Kassen
können nicht mehr leisten, als sie Einnahmen haben. Und auf Grund ihrer Einnahmen können die
Sozialversicherungsträger diese 80 % eben nicht aufbringen.
Daß dieses Problem gelöst werden muß, ist eine Tatsache, und es ist kein Geheimnis - es ist in der
heutigen Presse nachzulesen -, daß der Bundesparteivorstand der SPÖ eine Krankenhauskommission eingesetzt hat (Abg. Romeder: Wieder einmal!) und daß diese Kommission ganz konkrete
Vorschläge erarbeitet hat. (Abg. Anzenberger: Geprüft hat sie!) Diese Vorschläge, die es bereits gibt,
beinhalten nicht nur, daß mehr geleistet werden muß, sondern in diesen Vorschlägen werden auch
verschiedene Bedingungen gestellt. Bedingungen, die wir, glaube ich, alle annehmen können, daß
man zunächst bei allen Krankenanstalten - das ist ja kein niederösterreichisches Problem, es ist ein
österreichisches und, wenn Sie wollen, ein weltweites Problem - das steigende Defizit oder den
steigenden Betriebsabgang besser in die Hand bekommt. Ja, damit sind alle ernstlich beschäftigt und
niemand hat Interesse, hier etwa nichts zu tun oder zu beschönigen.
Wir alle wissen selbstverständlich – hier spielen sicherlich auch Kompetenzfragen eine Rolle -:
Gesundheitswesen in Gesetzgebung und Vollziehung ist Bundessache. Bei den Krankenanstalten ist
nur die Grundsatzgesetzgebung Bundessache, aber die Ausführung und Vollziehung ist Landessache.
Daher ist Ihr Antrag grundsatzwidrig, weil er den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Im Grundsatzgesetz ist
nämlich festgehalten, daß die Höhe des Pflegegebührenersatzes ausschließlich durch privatrechtliche
Verträge geregelt werden muß. Der Antrag der ÖVP ist grundsatzwidrig, weil er die Entscheidungsfreiheit der Vertragspartner beseitigt und damit den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Ich glaube, das wird
sicherlich Gegenstand einer überprüfung sein. Das sind die Tatsachen, und man wird also sehen.
(Abg. Ing . Kellner: Das wird überprüft!)
Ich glaube daher, daß meine Regierungsvorlage die Möglichkeit gegeben hätte, daß beide Fraktionen
hätten zustimmen können, und verschiedene verfassungsrechtliche Fragen hätten in der Zwischenzeit
geklärt werden können. Denn zu der Zeit, zu der ich die Vorlage eingebracht habe, lag ja eine
Beschwerde eines Bundeslandes, nämlich Vorarlberg, wegen des Schiedsgerichtes beim Verfassungsgerichtshof. Sie ist aber dann zurückgezogen worden.
Ich glaube, daß niemandem gedient ist, wenn man die Emotionen hochspielt, sondern daß wir alle
bestrebt sein sollen und müssen, eine Lösung dieses Problems zu finden. Und die Lösung kann nicht
erfolgen, wenn man sich gegenseitig den Ball zuspielt und jeweils dem anderen die Kostentragung
überlassen will. Die Lösung wird sein, daß alle mehr zahlen müssen, und das, glaube ich, wird von
Erfolg sein. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Krenn.
Abg. KRENN: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich zu diesem Tagesordnungspunkt nicht zum Wort melden, aber ich glaube, es ist notwendig, daß man hier doch einiges
richtigstellt. Sowohl der Herr Abg. Pospischil wie auch jetzt die Frau Landesrat haben sehr deutlich
zum Ausdruck gebracht, daß man über das gesamte Krankenanstaltenwesen in Österreich wird
beraten müssen, daß man Lösungsmöglichkeiten wird suchen müssen und daß, wie auch jetzt die
Frau Landesrat gesagt hat, alle, die gesamte Bevölkerung, der Bund, das Land und die Gemeinden,
die Sozialversicherungsträger, irgendwo ihren Anteil werden tragen müssen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Wo?) Das ist ja sehr deutlich beim Kollegen Pospischil zum Ausdruck gekommen
und auch jetzt bei der Frau Landesrat. Aber worum geht es heute hier, meine Damen und Herren?
Heute geht es darum, daß der ÖVP-Klub vom Landtag verlangt, in einem Krankenanstaltengesetz die
Erhöhung der Pflegegebührenersätze der Sozialversicherungsträger auf mindestens 80% festzulegen.
Nur darum geht es heute in diesem Haus. Das bedeutet die Zerstörung der Sozialversicherungsträger
in diesem Lande. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Kosten, die dadurch erwachsen würden egal, welcher Sozialversicherungsträger das nun ist -, aus Eigenmitteln nicht getragen werden
können. Es wurde hier bereits sehr deutlich gesagt, daß diese nur durch eine Gebührenerhöhung
abgedeckt werden könnten oder wenn jemand anderer die Ausgleichshaftung übernimmt. Und das ist
das, was Sie indirekt wollen. Das wissen wir.
Heute geht es aber einzig und allein darum, daß diese 80% einfach für die Sozialversicherungsträger
nicht tragbar sind. Es wurde hier mit Zahlen bewiesen, daß das einfach unmöglich ist. Auf diesen
Punkt möchte ich das Ganze wieder zurückführen. Ich erkläre nochmals, daß wir durchaus der Meinung sind, daß man mit dem Gesundheitswesen nicht Parteipolitik betreiben, sondern sich diesbezüglich echt zusammensetzen soll. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir wehren uns aber dagegen, wenn von der ÖVP ein Angriff auf die Sozialversicherung unternommen wird, und das geschieht hiemit. Wir werden das unseren Kollegen draußen in den Betrieben sehr
deutlich sagen, denn das, was Sie machen, ist eine Zerstörung dessen, was wir uns seit Jahrzehnten
in Österreich aufgebaut haben. (Zwischenrufe und große Unruhe bei der ÖVP.) Nicht so goschert
sein, meine Herren! (Präsident Dipl.-Ing . Robl gibt das Glockenzeichen: Bitte den Redner weitersprechen zu lassen.)
Meine Herren von der Bauernseite (Abg. Romeder: In einem Satz hü, in dem anderen Satz hot! - Abg.
Dr. Bernau: Drohungen! Drohungen und Diffamierungen!) oder von der Landwirtschaft! Wir haben als
Arbeitnehmer sehr viel Solidarität im Krankenversicherungswesen bewiesen, indem wir in die Ausgleichskasse zugunsten der Landwirtschaft und der Landwirtschaftskrankenkasse, die dort sehr schön
herausgenommen haben, Millionenbeträge einbezahlt haben. Wir hätten eigentlich erwartet, daß Sie
mit uns Arbeitnehmern hier die gleiche Solidarität vertreten und die Sozialversicherungsinstitute durch
diese Erhöhung nicht zerstören lassen.
Nun zum Kollegen Auer. Ich komme aus einer Institution, in der ich eigentlich, obwohl wir dort die
Mehrheit haben, gewohnt bin, daß wir immer wieder zusammenarbeiten. Wir haben immer einen Weg
gefunden, um die Interessen der Arbeitnehmer gemeinsam vertreten zu können. Das erwartet aber
Fairneß von allen Seiten. (Abg. Anzenberger: Die zweite Drohung!) Ich will hier auch heute sehr fair
sein; obwohl ich dem Verhandlungskomitee angehört habe, möchte aber nicht die Details sagen.
Wenn man also selbst fair ist, erwartet man dann bei solchen Sachen, daß auch der Partner fair ist.
Das hätte ich eigentlich heute hier erwartet. Daß das beim Kollegen Auer nicht ganz der Fall war, tut
mir leid. (Abg. Romeder: Was war unfair?) Er weiß genau, was ich meine.
Es ging uns also auch dort nicht darum, irgend jemandem den Schwarzen Peter zuzuspielen, sondern
es ging uns darum zu verhindern, daß die Sozialversicherung, sprich im speziellen Fall die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, hier besonders zur Kasse gebeten wird. Darum ging es uns in
dieser Entschließung. Ich würde darüber hinaus bitten, Kollege Auer, (Abg. Ing . Kellner: Der
Pospischil hat zitiert. Er darf – wir nicht!) auch nicht den Hauptausschuß oder sonst irgend welche
(Unruhe. – Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.) Ausschüsse zu zitieren und so zu tun,
als ob dort Resolutionen gefaßt würden. Du weißt sehr genau, Kollege Auer, daß in den Ausschüssen
keinerlei Resolutionen gefaßt werden. (Abg. Auer: Das hat der Pospischil gesagt. - Abg. Romeder: Ja,
das hat der Pospischil behauptet!)
Bitte, meine Damen und Herren, verwechseln Sie nicht die Landesexekutive Niederösterreich des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes mit den Ausschüssen der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich. Der Kollege Pospischil hat von keinem Ausschuß der Kammer für Arbeiter
und Angestellte gesprochen. Ich muß feststellen, Kollege Auer, daß Du es hier ins Treffen geführt
hast, obwohl Du aber ganz genau weißt, daß in diesen Ausschüssen keinerlei Resolutionen gefaßt
werden können, sondern dies der Vollversammlung vorbehalten ist. (Zwischenruf von Abg. Auer.)
Warum kritisierst Du, daß man in den Ausschüssen keine diesbezüglichen Resolutionen gefaßt hat?
(Abg. Auer: Keinerlei Resolutionen gefaßt werden, habe ich gesagt! - Abg. Romeder: Weil es in der
Arbeiter-Zeitung steht! - Abg. Dr. Bernau: Auf der einen Seite Angriffe, auf der anderen Seite Naivität!
Das ist ja phantastisch!)
Ich möchte also abschließend nochmals betonen, meine Damen und Herren: Heute geht es hier
darum, daß es in Ihrem Antrag heißt, daß die Sozialversicherungsträger mindestens 80 % der Pflegegebührenersätze zu bezahlen haben. Da können wir einfach nicht mitstimmen, weil das eine
Belastung der Versicherten bedeutet und zum Ruin der Krankenversicherungsträger in Niederösterreich führen würde. Wir können daher auch nicht den Anträgen zustimmen, die der Herr Ing.
Kellner eingebracht hat. Der eine Antrag ist nahezu gleichbedeutend mit dem, den der Abg. Buchinger
im Zusammenhang mit der Budgetdebatte gestellt hat. Wir haben damals zugestimmt, und ich sehe
nicht ein, warum wir neuerlich einem solchen Antrag zustimmen sollen.
Der zweite Antrag - das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen - bedeutet wieder ein Abschieben auf
die Bundesebene, löst nicht das Problem, um das es in Wirklichkeit geht und würde letzten Endes,
wenn man es so macht, wieder zu einer Steuererhöhung, zu einer Belastung in unserem Land führen.
Daher müssen wir beide Anträge ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. SULZER: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Im Zuge der Debatte wurde der Antrag auf namentliche, getrennte
Abstimmung über die Ziffern 27, 66 und 66 a des vorliegenden Gesetzesentwurfes gestellt. Dieser
Antrag ist von mehr als neun Mitgliedern des Hauses unterstützt. Ich ordne daher die namentliche
Abstimmung an und ersuche die Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.
Ich ersuche die Beamten der Landtagskanzlei, die blauen und roten Stimmzettel zu verteilen und
anschließend diese Stimmzettel, die mit ja oder nein ausgefüllt sind, wieder einzusammeln. Bitte die
Stimmzettel einzusammeln. (Nach Einsammlung der Stimmstimmzettel):
Die Abstimmung zu den Ziffern, 27, 66 und 66 a ist damit geschlossen. Ich bitte, die Stimmenzählung
durchzuführen. (Nach Abstimmung über Titel. und Eingang des Gesetzes als Ganzes sowie über den
Antrag des Gesundheitsausschusses): Angenommen.
Im Zuge der Debatte hat der Abg. Kellner zwei Resolutionsanträge gestellt. Ich lasse nunmehr über
die Resolutionsanträge des Abg. Kellner abstimmen. (Nach Abstimmung über den ersten Resolutionsantrag, betreffend im Punkt eins die Beteiligung des Bundes an der Deckung des Betriebsabganges der öffentlichen Krankenanstalten und im Punkt zwei die Beteiligung des Bundes im Ausmaß von 30 vom Hundert am Errichtungs-, Umgestaltungs- und Erweiterungsaufwand): Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag zwei, betreffend die ausreichende Dotierung der
Sozialversicherung durch den Bund, um kostendeckende Pflegegebührenersätze an die öffentlichen
Krankenanstalten für ihre Versicherten entrichten z u können): Angenommen.
Das Abstimmungsergebnis zu den Ziffern 27, 66 und 66a liegt nunmehr vor, und zwar wurden 30
Stimmen für und 22 Stimmen dagegen abgegeben.
Ich ersuche den Abg. Buchinger, die Verhandlung zur Zahl 303 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe namens des
Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung, betreffend Bundesland Niedersterreich,
Prüfung der Gebarung in den Jahren 1969 bis 1973 durch den Rechnungshof, zu berichten :
Die Überprüfung fand in der Zeit vom 4. Juni bis 23. September 1974 an Ort und Stelle statt. Sie
erfolgte durch Einsichtnahme in die Rechnungsbücher, Rechnungsbelege und sonstigen Behelfe und
erstreckte sich nicht nur auf die formelle und ziffernmäßige Richtigkeit, sondern auch auf die
Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung sowie auf Übereinstimmung mit
dem Gesetz und sonstigen Vorschriften. Die Überprüfung erfolgte stichprobenweise und nur bei
einzelnen Teilgebieten eingehender. Der vorliegende Bericht umfaßt insgesamt 180 Seiten, ich kann
mich daher auszugsweise damit beschäftigen. Im ersten der insgesamt 14 Hauptpunkte beschäftigt
sich der Rechnungshof mit den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen des Landes in den
vorangeführten Jahren. Die Ansätze aus diesen Jahren sind dem Hohen Haus geläufig.Bezüglich der
Bedeckung der Nachtragskredite führt der Rechnungshof aus, daß gemäß den jährlichen von der
Landesregierung dem Landtag vorgelegten Voranschlägen diese - ich zitiere - ,,durch
Mehreinnahmen, Minderausgaben und erforderlichenfalls durch Heranziehung der Haushaltsrücklage
zu erfolgen hat.''
Nach Meinung des Rechnungshofes wären diese Angaben zu allgemein. Es wäre künftighin
notwendig, in den Budgetnachträgen genau anzuführen, bei welchen Ansätzen die Bedeckung
gefunden werden soll. Zum Vollzug des ordentlichen und in der weiteren Folge auch des
außerordentlichen Haushaltes führt der Rechnungshof aus, daß es zu den Voranschlagsbeträgen
Plus- bzw. Minusabweichungen der tatsächlichen Gebarung gegeben habe. Diese günstigeren
Einnahmen bzw. die ungünstigeren Ausgaben werden sodann tabellarisch dargestellt.
Diese ordentlichen Einnahmen bzw. Ausgaben wurden sodann vom Rechnungshof bereinigt und im
Zusammenhang mit dieser Gegenüberstellung der bereinigten Einnahmen und Ausgaben des
ordentlichen Haushaltes zeigen sich überschüsse anstelle der ausgeglichenen Rechnungsabschlüsse.
Dadurch, so stellt der Rechnungshof fest, wurde es in den Jahren 1970 bis 1973 möglich, den
außerordentlichen HaushaIt vorwiegend durch Mittel des ordentlichen Haushaltes zu bedecken.
Der Rechnungshof kritisiert dazu, daß im Berichtszeitraum die jährlichen Zuführungen aus dem
ordentlichen Budget nur im Jahre 1972, die l$cklagenzuführungen und Rücklagenentnahmen
überhaupt nie veranschlagt wurden und fordert, daß diese nicht unbedeutenden Gebarungsfälle
künftig soweit wie möglich in die Veranschlagung miteinzubeziehen wären.
Zum Thema ,,Schuldenstand und Schuldendienst" wird ausgeführt, daß der Schuldenstand mit Ende
1974 1,4 Milliarden Schilling betragen hat. Der Schuldendienst verminderte sich von 253,6 Millionen
Schilling des Jahres 1969 (das sind 11,576 der eigenen Steuern und steuerähnlichen Einnahmen) auf
232 Millionen Schilling (oder 5,4% der genannten Einnahmen) im Jahre 1974. Da in Schrifttum und
Praxis häufig die Auffassung vertreten wird, daß bei Gemeinden die Verschuldungsgrenze etwa dann
erreicht ist, wenn der jährliche Schuldendienst auf ungefähr 10% der Einnahmen aus Steuern und
allgemeinen Finanzzuweisungen angewachsen ist, stellt der Rechnungshof fest, daß er die Ansicht
vertritt, daß auch die Bundesländer diese Hundertsätze nicht überschreiten sollten und führt dazu aus,
daß er in der derzeitigen Schuldenhöhe des Landes noch keine unverhältnismäßige Belastung
erblickt. Er ist aber der Meinung, daß weitere Schulden nur dann noch vertretbar wären, wenn sie aus
zwingenden Gründen hier hereingenommen werden müßten. Nicht einverstanden ist der
Rechnungshof auch mit der Vorgangsweise der Landesregierung, die Verstärkungsmittel im
Voranschlag auszuweisen bzw. Verstärkungsmittel zu veranschlagen, wenn beim ordentlichen
Haushalt Abgänge auszuweisen sind, und stellt hiezu fest, daß eine Veranschagung von
Verstärkungsmitteln bei einem nicht ausgeglichenen Haushaltsplan ausgeschlossen ist. Er beruft sich
dabei auf die Deutsche Gemeindehaushaltsverordnung vom 4. September 1937 und führt dazu aus,
daß es bedenklich erscheint, schon im Voranschlag Überschreitungsbewilligungen vorwegzunehmen,
wenn und solange nicht feststeht, ob der Voranschlag überhaupt erfüllt werden kann, das heißt, ob zu
seiner Erfüllung nicht zusätzliche Einnahmequellen geschaffen werden müssen.
Voraussetzung, so meint der Rechnungshof weiters, für die Veranschlagung von Verstärkungsmitteln
zur Deckung von Mehrausgaben sollte daher künftig ein ausgeglichener ordentlicher Voranschlag
einschließlich der VerStärkungsmittel sein.
In der Äußerung der Landesregierung zum Rechnungshofbericht wird auf die Praxisnähe dieser
Vorgangsweise hingewiesen und auf die Notwendigkeit, mit diesen Mitteln in kürzester Zeit
innerbetriebliche Probleme meistern zu können.
In seiner Gegenäußerung dazu stellt der Rechnungshof fest, daß er von seiner Ansicht nicht abgehen
könne. Die Veranschlagung von Verstärkungsmitteln bei nicht ausgeglichenen Voranschlägen mag
eine Verwaltungsvereinfachung darstellen, widerspricht aber dem Zweck dieser Einrichtung, der darin
besteht, Überschreitungen in kleinerem Umfang von vornherein vorzusorgen, um den
Haushaltsausgleich aufrechtzuerhalten. So viel zum Punkt A des Rechnungshofberichtes.
Ich komme nun zum zweiten Punkt - Personalangelegenheiten, wo im Bericht tabellarisch der
Personalaufwand für Aktive, derPensionsaufwand, die Summe des Personalaufwandes in Personen
sowie in absoluten Geldbeträgen ausgeworfen wird sowie das Verhältnis Aktivitäts- zum
Pensionsaufwand.
Als wesentliche Kritik führt der Rechnungshof bei der Betrachtung des Personalaufwandes an, daß
der mit dem Voranschlag des Landes für das Jahr 1973 vom Land genehmigte Dienstpostenplan
lediglich die Dienstposten der Lehrer an land- und forstwirtschaftlichen Schulen enthält, aber nicht die
Dienstposten der Landeslehrer an den öffentlichen allgemeinbildenden und berufsbildenden
Pflichtschulen. Der Dienstpostenplan dieser Landeslehrer wäre künftig in den Dienstpostenplan des
Landes aufzunehmen. Zur Warenabgabestelle des SC Landhaus stellt der Rechnungshof kurz dar,
wie es zu dieser Einrichtung überhaupt gekommen ist und erläutert die Gewerbeberechtigung sowie
den Personenkreis, für den diese Stelle gedacht ist. Die Geschäftsräumlichkeiten des sogenannten
,,Zimmer 10" werden, so führt der Rechnungshof weiter aus, von der Landesregierung unentgeltlich
zur Verfügung gestellt. Der SC Landhaus zahlt weder Miete noch Beiträge für die Beheizungs- und
Beleuchtungskosten. Der Personalaufwand, im Jahre 1973 rund 465.000 Schilling, im Jahre 1974
über 500.000 Schilling, wird dem Land vom SC Landhaus nicht ersetzt.
Der Rechnungshof kommt nunmehr zu dem Schluß, daß diese lebenden Subventionen inder Höhe
von jährlich rund einer halben Million Schilling an den SC Landhaus unterbleiben sollten und eine
allenfalls beabsichtigte Förderung der Erholungseinrichtungen des SC Landhaus besser so erfolgen
sollte, daß man den Sportclub aus Voranschlagsmitteln direkt subventioniert.
Der Rechnungshof würde es als sinnvoll erachten, durch Errichtung eines kleinen Buffets im Bereich
der Landhausküche die Versorgung der Bediensteten außerhalb der Mittagszeit sicherzustellen und
meint, daß solcherart die Warenabgabestelle des SC Landhauses im Amtsgebäude aufgelassen
werden könnte.
Als Punkt vier behandelt der Rechnungshofbericht des Landesfürsorgeheim in Wr. Neustadt und stellt
zur Berechnung der durchschnittlichen Kosten der Tagesverpflegung fest, daß diese in den geprüften
Jahren fälschlicherweise ohne Berücksichtigung deranfänglichen und schließlichen
Lebensmittelbestände erfolgte und daher einen ungenauen Tagsatz ergab. Die tatsächlichen
Lebensmittelkosten in den Jahren 1969, 1972 und 1973 lagen unter und in den Jahren 1970 und 1971
über den veranschlagten Lebensmittelkosten.
Zum Thema der sogenannten ,,Kurzaufnahmen" führt der Rechnungshof aus, daß es bisher üblich
war, Heiminsassen, die infolge eines Krankenhausaufenthaltes oder eines Urlaubes nicht anwesend
waren, ihren Heimplatz kostenlos freizuhalten. Aus diesem kostenlosen Freihalten von Betten
entstand im Jahre 1973 ein finanzieller Ausfall von rund 181 .OOO Schilling.
Der Rechnungshof ist der Ansicht, daß das kostenlose Freihalten von Betten im Interesse der
anwesenden Heiminsassen nicht länger aufrechterhalten werden sollte und empfiehlt, künftig auch für
die Tage der Abwesenheit angemessene Gebühren festzusetzen und einzuheben. Zur Situation auf
dem Sektor ,,Pflegepersonal" kommt der Rechnungshof zu dem Resultat, daß dem Heim in Wr.
Neustadt weiteres Personal zur Verfügung gestellt werden sollte.
Bezüglich der Verwahrgelder der Pfleglinge wurde vom Rechnungshof festgehalten, daß er die
bisherige Praxis des Fürsorgeheimes, die zum Teil recht ansehnlichen Verwahrgelder der
Heiminsassen den eigenen Betriebsmitteln zuzuzählen, nicht für zweckmäßig hält und empfiehlt,
künftig alle, eine bestimmte Betragsgrenze von S 1.500 überschreitenden Verwahrgelder auf
Sparbücher oder Sparkonten zu hinterlegen und die Sparbücher in Verwahrung zu nehmen.
Die Niederösterreichische Landesregierung hat in ihrer Äußerung zu dieser Kritik entsprechende
Anweisungen bereits getroffen und die Heimverwaltung angewiesen, im Sinne des
Rechnungshofberichtes vorzugehen,wenn der Pflegling bzw. dessen gesetzlicher Vertreter damit
einverstanden ist.
Beim Landesjugendheim in Mödling und bei der Heilpädagogischen Beobachtungsstation ebendort
kommt der Rechnungshof bei intensiver Untersuchung der Gebarung des Heimes und der Station zu
dem Schluß, daß die Pflegegebühren zu niedrig angesetzt wurden und führt aus, daß in den Jahren
1969 bis 1973 die unzulänglichen Pflegegebühren sich in einem Abgang von insgesamt rund 5,7
Millionen Schilling beim Landesjugendheim und mit 3 Millionen Schilling bei der Heilpädagogischen
Beobachtungsstation ausgewirkt hätten.
In der Äußerung der Landesregierung wird dazu ausgesagt, daß die Verpflegsgebührenfestsetzung
nicht nur für ein Heim berechnet wird, sondern daß sechs Landesjugendheime und ab 1. Jänner 1975
auch die Landesjugendheime Matzen und Pottenstein sowie die Heilpädagogische Beobachtungsstation in die Durchschnittsberechnungen miteinbezogen werden und dem Grundsatz der Kostendeckung solcherart für den gesamten Komplex Rechnung getragen wird.
Der Rechnungshof meint in seiner Gegenäußerung dazu, daß die erwähnten Einrichtungen, Heime
usw. verschiedenen Zwecken dienen, nach verschiedener Zielsetzung geführt werden und daher
unterschiedlicher Ausstattung und Leitung bedürfen. Er läßt es dahingestellt, so führt er weiters aus,
ob es richtig ist, für Anstalten mit so unterschiedlichen Gebarungsergebnissen einheitliche Verpflegsgebühren festzusetzen.
Zur laufenden Anpassung der Verpflegsgebühren ist die Ansicht des Rechnungshofes folgende, daß
die Erstellung der betreffenden Jahresrechnung nicht Voraussetzung für eine derartige Anpassung
wäre. Er meint, daß an Hand der vom Heim geführten Rechnungsaufschreibungen unschwer feststellbar sein müßte, ob Anlaß für eine Anpassung bzw. Änrung der Verpflegsgebühren besteht, wobei er
einen Turnus von vierteljährlichen Oberprüfungen empfiehlt. Solcherart können die Verpflegsgebühren
schon vor dem Rechnungsabschluß entsprechend den geänderten Preisverhältnissen angepaßt
werden.
Zu der Deckung der Abgänge bei den Landesjugendheimen stellt er fest, daß diese durch Landeszuschüsse erfolgt. Diese nicht unbedeutende Fürsorgeleistung des Landes könnte, so meint der
Rechnungshof, im Voranschlag und Rechnungsabschluß sichtbar gemacht werden, indem diese im
Unterabschnitt 462 als ,,Förderungsmaßnahme für Jugendliche" ausgewiesen wird.
Beim Kapitel ,,Körperliche Ertüchtigung" kritisiert der Rechnungshof hinsichtlich der Förderung von
Sportvereinen und Sportverbänden, daß dem Niederösterreichischen Sportförderungsgesetz nicht
entsprechend Rechnung getragen wurde. Nach diesem Gesetz wären die Subventionsempfänger
verpflichtet, die widmungsgemäße Verwendung der erhaltenden Mittel nachzuweisen. Dies ist in
vielen Fällen, die überprüft wurden, nicht geschehen. Die Landesregierung berichtet dazu, daß nunmehr bei allen Subventionen die widmungsgemäße Verwendung unbedingt nachzuweisen ist.
Zum Thema ,,Wohnbauförderungsfonds für das Bundesland Niederösterreich" führt der Rechnungshof
im Bericht die gesetzlichen Bestimmungen bzw. eine kurze Genesis der Förderung an und verweist
darauf, daß der Fonds Rechtspersönlichkeit besitzt. Nach Meinung des Rechnungshofes wäre auf
Grund der gesetzlichen Situation die mit den Förderungsmaßnahmen verbundene Gebarung getrennt
von der Landesgebarung zu verrechnen, wo hingegen bis zum Prüfungszeitpunkt keine eigene
Vermögensverrechnung geführt wurde und auch die Gebarung mit den Mitteln des Fonds nicht auf
einem Konto abgewickelt wurde.
Anhand von einigen Beispielen zeigt weiters der Bericht Probleme bei der Rückzahlung der Darlehen
auf und empfiehlt, eine bestimmte Zeit nach Auszahlung von 90% der Darlehenssumme den Kreditnehmer an die Vorlage der Bewohnungs- und Benützungsbewilligung zu erinnern bzw. auf die Bauvollendung zu drängen und den Beginn der Rückzahlungen nicht von der Vorlage der baupolizeilichen
Bewohnungs- und Benützungsbewilligung, sondern vom Zeitpunkt der Erteilung dieser Bewilligungen
abhängig zu machen.
Zweck dieser Empfehlungen wäre der rasche und baldige Rückfluß der Zahlungsraten in den Fonds.
Wiederum an vielen Einzelbeispielen werden Probleme hinsichtlich der Vorlage der Schlußnachweisungen und Empfehlungen zu Widerrufen der Fondshilfe dargestellt sowie die Auszahlung von
Darlehen ohne entsprechende Baufortschrittsmeldung und unerledigt gebliebene Geschäftsstücke, die
im Zuge der Prüfung durch den Rechnungshof vorgefunden wurden.
In der Äußerung der Landesregierung wird auf diese Einzelfälle entsprechend eingegangen, es wird
den Anregungen des Rechnungshofes nachgekommen bzw. entsprechende Aufklärung gegeben. Zu
den wesentlichsten Feststellungen, daß der Wohnbauförderungsfonds als Rechtspersönlichkeit anzusehen sei und auch die Gebarung und Vermögensrechnung entsprechend gehandhabt werden
müsse, stellt die Landesregierung fest, daß sie selbstverständlich auch diese Ansicht teile und daß die
derzeitige Vollzugsregelung lediglich eine Zwischenbzw. eine Übergangslösung bis zur Herausnahme
aus der Landesregierung darstellt.
Zur Verwirklichung der angestrebten Verselbständigung des Fonds durch Einführung einer eigenen
Vermögensregelung wurde bereits die Finanzverwaltung befaßt. Wegen Eröffnung eines eigenen
Fondskontos finden Verhandlungen mit Kreditinstituten statt, um die zweckmäßigste und rationellste
Gebarungsorganisation für den Fonds ermitteln zu können.
Hinsichtlich der Anregungen des Rechnungshofes, die Rückzahlungen auf den Zeitpunkt der Erteilung
der baupolizeilichen Bewohnungs- und Benützungsbewilligung zu fixieren, wird von der Landesregierung angeführt, daß seitens der zuständigen Abteilung aus den bisherigen Erfahrungen heraus
ein kalendermäßig fixierter Zeitpunkt, der sich an der vorletzten Auszahlungsrate zu orientieren hätte,
als bessere Lösung dieser Problematik angesehen wird.
Zum Punkt ,,Feuerwehrwesen" wird festgestellt, daß zum Zwecke der Förderung des Feuerwehrwesens dem Niederösterreichischen Landesfeuerwehrverband für die Subventionierung von Freiwilligen Feuerwehren folgende Mittel zur Verfügung gestellt wurden:
1972 9,6 Millionen Schilling, 1973 6,7 Millionen Schilling, 1974 13,l Millionen Schilling. Aus diesen
Mitteln verteilt der Landesfeuerwehrkommandant gemäß den Beschlüssen des Landesfeuerwehrrates
die Subventionen. Eine in diesem Zusammenhang vom Landesfeuerwehrkommandanten erstellte
Vorschlagsliste ist vom zuständigen Regierungsmitglied zu genehmigen. Diese Aufstellung weist aber
nur den Zahlungsempfänger, den Gegenstand der Subvention und ihre Höhe aus. Nähere Begründungen bzw. Darlegungen der Zweckmäßigkeit unter anderem fehlen. Der Rechnungshof vermerkt
hiezu, daß der Gesetzgeber in der gesetzlichen Regelung des Feuerpolizei- und Feuerwehrwesens
dem Niederösterreichischen Landesfeuerwehrverband nicht den Auftrag erteilt hat, die im Landeshaushalt für die Förderung des Feuerwehrwesens präliminierten Mittel nach eigenen Vorstellungen zu
verteilen.
Die Äußerung der Landesregierung dazu bringt einige Informationen und Argumente zur Aufklärung
des Sachverhaltes, letzten Endes wird aber festgestellt, daß die Neuregelung des beanstandeten
SubventionierungsVerfahrens in Behandlung steht.
Sehr eingehend hat der Rechnungshof die Pflege und Förderung des Fremdenverkehrs in Niederösterreich untersucht. (Zweiter Präsident Binder übernimmt den Vorsitz.) Ich möchte daher in diesem
Bereich die Sachverhaltsdarstellungen hintanstellen und das Hohe Haus vor allem über die Schlußfolgerungen informieren, die die Prüfungsorgane aus den Untersuchungen gezogen haben:
Aus der Tatsache, daß von vier Städten mit eigenem Statut und 326 Gemeinden im Lande nur 2
Städte sowie 195 Gemeinden um Einstufung als Fremdenverkehrsgemeinden angesucht haben,
folgert der Rechnungshof eine geringe Bereitschaft der niederösterreichischen Gemeinden zur
Abgabeneinhebung, das heißt zur Einhebung von Ortstaxen bzw. Fremdenverkehrsförderungsbeiträgen. Das eine setzt nämlich das andere voraus. Ohne diese Bereitschaft, so schreibt der
Rechnungshof, sind die Maßnahmen des Landes, die sich für den Fremdenverkehr anbietenden
Gemeinden und Landesteile in diesen Wirtschaftszweige einzugliedern, von vornherein in Frage gestellt. Es hat daher nur wenig Sinn, Gemeinden zu fördern, die es ablehnen, von ihren Rechten zur
Abgabeneinhebung Gebrauch zu machen.
Die Niederösterreichische Landesregierung wendet dagegen ein, daß es vorerst notwendig ist,
Fremdenverkehrseinrichtung in größerem Ausmaß zu schaffen und dann mit gutem Recht von den
Gästen Ortstaxen verlangen zu können.
Nach den statistischen Unterlagen, so folgert weiters der Rechnungshof, liegt das Bundesland
Niederösterreich nicht nur bei den für alle Unterkunftsarten in den Bundesländern gemeldeten
Nächtigungszahlen, sondern auch mit seinen Prozentanteilen an den in den Bundesländern (ohne
Wien) verzeichneten Übernachtungen an vorletzter Stelle, während die Steiermark als vergleichbares
Bundesland nach Tirol, Kärnten und Salzburg die vierte Stelle einnimmt. Die gleichen Plätze nehmen
Niederösterreich und Steiermark auch bei den finanziell mehr ins Gewicht fallenden Übernachtungen
in gewerblichen Beherbergungsbetrieben und in Privatquartieren ein. Selbst bei den Nächtigungen der
Wiener liegt Niederösterreich hinter der Steiermark erst an zweiter Stelle.
Der Fremdenverkehrswirtschaft in NiederÖsterreich, so der Bericht, ist es gelungen, ihren Anteil am
Wiener Reisepublikum zu halten, geschweige denn zu erhöhen; allerdings wurde dieser Rückgang
durch verstärkten Zugang aus der Bundesrepublik Deutschland weitgehend wettgemacht. Der
Fremdenverkehr in Niederösterreich wird auch in Zukunft auf Grund der gegebenen Verhältnisse in
erster Linie auf den Gast aus der Bundeshauptstadt angewiesen sein.
Das wachsende Interesse der Besucher aus der Bundesrepublik Deutschland ist zu begrüßen und
könnte nach Ansicht des Rechungshofes auch mit Aussicht auf Erfolg noch stärker angeregt werden,
insbesondere, wenn der Erholungszweck des Urlaubes in der Werbung stärker in den Vordergrund
gerückt wird. Beide Gesichtspunkte sollten daher bei der Fremdenverkehrsförderung durch das Land
im Auge behalten werden.
Pressewerbung: Der Rechnungshof zieht nun, um den Komplex Fremdenverkehr beurteilen zu können, Vergleichszahlen aus anderen Bundesländern heran. Er stellt zum Thema Pressewerbung fest,
daß zum Beispiel Salzburg um insgesamt rund 36 Millionen Schilling höhere Ausgaben für die
Pressewerbung tätigt und verweist darauf, daß das Salzburger Landesfremdenverkehrsamt dieser
Werbesparte eine vorrangige Bedeutung beimißt.
Auch Niederösterreich hat seit dem Jahre 1972 die Pressewerbung für den niederösterreichischen
Fremdenverkehr verstärkt. So stiegen die Aufwendungen im Jahre 1972 gegenüber dem Vorjahr um
rund 90% und lagen im Jahre 1973 um 12,476 über dem gleichen Aufwand des Salzburger Landesfremdenverkehrsamtes. Allerdings, so der Rechnungshof, wird es weiterer finanzieller Anstrengungen
bedürfen, um das Reise- und Erholungsland Niederösterreich zu propagieren.
Der Rechnungshof stellt im Zusammenhang mit der Auslandswerbung die Frage, ob es nicht zweckmäßig wäre, in Zukunft eine Beschränkung der jährlichen Pressewerbung auf zwei Auslandsmärkte
vorzunehmen und meint weiters, daß ein Teil der für die Intensivierung der Insertionen im Ausland
erforderlichen Gelder durch Einsparungen bei den Inlandinseraten bereitgestellt werden könnte. Der
Rechnungshof ist nämlich der Ansicht, daß zahlreiche Inserate in Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Druckwerken im Inland eingespart werden könnten. Er empfiehlt daher, im Hinblick auf die notwendige Sparsamkeit und zweckmäßige Verwendung der finanziellen Mittel, künftig von ihm nicht als
werbewirksam erscheinenden Anträgen Abstand zu nehmen.
Hinsichtlich der Herstellung und Verteilung von Prospekten, Hotelpreislisten, Verzeichnissen und dergleichen verweist der Rechnungshof wieder auf die Notwendigkeit, die Prinzipien der Sparsamkeit und
zweckmäßigen Verwendung in den Vordergrund zu stellen und regt insbesondere beim Aufwand für
Landesprospekte und für diverse Kalender in Niederösterreich an zu prüfen, ob die Ausgaben in der
festgestellten Höhe (für die Jahre 1970 bis 1973 waren es 11 Millionen Schilling, in Salzburg
vergleichsweise 7,3 Millionen Schilling, in Kärnten vergleichsweise 7,5 Millionen Schilling) noch
gerechtfertigt sind.
Der Rechnungshof kritisiert aber nicht nur, sondern stellt als positiv heraus die Beteiligungen an
Ausstellungen, Messen und dergleichen, die vom Land Niederösterreich in den Jahre 1970 bis 1973
vorgenommen wurden, und begrüßt diese Initiativen, weil durch die Beteiligungen an Ausstellungen
und Messen, so führt er aus, mit verhältnismäßig geringen Mitteln doch beachtliche Werbewirkungen
erzielt werden können. Auf diesem Sektor gibt Niederösterreich mit 2,6 Millionen Schilling oder 207%
mehr aus als das Vergleichsland Salzburg und um rund 1 Million Schilling oder 33% mehr als Kärnten.
Nicht besonders positiv klassifiziert der Rechnungshof die Betreuung ausländischer Journalisten und
Reisebürofachleute, insbesondere deswegen, weil auf irgend welche Erfolge dieser Werbeausgaben,
die wiederum wesentlich höher sind als in Salzburg und in Kärnten, nicht verwiesen werden konnte.
Hingegen stellt der Rechnungshof Fälle fest, bei welchen es fraglich erschien, ob die von den
betreuten Personen für das Land Niederösterreich betriebene Werbung mit den Betreuungskosten in
Einklang zu bringen waren. In Hinkunft empfiehlt er, auf diesem Gebiet einen strengeren Maßstab als
bisher anzulegen. Für Werbestellen im Inland wurden in den Jahren 1970 bis 1973 rund 226.000
Schilling ausgegeben. Es handelt sich hiebei hauptsächlich um die in einem Raum des Autobahnrasthauses St. Pölten betriebene Niederösterreichische Informationsstelle.
Der Rechnungshof begrüßt diese Einrichtung grundsätzlich, verweist jedoch auf besondere vertragliche Regelungen und empfiehlt weitere Bemühungen, die Effizienz dieser Stelle zu erhöhen.
Bezüglich finanzieller Beiträge an Private kritisiert der Rechnungshof die Übernahme von Verlusten
auf Autobusfahrten zu niederösterreichischen Veranstaltungen mit Teilnehmerzahlen, die normalerweise zur Absage dieser Fahrt berechtigt hätten. Er kritisiert weiters die Förderung eines Schießstandes aus der Voranschlagspost 77-63 ,,Förderung der Einrichtungen von Fremdenverkehrsanlagen" mit rund 120.000 Schilling, außerdem die Gewährung eines nichtrückzahlbaren Landesbeitrages von 100.000 Schilling für den Ausbau einer Schießstätte, weiters einen nichtrückzahlbaren
Landesbeitrag von 60.000 Schilling zwecks Neuerrichtung einer Werkstätte eines Rudervereines
sowie weiters eine Subvention von 15.000 Schilling für einen Männergesangsverein zwecks Teilnahme an einem Sängerfest.
Die demonstrative Anführung dieser Beispiele mündet in der Aussage des Rechnungshofes, daß bei
Erledigung von Subventionsansuchen der genannten und ähnlicher Art die voraussichtliche Werbewirkung des Vorhabens für den Fremdenverkehr für eine positive Entscheidung maßgeblich sein
sollte. Soviel zum Thema ,,Fremdenverkehr".
Zum „Kurzentrum Bad Deutsch-Altenburg" ist bereits in der Inhaltsangabe die Zielrichtung der Kritik
des Rechnungshofes erkennbar: Fünf Subventionsansuchen, drei ständig steigende Kostenschätzungen und ständig neue Finanzierungspläne. Die Ausgangssituation war, die starke Jodschwefelquelle in Bad Deutsch-Altenburg besser zu nützen.
1970 gründeten die Gemeinden Bad Deutsch-Altenburg und Hainburg sowie ein privates Unternehmen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Zwecke der Errichtung und des Betriebes
eines Kurzzentrum . Von einer Kostenschätzung mit 12 Millionen Schilling im Dezember 1971 oder auf
Grund von Dezember 1971 bis Dezember 1972 vorgenommener Planungen stiegen die Kostenschätzungen auf das Sechsfache von rund 75 Millionen Schilling.
Im Finanzierungsplan werden Bund und Land verstärkt herangezogen:
a) durch Zinsenzuschüsse des Bundes und des Landes für einen Kredit von 10 Millionen Schilling;
b) durch ERP-Kredite in der Höhe von 25 illionen Schilling, für den das Land die Haftung zu übernehmen hätte;
c) durch einen Fremdenverkehrskredit in der öhe von 10 Millionen Schilling im Jahre 1974, für den
die Marktgemeinde haftet;
d) durch einen Fremdenverkehrskredit im Jahre 1975 von 10 Millionen Schilling, für den der private
Gesellschafter zu haften hätte;
e) durch Eigenleistungen der Marktgemeinde und des privaten Gesellschafters im Ausmaß von 10
Millionen Schilling und
f ) durch Landessubventionen von insgesamt 10 Millionen Schilling,
daher zusammen 75 Millionen Schilling.
In weiterer Folge wird ein Vertragsentwuf zur Gründung einer neuen zweiten Gesellschaft in Form
einer Kommanditgesellschaft der Landesregierung vorgelegt, wonach die privaten Gesellschaften
über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung verfügen. Der Rechnungshof stellt vorerst dazu fest, daß das Projekt in den letzten fünf Jahren mit insgesamt 4,7 Millionen Schilling aus
Landesmitteln subventioniert wurde, obwohl sich bei der Finanzierung Schwierigkeiten ergeben und
weiters, daß die Beschaffung der zur Bedeckung der Errichtungskosten noch erforderlichen finanziellen Mittel den Gesellschaftern noch erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird.
Zusammenfassend empfiehlt der Rechnungshof dem Land, sich ehestens über die finanzielle Lage
der Gesellschafter und den Umfang des Projektes Klarheit zu verschaffen, um die sich für das Land
daraus ergebenden Folgerungen ziehen zu können. Der Rechnungshof verweist vor allem darauf, daß
das Projekt nicht mehr ohne Einverständnis des Landes als Subventionsgeber ausgeweitet werden
dürfe. Der bisherige und noch zu erwartende Einsatz beträchtlicher Landesmittel mache es erforderlich zu prüfen, ob nicht eine andere Form der Bereitstellung finanzieller Mittel für das Landesvermögen günstiger wäre und dem Land ein Mitspracherecht bei der Errichtung und dem Betrieb des
Kurzentrums sichern würde. Da an dem Projekt eine niederösterreichische Gemeinde maßgeblich
beteiligt ist, würde ein Mißerfolg des Vorhabens wahrscheinlich nicht ohne Auswirkungen auf die
Landesfinanzen bleiben.
In den Äußerungen der Landesregierung wird hiezu ausgeführt, daß beabsichtigt ist, durch den
Landtag eine 10%ige Beteiligung des Landes an der Jod-Schwefel-Heilbadbetriebsgesellschaft
GesmbH. & Co zu erwirken und der öffentlichen Hand ein Mitspracherecht bei der Errichtung und
beim Betrieb des Kurzentrums zu sichern.
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit erlauben Sie, daß ich über die Untersuchungen des
Rechnungshofes zur Errichtung eines nordischen Schizentrums auf der Liegenschaft der Villa Anna in
geraffter Form referiere:
Die Niederösterreichische Landesregierung beschloß am 20. März 1973, die im Eigentum des Landes
stehende Liegenschaft Villa Anna zum Preis von 300.000 Schilling an die Gemeinde Kurort
Semmering zu verkaufen. Die Gemeinde Semmering beabsichtigt nämlich, im Zusammenhang mit der
Errichtung eines nordischen Schizentrums im Bereich der Paßhöhe Semmering ein Sport- und
Pressehaus zu errichten.
Diese Verkaufsentscheidung der Niederösterreichischen Landesregierung bezeichnet der
Rechnungshof als schwer verständlich, weil erstens ein Angebot von einem Privaten vorlag, der eine
Kaufsumme von 500.000 Schilling bot, und weil zweitens die Niederösterreichische Landesregierung
in Kenntnis der äußerst prekären finanziellen Situation der Gemeinde Semmering war.
Der Rechnungshof stellt sodann unter Anrechnung von Bürgschaften, Krediten und Darlehen fest, daß
die Bereitschaft der Landesregierung, der Gemeinde Kurort Semmering die Errichtung eines
,,Nordischen Schizentrums" zu ermöglichen, dem 'Land direkt oder indirekt ein Betrag von rund
4,5 Millionen Schilling gekostet habe. Von der Gemeinde Semmering wurde aber bisher, wie der
Aktenlage zu entnehmen war, noch kein finanzieller Beitrag geleistet.
Angesichts der schwierigen finanziellen Lage der Gemeinde Semmering sollte nach Angesicht des
Rechnungshofes das Förderungsvorhaben ,,Villa Anna" genau auf seine Zweckmäßigkeit und
Wirtschaftlichkeit geprüft werden, um zu vermeiden, daß der Betrieb des beabsichtigten Schizentrums
nur durch laufende Förderungsbeiträge seitens des Landes aufrechterhalten werden kann.
,,Bedarfszuweisungen an Gemeinden": Der Rechnungshof führt zu diesem Thema aus, daß die
Städte mit eigenem Statut sowie die Stadtgemeinden Baden, Klosterneuburg und Amstetten
Zuteilungen aus Bedarfszuweisungsmitteln nicht wie die übrigen Gemeinden Niederösterreich
erhielten, nämlich auf Grund von Ansuchen, welche einen begründeten Bedarf anführen, sondern in
einem Pauschalbetrag.
Diese Bedarfszuweisungen, so schreibt er weiters, werden nach einem Berechnungsverfahren
ermittelt, welches die von ihren Ertragsanteilen einbehaltenen Beträge, die Finanzkraft-Kopfquoten in
umgekehrter Reihung und die Einwohnerzahl der betreffenden Gebietskörperschaften berücksichtigt.
Der Rechnungshof stellt fest, daß er diesem Verteilungsmodus der §§ 12 und 13 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 nicht beipflichten könne. Bedarfszuweisungen können nämlich gemäß §12
des Finanz-Verfassungsgesetzes nicht nach einem bestimmten Schlüssel verteilt werden, sondern nur
gewährt werden: zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt, zur
Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder zum Ausgleich von Härten, die sich bei der Verteilung
von Ertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben.
Der Rechnungshof empfiehlt daher, die Niederösterreichischen Statutarstädte und die Stadtgemeinden Amstetten, Baden und Klosterneuburg bei der Zuteilung von Bedarfszuweisungen nicht
anders zu behandeln als die anderen Gemeinden Niederösterreichs, das heißt, daß diesen Gemeinden Bedarfszuweisungen nur mehr über begründete Ansuchen gewährt werden. Die Äußerung der
Landesregierung dazu sagt aus, daß den Vorstellungen des Rechnungshofes, ab dem nächsten
Haushaltsjahr, das ist demnach 1977, Folge geleistet wird.
Bei der tfberprüfung des ,,Niederösterreichischen Gemeindeinvestitionsfonds" befaßt sich der Rechnungshof insbesondere mit der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Er führt dazu aus, daß diesem
Gesetzentwurf das Ziel zugrunde lag, den Gemeinden und Gemeindeverbänden die Vorfinanzierung
von Vorhaben der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung sowie der Abfuhr und Beseitigung von
Müll zu erleichtern. Die Mittel des Fonds sollten vor allem durch Erlöse aus Darlehensaufnahmen
gewonnen werden, die Zinsen dieser Kredite wären in erster Linie für die Heranziehung von Bedarfszuweisungen aufzubringen.
Der Rechnungshof erachtet nunmehr die Heranziehung von Bedarfszuweisungen für den Zinsendienst als verfassungsmäßig bedenklich. Er schreibt dazu, daß die für die Bedarfszuweisungen an
Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmten zweckgebundenen Landesmittel gemäß § 12 des
Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 in Verbindung mit § 11 Absatz 1 Finanzausgleichsgesetz 1967
unmittelbar für die Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt sind. Der Gemeindeinvestitionsfonds
ist aber keine solche Gebietskörperschaft und kommt daher als unmittelbarer Empfänger von Bedarfszuweisungen nicht in Betracht.
Eine landesgesetzlich normierte Beteiligung an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben stellt somit
nach seiner Ansicht eine Erweiterung der finanzausgleichsrechtlichen Verteilungsregelung dar, zu der
gemäß Finanz-Verfassungsgesetz 1948 allein der Bundesgesetzgeber zuständig wäre.
Es erscheint dem Rechnungshof auch bedenklich, den Gesamtbetrag der Bedarfszuweisungen vor
der finanzverfassungsmäßigen Verteilung an die Gemeinden um einen erheblichen Teil zu mindern
und dadurch der Zweckbestimmung des 5 12 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 zu entziehen.
Der Rechnungshof sah sich daher veranlaßt, der Landesregierung zu empfehlen, künftig Gesetzesentwürfe vor deren Vorlage an den Hohen Landtag sorgfältig auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen
und in Zweifelsfällen die Verfassungsmäßigkeit eindeutig zu klären. Bei der Überweisung der Annuitäten führt der Rechnungshof aus, daß vom Kuratorium beschlossen wurde, aus Vereinfachungsgründen zu leistende Darlehen zu Rückzahlungsraten monatlich von den Bundesertragsanteilen einzubehalten und nicht zu überweisen. Um diese „Verrechnungsmodalität" ersucht die Gemeinde mittels
eines vom Gemeindeinvestitionsfonds vorgeschriebenen Antrages. Tatsächlich, so meint der Rechnungshof zu dieser Vorgangsweise, gibt dadurch die Gemeinde ihre Verfügung über die ihr zustehenden Abgabenertragsanteile an den Gemeindeinvestitionsfonds ab.
Der Rechnungshof ist der Auffassung, daß diese Art der vereinbarten Annuitätszahlung mit dem § 16
Absatz 2 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 nicht im Einklang stehe. Dieser Paragraph beinhaltet
nämlich die Norm, daß eine Abtretung von Abgabenertragsanteilen, die den Gebietskörperschaften
zustehen, unzulässig ist. Als Empfehlung zum Prüfungskomplex „Gemeindeinvestitionsfonds" regt der
Rechnungshof auch an, mit den Rechnungsabschlüssen die Geschäftsberichte des Fonds zu veröffentlichen, um der Öffentlichkeit über die Leistungen des Gemeindeinvestitionsfonds Aufschluß zu
geben. Als letzten Punkt des Gesamtberichtes bringt der Rechnungshof in Erinnerung, daß er schon
im Jahre 1971 anläßlich der Gebarungsprüfung der Jahre 1967 und 1968 empfohlen habe, die
Landesregierung möge dem Beispiel anderer Bundesländer folgen und allgemeine Richtlinien für
Förderungen aus Landesmitteln erlassen.
Sie seien, so führt der Rechnungshof aus, nicht nur im Interesse eines zielgerechten und sparsamen
Einsatzes der Förderungskredite notwendig, sondern auch geeignet, die mit der Bearbeitung und
Genehmigung von Subventionsansuchen befaßten Organe des Landes vor allfälligen Vorwürfen einer
nicht gebräuchlichen oder leichtfertigen Verwendung öffentlicher Mittel bei der Gewährung von
Förderungsbeiträgen zu schützen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich darf namens des Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung, betreffend die Prüfung der Gebarung der Jahre 1969 bis 1973 des
Bundeslandes Niederösterreich durch den Rechnungshof, folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„Der Bericht des Rechnungshofes über die Gebarung des Landes Niederösterreich in den Jahren
1969 bis 1973 wird zur Kenntnis genommen."
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der Abg. Lechner.
Ich erteile es ihm.
Abg. LECHNER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rechnungshofbericht nimmt die Beurteilung der Maßnahmen, die auf dem Sektor Fremdenverkehr von der zuständigen Abteilung getroffen wurden, breiten Raum ein. Der Berichterstatter hat hier schon erklärt, daß der Rechnungshof
die Zahl der Gemeinden Niederösterreichs im Verhältnis zu den Fremdenverkehrsgemeinden vergleicht und stellt dazu fest, daß trotz der Anregung der Landesregierung aus dem Jahre 1972, es
mögen sich die Gemeinden mehr um das Prädikat ,,Fremdenverkehrsgemeinde" bei der Landesregierung bemühen, sehr wenig Erfolg beschieden war. Er nimmt insofern dazu Stellung, als er sagt,
nach dem Fremdenverkehrsgesetz 1957 waren die Gemeinden verpflichtet, Ortstaxen und Fremdenverkehrsförderungsbeiträge einzuheben, nach dem Fremdenverkehrsgesetz 1973 wurde daraus die
Ermächtigung, aber trotzdem haben sich sehr wenige Gemeinden bemüht, Fremdenverkehrsgemeinde zu werden, und er schließt nun an, daß in dem § 9 des Fremdenverkehrsgesetzes 1973
eigentlich enthalten wäre, daß nur jene Gemeinden, die ihre Mittel für Fremdenverkehrsvorhaben ausgeschöpft haben - und da sind auch die Abgaben gemeint - eben aus Landesmitteln Förderungen
erhalten sollten.
Meine Damen und Herren! Ich messe hier den Ausführungen der Landesregierung sehr viel Richtigkeit bei, wenn gesagt wird, daß man sich bei den Subventionen nicht allein auf jene
Fremdenverkehrsgemeinden beziehen kann, die schon Fremdenverkehrsgemeinden sind, aber diese
Einrichtung eben im Begriffe sind zu schaffen, ganz besonders fördern muß. Ich glaube auch, daß die
Landesregierung im Hinblick auf das Raumordnungsprogramm für Fremdenverkehr Einfluß darauf hat,
wo ja die verschiedenen Klassifikationen getroffen werden; man könnte vielleicht davon ableiten, daß
die Ortstaxen dort eingehoben werden können, wo die Gemeinden bereits
Fremdenverkehrseinrichtungen für die Gäste geschaffen haben, also dafür auch etwas geboten wird.
Zweitens könnten die Fremdenverkehrsförderungsbeiträge von den Gewerbetreibenden und
Freiberuflern erst dann eingehoben werden, wenn man auch die Garantie hat, daß durch den
Fremdenverkehr die Gewerbebetriebe bereits auch eine gewisse Wertschöpfung haben. Insoferne
sind also die Aussagen des Referates sicher richtig.
Ich glaube, daß ich mich jetzt einem Problem zuwenden kann, das hier vom Rechnungshof ganz
besonders ausgeführt wird, nämlich die Mittel, die das Land Niederösterreich vom Jahre 1970 bis
einschließlich 1973 dem Fremdenverkehr zur Verfügung gestellt hat. Es sind 177,88 Millionen
Schilling und der Rechnungshof bringt in einer Aufstellung auch die Kopfquote, sie beträgt bei 1,4
Millionen Einwohnern in Niederösterreich etwa 29,55 Schilling. Damit steht Niederösterreich im
Vergleich zu anderen Bundesländern an dritter Stelle. Ich nenne nur die Vergleichszahlen:
Oberösterreich 29,51, Vorarlberg niedriger mit 23 Schilling Kopfquote, Kärnten mit 39,9, Burgenland
mit 49,5. Die Steiermark - hier möchte ich ganz besonders betonen, ein Bundesland, das in der
Größe, Einwohnerzahl und der Lage vielleicht am ehesten mit Niederösterreich verglichen werden
kann - hat in dieser Zeit eine Kopfquote von 16,13 Schilling. In Tirol, ich nenne sie nur mit
Hochachtung, wird eine Kopfquote von 121 Schilling pro Einwohner vermerkt. Und hier können wir
sagen, meine Damen und Herren, die Steiermark hat in derselben Zeit, als Niederösterreich 177,888
Millionen Schilling ausgab, für den Fremdenverkehr um 62% mehr, nämlich 286,8 Millionen Schilling,
ausgegeben. Wir können auch erkennen, daß dieses Bundesland Steiermark in Anbetracht des
großen Engagement auf diesem Sektor wesentlich größere Erfolge zu verzeichnen hat, wenngleich
auch die Ausführung der Landesregierung nicht ganz unrichtig ist, daß Niederösterreich im Vergleich
zur Steiermark zum Großteil Einsaisongebiete hat. Aber eines steht doch fest: Wenn die Abteilung
sich nun dazu äußert, daß aus der ganzen Aufstellung ein Rückgang des Wiener Reisepublikums zu
ersehen ist, und sagt, das Reiseverhalten der Wiener hätte sich geändert, kann ich dem nicht ganz
beipflichten, wenn wir die Nächtigungsziffern der Steiermark in bezug auf die Wiener in Vergleich
ziehen. Wenn man hier sagt, das Prestigedenken der Niederösterreicher ist zu wenig attraktiv, man
müßte also weiter fahren, um dann dem Nachbar erzählen zu können, wie weit man mit dem Flugzeug
geflogen ist, ich glaube, das würde auch für die anderen Bundesländer zutreffen. Eines steht fest,
meine Damen und Herren, das habe ich hier wiederholt in diesem Hause gesagt: Wenn wir immer
wieder davon reden, daß es Niederösterreich im Hinblick auf die Vergangenheit, die Nachkriegsjahre
und so weiter, ganz besonders schwierig hatte, so können wir den Abstand zu den anderen
Bundesländern nur dann aufholen, wenn wir außerordentliche Maßnahmen setzen. Die Steiermark hat
sicherlich mehr solcher außerordentlicher Maßnahmen gesetzt. Natürlich sind es nicht allein die
Landesmittel, aber es ist sicherlich beruhigend für die Fremdenverkehrsbetriebe und Gemeinden,
wenn man weiß, daß die Landesregierung sich für den Fremdenverkehr mehr engagiert als das in den
vergangenen Jahren der Fall war. Man hört heute noch immer, meine Damen und Herren, daß bei der
Fremdenverkehrskreditaktion Streichungen bei den Ansuchen vorgenommen werden müssen.
Ich möchte mich nicht mehr beschäftigen mit dem, was der Herr Berichterstatter so genau ausgeführt
hat über die Pressewerbung, wo der Rechnungshof feststellt und empfiehlt, das Land Niederösterreich
möge es doch den Salzburgern gleichmachen, nämlich mehr Pressewerbung, obwohl das sehr teuer
ist, und eine Schwerpunktsetzung der Pressewerbung in den ausländischen Zeitungen bzw.
überhaupt die Werbung schwerpunktmäßig im Ausland zu führen. Er gibt dazu an, daß
Niederösterreich in den verschiedensten Staaten, z. B. Schweiz und Schweden, in den letzten Jahren
nur ganz geringe Beträge für die Werbung aufgewendet hat und meint, daß eine gute Pressewerbung
im Ausland pro Land innerhalb von drei Jahren mindestens 1,5 Millionen Schilling erfordert.
Meine Damen und Herren, der Rechnungshof kritisiert die teilweise Subventionsgebung und führt hier
auch einige Schießstände und einen Ruderklub an, dem bei Hochwasser die Werkstätte zerstört
wurde. Das Amt der Landesregierung hat hiezu erklärt, auch ein Schießstand hätte für den
Fremdenverkehr Bedeutung. Man könnte es so ausdrücken: Es gibt fast nichts, Herr Landesrat, was
man nicht unter dem Titel Fremdenverkehr fördern könnte, aber ich glaube, daß das Wegschwemmen
einer Werkstätte viel mehr den Katastrophenfonds betreffen würde. Ich habe allerdings schon gehört,
daß man dort auch nicht immer alles bekommt.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich nun einem Kapitel zuwenden, welches ich näher
ausführen muß, denn der Berichterstatter hat das mehr oder weniger nur gestreift, vorher aber noch
eines: Der Berichterstatter hat sich offensichtlich verlesen, wenn er sagt, es konnte der Anteil des
Reisepublikums gehalten werden. Ich möchte das insoferne richtigstellen, daß es im
Rechnungshofbericht heißt:
„Der niederösterreichischen Fremdenverkehrswirtschaft ist es nicht gelungen, den Anteil am Wiener
Reisepublikum zu halten." Er sagt allerdings, daß dafür ein verstärkter Zuzug aus der Bundesrepublik
gekommen ist. Dieses nun folgende Kapitel, meine Damen und Herren, möchte ich mit der
Feststellung einleiten, daß der Rechnungshof von 93 Seiten des Berichtes diesem Kapitel 12 Seiten
gewidmet hat. Sie ersehen daraus, daß hier sehr gründliche Aussagen getroffen wurden, und wenn
auch - ich meine jetzt Bad Deutsch-Altenburg - mit der Regierungsvorlage 288 vom Mai 1976 und mit
dem darauffolgenden Landtagsbeschluß in dieser komplizierten Entwicklung offensichtlich geordnete
Verhältnisse hergestellt wurden, so sollte den Ausführungen des Rechnungshofes zu diesem Projekt
doch besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, weil hier, meine Damen und Herren, eine
Entwicklung vor sich ging - das sollte man und muß man sagen -, die ein Musterbeispiel dafür ist, wie
eine unausgereifte Planung eine Kostenexplosion verursachen kann, die selbst dem Land
Niederösterreich durch ihre Höhe einige Sorgen bereitet hat. Und ich möchte nicht hoffen, daß diese
Sorgen noch weiter andauern. Der Rechnungshof geht davon aus, daß die Gemeinde DeutschAltenburg ein Subventionsansuchen einbrachte. Der Berichterstatter hat erklärt, es sind fünf solche
Ansuchen eingelangt. Sie sind so immer im Dezember und im Jänner eingelangt und man hat damals
als erstes eine Kostenschätzung über ein Vorhaben, Projekt wäre da zuviel gesagt, eingebracht,
welche für ein Hotel mit 60 Betten der A-Kategorie, also Super, eine Kostensumme - meine Damen
und Herren, bitte 1970 – von 5,28 Millionen Schilling annahm. Wenn man das dividiert und das hätte
man wahrscheinlich, wäre ein Techniker gefragt worden, sehr leicht tun können, so kommt man auf
einen Betrag von 88.000 Schilling pro Bett. Jeder von Ihnen, meine Damen und Herren, weiß, daß
heute nicht einmal ein Hotel der Kategorie C mit 88.000 Schilling zu bauen ist, sondern man nimmt
heute an, daß ein solches Bett an die 200.000 Schilling kostet, wenn nicht mehr. Damals waren es
88.000 Schilling, das beweist die einfache Division. Man hat aber noch dazu den Umbau des
bestehenden Gebäudes mit 1,2 Millionen Schilling, eine Schwimmhalle samt Nebenräumen, Kabinen,
Duschen, Liegewiesen - der Rechnungshof erwähnt sogar „etc." also folgt noch einiges dazu - mit
3,52 Millionen Schilling veranschlagt. Gesamtkosten 12 Millionen Schilling, zugrundegelegt eine
technische Beschreibung, eine Kostenschätzung eines Ziviltechnikers plus Finanzierungsplan. Der
war bald gemacht. Gemeinden Deutsch-Altenburg und Hainburg je eine Million, Private 1,5 Millionen
Schilling und das Land hatte die Ehre, mit 3 Millionen Schilling auf diesem Finanzierungsplan zu
stehen. Meine Damen und Herren, ich möchte nun nicht genau eingehen auf diese Dinge, daß das
Land zum Beispiel beschlossen hat, am 1. Jänner 1971 die erste Subventionsrate von 600.000
Schilling auszuzahlen, und der Gesellschaftervertrag erst im September geschlossen wurde und
dieser Betrag bereits auf dem Bankkonto der Gemeinde lag. Ich möchte nicht von der
Kostenerhöhung reden, es wurde gleich gesagt, wenn man nicht sehr rasch baut, kann jährlich 5%
Erhöhung angenommen werden.
Ich möchte vielmehr jetzt auf den zweiten Punkt eingehen und das ist meiner Ansicht nach das
Gravierende. Man hat praktisch am 28. Dezember 1971 das dritte Ansuchen um Subvention mit der
Begründung eingebracht, daß nach eingehender Bearbeitung des Projektes die Schätzung 1971
ausgewechselt wird, weil sie auf anderen Voraussetzungen beruht und die Kosten nicht richtig erfaßt
sind. Nunmehr, so sagte man, liegt eine neuerliche Kostenschätzung eines anderen Architekten vor,
der schon auf diesem Gebiet auf ausgeführte Projekte hinweisen kann. Gesamtherstellungskosten
74,34 Millionen Schilling! Von 12 Millionen Schilling auf 74 Millionen Schilling, also fast die sechsfache
Erhöhung. Man nimmt jetzt allerdings das Hotel mit 120 Betten an, spricht beim Hallenbad von 500
Personen Tageskapazität und teilt auch wieder die Finanzierung bereits insoferne ein, daß vom Land
an Subventionen 10 Millionen Schilling, ein Fremdenverkehrskredit von 7,8 Millionen Schilling und die
verschiedenen Kapitaleinlagen zu leisten sind. In der Zwischenzeit ist ja eine GesmbH. gegründet
worden, die dann eine Kommanditgesellschaft wird, an der sich, wie Sie aus der Regierungsvorlage
wissen, auch das Land Niederösterreich beteiligt. Dann kommen die ERP-Kredite mit 30 Millionen
Schilling, aus der Hausaktion werden 14 Millionen Schilling beansprucht und es geht sehr munter bei
dieser Finanzierung zu. Daß dann in späterer Zeit umfinanziert wird von 30 Millionen Schilling auf 22,5
Millionen und man dann endgültig bei 25 Millionen bleibt, das nur so nebenbei.
Die Landesregierung hat sich zu dem sehr kritischen Bericht des Rechnungshofes geäußert. Der
Bericht ist sehr kritisch, obwohl der Rechnungshof sehr zurückhaltende Formulierungen trifft, aber die
genaue Beschreibung dieser ganzen Projektierung auf 12 Seiten zeigt uns doch einiges. Wenn die
Landesregierung sagt, die Kostenschätzung war zu niedrig, ist das richtig; daß das Projekt zu diesem
Zeitpunkt nicht ausgereift war, stimmt auch. Aber daß man jetzt noch sagt, daß die Kostensumme
keineswegs als endgültige Bausumme angesehen werden kann, und daß die
Fremdenverkehrsabteilung in der Äußerung zum Rechnungshofbericht die große Kostenexplosion auf
dem Bausektor ins Treffen führt, das stimmt nicht ganz. Der Herr Kollege Molzer wird mir darin recht
geben, daß wir seit dem Vorjahr keine Kostenexplosion mehr auf dem Bausektor haben, im Gegenteil,
daß man heute in den Gemeinden verschiedene Projekte mit Preisen durchführen und verwirklichen
kann, die einer Zeit angemessen sind, die wir eigentlich als leider vorbei angesehen haben. Die
Kostenexplosion ist also auch nicht ganz zutreffend.
Ich möchte jetzt nur abschließend eines dazu sagen, meine Damen und Herren. Wenn auch das
ganze Projekt, diese ganze Errichtung des Kurzentrums, durch die Regierungsvorlage 288 repariert
wurde, so muß ich doch noch einfügen, daß wir wieder von 74 Millionen Schilling nach der
Regierungsvorlage auf 92 Millionen Schilling gekommen sind. Wenn wir diesen Summen Landessubvention 10 Millionen Schilling, Fremdenverkehrsförderungskredit 10 Millionen Schilling,
Hypokredit 10 Millionen Schilling, Landes- und Bundeszinsenzuschüsse, Versicherung der
Bundesländer 10 Millionen Schilling, Haftung Land, Fremdenverkehrsinvestitionskredite,
Hoteltreuhand 5 Millionen Schilling Landeshaftung, ERP-Kredit 5 Millionen Schilling Landeshaftung,
Einlage Land Niederösterreich 1,04 Millionen Schilling in den beiden Gesellschaften gegenüberstellen das Budget der Fremdenverkehrsmittel, die dem Lande Niederösterreich im Jahre
1976 zur Verfügung gestanden sind – Fremdenverkehrseinrichtungen Gemeinden 11 Millionen
Schilling, Wirtschaft 1,5 Millionen Schilling, geteilt nun Heilbäder und Kurorte Gemeinden 10 Millionen
Schilling, Wirtschaft 2,8 Millionen Schilling -, dann sollte jetzt nicht über das Verhältnis Kurorte und
Heilbäder zu den übrigen Gemeinden gesprochen werden, es sollen hier keine Neidkomplexe
geweckt werden, aber eines steht doch fest: Wenn man nur 10 Millionen Schilling für Heilbäder und
Kurorte im Jahresbudget zur Verfügung hat und die Niederösterreichische Landesregierung gibt bei
der Finanzierung allein 10 Millionen Schilling für dieses Projekt an Subventionen aus, dann ist hier
durchaus erkennbar, welche Größenordnung dieses Projekt einnimmt und welches Engagement durch
das Land für dieses Projekt ausgeübt wird. Ich möchte hier sagen, positiv zu einer
Schwerpunktförderung; positiv deshalb, weil wir immer dafür eingetreten sind, man möge nicht mit
Subventionen so wie mit der Gießkanne über die Gemeinden hinwegkommen. Aber es wird sich
zeigen, meine Damen und Herren, ob die Beteiligung des Landes, die ja nur in der KG mit etwa 9%
und auch in der GesmbH. mit etwa 9% untergebracht ist, obwohl das Land soviel Geld gibt, der
Stimme des Landes in der Gesellschaft den Einfluß verschaffen wird, den man bei einem solchen
Projekt auf Grund der vom Lande zur Verfügung gestellten Mittel haben könne. Ob es günstig sein
wird, daß das Land nur mit 9% in der Gesellschaft vertreten ist, das wird sich in der Zukunft zeigen.
Ich möchte nur abschließend noch sagen, ich hoffe auch, daß diese 92 Millionen zumindest in etwa
eingehalten werden können, denn wenn man mit verschiedenen Leuten spricht, die über diese Dinge
informiert sind, so stellt sich wirklich die Frage, ob dieses Kurzentrum mit weniger als 100 Millionen
geschaffen werden kann.
Ich darf mich nun noch der Villa Anna zuwenden, nur mit einigen Sätzen, weil der Herr Berichterstatter
erst damit begonnen hat, daß das Land die Villa Anna um 300.000 an die Gemeinde Semmering
verkauft hat. Er hat die Vorgeschichte in Anbetracht der Länge dieses Berichtes natürlich nicht
gebracht. Daß diese Villa Anna bereits eine Vorgeschichte hat, wissen viele Damen und Herren, die
hier versammelt sind. Diese Vorgeschichte bedeutet 780.000 Schilling. Um diesen Betrag hat nämlich
das Land die Villa Anna gekauft und hat sie dann der Gemeinde verkauft, obwohl die Finanzabteilung
hier sehr große Bedenken angemeldet hat. Wie berechtigt diese Bedenken waren, geht daraus
hervor, daß die Gemeinde diese 300.000 Schilling und die pfandrechtliche Belastung von glaube ich
79.000 Schilling nicht zahlen konnte, sodaß aus Sportförderungs- und Fremdenverkehrsmitteln der
Gemeinde Mittel für den Kauf zur Verfügung gestellt werden mußten. Meine Damen und Herren,
offensichtlich hat man nicht gewußt, was man mit dieser Villa Anna tun soll. Einmal, ein
,,Sportzentrum" zu errichten. Die Landesregierung hat sich dann zunächst bemüht, Klarheit zu
schaffen. Zuerst war es eigentlich ein Sport- und Pressehaus, dann ein solches innerhalb eines
Sportzentrums. Alle Initiativen, hier Bund und Länder, Steiermark usw., einzuschalten, sind
gescheitert. Das Land hat also diese Villa Anna einmal gekauft, hat sie dann der Gemeinde verkauft
und der Gemeinde, weil diese nicht zahlen konnte, das Kaufgeld vorgestreckt. Der Rechnungshof
kritisiert, daß das mit Sportförderungs- und Fremdenverkehrsmitteln geschehen ist. Ich möchte hier
vielleicht nur eines abschließend sagen. Herr Landesrat, Herr Landesfinanzreferent, wenn man diese
Entwicklung der Villa Anna betrachtet, würde ich Sie bitten, schlagen Sie sich den Namen Anna aus
dem Kopf. Ich hoffe, es kommt niemand mehr auf die Idee, rätselt immer wieder herum, daß die
Landesregierung sich vielleicht wieder einmal der Anna erinnert und irgendein Referat glaubt, ohne
Anna kommen wir nicht aus. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Die Frau Landesrat heißt auch
Anna!) Die haben wir ja, wir brauchen keine andere.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich nun einem letzten Kapitel zuwenden. Der
Rechnungshofbericht hat auch eine sehr kritische Stelle, hier geht es um die Benützung von
Dienstkraftwagen. Der Erlaß des Herrn Landeshauptmannes vom 4. Mai 1971 regelt den Einsatz von
Dienstkraftwagen und im Punkt 6 wurde laut Rechnungshof den Angehörigen der Dienstklasse IX und
einigen anderen leitenden Beamten eine Ausnahme in der Form bewilligt, daß sie Fahrten zum Dienst
und Heimfahrten nach 17 Uhr mit dem Dienstfahrzeug der Fahrbereitschaft durchführen können. Bei
Überprüfung der Reiserechnungen und der Dienstwageneinteilungen stellt der Rechnungshof fest,
daß für zwei Beamte - einer 25 Kilometer viermal am Tage sind 100, ein anderer 50 Kilometer
Entfernung von Wien mal vier gibt 200 - täglich vier Fahren mit zusammen 300 Kilometern und dem
Personalaufwand von zwei Pkw-Lenkern durchgeführt wurden. Diese Begünstigung, meine Damen
und Herren, geht nach Meinung des Rechnungshofes über jene der anderen Angehörigen der
Dienstklasse IX, welche ihren Wohnsitz in Wien haben, weit hinaus. Sie werden auch täglich abgeholt.
Der Rechnungshof empfiehlt daher zu prüfen, ob nicht durch die Anreise mit Massenverkehrsmitteln
bzw. durch Gewährung von Kilometergeld wesentliche Einsparungen getroffen werden können. Er
stellt fest, daß in dieser Richtung bereits ein erster Ansatz zu verzeichnen ist, da einer dieser Beamten
das erhöhte Kfz-Pauschale zuerkannt erhielt, weil er fallweise sein eigenes Fahrzeug nach Wien
benützt. Der Rechnungshof meint zu dieser Kfz-Pauschale-Zuerkennung, daß in diesem Falle eine
tägliche Beförderung vom Wohnort entbehrlich sei. Die Äußerung der Landesregierung dazu - ich
kann sie zusammenfassen - lautet: Dienst ist nicht ausschließlich in Wien, die Aufgabenstellung ist so
gegeben, daß man manchmal an mehreren Orten in Niederösterreich, nicht zugleich, aber sehr rasch
hintereinander, und gegebenenfalls auch in Wien tätig sei und erhöhte Anforderungen bezüglich der
Schnelligkeit gestellt werden. Es gibt natürlich auch Dienstfahrten, aber das hat der Rechnungshof
sicher nicht gemeint, die nicht in Wien beginnen, sondern Wien gar nicht berühren, sodaß die
Abholung vom Wohnort sicher zweckmäßiger wäre. Es wird in der Äußerung der Landesregierung
ausgeführt, daß der Dienst beider Beamten regelmäßig erst nach 17 Uhr endet, sie würden also dann
dem Erlaß des Herrn Landeshauptmannes entsprechen und daß die Anwesenheit bei
Landtagssitzungen, Aussprachen mit Regierungsmitgliedern und besonderen Anlässen eben eine
solche Zeit benötigt. Und es wird hier ein sehr lapidarer Satz als Äußerung der Landesregierung
gebracht: „Die Alternativlösung der Anreise mit Massenverkehrsmitteln erscheint daher
unzweckmäßig."
Meine Damen und Herren, es fragt sich natürlich für wen. Der Rechnungshof zitiert die Gesetzesstelle
des § 33 der DPL 1972, wonach der Beamte seinen Wohnsitz so zu wählen hat, daß er an der
Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht behindert ist. Diese Äußerung wird dahingehend beantwortet,
daß der Dienstgeber sicher daran Interesse hätte, daß hohen Verwaltungsbeamten der Kontakt mit
der Bevölkerung in Niederösterreich ermöglich wird, wie auch, so in der Gegenäußerung der
Landesregierung, bei Mandataren das größte Interesse besteht, daß sie ihren Wohnsitz in
Niederösterreich haben. Meine Damen und Herren, ich möchte hier eines sagen. Diese Äußerung der
Landesregierung, glaube ich, ist insoferne nicht angebracht, weil wir der Ansicht sind, es ist eine
Voraussetzung um Mandatar in Niederösterreich zu sein, den Kontakt mit der Bevölkerung jederzeit
zu haben. Ich möchte hier nur hinzufügen, daß es der Rechnungshof durchaus im Interesse des
Dienstes - das verneint er nicht - sieht, wenn auch Verwaltungsbeamte des Landes Niederösterreich
Kontakt mit der Bevölkerung, also auch ihre Wohnung in Niederösterreich haben. Wenn man
allerdings in der Äußerung sagt ,,so wie bei Mandataren", dann erscheint mir die Beifügung sehr
wichtig, daß diese Mandatare mit eigenem Pkw, auf eigene Kosten und auch als eigener Fahrer
oftmals im Jahr zwischen 40.000 und 50.000 Kilometer zurücklegen. Ich betone dies deshalb, weil zu
diesem Problem auch noch eine weitere Äußerung der Landesregierung zum Rechnungshofbericht
abgegeben wird, die ich eigentlich niemandem vorenthalten möchte, weil sie Passagen enthält, die
einfach erwähnt werden sollen. Bezüglich der zweiten Alternative, Gewährung von Kilometergeld für
die Benützung des eigenen Pkw, weist ein Beamter auf mangelnde Fahrpraxis hin. Der familieneigene
Pkw sei von ihm schon seit Jahren nicht gelenkt worden. Das ergibt auch eine gewisse Konsequenz.
Der andere, dem ein erhöhtes Kfz-Pauschale zuerkannt wurde, verweist auf die fallweise Benützung
seines Pkws für dringende Dienstreisen am Wochenende. Eine darüber hinaus gehende persönliche
Lenkung des eigenen Pkw für Dienstzwecke sei allerdings infolge der durch die amtsbekannte
Belastung erhöhte Unfallgefahr unzumutbar. Hier wird offensichtlich, meine Damen und Herren, was
hier schon gesagt werden soll: Die Bezeichnung ,,Dienstzweck'' wurde vielleicht deshalb gebraucht,
weil der Ausdruck ,,Dienstfahrt" vom Wohnort zur Dienststelle sicher nicht gepaßt hätte. So hat man
vom ,,Dienstzweck" gesprochen. Diese Formulierung, meine Damen und Herren, enthält aber auch
einen anderen Trugschluß, nämlich den, daß eine persönliche Lenkung des Pkws für Dienstzwecke
der Rechnungshof ja auch nicht verlangt. Auch ich nicht. Es sollte hier nur eines klargestellt werden:
Die Fahrt von der Wohnung zum Dienstort ist für alle Beamten und Bediensteten des Landes
notwendig, damit der Dienst überhaupt angetreten werden kann. Diese Fahrten sind für tausende
Menschen in Niederösterreich und in Österreich Selbstverständlichkeit, auch ohne Dienstwagen
müssen sie ausgeführt werden. Bei vielen ist die Belastung, sagen wir vielleicht so, vielleicht nicht
amtsbekannt, so wie das in der Äußerung der Landesregierung gesagt wurde, aber trotzdem nicht
unbedingt geringer wie in diesen gegenständlichen Fällen. Der Rechnungshof hat in seiner
Gegenäußerung zur Äußerung des Amtes der Landesregierung eine feine und äußerst
zurückhaltende Formulierung getroffen, wenn er sagt: ,,Die Frage, ob die Mehrkosten durch die
Abholung vom Wohnort und durch die Heimbeförderung in den Wohnort gegenüber dem
Fahrtkostenzuschuß durch sonst nicht erzielbare Leistungen der beiden Beamten oder günstigere
Gestaltung von Dienstreisen tatsächlich kompensiert werden, muß der Landesregierung zur
Beantwortung überlassen werden." Meine Damen und Herren, für uns stellt sich hier nur eine Frage,
ob diese Hausabholung einer Reihe von Beamten, ob jetzt von Wiener Wohnungen oder von
Niederösterreich, ob solche Privilegien vertretbar sind. Daß sie durch einen Erlaß des Herrn
Landeshauptmannes gedeckt sind, das wage ich sehr zu bezweifeln, Herr Landeshauptmann. Auf
jeden Fall gibt es keine gesetzliche Regelung dafür und offensichtlich hat hier der Rechnungshof auch
eine andere Meinung geäußert. Ich habe daher sehr bewußt die Äußerung des Rechnungshofes, die
Äußerung der Landesregierung und die Gegenäußerung des Rechnungshofes gegenübergestellt.
Ich komme schon zum Schluß. Es war von den Feuerwehren die Rede und der Berichterstatter hat
erklärt, dem Landesfeuerwehrverband wurden die Subventionen des Landes sozusagen zur
Verteilung übergeben. Es ist hier eine Änderung sicher möglich, damit Kompetenzen, die das Land
hat, auch vom Lande wahrgenommen werden. Ich möchte hier nur eines sagen. Der Rechnungshof
hat hier auch kritisiert, daß der Landesfeuerwehrverband an eine Firma zur Anschaffung von
Katastrophenfahrzeugen 7,5 Millionen Schilling Vorauszahlung geleistet hat und ist der Meinung, das
ist keine Vorauszahlung mehr, sondern auf Grund der Dauer dieser Akontierung schon mehr eine
Kreditgewährung, die erst langsam abgebaut wurde, wenn auch die Gegenäußerung besagt, daß
dadurch Fixpreise gehalten werden können. Ich möchte dazu vielleicht nur sagen, was ich aus der
Sachlage und aus meinen Erfahrungen ableiten kann. Auf dem Sektor der Ausrüstung der
Feuerwehren besteht ein großer Nachteil darin, daß es kaum Konkurrenzangebote von Firmen gibt,
Preise und Liefervereinbarungen sind immer dort günstig zu gestalten, wo eine Konkurrenz vorhanden
ist. Weil es hier eben so wenig Konkurrenz gibt, ist es schwierig, aber vielleicht sollte man gerade
beim Ankauf von Katastrophenfahrzeugen und Ankauf von Fahrzeugen für unsere Feuerwehr
vielleicht mit denen, die hier die Partner sind, manchmal eine etwas härtere Sprache zu sprechen.
Meine Damen und Herren, der Rechnungshofbericht, der sich mit der Wirtschaftlichkeit beschäftigt
hat, der die Gebarung des Landes geprüft hat, der dem Fremdenverkehr einen breiten Raum gegeben
hat, übte an einer Reihe von Dingen Kritik. Er hat aber auch, das soll gesagt werden, Verschiedenes
lobend erwähnt. So wie er bei der Kritik in seinen Ausführungen nicht sehr scharf ist, was ich vorhin
schon sagte, ist er auch mit Lob nicht immer sehr groß. Es wird aber Aufgabe der Landesregierung
sein, jene Mängel abzustellen, sodaß die nächsten Berichte des Rechnungshofes vielleicht frei von
Mängeln sind. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Der Abg. KelIner ist der nächste Redner zur Zahl 303. Ich erteile
ihm das Wort.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses!
Die vorliegende Materie, die dem Landtag die Möglichkeit gibt, die Verwaltung, wie es unser
verfassungsmäßig verbrieftes Recht ist, sozusagen kontrollierend zu durchleuchten, wurde bereits
vom Berichtererstatter in einer sehr eingehenden Form dargelegt, und auch mein Vorredner, Abg.
Lechner, hat sich in einigen Detailbereichen schon sehr eingehend mit den Feststellungen des
Rechnungshofes beschäftigt.
Der Rechnungshof hat im vorliegenden Bericht die Jahre 1969 bis 1973 durchleuchtet, kritisiert und
Lösungsvorschläge angeboten. Wenn man den vorliegenden Rechnungshofbericht eingehend studiert
und vor allem auch nicht nur die Äußerungen der Landesregierung zu dieser Materie zur Kenntnis
nimmt, sondern auch die Fakten berücksichtigt, so glaube ich, meine sehr verehrten Damen und
Herren, muß man feststellen, daß in vielen Bereichen, vor allem dort, wo es um eine echte Kritik des
Rechnungshofes gegangen ist, die Landesverwaltung reagiert hat, sehr rasch reagiert hat. Ich denke,
hier das Problem des Feuerwehrwesens besonders herauszustreichen. Das Detail hat Kollege
Lechner bereits ausgeführt, ich brauche es nicht mehr zu ergänzen. Aber die Situation, daß die
Auszahlung der Beihilfen bisher nicht von einer Landesdienststelle durchgeführt wurde, vom
Rechnungshof zu Recht bemängelt, wurde bereits durch die zuständige Abteilung revidiert.
Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir uns den vorliegenden Bericht
betrachten, können wir im großen und ganzen feststellen, daß der Rechnungshof doch der
Landesverwaltung von Niederösterreich bescheinigt, daß sie in ihrer Effizienz und auch dort, wo es
darum geht, bestehende Gesetze zu beachten, ein hohes Maß an Vertragstreue, möchte ich fast
sagen, erbringt. Wenn hier beispielsweise kritisiert wird, daß bei der Vergabe von
Bedarfszuweisungsmitteln gegenüber den Statutarstädten das Finanzgesetz des Bundes, vor allem
der § 12, nicht immer genau eingehalten wird, gleichzeitig aber gesagt wird, daß der Form, wie das
durchgeführt wird, dieses Maß an Gerechtigkeit nicht abzusprechen ist, glaube ich, meine sehr
verehrten Damen und Herren, daß wir als Abgeordnete dieses Landes und dieses Hauses dann doch
festhalten müssen, daß diese Form, die hier seitens der Landesverwaltung gewählt wird, wenn sie
auch vielleicht da oder dort - ich weiß schon, wie schwierig das ist, was ich jetzt lieber nicht
aussprechen möchte - nicht ganz abgedeckt ist, doch der Praxis in diesem Lande entspricht, der
Lebensnähe in diesem Lande entspricht und deshalb doch von uns auch zur Kenntnis genommen
werden und vertreten werden kann.
In vielen Bereichen, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir feststellen, daß sich der
Rechnungshof verständlicherweise auch mit Dingen befaßt, die in unseren Augen nicht sehr
wesentlich, nicht sehr entscheidend sind, wenn ich nur daran denke, daß den Fürsorgeheimen genau
vorgeschrieben wird, wie in Hinkunft zum Beispiel die Verwahrung einer goldenen Uhr aufgezeichnet
werden soll und verschiedene andere Dinge, etwa wie beim Einkauf von Semmeln und sonstiger
Gegenstände des täglichen Bedarfes besser vorgegangen werden sollte, als das bisher der Fall war.
Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich durchaus nicht die Arbeit des
Rechnungshofes bagatellisieren, das liegt mir vollkommen ferne. Ich möchte nur festhalten, daß von
mir aus gesehen in der Gesamtschau außer dem, was kritisiert wurde und was Kollege Lechner schon
aufgezeigt hat, im großen und ganzen auch festgehalten werden kann, daß der Rechnungshof Kollege Lechner hat gemeint, die Kritik in einer feinen Art geführt hat, - doch für größere
Beanstandungen keinen Anlaß gefunden hat. Das freut uns sehr. Wenn mein Vorredner gemeint hat,
daß der Rechnungshof - ich sage nicht, das wäre seine Aufgabe - nicht mit Lob aufgewartet hat, ist es
unsere Aufgabe als Vertreter der gesetzgebenden Körperschaft dieses Hauses, die Verwaltung nicht
nur zu kritisieren, sondern dort, wo sie gut agiert, auch zu loben. Ich darf mir gestatten, von dieser
Stelle auch der Landesverwaltung für die vielen Tätigkeiten, die sie positiv geleistet hat, den Dank
auszusprechen. Und ich darf festhalten - ich möchte auf Einzelheiten nicht mehr eingehen, das wurde
in sehr breiter Ausführung bereits dargelegt -, daß meine Fraktion den vorliegenden Bericht des
Rechnungshofes zustimmend zur Kenntnis nehmen wird. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Der Herr Landesrat Schneider hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile
es ihm.
Landesrat SCHNEIDER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Darf ich auch ein paar Bemerkungen
machen zum Rechnungshofbericht und zu den Äußerungen des Herrn Abg. Lechner, der sich
insbesondere mit dem Problem des Jod-Schwefelheilbades in Bad Deutsch-Altenburg beschäftigt,
auch über die Entwicklungsgeschichte und über die derzeitige Situation der Villa Anna etwas
ausgesagt und ein paar sonstige Überlegungen im Zusammenhang mit den zu Recht kritischen
Bemerkungen des Rechnungshofes gemacht hat.
Meine Damen und Herren, ein Teil der Fremdenverkehrswirtschaft und ein Teil der Verpflichtung des
Fremdenverkehrsreferates bezieht sich natürlich auch auf das, was wir unter Heilbäder und Kurorte
verstehen, auf jene Möglichkeiten im Lande Niederösterreich, Angebote der Natur zur Kenntnis zu
nehmen, manchesmal mehr Kosten auf wenige Entwicklungen zu leiten, um dann den Menschen, die
diese Dinge brauchen, die Möglichkeit zu bieten, diese Naturangebote auch in Anspruch nehmen zu
können. Darf ich zum Beispiel an Baden bei Wien erinnern, das nach dem Zweiten Weltkrieg völlig
darniedergelegen ist und eine ungeheuer aufwendige Vorgangsweise pflegen mußte, um aus der
damaligen Gestion der Jahrhundertwende in die moderne Gestion eines neuen Europa zu finden. Das
ist dort offenbar gelungen mit einem Einsatz von über eine Milliarde Schilling, wenn man alles
zusammennimmt, was dort von seiten der kommunalen Stellen und von seiten der Privatwirtschaft an
Geldmitteln eingesetzt wurde.
Nun Deutsch-Altenburg. Dieses Deutsch-Altenburg hat die zweitstärkste Jod-Schwefelquelle von
Europa und ist in einer Entwicklung irgendwo steckengeblieben, wenn man sich nur einige Ziffern
überlegt. Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, sagen, daß Deutsch-Altenburg von Vielen, die von
diesen Dingen etwas verstehen, schon unmittelbar nach Abzug der Besatzungsmacht immer wieder
als eine sehr entwicklungsfähige Kurzone bezeichnet und daß man geradezu mit der Nase darauf
gestoßen wurde, dort etwas zu tun. Die Gemeinde hat dann begonnen, Überlegungen anzustellen.
Wir haben festgestellt, daß dieses ganze Deutsch-Altenburg 474 Fremdenbetten hat und daß
vergleichsweise bei anderen Heilbädern immerhin ein Verhältnis 1 : 1, wenn man Fremdbetten und
Einwohnerzahlen vergleicht, festgestellt wurde, in Deutsch-Altenburg hingegen nur 474 Fremdbetten
bei 1.300 Einwohnern. Das langfristige Ziel war also damals schon, zunächst eine Vermehrung des
Bettenangebotes auf 1.300 zustande zu bringen. Die Fremden- und Nächtigungsziffern ließen
erkennen, daß diese verfügbaren wenigen Gästebetten mit einer Auslastung von über 80% viel zu
wenig sind und daß dort allenthalben etwas geschehen sollte. Das allergravierendste in DeutschAltenburg war die Beobachtung der Gästeund Nächtigungsziffern in bezug auf Inländer und
Ausländer. Ich möchte nur ganz wenig dazu sagen, sonst würde das ja viel zu lange dauern. Es ist so,
daß von den Gesamtnächtigungen 98% auf Inländer, nur knappe 2% auf Ausländer entfallen und daß
man davon sehr leicht ableiten kann, daß das mangelnde Angebot, daß die überalterten Anlagen
dieses an und für sich meinem Dafürhalten nach großartigen Erholungs- und Kurraumes die Ursache
dieser steckengebliebenen Entwicklung sind.
Es ist richtig und der Rechnungshof hat hier vollkommen korrekt gehandelt, wenn er kritisch vermerkt
hat, daß die ersten KostenSchätzungen viel zu niedrig waren. Man könnte natürlich sagen, daß man
das damals, im Jahre 1969, auch unter anderen Geldwertbegriffen sehen mußte, denn von damals
auf heute - dieser Zeitraum spielt eine Rolle und nicht nur die Bauzeit - sind ja doch die
Geldwertverdünnungen weit über die 100%-Marke angeschwollen. Aber das soll keine Ausflucht dafür
sein, daß zweifellos die damaligen Kostenschätzungen zu gering waren. Man kam erst allmählich zu
klaren Verhältnissen. Es wurde diese Gesellschaft gegründet, nachdem sich einige Partner gefunden
hatten, eine Gesellschaft, die man nur als eine für die Untersuchung der Zusammenhänge gebildete
Gesellschaft werten konnte, bestehend aus den Gemeinden Deutsch-Altenburg, Hainburg und zwei
Privaten. Erst als dann von dieser Gesellschaft in einer entsprechenden Forschungstätigkeit, die man
veranlassen mußte, um zu wissen, ob genügend Jod-Schwefelwasser vorhanden ist, ob in den
anderen Zusammenhängen diese Entwicklung vernünftig und tragbar erschiene, diese Vorfragen
abgeklärt waren, ist dann jene zweite Kommanditgesellschaft ebenso zustande gekommen, die auch
die Kapitalisierung, also das erste Finanzfundament für die effektive Entwicklung bringen sollte. Diese
10 Millionen Schilling, die daurch zustande gekommen sind, waren sicherlich im Hinblick darauf, daß
es sich um eine 100 Millionen-Entwicklung gehandelt hat, kein allzu großer Brocken. Wenn hier
gesagt wurde, daß das Land mit Subventionen in Erscheinung getreten ist, sukzessive in einer
Gesamtgröße von 10 Millionen Schilling, die ja noch nicht zugeflo0ssen sind, es sind erst über 6
Millionen ausbezahlt, dann sollten diese 20 Millionen Schilling eine gesunde Eigenkapitalbasis für
diese sehr riskant – das gebe ich zu – und aufwendige Entwicklung sein.
Der Rechnungshof hat das ganz nicht kritisiert, sondern er hat in den mündlichen Aussprachen, die
wir vielfacj auch gehabt haben, immer wieder gesagt. er begrüße es, daß in diesem Bundesland
Niederösterreich entscheidende Schwerpunktbildungen zustande kommen. Er begrüße es und es sei
richt, auch wagemutige diesbezügliche Dinge zu tun. Denn wenn man sich nur in völliger Absicherung
bewegt, wird man wirklich gro0ße Entwicklungen wahrscheinlich nie zustande bringen. Das gilt ja auch
für eine andere Sache, die heute nicht zur Diskussion steht. Der Rechnungshof hat nur gemeint, man
müsse von seiten des Landes mehr Einfluß auf diese Dinge gewinnen und sollte überlegen, ob das
Land nicht eher etwa als Mitgesellschafter in diese Konstruktion hineingehe und das ist dann in
Befolgung dieses Ratschlages geschehen. Ich darf bitte sagen, daß das Land nunmehr mit 10% in der
Gesellschaft verankert ist. Sie haben ja, Herr Abg. Lechner, auf die damalige Landtagssitzung
verwiesen, wo die Gesellschaftsanteile des Landes mit rund 10% und auch das Eintreten in die
Kommanditgesellschaft, ebenso mit 10%, beschlossen wurde, und haben diese Handlung als eine
Reparatur der ganzen Angelegenheit bezeichnet. Wie immer man das nun formell zum Ausdruck
bringt, halte ich nicht für sehr wesentlich. Ich glaube aber, meine Damen und Herren, daß damit doch
ein gutes Fundament geschaffen wurde für diese Entwicklung in Deutsch-Altenburg.
Deutsch-Altenburg ist ein Grenzland, hat große Schwierigkeiten in seiner gesamten wirtschaftlichen
Entwicklung, hat es brotnotwendig, jene Arbeitsplätze zu bekommen, die dort mit dieser neuen Anlage
entstehen werden. Ich bin auch davon überzeugt, daß den bestehenden Einrichtungen nichts von
ihrem Geschäft weggenommen wird, sondern daß man damit eine ganz andere Kategorie schafft für
eine andere Kundschaft, die das in Anspruch nehmen wird. Ich glaube, wenn nicht schwere rezessive
Momente uns belasten in vielfacher Hinsicht, uns und die übrige Welt, müßte diese Entwicklung in
Deutsch-Altenburg zu einem guten Ende kommen. Der Rechnungshof sagt ja dann auch, daß er
selber davon überzeugt sei, daß es richtig war, diese Entwicklung zu wagen. Er sagt wörtlich, daß
damit das Land Niederösterreich direkten Einfluß gewinnt auf entscheidende Entwicklungen in bezug
auf die Errichtung von Kurzentren. Er meinte damit auch schon die Sache in Bad Schönau, über die
wir ihn informiert haben, die er aber noch nicht in seine Einschau aufgenommen hat. Aber ich darf mit
Zuversicht meine persönliche Einschätzung dieser Entwicklung sagen. Ich glaube, daß wir über kurz
oder lang dort eine gute Entwicklung feststellen können. Es ist ja so, daß man die besten Fachleute
zur Hand genommen hat, um auch Betriebsvorschau zu betreiben, um auch den Cash flow zu
studieren, um die Erlöse für 1977 soweit als möglich vorauszuberechnen, um zu sehen, inwieweit im
Hotelbetrieb und im Kurbetrieb Einnahmen erzielbar sind, was an Kosten gegenübersteht und wie sich
dadurch die ganze finanzielle Gestion in der Abwicklung der nächsten Jahre im Zusammenhang mit
der Fremdmitteltilgung, mit der Zinsentilgung darstellt. Ich würde daher bitten, daß Sie, so wie Sie
bisher im großen und ganzen kritisch aber positiv diesen Dingen gegenüberstehen, auch weiterhin
daran mitwirken, diese Jod-Schwefel-Heilbadbetriebsgesellschaft in Bad Deutsch- Altenburg mit der
Wohlmeinung des Landtages zu unterstützen.
Was die Villa Anna anbelangt, meine Damen und Herren, ist die Situation so, daß ein Projekt der
Gemeinde Semmering, unter Einbeziehung der Villa Anna ein Wintersportzentrum für den nordischen
Schisport zu errichten, an und für sich vom sportlichen Standpunkt sicherlich als förderungswürdig zu
betrachten war, weil dort sowohl die topographische Lage dieser Zone als auch die klimatischen
Voraussetzungen im großen und ganzen eine durchaus reelle Basis für eine solche Entwicklung
gezeigt haben. An sportlichen Anlagen - ich nehme an, daß Sie das wissen - stehen bereits
Langlaufloipen zur Verfügung, eine Naturrodelbahn ist dort verfügbar, der Umbau der alten
Liechtensteinschanze, welcher einem Neubau nahezu gleichzusetzen ist, hat auch bereits im Februar
dieses Jahres Schüler- und Jugendmeisterschaften ermöglicht. In dieser Villa Anna sollte eben ein
Internat entstehen, ein Anbau mit einer Turnhalle, mit Sauna und so weiter. Erst als wir konkrete
Planungen und Kostenermittlungen verlangt haben, hat sich erwiesen, daß rund 8 Millionen Schilling
dafür aufzuwenden wären, und damals hat sich dann eben ergeben, daß man sich darüber klar sein
müsse, welche Vorstellungen hinsichtlich der Betriebsführung zweckmäßig wären. Es konnte in
einigen klärenden Aussprachen festgestellt werden, daß man mit einem zu gründenden Verein in etwa
dieser Aufgabe gerecht würde. Nachdem dann seitens der Initiatoren des Projektes der Standpunkt
vertreten wurde, daß bei entsprechender Beteiligung des Bundes und auch der Bundesländer Wien,
Steiermark und Burgenland und NiederÖsterreich ein osteuropäisches Schizentrum entstehen könnte,
haben wir von der Abteilung her Sondierungsgespräche mit den genannten Gebietskörperschaften
geführt. Diesesind aber negativ verlaufen und dadurch ist das ganze steckengeblieben. Ich muß Ihnen
heute sagen, daß angesichts der Situation, wie sie sich heute darstellt, niemand daran denkt, eine
Entwicklung mit dieser Villa Anna zu betreiben. Derzeit, so hat mir der Bürgermeister gesagt, seien
Gespräche mit einer Firma im Gange, welche diese Villa Anna als Ferienheim oder ähnliches zu
kaufen und auszugestalten gedenkt. Damit findet vielleicht´dieses Bauwerk einmal eine
entsprechende Verwertung.
Ich darf noch ein paar Bemerkungen machen zu den kritischen Aussagen des Rechnungshofes über
die Gepflogenheiten des Fremdenverkehrs, ein bißchen auch Sportförderung zu betreiben. Meine
Damen und Herren, Sie erinnern sich zurück, daß die Sportförderung des Landes Niederösterreich vor
wenigen Jahren noch 500.000 Schilling im Budget gehabt hat, dann kamen erst die legistischen
Grundlagen, dann kam erst die budgetmäßige Vorsorge, die dazu geführt hat, für das Jahr 1976 etwa
32 Millionen Schilling für diesen Zweck zu widmen. Ich erhoffe für das nächste Jahr ein bißchen mehr,
das werden Sie hier in diesem Hause entscheiden in der Budgetberatung, die ja knapp bevorsteht. Es
mußte aber von seiten der Fremdenverkehrsabteilung diesen Dingen zumindest dann eine positive
Einstellung entgegengebracht werden, wenn irgendwo auch ein Konnex zum Fremdenverkehr
erkennbar war. Die moderne Entwicklung auf diesem Gebiet geht ja schließlich dahin, daß man
überhaupt glaubt, daß Erholung mit dem Betreiben von Sport aus einer neuen Sicht zu bewerten ist,
daß man heute mehr denn je die ganze Fremdenverkehrsausstattung sehr stark auch auf den Sport
beziehen soll. Daher haben wir dies all die Jahre - das wurde ja letztlich nicht sehr stark kritisiert, man
hat nur einige Fälle kritisch beleuchtet - positiv bewertet, wobei diese eine Geschichte mit der
Schießstätte auch vom Rechnungshof in besonderer Weise aufgezeigt wurde. Aber auch das kann oft
mit Anlaß sein, daß der Fremdenverkehr belebt wird, wenn solche Einrichtungen vorhanden sind.
Was die Kopfquote anbelangt mit knapp 30 Schilling in Niederösterreich, weit über 100 im Westen und
sehr viel weniger in anderen Bundesländern, meine Damen und Herren, denken Sie an den großen
Nachholbedarf dieses Bundeslandes Niederösterreich, denken Sie daran, daß dieses Land in einem
gigantischen West-Ost-Gefälle war, daß der Fremdenverkehr aus dem Zustand Null neu beginnen
mußte und daß wir uns erst allmählich in eine gewisse Entwicklung hineingefunden haben. Das
bezieht sich auch darauf, wenn kritisch vermerkt wurde, daß Förderungen auch dort hingegeben
wurden, wo keine Fremdenverkehrsgemeinden nach dem Gesetz vorhanden waren, wo wir in der
Suche der raumordnerischen Neugestaltung in unserem Land nach den verschiedenen Bereichen der
Entwicklungsmöglichkeiten eben auch denen Hilfe zuteil werden lassen mußten, die noch nicht im
Status einer Fremdenverkehrsgemeinde waren.
Alles in allem bin ich um die Kritik geradezu froh und möchte sagen, sie ist sehr gut, weil sie ja
manches besser macht, weil sie die Augen öffnet und weil diese Kritik uns dazu führen kann,
verschiedene Fehler und Verlustquellen zu erkennen. Ich gestehe gerne zu, es ist niemand frei von
Irrtümern und es ist niemand, der so wie wir im Fremdenverkehr so vieles getan hat, davon frei, auch
entsprechend kritisiert zu werden. Wir werden uns aber bemühen, im Sinne dieser Kritik die Dinge in
Ordnung zu bringen, die Erkenntnis, die man uns hier vermittelt hat, uns zu eigen zu machen, um
noch besser im gegebenen Rahmen die Aufgaben des Fremdenverkehrs zu erfüllen. Ich möchte diese
wenigen Ausführungen anschließend zu dem gesagt haben, was bereits gesagt wurde, und hoffe, daß
ich mich hier verständlich genug ausgedrückt habe. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Der Abg. Lechner hat mich darauf
aufmerksam gemacht, daß ich mich möglicherweise versprochen habe. Sollte das so gewesen sein,
darf ich bitten, das, Protokoll entsprechend zu ändern. Es heißt: „Der Fremdenverkehrswirtschaft in
Niederösterreich, so der Bericht, ist es nicht gelungen, ihren Anteil am Wiener Reisepublikum zu
halten, geschweige denn zu erhöhen."
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Diese Feststellung wird zur Kenntnis genommen. Wir kommen zur
Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Buchinger, die Verhandlung zur Zahl 318 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe über die Zahl 318, betrifft
Firma Klaus Lange GesmbH., Zwettl, Antrag auf Übernahme der Landeshaftung für einen Kredit in
derHöhe von 8 Millionen Schilling, zu berichten.
Die Firma Klaus Lange, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, hat um die Übernahme der
Landeshaftung für 8 Millionen Schilling angesucht, die sie zur Nachfinanzierung von Investitionen, die
in den Jahren 1972 bis1975 vollzogen wurden, braucht. Die Gesellschaft besitzt ein Stammkapital von
1 Million Schilling. Gesellschafter sind Herr Klaus und Frau Centa Lange, die auch als Geschäftsführer
tätig sind. Im Unternehmen sind derzeit 70 Arbeitnehmer beschäftigt, davon sind 63 Arbeiter und 7
Angestellte.
Der Umsatz pro Monat zeigte vom Jahre 1973 bis zum Geschäftsjahr 1974/75 eine ständige
Steigerung von 3,6 Millionen Schilling auf 5 Millionen Schilling. Im Geschäftsjahr 1975/76 konnte
dagegen nur ein Umsatz pro Monat von 4,6 Millionen Schilling erreicht werden. Dieser Rückgang wird
mit dem allgemeinen Preisverfall in der Holzbranche begründet.
Der vorliegende Antrag wurde auch von der Handelskammer und der Arbeiterkammer begutachtet
und empfohlen, die Landeshaftung zu übernehmen. Ich beehre mich daher, den Antrag zu stellen
(liest):
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die Niederösterreichische Landesregierung wird ermächtigt, die Haftung des Bundeslandes
Niederösterreich gemäß § 1357 ABGB für einen von der Firma Klaus Lange GesmbH., Zwettl,
aufzunehmenden Kredit in der Höhe von 8 Millionen Schilling unter folgenden Voraussetzungen
zu übernehmen. Die Firma Klaus Lange GesmbH. hat sich zu verpflichten:
1.1 die grundbücherliche Sicherstellung des Kredites zuzüglich Zinsen und Nebengebühren durch
Einverleibung eines Pfandrechtes auf dem der Firma gehörenden Grundstück EZ 558, KG Vitis,
zugunsten des Kreditgebers auf Kosten der Firma durchzuführen.
1.2 sämtliche der Firma gehörenden Liegenschaften ohne Zustimmung des Landes weder zu
belasten noch zu veräußern,
1.3 von Erweiterungsinvestitionen baulicher oder maschineller Art dem Land Niederösterreich
Mitteilung zu machen und dem Land geeignet erscheinende Nachweise zu erbringen, aus
welchen ersehen werden kann, daß die Rückzahlung der laufenden Kredite durch diese
Erweiterungen nicht gefährdet wird,
1.4 von den Gesellschaftern eine Erklärung beizubringen, daß sie sich verpflichten, dem
gegenständlichen Schuldverhältnis als MitschuIdner zu ungeteilter Hand beizutreten,
1.5 von den Gesellschaftern eine Erklärung beizubringen, daß sie während der Laufzeit des
landesverbürgten Kredites solange eine Gewinnausschüttung weder verlangen noch
entgegennehmen werden, bis das dadurch gebildete Eigenkapital 1/3 des Gesamtkapitals
erreicht. Sollte aus steuerlichen Gründen eine Gewinnausschüttung zweckmäßig sein, so haben
die Gesellschafter die ihnen zufließenden Gewinne dem Unternehmen zur Stützung des
Eigenkapitals in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen,
1.6 dem Land für die Dauer der Landeshaftung einen jährlichen Haftungsbeitrag in der Höhe von
3/4% der am 31. Dezember eines jeden Jahres noch aushaftenden Kreditsumme bzw. des
Kreditrahmens zu leisten.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung , wird beauftragt, die zur Durchführung dieses
Beschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Danke. Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der Abg.
Leichtfried. Ich erteile es ihm.
Abg. LEICHTFRIED: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem
Umfang der heutigen Tagesordnung ist die Freude natürlich nicht sehr groß, wenn auch zu den
Landeshaftungen gesprochen wird, aber ich muß doch aufmerksam machen, daß solche Haftungen
für die Region unter Umständen von großer Bedeutung sind und daß sie uns auch immer wieder
Gelegenheit bieten, zu manchen anderen grundsätzlichen Problemen im Zusammenhang mit der
Region, in diesem konkreten Fall mit dem Grenzland, zu sprechen und dazu Stellung zu nehmen. Ich
habe daher auch die Absicht, zur Vorlage selbst einiges auszusagen, mich dann kurz mit dem
Kollegen Fidesser zu beschäftigen, der in einer der letzten Sitzungen zu Fragen der
Grenzlandförderungsgesellschaft einige Betrachtungen angestellt hat, und schließlich möchte ich
auch eine Bemerkung und Klarstellung zum ,,Planquadrat" bringen, das in letzter Zeit unsere Region
immer wieder beschäftigt und das sicherlich im besonderen im Grenzland und im Waldviertel eine
große Beachtung gefunden hat.
Nun zur Vorlage. Der Betrieb, für den hier eine Haftung übernommen werden soll, liegt im Bezirk
Waidhofen an der Thaya und hat eine äußerst gute Entwicklung genommen. Er hat bis zum Jahre
1970 etwa 30 Dienstnehmer gehabt, hat ständig aufgestockt, wie wir gehört haben in der Vorlage,
hatte bei der seinerzeitigen Antragstellung etwa 70 und beschäftigt heute bereits 89 Dienstnehmer.
Das ist für uns im Bezirk ein solider Betrieb, vor allen Dingen deswegen, weil es sich hauptsächlich
um Arbeitsplätze für Männer handelt. Sehr bedeutsam ist auch - das sage ich für die Landwirtschaft -,
daß dieser Betrieb immer sehr großes Verständnis für seine Landwirte gehabt hat, denn etwa 60%
aller Beschäftigten kommen aus der Landwirtschaft, sind also Männer, die nebenbei zu Hause auch
noch einen landwirtschaftlichen Betrieb führen.
Die Firma Lange hat also zwischen 1972 und 1975 rund 15,5 Millionen Schilling investiert in der
Hoffnung, daß es so weitergehen wird, daß der Betrieb weiter so florieren wird. Es ist doch etwas
anders gekommen und der Betrieb ist heute in Schwierigkeiten und erbittet nun die Hilfe des Landes,
eben durch diese Haftungsübernahme, und auch Mittel des Bundes im Rahmen der
Arbeitsmarktförderung. Die Schwierigkeiten haben absolut nichts mit der Rezession der beiden letzten
Jahre zu tun, sondern die Schwierigkeiten sind aufgetreten, als ein sehr wesentlicher Preisverfall bei
den Holzartikeln und Holzwaren eingetreten ist. Die Firma erzeugt zur Zeit, das darf ich hier festhalten,
jedes Jahr rund 700.000 Paletten und ist deswegen auch interessant nicht nur für das Gebiet, sondern
für die gesamte Wirtschaft, weil annähernd 80% dieser Erzeugnisse in die Bundesrepublik
Deutschland gehen und hier vor allen Dingen die Deutsche Bundesbahn mit diesen Erzeugnissen
versorgt wird. Die Auftragslage ist ausgezeichnet, auch heute und für die kommenden Monate und,
wie wir hoffen, auch für die kommenden Jahre gesichert. Wenn die Hilfe des Bundes und des Landes
hier etwas zur Konsolidierung des Betriebes und zur Sicherung der Arbeitsplätze beitragen kann, ist
das zweifellos sehr erfreulich.
Zum zweiten Punkt darf ich sagen, daß in der 14. Sitzung am 29. April 1976 der Abg. Fidesser zur
Grenzlandförderungsgesellschaft - die Grenzlandfragen spielen ja auch im Zusammenhang mit dieser
Haftungsübernahme eines Grenzlandbetriebes eine Rolle - den Verdacht geäußert hat, daß die
Grenzlandgesellschaft parteiisch vorgeht und hier nach parteipolitischen Grundsätzen die Darlehen,
die Zinsenzuschüsse gewährt werden. Er hat sich damals darauf berufen, daß ihm eine ähnliche Mitteilung von den Geschäftsführern gemacht worden ist. (Abg. Fidesser: Wenn Sie das Protokoll anschauen, dann finden Sie nichts von Geschäftsführern. Ich habe eine Information erhalten!) Ich habe,
Herr Abgeordneter, vorsichtshalber das Protokoll mitgenommen und ich kann Ihnen das ohne weiters
auch vorlesen, wo Sie sich auf die Geschäftsführung berufen, so Sie also sagen: „Ich weiß von den
Geschäftsführern, daß es den ÖVP-Leuten gar nicht einfach ist, in dieser Richtung zu agieren." Bitte
hier ist das Protokoll, ich habe es mir geben lassen, um den genauen Text zu haben, ich kann nichts
anderes heute hier sagen. (Abg. Fidesser: Ich werde Ihnen sofort antworten!) Ich habe jedenfalls
diese Frage auch zum Gegenstand einer Anfrage bei der letzten Aufsichtsratssitzung gemacht und es
wurde mir bestätigt, daß dieser Verdacht nicht besteht und daß diese Äußerungen, Herr Abg.
Fidesser, von der Geschäftsführung niemals gemacht worden sind. Zum konkreten aber darf ich doch
folgendes sagen: Wir haben das, was Sie hier angezogen und gemeint haben, bereinigt und insoferne
geändert, als auch die Gemeinde von sich aus den Wunsch vorgebracht hat, anders behandelt zu
werden. Wenn es damals zu einer unterschiedlichen Behandlung von zwei Gemeinden gekommen ist,
dann war die Ursache nicht darin begründet, daß die eine Gemeinde eine ÖVP-Mehrheit hat und die
andere Gemeinde eine SPÖ-Mehrheit, sondern es war einfach darin begründet, daß es in dem einen
Fall darum gegangen ist, die Aufschließungsanlagen vorzufinanzieren und im anderen Fall darum,
einen Zuschuß bzw. einen Kredit zu leisten für die Sicherung von Industriegrundstücken. Nachdem
aber dieser Wunsch nun an den Aufsichtsrat und an die Geschäftsführung herangetragen worden ist,
wurde das im Sinne der Gemeinde bereinigt. Aber ich möchte doch zurückweisen, daß hier irgendwie
im Raum stehen beibt, daß in der Grenzlandförderungsgesellschaft nach parteipolitischen Grundsätzen vorgegangen wird. Das ist schon deswegen nicht möglich, Herr Abg. Fidesser, weil alle
Beschlüsse bis zum heutigen Tage - ich hoffe, es bleibt auch in der Zukunft so - einstimmig gefaßt
worden sind. Und wenn einstimmige Beschlüsse vorliegen, kann man sich wohl nicht darauf berufen,
daß hier nach parteipolitischen Grundsätzen vorgegangen wird. Ich hätte es ganz gerne, wenn dieser
Grundsatz auch bei allen anderen Einrichtungen so genau beachtet werden würde.
Ich hätte eigentlich gar nichts dazu gesagt, heute, da ich zuerst einmal der Meinung war, Sie sind hier
einer Fehlinformation aufgesessen. Und dann ist der zweite Schuß aus dem Hinterhalt gekommen und
man merkt plötzlich, daß vielleicht bei der ganzen Sache doch ein gewisses System dahintersteckt,
daß man also die Grenzlandförderungsgesellschaft ls ein ungeliebtes Kind betrachtet. Man hat sie ja
nie sehr gerne gewollt und es hat sehr lange gedauert, bis wir sie bekommen haben. Ich war einigermaßen überrascht, als am 2. Juni 1975 in der Wochenzeitung „Die Wochenpresse" ein Artikel mit der
Überschrift „Kritik zum Geburtstag der Grenzlandförderungsgesellschaft" erschienen ist. Und ich war
entsetzt, muß ich sagen, und viele andere Freunde von mir und Freunde von Ihnen waren es auch,
weil es absolut nicht dazu beiträgt, das Image des Grenzlandes aufzuwerten, wenn man hier die
Dinge so darstellt, wie arg es eigentlich in all diesen Gesellschaften und wie schlimm es eigentlich im
Grenzland bestellt ist. Was wird da alles behauptet! Interessant war ja eines, daß hier als Grenzlandexperte und als Kritiker der Abg. Fidesser aufscheint; das muß man natürlich dazusagen, weil man ja
sonst den Zusammenhang nicht kennt.
Es wird dort einmal kritisiert: Zu wenig Koordination. Schön, ich gebe Ihnen recht, es gibt manchesmal
Koordinationsschwierigkeiten, aber vor allem, das muß ich Ihnen sagen, auf Landesebene. Und wir
sind bemüht, diese Probleme zu lösen. Es gibt hier Vorschläge der Geschäftsführung, es gibt Vorschläge des Aufsichtsrates und man wird selbstverständlich versuchen, die Koordination mit allen
Einrichtungen des Landes und, soweit es möglich ist, auch mit denen des Bundes herzustellen.
Es wird kritisiert, daß nach 12 Monaten Bestehen der Grenzlandförderungsgesellschaft das Pro-KopfEinkommen noch immer geringer ist als im Bundesdurchschnitt. Ja, meine Damen und Herren, wer
sich durch die Grenzlandförderungsgesellschaft Wunderdinge erwartet hat und gemeint hat, daß die
Fragen, die 20 Jahre nicht behandelt und gelöst worden sind, daß man etwa plötzlich nach 12
Monaten das Pro-Kopf-Einkommen im Grenzland an das des übrigen Österreich heranziehen kann,
der war ein Illusionist.
Und man sagt auch, die Arbeitslosigkeit ist dort am höchsten. Ich habe mir nun die Arbeitslosenzahlen
geben lassen. Sicherlich sind die Arbeitslosenzahlen in den Grenzbezirken relativ höher als in anderen Gebieten. Aber, meine Damen und Herren, man muß hier auch Vergleiche anziehen. Das hat sich
doch schon wesentlich gebessert, Sie können beginnen bei Gmünd bis hinunter nach Bruck. Schauen
Sie sich bitte doch diese Arbeitslosenzahlen an. Ich habe heute meine eigenen aus meinen Bezirk da
und da möchte ich Ihnen eine Zahl geben, vielleicht denken Sie darüber nach. In der Zeit der ÖVPAlleinregierung, wo es auch eine kleine Rezession gegeben hat, hatten wir in der Spitze dieser Zeit im
Bezirk Waidhofen an der Thaya 911Arbeitslose und wir haben jetzt in dieser Weltwirtschaftskrise, in
der Zeit, in der es 17 Millionen Arbeitslose in der ganzen Welt gegeben hat, im Bezirk Waidhofen an
der Thaya als Spitze am 31. Jänner 1975 524 Arbeitslose gehabt. Also damals 911, jetzt 524. Ich bin
persönlich überzeugt, daß die Maßnahmen, die in den letzten Jahren gesetzt worden sind - ich bin
nicht so vermessen, jetzt zu sagen, die vom Bund, sondern die gemeinsam von den verschiedensten
Institutionen, selbstverständlich auch vom Land gesetzt worden sind - ihre ersten Auswirkungen zeigen, sodaß wir auch in der Zeit der großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten besser über die Runden
gekommen sind als das früher der Fall gewesen ist.
Sie kritisieren weiters und sagen, da werden die Gendarmerieposten geschlossen, da werden die
Postämter geschlossen, wie soll denn hier die Förderung des Landes wirksam werden? Ich habe
leider die Unterlagen nicht rechtzeitig bekommen, aber ich werde noch Gelegenheit haben darauf
zurückzukommen und werde Ihnen dann nachweisen, wieviele Postämter und wie viele Gendarmerieposten in der Zeit der ÖVP-Alleinregierung geschlossen worden sind. Denen werde ich dann die Zahl
jener gegenüberstellen, die seit dem Jahre 1970 geschlossen worden sind. Ich weiß es wiederum nur
von meinem Bezirk und da ist doch ein wesentlicher Unterschied, denn im Jahre 1970 waren bei uns
die Gendarmerieposten schon alle zugesperrt. Aber der Herr Fidesser nimmt das ja zum Anlaß, um zu
beweisen, wie schlecht der Bund nun die Grenzlandeinrichtungen fördert. (Ruf bei der ÖVP: Zur
Sache! - Abg. Amon: Was hat das mit der Landeshaftung zu tun?) Das hat mit der Landeshaftung sehr
viel zu tun, Herr Abg. Amon, weil es hier um einen Grenzlandbetrieb und um die Beschäftigung der
Menschen in diesem Grenzland geht. Und wenn man das Image des Grenzlandes zerstört, hat man
einfach niemanden mehr, keinen Investor, der bereit ist, in dieses Grenzland zu gehen. Das sollte man
bei derartigen Aussagen beachten und man muß es sich dann halt auch gefallen lassen, daß bei einer
Landtagssitzung den einzelnen Abgeordneten derartige Dinge vorgehalten werden.
Oder, Herr Abg. Fidesser, Sie sagen, die Franz-Josefs-Bahn wurde demontiert. Ja haben Sie sich
denn überhaupt schon einmal erkundigt, wann das geschehen ist? Das haben Sie nicht getan, aber es
steht drinnen. Vielleicht stammt es nicht von Ihnen, vielleicht hat das ein Reporter hineingeschrieben.
1959 hat es eine Teildemontage gegeben und die weitere Demontage wurde ab 16. November1967
durchgeführt. Ich bitte, das auch zu beachten. Wir haben das nie zum Anlaß genommen, um jetzt zu
sagen, die ÖVP-Regierung hat diese Demontage durchgeführt. Wenn man aber hier das zum Anlaß
nimmt, um zu sagen, der Bund versucht ......(Abg. Fidesser: Das istvon einem Reporter geschrieben
worden!) Das hat der Reporter geschrieben? Dann hätten Sie bitte das doch berichtigt, das ist aber
nicht geschehen. (Abg. Romeder: Da müßten Sie inder AZ laufend berichtigen! - Heiterkeit.)
Herr Abg. Romeder, mir geht es jetzt im konkreten um das Grenzland und da können Sie nicht ablenken von solchen wichtigen Dingen, gerade für Sie muß ja das Grenzland dochauch eine wichtige
Frage sein. (Abg. Romeder: Uns geht es grundsätzlich ums Berichtigen! Ich werde dann noch einiges
dazu sagen!) Ja, das wäre sehr gut.
Aber damit Lob und Tadel gleichmäßig verteil werden, gibt es natürlich auch ein kleines Lob, allerdings nicht für den Bund, sondern für das Land. Man sagt, im Jahre 1976 wird das Grenzland besonders gefördert werden, es wird eine besondere Gewerbeförderung geben. Bitte schön, ich weiß nicht,
wo das hingegangen ist, ich kenne nur die Ablehnungen des Herrn Landesrat Schneider, die trotz
Intervention nicht bewilligt worden sind. Und dann wird noch angeführt, es wird als besondere Grenzlandförderung ein RaumordnungsProgramm für das Kindergartenwesen geben. Bitte, das weiß ich
auch nicht, wie das dem Grenzland dienlich sein soll. Wir mußten einige Proteste anbringen, weil man
in den Katastralgemeinden draußen verschiedene Gruppen streichen wollte und wir der Meinung
waren, das wäre absolut nicht gut. Auch die Katastralgemeinden haben selbstverständlich ein Recht
darauf, Kindergärten zu erhalten und ihre Kinder in diese vorschulische Ausbildung, wenn man so
sagen darf, bringen zu lassen.
Oder es wurde gesagt, es wird auch ein Raumordnungsprogramm als besondere Grenzlandförderung
für das Schulwesen geben. Wenn man Gendarmerieposten schließt, so ist das etwas sehr Schlechtes,
da muß man also Resolutionen beschließen. Wenn Schulen geschlossen werden, Herr LandeshauptmannStellvertreter, glauben Sie nicht, daß das die Menschen auch berührt? Ich war bei der Diskussion ,,Planquadratii dabei, wissen Sie, was da als wesentliches Faktum auch immer wieder angeschnitten worden ist? Es waren die Schulschließungen. Ich rede jetzt nicht dem Offenhalten der
Schulen das Wort, aber Sie sollten dann nicht immer so ein Wetter machen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Herr Kollege! Der Grünzweig ist der Schulreferent, nicht ich. Fragen Sie doch den
Grünzweig, nicht mich. Das ist doch ein Blödsinn!) Nein, Herr Landeshauptmannstellvertreter, es geht
nicht, Sie sind der zuständige Referent für diese Fragen, Raumordnungspolitik machen Sie. Geben
Sie den Ball nicht weiter, Sie sind der Raumordnungsreferent, (Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig: Nehme ich zur Kenntnis!) Sie haben das Raumordnungsprogramm gemacht, natürlich haben
Sie das Raumordnungsprogramm gemacht. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Einvernehmlich!)
Wenn Sie mich hätten ausreden lassen, dann hätten Sie das schon verstanden. (Ruf bei der ÖVP:
Schuld ist der Grünzweig!) Wir haben keinen Wind deswegen gemacht, wir haben Verständnis für
solche Maßnahmen. Aber Sie sollten halt auch manchesmal für ähnliche Maßnahmen Verständnis
aufbringen. Man kann nicht sagen auf der einen Seite, das ist gut und notwendig, aber wenn der Bund
irgendwelche Reformen auf diesem Gebiet machen muß, dann ist das natürlich schlecht, dann werden
die öffentlichen Einrichtungen aus dem Grenzland abgezogen und man hat dem Grenzland also keine
Hoffnung mehr gelassen. (Abg. Anzenberger: Der Grünzweig machte in der letzten Zeit die Schulschließungen!) Sie müssen also in Ihrer Argumentation aufpassen(Abg. Anzenberger: Wir müssen
also auf alles aufpassen!). Die Frage der Gendarmerieposten bei uns oben hat die Grenzlandbevölkerung überhaupt nicht berührt, da hat es keineeinzige Beschwerde gegeben, das muß ich Ihnen
sagen, vielleicht war der Gendarmeriebeamte interessiert. Aber die Schulfrage, das war eine sehr
wesentliche Frage. Hier ist es zu Streiks gekommen in den verschiedenenGebieten. Ich denke nur an
Merkengersch bei uns, nicht jetzt, vor 12 Monaten, vor 3 und 4 Jahren. Das hat die Menschen sehr
wohl berührt, meine Damen und Herren. (Landeshauptmannstellve7treter Ludwig: Vor 3, 4 Jahren
habe ich noch nichts damit z u tun gehabt. Da hat es keine Streiks gegeben!) Jetzt hat es keinen
Streik gegeben, ich spreche auch vom Grundsätzlichen, Herr Landeshauptmannstellvertreter, und
nicht speziell vom Jetzigen, vom September 1976. Aber wissen Sie, was die Menschen gesagt
haben? Durch diese Schulschließungen sind unsere Kinder schon mit sechs Jahren zu Tagespendlern geworden. Das war das Argument, das man in Großgerungs bei der Radiosendung gebracht
hat.
Von Gendarmerieposten ist dort nicht geredet worden. Aber man spielt die Dinge so hoch, als wären
die Gendarmerieposten das, was man unbedingt zum Leben braucht. Unsere Gemeinden haben sich
auch dort gut entwickelt, wo wir heute keine Gendarmerie haben. Wir haben die Schließungen nicht
befürwortet, wir sind dem Innenministerium deshalb nicht nachgelaufen. Wir haben aber auch Verständnis aufgebracht, wenn einfach die Notwendigkeit dafür gegeben war.
Ich wehre mich gegen etwas anderes, nämlich dagegen, daß man hier versucht, systematisch versucht, das Grenzland schlecht zu machen. Und das ist schlecht für die Arbeitsplätze, das ist schlecht
für die Betriebe, das ist schlecht für jene Leute, die gerne als Investoren in das Grenzland gehen
wollen. Meine Damen und Herren, dazu wird auch die Sendung ,,Planquadrat" in einem gewissen
Maße, ich möchte sagen, mißbraucht. Ich möchte die Sendung grundsätzlich begrüßen, ich habe das
auch bei der Radiosendung in Großgerungs gesagt, wenn ich mich auch nicht mit allem identifiziere,
nicht mit allem einverstanden bin. Was man dort gezeigt hat, ist nur ein kleiner Ausschnitt des Waldviertels, absolut nicht typisch für das Waldviertel, denn das Waldviertel besteht heute nicht nur aus
Landwirtschaft, sondern das Waldviertel besteht in sehr weiten Gebieten heute auch bereits aus
Industrie. Ich verweise nurauf den Bezirk Gmünd, der hoch industrialisiert ist, und auch der Bezirk
Waidhofen an der Thaya hat bereits eine beachtliche Industrie aufzuweisen.
Was mich persönlich aber doch einigermaßen mit Sorgen erfüllt, ist das, daß die ÖVP im Wege dieses
,,Planquadrates" nun wiederum versucht, diese Sendung als eine Plattform für ihre Parteipolitik zu
mißbrauchen. Wer den Aufmarsch am 3. Oktober 1976 in Schanz miterlebt hat - ich meine jetzt nicht
den Aufmarsch der Menschen, der hat zu Recht bestanden und vielleicht hätten noch tausend mehr
kommen sollen - aber den Aufmarsch der verschiedenen Funktionäre der Österreichischen Volkspartei und der Interessenvertretungen der Selbständigen, Herr Abgeordneter, diese Sendung.. . (Abg.
Wittig: Ich habe sie im Fernsehen zweimal gesehen!) Sie haben es im Fernsehen gesehen, ich
komme gleich darauf zurück, das war ja nicht der Sinn dieser Maßnahmen, dieses „Planquadrates''.
Hier wollte man ja nicht die Funktionäre hören, sondern man wollte die Menschen dieses Gebietes
zum Wort kommen lassen. Wie sich später herausgestellt hat, war das ja auch den Gestaltern dieser
Sendung, dem Ing. Foitl und dem Dr. Guggenberger, zuviel und sie haben alle Präsidenten, Vizepräsidenten, Obmänner der Bauernkammern und Sekretäre der Handelskammern weggeschnitten.
Sie haben es dann in der Fernsehsendung gar nicht mehr gesehen. Und wenn Sie sich die Sendung
bis zum Schluß angeschaut haben, dann haben Sie auch gehört, daß Dr. Guggenberger und Foitl
gesagt haben, die ganze Sache ist von einigen Leuten mißbraucht worden. Die Politiker sind ja nicht
zu Wort gekommen, sie mußten sich und sie sollten sich enthalten, mit Ausnahme der Landeshauptleute, aber ansonsten sind eine Reihe von Abgeordneten dort gewesen und sie haben es verstanden,
daß diese Fernsehsendung eben nicht für die Funktionäre, weder für die eine noch für die andere
Partei, und auch nicht für diePolitiker gemacht worden ist. Und so habe ich die Dinge doch mit einiger
Besorgnis gesehen.
Meine Damen und Herren, darf ich jetzt noch etwas sagen. Das ist der eine Fall, dann gibt es den
anderen Fall. Es hat auch eine Radiosendung gegeben in Großgerungs, eine Livesendung, wo auch
die Bevölkerung eingeladen war und einige Leute von der Politik. Und hier ist wiederum etwas
passiert, das dem Grenzland nur größten Schaden zufügen kann. Dort hat es - ich muß das hier
sagen - der Abg. Haider, der dort auch mitdiskutiert hat, mit der Wahrheit nicht sehr genau genommen. Der Abg. Haider hat dort die Betriebsgründung der Firma Respo geschildert, ein Betrieb, mit
dem wir uns vor einiger Zeit auch hier im Hohen Hause beschäftigthaben, und hat wörtlich folgendes
gesagt: ,,Ich darf noch sagen, wenn ich von unserer Betriebsgründung gesprochen habe, daß wir
hiernur vom Lande Niederösterreich die Förderung erhielten, die Gemeinde hat sich unausgesetzt
bemüht. Wir haben vom Land Niederösterreich hier die größte Mithilfe bekommen, aber leider von der
Bundesregierung nichts als wie Worte." Grenzlandförderung! Das ist sehr medienwirksam, das wird
ausgestrahlt, das wird also von vielen Menschen gehört, meine Damen und Herren. Ich habe damals
bereits angekündigt, da8 ich diese unwahre Behauptung öffentlich berichtigen werde, und nich stelle
heute hier im Hohen Hause fest, daß Nationalrat Haider in dieser Rundfunksendung die Unwahrheit
gesagt hat. Er hat in dieser Sendung erklärt, der Bund hat keinen Groschen für die Errichtung des
Betriebes Respo beigetragen. Meine Erhebungen haben ergeben, daß die Firma Respo aus dem
ERP-Grenzlandsonderprogramm 12 Millionen Schilling erhalten hat und daß die Firma Respo vom
Sozialministerium aus Mitteln der Arbeitsmarktförderung als Beihilfe 2,219.664,80 Schilling erhalten
hat. Der Herr Nationalrat Haider mußte das wissen, weil er zumindest in einem Fall bei den Verhandlungen dabeigewesen ist und daher auch wissen mußte, daß die Firma diese Beträge bekam. (Abg.
Ing. Kellner: Der sitzt nicht da! - Landeshauptmannstellvertreter Czettel:
Kreisky ist auch nicht da!) Ich nehme diese Gelegenheit deswegen wahr - ich sage das noch einmal weil ich in allen diesen Angriffen gegen den Bund ein System sehe, Wobei es mir gar nicht so sehr
darum geht, daß Sie den Bund angreifen, was sollen Sie denn sonst tun, (Abg. Romeder: Die Bundesregierung, nicht den Bund!) aber mir geht es darum, daß letzten Endes das Image des gesamten
Grenzlandes durch eine derartige Maßnahme, die Sie hier immer wieder setzen, gestört wird. Wer
14,2 Millionen Schilling, meine Damen und Herren, einfach totschweigt.. .(Abg. Anzenberger: Das hat
mit dem Image nichts zu tun!) Das hat mit dem Image sehr viel zu tun, Herr Kollege Anzenberger!
Wenn Sie Radio hören, als einer, der interessiert ist, in das Grenzland zu gehen, und da wird gesagt,
der Bund leistet für das Grenzland überhaupt nichts! (Abg. Romeder: Ein schlechtes Image für den
Bund!) Für das Grenzland, Herr Abg. Romeder! Diese Politik hat mit dem Betrieb auch sehr viel zu
tun, diese Politik der Verunglimpfung des Bundes ist ja nichts anderes - so muß man es sehen – als
ein Rufmord am Grenzland und ein Rufmord am Waldviertel und das müssen wir doch mit aller
Schärfe zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Anzenberger: Nur für die Betriebe hat er nichts
hergegeben!)
Mit einer solchen Politik wird das in den letzten Jahren - ich wiederhole das nochmals - so mühevoll
aufgebaute Image des Grenzlandes doch wieder in Frage gestellt und zerschlagen. Wir haben uns
ehrlich gefreut, daß in den letzten Jahren doch eine ganze Reihe von Betrieben in das Grenzland
gegangen ist und diese Betriebe uns dabei geholfen haben, die Probleme zu bewältigen. Ich meine
daher abschließend, wir wären alle gut beraten, wenn die Grenzlandpolitik nicht zu einer Politik der
Parteibrille, sondern wieder zu einer Politik der Vernunft werden könnte. Was wir brauchen, ist eine
Politik, die den Menschen nicht Angst, sondern neues Vertrauen bringt. Zu einer solchen Politik haben
wir Sozialisten uns stets bekannt. Eine solche positive Leistung, eine Leistung des Vertrauens in die
Wirtschaft und das Grenzland stellt auch die heutige Vorlage dar, der die Sozialisten dieses Hauses
selbstverständlich gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Fidesser. Ich erteile es ihm.
Abg. FIDESSER: Ich will nur ganz kurz dazu Stellung nehmen, weil ich nicht allzu weit von der Tagesordnung abkommen will und weil man zu den vielen Dingen, die außerhalb der Tagesordnung gesagt
werden, gar nicht Stellung nehmen kann, sondern nur dort, wo man persönlich angesprochen wird.
Zur Information: Wie bin ich dazu gekommen, die Arbeit der Grenzlandförderungsgesellschaft
zumindest in Frage zu stellen? Ich habe in einem Gespräch mit dem Bürgermeister von Litschau, bei
dem wir über Grenzlandfragen gesprochen haben, zufällig erfahren, daß er sich um ein Darlehen der
Grenzlandförderungsgesellschaft im Rahmen von etwa 1,5 Millionen Schilling bemüht und dafür,
soweit ich in Erinnerung habe, bei den Verhandlungen 7 1/4 % Zinsen vorgeschrieben bekäme. Und
er sagte mir, daß er gleichzeitig hörte, daß die Nachbargemeinde Heidenreichstein ein zinsenfreies
Darlehen bekommen könnte, und fragte mich, wie es das gibt. Daraufhin habe ich ihm gesagt, ich
werde mich diesbezüglich erkundigen. Ich habe auch mit einem Geschäftsführer gesprochen und der
hat mir gesagt, jawohl, es stimmt, daß die einen das so bekommen und die anderen um 7 1/4 % , aber
da ist man noch im Gespräch. Daraufhin habe ich hier bei meinem Gespräch über die Grenzlandprobleme gesagt, daß es nicht angeht, daß eine Grenzlandförderungsgesellschaft nach verschiedenen Maßstäben mißt, weil dann doch der Zweifel fällt, daß zwei Nachbargemeinden, die eine ist
eine sozialistische Gemeinde und die andere eine ÖVP-Gemeinde, nicht verschieden gefördert
werden sollen. Das war also meine Bemerkung anläßlich meines Beitrages zu den Grenzlandproblemen. Sie haben ja selber gesagt, daß es zu einer Bereinigung gekommen ist, tatsächlich
bekommt nun die Gemeinde Litschau ein zinsenfreies Darlehen. (Abg. Leichtfried: Das war vorher
auch nur befristet!) Ja, auf drei Jahre befristet, und dann müssen sie bezahlen. Bitte, aber Sie haben
hier jetzt wortwörtlich gesagt, das wurde bereinigt. Ich habe es genauso genommen und ich bin glücklich, daß durch diese Intervention die Sache bereinigt wurde und Litschau nun ein zinsenfreies Darlehen bekommt. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Leichtfried: Kein Vorteil, nur gleichgezogen!) Das andere
Problem betrifft die Koordination der Arbeit im Grenzland. Ich habe hier angeregt und auch einen Antrag eingebracht, der angenommen wurde, daß die verschiedensten Maßnahmen im Grenzland
zusammengefaßt und in einer gemeinsamen Kommission zwischen Bund, Land und betroffenen
Gemeinden bzw. Gemeindevertreterorganisationen geregelt gehören. Es ist immer wieder der Fall,
daß in unserer Bevölkerung das Image dazugehört, das Sie selber auch erwähnt haben, daß wir uns
nicht krankjammern dürfen, daß wir uns nicht aufgeben sollen, sondern daß wir der Bevölkerung
beweisen, daß wir im Grenzland imstande sind, mehr zu leisten als woanders, um das Handikap, das
wir haben, aufzuholen. Wenn wir das wollen, dürfen wir das bei unserer Bevölkerung nicht immer
durch bestimmte Schließungsankündigungen und so weiter in Frage stellen, sondern müssen von
Reformen reden, von Verbesserungen im Grenzland, und müssen das abstimmen aufeinander. (Abg.
Leichtfried: Auch die Schulen in Niederösterreich!) Nicht mehr und nicht weniger habe ich gemeint. Es
kommt nicht dazu, die Schulen werden doch abgesprochen im Raumordnungsprogramm; dazu gibt es
ja ein Raumordnungsprogramm, daß nicht die Schulschließungen allein vom Landesrat und vom zuständigen Referat der Landesregierung unter Umständen von heute auf morgen verfügt werden,
sondern daß auf lange Zeit die Raumordnung in dieser Richtung geregelt wird. So ist es auch ausgemacht, so ist das Einvernehmen ja auch im wesentlichen hergestellt worden. Die anderen Dinge
geschehen eben nicht ganz so in Koordination mit den Gemeinden, denn da wird zum Beispiel von
der Schließung von Bezirksgerichten gesprochen, da wird von der Schließung von Nebenbahnen
gesprochen und da draußen weiß man überhaupt noch nichts, da hat man noch keine Verständigungen in dieser Richtung. Ich glaube, daß man zwischen Gemeinden, Land und Bund ein entsprechendes Gespräch führen könnte und dann würden viele dieser Maßnahmen tatsächlich zu einem
Erfolg werden. Dann könnte man nämlich über manche Sachen auch sprechen. Und in dieser Richtung habe ich gemeint, daß mehr Koordination besser ist als krankjammern. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zur gleichen Zahl hat sich der Abg. Romeder zum Wort gemeldet.
Ich erteile es ihm.
Abg. ROMEDER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube,
es ist unbestritten, daß Niederösterreich nicht nur das größte Agrarland, sondern heute im Rahmen
der Industrie auch als größtes Industrieland bezeichnet werden kann. Darauf ist zurückzuführen - ich
glaube, auch das steht außer Streit -, daß das Land Niederösterreich gerade in den letzten Jahren
durch Industrieförderung und Gewerbeförderung eine ganz große Palette von Maßnahmen gesetzt
hat, um in diesem Land die Entwicklung entsprechend zu steuern, sei es von verbilligten Krediten, sei
es von Zinsenzuschüssen und dergleichen mehr.
Eine der möglichen Maßnahmen ist auch die Einrichtung der Haftungsübernahmen. Als Waldviertler
freue ich mich ganz besonders, daß heute ein Betrieb aus dem Waldviertel, ein Zwettler Betrieb - ich
darf es so nennen, obwohl der Betriebsort in Vitis ist, denn wohnen tut der Unternehmer in Zwettl, ich
kenne ihn sehr gut - hier in den Genuß solch einer Haftungsübernahme kommt. Soll dadurch doch
erreicht werden, daß auch hier neue Arbeitsplätze geschaffen werden können, daß vor allem aber
bestehende Arbeitsplätze, und das ist heute sehr entscheidend, mit abgesichert werden können.
Wenn zuvor von einer bestimmten Anzahl von Arbeitsplätzen gesprochen wurde, von über 80 Arbeitnehmern im Betrieb Lange, dann ist die Ausstrahlung nach meiner Meinung hier zu wenig weit umschrieben. Es werden hier gerade mit dieser Haftungsübernahme nicht nur die 80 Arbeitsplätze im
Betrieb Lange abgesichert, es werden Arbeitsplätze in landwirtschaftlichen Betrieben mit abgesichert
durch Holzzukauf, daß sie überhaupt ein Einkommen haben. Es wird gleichzeitig eine große Anzahl
von Arbeitsplätzen in vielen kleinen Sägewerken mit abgesichert, im Handel und dergleichen mehr,
also eine große Palette, die sich hier vor uns ausweitet, die sich vor uns zeigt.
Es wurde von meinem Vorredner Leichtfried auch kurz darauf hingewiesen, daß vom Betrieb Lange
große Investitionen, im Laufe der letzten Jahre über 15 Millionen Schilling, getätigt wurden. Und es
wurde erwähnt, daß eigentlich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen sich der Betrieb Lange
jetzt befindet, nicht auf die Wirtschaftsrezession der letzten Jahre zurückzuführen sind. Lieber Kollege
Leichtfried, ich glaube, Du hast die Vorlage nicht genau studiert. Auf Seite 4 der Vorlage heißt es
wortwörtlich: „Auf Grund der Rezession im vergangenen Jahr, die zu einem Rückgang bei der Nachfrage nach Paletten sowie zu einem Preisverfall bei Holz führte, fiel der Produktionswert 1975
monatlich auf 47,5 Millionen Schilling." Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die
Schwierigkeit dieses Waldviertler Betriebes war miteingebunden in die Wirtschaftsrezession und in die
Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Ich möchte hier ganz offen und ehrlich sagen, man kann es
nicht so darstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, als wären die Schwierigkeiten des
Betriebes von dieser Rezession nicht mitverursacht. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Das
müssen Sie ja wissen, Herr Kollege Romeder!) Das möchte ich einmal ganz deutlich feststellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir auch einige Bemerkungen zu den Ausführungen meines Vorredners, die er sonst noch gemacht hat. Ich bin Vertreter eines Grenzlandbezirkes
und darüber hinaus fühle ich mich als Mandatar des gesamten Wahlkreises 1, somit des Waldviertels,
und hier wurde in den Raum gestellt, es würde jemand am Ruf dieses Grenzlandes und am Image des
Waldviertels schlechthin kratzen.
Ich glaube, gerade unsere gemeinsamen Bemühungen gehen dahin, dieses Grenzland zu stärken
und auch den Ruf zu verbessern. Und wenn wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann in
diesem Zusammenhang fürchten müssen, zum Beispiel im Raum Zwettl, daß drei Bezirksgerichte
aufgelöst werden - wir waren vorige Woche erst beim Herrn Justizminister Broda -, dann müssen wir
fragen, wer schädigt das Image hier in diesem Land? Wir hatten eine Stunde lang Gelegenheit, ihm
die Probleme unseres Grenzlandbezirkes ausführlich vor Augen zu führen. Ich hoffe, daß unsere
Bemühungen, die eben hier stattgefunden haben, doch mithelfen, öffentliche Einrichtungen in diesem
Grenzland zu erhalten und damit auch das Image dieses gesamten Gebietes weiterhin im besten
Sinne zu gestalten. Und ich möchte Sie einladen, auch in dieser Richtung mitzuhelfen, Sie haben
wahrscheinlich einen besseren Draht zu den einzelnen Ministern in der Bundesregierung.
Das können wir auch gleich sagen, wir waren auch beim Landeshauptmann, selbstverständlich, und
der Landeshauptmann hat auch bei der Sendung des Planquadrates zu dieser Frage eindeutig Stellung genommen. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Fragen Sie den Landeshauptmann. Der
kann die Regierung auch informieren, nicht nur das Planquadrat!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sicher, auf die Information der Regierung können wir auch
gleich antworten. Ich bin nicht für die Regierung veranwortlich, aber soweit informiert. Der Landeshauptmann kann eine Frage auch an die Regierung bringen, wenn er vom zuständigen Minister eine
entsprechend konkrete Unterlage hat. Diese ist bis heute beim Landeshauptmann nicht eingelangt.
Ich glaube, das ist allgemein bekannt. (Abg. Dr. Brezovszky: Wenn es keinen Antrag gibt, kann nichts
geschlossen werden.) Wenn ich hier angesprochen werde auf den Herrn Landeshauptmann, dann
darf ich sagen, der Landeshauptmann wird Stillegungen von Bezirksgerichten nicht das Wort reden, er
wird rechtzeitig auch mit der Bevölkerung vom Grenzraum Verbindung aufnehmen. (Beifall bei der
ÖVP.) Der Herr Justizminister hat dies verabsäumt. Wir mußten in dieser Frage vorstellig werden.
(Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Der Justizminister war hier im Landhaus. Es wurde nichts
gesagt!)
Ich habe Ihnen darauf eine konkrete Antwort gegeben. Welche Überlegungen er anstellt, ist uns
bekannt, wir konnten uns rechtzeitig auch noch persönlich vorige Woche beim Herrn Justizminister
informieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn zuvor in bezug auf die Planquadratsendung mehr oder
weniger der Vorwurf in den Raum gestellt wurde, das Ganze wäre mehr oder weniger eine Plattform
für ÖVP-Funktionäre, dann darf ich Ihnen eines sagen: Interessenvertreter der Selbständigen, sie
wurden konkret hier angesprochen, haben wenigstens noch soviel Verantwortungsbewußtsein, daß
sie der gesamten österreichischen Öffentlichkeit ihre Probleme immer wieder vor Augen führen werden. Und das werden wir uns auch in Zukunft nicht nehmen lassen. (Beifall bei der ÖVP.) Und uns das
vorzuwerfen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weisen wir auf das Entschiedenste zurück.
(Abg. Leichtfried: Romeder, warum ist das nicht alles weggeschnitten worden?) Schauen Sie, wir werden uns nicht zum Schiedsrichter des Gestalters einer ORF-Sendung machen, aber wir werden uns
auch nicht vorschreiben lassen, wer dort in einer freien Sendung das Wort nimmt. (Beifall bei der
ÖVP.)
Es wurde dann der Nationalrat Haider als Bundespolitiker hier zitiert. Ich hatte aus familiären Gründen
leider nicht die Gelegenheit, bei dieser ORF-Sendung selbst anwesend zu sein, und darum habe ich
auch nicht die Möglichkeit, im Detail überprüfen zu können, ob auch diese Aussprüche wortwörtlich
gefallen sind. Wenn das hier in Zusammenhang gebracht wurde mit der Schädigung des Images des
Grenzraumes und des Waldviertels, dann darf ich Ihnen eines sagen: Wenn jemand etwas schädigt,
dann sind es vielleicht Sie, die die Verantwortung in diesem Staat tragen, daß zum Beispiel der konkrete Betrieb Respo durch so viele Jahre die Schwierigkeiten hatte, daß er eben durch Niedrigstimport
von Textilien nicht in der Lage war, die entsprechende Auslastung des Betriebes sicherzustellen. Ich
glaube, das ist kein Geheimnis, und jene, die für die Verträge verantwortlich sind, daß eben diese
Importe laufend getätigt wurden, sind diejenigen, die den Schaden hier anrichten, die uns die Arbeitsplätze vermindern und das Image schädigen. Auch das müssen wir hier feststellen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Ich
glaube, hier ist eines entscheidend, daß wir uns gemeinsam zusammensetzen, um zum Ansehen
dieses Grenzlandes beizutragen. Herr Dr. Brezovszky, ich höre die Bemerkung, „es ist Zeit, daß Du
aufhörst" sehr genau. Ich werde rechtzeitig, auch das verspreche ich, auf Ihre schulmeisterlichen
Zwischenrufe, wenn Sie das nächstemal reden, zurückkommen. (Abg. Dr. Brezovszky: Sie machen
immer Zwischenrufe!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nur auf welchem Niveau! Darüber müssen wir uns auch
einig sein. (Abg. Stangl: Ungeheuerlich!) Vor allem von einem Juristen, von einem Klubobmann,
müßte ich erwarten, daß er das entsprechende Niveau wahrt. (Abg. Stangl: Ist ,,ungeheuerlich" ein
Niveau?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, insgesamt können wir heute feststellen, daß nach langer
Zeit, und das ist erfreulich, eine Landeshaftung für einen Grenzlandbetrieb, speziell einen Waldviertler
Betrieb, hier aktuell ist. Wir als Österreichische Volkspartei werden uns in diesem Land immer bemühen und haben uns immer bemüht, durch eine moderne, gezielte Industriepolitik und Gewerbepolitik
über die Raumordnungsprogramme gezielt diesem Grenzland zu helfen und entsprechende Unterstützungen für dieses Grenzland flüssig zu machen, weil eben diese Österreichische Volkspartei Verantwortung für diese Region hat und sich immer wieder verantwortlich für unser gesamtes Land
Niederösterreich zeigt. In diesem Sinne geben wir dieser Vorlage gerne unsere Zustimmung. (Beifall
bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag
des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Fux, die Verhandlung zur Zahl 320 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. FUX: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Der Herr Landeshauptmann hat damals dankeschön zum Bundeskanzler gesagt.
- Abg. Romeder: Der Herr Landeshauptmann ist ein höflicher Mensch. Das ist der Unterschied! –
Zweiter Präsident Binder gibt das Glockenzeichen.) Der Rechnungshof hat den beiliegenden Bericht
über die Prüfung der Gebarung des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Wr. Neustadt für die
Jahre 1971 und 1972 sowie die Äußerung des Magistrates der Stadt Wr. Neustadt und die Gegenäußerung des Rechnungshofes hiezu übermittelt. Der Rechnungshof hat vom 19. November bis 7.
Dezember 1973 die Gebarung des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadtgemeinde
Wr. Neustadt für die Jahre 1971 und 1972 einer Überprüfung unterzogen. Die Prüfung erfolgte anhand
der Jahresrechnungen an Ort und Stelle durch Einsichtnahme in die Rechnungsbücher und Belege.
Aus dem Ergebnis der Prüfung war zu ersehen:
Bezüglich der Einnahmen des Krankenhauses wird festgestellt, daß das Gebarungsergebnis dem
Durchschnitt jener der niederösterreichischen Krankenanstalten entspricht. Der Betriebsaufwand pro
Pflegetag läßt im allgemeinen auf eine sparsame Ausgabenwirtschaft schließen. Die Einnahmen
stiegen von 1971 auf 1972 um 21%, damit blieben sie hinter der Ausgabensteigerung, die in dieser
Zeitspanne 24,9% betrug, zurück. Die Auslastung der Gesamtkapazität des Krankenhauses läßt auf
einen ständig verhältnismäßig überhohen Belag schließen. Hiezu erklärt der Magistrat, die hohe
Verweildauer sei durch Pflegefälle verursacht, welche in Pflegeheimen nicht unterzubringen waren.
Aus dem Verhältnis der in den Jahren 1971 und 1972 angefallenen Betriebskosten ergibt sich ein
hoher Auslastungsgrad des Krankenhauses, der sich zwar günstig auf den laufenden Betriebserfolg
auswirkt, die Effizienz des Krankenhauses in seiner Gesamtheit wurde jedoch durch die überhöhte
Verweildauer beeinträchtigt.
Die räumlichen und sanitären Verhältnisse im Krankenhaus waren in verhältnismäßig hohem Maße
unzureichend, insbesondere in der Augenabteilung, in der Internen sowie in der Geburtshilfe. Für
diese Unzulänglichkeiten erwartet der Magistrat vom Krankenhausausbau weitestgehende Verbesserung. In der Verfolgung der vom Gemeinderat beschlossenen Zielplanung wurden der Bau der
Schwesternschule und der Unfallschirurgie mit Anstaltsküche realisiert.
Von den auf den Pflegetag bezogenen Betriebskosten entfielen auf den Personalaufwand 1971
64,36% und 1972 63,53%. Damit lag der Personalaufwand des Krankenhauses absolut und relativ
noch in den Grenzen des Personalaufwandes vergleichbarer Krankenanstalten.
Die Gebarung wird ausschlaggebend vom Ausmaß der von den Sozialversicherungsträgern
geleisteten Entgelte beeinflußt, da für etwa 97% der Krankenhauspatienten die Sozialversicherungsträger leistungsverpflichtet sind. Bei der Gebarung mit Heilmitteln regt der Rechnungshof an, die
Schaffung einer Medikamentenliste für das Krankenhaus vordringlich zu behandeln. In seiner Äußerung begegnet der Magistrat der Rechnungshofkritik an den Personalständen mit einer ausführlichen
Stellungnahme, in der die Rechtfertigung der derzeitigen Personalorganisation dargestellt wird.
Der Rechnungshof hat in seiner Gegenäußerung mit Ausnahme der Anrechnung der Pflegeschüler
auf den Personalstand nicht mehr darauf Bezug genommen. Ich darf als Berichterstatter namens des
Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung, betreffend die Uberprüfung der Gebarung
des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadtgemeinde Wr. Neustadt durch den Rechnungshof folgenden Antrag stellen :
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der Bericht des Rechnungshofes vom 20. Februar 1976 über die Prüfung der Gebarung des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Wr. Neustadt für die Jahre 1971 und 1972, sowie die Äußerung
des Magistrates der Stadt Wr. Neustadt hiezu vom 5. April 1976 und die Gegenäußerung des
Rechnungshofes vom 6. Mai 1976 werden zur Kenntnis genommen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zum Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Blochberger, die Verhandlung zur Zahl 322 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BLOCHBERGER: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich berichte zur Zahl 322, es handelt sich hier um die Übernahme einer
Landeshaftung für die Firma Ing. Herbert Müller-Guttenbrunn. Die genannte Firma hat um Übernahme
der Landeshaftung für einen Investitionskredit in der Höhe von 5 Millionen Schilling ersucht, der zur
Finanzierung der Errichtung einer Schrottaufbereitungsanlage in Amstetten dienen soll. Das Ansuchen
der Firma wurde im Sinne der Grundsätze und Voraussetzungen des Beschlusses des Landtages von
Niederösterreich vom 21. November 1967 einer Prüfung durch eine Treuhandgesellschaft unterzogen,
welche folgendes ergeben hat:
Als Förderungswerber tritt die nicht protokollierte Einzelfirma Ing. Herbert Müller-Guttenbrunn mit dem
Sitz in Waidhofen an der Ybbs auf. Es ist geplant, das Unternehmen unter Ausnützung der Begünstigungen des Strukturverbesserungsgesetzes in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung einzubringen. Die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister des Kreisgerichtes St. Pölten ist
bereits erfolgt. Der Sitz des Unternehmens wird demnach von Waidhofen an der Ybbs nach Amstetten
verlegt.
Ing. Müller-Guttenbrunn besitzt einen Gewerbeschein der Bezirkshauptmannschaft Amstetten, der ihn
zur Ausübung des Gewerbes der Verarbeitung von Alt- und Abfallstoffen, insbesondere von Eisenund Metallschrott, in der Form eines Industriebetriebes berechtigt. Die Firma beabsichtigt die Errichtung einer Schrottaufbereitungsanlage in Amstetten. Durch die geplante Investition wird eine ofengerechte Zubereitung des anfallenden Schrottes und somit ein höherer Preis erzielbar sein.
Die Firma bringt bestehende Anlagen im Wert von ca. 7,4 Millionen Schilling ein. Investitionen sind in
der Höhe von rund 9 Millionen Schilling geplant, wovon 3,1 Millionen Schilling für Gebäude und
Lagerplatz, 4,1 Millionen Schilling für Betriebseinrichtung und 1,8 Millionen Schilling für Strom- und
Gleisanschluß vorgesehen sind. Die Finanzierung der Investitionen ist durch zwei Investitionskredite
der Raiffeisenkasse Amstetten-Ybbs in der Höhe von 2 Millionen Schilling, wobei die Besicherung
durch die Niederösterreichische Kreditbürgschaftsgesellschaft erfolgen, und in der Höhe von 5
Millionen Schilling, wofür das Land Niederösterreich die Haftung übernehmen soll, vorgesehen. Die
Finanzierung des Vorhabens erscheint sichergestellt zu sein, da der Rest von 2 Millionen Schilling aus
den Gewinnen und verdienten Abschreibungen finanziert werden soll, wobei der zu finanzierende
Rest durch Eigenleistungen und Einsparungen noch reduziert werden kann.
Die mit der Prüfung des Ansuchens betraute Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stellte fest, daß sich
durch den gesicherten Absatzmarkt und die hohe Lebensdauer der Anlagen sowie durch die Zusammenlegung des Betriebes in Waidhofen an der Ybbs mit der Neugründung in Amstetten ein wesentlicher Rationalisierungseffekt ergibt. Mit der Durchführung der Investition werden ca. 10 neue Arbeitsplätze in diesem Raum geschaffen werden können.
Eine Analyse der Kapitalstruktur ergibt, daß der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital nach
Durchführung der Investition 19,3 % beträgt. In diesem Punkt werden somit die Richtlinien des Landtages nicht erfüllt.
Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich weist in ihrer Stellungnahme darauf hin,
daß der neue Standort in der Industriezone der Gemeinde Amstetten liegt und es der Firma ermöglicht, sich auszuweiten sowie Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen.
Da Schrott nach Anordnung Nr. 2 des Bundesministeriums für Handel u7nd Wiederaufbau vom 23. 12.
1950 entsprechend dem Rohstofflenkungsgesetz der Bewirtschaftung und Preisregelung unterliegt, ist
es nur durch laufende Rationalisierungsmaßnahmen möglich, die Aufbereitung von Schrott kostendeckend durchzuführen. Hiezu kommen noch entsprechende Auflagen der Stahlindustrie, welche nur
Schrottpakete mit möglichst geringen Verunreinigungen zur Verarbeitung in den Schmelzöfen
annimmt.
Das vorliegende Ansuchen der Firma um Übernahme der Landeshaftung für einen Kredit in der Höhe
von 5 Millionen Schilling wird daher von der Handelskammer für Niederösterreich befürwortet. Die
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich vertritt in ihrer Stellungnahme die Auffassung, daß dem Ansuchen der Firma um Übernahme der Landeshaftung stattgegeben werden
sollte, da es sich um ein volkswirtschaftlich nützliches Investitionsprojekt zur Sicherung und Schaffung
von Arbeitsplätzen handelt.
Abschließend wäre noch festzuhalten, daß die beantragte Haftungsübernahme in dem mit Beschluß
des Landtages von Niederösterreich vom 20. Juni 1973 festgesetzten Haftungsrahmen von 700
Millionen Schilling Deckung findet.
Ich erlaube mir daher, namens des Finanzausschusses folgenden Antrag zu stellen (liest):
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die Niederösterreichische Landesregierung wird ermächtigt, die Haftung des Bundeslandes
Niederösterreich gemäß § 1357 ABGB für einen von der Firma Ing. Herbert Müller-Guttenbrunn
aufzunehmenden Investitionskredit in der Höhe von 5 Millionen Schilling unter folgenden Voraussetzungen zu übernehmen:
Die Firma Ing. Herbert Müller-Guttenbrunn hat sich zu verpflichten:
1.1 die Sicherstellung der Finanzierung des Investitionsvorhabens durch Vorlage der Haftungszusage
der Niederösterreichischen Kreditbürgschaftsgesellschaft mbH. für einen Investitionskredit von 2
Millionen Schilling nachzuweisen,
1.2 die zweitrangige Sicherstellung auf dem Bürogebäude und der Einstellhalle (Superädifikat)
zugunsten des Kreditgebers auf Kosten der Firma durchzuführen,
1.3 den Eigentumsvorbehalt bzw. Sicherungsübereignung soweit möglich sinnvoll an dem bereits
angeschafften bzw. noch anzuschaffenden Anlagevermögen zugunsten des Kreditgebers auf
Kosten der Firma anmerken zu lassen,
1.4 von Ing. Herbert, Aurelia, Dietrich und Herbert (geboren 1945) Müller-Guttenbrunn Erklärungen
beizubringen, daß sie sich verpflichten, dem gegenständlichen Schuldverhältnis als Mitschuldner
zur ungeteilten Hand beizutreten,
1.5 von den Gesellschaftern der Gesellschaft m. b. H. eine Erklärung beizubringen, daß sie während
der Laufzeit des landesverbürgten Investitionskredites solange eine Gewinnausschüttung weder
verlangen noch entgegennehmen werden, bis das dadurch gebildete Eigenkapital des Gesamtkapitals erreicht. Sollte aus steuerlichen Gründen eine Gewinnausschüttung zweckmäßigsein, so
haben die Gesellschafter die ihnen zufließenden Gewinne dem Unternehmen zur Stützung des
Eigenkapitals in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen,
1.6 von Erweiterungsinvestitionen baulicher oder maschineller Art dem Land Niederösterreich Mitteilung zu machen und dem Land geeignet erscheinende Nachweise zu erbringen, aus welchen
ersehen werden kann, daß die Rückzahlungen der laufenden Kredite durch diese Erweiterungen
nicht gefährdet werden,
1.7 dem Land für die Dauer der Landeshaftung einen jährlichen Haftungsbeitrag in der Höhe von
3/4% der am 31. Dezember eines jeden Jahres noch aushaftenden Kreditsumme zu leisten.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses
Beschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung vorzunehmen.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Ich eröffne die Debatte. Der Abg. Zauner hat sich in die Rednerliste
eintragen lassen. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. ZAUNER: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Landtages! Auch ich
komme aus einem Grenzlandbezirk, aber ich glaube, doch nicht so emotionsgeladen, wie die Grenzlandprobleme heute schon besprochen wurden. Zwar ist mir eingefallen bei dieser Grenzlanddebatte,
daß auch ich vor einigen Jahren, als die Entwicklung unseres Raumes im besonderen begonnen hat,
eine Dienststelle, nicht des Landes Niederösterreich, sondern - ich berichtige mich - die Handelskammer, seinerzeit als erste auch eine Stellungnahme abgegeben und gemeint hat, diese Anlage
befindet sich im Grenzland und sei daher nicht förderungswürdig; die Mittel im Landesinneren einzusetzen, wäre wichtiger. Also ganz so von der Hand zu weisen ist unser Grenzland auch nicht, aber ich
glaube doch, es bei der einen Feststellung bewenden zu lassen, daß unsere Grenze eine gegenseitige wirtschaftliche Befruchtung der beiden Bundesländer Ober- und Niederösterreich bringt und
daher doch nicht mit solchen Problemen behaftet ist wie das übrige Grenzgebiet. (Abg. Ing. Schober:
Ihr seid keine Notstandsgemeinde!)
Zur Vorlage selbst möchte ich sagen, daß die Übernahme der Landeshaftung für diesen Investitionskredit in der Höhe von 5 Millionen Schilling zur Finanzierung der Errichtung einer Schrottbereitungsanlage in Amstetten der Firma Ing. Herbert Müller-Guttenbrunn von uns befürwortet wird und unsere
Zustimmung findet. Die Firma Ing. Müller-Guttenbrunn hat die Berechtigung zur Verarbeitung von Altund Abfallstoffen und insbesondere von Eisen- und Metallschrott. Die vorgesehene Errichtung einer
Schrottaufbereitungsanlage wurde bereits durchgeführt und arbeitet diese Anlage bereits im ZweiSchicht-Betrieb. Durch diese Anlage wird eine ofengerechte Zubereitung des anfallenden Schrottes
erreicht und kann beim Verkauf an die verarbeitenden Firmen ein höherer Verkaufserlös erzielt
werden.
Der Herr Berichterstatter hat bereits die Details der Gesamtfinanzierung sowie der Besicherung ausgeführt. Die mit der Prüfung beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stellte unter anderem fest,
daß die Zusammenlegung und Neugründung in Amstetten einen großen Rationalisierungseffekt
ergibt. In den letzten drei Jahren expandierte der Betrieb sehr stark und es konnte in diesem Zeitraum
eine 45 % ige Umsatzsteigerung erreicht werden. Die Stellungnahmen der Kammer der gewerblichen
Wirtschaft und der Arbeiterkammer sind äußerst positiv und werden der Standort, die Rationalisierungsmaßnahmen, die volkswirtschaftliche Bedeutung und die Schaffung von Arbeitsplätzen besonders hervorgehoben.
Als besonders erfreuliche Tatsache möchte ich festhalten, daß durch diese Investition auch für den
Umweltschutz aktiv eine Leistung erbracht wird. Durch diese Schneidemaschine ist es möglich, Autowracks in ofengerechte Schrottpakete umzuwandeln. Die Firma Ing. Müller-Guttenbrunn holt diese
Autowracks kostenlos, möchte ich vermerken, und zwar ab vier Autos aus der näheren Umgebung
und bis 14 Autos aus der weiteren Umgebung mit ihren eigenen Transportautos ab. Diese Transporte
werden weit ausgedehnt, der Aktionsradius ist sehr groß, sodaß man nach Oberösterreich, bis ins
Mühlviertel hinauf, bis zur Stadt Wels und selbst bis in die Steiermark, in den Bezirk Liezen, hinunterkommt. Der westliche Teil Niederösterreichs ist selbstverständlich inbegriffen.
Ich möchte daher darauf hinweisen und die Gemeinden, die Fremdenverkehrsvereine, die Verschönerungsvereine ersuchen, wenn sich solche Autowracks in der Gegend befinden, diese zusammen-
zustellen und die Firma zu verständigen, da sie sich bereiterklärt hat, die kostenlose Abholung durchzuführen und damit einen Beitrag zu einem sauberen Niederösterreich zu leisten.
Aus diesen vorangeführten Gründen, der volkswirtschaftlichen Bedeutung und der Umweltschutzfunktion des Betriebes Ing. Müller-Guttenbrunn für die Region Amstetten und darüber hinaus für unser
Bundesland, darf ich namens meiner Fraktion erklären, daß wir der Vorlage gerne unsere Zustimmung
geben. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster hat sich der Abg. Amon zu Wort gemeldet. Ich erteile
es ihm.
Abg. AMON: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die heutigen Haftungsübernahmen sind irgendwie vom Grenzland gezeichnet. Ich möchte aber nicht wieder mit dem
Grenzland beginnen und ich glaube auch, Amstetten zum Notstandsgebiet erklären, das würde unser
Bürgermeister in Amstetten uns wohl nicht verzeihen. Ich möchte bei der Vorlage bleiben. Unser
Berichterstatter, der Herr Kollege Blochberger, hat sehr eingehend über die Vorlage berichtet. Die
Firma Müller-Guttenbrunn - MÜGU ist ihre Abkürzung, das sieht man an ihren Autos - betreibt seit
1973 in Waidhofen an der Ybbs eine Schrottaufbereitungsanlage. Es werden dort Wracks, Altstoffe
und Abfallstoffe verarbeitet. Der große Anfall der letzten Jahre hat natürlich die Firma dazu bewogen
ihren Betrieb zu erweitern bzw. zu vergrößern. In Waidhofen selbst fehlte der Raum, daher wurde eine
Betriebsverlegung nach Amstetten ins Auge gefaßt und zum Teil schon durchgeführt.
In Amstetten konnte sich die Firma nach langen schwierigen Verhandlungen von der Österreichischen
Bundesbahn ein 10.000 Quadratmeter großes Grundstück im Pachtwege, nicht jm Kaufwege,
erwerben und bekam die Genehmigung, darauf ihre Anlage zu errichten. Diese Anlage ist mit
modernsten Mitteln ausgestattet. Mußte früher die Firma mit Schneidbrennern die Altstoffe und die
Wracks zerschneiden, so steht heute in Amstetten eine ganz moderne hydraulische Schrottschere, die
pro Stunde 8.000 Tonnen Müll zu verarbeitungsfähigen Schrottpaketen für die Stahlindustrie aufbereiten kann. Es ist auch vorgesehen, eine Schrottmühle aufzustellen. Mit dieser Schrottmühle
könnte das Sortieren und Reinigen der Abfallstoffe schöner und leichter durchgeführt werden. Es
würde auch dann ein größerer Erlös daraus erzielt werden. Es ist vielleicht interessant, daß im ganzen
niederösterreichischen Raum nur zwei solche Schrottscheren stehen, eine glaube ich im Raume
Guntramsdorf und die zweite jetzt in Amstetten.
Ich möchte nicht nur von der Sicherung der Arbeitsplätze und der Schaffung von Arbeitsplätzen dort
sprechen, sondern auch den volkswirtschaftlichen Vorteil erwähnen, den dieser Betrieb erarbeitet,
wird doch das Land saubergemacht, werden die Wracks weggeräumt, verarbeitet und wieder der
Stahlindustrie zugeführt. Der Absatz dieser Schrottpakete ist gut, es gibt keine Absatzsorgen. Und ich
glaube, man merkt es bereits, wenn man durch das Gebiet fährt; die Autowracks, die rundherum abgestellt waren, werden weniger, die Firma holt die Autowracks ab und leistet damit für die Reinigung
der Umwelt einen großen Beitrag. Ich glaube, gerade aus dieser Sicht gesehen, müßten wir die Firma
bei ihrem Aufbau in jeder Phase und jeder Form unterstützen. Es werden dort nicht weniger als 16,5
Millionen Schilling investiert, daher macht die Haftung des Landes ca. ein Drittel dieser Investition aus.
Aus den angeführten Gründen ist unsere Fraktion selbstverständlich gerne bereit, dieser Vorlage und
diesem Antrag auf Übernahme der Landeshaftung für 5 Millionen Schilling zum Aufbau dieses
Betriebes und zur Anschaffung dieser Maschinen zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Es liegt keine weitere Wortmeldung vor. Der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Rerichterstatter Abg. BLOCHBERGER: Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag
des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Diettrich, die Verhandlung zur Zahl 323 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe namens
des Finanzausschusses über die Anpassung der Richtlinien und Erhöhung des Haftungsrahmens für
die Übernahme der Landeshaftung zu berichten. Es ist eine sehr umfangreiche Vorlage und ich
möchte mit der Feststellung beginnen, daß eigentlich die erstmalige Ubernahme der Landeshaftungen
im Jahre 1961 erfolgt ist. In den Jahren von 1961 bis 1967 wurde insgesamt ein Darlehensvolumen
von 166,400.000 Schilling beschlossen.
Die in diesem Zeitraum gewonnenen Erfahrungen bei der Prüfung von eingelangten Anträgen dienten
als Grundlage für einen weiteren Beschluß des Landtages vom 21. November 1967, in dem die
Grundsätze und Voraussetzungen für die Übernahme der Landeshaftung festgelegt wurden. In der
zweiten Phase der Haftungsübernahmen, die bis zum Jahre 1976 anzusetzen ist, wurden 44
Ansuchen um Übernahme der Landeshaftung mit einem Darlehensvolumen von 649,700.000 Schilling
beschlossen.
Der Haftungsrahmen wurde am 20. Juni 1973 mit 700 Millionen Schilling festgelegt. Dieser Rahmen
ist unter Berücksichtigung der bisherigen Kapitalstilgungen der landesverbürgten Darlehen mit 675
Millionen Schilling ausgenützt. Nach nunmehr 15jähriger Erfahrung des Landes Niederösterreich mit
Haftungsübernahmen und 9jähriger Anwendung der Richtlinien erscheint eine Neufassung zweckmäßig. Hiebei soll auch eine Anpassung im Hinblick auf die derzeitige wirtschaftliche Lage erfolgen.
Die Landesregierung hat daher Gutachten von zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften eingeholt. Es
wurde dabei insbesondere um Prüfung der Möglichkeiten ersucht, ob die Landeshaftung auch auf
Betriebsmittelkredite und Umschuldungen ausgedehnt werden sollte. Es wird damit auch einem
Resolutionsantrag entsprochen, welcher im Zusammenhang mit den Budgetberatungen eingebracht
wurde.
Auf Grund dieser Gutachten kam die Landesregierung zu folgendem Ergebnis: Unter Finanzierung
versteht man in erster Linie die zur Begründung und Erhaltung von Vermögenswerten erforderliche
Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital in Form von Geld- und Sachwerten. Wenn man die Aktivseite der Bilanz betrachtet, ergeben sich zwei Vermögensbereiche, welche zu finanzieren sind, nämlich das Anlage- und Umlaufvermögen. Es handelt sich also um die Investitionsfinanzierung und um
die sogenannte Betriebsmittelfinanzierung.
Aktiv- und Passivseite der Bilanz müssen sich finanzwirtschaftlich im Hinblick auf die Fristen entsprechen; Kapitalbeschaffung und Kapitalverwendung müssen zeitlich übereinstimmen. Daraus ergibt
sich die Folgerung, daß auf dem langfristigen Sektor zumindest das Sachanlage- und Finanzanlagevermögen (z. B. Beteiligungen und Darlehen) mit langfristigem Kapital zu finanzieren sind. Grundsätzlich sollten die Mittel für eine langfristige Vermögensbildung aus Eigenkapital, das auf dem Wege der
Eigen- oder Selbstfinanzierung beschafft wird, oder notfalls aus zusätzlichem langfristigen Fremdkapital stammen, wenn seine Tilgung und Verzinsung aus dem Ertrag der mit ihm finanzierten Wirtschaftsgüter gesichert erscheint.
Somit ist also das langfristig gebundene Vermögen durch langfristiges Kapital und sind kurzfristige
Schulden durch kurzfristige Forderungen, flüssige Mittel und kurzfristige liquidierbare Vorräte zu finanzieren. Ein zeitweiliges Abgehen von diesen Finanzierungsgrundsätzen ist nur dann vertretbar, wenn
eine genau kalkulierte Kapitalverwendung vorhanden ist, welche von richtigen Aufwands- und
Ertragswerten ausgeht. Ferner muß die Wirtschaftsentwicklung konjunkturell günstig verlaufen.
Bewußt eingegangene Risken sind nur auf Grund berechtigter Umsatz- und Gewinnerwartungen tragbar, denen keine allzu optimistische Einschätzung zugrunde liegen sollte. Umsatzrückgänge bergen
bei nicht orthodoxer Finanzierung im besonderen Ausmaße Risken in sich. Schließlich muß die nachträgliche Konsolidierung der finanzwirtschaftlichen Situation möglich sein, das heißt mit einer an
Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit erwartet werden können. Die Förderungsmaßnahmen der
öffentlichen Hand (EE-Fonds und dergleichen) beschränken sich durchwegs auf die Finanzierung von
Investitionen. Die Berechtigung der Investitionsförderung liegt darin, daß durch Investitionen Betriebe
gegründet, erweitert, rationalisiert bzw. Strukturverbesserungen und -bereinigungen vorgenommen
und damit Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden können. In diesem Zusammenhang sind
natürlich wieder einige große Anträge vorhanden und der Plafond, der nun hier fixiert ist, reicht nicht
aus, um diesen Wünschen zu entsprechen.
Außerdem weicht auch die Neufassung stilistisch und materiell in Formulierungen ab, sodaß man hier
noch andere Ergänzungen und Weglassungen durchführen muß. Hier ist unter anderem ein Punkt,
daß die Förderung beispielsweise andere, bankmäßige Sicherheiten, wie Hypotheken, Beibringung
von Bürgen unter anderem dann ersetzen kann, wenn die in den ,,Richtlinien" verlangten Voraussetzungen erfüllt werden; der hiefür vom Land vorgesehene Haftungsrahmen soll jedoch nicht dazu
verwendet werden, einem ohnedies ausreichend mit bankmäßigen Sicherheiten ausgestatteten und
daher nicht ,,unterstützungs- oder förderungsbedürftigen" Antragsteller die Hingabe solcher Sicherheiten zu ersparen.
Ein weiterer Punkt: Einbau der Besicherungsmöglichkeit für Betriebsmittelkredite; das diesbezügliche
Risiko wird durch die später angeführten Bedingungen eingeengt. Weiters Weglassen der
,,Zweigniederlassung", da es sich auch um eine ,,Betriebsstätte" handeln kann. Einbau des Wortes
,,erneuern" im Sinne von ,,modernisieren". Oder Einbau von ,,Sicherheitsleistungen", zum Beispiel
ausländischen Bankgarantien und ähnliches. Oder Hinweis auf betriebswirtschaftliche Grundsätze;
dadurch sollen ,,Umschuldungen" grundsätzlich ausgeschlossen werden. Oder Ausscheiden von
privater Vermögensschaffung: Einengung der Betriebsmittelfinanzierung (Anlaufbedarf,10%-Grenze).
Oder: Üblicherweise gibt es im Betriebsgeschehen laufende Steuerverbindlichkeiten, daher der Hinweis auf „unübliche" Rückstände.
Wie ich bereits eingangs erwähnt habe, sind vom Haftungsrahmen von 700 Millionen Schilling nur
mehr 25 Millionen Schilling verfügbar. Derzeit befinden sich aber 16 Anträge mit einer Darlehenssumme von 358 Millionen Schilling in Prüfung, sodaß damit gerechnet werden muß, daß in Kürze der
Haftungsrahmen voll ausgeschöpft ist. Es empfiehlt sich daher, eine Anhebung des Haftungsrahmens
um 300 Millionen Schilling auf eine Milliarde Schilling durchzuführen. Ich habe die ehrenvolle Aufgabe,
Ihnen nun den Antrag des Finanzausschusses zu unterbreiten. Hier heißt es: „Der Hohe Landtag wolle
betreffend Industrieförderung durch Übernahme der Landeshaftung, Anpassung der Richtlinien und
Erhöhung des Haftungsrahmens beschließen:
I. Die Grundsätze und Voraussetzungen für die Übernahme der Landeshaftung für Investitionskredite
gemäß Beschluß des Landtages von Niederösterreich vom 21. November 1967, Zahl Ltg.-290/2-1967,
haben zu lauten:
1. Art und Gegenstand der Förderung:
1.1 Gefördert werden sollen Investitions- Projekte der Industrie und des Gewerbes mit industriemäßigen Einrichtungen in Niederösterreich, die der Steigerung der Leistungsfähigkeit und der
Erhaltung der Arbeitsplätze solcher Unternehmungen dienen; die Förderung erfolgt von seiten des
Landes durch Übernahme der Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB für Darlehen,
welche die genannten Zwecke finanzieren.
1.2 Die Übernahme von Bürgschaften ist insbesondere für jene Fälle vorgesehen, in denen die
ansonsten erforderlichen anderen bankmäßigen Sicherheiten nur zum Teil erbracht werden können.
1.3 Die Förderung dient gemäß den nachstehenden Bedingungen zur Besicherung von wirtschaftlich
gerechtfertigten Investitionskrediten und damit im Zusammenhang stehenden Anschlußkrediten
zur Betriebsmittelfinanzierung, die im angemessenen Verhältnis zu förderungswürdigen
Investitionskrediten stehen.
2. Förderungswerber und Zweck der Förderung:
2.1 Förderungswerber können physische und juristische Personen des privaten Rechtes sein, die
beabsichtigen, ein industrielles oder fabriksmäßiges Unternehmen oder eine Betriebsstätte eines
solchen Unternehmens zu errichten, zu erweitern, zu verlegen oder zu erneuern.
2.2 Bei Förderungswerbern, die Ausländer sind, soll eine Eigenkapitalaufbringung von mindestens
50 % des InvestitionsVorhabens und eine inländische Kapitalbeteiligung am Eigenkapital des
Förderungswerbers im Ausmaß von mindestens einem Drittel desselben angestrebt werden.
2.3 Zweck der Förderung ist die Sicherung und Weiterentwicklung des geförderten Unternehmens,
wenn damit eine Sicherung oder eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen durch
Erhaltung bestehender oder Schaffung neuer Arbeitsplätze in Niederösterreich verbunden ist oder
die regionale oder branchenmäßige Industriestruktur verbessert wird.
3. Voraussetzungen für die Förderung:
3.1 Der Förderungswerber muß die Berechtigung zum Betrieb des zu fördernden Unternehmens
(Gewerbeberechtigung, Lizenzberechtigung u. dgl.) besitzen.
3.2 Der Förderungswerber muß sachlich kreditfähig und persönlich kreditwürdig sein. Hiezu gehört,
daß das zu fördernde Unternehmen existenz- und wettbewerbsfähig ist oder begründete Aussicht
besteht, daß es diesen Zustand durch die angestrebte Förderung erreicht. Im einzelnen wird vorausgesetzt:
3.2.1 Das zu förderne Unternehmen muß mit einem Eigenkapital ausgestattet sein, das die Eigenfinanzierung des Investitionsvorhabens im angemessenen Umfang gewährleistet. Das Eigenkapital bemißt sich nach dem Reinvermögen unter Berücksichtigung der stillen Reserven und
nach Abzug der Schulden. Sicherheitsleistungen und Darlehen der Unternehmensinhabung
an das Unternehmen können zum Eigenkapital gerechnet werden, wenn diese Werte für den
erforderlichen Zeitraum im Unternehmen verbleiben.
1. 3.3.2 Das Eigenkapital soll unter Einbeziehung des Investitionsvorhabens in das Gesamtkapital
(Summe aus Eigenkapital und Fremdkapital) grundsätzlich ein Drittel des Gesamtkapitals
betragen.
3.2.2 Die Durchführung des Projektes und die Aufnahme von Fremdkapital zur Finanzierung des
Investitionsvorhabens müssen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erfolgen. Die Liquiditätslage des Förderungswerbers muß dies gestatten.
3.2.3 Das Projekt darf nur Gesamtinvestititionen betreffen, die über laufende Erneuerungen der
Anlagen hinausgehen; ausgeschlossen sind Liegenschaften U. a. Gegenstände, die nicht
unmittelbar dem Betrieb dienen; in Fällen, in denen durch das Investitionsvorhaben auch der
Betriebsmittelbedarf in einem Ausmaß ansteigt, das nicht durch kurzfristige Finanzierungsmaßnahmen gedeckt werden kann, kann der Anlaufbedarf in das Gesamtprojekt einbezogen
werden. Der Anteil solcher Betriebsmittel (Vorräte, Kundenforderungen) soll 10% der Anlageinvestitionen nicht übersteigen.
3.2.4
Die Finanzierung des Projektes mit Landeshaftung soll 50% der Gesamtprojektkosten nicht
übersteigen.
3.2.5 Die restliche Finanzierung des Projektes muß nachweisbar sichergestellt sein.
3.2.6 Der Förderungswerber muß nachweisen, daß keine unüblichen und wesentlichen Rückstände
an Steuern und öffentlichen Abgaben bestehen.
3.3 Der Förderungswerber muß die Wirtschaftlichkeit des Projektes und die Möglichkeit zur Rückzahlung der Darlehensannuitäten nachweisen.
3.3.1 Dieser Nachweis setzt ein geordnetes betriebliches Rechnungswesen des geförderten Unternehmens voraus, das jederzeit eine Überprüfung der Vermögens- und Ertragsverhältnisse
zuläßt.
3.3.2 Vorzulegen ist eine auf das Projekt bezughabende Rentabilitätsberechnung, aus der die
Produktions- und Umsatzzahlen und die Kostenkomponenten ersichtlich sind; die Angaben
haben auf den Erfahrungswerten und Marktbeobachtungen zu fußen.
3.4 Das Projekt muß im sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Interesse des Landes liegen.
3.5 Auf die Konkurrenzverhältnisse bestehender Unternehmen soll Bedacht genommen werden.
3.6 Der Förderungswerber muß sich schriftlich verpflichten, dem Land für die Dauer der Haftung einen
jährlichen Haftungsbeitrag in Höhe von drei Viertel Prozent der am 31. Dezember eines jeden
Jahres aushaftenden Darlehenssumme zu leisten.
4. Form und Umfang der Haftung:
4.1 Der Landtag wird im einzelnen Förderungsfall die Ermächtigung zur Übernahme der Haftung nur
für Darlehen ab einer Höhe von S 2,000.000 mit einer Laufzeit von mindestens acht und
höchstens zwanzig Jahren erteilen. Mit den verbürgten Darlehen dürfen nur die unter 1.3 und
3.2.4 genannten Investitionen finanziert werden. Die. jährliche Verzinsung des Darlehens darf
nicht mehr als 5% über der jeweiligen Bankrate liegen.
4.2 Das verbürgte Darlehen ist in gleichbleibenden, auf die Dauer der Laufzeit verteilten Raten, zuzüglich Zinsen, beginnend spätestens fünf Jahre nach der Krediteinräumung, zurückzuzahlen.
4.3 Auf Grund der übernommenen Bürgschaft darf das Land nur für die jeweils fällige Annuität, nicht
jedoch für das ganze jeweils aushaftende Darlehen, in Anspruch genommen werden. Die Bürgschaft darf nur mit der Maßgabe gelten, daß der Darlehensgeber seine fällige Forderung zuerst
beim Hauptschuldner einmahnen muß. Die Haftung des Landes kann erst dann in Anspruch
genommen werden, wenn der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit länger als acht Wochen nach
erfolgter Mahnung nicht erfüllt hat. Diese Frist soll für das Land mit dem Tag beginnen, an welchem eine Abschrift des Mahnschreibens beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung
einlangt. (Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
5. Verpflichtungen des Darlehensgebers und des Darlehensnehmers für den Fall der Haftungsübernahme:
5.1 Der Darlehensgeber hat sich zu verpflichten, der Landesregierung alle mit der Darlehensgewährung und Darlehensabwicklung zusammenhängenden Auskünfte zu erteilen und ihr alle ihm
bekanntgewordenen Umstände, die den Förderungszweck oder die Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtungen beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen, bekanntzugeben.
5.2 Der Darlehensnehmer hat Zch zu verpflichten, das Darlehen nur für den angesuchten Zweck zu
verwenden und die widmungsgemäße Verwendung durch vom Land verlangte Unterlagen und
Ermöglichung von Betriebsbesichtigungen nachzuweisen; im Falle widmungswidriger Verwendung
des Darlehens ist jede dem Land geeignet erscheinende Sicherstellung zu leisten.
5.3 Über Verlangen des Landes ist vom Darlehensnehmer dafür Sorge zu tragen, daß der Darlehensschuld als Mitschuldner zur ungeteilten Hand der Ehegatte des Darlehensnehmers, sämtliche
Eigentümer der Betriebsgrundstücke sowie deren Ehegatten und bei Firmen und Gesellschaften
sämtliche Firmeninhaber oder Gesellschafter und deren Ehegatten beitreten oder daß andere das
Darlehen besichernde Auflagen erfüllt werden.
6. Ermächtigung:
6.1 Die Ermächtigung durch den Landtag zur Übernahme der Haftung gilt als zurückgenommen, wenn
der Förderungswerber die ihm erteilten Auflagen, denen vor oder bei der Aufnahme des Darlehens zu entsprechen ist, ohne sachlich gerechtfertigte Gründe nicht innerhalb von sechs
Monaten erfüllt und innerhalb dieses Zeitraumes die Darlehensaufnahme nicht bewirkt. Wird die
Darlehensaufnahme nur hinsichtlich eines Teilbetrages bewirkt, so gilt die Ermächtigung hinsichtlich des nicht in Anspruch genommenen Betrages als zurückgenommen. Zieht der Förderungswerber nach erteilter Ermächtigung durch den Landtag sein Ansuchen um Übernahme der
Haftung zurück, gilt die Ermächtigung ebenfalls als zurückgenommen.
6.2 Dem Förderungswerber kann weder aus der Entgegennahme und Bearbeitung eines Förderungsansuchens noch aus der Ermächtigung durch den Landtag ein Rechtsanspruch erwachsen.
II. Diese Richtlinien gelten für alle Ansuchen, die nach der Beschlußfassung durch den Landtag
eingebracht werden.
III. Der mit Landtagsbeschluß vom 20. Juni 1973, Zahl Ltg.-453-1973, festgesetzte Haftungsrahmen
wird auf S 1.000,000.000 erhöht.
IV. Die Niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses
Beschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Herr Präsident, ich bitte um geschäftsordnungsgemäße Behandlung.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der Abg. Krenn.
Abg. KRENN: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hoher Landtag! Auf Grund der vorgeschrittenen Stunde werde ich versuchen, unsere Bemerkungen zu dem vorliegenden Antrag in kurzer Zeit
zu machen. Wenn man den Antrag studiert, so kann man aus den Bemerkungen dazu schon feststellen, daß in Niederösterreich eigentlich verhältnismäßig sehr spät mit Industrieförderung begonnen
wurde, nämlich im Jahre 1961. Und heute hat der Herr Abg. Romeder sicherlich richtig mit Stolz
erklärt, daß Niederösterreich von einem Agrarland auch zu einem Industrieland geworden ist (Abg.
Romeder: Das wird auch Ihre Meinung sein!). Sicherlich, wir gehen konform, nur hat es ein bißchen so
ausgeschaut, wie wenn die ÖVP allein dafür verantwortlich wäre. Ich glaube, man sollte richtigstellen,
daß gerade unsere Fraktion hier immer wieder gedrängt hat, der Industrie mit Förderungsmaßnahmen, und dazu zählt auch eine Haftungsübernahme, zu Hilfe zu kommen (Abg. Romeder:
Solche Einbildungen!). Es ist Ihnen sicherlich viel besser als mir bekannt, daß es vor allem der Dr.
Litschauer war, der immer wieder in dieser Richtung gedrängt hat.
Nun, sicherlich war man zu Beginn bei der Haftungsübernahme sehr vorsichtig und ich glaube, das
war auch richtig so, weil man ja Neuland betreten hat. Man hat dann 1967 die ersten Richtlinien aufgestellt, aber wir mußten gerade in der Zeit der Rezession 1975 feststellen, daß diese Richtlinien zu
eng gestecktwurden und zu gewissen Hemmnissen geführt haben. Wir haben also in der Kammer für
Arbeiter und Angestellte bereits in der 59. Vollversammlung in einer Resolution auf diesen Umstand
hingewiesen und haben damals schon von der Niederösterreichischen Landesregierung verlangt, daß
- ich zitiere wörtlich - gerade in finanzieller Hinsicht eine wesentliche Anhebung der Landesmittel
sowohl für die Arbeitsmarkt- und die Industrieförderung als auch für die Übernahme von Landeshaftungen unbestritten sein sollte. Eine Anpassung der Richtlinien an die wirtschaftlichen Erfordernisse, daß Landeshaftungen auch für Betriebsmittelkredite sowie für Umschuldungsmaßnahmen
gewährt werden können, wäre zu prüfen.
Es ist nun wirklich angenehm zu erfahren und zu wissen, daß man dieser unserer Forderung Rechnung getragen hat und wenigstens teilweise dieser Forderung entgegenkommt, indem man nun die
Möglichkeit schafft, Landeshaftungen nun auch für Betriebsmittel zu übernehmen. Mit diesem
Instrument, nämlich Landeshaftungen für Betriebsmittel zu geben, soll man, wie ja auch im Bericht
zum Ausdruck kommt, wirklich sehr vorsichtig umgehen, das wissen wir schon. Man muß ja hier auch
auf die Konkurrenzverhältnisse in gewisser Beziehung Rücksicht nehmen.
Nun, eines stört uns allerdings, daß man hier den Betriebsmittelbedarf abhängig macht auch von den
Investitionsvorhaben. Wir haben 1975 gesehen, daß das zu Schwierigkeiten führen kann und wir sind
daher der Auffassung, daß man neben den Investitionsvorhaben auch für den Betriebsmittelbedarf die
Landeshaftung übernehmen sollte. Ich will jetzt keine Namen nennen, aber wir haben 1975 eine Firma
gehabt, wenn man hier die Haftungsübernahme für Betriebsmittel hätte geben können, wäre es
damals sicherlich für den Betrieb und für die dort beschäftigten Arbeitnehmer viel besser gewesen.
Nun soll auch der Haftungsrahmen von derzeit 700 Millionen Schilling um 300 Millionen Schilling auf
1 Milliarde Schilling auf gestockt werden. Auch hier glaube ich, begeben wir uns wie 1967 wieder in
die Situation, daß wir den Rahmen in den Richtlinien etwas zu eng stecken. In Wirklichkeit ist es doch
so, daß man jede Haftungsübernahme - wir haben heute zwei solche beschlossen - immer wieder im
Landtag beschließt und sehr genau prüft, ob es richtig ist, das zu tun. Ich zweifle daher daran, daß es
überhaupt notwendig ist, direkt einen solchen Rahmen zu stecken; vielleicht wäre es besser, überhaupt dieses Limit wegzulassen, denn damit wären wir doch sicherlich beweglicher und könnten viel
besser und flexibler sein, denn die Wirtschaft ist ja einmal ein Faktum, das sich nach Angebot und
Nachfrage richtet, nach der gesamten westlichen europäischen Situation richten muß. Und wir sollten
hier im Landhaus wirklich viel beweglicher sein. Trotz der von mir aufgezeigten Mängel bin ich der
Auffassung, daß die nun vorliegende Fassung der neuen Richtlinien einen Fortschritt gegenüber den
Richtlinien 1967 darstellt und meine Fraktion wird daher diesen Richtlinien die Zustimmung geben.
(Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag
des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Anzenberger, die Verhandlung zur Zahl 324 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
habe zur Vorlage 324, Landwirtschaftliche Fachschule Gießhübl bei Amstetten, zu berichten.
Mit Vertrag vom 4. Juli 1935 wurden die Gebäude und Grundstücke der Landwirtschaftlichen Fachschule Gießhübl/Amstetten angekauft. Das Gesamtausmaß der Liegenschaft beträgt 81,46 ha. Verkäufer war der Gutsbesitzer Friedrich Krafft-Ebing, der damalige Kaufpreis betrug 150.000 Schilling.
1939 waren die erforderlichen Renovierungsarbeiten sowie der Neubau des Schul- und Internatsgebäudes abgeschlossen. In den folgenden 10 Jahren war die Verwendung der Schule wechselhaft.
Erst wurde eine Landfrauenschule geführt, 1944 wurde das Seminar für landwirtschaftliche Haushaltungslehrerinnen von Bruck an der Leitha nach Gießhübl verlegt, 1945 diente die Schule zeitweise
als Flüchtlingslager, später als eine Ausweichstation des Krankenhauses Amstetten.
Erst ab dem Schuljahr 1949/50 wurde die Schule zweckgemäß verwendet und als Landwirtschaftliche
Fachschule, Fachrichtung Landwirtschaft, geführt. Bis zum Schuljahr 1964/65 lag die Schülerzahl
unter 50 pro Jahr.
Ab diesem Schuljahr ist aber ein kontinuierliches Ansteigen der Schülerzahl festzustellen. Im
laufenden Schuljahr besuchen 135 Schüler die Anstalt. Da die Schule für maximal 60 Schüler errichtet
wurde, fehlt es nunmehr sowohl an Klassen wie auch an Internats- und Freizeiträumen. Der Ausbau
der Schule ist daher unbedingt erforderlich. Das Ausmaß dieses Aus- und Umbaues ist aus der technischen Beilage ersichtlich.
Unter Bedachtnahme auf den Beschluß des NÖ Landtages vom 14. Juli 1966, Landtagszahl 193, wird
zu den einzelnen Punkten desselben wie folgt Stellung genommen: Die Punkte 1, 4 und 6 bedürfen
keiner näheren Betrachtung, da es sich um landeseigene Liegenschaften ohne Beschränkungen und
Belastungen handelt. Punkt 2 wurde durch den beiliegenden Entwurf über Lageplan und Ausbau der
Schule erfüllt. Punkt 3: Der Altbestand wurde in die Planung einbezogen. Punkte 5 und 7: Die erforderlichen Vorarbeiten, Detailplanungen, Ausschreibungen und Beginn des Rohbaues sollen 1977
begonnen werden. Der Abschluß der Bauarbeiten soll 1979 erfolgen. Mit Stichtag 1. März 1976
betragen die Gesamtkosten 35,110.000 Schilling. Die Flüssigmachung des erforderlichen Kredites
hätte in nachstehender Höhe zu erfolgen: 1977 8 Millionen Schilling, 1978 12 Millionen Schilling, 1979
16 Millionen Schilling. Punkt 8: Für dieses Vorhaben wurden bisher weder Kredite bereitgestellt, noch
sind hiefür Kosten aufgelaufen, da die Planung durch die Abteilung B/1-A erfolgte.
Namens des Finanzausschusses habe ich
über die Vorlage der Landesregierung, betreffend Landwirtschaftliche Fachschule Gießhübl bei
Amstetten, Ausbau der Schule, folgenden Antrag zu stellen (liest):
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Für den Ausbau der Landwirtschaftlichen Fachschule Gießhübl/Amstetten, Fachrichtung Landwirtschaft, wird der Betrag von 35,110.000 Schilling genehmigt.
2. Die Finanzierung des Bauvorhabens erfolgt mit 8 Millionen Schilling im ersten Jahr, mit 12
Millionen Schilling in1 zweiten Jahr und mit 16 Millionen Schilling im dritten Jahr.
3. Die Niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses Landtagsbeschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, über diese Vorlage die Debatte einzuleiten und die Abstimmung
durchzuführen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Es liegen keine Wortmeldungen vor, wir gelangen daher zur
Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Kurzbauer, die Verhandlung zur Zahl 328 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf Bericht erstatten über die
Landtagszahl 328, Wirtschaftsförderungsfonds, Tätigkeitsbericht 1975. Über die Gebarung des Wirtschaftsförderungsfonds im Jahre 1974 wurde dem Landtag von Niederösterreich unter der Geschäftszahl V/2-1/10-1975 vom 17. Juni 1975 berichtet. Der Landtag hat diesen Bericht in der
Sitzung vom 10. Juli 1975 genehmigend zur Kenntnis genommen.
In der gegenwärtigen Vorlage wird über die Fondstätigkeit im Jahre 1975 berichtet. Der gemeinsame
Finanz- und Wirtschaftsausschuß hat in seiner Sitzung vom 3. Juli 1973 den Beschluß gefaßt, daß in
Hinkunft der Rechnungsabschluß des Fonds in den Jahresbericht nicht mehr aufzunehmen ist. Dementsprechend entfällt im folgenden Bericht die Darstellung der Einnahmen und der Ausgaben und des
Vermögensstandes.
Im Berichtsjahr wurde nur eine Beiratssitzung am 19. November 1975 abgehalten, in der 186 Darlehen mit einem Gesamtbetrag von 19,856.000 Schilling zur grundsätzlichen Bewilligung gelangten.
Es kam deshalb nur zu einer Beiratssitzung, weil erst am 9. Dezember 1974 eine solche abgehalten
worden ist, bei der 407 Anträge mit einem Gesamtdarlehensbetrag von 43,813.000 Schilling bewilligt
wurden. Diese große Anzahl von Darlehen konnte erst im Laufe des Jahres 1975 aufgearbeitet
werden. Von der letzten Beiratssitzung am 19. November 1975 sind gegenwärtig noch 22 Darlehensfälle mit einem Erfordernis von 2,440.000 Schilling unerledigt, weil seitens der Darlehenswerber die
Unterlagen nicht zur Gänze vorgelegt werden konnten. Im Laufe des Jahres 1976 wird aber auch
dieser Rückstand abgebaut werden.
Es darf bei dieser Gelegenheit bemerkt werden, daß bei den Beiratssitzungen die Anträge durch den
Beirat grundsätzlich einstimmig bewilligt werden. Welches Interesse dem Wirtschaftsförderungsfonds
durch die niederösterreichische Wirtschaft entgegengebracht wird, geht daraus hervor, daß in der
letzten Beiratssitzung vom 26. Mai 1976 bereits wiederum 261 Darlehensfälle mit einem Gesamterfordernis von 29,599.000 Schilling bewilligt wurden. Seit diesem Zeitpunkt liegen aber bereits wiederum
8 Ansuchen um Darlehen aus der Wirtschafthilfeaktion im Gesamtbetrag von 740.000 Schilling und
weitere 40 Ansuchen um Darlehen im Rahmen der Gemeinsamen Kreditaktion mit einem Erfordernis
von 2,180.000 Schilling vor. Mit dem laufenden Eingang derartiger Ansuchen muß gerechnet werden,
zumal doch in der nächsten Zukunft eine spürbare Aufwärtsentwicklung in der Wirtschaft zu erwarten
ist. Mit der steigenden Investitionslust wird aber auch das Verlangen nach billigem Fremdgeld wachsen. Eine erhöhte Zuführung von Landesmitteln an den Fonds in der Zukunft wäre daher im Interesse
der heimischen Wirtschaft zu begrüßen.
Ich darf daher namens des Wirtschaftsausschusses folgenden Antrag stellen:
,,Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der Bericht der Landesregierung, betreffend die Tätigkeit des Wirtschaftsförderungsfonds im Jahre
1975, wird zur Kenntnis genommen. "
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort ist niemand gemeldet. (Nach Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Dkfm. Höfinger, die Verhandlung zur Zahl 329 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Dkfm. HÖFINGER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
habe zur Geschäftszahl 319 betreffend NÖ Betriebsinvestitionsfonds, Tätigkeitsbericht 1975, zu
berichten.
Der erwähnte Fonds gibt bekanntlich Darlehen an Betriebe der gewerblichen Wirtschaft für Maßnahmen, die eine der nachstehenden Auswirkungen erkennen lassen: Rationalisierung der Produktion, Verbesserung der Unternehmens- oder Betriebsstruktur, Verbesserung der Regionalstruktur,
Zusammenschlüsse von Unternehmungen oder Betriebsverlegungen, Verbesserung der Kosten und
der Absatzstruktur. Gegenstand der heute vorliegenden Landtagsvorlage ist der Bericht über die
Tätigkeit des Fonds im Jahre 1975. Im Rahmen des jeweiligen Landesvoranschlages wurden dem
Betriebsinvestitionsfonds in den Jahren 1962 bis 1975 folgende Mittel zugeführt: Beginnend im Jahre
1962 mit 11 Millionen Schilling, hat sich der Betrag jährlich gesteigert, im Jahre 1975 waren es 35
Millionen Schilling, sohin insgesamt in diesen Jahren 250,500.000 Schilling, wozu noch weitere Mittel
aus Zinsen und Tilgungsraten geflossen sind, sodaß seit dem Bestehen der Aktion insgesamt 272
Millionen Schilling zugeführt werden konnten. Aus diesen Mitteln wurden, beginnend im Jahre 1962
mit bescheidenen 9 Millionen Schilling, immer wieder in steigendem Ausmaß bis zu 84 Darlehen mit
zusammen 59 Millionen Schilling im Jahre 1975 ausgeschüttet, somit insgesamt seit 1962 517 Darlehen mit 375 Millionen Schilling. Die Gesamtkosten der durchgeführten Investitionen sind interessant,
mit den Darlehen von insgesamt 59 Millionen Schilling konnten vorerst ca. 251 Millionen Schilling
mitfinanziert werden.
In der Wirtschaft besteht nach wie vor reges Interesse an dieser Aktion. Bei der ersten Vergabesitzung
1976 am 25. März lagen 100 Ansuchen um Gewährung von Darlehen im Gesamtbetrage von 53
Millionen Schilling vor, davon konnten 39 Ansuchen im Gesamtbetrage von 31 Millionen Schilling
grundsätzlich für eine Erledigung in Aussicht genommen werden. Weitere 61 Ansuchen über einen
Gesamtdarlehensbetrag von 22 Millionen Schilling mußten zurückgestellt werden. In der Zwischenzeit
sind weitere 26 Ansuchen um Darlehen im Betrage von 34 Millionen Schilling eingelangt, sodaß
gegenwärtig 87 unerledigte Ansuchen um Betriebsinvestitionsfonds-Darlehen vorliegen, für die 56
Millionen Schilling benötigt werden würden. Mit dem laufenden Eingang weiterer Darlehensansuchen
muß gerechnet werden.
Ich darf nun namens des Wirtschaftsausschusses folgenden Antrag stellen:
,,Der Hohe Landtag wolle beschließen:
Der Tätigkeitsbericht des NÖ Betriebsinvestitionsfonds über das Jahr 1975 wird zur Kenntnis genommen".
Ich ersuche um Beratung und Beschlußfassung.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der Abg. Krenn.
Abg. KRENN: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hoher Landtag! Wenn man den Tätigkeitsbericht über die Vergabe von Darlehen aufmerksam liest, dann kommt man als Arbeitnehmervertreter
zu der Erkenntnis, daß es zwar wirtschaftlich sicherlich in vielen Fällen notwendig ist, zu investieren.
Wenn die Betriebe konkurrenzfähig bleiben wollen, müssen sie investieren, müssen sie rationalisieren.
Aber wenn man - das geht auch aus dem Bericht hervor - dann die Feststellung trifft, daß in Wirklichkeit in vielen, vor allem in größeren Betrieben durch diese Rationalisierung Arbeitsplätze wegrationalisiert wurden, dann möge man mir doch als Arbeitnehmervertreter gestatten, dazu einige Gedankengänge zu äußern.
Es heißt hier unter anderem, daß zur Gewährung dieser Darlehen folgende Punkte beachtet werden
müssen: a) Rationalisierung der Produktion oder Dienstleistungserbringung, b) Verbesserung der
Unternehmensund Betriebsstruktur, insbesondere der Produktionsstruktur oder Dienstleistungsstruktur, c) Verbesserung der Regionalstruktur, d) Zusammenschlüsse von Unternehmungen oder
Betriebsverlegungen, e) Verbesserung der Kosten- und Absatzstruktur. Sehen Sie, wenn man wirtschaftlich denkt, so mag das sehr richtig sein, aber wir Arbeitnehmervertreter haben außer den wirtschaftlichen Erwägungen vor allem für die Sicherung der Arbeitsplätze zu sorgen und ich glaube, das
soll auch ein Anliegen des Landes sein. Sehen Sie, hier könnte man wirklich auch einmal beweisen,
daß man arbeitnehmerfreundlich in diesem Lande gesinnt ist, wenn man als eine der Forderungen
auch aufnehmen könnte, wenn ein Kredit gewährt wird, daß sich die Unternehmen schon auch darüber Gedanken über das bei ihnen beschäftigte Personal, über die bei ihnen beschäftigten Menschen
machen sollen. Wenn eine solche Rationalisierungsmaßnahme notwendig ist, sollte man neben einem
Wirtschaftsplan eben auch gleichzeitig einen Personalplan erstellen.
Wir in Österreich haben immer wieder festgestellt und gerade bei diesen EDV-Anlagen kann man das
feststellen: Ein sogenannter Blechtrottel wird in einen Raum gestellt, der klimatisiert ist, denn anders
geht er ja nicht. Der Raum muß also sehr wohl klimatisiert und staubfrei sein, nur bei den Menschen,
die weitaus wertvollere Arbeitskräfte oder wertvolleres Material darstellen, wenn ich das so ausdrücken darf, schaut man viel weniger darauf, wie ihre Arbeitsplätze aussehen, und ist hier weniger
geneigt, für ihre Umwelt, für ihre Arbeit zu investieren. Ich glaube also, man sollte sich, wenn man
solche Darlehen gewährt, doch auch darüber Gedanken machen, und man könnte auch hier echt
dokumentieren, daß man in Niederösterreich arbeitnehmerfreundlich gesinnt ist.
Aber es ist nun etwas anderes passiert. Ich möchte gleich bitten, diese meine Kritik nicht als boshaft
zu betrachten, denn aus Fehlern soll man lernen. Aber ich glaube, bei einer Darlehensvergabe sollte
das eigentlich nicht passieren. Hier ist unter anderem unter Zahl 19 der Darlehensvergaben 1974 an
eine Frau Erna Huemer und - das kommt auch im Bericht zum Ausdruck - die Firma Unistrat ein Darlehen in der Höhe von 1 Million Schilling gewährt worden, deren Firmensitz Wien ist. Es kommt im
Bericht auch zum Ausdruck, daß man gefragt hat, was mit den angekauften Maschinen - dafür wurde
ja das Darlehen gewährt - geschehen ist. Und nun sagt diese Frau Huemer: ,,Diese Maschinen habe
ich bei einer größeren Firma in Weißenbach eingestellt; ich habe zwar noch keine Aufträge für diese
Verpackungsmaschinen, aber sollte ich Aufträge bekommen, dann wird mit den Arbeitnehmern dieser
Vermieterfirma die Produktion aufgenommen werden.'' Also Arbeitnehmer null, Sitz der Firma Unistrat
in Wien. Wenn man sich nun den Handelskompaß hernimmt und sich erkundigt, bei welcher Firma
denn die Maschinen untergestellt sind in Weißenbach an der Triesting, dann stellt man fest, daß diese
Maschinen bei einer Firma Starlinger und Co. stehen sollen. Ich habe es nicht selbst überprüft, daher
sage ich stehen sollen. Wenn man dem nachgeht und im Industriekompaß nachschaut, dann stellt
man fest, daß die Firma Starlinger und Co. ihren Sitz in Wien hat, im 6. Bezirk in der Mollardgasse 85.
Sie hat laut Kompaß 65 Beschäftigte, die Firma erzeugt Maschinen für die Textilbranche und die
Inhaber dieser Firma sind ein Herr Dip1.-Ing. Anton Prskawetz und ein Herr Ing. Franz Huemer. Und
nun frage ich mich wirklich, welchen Zusammenhang mag es bei dieser Namensgleichheit geben?
Sehen Sie, solche Fehler können wirklich passieren, sie sollten aber nicht passieren. Immerhin sind
eine Million Schilling zu diesen Darlehensbedingungen ein sehr billiges Geld, und wenn man mit
diesen Maschinen nicht echt wieder Werte schafft und damit nicht auch Arbeitnehmer beschäftigt,
dann war dieses Darlehen zumindest in meinen Augen nutzlos gegeben. Hier sollte man vielleicht aus
diesem Fehler lernen und, wenn man solche Darlehen gewährt, auch nachforschen, was denn wirklich
mit diesem Darlehen geschehen ist. Man sollte hier doch eine Kontrolleinrichtung einbauen, denn
letzten Endes ist das ja unser aller Geld, das hier zu billigen Bedingungen als Kredit gewährt wird.
Man sollte hier doch etwas vorsorglicher vorgehen und vielleicht in Zukunft eine Art Kontrolleinrichtung
einbauen.
Ich darf sagen, im großen und ganzen haben wir mit diesen Darlehen unserer Wirtschaft in Niederösterreich sicherlich sehr viel geholfen und das sieht man, wie gesagt. Ich hätte nur jetzt abschließend
die Bitte, ob man nicht im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung und eventuell notwendigen
Rationalisierungsmaßnahmen auch darüber Gedanken macht, was geschieht mit den Arbeitnehmern,
daß man fragt, haben Sie einen ähnlichen Sozialplan, wie er jetzt im Arbeitslosenversicherungsgesetz
über die Arbeitsmarktförderung eingebaut ist? Ich glaube, das sollte man sich durch den Kopf gehen
lassen, hier könnten wir auch als Land und als Verantwortliche für dieses Land echt Arbeitnehmerpolitik dokumentieren. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gemeldet ist Herr Landesrat Schneider.
Landesrat SCHNEIDER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Zur Angelegenheit Betriebsinvestitionsfonds
ein paar Worte. Hier handelt es sich um jene Möglichkeit, durch Darlehen, die auf 10 Jahre vergeben
werden, wovon 2 Jahre tilgungsfrei sind und wo sehr gute Zinsenbedingungen vorliegen, denjenigen
Investoren zu helfen, die vorwiegend im Industrie- und gewerblichen Bereich etwas unternehmen, um
die Betriebsstruktur zu verbessern und all die bekannten Merkmale zu erfüllen, die der Abg. Krenn
bereits erwähnt hat.
Ich darf Ihnen sagen, daß wir natürlich auch immer die Frage stellen, ob mit dieser Investition zugleich
neue Arbeitsplätze geschaffen werden oder es etwa darum geht, durch diesen Einsatz, wie Sie es
formuliert haben, Arbeitsplätze wegzurationalisieren, was ja wirklich nicht im Sinne der Erfinder liegt.
Dieser Gesichtspunkt ist in jedem einzelnen Fall mit berücksichtigt worden, auch haben wir die Frage
gestellt, ob hier eine Güterproduktion im Gange ist, die volkswirtschaftlich wertvoll ist, die fernbedarfswirksam ist, etwa in den Export geht, sodaß auch diese Zusammenhänge, die höhere wirtschaftliche
Bedeutung haben, berücksichtigt wurden.
Ich habe die Unterlagen dieses konkreten Falles nicht zur Hand, soweit mir aber in Erinnerung, ging
es darum, daß ein Wiener Betrieb durch die Enge seiner Produktionsverhältnisse bei uns im Land eine
Investition vorgehabt und für diese Betriebsgründung in Niederösterreich einen Kredit in der Größe
von rund 2 Millionen Schilling angesprochen hat. Soweit ich das in Erinnerung habe, ist auf Grund des
Vorliegens der Merkmale, die den Investor berechtigt haben, den Kredit anzusprechen, dann eine
Zuteilung von einer Million Schilling erfolgt. Es ist mir neu, und ich gehe dieser Sache natürlich nach,
Herr Kollege Krenn, daß anderswo die Maschinen, womöglich noch verpackt, stehen. Ich werde das
sofort selbst ausforschen, denn für derartige Dinge gibt es normalerweise kein Geld.
Darf ich Ihnen sagen, welche Vorgangsweise wir entwickelt haben. Die Arbeiter, die Stellen draußen
im Bezirk werden befragt, unser Sachbearbeiter fährt hinaus und schaut sich an Ort und Stelle die
Zusammenhänge an. Wir wenden also tatsächlich größtmögliche Mühe auf, um hier eine optimale
Kreditvergabe zustande zu bringen. Das ist schon deshalb notwendig, weil ja immer zumindest
doppelt so viele Mittel begehrt werden, als wir haben. Es ist auch ganz selbstverständlich und ich darf
Ihnen das hier in aller Ernstlichkeit sagen, daß der Zusammenhang mit den Arbeitsplätzen ein
absolutes Primat inne hat. Wenn das auch in den Richtlinien vielleicht nicht so drinnensteht, so war es
die Basis auch dieser Kreditvergaben. Und wenn wir heute in Niederösterreich auf dem Gebiete der
Arbeitsmarktverhältnisse keine Sorgen haben, dann nicht zuletzt vielleicht auch deshalb, weil sich jede
Handlungsweise der Landwirtschaftsförderung auf diesen Gesichtspunkt sehr stark ausgerichtet hat.
Das bleibt weiterhin so und ich darf die Bitte äußern, wenn Sie einen Einzelfall haben, der Ihnen
Sorge bereitet, wo Sie die Frage stellen, ob hier zu Recht eine Darlehensvergabe stattgefunden hat,
das ganz einfach telefonisch bekanntzugeben und schon wird unverzüglich das Nötige veranlaßt,
damit hier Ordnung entsteht. Es ist ja auch so, daß meistens das örtliche Kreditinstitut als Haftungsnehmer ebenso die Frage beantwortet, was hier vor sich geht, in welcher Zeit man welche Baulichkeiten und maschinellen Ausstattungen anschaffen will. Wir werden es uns angelegen sein lassen,
jeden von Ihnen ausgeführten Fall einer sorgsamen Prüfung zu unterziehen, damit wir diesen
Betriebsinvestitionsfonds, der ein wertvolles Instrument der Wirtschaftsförderung des Landes darstellt,
weiterhin möglichst optimal zum Einsatz bringen. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Das Schlußwort hat der Berichterstatter.
Berichterstatter Abg. Dkfm. HÖFINGER: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Antrag
des Wirtschaftsausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Bernkopf, die Verhandlung zur Zahl 250 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BERNBOPF: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ehe ich meinen Bericht erstatte,
darf ich auf einen Schreibfehler aufmerksam machen, der im § 2 Absatz 1 Ziffer 1 unterlaufen ist. Ich
bitte, folgende Berichtigung zur Kenntnis zu nehmen. In Ziffer 1 hat der Text zu lauten: ,,politische und
sozial- und wirtschaftskundliche Bildung". Ich darf mir nun erlauben, zur Landtagszahl 250, Entwurf
eines Gesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesen, zu
berichten.
Der Landtag von Niederösterreich hat in seiner Sitzung vom 29. November 1973 den Beschluß gefaßt:
,,Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag einen Gesetzentwurf über die Förderung der
Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen."
In diesem der Beschlußfassung zugrunde liegenden Antrag wird darauf hingewiesen, daß aus den
Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, Bundesgesetzblatt Nr. 17111973, die eminente Bedeutung der
Erwachsenenbildung für die Gesellschaft hervorgeht und damit die Notwendigkeit einer gesetzlichen
Regelung dieser Aufgaben auch auf Landesebene ersichtlich wird.
Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht zufolge der gleichen Zielsetzung nahezu wörtlich dem
angeführten Bundesgesetz und seinen Motivationen, mit den folgenden Schwerpunkten:
1. Auf Grund der raschen Änderungen in der Gesellschaft von heute können Schule und Berufsausbildung dem einzelnen nicht mehr das notwendige Wissen und geistige Rüstzeug für sein ganzes
Leben vermitteln. Das schnelle Veraltern des Wissens, insbesondere des Spezialwissens, erforderliche Umstellungsprozesse im Berufsleben und die geistige Orientierung in der modernen,
komplizierter werdenden Gesellschaft erfordern vom einzelnen auch nach Verlassen der Schule
bzw. dem Abschluß der Berufsausbildung eine ständige Weiterbildung.
2. Der Ausbau und die Verbesserung des Schulwesens ermöglicht der jüngeren Generation, sich mit
dem neuesten Wissensstand vertraut zu machen und in zunehmendem Maße einen ihren
Interessen und Begabungen entsprechenden Bildungsweg einzuschlagen. Um der schon im
Berufsleben stehenden Generation in dieser Hinsicht gleiche Chancen für die Lebensbewältigung
zu geben und ihr auch in einem späteren Lebensalter Bildungswege zu eröffnen, für die sie erst
auf Grund ihrer Lebens- und Berufserfahrung motiviert wird, bedarf es auch eines entsprechenden
Ausbaues der Erwachsenenbildung.
3. Das ständig zunehmende Ausmaß an Freizeit eröffnet dem Erwachsenen größere Chancen für
die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Damit diese Chancen sinnvoll genützt werden, bedarf es
oft erst der Weckung von Interessen und Begabungen, insbesondere im musischen Bereich, sowie des Angebotes entsprechender Bildungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die Erwachsenenbildung.
4. Wichtige Aufgaben der Gesellschaft können in zunehmendem Maße nur mit Hilfe der Erwachsenenbildung erfüllt werden, wie zum Beispiel die demokratisch-staatsbürgerliche Bewußtseinsbildung, die Deckung eines kurzfristigen Bedarfes von Arbeitskräften bestimmter Qualifikationen,
die Bewältigung von Erziehungsaufgaben (Vorschulerziehung, Sexualerziehung, Verkehrserziehung und anderes) durch entsprechende Information der Eltern, die Vorbereitung auf Ruhestand und Alter bei einem immer stärker werdenden Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung u. a.
Im Hinblick auf die angeführten Bildungsbedürfnisse ist die Erwachsenenbildung heute ein ebenso
wichtiger Bestandteil des Bildungswesens wie Schule und Hochschule. Für das Land ergibt sich
daraus die Notwendigkeit, durch entsprechende Förderung der Erwachsenenbildung für deren Ausbau
und Weiterentwicklung Vorsorge zu treffen.
Der Kulturausschuß hat sich nun in seiner Sitzung vom 7. 10. 1976 mit der Vorlage der Landesregierung vom 3. 2. 1976, betreffend den Entwurf eines Gesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens beschäftigt und hiebei foIgenden Beschluß gefaßt:
Der Gesetzentwurf wird einer Neufassung unterzogen. Gleichzeitig wird der Hohe Landtag ersucht,
die Landesregierung aufzufordern, in Anbetracht der Gestaltung des niederösterreichischen Volksbrauchtums dem Landtag einen besonderen Gesetzentwurf, der die Förderung dieser Materie zum
Gegenstand hat, zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen. Durch die Einführung des Zusatzes
,,als Träger von Privatrechten" im § 1 des Entwurfes, in dem normiert wird, daß das Land die
Erwachsenenbildung und das Volksbüchereiwesen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses
Gesetzentwurfes zu fördern hat, wird der verfassungsrechtlichen Kompetenzlage Rechnung getragen.
Der Entwurf stützt sich auf § 17 B-VG. Diese Verfassungsnorm bietet den Ländern die Grundlage zur
gesetzlichen Regelung der von ihnen geführten Privatwirtschaftsverwaltung.
In Anbetracht der Bedeutung des niederösterreichischen Volksbrauchtums wird dieser Begriff aus der
Liste der förderungswürdigen Aufgaben des § 2 herausgenommen und gleichzeitig die Landesregierung in Form eines Resolutionsantrages ersucht, dem Landtag einen besonderen Gesetzentwurf,
der die Förderung dieser Materie zum Gegenstand hat, zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen.
Die Bestimmung über die Arten der Förderung wird durch die Aufnahme von zusätzlichen Begriffen
verfeinert, sodaß die praktische Anwendung erleichtert wird. Dies trifft auch auf die Änderung der
Bestimmungen über die allgemeinen Voraussetzungen für die Förderung, den Widerruf der Förderung
und die Mitwirkung der Träger zu.
Ich darf mir daher namens des Kulturausschusses erlauben, folgenden Antrag zu stellen :
,,Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der vorliegende Gesetzentwurf über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Landesmitteln wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses
Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen.
3. Die Niederösterreichische Landesregierung wird ferner aufgefordert, in Anbetracht der Bedeutung
des niederösterreichischen Volksbrauchtums dem Landtag einen besonderen Gesetzentwurf, der
die Förderung dieser Materie zum Gegenstand hat, zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen."
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich ereröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der Herr Abg.
Stangl.
Abg. STANGL: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Behandlung bzw.
Verabschiedung dieser Vorlage geht ein wesentlicher Teil eines jahrzehntelang berechtigt gehegten
Wunsches hunderter Erwachsenenbildner in Erfüllung. Man könnte vielleicht die Frage stellen, warum
nur ein wesentlicher Teil dieses Wunsches und nicht der ganze Wunsch? In dem heute zur
Beschlußfassung vorliegenden Gesetz wird zwar das Förderungswesen der Erwachsenenbildung und
des Büchereiwesens geregelt, offen jedoch bleibt nach wie vor die Organisationsnormierung in der
Erwachsenenbildung. Ich möchte aber betonen, daß das nicht auf Versäumnis des Referates oder
des politischen Referenten bzw. der Mitglieder des Kulturausschusses zurückzuführen ist, sondern
hier verfassungsrechtliche Gründe die Ursache sind. Nach Artikel 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes
ist nach der herrschenden Rechtsauffassung Volksbildung, wie der entsprechende Terminus im
Bundes-Verfassungsgesetz heißt, in der Vollziehung Bundessache und das bringt bereits die Schwierigkeiten. Man könnte nach Art. 14 die rechtlichen Möglichkeiten einer paktierten Gesetzgebung ausschöpfen. Auch hier gibt es schon jahrzehntelange Bemühungen verschiedener Minister, ich verweise
in diesem Zusammenhang auf einen damals Aufsehen erregenden Antrag des ehemaligen Nationalratsabgeordneten Dr. Zehner, der damals Präsident des Wiener Stadtschulrates war. Wir sehen allein
daraus, wie lange die Bemühungen sowohl von Seiten der Bundesgesetzgebung und von der
Exekutive, aber auch von Seiten der Erwachsenenbildner auf Landesebene da sind, um eine Kompetenzregelung zustande zu bringen. Bisher erfolglos. Einen Ausweg wenigstens hinsichtlich des
Förderungswesens zeigte in seiner Rechtsgrundlage der Art. 17 des Bundes-Verfassungsgesetzes,
nach welchem auch das Sportförderungsgesetz des Bundes verabschiedet wurde und auf dieser
Rechtsbasis beschloß der Nationalrat am 21. März 1973 das Bundes-Erwachsenenbildungsförderungsgesetz.
Noch im November des gleichen Jahres beschloß der Niederösterreichische Landtag im Wissen der
Bedeutung der Materie einstimmig einen Aufforderungsantrag, worin die Niederösterreichische
Landesregierung aufgefordert wurde, ein derartiges Förderungsgesetz auch dem Niederösterreichischen Landtag zur Behandlung vorzulegen. Diesem Verlangen wurde am 3. Februar 1976
in Form einer Regierungsvorlage Rechnung getragen. Der Kulturausschuß hat auf Grund der Bedeutung dieses Gesetzes beschlossen, einen Unterausschuß einzusetzen, und hat in diesem Unterausschuß neben der Regierungsvorlage die Abänderungsanträge, die vor allem von der
Österreichischen Volkspartei gestellt wurden, behandelt.
Der Abänderungsantrag täuscht etwas in seinen materiellen Inhalten. In Wirklichkeit ist es vielleicht
eine sprachliche Verbesserung, aber materiell waren nur in einigen Punkten Divergenzen zur Regierungsvorlage festzustellen. Daher haben sich im Unterausschuß und auch später im Ausschuß die
Verhandlungen vor allem auf die Punkte im § 3 bezogen, wo die Objekt- und Projektförderung, bei der
wir uns einig waren, durch diesen Abänderungsantrag so geregelt werden sollte, daß nach unserer
Meinung das Budgetrecht des Landtages in Form von Dauerförderungen beschnitten würde.
Im § 4 wurde dann auf die Einrichtung und Tätigkeiten der Erwachsenenbildung selbst hingewiesen,
und hier hat die Österreichische Volkspartei vorerst verlangt, daß die Träger als Empfänger von
Förderungender Erwachsenenbildung allgemein festgestellt werden. Die sozialistische Fraktion war
der Meinung, daß wir die Trägerschaft auf juristische Personen und vor allem auch inländische juristische Personen festlegen sollten, da ansonsten unüberschaubare Förderungsmaßnahmen beantragt
werden könnten. Wir haben damals einen Sprachkurs irgend eines Angehörigen, auf Privatbasis
sozusagen, eines anderen Staates als Beispiel angeführt.
Beim § 8 war eigentlich die längste Diskussion über die Mitwirkung der Träger der Erwachsenenbildung hinsichtlich der Erstellung eines Jahresplanes bzw. eines Berichtes. Nach der ursprünglichen
Formulierung in diesem Abänderungsantrag wäre eigentlich der Kreis der Mitwirkenden an diesem
Jahresplan bzw. am Bericht selbst der Kreis sehr unbestimmt festgelegt gewesen und daher auch die
Anzahl der Handelnden, glaube ich, zu groß gewesen. Wir haben uns dann ebenfalls auf eine Form
geeinigt, indem wir als besonderes Kennzeichen der Träger, die an dieser Arbeit mitwirken sollen,
festgestellt haben, daß sie ihre Tätigkeit als Erwachsenenbildner bzw. im Volksbüchereiwesen auf das
ganze Bundesland beziehen sollen.
Eine Diskussion und anfängliche Gegensätzlichkeiten hat es auch über die Förderung des Volksbrauchtums im § 2, der die Ziele der Förderungsmaßnahmen festlegt, gegeben. Ursprünglich, in der
Regierungsvorlage, sollte das Volksbrauchtum ebenso zu den Förderungsberechtigten gehören wie
die anderen dort in 10 Punkten aufgezählten Träger. Die Verhandlungen haben dann ergeben, daß
wir in Niederösterreich - das hat der Berichterstatter bereits erwähnt - uns der schweren, ich betone
das Wort, schweren Materie eines Volksbrauchtumsgesetzes unterziehen, obwohl allein schon die
Definition des Volksbrauchtums sehr große Schwierigkeiten bereiten wird, die ja wieder vom Volksbrauchtum etwas differenter zu betrachten ist. Der Kulturausschuß war aber der Meinung, daß sich
der Niederösterreichische Landtag bzw. das zuständige Referat eben auch mit dieser Materie
beschäftigen und das Volksbrauchtum auf eigenes Förderungsgesetz konzentrieren soll. Die Verhandlungen an und für sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren sowohl im Geist als
auch in der Sprache der Materie würdig und es wurde daher sachlich und zielführend verhandelt. Verzeihen Sie esem Zusammenhang den Terminus „Volksbüchereiwesen" selten gebraucht habe, aber
für mich ist das Volksbüchereiwesen an und für sich ein integrierter Teilbereich der Erwachsenenbildung und daher auch dieses Zusammenschließen in einem Gesetz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz soll nicht nur den bestehenden Zustand
legalisieren, sondern wir erwarten uns, daß dieses Gesetz auch die materielle Situation der Erwachsenenbildungseinrichtungen verbessert und dadurch eine Integration der Erwachsenenbildung in das
gesamte Bildungssystem fördert. Ich glaube, wir erfüllen mit diesem Gesetz eine uns auferlegte wichtige Verpflichtung in der heutigen Gesellschaftsordnung. Meine Partei stellt in ihrem Erwachsenenbildungsprogramm fest – ich darf zitieren: „Im Rahmen der zeitgemäßen permanenten Bildung des
durchgängigen Bildungssystems fällt der Erwachsenenbildung bei Einhaltung der Grundsätze der
Demokratie das Recht zu, durch ein Gesetz genauso gesichert zu werden, wie das Schulwesen. Ein
Volksbildungsgesetz soll in erster Linie der Finanzierung dienen, bei voller Berücksichtigung der Freiheit in der Erwachsenenbildung." Damit war für uns die Verhandlungsbasis sowohl in geistiger als
auch in materieller Hinsicht gegeben. Dieses Gesetz beinhaltet diese Grundsätze und ich glaube, wir
werden auf diesem Sektor mit der Verabschiedung und vor allem mit der Anwendung einen entscheidenden Schritt im gesellschaftlichen Leben weiterkommen. Bewußt muß uns aber auch sein, daß mit
dem Erkennen allein und mit der Schaffung der materiellen Basis kein Ausreichen gefunden werden
kann. Die Probleme der permanenten Weiterbildung, vor allem der Erwachsenenbildung, als Stütze
der persönlichen Lebensgestaltung können wir mit einem Förderungsgesetz nicht lösen. Am vergangenen Sonntag - vielleicht ist es gar kein Zufall, daß sich dies innerhalb einer Woche abspielte - hat
sich in Niederösterreich die Konferenz der Erwachsenenbildung Niederösterreichs auf Schloß Ottenstein mit einem Bilanz- aber auch mit einem Aufgabenkatalog an die Öffentlichkeit gewandt. Ich
glaube, diese Konferenz könnte eine echte Unterstützung aller Träger der Erwachsenenbildung
werden. Dies sollte ein Forum für gemeinsame Konzepte, aber auch bis zu einem gewissen Grad für
eine Aufgabenteilung und eine Möglichkeit gemeinsamer Aktionen und wirksamerer Animitation bzw.
Motivation werden. Im prinzipiellen sollten durch eine solche Konferenz die Einrichtungen und die
Möglichkeiten der Erwachsenenbildung gemeinsam gesehen werden.
Nun erlauben Sie mir noch einige Aspekte der persönlichen Einstellung zum Aufgabenbereich der
Erwachsenenbildung. Ich glaube, die Erwachsenenbildung umfaßt in sich vier Hauptanliegen. Das
erste ist die individuelle berufliche Weiterbildung. Hier kommen wir im Rahmen der Erwachsenenbildung wie ich glaube auch erfolgreich weiter, weil die Menschen erkennen, daß es die Mobilität im
Berufsleben bei zunehmender Rationalisierung und Technisierung unerläßlich macht, den Weg der
Weiterbildung zu gehen. Als zweiten Schwerpunkt können wir heute ein gewisses ökonomisches
Interesse an der Weiterbildung feststellen, nicht nur von der Einzelperson, sondern auch von der
Betriebsgemeinschaft bzw. darüber hinaus von der Gesellschaft an und für sich. Die Bildung ist neben
den herkömmlichen Faktoren in der Wirtschaft, Arbeitskraft und Kapital, heute zu einem dritten wertvollen Faktor geworden. Der dritte Teilbereich, worüber auch in Ottenstein Klage geführt wurde, ist die
politische Bildung. Ich glaube, hier müßte ein gemeinsames Motivieren weit über die Parteigrenzen
hinausgehen. Wir bekennen uns alle zur demokratischen Gesellschaftsform, aber diese demokratische Gesellschaftsform, soll sie weiterbestehen, wissen wir, braucht den politisch mündigen, urteilsfähigen, aber auch den mitgestaltenden Bürger. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es herrscht
oft die irrige Meinung, daß man unter politischer Bildung parteipolitische Bildung zu verstehen hat. Wir
wollen in der politischen Bildung den Bürger zum kooperativen Faktor in der Gesellschaftsform
erzogen wissen. Und das vierte wird in Teilbereichen gemacht, ist aber meiner Meinung nach heute
noch viel zu wenig im gesellschaftlichen Leben und auch in der Erwachsenenbildung durchführbar.
Von den Erwachsenenbildnern wird es wohl erkannt, es sind jene Faktoren, die die Bildungsbestrebungen in Zielrichtung des glücklichen Menschen lenken, der innerlich sagen wir ausgeglichen,
aber auch erfüllt wird. Ich glaube, neben der Befriedigung im Bereich der wichtigsten Lebensumstände
wie Beruf, Wohnung, Sozialeinrichtungen usw. ist auch das Glücklichsein des Menschen in der Ausschöpfung des Verstehens, des Erlebens, der Kreativität und Veranlagung und des Erlebens im
musischen und im kulturellen Bereich ein unbestrittener Wertschöpfungsfaktor. Es darf daher keine
Vernachlässigung im Bildungsbereich der Gemeinschaftsempfindung und des kulturellen Erlebnisses
gegen über der sogenannten Ausbildung im ökonomischen und im beruflichen Bereich geben.
Wir Sozialisten bekennen uns auch zur Freiwilligkeit der Weiterbildung, es betrübt nur uns alle, die in
der Erwachsenenbildung tätig sind, wenn wir die Zahlen der an der Erwachsenenbildung Teilhabenden hören. Sie schwanken in den westlichen Industrieländern um rund 5%, bei der Weltbevölkerung je nachdem, ob Entwicklungsland oder Industrieland, bzw. je nach Gesellschaftsform zwischen
10 und 20%. Und ich glaube, neben der Freiwilligkeit muß mit der Flexibilität dieser Erwachsenen
auch die Erwachsenenbildung flexibel bleiben.
Ich glaube aber doch, daß wir trotz der Verabschiedung des heutigen Gesetzes nicht aufhören sollen,
uns auch in Hinsicht der Organisationsformen, obwohl hier die Kompetenzschwierigkeiten vorherrschen, weiterhin zu bemühen, auch diese zu lösen und zu einer Klärung beizutragen. Die sozialistischen Abgeordneten dieses Hauses hoffen, daß mit diesem Gesetz die materielle Basis im Bereich
der Erwachsenenbildung verbessert wird und daß das breite Spektrum der Bildungsaufgaben intensiver und effizienter erfüllt werden kann. In diesem Hoffen geben wir diesem Gesetz freudig unsere
Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Wallner.
Abg. Prof. WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses!
Fast alle Maßnahmen, die der Landtag setzt, bedeuten das Ende einer bestimmten Entwicklung und
den Beginn einer neuen Entwicklung. Auch das Gesetz über die Förderung der Erwachsenenbildung
und des Volksbüchereiwesens gehört hier dazu. Das Ende einer Entwicklung ist in der Tatsache
gegeben, daß die Förderung aus der Ermessenssache des Landes in eine Verpflichtung des Landes
übergegangen ist, und der Beginn einer Entwicklung zeichnet sich dadurch ab, daß die Sicherung
dieser Förderung wenigstens in der Art - leider nicht in der Höhe - gegeben ist. Das hat eine lange
Vorbereitungszeit gebraucht, und ich darf mich hier den Ausführungen von Herrn Abgeordneten
Stangl, der in sehr dankenswerter, klarer Weise die Entwicklung dieses Gegenstandes aufgezeigt hat,
anschließen und vielleicht den einen oder anderen Akzent noch dazu geben. Ein vorübergehender
Höhepunkt in der Frage der Klärung der Rechtsunterlagen scheint mir insbesondere eine Enquete des
Jahres 1969 gewesen zu sein, die sich unter dem damaligen Bundesminister für Unterricht Dr. Mock
,,Enquete über die Erwachsenenbildung" genannt hat; auf ihr hat sich ein Arbeitskreis besonders mit
der Rechtsfrage beschäftigt und Sektionschef Dr. Köveschi die entsprechenden Unterlagen vorgelegt
und erarbeitet, sodaß dann nach einer längeren Zwischenzeit das Bundesgesetz über die Förderung
der Erwachsenenbildung und des Büchereiwesens aus Bundesmitteln geschaffen werden konnte, und
zwar auf der Basis des 5 17, der die Möglichkeit der Tätigkeit innerhalb der Privatwirtschaftsverwaltung für den Bund, aber auch für die Länder gibt. Der Antrag, der hier zitiert wurde und der die
Landesregierung auffordert, ebenso ein solches Gesetz vorzulegen, wurde im Finanzausschuß von
der ÖVP seinerzeit eingebracht und ich möchte in diesem Zusammenhang besonders zwei Namen
erwähnen, weil die Träger dieser Namen heute nicht mehr im Landtag sitzen, dennoch aber in dieses
Geschehen eingebunden sein sollen, weil sie sich darum sehr bemüht haben; es sind Abg. Stangler
und ,4bg. Schoiber. Die Forderung, daß dieses Gesetz auch im Land Wirklichkeit werden sollte, wurde
sehr häufig gestellt und bei vielen Angelegenheiten darauf hingewiesen. Am 3. Februar 1976 lag es
dann dem Kulturausschuß vor!
Ich darf Ihnen die Stellung der Österreichischen Volkspartei dartun, aus der heraus die Arbeit an
dieser Gesetzesvorlage geleistet wurde! Sie liegt im Leitbild 80 und im Wahlprogramm 1974 begründet! Dort heißt es:. . . ,,Die Dynamik der technischen Entwicklung, die dadurch bedingte Mobilität im
Berufsleben und das größere Angebot an Freizeit bedingen eine ständige berufliche und allgemeine
Weiterbildung, für die entsprechende Moglichkeiten geschaffen werden sollen. Die Förderung einer
lebenslangen Weiterbildung (Bildungsfreistellung) stellt die Verbände der freien Erwachsenenbildung,
wie etwa Volkshochschulen und Bildungswerke und ebenso Institute der beruflichen Interessenvertretungen vor umfassende Aufgaben. Für diese Aufgaben haben Staat, Länder und Gemeinden,
die verschiedenen gesellschaftlichen Institutionen und die Religionsgemeinschaften Voraussetzungen
zu schaffen, die zusammenwirken und einander ergänzen sollen. Nach Inkrafttreten eines Volksbildungsförderungsgesetzes des Bundes ist ein ähnliches Gesetz auf Landesebene vorzusehen. . . ´ .
Und das Wahlprogramm 1974 fordert:. . . ,,Jeden Einzelnen zu befähigen, sich gegenüber dem
rasanten technischen und wirtschaftlichen Fortschritt zu behaupten, aber auch jeden einzelnen Bürger
in die Lage zu versetzen, ,in verstärktem Maße an der politischen Meinungs- und Willensbildung teilzunehmen und ihn durch eine Schärfung des kritischen Bewußtseins vor Manipulationsversuchen aller
Art zu schützen . . .". Daher wird verlangt: . . . ,,Förderung der Volkshochschulen, der Bildungswerke
und Institute der beruflichen Interessenvertretungen, um der Notwendigkeit einer lebenslangen
Weiterbildung Rechnung zu tragen und die Verabschiedung eines Landesgesetzes über die Förderung der Volksbildung.. .". Es ist daher nicht zu verwundern, daß hier eine gewisse Einigkeit erzielt
werden konnte, wenn in beiden Parteiprogrammen auf diesem Gebiet sehr übereinstimmen de
Ansichten vorherrschen. Eine solche Stellung der Österreichischen Volkspartei hat zu einer eingehenden Beschäftigung mit dieser Materie geführt, zu der auch eine Anzahl von Vertretern der freien
Erwachsenenbildungsorganisationen zugezogen wurde, denen ich für die beratende Tätigkeit herzlich
danken darf. Das erbrachte dann eine in manchen Punkten nicht unwesentliche Umgestaltung und
Änderung durch einen Antrag und einen Resolutionsantrag, der im Ausschuß und Unterausschuß
innerhalb von vier Sitzungen dann zu einer Einigung über die Abänderung der ursprünglichen Vorlage
geführt hat. Ich möchte mich ebenfalls dafür bedanken, daß eine so sachliche Atmosphäre vorherrschen konnte, die ohne Zweifel besonders dadurch bestimmt war, daß sehr viele Damen und Herren,
die im Ausschuß mitwirken, selbst in der Erwachsenenbildung tätig sind.
Erlauben Sie mir bitte, daß ich nun einige Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Referatsvorlage anführe, die zum großen Teil dem Bundesgesetz folgte, Wesentliches von dort übernommen
hat, aber das eine oder das andere, das besonders für das Land und für die freie Erwachsenenbildung
wesentlich ist, dann doch nicht vorgesehen hat. Aus dem § 2 wurde die Pflege des Volksbrauchtums
einvernehmlich herausgenommen und festgelegt, daß ein eigenes Gesetz diese Materie regeln sollte.
Die Gründe dafür liegen in Verschiedenem: Zuerst einmal vielleicht darin, daß der Sachinhalt des
Volksbrauchtums für eine Reihung unter dem Punkt 1 m sicherlich zu umfassend ist und nicht an einer
solchen Stelle angeführt werden sollte; zum anderen darin, daß das Volksbrauchtum ähnlich wie
Erwachsenenbildung doch auch über eigene Mitteln verfügen sollte, die in dieser Zweiteilung, so hoffen wir, umfangreicher sein werden, als wenn sie in einem einzelnen Sachgebiet zusammengeschlossen sind. Außerdem weist der Titel des Gesetzes eigentlich nicht auf das Volksbrauchtum
selbst hin und auch die Definitionen im § 1 und die Anführung der Tätigkeiten im § 4 stimmen mit
dieser Tatsache nicht überein, sodaß eine eigene Regelung sich sicherlich anbietet. Im § 2 Abs. 4 ist
ein wesentlicher Punkt ausgesprochen, daß in die Förderung die Tätigkeiten von beruflichen oder
wirtschaftlichen Interessenvertretungen nicht einzuschließen sind. Wir waren der Meinung, daß diese
aus anderen, reichlicher fließenden Quellen Mittel erhalten und daher nicht auch noch auf jene
Beträge greifen sollten, die seitens des Landes der Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt werden können. Im § 3, in dem die Arten der Förderungen dargestellt sind, wird ähnlich wie beim Bund
aufgeschlüsselt, allerdings bildet auch hier einen nicht unwesentlichen Zusatz die Formulierung, daß
es auch um Sachleistungen und Beistellung von Personal gehen kann. Ebenso ist die Aufteilung in
eine Sockelförderung, wie wir sie vielleicht nennen können, und eine Projektförderung ein Fortschritt,
weil hier in einer zweifachen Hinsicht gewisse Akzente gesetzt werden können. Im § 4, in dem die
Förderungsempfänger dargestellt sind, scheinen die niederösterreichischen Gemeinden auf, und zwar
als Träger der Volksbüchereien. Im § 5, der die allgemeinen Voraussetzungen der Förderungen darstellt, wurde die Einschränkung gegeben, daß Kostenanführungen seitens der Erwachsenenbildung
nur bei Einzelvorhaben gefordert werden sollen und daß die Maßnahmen, die hier angestrebt werden,
nicht im Widerspruch zu Raumordnungsprogrammen stehen sollen. Allerdings ergibt sich hier sicherlich die Notwendigkeit, daß für das Jahr 1977 eine Art Übergangslösung geschaffen wird werden
müssen, weil der Einreichungstermin nicht mehr einzuhalten und daher natürlich auch die Nennung
der einzelnen Verbände seitens der Landesregierung nicht in diesem Sinne erfolgt ist. Diese Übergangslösung wird sicherlich so zu erreichen sein, daß das Gesetz administriert werden kann. Im § 6
sind die Bedingungen der Förderungen etwas vereinfacht, der 5 8 sichert die Mitwirkung der Träger.
Das ist etwas ganz Neues, weil hier eine Nennung der Träger verlangt wird. Gerade das halte ich für
eine sehr wichtige Sache, weil damit ein Demokratisierungsvorgang verbunden ist und weil eine Art
Partizipation der einzelnen Erwachsenenbildungsorganisationen eintritt, die sicherlich auch zum
Selbstverständnis der einzelnen sehr viel beitragen wird, wenn sie gemeinsam nun seitens des Referates anzuhören sind und ein Einvernehmen anzustreben ist. Der § 9 regelt die Aus- und Fortbildung
von Erwachsenenbildnern, ein Zusatz, der ursprünglich nicht vorhanden war, ebenso der Volksbibliothekare, wobei die Einschränkung gilt, das Land nur dann tätig werden zu lassen, wenn die Träger
diese Ausbildung nicht hinreichend sicherstellen können. Ich glaube, daß damit das Gesetz einige
Voraussetzungen erfüllt, die für die Erwachsenenbildung, für die freie Erwachsenenbildung, wesentlich sind: Das sind die Begriffe der Sicherheit, der Freiheit, der Mitwirkung und der Vielfalt, die durch
dieses Gesetz garantiert sind.
Damit ist also das Erwachsenenbildungsförderungsgesetz eine gesetzliche Anerkennung sozusagen
der Notwendigkeit der Erwachsenenbildung! Im Motivenbericht und in sehr vielen Budgetansprachen,
heute wieder in der Rede von Herrn Abg. Stangl, haben Sie eine Reihe von Begründungen dafür
gehört. Lassen Sie mich dazu einige Anmerkungen machen, die das ergänzen mögen, mit dem ich
inhaltlich völlig übereinstimme. Die Anerkennung einer Notwendigkeit der Erwachsenenbildung, meine
Damen und Herren, besonders der Ausgangspunkt dieser Anerkennung liegt nicht bei Bildungseinrichtungen, sondern bei den Nationalökonomen. Erst als die Nationalökonomen, erst als die Wirtschaftler, erst als die Wirtschaft ihre Regierungen überzeugen konnten, daß Bildung und Ausbildung
eine sehr hohe Rentabilität besitzen, daß also, um das schreckliche Wort zu gebrauchen, der gebildetere Mensch der produktivere Mensch ist, kommt es zu großen Bildungsinvestitionen, kommt es
aber auch zu einer Bildungsexplosion. Darin zeigt sich dann sofort die Herkunft dieser Entwicklung,
denn das Motiv der Nützlichkeit und das Motiv des Vorherrschens der Berufsausbildung tritt in diesem
Augenblick besonders in den Vordergrund. Und ein dänischer, Verzeihung, ein schwedischer Erwachsenenbildner hat erst unlängst auf einer Tagung in Strobl davon gesprochen, daß in fast allen Ländern
strategische Fehler gemacht wurden, als man nämlich alle Mittel der Bildungsinvestition hauptsächlich
der Erweiterung der Jugendbildung zugeführt hat, damit erst über einen langen Umweg zu dem sogenannten lebenslangen Lernen gefunden hat und es daher noch immer so steht, daß wir kein
eigentliches Erwachsenenbildungsgesetz besitzen und die Erwachsenenbildung noch immer nicht im
Bildungswesen integriert ist.
Die Gefahr dieser Entwicklung, die ich hier kurz aufgezeigt habe, liegt in den verschiedenen Wegen,
die zu einer Institutionalisierung der Erwachsenenbildung führen. In den letzten Monaten ist ein ganz
neuer Begriff aufgetaucht, den Sie sehr umfassend in der letzten Ausgabe der Zeitschrift
,,Erwachsenenbildung' dargestellt finden, und der unter der Bezeichnung ,,recurrend education", also
,,rekurrente Bildung" eine ganz neue Entwicklung aufzeigt oder zumindest Entwicklungsansätze in die
Wege leitet, bei denen die Erwachsenenbildung, insbesondere die freie Erwachsenenbildung aufpassen muß. Wir verstehen unter dieser ,,recurrend education" ein lebenslanges Lernen als gesicherten
periodischen Wechsel von Ausbildung und Praxis im Beruf. Daher auch der Name ,,rekurrente Bildung". Es sollen also im Leben des einzelnen Phasen der Praxis im Beruf, also der Arbeitstätigkeit,
mit Phasen der Aus- und Weiterbildung abwechseln, sodaß hier eine ganz enge Verbindung zwischen
der Bildungspolitik und der Arbeitsmarktpolitik durchgeführt wird, die aufeinander abzustimmen wären
und nach dieser Auffassung in eine sehr enge Wechselbeziehung treten sollen. Darinnen liegt eine
ganz große Chance! Diese Chance besteht einmal darin, daß die ,,education permanent", also das
lebenslange Lernen, anerkannt wird. Sie besteht weiter in den umfangreicheren Mitteln, die zur Verfügung gestellt werden und sie besteht sicherlich in einer Forcierung der sogenannten Bildungsfreistellung. Aber sie enthält auch eine ganz große Gefahr! Diese Gefahr liegt darin, daß die Bildungspolitik nichts anderes als ein Anhängsel der Arbeitsmarktpolitik wird, das soweit reicht, daß Bildungspolitik bis zur Steuerung der Arbeitslosigkeit, Beschränkung der Arbeitslosigkeit, Vermeidung der
Arbeitslosigkeit oder als Überbrückungszeit für Arbeitslosigkeit dienen kann. Das würde bedeuten,
daß die Erwachsenenbildung völlig eingeengt wird auf berufliche und wirtschaftliche Ziele!
Die Erwachsenenbildung, meine Damen und Herren, ist aber mehr als eine Verschuldung, die zu
nichts anderem führen soll als zum Erwerb von gesellschaftlichen Berechtigungen oder Qualifikationen! Die Erwachsenenbildung ist - und darüber sind sich die Erwachsenenbilder selber sehr einig –
vor allem eine Persönlichkeitsbildung. Denn das Ziel jeder Bildung, meine Damen und Herren, wie
groß auch die Unterschiede in der einzelnen Definition sein mögen, das Ziel jeder Bildung ist die werterfüllte und wertgerichtete Persönlichkeit, weil nur in ihr die Entfaltung des Menschen in seiner
Gesamtheit garantiert ist! Darinnen ist aber nicht unmittelbar Nutzen beinhaltet! Wir erleben hier einen
sehr schönen Wandel eines Schlagwortes, das lange Zeit die Bildungspolitik beherrscht hat, nämlich
den Wandel von dem Schlagwort ,,Wissen ist Macht", wo der Nutzen besonders hervorgestrichen
wurde, zu dem Schlagwort „Bildung ist Freiheit!" Freiheit im Denken, Freiheit im Entscheiden, Freiheit
im Handeln! Und die Voraussetzungen für die Selbstverwirklichung des Menschen als seine Aufgabe
in der Demokratie, aber auch für die Bewältigung der ihm gestellten wirtschaftlichen Situation im Sinne
der Mobilität ist im wesentlichen von dieser Freiheit des einzelnen bestimmt. Besonders die Erwachsenenbildung und die Volksbüchereien, die zusammengehören, sind eine Pflegestätte dieser Auffassung, daß Bildung Freiheit vermittelt, insbesondere in jenen Abschnitten, von denen Abg. Stangl
gesprochen hat, nämlich der Allgemeinbildung, der politischen Bildung und der musischen Bildung.
Für diese Gebiete öffnet dieses Gesetz Möglichkeiten und sichert sie ab. Voraussetzung allerdings ist
die Tatsache, daß mit dem Gesetz auch die Bereitstellung entsprechender Mittel verbunden ist. Ich
habe daher auch schon sehr früh an den Herrn Landesfinanzreferenten das Ersuchen gerichtet, für
1977 zu bedenken und zu berücksichtigen, daß dieses Gesetz aller Wahrscheinlichkeit nach am 1.
Jänner 1977 in Kraft tritt und zu seiner Durchführung sicherlich erhöhter Mittel bedarf. Ich darf hier der
Hoffnung Ausdruck geben, daß diese Bemühungen, aber auch alle anderen Bemühungen, die in
diese Richtung gegangen sind und gehen, einigen Erfolg zeitigen werden, wenn Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig das Budget vorlegen wird, über dessen Inhalt ich nichts sagen kann, weil er
noch in dem geheimen Schoß der Absprachen der Regierungsmitglieder liegt. (Abg. Stangl: Habe ich
ja in der Zeitung gelesen!) Da ist Ihr Informationsstand der bessere als der meinige! Ja, Herr Kollege
Stangl, ich darf kurz diese Ausführungen unterbrechen und folgendes auch als einen Grundsatz der
Erwachsenenbildung sagen: Wenn bei uns zu Hause irgendjemandem etwas geschieht, es fällt ihm
zum Beispiel beim Essen ein Löffel aus der Hand, dann sagen wir: Man sollte halt essen können! Und
ein Tatbestand der Erwachsenenbildung besteht darin, daß man hören lernt, sehen lernt, überlegen
lernt (Zwischenruf links: Schreiben lernt!) Na, schreiben nicht. Überlegen lernt und ich sage in diesem
Fall bitte: Hören sollte man halt können, was auf der Schallaburg wirklich gesagt worden ist! Daran
ändert auch nichts, bitte, wenn etwas geschrieben steht, denn dadurch, daß etwas in einer Zeitung
steht, muß es ja noch nicht richtig sein, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP.) Aber ich darf Sie versichern, es war eines der ersten Übereinkommen, das alle Erwachsenenbildner gefunden haben, daß
das ,,Hörenlernen" eine ganz wichtige Angelegenheit der Erwachsenenbildung ist. Ich darf das hier
gleich mit als eines der Ziele einflechten! Nicht in allen Dingen irrte Karl Marx! Es sei fern von mir, das
nicht festzustellen, bitte! (Beifall i m Hause.) Ich betrachte es aber nicht als einen Nachteil, Herr
Kollege, daß ich kein Marxist bin. (Beifall bei der ÖVP.)
Bitte, darf ich vielleicht wiederum meine Gedanken aufgreifen, von denen wir ein bißchen abgeschweift sind. Ich glaube, in dieser Überlegung, daß Bildung Freiheit ist, liegt eine sehr hohe Verantwortung der Person, aber auch der Gesellschaft enthalten. So möchte ich Ihnen einen Gedanken vortragen, der vielleicht nicht immer vordergründig jedermann auffällt. Es ist uns langsam klar geworden,
daß der Gebrauch von Besitz eine soziale Verpflichtung einschließt. Die soziale Verpflichtung im
Gebrauch des geistigen Besitzes ist uns eigentlich mit dieser Deutlichkeit vor Augen gerückt. Wir
haben es bisher als selbstverständlich angesehen, daß es eine Verantwortung des Menschen im
Gebrauch seiner materiellen Werte gegenüber anderen und der Gesellschaft gibt. Nicht aber haben
wir uns das in bezug auf den geistigen Besitz angewöhnt und ich möchte das jetzt dorthin ausdehnen.
So- wie es beim Gebrauch des materiellen Besitzes um die Verantwortung gegenüber anderen in
unserer Gesellschaft geht, so geht es auch bei dem Gebrauch geistigen Besitzes darum. Das heißt
also, daß auch bei geistigem Besitz Partizipation möglich sein muß, daß hier eine Abgabe erfolgen
kann und soll und daß jeder einzelne die Verpflichtung besitzt, am Persönlichkeitswerden eines anderen mitzuwirken. Er kann das umso leichter in diesem Fall, weil die Abgabe von geistigem Besitz nicht
ärmer macht, wie das möglicherweise beim materiellen Besitz der Fall wäre. Vielleicht könnten Sie
einmal unter diesem Blickwinkel und der Stellung der ,,beati possidentes", also der glücklichen
Besitzenden, dieses Problem betrachten. Es wird uns vielleicht sogar da das Evangelium vom reichen
Mann, das vor zwei Wochen verlesen wurde, in einem ganz neuen Licht erscheinen, und ich möchte
Ihnen diese Verantwortung, die uns hier aufgegeben ist, in einer etwas pathetischen Form vorbringen,
allerdings auch in einer Form von jemandem, der darüber eine Aussage zu machen hat und bitte Sie,
sich ein Gedicht von Franz Werfel an zuhören, in dem er diese Verantwortung festlegt. Es ist das
Sonett ,,Als mich dein Wandeln an den Tod verzückte":
Als mich dein Dasein tränenwärts entrückte und ich durch dich ins Unermeßne schwärmte,
erlebten diesen Tag nicht Abgehärmte, mühselig Millionen Unterdrückte?
Als mich dein Wandeln an den Tod verzückte, war um uns Arbeit, und die Erde lärmte, und Lee3re
gab es, gottlos Unerwärmte, es lebten und es starben Niebeglückte!
Da ich von dir geschwellt war zum Entschweben, so viele waren, die im Dumpfen stampften,
an Pulten schrumpften und vor Kesseln dampften. Ihr Keuchenden auf Straßen und auf Flüssen! Gibt
es ein Gleichgewicht in Welt und Leben, wie werd ich diese Schuld bezahlen müssen? Diese Schuld
kann eine persönliche, kann aber auch eine Schuld der Gesellschaft sein. Der Beschluß dieses
Gesetzes trägt dazu bei, im großen Zusammenhang eine Entscheidung im Persönlichen aber auch im
Gesellschaftlichen zu fällen, weil es das Bekenntnis ermöglicht, fördert und sichert: Bildung ist Freiheit
der Persönlichkeit! Freilich ist durch dieses Gesetz nicht erreicht, daß die freiwillige Mitarbeit
tausender ersetzt werden kann und überflüssig wird. Sie wird nur sicherer! Freilich erreicht dieses
Gesetz nicht, daß es Problemlosigkeit in bezug auf die Mittel gibt. Die Tätigkeit kann nur fruchtbringender werden! Freilich soll dieses Gesetz auch nicht eine Ablöse von persönlicher Verantwortung
durch Institution darstellen. Aber jede Tätigkeit und Arbeit wird freier, selbständiger, vielfältiger und im
Rahmen der Selbstverwaltung ablaufen! Und diese Grundsätze, meine Damen und Herren, das sind
eben auch Grundsätze der Österreichischen Volkspartei, die in der Dreiheit Personalität, Solidarität
und Subsidiarität des Wiener Programmes zusammengefaßt sind. Weil dieses Gesetz daher eine so
ausgezeichnete Hilfe bei der Gestaltung von Lebensgrundsätzen gibt, die unser aller Menschenbild
betreffen, darf ich es mit der gleichen Freude begrüßen wie Herr Abg. Stangl. Wir wünschen mit
unserer Zustimmung das beste für alle, die aus diesem Gesetz das ziehen sollen, wofür es bestimmt
ist: Freiheit aus der Bildung! (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. BERNKOPF: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: (Nach Abstimmung über Titel und Eingang und über das Gesetz als
Ganzes sowie über den Antrag des Kulturausschusses): Angenommen. Ich ersuche den Herrn Abg.
Rabl, die Verhandlung zur Zahl 319 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. RABL: Herr Präsident! Hoher Landtag! Niederösterreich hat als erstes Bundesland mit der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Juli 1973 über ein
Land- und Forstwirtschaftliches Raumordnungsprogramm ein Instrument zur Förderung der Land- und
Forstwirtschaft, zur Sicherung von Gebieten für die Land- und Forstwirtschaft, sowie zur Erhaltung,
zum Schutz und zur Pflege der Landschaft geschaffen.
Seit dem Inkrafttreten dieses Raumordnungsprogrammes haben sich in der Landund Forstwirtschaft
Niederösterreichs tiefgreifende Änderungen vollzogen, die sich insbesondere in einer verstärkten
Abwanderung, der Überalterung der in der Land- und Forstwirtschaft Berufstätigen, in einem besorgniserregendem Fehlen von künftigen Hofübernehmern, in einer ständigen Verschlechterung der
Einkommensverhältnisse der Land- und Forstwirtschaft sowie in einem Absinken der Produktionsbereitschaft manifestieren. Dieser Entwicklung müßte durch umfangreiche Änderungen des Niederösterreichischen Land- und Forstwirtschaftsraumordnungsprogrammes umgehend Rechnung getragen werden.
Da mittlerweile einige Bundesländer eigene Landwirtschaftsgesetze erlassen haben, zum Beispiel das
Vorarlberger Landwirtschaftsgesetz aus dem Jahre 1974, das Tiroler Landwirtschaftsgesetz vom
Oktober 1974, oder das Salzburger Landwirtschaftsförderungsgesetz - in Kärnten und Steiermark
liegen Entwürfe vor -, erscheint es auch zweckmäßig, in Niederösterreich anstelle einer Novellierung
des Land- und Forstwirtschaftsraumordnungsprogrammes ebenfalls ein Landwirtschaftsgesetz und
damit die Voraussetzungen für eine umfassende und zielgerichtete Förderung der Land- und Forstwirtschaft zu schaffen.
Der Landwirtschaftsausschuß hat sich in seiner Sitzung am 7. Oktober dieses Jahres mit der Landtagsvorlage 319 befaßt und einen Beschluß gefaßt; er gibt dazu auch einen Bericht, den ich hier darlegen darf.
Im Gesetzentwurf wurden folgende Änderungen vorgenommen:
1. Im § 1 ist das Wort ,,ihrem" durch das Wort ,,ihren" zu ersetzen.
2. In den §§ 2, 3 Abs. 1, 5, 6 Abs. 2, 8, 13 und 17 Abs. 2 sind in den Aufzählungen die Klammern hinter den Ziffern jeweils durch Punkte zu ersetzen.
3. Im § 2 ist in der Z. 10 der Punkt durch einen Strichpunkt zu ersetzen und folgende Z. 11 anzufügen:
,,11. der Schutz vor Elementarereignissen und schädigenden Umwelteinflüssen".
4. Im § 3 Abs. 1 ist in Z. 4 das Wort „Vermarkung" durch das Wort ,,Vermarktung" zu ersetzen.
5. Im § 6 Abs. 1 hat die Wortfolge ,,nach Anhören der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer" zu entfallen.
6. Der Text des § 7 hat zu lauten: „Für die Bereitstellung der zur Erreichung der ZieIe dieses Gesetzes
notwendigen Mittel ist nach Maßgabe des Voranschlages des Landes vorzusorgen. Hiebei ist auf den
Bericht über die Lage der Land- und Forstwirtschaft in Niderösterreich Bedacht zu nehmen."
7. Im § 10 Abs. 3 hat zu lauten: ,,(3) Gegenstand der Förderung nach Abs. 2 kann die Erleichterung
der Errichtung von Anlagen sowie der Anschaffung von Maschinen und Geräten sein."
8. Im § 12 hat der erste Satz zu lauten:
„Zur Verbesserung der sozialen Lage der in der Land- und Forstwirtschaft Berufstätigen ist ein
Betriebshelfer- und Dorfhelferinnendienst aufrecht zu erhalten und auszubauen."
Weiters wird angeregt, in den Erläuternden Bemerkungen zu den §§ 8 bis 12 die Verweisung ,,§ 8" im
,,§ 9'' zu ändern sowie in den Erläuterungen zu § 16 das Wort ,,Gesetzes" durch das Wort
,,Verordnung" zu ersetzen. Die Vorlage selbst ist in fünf Abschnitte gegliedert, der I. Abschnitt enthält
die Allgemeinen Bestimmungen, im 11. Abschnitt werden die Förderungsmaßnahmen behandelt und
im Abschnitt III die Bewirtschaftung und Pflege der Kultur- und Erholungslandschaft. Der Abschnitt IV
befaßt sich mit dem Bericht über die wirtschaftliche und soziale Lage der Land- und Forstwirtschaft in
Niederösterreich und im V. Abschnitt sind die Durchführungs- und Schlußbestimmungen enthalten.
Da diese Vorlage den Damen und Herren des Hohen Landtages vollinhaltlich vorliegt, darf ich mir
nähere Erläuterungen glaube ich ersparen und den Antrag des Landwirtschaftsausschusses über die
Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf über die Förderung der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich (NÖ Landwirtschaftsgesetz) stellen (liest):
,,Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der vorliegende Gesetzentwurf über die Förderung der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich (NÖ Landwirtschaftsgesetz) wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung
genehmigt.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses
Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten um Einleitung der Diskussion.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der Abg. Stangl.
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Der Landwirt vom Dienst!)
Abg. STANGL: Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte die
Bemerkung des Herrn Landeshauptmannstellvertreters Ludwig überhört haben und vor allem nicht
abschätzend beurteilen müssen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie in jeder Session hat
sich der Hohe Landtag - hier ist die Möglichkeit, öfters ergibt sich die Notwendigkeit - mit Problemen
der Land- und Forstwirtschaft zu beschäftigen. Das ist kein Zufall und ich glaube, daß die Ursache
dieses Umstandes auf zwei Ebenen liegt. Die erste Ebene ist durch die Kompetenzlage der Land- und
Forstwirtschaft gegeben, da sie im Bereich des Landes liegt. Die zweite Ebene, glaube ich, ist durch
den rasanten Strukturwandel und die Aufgabenänderungen begründet, welche an die Land- und
Forstwirtschaft in den letzten Jahren herangetreten sind. Das scheint mir auch persönlich die weitaus
bedeutungsvollere und wichtigere Ebene zu sein.
Über den Strukturwandel, sowohl auf dem Sektor der Flächengegebenheiten, der Flächenprobleme,
als auch auf dem Sektor der wirtschaftlichen Veränderungen in der Landwirtschaft, sowohl des
Einzelbetriebes als auch des Großbetriebes, wurde in diesem Hohen Haus schon sehr oft gesprochen. Ich möchte mich nicht wiederholen und werde mir daher heute zu diesem Problem die Ausführungen ersparen.
Im Bereich der Aufgabenveränderungen gestatten Sie mir jedoch einige Bemerkungen. Aus dem
Selbstversorgerbetrieb - ich klammere jetzt bitte Gutsbetriebe aus - zu Ende des vergangenen Jahrhunderts und zu Beginn unseres Jahrhunderts ist vor allem in der Zweiten Republik jener Betrieb
entstanden, dessen Hauptaufgabe auf ernährungspolitischem Gebiet lag. In den letzten Jahren ist zu
diesem Bedeutungsbereich dann - nicht nur nationale, sondern auch die internationalen Erscheinungen zeigen uns das - die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft dazugekommen. Für die
gesamte Gesellschaft ist das ein bedeutender Faktor, in. der Gesundheitspolitik auf der einen Seite
und natürlich auch in den Bestrebungen hinsichtlich des Umweltschutzes. Und daher ist es beileibe
keine optische Handlung, die vorliegende Gesetzesmaterie zu verhandeln, sondern eine Verpflichtung, um den Gegebenheiten des Einzelbetriebes, der Person, aber auch der Gemeinschaftseinrichtungen in Form der Förderungen Rechnung zu tragen.
Wir glauben, daß die heutige Vorlage in der vom Ausschuß beschlossenen Form, wie der Herr
Berichterstatter bereits festgestellt hat, dem derzeitigen Aufgabenbereich der Landwirtschaft Rechnung trägt. Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zur Gesetzwerdung machen. Die
sozialistischen Abgeordneten haben am 18. Februar 1976 einen Aufforderungsantrag eingebracht,
worin verlangt wird, daß die Regierung ein Niederösterreichisches Landwirtschaftsgesetz vorlegen
soll, dessen Hauptmerkmal die Festlegung der Verpflichtung des Landes zur Förderung der Land- und
Forstwirtschaft ist, das aber auch die Förderungsziele, die Förderungsgrundsätze, die Förderungsarten und - was ich für sehr entscheidend halte – die Verpflichtung enthält, einen Bericht sowohl über
die soziale als auch die wirtschaftliche Situation in der Landwirtschaft beziehungsweise über die
durchgeführten Förderungsmaßnahmen jährlich einmal dem Hohen Hause vorzulegen. Wenn man die
Ziele dieses Aufforderungsantrages und die Regierungsvorlage betrachtet, dann darf ich hier feststellen, daß die Regierungsvorlage diesen unseren Vorstellungen entspricht.
Ich weiß schon, daß jetzt wahrscheinlich wieder, so wie vor einigen Tagen m Österreichischen Rundfunk, von der Österreichischen Volkspartei sozusagen das Urheberrecht oder wenn Sie wollen von mir
aus auch das Recht um den Erstimpuls und so weiter beansprucht werden wird. Wir sind auf jeden
Fall froh, muß ich Ihnen sagen, daß in so kurzer Zeit die Fertigstellung der Regierungsvorlage möglich
war, wenn ich mir die Eingangsvermerke der zur Stellungnahme und Begutachtung aufgeforderten
Stellen ansehe. Ich darf vielleicht als Beispiel die Niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer nennen, die in der Begutachtung am 14. Mai schreibt, daß bereits am 4. 3. das Schreiben des
zuständigen Referates wegen Begutachtung eingelangt ist. Wenn ich den Antrag ansehe vom 18.
Februar und dann am 4. März bereits ein Entwurf zur Begutachtung ausgesandt wurde, dann bin ich
dafür sehr dankbar und würde mir nur eines wünschen, daß in allen Belangen der Land- und Forstwirtschaft eine so prompte und rasche Arbeit geliefert wird. (Abg. Blochberger: Auf Bundesebene!) Ich
bin Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag, Herr Kollege Blochberger, und wir haben auf
Bundesebene so gute Vertreter, daß es nicht notwendig ist, daß ich von seiten des Landtages den
Bund auffordern muß. (Abg. Blochberger: Eine schwache Ansicht!) Ob es bei Ihnen auch so ist, diese
Beurteilung überlasse ich Ihnen selbst. (Beifall bei der SPÖ.) Meine sehr verehrten Damen und
Herren, ich weiß schon und auch im Ausschuß wurde es gesagt, der Entwurf war angeblich schon
fertig. Das kann ich glauben, wenn ich will, oder auch nicht.
Ich glaube vielleicht doch sagen zu dürfen, daß man mit Naivitäten wie zum Beispiel in einem Rundfunktinterview, das am 13. 10. nach 13 Uhr gesendet wurde, nicht operieren sollte. Man hat hier den
Vorsitzenden des Landwirschaftsausschusses und nicht den Präsidenten der Hagelversicherung
interviewt; hier sollte man als Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses, wenn man für den Ausschuß interviewt wird, schon etwas objektiver sein. (Abg. Anzenberger: Hängt das mit der Hagelversicherung zusammen?) Dann hätte er es ja sagen können, aber nicht als Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses; dann hätte man auch polemisch und vielleicht ein bisserl subjektiv sein
können, wenn man in irgendeiner anderen Funktion dort spricht, von mir aus. Herr Abgeordneter
Anzenberger, aber hier in dem Interview wurde eindeutig festgelegt, daß Sie der Vorsitzende des
Landwirtschaftsausschusses sind. (Abg. Anzenberger: Ich bin ja der Obmann des Landwirtschaftsausschusses!) Ich möchte hier folgendes feststellen: Sie sind als Vertreter des Landwirtschaftsausschusses zur Objektivität verpflichtet. Ich streite das nicht ab. Meine sehr verehrten Damen
und Herren, nicht einmal die Zeiten hat man dem Reporter richtig gesagt, denn die Ausschußsitzung,
Herr Kollege Anzenberger, ist nicht am 13. 10. - ,,vor einigen Minuten" - zu Ende gegangen, wo dieser
Gesetzesentwurf behandelt wurde. Sie haben dem nicht widersprochen, daher haben Sie das zur
Kenntnis genommen, ohne die Sache ins richtige Licht zu rücken. Daß diese Initiative nicht von der
SPÖ gekommen ist, sondern dieser Gesetzesantrag echt von der ÖVP stammt, ist mir persönlich auch
neu.
Wenn Sie ein Landesamt als ÖVP-Einrichtung betrachten? (Abg. Anzenberger: Wer hat denn etwas
vom Landesamt gesagt?) Ich habe das bis jetzt nicht gemacht, weil ich gedacht habe, der Landesrat
und das Landesamt ist weder eine ÖVP-Einrichtung noch eine sozialistische Einrichtung, sondern
dieses Landesamt ist dazu da, objektiv für alle Niederösterreicher zu handeln. Und der Gesetzesantrag stammt nicht von der ÖVP, sondern vom zuständigen Referat. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe. - Dritter Präsident Reiter gibt das Glockenzeichen.) Meine Herrschaften, lassen Sie
mich ausreden, das ist kein SPÖ-Antrag, keine Vorlage eines SPÖRegierungsmitgliedes, sondern das
ist eine Regierungsvorlage. (Abg. Romeder: Formell!) Na, wenn wir so handeln, meine sehr verehrten
Damen und Herren, dann müßte man sich auch einmal die Personalsituation in den SPÖ-Referaten
anschauen, ob da irgendwelche SPÖ-Regierungsvorlagen herauskommen könnten. Schauen Sie, die
Naivität, Herr Kollege Anzenberger. (Abg. Anzenberger: Wieso das?) Wenn Sie sagen, am
12. Februar, in dem Intergespräch, ist die SPÖ erst draufgekommen, dann halte ich das für eine
Naivität, denn das stimmt nicht. Sie müssen nämlich zugeben und das gestehe ich auch der ÖVP zu:
Wenn man ernstlich arbeitet, dann kann man manche Dinge nicht an einem Tag oder in zwei Tagen
erledigen. Und daß hier lange Vorbereitungen und Vorberatungen vor dem 12. Februar notwendig
waren, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen Sie auch der SPÖ zugestehen. Und jetzt,
glaube ich, Herr Kollege Anzenberger, sind Sie vielleicht in Ihrem Interview etwas zu weit gegangen,
aber das machen Sie mit sich selbst aus. (Abg. Anzenberger: Schon wieder eine Schulmeisterei!)
Nein, keine Schulmeisterei, das ist viel, viel ernster und man kann es mit derartigen unqualifizierten
Zwischenrufen nicht wegwischen. (Abg. Anzenberger: Wir können auf Eure Belehrungen verzichten!)
Sie sagen wortwörtlich (Abg. Ing . Kellner: Das darfst Du nicht sagen!): Es wurde im Klub der ÖVP und
- jetzt kommt es - insbesondere im Agrarklub darüber beraten und das zuständige Regierungsmitglied
mit der Ausarbeitung einer Regierungsvorlage beauftragt. Ich frage mich, wer kann ein Regierungsmitglied beauftragen? Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach der Landesverfassung kann
das weder ein Klub noch ein Agrarklub. Zu dieser Beauftragung eines Regierungsmitgliedes sind
andere Gremien berufen. Ich glaube, daß man hier vielleicht an ein Gelöbnis denken sollte, das man
zu Beginn jeder Legislaturperiode im Landtag abgibt. (Zweiter Präsident Binder übernimmt den Vorsitz.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe schon betont, daß auf weite Strecken oder überhaupt inhaltlich die Regierungsvorlage mit den Vorstellungen der SPÖ übereinstimmt. (Abg. Blochberger: Sie haben Ihre Vorstellungen nicht zu Protokoll gegeben!) Herr Kollege Blochberger, es wäre
vielleicht gut, wenn Sie Anträge lesen würden. Wir haben im Ausschuß ebenfalls noch einen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage vorgelegt.
Ich sehe von den formalen Dingen vollkommen ab, aber uns ist es auch wichtig, daß in die Ziele der
Förderung der Schutz vor Elementarereignissen und schädigenden Umwelteinflüssen mitaufgenommen wird. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind ja vor allem jene Ereignisse,
die weder in einer Vorschau noch in einer Planung im Leben des Landwirtes drinnenstehen. Da
besonders hier eine Notlage des Wirtschaftsbetriebes eintritt, glaubten wir und auch die
Österreichische Volkspartei hat dem zugestimmt, dieses Erkennungsmerkmal sei neben anderen
Änderungen - ich erspare mir die einzelnen Ausführungen darüber - aufzunehmen.
Wir halten es auch für sehr wesentlich, daß in diesem Gesetz der Auftrag zur Bildung einer
Kommission enthalten ist. Ich darf sagen, daß wir über das Bestehen dieser Kommission sehr erfreut
sind; sie besteht ja bekanntlich aus dem Regierungsmitglied oder dessen Vertreter, aus je zwei Vertretern der Landes-Landwirtschaftskammer, der Kammer der gewerblichen Wirtschaft und der
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich sowie aus vier sachverständigen Vertretern
aus dem landwirtschaftlichen Betriebsbereich. Wir glauben, daß gerade durch diese Kommission, die
sowohl bei der Förderung als auch beim Bericht ihr Mitspracherecht hat, der Niederösterreichische
Landtag nach einer vierjährigen Unterbrechung wieder den Förderungsbericht zur Einsichtnahme und
zur Behandlung bekommt.
Wissen Sie, ich glaube, ein Ruhmesblatt in der Geschichte der Förderung der Landwirtschaft war das
Landwirtschaftskammergesetz 1972 gerade nicht. Wenn ich daran denke, daß das Gesetz zur Förderung der Landeskultur aus dem Jahre 1923 schon diesen Bericht vorgesehen hat, und man heute von
mancher Seite davon spricht, daß man demokratische Formen und so weiter immer mehr vertieft und
immer mehr sucht, man aber gerade im Jahre 1972 mit dem Landwirtschaftskammergesetz hergegangen ist und dem Niederösterreichischen Landtag, der die Förderungen, die Geldmittel, in seinem
Budgethoheitsrecht beschließt, dann nicht einmal sagt, was mit diesen Mitteln geschehen ist, dann
glaube ich, daß das nicht zum Ruhmesblatt der Republik, der Demokratie und vor allem nicht zum
Ruhmesblatt der Österreichischen Volkspartei gehört. Wir sind sehr froh, daß diese, ich möchte fast
sagen sonderbare Haltung durch das Landwirtschaftsgesetz 1976, welches den Bericht über die
Förderungen wieder vorsieht, ad acta gelegt wurde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend sehr ernst folgendes sagen:
Es wurde in diesem Kreis von manchem - ich glaube nicht mit dem Herzen, sondern vor allem mit
Worten und aus optischen Gründen - immer wieder behauptet, wir Sozialisten hätten in diesem Hause
für die Anliegen der Land- und Forstwirtschaft nichts über und alles, was wir hier reden, geschehe nur,
na ja, aus optischen Gründen. Meine sehr verehrten Damen und Herren der rechten Seite, ich hoffe.. .
(Zwischenruf von Abg. Steinböck.) Tun Sie mich nicht verbessern, Herr Kollege Steinböck, ich bin ein
frei gewählter Abgeordneter und formuliere, wie ich es kann. (Abg. Anzenberger: Das gleiche gilt auch
für mich!) Ich rede nicht als Vorsitzender eines Gremiums, das ich nach außen hin zu vertreten habe.
Herr Kollege Anzenberger, man muß immer wissen, als was man redet. Sie haben geredet als Vorsitzender eines Ausschusses, den Sie nach außen hin zu vertreten haben, denn vielleicht wären Sie
als Anzenberger gar nicht zu einem Interview gekommen. (Heiterkeit.) Meine sehr verehrten Damen
und Herren, wir werden ja in der nächsten Zeit gerade im Landwirtschaftsausschuß wieder einige sehr
ernste Gesetze zu beraten haben. Ich denke hier an das Landwirtschaftliche Schulgesetz, ich denke
in späterer Folge auch an die gesetzliche Verankerung der Flurbereinigungen und so weiter. Sie
haben, glaube ich, im Landwirtschaftsausschuß genauso wie im Hohen Haus, wenn Sie ehrlich überlegen, immer wieder das Gefühl gehabt, daß es uns ernst ist um die Landwirtschaft, daß es uns ernst
ist um die Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind und daß wir vielleicht als erste das Problem
der Nebenerwerbslandwirte erkannt haben, die ja heute bereits die Zahl der Vollerwerbslandwirte weit
überflügelt haben. Ich darf Sie bitten, das auch bei den ich möchte fast sagen optischen, nach außen
hin gerichteten Behauptungen zu berücksichtigen. Gestatten Sie mir ein Wort: Wenn ich den Bauernbündler lese, klingt immer wieder etwas durch, von der Falschberichterstattung bis zur Bauernfeindlichkeit der sozialistischen Abgeordneten. Wir hoffen, daß auch dieses Vorurteil, das kein herzensbedingtes und kein verstandesmäßiges Vorurteil ist, abgebaut wird. Wir hoffen aber vor allem, daß
durch die Verabschiedung dieses Gesetzes die Tätigkeit in der niederösterreichischen Land- und
Forstwirtschaft verbessert wird, der Subventionseinsatz nicht nur transparent, sondern auch effektiver
gestaltet werden kann. In diesem Sinne geben wir dieser Vorlage unsere Zustimmung. (Beifall bei der
SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächstem Redner erteile ich dem Abg. Anzenberger das Wort.
Abg. ANZENBERGER: Jetzt rede ich als Abgeordneter. Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Wir haben heute im Hohen Hause das Landwirtschaftsgesetz zur Beratung und zur
Beschlußfassung und ich möchte nun auch als Abgeordneter zu diesem Gesetz Stellung nehmen,
denn dieses Gesetz hat sicher für unsere Landwirtschaft eine sehr große Bedeutung.
Abg. Stangl hat jetzt mit einigen Worten hier versucht, die Urheberschaft dieses Gesetzes auf Grund
dieses Interviews im Radio in Zweifel zu ziehen. Ich werde noch in der weiteren Folge meiner Ausführungen dazu Stellung nehmen. (Abg. Stangl: Erste Impulse, Herr Kollege!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz der umfassenden Industrialisierung im Lande Niederösterreich glaube ich, daß wir sagen können, dieses Land Niederösterreich ist weiterhin eines der
führenden Agrarländer in unserer Republik Österreich. Immerhin gibt es noch Ca. 90.000 Betriebe, die
eine Fläche von 945.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche und 642.000 Hektar forstwirtschaftlich
genutzte Fläche bewirtschaften. Gerade in den letzten Jahren wurde immer wieder darauf verwiesen,
daß die österreichische Landwirtschaft zu mehr als 85% aus der eigenen Produktion den Nahrungsmittelbedarf zu decken imstande ist, und man muß dazu auch feststellen, daß allein die niederösterreichische Agrarproduktion ca. 58% des gesamten Ernährungsbedarfes oder 68% der Nahrungsmittelversorgung in Österreich voll deckt. Der Anteil dieses Bundeslandes an der österreichischen
Produktion beträgt bei Brotgetreide 59%, bei Futtergetreide 41 %, bei Kartoffeln 58%, bei Zuckerrübe
76%, bei Schlachtrindern 2876, bei Schlachtschweinen 35% bei der Milchanlieferung liegt die Erzeu-
gung in Niederösterreich bei 18,6% der gesamtösterreichischen Produktion, vom gesamten Holzeinschlag entfallen 21 % auf Niederösterreich, ferner 25 % des österreichischen Feldgemüseanbaues
und schließlich 59 % der österreichischen Weinproduktion. Wie eine nach dem Kalorienverbrauch
errechnete Bilanz zeigt, können die Bauern Niederösterreichs rund 5,3 Millionen Menschen ernähren.
Jährlich werden in Niederösterreich Nahrungsmittel mit einem Wert von rund 5.800 Milliarden Kalorien
erzeugt; der Verbrauch der Einwohner von Niederösterreich und Wien beträgt 3.269 Milliarden
Kalorien pro Jahr, sodaß ein Rest von 2.504 Milliarden Kalorien der übrigen österreichischen Bevölkerung zur Verfügung steht.
Leider, das muß man auch, glaube ich, heute hier sagen, war man von der Bedeutung einer derart
leistungsfähigen Landwirtschaft und Forstwirtschaft nicht immer in Österreich überzeugt, denn noch
nicht vor allzu langer Zeit vertraten einige nicht so weitblickende Bundespolitiker die Meinung,
Lebensmittel sollte man lieber - ich glaube, das ist ja noch vielen in Erinnerung - in den osteuropäischen Staaten einkaufen und importieren und dafür könnte man industrielle Produkte in diese Länder
exportieren. Wie sich das in einigen Ländern oder in einem Land ausgewirkt hat, das wissen wir auch
alle. Zum Beispiel hat man in Schweden mit dieser Maßnahme nicht besonders gute Erfahrungen
gemacht.
Diese Unterbewertung der Bedeutung einer funktionsfähigen heimischen Land- und Forstwirtschaft
spiegelt sich auch in der Entwicklung der Zurverfügungstellung von Bundesmitteln für die Förderung
der Land- und Forstwirtschaft. Ich möchte hier nur einige Ziffern herausnehmen: Während zum Beispiel die Mittel für den Grünen Plan im Jahre 1970 noch 805,7 Millionen Schilling betrugen, sanken sie
dann im Jahre 1972 auf 707 Millionen Schilling, das heißt um nahezu 100 Millionen Schilling ab. Auch
das von den Sozialisten in letzter Zeit so viel gepriesene Bergbauernsonderprogramm wurde vom
Beginn an durch Kürzungen und Umschichtungen bei den Ansätzen des Agrarbudgets dotiert. Die
Tatsache, daß Kürzungen bei den Bundesmitteln in den letzten Jahren immer wieder durch verstärkte
Bereitstellung von Landesmitteln aufgebessert werden mußten, läßt sich auch durch Beispiele beweisen. Ich möchte hier nur einige nennen. Während die Bundesmittel in der landwirtschaftlichen
Regionalförderung gegenüber 1966 um 53,5% aufgestockt wurden, wuchsen die Landesmittel aller
Bundesländer zusammen im gleichen Zeitraum um 112,3%. Noch deutlicher ist die Verschiebung
beim Wegebau. Hier sind die Bundesmittel, bezogen auf die Gesamtbaukosten, von 39% im Jahre
1966 auf 31% im Jahre 1975 abgesunken, die Landesmittel jedoch von 21% auf 29% aufgestockt
worden. In absoluten Zahlen betrugen die Bundesmittel 1966 199 Millionen Schilling und die Landesmittel 108 Millionen Schilling; 1974 dagegen, wenn Sie diesen Vergleich ziehen, kehrte sich das Verhältnis von Bundesmitteln zu Landesmitteln geradezu um, denn Bundesmittel wurden in einer Höhe
von 189 Millionen Schilling und Landesmittel von 309 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt. Und
wenn wir das Bundesbudget in diesen abgelaufenen fünf Jahren von 1970 bis 1975 betrachten,
können wir auch ein Absinken des Anteiles des Budgets für die Landwirtschaft im Verhältnis zum
Gesamtbudget feststellen, denn wir sehen hier inklusive der Preisausgleiche, die immer im Budget
mitverankert sind, im Jahre 1970 im Bundesbudget 5% vom Gesamtbudget für die Landwirtschaft,
1971 waren es dann 4,6%, im Jahre 1972 4,4%, im Jahre 1973 3,9%, im Jahre 1974 3,496 und im
Jahre 1975 3,256. Wir sehen also auch aus dieser Statistik, daß die Mittel für die Landwirtschaft,
gemessen am Gesamtbudget des Bundes, sich von Jahr zu Jahr verringert haben.
Zum Unterschied von der derzeitigen Bundesregierung war sich das Land Niederösterreich seiner
Verantwortung für die Aufrechterhaltung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft stets bewußt. Als erstes Bundesland - das wurde heute schon hier gesagt - hat Niederösterreich mit der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Juli 1973 über ein Land- und Forstwirtschaftliches Raumordnungsprogramm ein gesetzlich fundiertes Instrument zur Förderung der Landund Forstwirtschaft, zur Sicherung von Gebieten für die Land- und Forstwirtschaft, sowie zur Erhaltung, zum Schutz und zur Pflege der Landschaft geschaffen. Andere Bundesländer sind diesem
niederösterreichischen Beispiel gefolgt und haben Landwirtschaftsförderungsgesetze geschaffen. So
zum Beispiel das Land Vorarlberg 1974, Tirol und Salzburg ebenfalls 1974. In Kärnten, Oberösterreich
und in der Steiermark liegen Entwürfe vor. Die fundamentalen Zielsetzungen des niederösterreichischen Land- und Forstwirtschaftlichen Raumordnungsprogrammes haben weitgehend in die
Gesetzesinitiativen der anderen Bundesländer Eingang gefunden. Es sind dies insbesondere die
Erhaltung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft, die Schaffung und Erhaltung lebensfähiger
bäuerlicher Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe sowie die Verbesserung und Anpassung der Einkommens- und sonstigen sozialen Verhältnisse der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Bevölkerung an die der übrigen Bevölkerung. Mit dem von der Niederösterreichischen Landesregierung
beschlossenen Land- und Forstwirtschaftlichen Raumordnungsprogramm verfügte Niederösterreich
somit als erstes Bundesland über ein Instrument zur Förderung seiner Land- und Forstwirtschaft, das
hinsichtlich der Zielsetzungen und der vorgesehenen Maßnahmen den in der Zwischenzeit beschlossenen Landwirtschaftsgesetzen anderer Bundesländer nicht nur gleichwertig, sondern für diese
Länder sogar vorbildlich war bei der Gesetzwerdung ihrer Landwirtschaftsgesetze.
Seit dem Inkrafttreten des Land- und Forstwirtschaftlichen Raumordnungsprogrammes haben sich in
der Land- und Forstwirtschaft Niederösterreichs tiefgreifende Änderungen vollzogen, die sich insbesondere in einer verstärkten Abwanderung, in der Überalterung der in der Land- und Forstwirtschaft
Berufstätigen, einem besorgniserregenden Fehlen von künftigen Hofübernehmern und einer ständigen
Verschlechterung der Einkommensverhältnisse sowie einem Absinken der Produktionsbereitschaft
ausdrücken. Die Entwicklung der Schülerzahlen in den landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen
läßt die Besorgnis begründet erscheinen, daß in absehbarer Zeit den noch existierenden landwirtschaftlichen Betrieben nicht genug ausgebildete Betriebsführer zur Verfügung stehen. Die Zahl der
land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Niederösterreich hat sich zwischen 1951 und 1970 um 26%
verringert und die Zahl der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Berufstätigen sogar um 58,5%.
Diese hier kurz skizzierten Entwicklungstendenzen lassen die Sorge um die Aufrechterhaltung der
heimischen Landwirtschaft, aber auch um die Aufrechterhaltung der Siedlungsdichte und die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft immer drängender werden. Um dieser Entwicklung durch
gezielte Maßnahmen zu begegnen, wären umfangreiche Änderungen im Landwirtschaftlichen Raumordnungsprogramm notwendig gewesen. Im Hinblick darauf, daß mittlerweile, wie erwähnt, eine Reihe
anderer Bundesländer ebenfalls Landwirtschaftsgesetze beschlossen haben, erscheint es daher
zweckmäßig und richtig, auch in Niederösterreich anstelle der Novellierung dieses Raumordnungsprogrammes ein eigenes Landwirtschaftsgesetz als Voraussetzung für eine umfassende zielgerichtete Förderung der Land- und Forstwirtschaft zu schaffen. Auch im Hinblick auf die seit 1970
sinkenden Anteile der Landwirtschaft am Gesamtbudget des Bundes erscheint es notwendig, die
bisher im Verordnungsweg geregelte Grundlage zu erstellen. Dies darf aber nicht bedeuten, daß sich
der Bund weiter zu Lasten der Länder aus der agrarischen Förderung zurückzieht. Die berechtigten
Forderungen der Land- und Forstwirtschaft gegenüber dem Bund werden auch weiterhin mit allem
Nachdruck vertreten.
Wenn es sich hier nun, wie bereits Abg. Stangl in seiner Einleitung erwähnte, um die geistige
Urheberschaft für den vorliegenden Gesetzentwurf dreht, darf ich hier in aller Deutlichkeit aussprechen, daß einzig und allein die Österreichische Volkspartei diesen Anspruch der Urheberschaft in
Anspruch nehmen kann. Ich hätte sicher auf dieses Problem, auch wenn es der Abg. Stangl im Hinblick auf das Interview im Radio nicht so ausführlich behandelt hätte, auch deswegen jetzt verweisen
müssen, weil am Dienstag in der Arbeiter-Zeitung wieder einmal eine Halbwahrheit gestanden ist:
,,Endlich Licht in der Subventionspraxis - Landtag muß alljährlich informiert werden". Und im gleichen
Zusammenhang, im gleichen Artikel, hat man auch die Repräsentationsausgaben mit hineingebracht
und sozusagen irgendwomit verglichen. Wenn hier in diesem Artikel der Arbeiter-Zeitung drinnen
steht, die SPÖ initiierte dieses Gesetz, die sozialistischen Abgeordneten hätten dem Landtag im
Frühjahr entsprechende Vorschläge unterbreitet, um ein besseres Landwirtschaftsgesetz in Niederösterreich zu haben, dann frage ich Sie, meine Herren, ob Sie mit Ausnahme dieses Antrages, daß
ein Gesetz geschaffen werden soll, und mit Ausnahme einiger Abänderungsanträge etwa zu diesem
Gesetz einen Paragraphen beigetragen haben. (Abg. Stangl: Aber, Herr Kollege, lesen Sie sich
einmal den Antrag durch!) Sie haben einen Aufforderungsantrag hier gestellt und glauben deshalb,
daß Sie hier hineinschreiben können, daß dieses Gesetz von Ihnen initiiert wurde. (Abg. Stangl: Lesen
Sie sich den Antrag durch!)
Meine sehr geehrten Herren, ich glaube, hier können wir doch sagen, daß Ihre Wintergespräche
sicher nicht notwendig waren. Es ist jetzt schon aus einigen Zitaten und einigen Datumsangaben
hervorgegangen, daß Sie diese agrarischen Wintergespräche am 12. 2. 1976 gehalten haben, daß
aber bereits vom 27. bis 30. Jänner dieses Jahres in Lackenhof die Beratungen der Gremien der
Österreichischen Volkspartei stattgefunden haben und bereits bei diesen Beratungen dieses Landwirtschaftsgesetz besprochen wurde und daß Landesrat Bierbaum bereits am 13. 2., also einen Tag
nach Ihren Wintergesprächen, mitteilen konnte, daß der Entwurf dieses Gesetzes zur Begutachtung
ausgesendet wird. Und Abg. Stangl hat ja selbst gesagt, daß am 13. 2., einen Tag später.. . (Abg.
Stangl: 13. 2.? Wo?) Bei der Saatbaugenossenschaft wurde bereits am 13. 2. von Landesrat Bierbaum darüber berichtet, daß dieses Gesetz im Entwurf fertig ist und demnächst zur Begutachtung
ausgesendet werden kann. Und wenn daher der Antrag der Sozialisten vom 12. 2. somit bereits einen
derartigen ÖVP-Entwurf vorfand, kam er wesentlich zu spät, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich glaube, das können wir jederzeit sagen. (Abg. Stangl: Am 27. Jänner?) Ich darf mit Genugtuung
vermerken, vom 27. bis 30. Jänner wurde es bereits beraten. Sie haben am 12. 2. das Verlangen
gestellt, mit einem Antrag. (Abg. Stangl: Aber doch nicht am 12. 2. beraten! Das habe ich doch ohnehin gesagt.) Ja, am 12. 2. wurde es beraten (Beifall bei der ÖVP.) Am 12. 2. haben Sie einen Antrag
gestellt, meine sehr geehrten Herren, damit ich vielleicht zur Klarheit beitragen kann, und am 13. 2.
hat bereits Landesrat Bierbaum erklärt, daß dieser Gesetzentwurf ausgesendet werden kann zur
Begutachtung.
Ich möchte aber doch vermerken und mit Genugtuung feststellen, meine sehr geehrten Herren von
der Linken, daß sich die SPÖ der Notwendigkeit eines modernen Förderungsgesetzes für die Bauern-
schaft sicher nun auch bewußt ist. Ich glaube auch, das hier anerkennen zu können, denn Sie haben
ja bereits in Ihrer Niederösterreich-Information vom März 1972, das ist immerhin eine Zeitung aus
Ihrem Klub, angedeutet, daß Sie auch ein Interesse an diesem Gesetz haben. Es ist an und für sich
für uns eine Genugtuung, daß auch Sie interessiert sind, dieses Gesetz heute mit uns zu beschließen.
Am 27. Jänner 1976 hat die Österreichische Volkspartei bereits beraten und Sie haben erst am 12. 2.
den Antrag gestellt. (Abg. Stangl: Da sind wir in die Öffentlichkeit gegangen, Herr Kollege. Tun Sie
doch nicht so naiv!) Wir haben schon am 13. sagen können, daß das Gesetz fertig ist.
Gestatten Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, nun einige Bemerkungen zu diesem
Gesetz. Die grundlegende Bedeutung dieses neuen Gesetzes besteht zunächst aus der in der Vorlage enthaltenen Verpflichtung des Landes, für die zur Erreichung der Förderungsziele notwendigen
Mittel im Landesvoranschlag vorzusorgen. Ich glaube, gerade diese Bestimmung des Gesetzes ist für
die Landwirtschaft Niederösterreichs von ganz besonderer Bedeutung. Wenn wir uns insbesondere
zwei Paragraphen, den § 1 und den § 7, herausnehmen, dann können wir feststellen, daß in diesen
beiden Paragraphen die wichtigsten Grundsätze für unsere Landwirtschaft enthalten sind.
Im § 1 heißt es, daß das Land als Träger von Privatrechten verpflichtet ist, durch Förderungsmaßnahmen beizutragen, den Bestand und eine zeitgemäße Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich, insbesondere in ihren Formen der Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe,
zum Wohle der Allgemeinheit zu sichern. Und im § 7 heißt es, für die Bereitstellung der zur Erreichung
der Ziele dieses Gesetzes notwendigen Mittel ist nach Maßgabe des Voranschlages des Landes vorzusorgen. Hiebei ist auf den Bericht über die Lage der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich
Bedacht zu nehmen. Wir von Seiten der Landwirtschaft erwarten uns daher aus dem Inhalt dieser §§ 1
und 7, daß das Land Niederösterreich tatsächlich jene finanziellen Mitteln zur Verfügung stellt, die
notwenig und ausreichend sind, damit die Ziele dieses Gesetzes auch erreicht werden können.
Ähnlich wie die Regelung von Salzburg und Tirol sieht das Gesetz die jährliche Erstellung eines
Berichtes über die wirtschaftliche und soziale Lage der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich
vor und dieser Bericht ist von der Landesregierung dem Landtag jährlich bis zum 30. Juni vorzulegen.
Er hat eine Zusammenstellung aller auf Grund des Gesetzes im Vorjahr durchgeführten Förderungsmaßnahmen sowie der im Folgejahr notwendigen Maßnahmen zu enthalten und bildet die Grundlage
für die Bereitstellung von Landesmitteln gemäß § 7. Zur Beratung dieses Grünen Berichtes des
Landes Niederösterreich vor seiner Vorlage an den Landtag wird beim Amt der Niederösterreichischen
Landesregierung eine Kommission unter dem Vorsitz des zuständigen Regierungsmitgliedes gebildet.
Dieser Kommission gehören je zwei Vertreter der Landwirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, der
Handelskammer sowie der Landarbeiterkammer an. Ich hoffe auch, daß gerade in dieser Kommission
die Lage der Landwirtschaft entsprechend beraten wird, damit dann auf Grund dieses Berichtes auch
die Mittel im Rahmen des jeweils kommenden Budgets bereitgestellt werden können.
Was sind nun die allgemeinen Zielsetzungen des Gesetzes gegenüber dem Raumordnungsprogramm? Nun, sie wurden um folgendes erweitert: Sicherung einer ausreichenden Nahrungsmittelversorgung; Einkommensverbesserung nicht nur zur Sicherung eines angemessenen Lebensstandardes, sondern auch zur Gewährleistung einer rationellen Wirtschaftsführung; Verbesserung des
Gesundheitszustandes der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Bevölkerung und Verbesserung
der ländlichen Infrastruktur. Die besonderen Ziele des Raumordnungsprogramms wurden im vorliegenden Gesetz erweitert hinsichtlich der Absatz- und Vermarktungssicherung, der Geländekorrektur
und Kultivierung, der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, der Förderung des Neu- und Umbaues von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie der Verbesserung der Agrarstruktur.
Besonders erwähnen möchte ich die neu eingeführte Zielsetzung der Verbesserung der Lage der
Bäuerin und die darauf abzielenden Förderungsmaßnahmen des Entwurfes, insbesondere zur Rationalisierung der Hauswirtschaft sowie zur Ermöglichung eines Erholungsaufenthaltes für die Bäuerin.
Aus dem umfangreichen Maßnahmenkatalog sollen nur einige Schwerpunkte herausgegriffen werden.
Besonderes Augenmerk legt der Entwurf auf die Förderung der überbetrieblichen Zusammenarbeit,
die in Hinkunft zum Unterschied vom Raumordnungsprogramm nicht nur die Erprobung und Ermöglichung neuartiger Formen sowie die Gewährung von Starthilfen für Maschinenanschaffung ermöglichen wird, sondern darüber hinaus alle Zusammenschlüsse von Inhabern land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erfaßt. Maschinen- und Betriebshilferinge sollen durch Gewährung von Beihilfen zu den
Organisations- und Betriebskosten gefördert werden, ebenso sonstige Zusammenschlüsse durch alle
nach diesem Gesetz in Betracht kommenden Förderungsmaßnahmen.
Der Abschnitt III des Gesetzes sieht zum Unterschied von der diesbezüglichen Kann-Bestimmung des
Raumordnungsprogrammes eine Abgeltung von Bewirtschaftungserschwernissen durch Ausgleichszulagen im Interesse der Gestaltung und Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft vor. Diese
Ausgleichszahlungen können als Bewirtschaftungs- und Almauftriebsprämien gewährt werden, wobei
landwirtschaftliche Betriebe in Fremdenverkehrsstandorten oder in Natur- und Landschaftsschutzgebieten besonders zu berücksichtigen sind. Auch hinsichtlich des Ausbaues von Privatzimmern und
Fremdenverkehrseinrichtungen sieht die Vorlage eine Förderungspflicht anstelle bloßer Soll-Bestimmungen vor.
Mit der Durchführung von Förderungsaufgaben nach dem neuen Landwirtschaftsgesetz wird die
Landesregierung sowie nach Maßgabe ihres im § 5 des Landwirtschaftskammergesetzes festgelegten
Wirkungsbereiches die Niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer betraut. Es wird damit
ein klares Bekenntnis zum umfassenden Förderungsauftrag der Landwirtschaftskammer als der
gesetzlichen Interessenvertretung der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich abgelegt.
Die weitgehende Bedachtnahme der Gesetzesvorlage auf die Bestimmungen des bisherigen landund forstwirtschaftlichen Raumordnungsprogrammes läßt es nicht sinnvoll erscheinen, letzteres neben
dem Gesetz weiterbestehen zu lassen. Hiezu ist allerdings eines anzumerken: Das land- und forstwirtschaftliche Raumordnungsprogramm hat als rechtswirksame überörtliche Planung die Wirkung,
daß örtliche Raumordnungsprogramme, im besonderen Flächenwidmungspläne, dieser überörtlichen
Planung bei sonstiger Versagung der Genehmigung der Landesregierung nicht widersprechen
durften. Auch nach Auslaufen dieses Raumordnungsprogrammes muß daher durch geeignete legistische Maßnahmen sichergestellt werden, daß örtliche Flächenwidmungspläne den grundlegenden
Zielsetzungen des Landwirtschaftsgesetzes nicht widersprechen dürfen. Schon in den letzten drei
Jahren wurden im Rahmen des GrenzIandsonderprogrammes unter finanzieller Mitbeteiligung des
Bundes auf Initiative Niederösterreichs Beiträge in Höhe von 90 Millionen Schilling mit bestem Erfolg
eingesetzt. Diese Aktion muß, das sei schon jetzt gefordert, über den zunächst vorgesehenen Zeitraum von fünf Jahren fortgesetzt werden. Das neue zur Beschlußfassung vorliegende Landwirtschaftsgesetz bietet dazu die Handhabe. Darüber hinaus müssen auch den Bergbauern ehestens
entsprechende Leistungsabgeltungen gewährt werden. Präsident Landesrat Bierbaum hat hiezu
bereits vor einigen Wochen ein entsprechendes Konzept der Öffentlichkeit vorgelegt und auch
Berechnungen über die erforderlichen Beträge angestellt. Trotz der grundsätzlichen Zuständigkeit des
Bundes wird auch hier der verstärkte Einsatz von Landesmitteln notwendig sein.
Nur so wird den grundlegenden Zielsetzungen des neuen Niederösterreichischen
Landwirtschaftsgesetzes Rechnung getragen werden können, nämlich Erhaltung einer
leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft als Voraussetzung eines funktionsfähigen ländlichen
Raumes, aber auch der Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft für künftige Generationen. Und
ich glaube, wenn dieses Landwirtschaftsgesetz diese Aufgaben erfüllt, dann können wir heute als
Abgeordnete dieses Hohen Hauses dieser Vorlage, diesem Landwirtschaftsgesetz, im Interesse
Niederösterreichs und der Bevölkerung gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Leichtfried.
Abg. LEICHTFRIED: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Herr Abg.
Anzenberger hat an die Spitze seiner Ausführungen die große Leistung der Landwirtschaft gestellt
und in besonderem Maße auf die Produktivitätssteigerung verwiesen. Das ist zweifellos eine
persönliche Leistung der einzelnen Betriebe, aber zweifellos ist es auch eine Leistung der
Förderungen, die hier von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt wurden. Es paßt also gar nicht
so sehr in das Konzept hinein, wenn man an die Spitze die hohe Produktivität der Landwirtschaft stellt,
im gleichen Atemzug aber dann zu jammern beginnt, was alles die Landwirtschaft nicht bekommt und
was ihr in den letzten Jahren vorenthalten wird. Da wird das Geld immer weniger, das
Bergbauernsonderprogramm wird unrichtig verwendet. Na ja, Herr Abg. Anzenberger, da darf ich
Ihnen sagen, es ist mir immer noch lieber, es werden manchesmal Mittel unrichrig verwendet, als es
würde.. . (Abg. Anzenberger: Wer hat gesagt, daß sie unrichtig verwendet werden? E s wird von den
anderen Sparten zu den Bergbauern umgeschichtet!) Na ja, Sie haben es so ähnlich formuliert. (Abg.
Romeder: Es hat niemand gejammert. Ein Zeichen einer guten Berufsvertretung, die sich bemüht!) Es
wird denen gegeben, die es notwendiger brauchen, Herr Abg. Anzenberger. Dieses Problem haben
Sie früher nicht gehabt, weil Sie sich eben mit dem Bergbauernsonderprogramm überhaupt nicht
auseinandergesetzt haben. Ich habe erst vor einigen Tagen den Herrn Landesrat Bierbaum gehört,
ich glaube, es war in Schanz, wo er auch erklärt hat, jawohl, das Bergbauernsonderprogramm wird
von uns begrüßt, aber wir müssen sagen, es muß entsprechend aufgestockt werden. Jawohl, über
diese Dinge kann man reden und wenn Sie die Zeitungen immer richtig lesen und immer richtig hören
würden, dann würden Sie auch wissen, daß die Bundesregierung bereits über dieses Programm
beraten hat und daß wahrscheinlich in nächster Zeit und, wie ich hoffe, bereits im Rahmen des
nächsten Budgets eine AufStockung dieses Bergbauernsonderprogrammes kommen wird.
Die Bundesmittel sind rückläufig. Das Land wird gezwungen, mehr zu bezahlen. Na, Gott sei Dank,
meine Damen und Herren! Sind Sie doch froh, daß diese Bundesregierung diese Politik gemacht und
gesagt hat, wir sind bereit, zusätzliche Mittel zu geben, wenn auch das Land zusätzliche Mittel gibt.
Ich denke hier nur an das Grenzlandsonderprogramm, wo immerhin 150 Millionen Schilling vom Bund
kommen und der Bund erklärt hat, wir sind bereit, diese 150 Millionen Schilling dem Grenzland als
Förderungsmittel zur Verfügung zu stellen, wenn auch das Land 150 Millionen Schilling gibt. Warum
jammern Sie also heute, daß Sie anstatt 150 Millionen 300 Millionen Schilling bekommen und
zusätzlich 400 Millionen Schilling AIK-Kredite Ja, wo die sind, darüber müssen Sie sich bitte bei den
Bauernkammern und bei den Landwirtschaftskammern erkundigen, wir verteilen ja nicht die Gelder.
Daß Sie das früher nicht bekommen haben unter einer ÖVP-Regierung, das können Sie ja nicht
bestreiten. Ja meine Damen und Herren, wie schlecht muß also dieser Landwirtschaftsminister, der
soeben in Pension gegangen ist, gewesen sein? Wir müssen ja förmlich froh sein, daß er weg ist und
daß endlich ein neuer kommt, damit er also zeigen kann, wie er Landwirtschaftspolitik betreibt.
(Zwischenrufe.) Sie haben also an Oskar Weihs kein gutes Haar gelassen, aber jetzt ist er ja
gegangen und jetzt werde ich Ihnen einmal etwas vorlesen, was man einem gegangenen
Landwirtschaftsminister nachsagt. Da steht: ,,Günter Haiden hat sich für eine Kontinuität der
Agrarpolitik ausgesprochen" - das heißt im Klartext, Haiden will auf den Spuren seines Vorgängers
Oskar Weihs wandeln - ,,das ist bemerkenswert, denn dieser Agrarvater Weihs" - ich weiß nicht, ob
Sie auch schon einmal einen gehabt haben, den man als Agrarvater bezeichnet hat - ,,dieser
Agrarvater Weihs, der nun sein wohlverdientes Altenteil genießt, hat gewisse Maßstäbe in Österreichs
Agrarpolitik gesetzt, die in allen politischen Lagern Anerkennung gefunden haben." Das ist ein Urteil,
das für uns mehr als Ihre Meinung gilt, die Sie hier im Niederösterreichischen Landtag vertreten. (Abg.
Romeder: Wer sagt das?) Wer das sagt, wollen Sie wissen? (Beifall bei der SPÖ.)
Das kann ichIhnen schon sagen, das ist nicht der Kurier und das ist nicht die Arbeiter-Zeitung,
sondern das ist die Raiffeisenzeitung, meine Damen und Herren, und es würde gut sein für Sie, wenn
Sie diese auch manchmal lesen würden. (Beifall bei der SPÖ.)
Und noch etwas, meine Damen und Herren. Ich hätte mich gar nicht so sehr wegen des
Urheberrechtes, das da hier von beiden Rednern an die Spitze gestellt wurde, eingeschaltet, aber
nachdem es nun einmal von beiden berührt worden ist, darf ich zur Wahrheitsfindung auch ein bisserl
etwas beitragen. Erstens einmal möchte ich sagen, daß der Klub der sozialistischen Abgeordneten
dieses Problem bereits in der Herbsttagung 1975 behandelt hat. Wir sind nicht in die Öffentlichkeit
gegangen, das ist richtig. (Abg. Romeder: Ihr wart Euch nicht einig!) Na, das ist ja nicht zufällig wem
eingefallen dort bei der Wintertagung in Hollabrunn, daß da irgendjemand jetzt gemeint hat, er muß
etwas sagen, sondern das ist natürlich im Klub vorgetragen worden und im Klub beschlossen worden.
Darf ich Ihnen aber etwas anderes sagen. Am 22. Jänner 1976 haben wir hier in diesem Hause einen
Gesetzesantrag der Sozialisten behandelt. Es ist damals gegangen um die Reduzierung der
Bauernkammern und nicht, wie es fälschlicherweise von manchen Ihrer Leute immer wieder behauptet
wird, um die Auflösung der Bauernkammern. Aber das nur am Rande. Am 22. Jänner 1976, an
diesem Tag, hat es im Radio eine Sendung „Der heiße Draht" gegeben, und am Draht saß der
Präsident des Niederösterreichischen Landtages, Dipl-Ing. Robl. Ich habe mir diesen heißen Draht
aufnehmen lassen - ich habe bei mir zu Hause angerufen, mich interessieren solche Dinge - und es
mir dann nachher abgespielt. Ich habe es zufällig noch und ich habe mir das notiert. Da hat es nun
einer unbedingt wissen wollen und hat gesagt, Niederösterreich ist doch das größte Agrarland der
Republik und Niederösterreich hat doch eine starke ÖVP-Mehrheit im Niederösterreichischen Landtag
und innerhalb dieser ÖVP ist wiederum der Bauernbund die stärkste Gruppe, na warum hat dann
Niederösterreich bis zum heutigen Tag kein Landwirtschaftsgesetz, wo doch Salzburg schon eines hat
und Vorarlberg schon eines hat? Wir sind der Meinung, das müßte gemacht werden. Und der
Präsident Robl hat dazu wortwörtlich erklärt: Wir haben zwar kein Landwirtschaftsgesetz nach dem
Titel, aber nach dem Maßnahmenkatalog sind wir viel weiter in Niederösterreich als dies in anderen
Bundesländern der Fall ist. (Abg. Anzenberger: Richtig! Das stimmt!) Aber wenn es jetzt um den Titel
geht, also alle diese Maßnahmen in einem Gesetz zusammenzufassen, dann glaube ich sind wir auch
da nicht die letzten, die hier zweckmäßige Überlegungen anstellen. Das war also am 22. Jänner 1976
und da hat der Herr Präsident Robl scheinbar noch gar nichts davon gewußt, daß Sie im stillen
Kämmerlein natürlich schon an einem Landwirtschaftsgesetz bauen. Es wäre doch ganz einfach
gewesen, wenn der Herr Präsident damals dem Anrufer gesagt hätte, Sie haben vollkommen recht,
wir brauchen dieses Landwirtschaftsgesetz, das bringt der Landwirtschaft viele Vorteile, wir befassen
uns bereits seit längerer Zeit damit und in etwa einem Monat oder in zwei Monaten wird es soweit sein
und wir werden es dem Niederösterreichischen Landtag vorlegen. Nein, er sagt, wenn es Ihnen um
den Titel geht, dann können wir ja das Raumordnungsgesetz dann zum Landwirtschaftsgesetz
machen und dann hat Niederösterreich auch eines. Das war die Antwort. Wenn Sie es nicht glauben,
ich habe diese Aufnahme noch, ich bin gerne bereit, sie Ihnen auch vorzuspielen.
Den Sozialisten, muß ich Ihnen sagen, ist es nie um den Titel dieses Gesetzes gegangen, sondern
uns Sozialisten - das hat der Abg. Stangl sehr deutlich gesagt - ist es um den Inhalt des Gesetzes
gegangen (Abg. Blochberger: Um den politischen Effekt!), um die Verpflichtung des Landes zur
Förderung der Land- und Fortswirtschaft und um die Festlegung der Förderungsziele, der
Förderungsgrundsätze und der Förderungsarten, die hier im Landwirtschaftsgesetz enthalten sind.
Wie sehr, meine Damen und Herren, es nicht nur um eine Änderung des Titels, sondern um eine
Neufassung und eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse im ländlichen Raum geht, kann auch
dem Motivenbericht, den der Herr Berichterstatter vorgetragen hat, entnommen werden. Hier wird
nämlich ausdrücklich festgestellt, daß sich in der Land- und Forstwirtschaft tiefgreifende Änderungen
vollzogen haben, denen nur durch eine umfangreiche Änderung des Raumordnungsprogrammes also eine umfangreiche Änderung, nicht eine Zusammenfassung bestehender Gesetze mit einem
neuen Titel - Rechnung getragen werden könne. Das steht in Ihrem Motivenbericht der
Regierungsvorlage und daher muß ich schon sagen, diese tiefgreifenden Änderungen haben sich ja
wahrscheinlich nicht vom 22. Jänner 1976, als der Herr Präsident Robl seiner Erklärung abgegeben
hat, bis zur Einbringung der Regierungsvorlage ergeben, sondern diese tiefgreifenden Veränderungen
gehen natürlich auf Jahre zurück. Aus dieser Feststellung, meine Damen und Herren, und auch aus
dem Inhalt geht also sehr deutlich hervor, daß wir es heute mit einem vollkommen neuen
Landwirtschaftsgesetz zu tun haben, worin natürlich verschiedene Grundsätze des
Raumordnungsprogrammes übernommen worden sind. Man kann ja nicht nur Neues schaffen, es gibt
eben eine Reihe von Dingen, die Bestand haben, und dem wurde in jeder Beziehung Rechnung
getragen. Damit möchte ich dieses Kapitel abschließen und möchte nur sagen, daß auch wir uns
freuen, daß es sehr rasch zu diesem Landwirtschaftsgesetz gekommen ist. Uns geht es gar nicht um
die Urheberschaft; daß wir mit dazu beitragen konnten, ist für uns ohne weiteres ausreichend, meine
Damen und Herren.
Wenn nun unter den allgemeinen Zielen unter anderem auch die Verbesserung des
Gesundheitszustandes der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Bevölkerung verlangt wird, so ist
dies selbstverständlich und auch begründet. Gerade in letzter Zeit haben Untersuchungen immer
wieder ergeben – nicht erst in letzter Zeit, in den letzten Monaten, sondern schon in den letzten
Jahren -, daß der Gesundheitszustand der Landjugend und der Landbevölkerung überhaupt absolut
nicht als befriedigend angesehen werden kann. Dafür gibt es sicherlich eine ganze Reihe von
Ursachen. Die Belastung der Landbevölkerung beginnt früher manchesmal schon in der Kinderzeit; es
ist gar nicht außergewöhnlich, daß 10-, 11- und 12jährige mitarbeiten müssen. Wenn sie auch nur
leichtere Arbeiten verrichten, so werden sie doch zur Arbeit verhalten. Die Menschen werden stärker
herangezogen und sie werden länger beschäftigt, als das in übrigen Berufszweigen der Fall ist.
Aber zweifellos spielen hier auch noch andere Ursachen hinein. Die jahrzehntelange geübte
Abstinenz aller sozialen Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, des Arztes, das hat natürlich seine
Begründung, hat zu einem gewissen Selbstverhalten der Landbevölkerung geführt. Wenn man heute
mit den Menschen draußen spricht, muß man sie manchesmal förmlich fragen, weil sie einfach nicht
bereit ist, dort hinzugehen; sie spüren zwar, daß sie nicht gesund sind, aber sie haben vielleicht
manchesmal nicht die Zeit und es gibt eine Reihe anderer Gründe, warum sie es nicht tun. Einer
dieser Gründe ist zweifellos auch das Problem der Krankenversicherung im bäuerlichen Bereich
überhaupt, denn die Kostenbeteiligung in der derzeitigen Form, meine Damen und Herren, ist keine
gute Lösung. Deswegen möchte ich sagen, man soll nicht versuchen, dieses System auf andere
Versicherungszweige zu übertragen, sondern man sollte viel eher versuchen, das andere System
auch in den bäuerlichen Bereich herüberzubringen. (Beifall bei der SPÖ.) Im Rahmen dieser
Diskussion und ich finde auch dieses ,,Planquadrat" in höchstem Maße interessant und habe mich
deswegen auch so sehr dagegen gewendet, daß es zu einer Funktionärkonferenz geworden ist. Wenn
man die Menschen nämlich hört, dann hört man diese echten Probleme. Dort hat auch einer gesagt,
ich war mit meinem Kind beim Zahnarzt, habe viele tausende Schilling bezahlt und S 2.999,- habe ich
zurückbekommen; was glauben Sie, wie oft ich noch mit meinen Kindern zum Zahnarzt gehen werde?
Das ist also mit ein Problem, warum der Gesundheitszustand bei der Landjugend und bei der
Landbevölkerung so schlecht ist, weil man erst bei Akutfällen überhaupt bereit ist, derartige Hilfe in
Anspruch zu nehmen, und nicht, wie das richtig wäre, schon prophylaktisch zu Ärzten und zu den
Gesundheitseinrichtungen geht.
In diese Gruppe der sozialen Ausnahmen fällt selbstverständlich auch die Verbesserung der Lage der
Bäuerin. Man könnte hier über viele Probleme reden. Ich möchte nur einen Problemkreis
herausgreifen, weil das auch dort eine besondere Rolle gespielt hat und weil es einfach nicht möglich
gewesen ist, auf alle diese Dinge dort einzugehen. Ich kann mich dunkel erinnern, auch hier in diesem
Haus wurde das schon einmal angezogen, ich meine den Ruf der Landwirtschaft nach einem
Karenzurlaubsgeld für die Bäuerin. Ich halte diesen Ruf aber grundsätzlich für falsch und werde auch
gleich sagen, warum. Abgesehen davon, daß das Karenzurlaubsgeld eine Versicherungsleistung aus
der Arbeitslosenversicherung ist - das möchte ich einmal ganz danebenstellen -, hat das
Karenzurlaubsgeld den Sinn und die Aufgabe, die Mutter von der Arbeit freizustellen und ihr die
Möglichkeit zu geben, sich zumindest im ersten Jahr voll und ganz um ihr Kind zu kümmern und ihre
Mutterpflichten zu erfüllen. Ein Karenzurlaubsgeld für die Bäuerin würde daher das Einkommen
aufbessern, das wäre nicht unangenehm, zweifellos, aber, meine Damen Herren, das eigentliche
Problem der Mutter und des Kindes könnte damit nicht gelöst sein. Was die Bäuerin braucht, ist ein
Ersatz für ihre Arbeitskraft. Das braucht sie echt (Abg. Buchleiter: Steht aber eindeutig bei uns im
Programm!) und das kann eben nur durch eine Dorfhelferin geschehen. (Abg. Romeder Beides ist
notwendig!) Wir haben halt zu wenige Dorfhelferinnen und dadurch komme ich eben auf dieses
Problem. Aber nur das Geld zu verlangen, um irgendetwas aufzubessern, damit leisten wir für die
Gesundheit der Bäuerin nichts und für das Kind nichts.
Wenn ich sage bezahlte Dorfhelferinnen, damit ist bereits gesagt, daß das eine bezahlte Kraft ist. Aber
es geht nicht um das Geld. Wenn wir zu wenige Dorfhelferinnen haben, meine Damen und Herren,
dann muß sich halt die gesetzliche Interessenvertretung, die Arbeitsmarktverwaltung und das Land
bemühen, alle miteinander müssen sich etwas mehr bemühen, als das bisher der Fall gewesen ist. Ich
weiß es jetzt nicht genau, ich glaube, wir haben 28 und 8 stehen in Ausbildung, das ist zweifellos nur
ein Tropfen auf einen heißen Stein. Vielleicht sollte man sich etwas einfallen lassen; wenn man sich
nichts einfallen läßt, dann wird nichts herauskommen. Wenn man der Dorfhelferin erstens einmal eine
solide Ausbildung – nicht nur für ihren Bereich, sondern auch etwas darüber hinaus - garantiert, die
Sicherheit des Arbeitsplatzes - das mag vielleicht jetzt dumm klingen, weil man sagt, die hat Arbeit
genug, aber trotzdem ist es vielleicht etwas, das Eindruck macht - und einen erhöhten Anspruch auf
Urlaub. Meine Damen und Herren, so eine Dorfhelferin, die von einem zum anderen getrieben wird,
die sicherlich nicht auf die 40-Stunden-Woche achten kann, muß man eben zusätzlich mit irgendetwas
entschädigen und da sollte man sich etwas einfallen lassen. Mehr Urlaub auch für die Dorfelferin und
vielleicht auch, ähnlich wie das beim Bundesheer ist, aber darüber hinausgehend, eine Abfertigung
unter der Voraussetzung, daß sich eine solche Dorfhelferin verpflichtet, eine längere Zeit zu bleiben.
Wir haben nämlich auch auf anderen Gebieten die Erfahrung; denken Sie jetzt nur an die
Krankenpflegerinnen, die zwar diesen Beruf erlernen, aber sehr oft nach drei, vier und fünf Jahren
einfach wieder weggehen, heiraten und endgültig aus diesem Beruf ausscheiden. Ich habe vor einiger
Zeit einmal gesagt, hoffentlich geht es uns bei den Krankenpflegerinnen nicht einmal so, wie es uns
heute bei den Kindergärtnerinnen geht, daß wir 250 in Niederösterreich nicht unterbringen können. Da
hat man gesagt, bei den Krankenpflegerinnen wird das nicht der Fall sein, denn die bleiben relativ
kurz im Beruf, da ist eine sehr starke Fluktuation. Daher müßte man durch eine Abfertigung, durch
eine Zielsetzung, sodaß die Dorfhelferin versucht, dieses Ziel zu erreichen, dazu beitragen, diesen
Beruf etwas attraktiver zu machen. Und noch etwas, Sie erleben in den letzten fünf bis zehn Jahren,
daß man manche Berufstitel einfach geändert hat. Ich weiß nicht, ob ,,Dorfhelferin” der geeignete
Berufstitel ist, ob er so attraktiv ist, daß er junge Menschen anspricht. Man sagt heute auch nicht mehr
Hausgehilfin, man sagt Raumpflegerin. Unterschätzen Sie diese Dinge nicht! (Abg. Romeder: Die AZ
redet vom Knecht!) Oft kommt jemand und man fragt sie, was sie für einen Beruf hat und sie sagt
Raumpflegerin. Wenn man dann darauf sagt Hausgehilfin, dann wird man berichtigt; sie sagt, ich bin
nicht Hausgehilfin, sonder ich bin Raumpflegerin. Deswegen meine ich, auch darüber, meine Damen
und Herren, sollte man etwas nachdenken. Wenn man sie braucht, dann muß man halt etwas tun,
man kann sich ja nicht damit abfinden, daß man sagt, wir haben 28, es kann nichts geschehen. Aber
wir schimpfen weiter.
Nun, meine Damen und Herren, ein weiteres Kapitel. Zu den notwendigen sozialpolitischen Maßnahmen und zum großen Gebäude der sozialen Sicherheit gehört auch eine ausreichende Altersversorgung. Und gerade dieses Problem steht seit Wochen wiederum im Mittelpunkt harter parteipolitischer Auseinandersetzungen, womit, meine Damen und Herren, den Zuschußrentnern absolut
nicht gedient ist. (Abg. Blochberger: Sagen Sie das dem Kreisky!) Ich werde das denen sagen, die es
heute hören müssen. Lieber Kollege Blochberger, Du gehörst auch dazu, höre Dir das auch an. (Abg.
Steinböck: 60 Jahre hättet Ihr etwas tun können!) Die Sozialisten haben sich immer zu einer ungeteilten sozialen Sicherheit für alle bekannt. Die Sozialisten und die Arbeitnehmer haben es dabei in den
letzten 60 Jahren - solange machen wir Sozialpolitik - wahrlich nicht leicht gehabt, das heute in
Europa als vorbildlich anerkannte Netz aufzubauen. Eines muß ich dazu sagen, wir Sozialisten und
die Arbeitnehmer waren halt auch immer bereit, zu dieser sozialen Sicherheit zum gegebenen Zeitpunkt unseren Beitrag zu leisten. Denn ohne daß jemand einen Beitrag leistet, kann es einfach eine
soziale Sicherheit nicht geben. (Abg. Blochberger: Eine Steigerung um 170 Prozent!) Herr Abg.
Blochberger, ich komme auf alles. Bei aller Toleranz gegenüber anderen Berufsgruppen und dem
Wissen, daß der sozialpolitische Fortschritt in der ersten und zweiten Republik fast ausschließlich das wird nicht einmal von Ihren Parteifreunden bestritten - den Sozialisten zu danken ist, darf man
nicht übersehen, daß die soziale Sicherheit auf dem Gedanken der Solidarität und des Riskenausgleiches beruht, meine Damen und Herren. Und diesen Gedanken der Solidarität und des
Riskenausgleiches haben die ÖVP-Führer aus der Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten
vermissen lassen und so das Los der heutigen Zuschußrentner verschuldet. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren, hier darf ich etwas wiederholen, was vor einigen Tagen bereits gesagt
worden ist: Es ist also unleugbar eine historische Schuld der Österreichischen Volkspartei und ihrer
damaligen Bauernbundfunktionäre, daß heute manche AItbauern ihr Leben mit 500 Schilling oder
über die Sozialhilfe fristen müssen. (Abg. Anzenberger: Seit 1970 hat sich nichts geändert. Die letzte
Erhöhung war 1969!) Darauf werden wir noch zurückkommen, Herr Abg. Anzenberger. Ich habe mir
vorgenommen, das heute alles zu sagen, denn einmal muß es gesagt werden. Die Zeit liegt noch gar
nicht so lange zurück, wo der Bauernbündler die Sozialisten gewarnt hat, doch die Rentenpsychose
nicht in das Dorf zu tragen. Die SPÖ will die Volkspension, so warnte man, und man sollte doch den
freien Bauern im Dorfe in Ruhe lassen. Aber auch die Landwirtschaftskammer und hier besonders
wiederum die steirische Landwirtschaftskammer, die auch in diesen Tagen über einen Bauernbund
wieder eine besondere Aktivität entwickelt, erhob damals warnend die Stimme und schrieb 1954 - 20
Jahre, meine Damen und Herren, das ist kein Zeitraum, da haben einige von uns schon eine Verantwortung irgendwo getragen, der eine eben mehr und der andere weniger - ,,wir halten es überhaupt
für richtiger“ schrieb also die Landwirtschaftskammer, ,,nicht das gesetzliche Rentnertum ins Bauernhaus zu tragen, sondern, wie unsere Vorfahren es getan haben, wieder mehr den christlichen Geist
der Achtung und Dankbarkeit den Eltern und Alten gegenüber zu pflegen.“ Wir sehen heute, vom
christlichen Geist der Achtung können die Zuschußrentner nicht leben, aber man hat es ihnen damals
im Jahre 1954 von der Landwirtschaftskammer empfohlen. Und so wie die Landwirtschaftskammer
hier empiehlt, im Geiste der Vorfahren die Altersversorgung zu bewältigen, hat man auch im Geiste
der Vorfahren Landwirtschaftspolitik gemacht, deren Ergebnis uns als schweres Erbe im Jahre 1970
übergeben worden ist. (Landeshauptmann Maurer: Das erkennen wir heute ganz genau bei der
Regierung!)
Die Österreichische Volkspartei hat durch Jahrzehnte für sich selbst, das heißt für die Selbständigen,
alle sozialen Einrichtungen abgelehnt, weil, wie sie sagte, die sozialen Einrichtungen Unfreiheit und
Kollektivismus bedeuten. Und als ein abschreckendes Beispiel wurden die Pensionsanstalten als die
,,marxistischen Tintenburgen" abgestempelt. Diese Zeit haben wir alle erlebt. Sicherlich waren nicht
alle Bauern dieser Auffassung, aber es waren vor allem jene Bauern, meine Damen und Herren, die
sich mehr an der Pyramidenspitze befunden haben und die aus der Sorge, sie müßten zur sozialen
Sicherheit ihres Berufsstandes etwa beitragen, dagegen waren und den Bauern eingeredet haben, sie
brauchen keine Pensionen und sie brauchen keine Renten. Und so schrieb der Bauernbündler weiter:
„Schon durch das Bestehen der Bauernpension wird die Beibehaltung von Sicherungen des
Lebensabends der Ausnehmer sehr erschwert. Lassen wir es daher bei den bisherigen sozialistischen
Errungenschaften." Also da spricht man von Errungenschaften der ÖVP auf diesem Gebiet überhaupt
nichts. Lassen wir es daher mit den bisherigen sozialistischen Errungenschaften genug sein! ,,Lassen
wir daher die Errichtung von Pensionskassen für selbständige Bauern denen, die glauben, mit einer
solchen ihren Lebensabend gesichert zu haben. Man verlange aber nicht, daß eine solche in unsere
Gesetzgebung eingebaut wird." Das, meine Damen und Herren, war der Bauernbündler, was waren
die Kammern, die damals eben die Politik für die Zuschußrentner von heute bestimmt haben. Aber
nicht nur die Kammern, sondern auch die Abgeordneten haben sich zum Wort gemeldet und ich darf
Ihnen einen sehr bekannten zitieren, den Herrn Abg. Grießner dieser Zeit. Er meinte: „Und nun ein
offenes Wort zur Frage der Altersversicherung der Bauern. In dieser Frage ist größte Vorsicht
geboten. Nach den Berechnungen von Fachleuten würde bereits die Auszahlung von
Taschengeldbeträgen Riesensummen erfordern. Es fragt sich, ob wir uns als freie Bauern überhaupt
dem Staat ausliefern sollen. Es wird jedenfalls zweckmäßiger sein, wenn die Bauern, statt Versicherungsprämien zu zahlen, dieses Geld für die Verbesserung des Betriebes verwenden." Das war also
der Ratschlag eines hohen Bauernbundfunktionärs. Und so wurde die Polemik in dieser Zeit damals
fortgesetzt. Und wieder die Landwirtschaftskammer. Sie stellt fest, daß es kein Fortschritt wäre, den
Versorgungsgedanken - die Rentenpsychose, wie man damals immer gesagt hat - mit ihren hemmenden Auswirkungen auf Tatkraft und Unternehmergeist auch in den Bauernstand zu tragen.
Trotz aller dieser Versuche der Landwirtschaftskammern, des Bauernbundes und Ihrer Funktionäre
ließ sich auch in der Landwirtschaft der Fortschritt nicht aufhalten und wir sind letzten Endes mit
1. Jänner 1958 für alle Selbständigen zu einer Regelung gekommen, für die Gewerbetreibenden zu
einem richtigen Pensionsversicherungsgesetz und für die Landwirtschaft zu einem
Zuschußrentenversicherungsgesetz. Das heißt also, man konnte damals zwar das Gesetz nicht mehr
verhindern, aber man hat immerhin erreicht, daß die Bauern kein Pensionsversicherungsgesetz,
sondern nur ein Zuschußretenversicherungsgesetz erhalten haben. Damals hat es auch viele ÖVPFunktionäre gegeben - der bekannteste war der Herr Abg. Scheibenreif - die gesagt haben, wir sind
von jeher davon ausgegangen, daß die Altersrente für die Bauern relativ niedrig sein muß und keine
volle Versorgung im Alter darstellen darf. Ich will Ihnen ersparen, was der Abg. Scheibenreif sonst
noch alles gesagt hat, aber einen seiner Freunde darf ich Ihnen doch nocht zitieren, den Abg. Schwer,
der gemeint hat, wir Angehörigen des Bauernstandes sind selbst nicht dafür - ich weiß nicht, wen er
gefragt hat, aber er hat das behauptet -, den freien Bauern in seinen alten Tagen zum abhängigen
Staatsrentner zu degradieren. Sie können sicher sein, sagte er, die jungen Hofübernehmer haben
schon noch so viel Achtung vor dem vierten Gebot, daß sie bereit sind, für die im Auszug lebenden
Bauern eine wenn auch bescheidene Rente zu geben. Ich weiß nicht und muß daher diese Frage
stellen, ob das vierte Gebot heute in der Landwirtschaft noch gilt, wenn man hört, daß viele
Ausnehmer heute mit 500 Schilling leben müssen. Wenn Sie sich die Fernsehdiskussion oder den
Film von Vorhofer angesehen haben, dann haben Sie dort einen alten Bauern gehört, der gesagt hat,
ich habe drei Häuser gehabt und habe sie meinen Kindern geschenkt und heute muß ich mit 500
Schilling leben. Wo bleibt da das vierte Gebot, Herr Abg. Zimper? (Beifall bei der SPÖ.) Es zeigt sich
also, daß sich Scheibenreif, daß sich Schwer, daß sich die Landwirtschaftskammer, daß sich der
Bauernbund und daß sich die gesamte ÖVP eben geirrt hat.
Meine Damen und Herren, dem Druck aus den eigenen Reihen nachgebend ist es dann um 20 Jahre
zu spät endlich zu einem Bauernpensionsversicherungsgesetz gekommen und gleichzeitig wurde
auch das Landwirtschaftliche Zuschußrentenversicherungsgesetz novelliert. Ich habe schon einige
Male dazu Stellung genommen. Beschlossen 1969 angesichts des bevorstehenden Wahltermines,
vorsichtshalber in Kraft gesetzt mit 1. Jänner 1971, damit man sich noch einiges ersparen konnte. Aus
dieser Zeit, meine Damen und Herren, stammt der zweite entscheidende Fehler der Österreichischen
Volkspartei bei der Pensionsgesetzgebung in der Landwirtschaft.
Darf ich aber grundsätzlich zur Sozialversicherung noch etwas feststellen. Der Leistung, welche sich
der einzelne oder die Gemeinschaft erwartet, muß auch eine adäquate Beitragszahlung
gegenüberstehen. In Österreich gilt in der Sozialversicherung das Leistungsprinzip, das
Versicherungsprinzip, das heißt, daß eben Beitragsjahre und Beitragshöhe die spätere Leistung, die
der einzelne in Empfang nehmen kann, bestimmen. (Präsident Dipl.-Ing. Robl übernimmt den Vorsitz.)
Und da, meine Damen und Herren, liegt ihr zweiter entscheidender Fehler, den Sie im Jahre 1969
begangen haben. Damals hat nämlich die Österreichische Volkspartei angesichts des bevorstehenden
Wahltermines im Jahre 1970 oder weil Sie einfach nicht wollten, nicht den Mut gehabt, der
Landwirtschaft zu sagen, daß man das Zuschußrentenproblem nur dann lösen kann, wenn jene, die
dadurch eine Entlastung erfahren, auch einen entsprechenden Beitrag dafür leisten. (Abg.
Buchleitner: Sie haben es bis jetzt nicht ausgebessert!) Darauf komme ich noch. Wenn wir versuchen,
diese Frage anzugreifen, dann reagieren Sie darauf, meine Damen und Herren, indem Sie einmal die
Zuschußrentner schicken und dann schicken Sie die anderen, die die Beiträge bezahlen müssen.
Dieses Spiel kennen wir schon. (Abg. Fidesser: Sie reden von Versicherungssystemen, die Sie nicht
geschaffen haben!) Das ist genau die Sprache, Herr Abgeordneter, die Ihre Leute immer wiederum
gesprochen haben: Marxismus, Kollektivismus, das brauchen wir nicht! (Abg. Fidesser: Die
Versicherungsbasis in Österreich ist eine christlich-soziale Einrichtung!) Aber Herr Abgeordneter, tun
Sie doch nicht so, als ob die ÖVP etwas zu unserer sozialen Sicherheit und zu unserem
Sozialversicherungssystem beigetragen hätte. (Abg. Anzenberger: Wie ist das Verhältnis in
Schweden?) Herr Abg. Fidesser, ich billige Ihnen zu, daß Sie diese Dinge in der Entwicklung nicht so
kennen. Wenn man aber 30 Jahre dabei gewesen ist, in allen diesen Fragen, dann sieht man diese
Dinge sehr nüchtern und wesentlich anders als es Sie vielleicht aus Ihrer Parteiliteratur kennen.
(Zwischenruf von Abg. Zimper.) Herr Abg. Zimper, Sie können ja auch nur nachreden, wie das alles
gewesen ist, und wissen das nicht aus persönlicher Erfahrung. (Zwischenrufe. - Präsident Dipl.-Ing.
Robl gibt das Glockenzeichen.)
Die Österreichische Volkspartei ist damals vor den Wahlen den Weg des geringeren Widerstandes
gegangen und hat niemals ernstlich daran gedacht, das Zuschußrentnerproblem zu lösen. Dafür gibt
es viele Beispiele und alle Behauptungen, die Sie heute aufstellen, weil Sie keine Verantwortung mehr
auf Bundesebene zu tragen haben, sind einfach falsch und irreführend. Am 27. November 1969 wurde
im Hohen Haus die 14. Novelle zum Landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherungsgesetz
behandelt. Der Berichterstatter, der Abg. Kern, hat damals unter anderem ausgeführt: ,,Die bis dahin
zuerkannten Zuschußrenten sollen mit einer entsprechenden Aufwertung als solche weitergeführt
werden." Mit einer entsprechenden Aufwertung als solche weitergeführt werden! Oder ich verweise
auf die Regierungsvorlage zum Bauernpensionsversicherungsgesetz, Seite 66, wo man
Berechnungen über die Entwicklung der Zuschußrenten und die notwendigen Aufwendungen
angestellt hat. Da heißt es, Aufwendungen für Zuschußrenten 1971: 816 Millionen Schilling, 1975:
837,5 Millionen Schilling, und dann heißt es wörtlich: „Die Entwicklung der Gebarung läßt den Schluß
zu, daß der Aufwand für Zuschußrenten nach dem Jahre 1975 nur mehr geringfügig steigen und
hernach kleiner werden wird." Das waren also Ihre Berechnungen! Oder: Auf Seite 64 der
Regierungsvorlage wird die Entwicklung der Zahlen über die Leistungsempfänger am Ende eines
jeden Jahres angegeben, und zwar für 1970 mit 146.800, dann kommen die Zwischenstationen, und
dann 1975 mit 113.250; wie Sie wissen, stimmt das sogar ungefähr. Und in der Vorlage der Frau
Minister Rehor heißt es: ,,Naturgemäß wird die Zahl der Renten - sprich Rentner - abnehmen und
durch Pensionen - sprich Pensionisten - ersetzt werden. Naturgemäß wird die Zahl der Rentner
abnehmen und durch Pensionisten ersetzt werden, das war also die prophetische Feststellung der
Frau Minister Rehor im Jahre 1969. Daraus geht doch klar und deutlich hervor, daß die ÖVPRegierung niemals die Absicht gehabt hat, die Zuschußrenten an die Bauernpensionen anzugleichen
oder in solche, wie Sie manchesmal verlangen, umzuwandeln. Das Gegenteil ist der Fall, meine
Damen und Herren. Die ÖVP-Regierung, das geht klar hervor, hat allein bis zum Jahre 1975 mit
einem natürlichen Abgang von mehr als 33.000 Zuschußrentnern gerechnet. (Abg. Blochberger:
Demagogie ist das!) Das ist die Wahrheit und diese Wahrheit sollen Sie nicht jeden Tag immer wieder
umdrehen und auf den Kopf stellen.
Aus all dem Gesagten, meine Damen und Herren, geht also hervor, daß es nicht nur eine historische
Schuld, sondern auch eine Schuld jener ÖVP-Funktionäre gibt, die noch vor wenigen Jahren an den
Hebeln der Macht gewesen sind. Wie schwer es auch heute noch ist, mit manchen von Ihnen, von der
Österreichischen Volkspartei, über die Frage zu reden - wir haben ja gerade wieder von
,,marxistischen Vorstellungen" gehört -, kann man auch daraus ersehen, daß es bei Euch, bei der
Österreichischen Volkspartei, immer wieder Menschen gibt, die nicht frei sind von dem Gedanken,
daß soziale Sicherheit mit Unfreiheit und Kollektivismus untrennbar verbunden sein muß. Der Abg.
Schranz - ich weiß nicht, ob ich das schon einmal zitiert habe, wenn, dann schadet es sicherlich nicht hat vor etwa drei Jahren vorgeschlagen, die Ärzte auf ihren Wunsch in die soziale Sicherheit
einzubeziehen. Jetzt gibt es gerade wieder im Zusammenhang mit der 32. Novelle eine solche
Diskussion und da wird man auch solange diskutieren, Jahre diskutieren, nichts hineinzahlen, und
dann will man plötzlich hohe Renten haben. Auch hier trifft wiederum die Leute die Schuld, die heute
nicht aufklärend und informierend bei den ersten sind. Man hat ja bereits wieder alles, was hier
vorgeschlagen worden ist, abgelehnt. Und damals, ich darf das wiederholen, vor etwa drei Jahren, als
der Abg. Schranz vorgeschlagen hat, die Ärzte auf ihren Wunsch in die soziale Sicherheit
einzubeziehen, hat das Volksblatt in einer Form reagiert, wie das der Bauernbündler etwa vor 20
Jahren getan hat. Der Titel war ,,In gleichem Schritt und Tritt". Dieser Vorschlag des Abg. Schranz,
auch den Ärzten eine soziale Sicherheit auf ihren Wunsch zu geben, wurde in einer Glosse als eine
marxistische Zielvorstellung vom staatlichen Gesundheitsdienst über den Köder Sozialversicherung
für alle abgestempelt. Und der Abg. Zimper, der damals der Schreiber dieser Zeilen war, meinte noch,
bedenklich wäre nicht nur das Ziel, das von den kommunistischen Ländern abgeschaut wird, sondern
auch der Weg, mit dem es erreicht werden soll. (Abg. Zimper: Zu dem stehe ich heute noch!) Ja sehen
Sie, die Bauernbundfunktionäre sind auch immer dazu gestanden, aber das Schicksal, das die
Zuschußrentner heute erleiden müssen, haben sie halt nicht vorausgesehen. Und diesen
Bauernbundfunktionären haben sie es zu verdanken, Sie machen heute dieselbe fehlerhafte Politik,
wie das damals der Bauernbund gemacht hat. (Abg. Romeder: Sie können es nicht ändern?)
Man kann nur sagen, nichts dazugelernt.
Meine Damen und Herren, das gilt in diesem Zusammenhang auch für die fünfte
Bauernpensionsversicherungsgesetz-Novelle, die zur Zeit in Begutachtung steht. Obwohl der
Ausschuß für Sozialpolitik und Arbeitsrecht der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern
den Novellenentwurf zur Besserstellung der bäuerlichen Zuschußrentner mit Genugtuung zur Kenntnis
nimmt, hat die schwarze Regierungsmehrheit in Niederösterreich diesen Entwurf abgelehnt. Und es ist
ja kein Zufall, meine Damen und Herren, daß hier von Niederösterreich und von verschiedenen
Landwirtschaftskammern natürlich gleichlautende Stellungnahmen zur Bundesregierung gegangen
sind. Die Präsidentenkonferenz nimmt es mit Genugtuung zur Kenntnis, aber die ÖVP-Mehrheit
dieses Landes lehnt es ab. Das ist Ihre Politik, die Sie auch heute noch machen, meine Damen und
Herren. (Abg. Buchleitner: Weitergelesen haben Sie aber nicht!)
Meine Damen und Herren, weil gesagt worden ist, na macht etwas: Ihr habt auch nichts gemacht! Die
sozialistische Regierung hat bereits 1972 mit einer Novelle zum Bauernpensionsversicherungsgesetz
den Wert der Ausgedingeleistungen für die Bezieher von Bauernpensionen herabgesetzt, für
Alleinstehende und für Verheiratete einheitlich. Ebenso, meine Damen und Herren, wird mit der
5. Novelle zum Bauernpensionsversicherungsgesetz die Vereinheitlichung nun auch für die
Zuschußrentner ab 1977 eintreten. Gleichzeitig werden die alleinstehenden direkten Zuschußrentner
den doppelten Betrag ihrer bisherigen Rente als Übergangspension und alle Witwen eine Erhöhung
um 20% erhalten. Trotz dieser Verbesserungen ist man in Niederösterreich dagegen, ist man in den
Ländern dagegen und die Steiermark ist da wieder einmal führend. In der Steiermark hat man sogar
eine Befragung durchgeführt. Ich weiß nicht, etwa eine Befragung, ob die Alten mehr bekommen
sollen? Was soll denn diese Befragung heißen? Hat man den Bauern richtig gesagt, um was es geht
oder hat man sie nur gefragt, ob sie mehr bezahlen wollen? Denn zahlen will niemand mehr, da muß
man Ihnen doch auch sagen, daß sie eine Zahlung hier leisten für ihre Eltern, daß sie eine Zahlung
hier leisten für die Zuschußrentner, denen es bisher vorenthalten worden ist, weil niemand den Mut
gehabt hat. Ich habe das vorhin schon gesagt, man muß auch den Mut haben, denen, die dann
entlastet werden, zu sagen, daß sie dann auch einen höheren Beitrag dafür bezahlen müssen. Und
der Bauernbund hat eine Abstimmung durchgeführt und man kann sich die Fragestellung ja sehr wohl
vorstellen. 95 '% haben sich gegen die Bauernpensionsversicherungsgesetznovelle ausgesprochen.
Fast ein Ergebnis wie im niederösterreichischen Landesdienst, wenn Personalvertretungswahlen
gemacht werden. Sie können stolz darauf sein, daß Sie es im Rahmen des Bauernbundes in der
Steiermark dazu gebracht haben, daß die Zuschußrentner nach Ihrer Auffassung nicht mehr
bekommen sollen.
Meine Damen und Herren, nachdem aber Zuschußrentner für diese verfehlte Politik der
Österreichischen Volkspartei nicht verantwortlich gemacht werden können, hat die Bundesregierung
die Absicht, das Problem in Etappen zu lösen. Sie müssen sich halt auch einmal über die
Größenordnung informieren, was 100 Schilling Erhöhung bei den Zuschußrentnern für den Staat bei
der Anzahl kostet. (Abg. Buchleitner: Eine Beitragserhöhung!) Darf ich Ihnen eines sagen:
Manchesmal reden Leute von der Sozialversicherung . . . (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig:
Herr Kollege! Sie glauben, Sie haben Deppen vor sich!) Dann halten Sie sich das vor Augen und
stellen Sie nicht Forderungen auf, die unerfüllbar sind. Wecken Sie nicht Hoffnungen, die nicht drinnen
sind. Ich rede nicht von 100 Schilling, ich rede von 1.000 Schilling, von einer Angleichung an die
Bauernpension in einer Etappe, das ist finanziell einfach nicht drinnen und nicht zu verkraften. Das,
meine Damen und Herren, muß Ihnen klar sein. (Ruf bei der ÖVP: Einen Teil selber zahlen und einen
Teil bekommt er!) Für jene Fälle aber, meine Damen und Herren, die nur über ein fiktives Ausgedinge
verfügen, ist eindeutig der Sozialhilfeträger zuständig. (Abg. Reischer: Das wollen wir noch von Ihnen
hören!) Die Bundesregierung hat sich zur Lösung dieser schwierigsten Fälle bereit erklärt, außerhalb
ihrer gesetzlichen Verpflichtung die Hälfte jener Kosten zu übernehmen, die dafür im Rahmen der
Sozialhilfe für die Zuschußrentner aufgewendet werden müssen. Die sozialistischen
Regierungsmitglieder haben in diesem Zusammenhang bereits am 5. Oktober in der
Niederösterreichischen Landesregierung einen Antrag eingebracht, dem die ÖVP-Mehrheit bis zum
heutigen Tage die Zustimmung verweigert hat. Ich möchte Ihnen den Text dieses Antrages nicht
vorenthalten. (Landeshauptmann Maurer: Den kennen wir!) Sie kennen ihn, Herr Landeshauptmann,
ich möchte ihn trotzdem auch Ihrem Klub zur Kenntnis bringen, die werden sofort sagen, wir kennen
ihn auch. (Landeshauptmann Maurer: Der kennt ihn auch!) Ich bin nicht so sicher. Ich darf Ihnen
diesen Antrag vorlesen:
,,Antrag der Niederösterreichischen Landesregierungsmitglieder Anna Körner, Hans Czettel und
Leopold Grünzweig. Die Niederösterreichische Landesregierung erklärt sich bereit, für
landwirtschaftliche Zuschußrentner, deren notwendiger Lebensunterhalt auf Grund eines fiktiv
angerechneten Ausgedinges nicht gewährleistet ist und die daher Anspruch auf Sozialhilfe hätten,
eine Sonderleistung zu gewähren. In diesem Sinne soll das diesbezügliche Angebot der
Bundesregierung, die Hälfte dieser Kosten zu tragen, angenommen werden."
(LandeshauptmannstellVertreter Ludwig: Wo ist das Angebot, bitte?) Herr
Landeshauptmannstellvertreter, Sie wissen selber, daß die Länder aufgefordert worden sind, schon
vor vielen Monaten, Lösungsvorschläge zu machen. Das ist doch hoffentlich oft genug.. . (Landesrat
Bierbaum: Wo ist das Angebot?) Sie stützen sich nur darauf, weil Sie es noch nicht schriftlich in der
Hand haben. Bitte, wenn das das Land allein bezahlt, ist das eine Lösung, die wir gerne zur Kenntnis
nehmen. Ja, Herr Landeshauptmannstellvertreter, wenn man vom Bund etwas will, zu dem der Bund
nicht verpflichtet ist, dann muß man halt mit dem Bund reden. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig:
15 Millionen hat der Weissenberger heute angeboten für 105.000 Familien!) Aber meine Herren, das
ist ja das furchtbare Problem, daß man mit Ihnen über diese Frage nicht reden kann, weil Sie es
scheinbar nicht verstehen. Wieso soll denn der Bund zu einer Sozialhilfeleistung verpflichtet sein?
Dann muß ich Ihnen noch einmal den Sinn der Pensionsversicherung erklären. (Abg. Romeder: So
eine Demagogie! - Große Unruhe bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, dann muß ich Ihnen noch einmal den Sinn der Pensionsversicherung
erklären. Die Pensionsversicherung - ich habe Ihnen das schon einmal gesagt - ist aufgebaut nach
dem Leistungsprinzip und nicht nach dem Sozialprinzip. Sozialleistungen hat die Fürsorge zu
erbringen-die Pensionsanstalten zahlen Leistungspensionen, Pensionen auf Grund von geleisteten
Beiträgen. Und da ergibt sich halt nichts anderes und selber Ihre Partei.. . (Abg. Fidesser: Das stimmt
ja nicht, was Sie da sagen! Das ist eine Verdrehung. Wir haben eine Solidaritätsversicherung, wo die
Aktiven einzahlen!) Hier beweisen Sie eben ganz genau, daß Sie keine Ahnung haben. (Abg.
Fidesser: Das ist das Versicherungsprinzip in ganz Österreich, daß die Aktiven einzahlen!) Sie reden
wie ein Blinder von der Farbe. (Präsident Dip1.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.) Herr Abg.
Fidesser, natürlich zahlt immer der Aktive ein, und der Pensionist kriegt die Pension. (Abg. Fidesser:
Sie verdrehen das ganze Versicherungsprinzip!) Aber wissen Sie, wonach sich die Pension
berechnet? (Abg. Ing .Kellner: Die aktiven Bauern zahlen nicht ein!) Doch nicht nach dem, was der
einzelne Aktive einzahlt, sondern was er selbst in den letzten 40, 15, 20 oder 10 Jahren einbezahlt
hat. (Abg. Romeder: So eine Demagogie! Präsident Dip1.-Ing. Robl: Meine Herren, nicht so stürmisch,
bitte sich zu mäßigen. Gibt das Glockenzeichen.) Wenn Sie sich beruhigt haben, versuche ich dann,
dem Kollegen Fidesser trotzdem das zu erklären. Schauen Sie, ich werde Ihnen jetzt sagen, wie die
Berechnung ist. (Abg. Fidesser: Man darf doch nicht glauben, daß man ständig alles vom Pult
verdrehen kann! - Präsident Dip1.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen: Meine geschätzten Herren, ich
mahne zur Ruhe.)
Meine Herren, darf ich also folgendes sagen und bitte versuchen Sie halt, jetzt diesen Dingen zu
folgen. Wenn das ASVG angezogen worden ist, so ist das doch nicht überall gleich. Man kann doch
diese Dinge nicht über einen Leisten ziehen, denn im gewerblichen Pensionsversicherungsgesetz ist
es wieder anders als im ASVG. Im ASVG sind entscheidend die letzten fünf Jahre oder die Zeit
zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr, das ist die sogenannte B 45. Das ist das eine, das ist (Abg.
Romeder: Die Bemessungsgrundlage, die uns der Häuser verwehrt hat!) ein Teil für die
Pensionsbemessung und dann kommen die Versicherungsjahre dazu, die Steigerungsbeträge dazu,
der Grundbetrag dazu, meine Damen und Herren. Und so errechnet sich eben eine Pension. Stellen
Sie nun bei den Zuschußrentnern eine solche Rechnung an; die Österreichische Volkspartei hat es ja
im Jahre 1969 getan und sie hat noch etwas anderes getan. Sie hat den Ausgedingesatz relativ hoch
angenommen, damit die Leistung etwas geringer sein kann. Dieses Unrecht, das den
Zuschußrentnern damals zugefügt worden ist, wird jetzt von uns beseitigt. Aber jetzt einfach zu sagen,
Leistungsprinzip hin oder her, das interessiert mich nicht, das Solidaritätsprinzip hat einen ganz
anderen Gedanken, das ist so wie bei der Arbeitslosenversicherung. Wenn ich nicht arbeitslos werde,
kriege ich nie etwas. Ich muß aber für den anderen zahlen, der das Pech hat, arbeitslos zu sein.
Dasselbe ist in der PensionsverSicherung. (Abg. Fidesser: Es gibt zwei Dinge: Ein
Berechnungsprinzip und ein Finanzierungsprinzip!) Herr Abg. Fidesser, ich würde Ihnen doch
vorschlagen, sich zum Wort zu melden. Wenn Sie glauben, diese Dinge besser zu kennen, wird es gut
sein, wenn Sie uns aufklären.
Aber, meine Damen und Herren, diese Frage ist eindeutig und ich komme noch einmal darauf zurück.
Wir haben heute auch einen Antrag im Niederösterreichischen Landtag eingebracht, mit dem wir die
Absicht bekunden, das Sozialhilfegesetz zu ändern. In zwei Richtungen: Erstens sollen die Richtsätze
in der Sozialhilfe denen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeglichen werden und
zweitens soll die RegreßVerpflichtung wegfallen, denn das dürfte wahrscheinlich einer der
Hauptgründe sein, warum es bei den Zuschußrentnern so viele Schwierigkeiten gibt. Aber diese
Regreßverpflichtung ist ja nicht zufällig drinnen, sie ist drinnen, weil sie die Österreichische Volkspartei
damals durch Kampfabstimmung durchgesetzt hat. Und jetzt scheuen sich natürlich die
Zuschußrentner, die Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, obwohl sie Anspruch hätten, weil natürlich
der Sozialhilfeträger auf Grund dieses Gesetzes verpflichtet ist, im Regreßwege den Kindern zu
sagen, sie haben einen angemessenen Beitrag zu leisten. (Landeshauptmann Maurer: Das sind ja
keine Fürsorgefälle. Die haben einen berechtigten Anspruch auf eine Pension!) Aber Herr
Landeshauptmann! Das ist ja das Furchtbare, ich sage es Ihnen, darum kann man ja eben mit Ihnen
auch nicht diskutieren. Meine Damen und Herren, es liegt nun an den Ländern, (Landeshauptmann
Maurer: Beim Herrn Bundeskanzler!) nicht auf dieser Basis zu beruhen und, wie der Kurier gesagt hat,
den sturen Bauern zu spielen sondern im Rahmen des Sozialhilfegesetzes unverzüglich tätig zu
werden. (Landeshauptmann Maurer: Bei Eurem Bundeskanzler liegt es, der es versprochen hat!) Herr
Landeshauptmann ich darf noch sagen, daß die Verpflichtung der Länder auch eindeutig aus dem
§ 103 des Bauernpensionsversicherungsgesetzes hervorgeht, auch ein Gesetz, das von Ihren
Parteifreunden geschaffen worden ist, in dem es heißt, daß die gesetzliche Pflicht der Träger der
öffentlichen Fürsorge zur Unterstützung Hilfsbedürftiger durch das Gestz nicht berührt wird.
Und noch etwas möchte ich Ihnen sagen.
Es gibt doch nicht nur Fälle von Zuschußrentnern. Ist Ihnen denn nicht bekannt, daß wir in Österreich
auch rund 30.000 Pensionsbezieher anderer Versicherungsanstalten haben, die zwischen 200
Schilling und 1.000,- Schilling als Pensionseinkommen haben und auch keine Ausgleichszulage
erhalten? Sie können auch keine Pensionserhöhung erhalten, weil eben das Prinzip, das hier der Herr
Abg. Fidesser plötzlich erfinden will, nicht gilt, weil es bei uns nur ein Leistungsprinzip gibt, ein
Versicherungsprinzip und eine soziale Ausgleichszulage in jenen Fällen, wo eben ein anderes
Einkommen in der Familie oder ein anderes persönliches Einkommen nicht vorhanden ist. Auch diese
30.000 können einfach auf Grund der Gesetzeslage nichts draufbekommen; sie können sich an die
Sozialhilfe wenden und die Sozialhilfe wird ihnen etwas geben müssen, wenn sie Anspruch haben.
Und die Sozialhilfe kann sich heute, weil diese Regreßverpflichtung möglich ist, an den Kindern oder
anderen Angehörigen, die eben ihre Sorgepflicht nicht erfüllen, schadlos halten.
Meine Damen und Herren, glauben Sie nun - dieser Gedanke ist auch durchgeklungen -, daß dadurch
das Land zu stark belastet würde? Ich habe allerdings gehört vom Herrn
Landeshauptmannstellvertreter, 15 Millionen, das ist ja überhaupt nichts, das zahlt er allein.
(Landeshauptmannstellwertreter Ludwig: Für 105.000 Familien!) Aber Herr Landeshauptmann, um
das geht es ja nicht, das sind doch zwei verschiedene Probleme.
Das eine Problem ist in Etappen auf Bundes- ebene zu lösen und das zweite Problem im Rahmen der
Sozialhilfe. Da geht es um die 5.000 und da geht es dann um die anderen 100.000. Wenn Sie mehr
geben wollen, hat niemand etwas dagegen einzuwenden. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen einen
Vorschlag zu machen. Wenn Sie glauben, daß das Land dadurch zu stark belastet wird, dann mache
ich Ihnen nochmals den Vorschlag: Die Bauernkammern auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren und
die dadurch eingesparten Mittel den Zuschußrentnern zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben schon immer gesagt, daß wir jene Mittel, die hier frei werden, die man hier einsparen kann,
(Abg. Anzenberger: Jetzt löst er die Bauernkammern auf!) selbstverständlich wiederum als
Förderungsmittel der Landwirtschaft und den Bauern zugute kommen lassen wollen. Wenn Sie das
wollen, da können Sie einige 10 Millionen Schilling hereinbekommen und den Zuschußrentnern
helfen. Herr Landeshauptmann, Sie haben sich in dieser Frage sehr engagiert in einer Richtung, die
klar als eine parteipolitische zu erkennen war. (Landeshauptmann Maurer: Kreisky hat das
versprochen!) Diesmal ist die öffentliche Meinung, Herr Landeshauptmann, nicht auf Ihrer Seite,
sondern eindeutig auf Seite der Zuschußrentner. Und ich glaube, das sollten Sie sehr bald erkennen
und darüber sollten Sie nachdenken.
Wenn ich Ihnen abschließend ein Zitat aus einer Zeitung bringe, so soll es das Gesagte
unterstreichen. (Landeshauptmann Maurer: Arbeiter-Zeitung!) Nowotny, nicht Arbeiter-Zeitung,
Nowotny, der Unbestechliche ist das gewesen: „Die Reaktion der Landeshauptleute, allen voran der
niederösterreichische Bauernbündler Maurer, war aber beschämend. So als ob es sich nur um
Schachfiguren und nicht um Menschen handelte, wies er den Kreisky-Plan zurück und erklärte sich
nicht einmal dazu bereit, über eine Erhöhung der Renten durch Landesvorschüsse zu reden. Das war
ein ganz mieser Stil auf dem Rücken von Staatsbürgern, die zu den Ärmsten in unserem Lande
gehören." (Abg. Blochberger: Das erzählen Sie dem Kreisky!) Ich habe dem nichts hinzuzufügen
(Landeshauptmann Maurer: Das ist von ihrer Feder geschrieben!) und möchte daher abschließend nur
sagen: Herr Landeshauptmann, Sie wären gut beraten, wenn Sie sich von diesem Stil bald befreien
könnten, im Interesse der Zuschußrentner, die auf eine Klärung warten, die einen Anspruch darauf
haben (Landeshauptmann Maurer: Die einen Anspruch haben!), aber auch im Interesse des
Ansehens unseres Landes. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Reischer.
Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Kollege
Leichtfried, ich würde Ihnen zuviel Ehre antun, wenn ich auf alle Ihre Ausführungen hier eingehen
würde. Schauen Sie, Herr Doktor Brezovszky, ich habe mir als Bauer einen gesunden Hausverstand
behalten. Ich werde mich nicht in spitzfindigen juristischen Ausführungen hier auslassen, sondern ich
werde das sagen, was die Bauern empfinden. Wenn ein Dutzend Berufskollegen von mir
herinnengesessen wären, Zuschußrentner, und diese Rede gehört hätten, sie hätten gesagt danke
schön, für so eine Replik können wir wirklich nur sagen danke schön und pfui Teufel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Kollege Leichtfried hat wirklich ein paar faule Eier
gelegt, nicht gute, sondern faule Eier. Der Herr Kollege Leichtfried hat ja alles strapaziert, von den 10
Geboten angefangen bis zu Zitaten, die er aus dem Zusammenhang gerissen und hier gebracht hat.
Er redet hier auch von einem Angebot der Bundesregierung, das überhaupt nicht besteht. Im letzten
Satz des Antrages, der in der Landesregierung eingebracht wurde, heißt es sinngemäß: Die
Landesregierung wird aufgefordert, dem Angebot der Bundesregierung zuzustimmen bzw. auf dieses
einzugehen. Es liegt ja gar kein Angebot der Bundesregierung vor. Also was soll denn dieses
Gerede? (Abg. Leichtfried: Im Rahmen der Sozialhilfe können Sie auch, wie ich angezogen habe, tätig
werden!) Herr Kollege, das täte Ihnen so passen.
Sie reden also, daß es hier um große Beträge ginge, wenn man die Forderung hier und die Anträge
der Österreichischen Volkspartei im Parlament berücksichtigen und eine etappenweise Angleichung
der Zuschußrenten an die Bauernpension durchführen würde. Sie reden aber nicht davon, daß in Ihrer
Regierung mit der anderen Hand das Geld verschleudert wird. Schauen Sie sich doch einmal, meine
sehr verehrten Damen und Herren, den Bericht über die Bundestheater an. Hier werden Gehälter von
75.000 Schilling im Monat vergeben, vertan, verschleudert und diese Leute verlangen noch Arbeit von
Ihnen und bekommen von Ihren Direktoren keine Arbeit zugewiesen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und schauen Sie sich nach dem letzten Bericht, Herr Kollege, einmal die Repräsentationsauslagen
Ihrer so vielgepriesenen Regierung an, aber reden Sie sich nicht auf die Landeshauptleute aus. Der
Herr Bundeskanzler selber hat sein Etat um 65% überzogen. (Abg. Leichtfried: Der Klaus hat vor 7
Jahren mehr ausgegeben als der Kreisky!) Der Herr Finanzminister um 80% (Ruf bei der ÖVP:
Demel!) und so könnte das hier weitergesponnen werden. Es hat noch keine Regierung gegeben, die
eine derart lockere Hand im täglichen Regieren an den Tag gelegt hat. Und Sie reden davon, daß in
der Vorlage der Frau Minister Rehor Berechnungen angestellt wurden, wann durch den natürlichen
Abgang die Zuschußrentner weniger werden. Na, meine sehr Verehrten, Sie geben ja diesen
Berechnungen seit 1969 tagtäglich wirklich und im wahrsten Sinne des Wortes jene Bedeutung, die
wir nicht wollen. Sie tragen diesen Berechnungen bis heute noch Rechnung und schämen sich nicht,
das auch weiterhin zu tun. Denn, meine sehr Verehrten, Sie verschleppen dieses Problem seit Jahr
und Tag. Der Herr Bundeskanzler hat vor den letzten Wahlen auf die Frage eines Journalisten, was er
zum Zuschußrentenproblem sagen würde, noch groß erklärt, man könne ja noch in den
Weihnachtstagen über dieses Problem reden und es sind oft noch vor Jahresende solche Gesetze
beschlossen worden, mit 1. Jänner 1976 könnte das in Kraft treten. So hat der Herr Bundeskanzler die
Frage behandelt und hat wiederholt versprochen, diese Frage einer Lösung zuzuführen. Bis heute ist
das nicht geschehen. Und wir wissen sehr genau, es wird mit dem natürlichen Abgang der Menschen
gerechnet, um hier Geld zu sparen.
Sie reden heute von der Altersversorgung von 5.000 Hilfsbedürftigen. (Abg. Dr. Brezovszky: i n einer
Regierungsvorlage der ÖVP!) In Wirklichkeit haben wir in Österreich über 100.000 Zuschußrentner,
die auf die Angleichung an die Bauernpension warten. Und Ihr Vizekanzler und Sozialminister hat
damals bei der Gesetzgebung im Hohen Haus drüben tadelnd zu den Ausführungen des Abg.
Schlager gesprochen und erklärt, daß das alles, wozu beim ASVG mehrere Novellen notwendig
waren, die ÖVP mit diesem einen Gesetz realisieren will. Der Herr Vizekanzler Häuser hat damals als
Abgeordneter gesagt, jawohl, was der Schlager sagt, ist richtig man müsse die Zuschußrenten
schrittweise an die Bauernpension heranführen. Als Minister hat er sich an diese Worte nicht mehr
erinnert und hat diesen seinen Worten niemals Rechnung getragen. Und Sie meinen, daß die
Bauernbundvertreter so schlecht gehandelt hätten. Da darf ich Sie doch erinnern daß es immerhin
auch im Bereich der Unselbständigen ein Altrentenproblem gegeben hat und daß es auch dort acht
Novellen bedurfte um dieses Problem zu lösen. Sie haben aber seit 1970 Zeit gehabt dieses Problem
zu lösen, und haben seit 1970 außer einigen kosmetischen Operationen an diesem Gesetz überhaupt
nichts für die Zuschußrentner getan. (Beifall bei der ÖVP).
Herr Kollege, Sie sollten sich auch etwas mehr mit Geschichte befassen, denn die großen
Sozialgesetze sind in der ersten Republik unter christlichsozialen Sozialministern geschaffen worden,
darf ich Ihnen das sagen. (Abg. Leichtfried: Das ist ein Irrtum. Das war der Hanusch. Das ist eine
Geschichtsfälschung!) Und wenn ich Ihnen einen Namen sage, Seipl, müssen Sie nicht gleich
explodieren. Aber Seipl war einer von diesen christlichsozialen Politikern, die vielleicht mehr soziales
Gefühl gehabt haben, als Ihre Regierung heute. (Beifall bei der ÖVP. - Landesrat Körner: Es steht
eindeutig fest, daß es der Ferdinand Hanusch war!) Herr Kollege, Sie haben ja auch gesagt, nicht
wahr, auch in der Zweiten Republik waren Sie es allein, (Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das
Glockenzeichen.) In der Zweiten Republik waren es die Sozialisten allein, die die Sozialgesetze
gemacht haben. Da darf ich Sie doch erinnern, daß damals Raab entscheidend bei der
Gesetzwerdung des ASVG mitgewirkt hat und daß damals die Vertreter der Österreichischen
Volkspartei nicht nur ein J a zu diesem Gesetz gesprochen haben, sondern maßgebend an der
Gesetzwerdung des ASVG mitgewirkt haben. Meine sehr Verehrten, und dann noch etwas, darüber
wird man vielleicht auch einmal in diesem Haus reden müssen. Derzeit liegt im Parlament eine
Regierungsvorlage und diese Regierungsvorlage sieht eine Erhöhung der Beitragsleistungen der
Bauern bei annähernd gleichen Leistungen der Pensionsanstalt vor; sie wird den Bauern eine
Erhöhung zwischen 40 und 100%, in manchen Fällen bis 150% bringen. Herr Kollege Leichtfried, wir
werden uns dann unterhalten darüber, von hier aus, wie viele junge Bauern es ablehnen werden,
weiter den Hof zu bewirtschaften, weil sie einfach diese sozialen Belastungen nicht mehr tragen
können. (Beifall bei der ÖVP.)
Hohes Haus, sehr verehrte Damen und Herren! Von meinen Vorrednern sind bereits die Ziele des
vorliegenden Gesetzes erläutert worden und ich möchte vielleicht aus § 3 nur den Ausbau der landund forstwirtschaftlichen Betriebsberatung der Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe hervorheben. Ich
darf sagen, daß hier schon sehr viel geschehen ist und daß wir auch weiterhin die Betriebsberatung in
Richtung der Spezialisierung für den Vollerwerbsbetrieb betreiben werden, in Verbindung mit den
gegebenen klimatischen und Bodenverhältnissen. Daß wir den Nebenerwerbsbetrieben mit der
Beratung besonders unter die Arme greifen werden, das steht fest, denn wir glauben, daß die
Nebenerwerbsbauern gerade in jener Richtung aufgekIärt .werden müssen, daß man den Inhabern
dieser Betriebe, bei denen es sich vor allen Dingen um Kleinbetriebe handelt, sagt, daß sie
Betriebsvereinfachung machen müssen, daß sie ihr außerlandwirtschaftliches Einkommen nicht dazu
verwenden sollen, um ihre landwirtschaftliche Sparte zu intensivieren. Ich glaube aber eines sagen zu
müssen: Wirksame Beratung kann man nur auf Grund eines guten Ausbildungsstandes machen. Wir
haben in Niederösterreich ein gutes Berufsausbildungsgesetz, wir haben ein Gesetz über die
Lehrlings- und Gehilfenprüfung, das zum Meister führt und das in allen Sparten der Land- und
Forstwirtschaft und der ländlichen Haushaltsführung beispielgebend für andere Bundesländer und für
die Bundesgrundsatzgesetzgebung geworden ist. Wir stellen gerade auf diesem Gebiet einen immer
stärker werdenden Zustrom zu den Fachschulen fest und müssen heute sagen, daß die Fachschulen
zu klein geworden sind. Auf Grund eines Konzeptes des zuständigen Landesrates wird derzeit ein
Aufbauprogramm verfolgt, das hier Abhilfe schaffen wird.
Vielleicht noch ein Wort zu dem nach § 19 zu erstellenden Bericht über die Lage der Land- und
Forstwirtschaft im Bundesland Niederösterreich. Dieser Bericht soll dazu dienen, daß Maßnahmen
zielführend getroffen werden, daß die finanziellen Mittel in einem entsprechenden Ausmaß zur
Verfügung gestellt werden. Ich darf gerade im Zusammenhang mit diesem Bericht auf die Tätigkeit der
Kammer hinweisen, weil dieser Bericht auch die Tätigkeit der Landes-Landwirtschaftskammer und der
Bezirksbauernkammer Jahr für Jahr hier im Hause zeigen wird, sodaß wir hier im Hause über diese
Tätigkeit diskutieren werden und können. Es wird hier einem Wunsch der sozialistischen Fraktion
Rechnung getragen. Aber ich glaube, sehr gut wird es sein, wenn bei der sozialistischen Fraktion auf
Grund dieses Berichtes auch wirklich bei einigem guten Willen ein besseres Verständnis für die
Tätigkeit der Landwirtschaftskammer eintritt und vor allen Dingen ein sachbezogenes Verhältnis zur
Tätigkeit der Bezirksbauernkammern Platz greift. Wenn Sie heute von der Linken diesem Gesetz die
Zustimmung geben, dann ist anzunehmen, daß auch in Ihren Reihen ein gewisses Umdenken Platz
gegriffen hat, denn wir haben in Niederösterreich die Bezirksbauernkammern als ein wirksames
Instrument der Beratung und wir werden uns auch in Zukunft in zunehmendem Maße dieses
Instrumentes bedienen.
Ich darf vielleicht noch zu einer anderen Aussage meines Vorredners Stellung nehmen. Er hat gesagt,
das Bergbauernsonderprogramm soll dazu führen, daß die Situation der Bergbauern sich bessert. Wie
Sie im Grünen Bericht lesen können, hat sich alles gebessert, nur nicht die Situation der Bergbauern.
Das ist eindeutig in Ihrem Grünen Bericht, im Bericht des Landwirtschaftsministeriums zu lesen und
ich frage mich, wozu hat man vor zwei Jahren einen Staatssekretär ins Landwirtschaftsministerium
genommen, der ausschließlich für Bergbauernfragen zuständig war und wo wir bis heute keine
positiven Auswirkungen erwarten können. Das sage nicht nur ich, sondern das hat in einer
Fernsehsendung auch der Herr Minister Weihs festgestellt, daß die Bergbauern hier als einzige Sparte
der Landwirtschaft, wenn ich so sagen darf, keinen Einkommenszuwachs zu verzeichnen haben.
Unser heutiger Landwirtschaftsminister Haiden wird erst unter Beweis stellen müssen, ob er wirklich
willens und in der Lage ist, die Situation der Bergbauern zu bessern. Es ist heute über viele Probleme
der Landwirtschaft gesprochen worden, es wäre verlockend, noch auf manche Dinge einzugehen.
Ich möchte im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit darauf verzichten. Ich glaube, nur eines sagen zu
dürfen, daß wir uns darüber freuen, daß das Land die Verpflichtung übernommen hat, eine wirksame
Landwirtschaftsförderung zu betreiben und daß wir hier im Hause erwarten dürfen, daß jener Zustand
eintreten wird, daß für die Landwirtschaft die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden. (Beifall bei der
ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Romeder.
Abg. ROMEDER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Leichtfried,
der vorhin mit soviel Haß gesprochen hat, ist leider jetzt nicht bei uns. Es wäre mir sehr angenehm,
wenn er hier sitzen würde, denn ich habe kaum in einem solchen Schulmeisterton, von soviel Haß
triefend eine Abhandlung über so wichtige Probleme eines Berufsstandes gehört, eine Stunde
hindurch, wie heute hier in diesem Haus. (Beifall bei der ÖVP.) Mit soviel Gemeinplätzen
Wadelbeißerei zu betreiben, ist schon eine Meisterschaft, und mit einer mehr oder weniger
vollkommenen Meisterschaft hat der Herr Kollege Leichtfried das von sich gegeben. Wir haben heute,
meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ein Gesetz über die Erwachsenenbildung beschlossen,
und hier ist unter anderem vom Kollegen Wallner in den Vordergrund gestellt worden, daß dabei die
Persönlichkeitsbildung oberstes Ziel ist. Wenn man hier die Persönlichkeit in den Vordergrund stellt,
dann hat man auch als Abgeordneter ein entsprechendes Verantwortungsbewußtsein von dieser
Stelle aus an den Tag zu legen. Dieses Verantwortungsbewußtsein haben wir heute in jeder Phase
vermißt, denn sonst hätten in der geschichtlichen Abhandlung der letzten 30 Jahre hier in diesem
Raum nicht so viele Ungereimtheiten, Halbwahrheiten und Verzerrungen gegen einen Berufsstand
geäußert werden können. (Abg. Leichtfried: Sagen Sie eine Unwahrheit! - Beifall bei der ÖVP.) Es ist
heute von der historischen Schuld der ÖVP und des Bauernbundes in der Pensions- und Rentenfrage
gesprochen worden. Es wurde weiterhin vom Kollegen Leichtfried behauptet, die ÖVP-Führer sind
schuld an dem Los der Zuschußrentner im Jahre 1976.
Ich möchte hier nur von der historischen Verantwortung reden, von der historischen Verantwortung,
von der der Kollege Leichtfried nicht gesprochen hat. (Abg. Leichtfried: Das sind Gemeinplätze!)
Blenden wir zurück in das Jahr 1969. Da wurde das Bauernpensionsversicherungsgesetz beschlossen
und die sozialistische Partei hat durch zwei bekannte Politiker anläßlich der Beschlußfassung zu
diesem Gesetz zwei Anträge eingebracht. Wir haben heute davon nichts gehört, aber diese Aussagen
wären sehr interessant gewesen und ich werde das jetzt nachholen. Und zwar hat Herr Vizekanzler
Häuser folgendes dort wortwörtlich erklärt: „Die im ÖVP-Entwurf vorgesehenen Bauernpensionen
sollten um die Hälfte gekürzt und erst in Fünfjahresetappen auf die geplante Höhe gebracht werden."
So schaut also die historische Wahrheit aus, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg.
Leichtfried: Weil keine entsprechenden Beiträge gegenübergestanden sind!) Sagen Sie mir nicht
etwas von den Beiträgen, wir haben auch bei den Gewerbetreibenden und auch bei den Arbeitern und
Angestellten Ersatzjahre gehabt. Auch da ist einmal angefangen worden, auch hier haben wir ein
AltrentenProblem innerhalb von drei Jahren gelöst, vergessen Sie das nicht. Nur hat man damals das
Altrentenproblem gelöst, als die ÖVP in diesem Lande die Mehrheit gehabt hat, weil die ÖVP mehr
soziales Verständnis gehabt hat. (Beifall bei der ÖVP.) Heute hat eine SPÖ-Mehrheit für das
Altrentnerproblem kein Verständnis, das sind die Tatsachen. (Abg. Leichtfried: Sie wissen ja, daß die
Kassen der PVA leer sind!) ,,Die Beiträge der im Betrieb tätigen Kinder" - heißt es in einer
Wortmeldung des Abg. Pansi vom Jahre 1969 - ,,sollten von einem Drittel auf die Hälfte des
Betriebsführerbeitrages angehoben werden." So war die Einstellung, meine sehr geehrten Damen und
Herren! Das war das soziale Verständnis zu diesem Berufsstand, meine sehr geehrten Damen und
Herren! Aber davon will man heute nichts mehr wissen, heute blendet man 20, 30 Jahre zurück, zitiert
etwas aus dem Zusammenhang gerissen, um mehr oder weniger diesen echten Eindruck, diese
echten Tatsachen zu verwischen und nicht mehr in Erinnerung zu rufen. Ich glaube, meine sehr
geehrten Damen und Herren, man kann zu einem ernsten Problem, auch wenn es in einer
vorgerückten Stunde ist, nicht mit soviel Verantwortungslosigkeit und - ich möchte es ruhig so
bezeichnen – mit soviel Haß herantreten. Ich glaube, hier wäre es doch notwendig, etwas
verantwortungsbewußter ans Werk zu gehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht ganz kurz noch ein paar Bemerkungen. Der
Kollege Leichtfried hat im Zusammenhang mit dem Zuschußrentenproblem auch das Sonderangebot
der Bundesregierung angeführt, und hat hier von Ausgleichszulagefällen, von Fürsorgefällen,
gesprochen. Sicher, zu Fürsorgefällen kommt es dann, wenn die entsprechenden pensionsrechtlichen
Beschlüsse fehlen. Und die sind eben seit 1970 nicht gefaßt worden. 1970: Antrag der ÖVP auf
Angleichung der Zuschußrentner an die Bauernpensionen. Im Dezember 1971 ein detailliertes
Programm von der Präsidentenkonferenz. Gleich im Jänner darauf eine abweisende Antwort. Aber
dann kam es, es kamen Landtagwahlen der schönen Bundesländer. Daher im April 1973 erste
Zusage von Bundeskanzler Kreisky, die Zuschußrenten in Bauernpensionen umzuwandeln. Heute
haben wir das Jahr 1976, das damalige Versprechen ist anscheinend vergessen worden. Ein zweites
Versprechen ist gekommen, zum 1. Juli 1976, dieses Problem zu lösen. Auch das ist vergessen
worden. Ein SPÖ-Bundeskanzler hält eben nicht sein Wort. Er kann jedem etwas anderes sagen.
Dieses Versprechen ist auch heute im ORF noch bekannt, es befindet sich auf den Spulen und
dergleichen mehr. (Abg. Lechner: Wo ist das jetzt mit dem Haß?)
So, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es mit den Versprechungen weitergegangen. Von
diesen haben wir heute weder durch Taten noch sonst etwas gehört. Im Gegenteil. Es ist
zurückgeblendet worden. Halbwahrheiten wurden gesagt, und hier wurde nicht auf den Spiegel vor
dem Jahr 1969, Häuser - Pansi, verwiesen. (Abg. Leichtfried: Spiegel vors Gesicht!) Das ist der
Spiegel, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn aber heute sozusagen von einem
Sonderangebot gesprochen wird, daß die Bundesländer dazuzahlen sollen, dann kommt mir
persönlich das so vor, wie wenn eine Firma nicht mehr zahlungsfähig ist. Dann muß sie halt in
Konkurs gehen. Außerdem steht auf Grund der sozialistischen Wirtschaftspolitik auch die
Bundesregierung fast vor dem Konkurs, wenn sie solche Dinge auf die Länder abschieben muß. Auch
das muß man feststellen. Bitte, wir sind gerne bereit - ich sage es auch hier ganz offen und ehrlich -,
mit einer entsprechenden ÖVP-Wirtschaftspolitik auch einen verwirtschafteten Bund wieder in beste
Aktivziffern zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn schon von Sonderleistungen gesprochen wird, dann würde ich der SPÖ-Fraktion empfehlen,
sich bei einem Fachmann der SPÖ zu erkundigen, und ich stehe nicht an zu behaupten, daß Minister
Weißenberg ein echter Sozialfachmann ist, denn die Verhandlungen, die zwischen der
Sozialversicherungsanstalt der Bauern und dem zuständigen Sozialminister bereits angelaufen sind,
sind ja hochinteressant. Der Sozialminister muß nämlich genauso feststellen, daß, obwohl der Herr
Bundeskanzler von vier-, fünftausend Fällen spricht, diesbezüglich im Sozialministerium zur Zeit
überhaupt keine Unterlage aufliegt, sondern daß erst gebeten werden muß, Unterlagen
herbeizuschaffen, ja es kann nicht einmal gesagt werden, nach welchen Richtlinien Unterlagen
beigestellt werden können. Oder sollen etwa Gendarmen von Haus zu Haus gehen, um festzustellen,
ob der Übernehmer, der junge Bauer, in der Lage bzw. bereit ist, das Ausgedinge an den Altbauern zu
leisten?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotzdem werden vom Herrn Bundeskanzler Zahlen
hinausgetrommelt. verantwortungslos, nenne ich so etwas. Hätte er seinen Fachminister, den Herrn
Weißenberg gefragt, dann hätte er eine entsprechende Antwort bekommen. (Zwischenruf links.)
Danke. Wenn Sie den Herrn Kollegen Fidesser in eine Reihe stellen mit dem Weißenberg, sind wir
einverstanden. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn heute auch gesagt wurde, die
Niederösterreichische Landesregierung, die Niederösterreichische Kammer, die
Interessensvertretungen haben zur letzten Novelle zum Bauernpensionsversicherungsgesetz eine
negative Stellungnahme abgegeben, dann darf ich nur eines sagen: Verallgemeinern Sie nicht, diese
Stellen haben zur Beitragserhöhung negativ Stellung genommen. Oder was würden die Arbeiter
sagen, wenn die Beiträge von heute auf morgen um 173% angehoben werden sollen? Sie würden
Angst bekommen. (Abg. Blochberger: Das ist die Wahrheit!) Dazu kommt, daß die Bauern durch diese
Beitragsanhebung 560 Millionen Schilling zusätzlich zahlen sollen, die Umwandlung der
Zuschußrenten für alle 105.000 Zuschußrentenbezieher in die Bauernpension aber nur 260 Millionen
Schilling kosten würde. Das heißt, die Bauern sollen die ganze Umwandlung selbst bezahlen, und
zusätzlich sollen noch 300 Millionen Schilling übrig bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf links.) Sie geben aber zu, daß diese Regierung
abgewirtschaftet hat! Ich danke Ihnen. (Abg. Leichtfried: Sie wissen ja, dap die Kasse der
Bauernpensionsversicherung leer ist!) Da schau her, Sie werden auch schon etwas von einem
Strukturwandel gehört haben, wo die Bauern heute auf der einen Seite praktisch ihre jungen Leute an
andere Berufsstände abgeben, und daß diese dort einzahlen, wird Ihnen kein Geheimnis sein. Vor
allen diesen Problemen stehen in ein, zwei Jahren auch die Arbeiter infolge Wechsel zu den
Angestellten. Auch kein Geheimnis. Nur immer die ganze Wahrheit sagen und nicht Halbwahrheiten.
(Beifall bei der ÖVP.) Wenn schon von dieser Stelle ein solcher Ton angeschlagen wird, wie wird dann
erst draußen bei der Bevölkerung gesprochen, die in keiner Weise informiert ist und sich kein
objektives Bild machen kann?
Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es, wenn heute ein modernes,
zukunftsorientiertes Landwirtschaftsgesetz beschlossen wird, das sicher für das Land Niederösterreich
und für einen Berufsstand, der heute in diesem Land Gott sei Dank noch etwas repräsentiert, eine
große Tat ist, und wenn wir hier in diesem Zusammenhang solche haßerfüllte Anflüge hinnehmen
müssen, dann ist es für uns beschämend. Ich möchte daher Ausführungen dieser Art für unsere
Fraktion zurückweisen und hoffe, daß man über Sachprobleme in diesem Haus anders reden kann.
(Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Herr Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig.
Landeshauptmannstellvertreter LUDWIG: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich werde mich nur ganz kurz mit der Problematik der Zuschußrentner auseinandersetzen, und zwar
deswegen, weil der Herr Abg. Leichtfried hier Behauptungen und Verdächtigungen in den Raum
gestellt hat, die nicht (Landeshauptmann Maurer: Verdächtigungen! Stimmt schon!) der Wahrheit
entsprechen. Darf ich vielleicht der sozialistischen Fraktion in diesem Hause die Ländermeinung
bekanntgeben.
Es haben alle neun Finanzreferenten einheitliche Standpunkte ihrer Länder in dieser Frage erarbeitet
und die Stellungnahme aller neun Bundesländer dem zuständigen Ministerium und dem
Bundeskanzler übermittelt. Ich werde nun diese fünf Punkte wortgetreu verlesen, und vielleicht würden
Sie sich dann bei den Kollegen Mayr, Vogl, Klauser oder Schober erkundigen, denn es gibt funf
Finanzreferenten, die der ÖVP angehören und vier von der sozialistischen Partei. In der
Zuschußrentnerfrage gibt es eine einheitliche Auffassung. Und zwar handelt es sich hier um eine
sozialversicherungsrechtliche Angelegenheit, die in die Zuständigkeit des Bundes fällt. Punkt 1. Punkt
2, Herr Kollege Leichtfried: Laut § 2 des Finanzausgleichsgesetzes 1973 – bitte dort nachzulesen trägt nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, nach dem Gewerblichen
Selbständigenensionsversicherungsgesetz und nach dem Bauern-Pensionsversicherungsgesetz die
Ausgleichszulagen der Bund. Punkt 3, wieder eine einheitliche Meinung: Bei der Berechnung der
Ausgleichszulage wird ein fiktives Ausgedinge angerechnet. Da die Beseitigung der Bestimmungen
über ein fiktives Ausgedinge eine ausschließliche sozialversicherungsrechtliche Angelegenheit ist,
besteht für die Länder keine Verpflichtung zur Tragung der daraus entstehenden Kosten. Nur in jenen
Fällen, in denen die Zuschußrentner die gesetzlich normierten fiktiven Ausgedingeleistungen
tatsächlich nicht erhalten und dadurch in eine Notlage geraten - (Zwischenrufe von seiten der SPÖ.)
Moment, lassen Sie mich ausreden -, liegen Sozialhilfefälle vor, die das Einschreiten nach den
Sozialhilfegesetzen der Länder bewirken. 4. Dessen ungeachtet erwarten die Länder eine
Präzisierung der Vorstellungen des Bundes und sind unter Aufrechterhaltung des Rechtsstandpunktes
der Meinung, daß zwischen Bund und Ländern baldigst Verhandlungen stattfinden können. Und der 5.
Punkt: Im übrigen weisen die Länder darauf hin, daß eine Ausdehnung des Bezuges von
Ausgleichszulagen auf Personen, denen Ausgedingeleistungen in ausreichendem Maße zukommen,
das gesamte System belassen und nur für jene, die dann ab 1971 in die Pension gingen, in den
Ruhestand traten, eine Bauernpension eingeführt.
Man hat damals diese Zweiteilung aus Gründen, die Sie heute nicht mehr respektieren wollen,
geschaffen, nämlich man hätte, wenn man diese Regelung für alle Bauern getroffen hätte, sodaß
diese eine Anpassung an die Arbeiter und an die Angestellten erfahren hätten, eben höhere
Versicherungsleistungen verlangen müssen, und das wollte man nicht. Eines steht auch fest: daß
nämlich heute jeder Finanzminister gerade für die Bauernpension den höchsten Staatszuschuß leisten
muß. (Zwischenruf: Neidkomplex!) Das hat mit Neidkomplex überhaupt nichts zu tun. Warum glauben
Sie immer, daß nur Sie die ganze Wahrheit sagen und wir nur die Halbwahrheit sagen? Diesbezüglich
könnte ich Ihnen wirklich die Pilatusfrage stellen: Was ist Wahrheit? Dann müßten wir uns zuerst
einmal über den Begriff einig werden. Ich finde es nicht sehr korrekt, wenn Sie uns immer wieder
vorhalten, wir würden nur die Halbwahrheit sagen, denn wir sind an der menschlichen Lösung dieses
Problems genauso interessiert wie Sie, (Abg. Romeder: Reden wir von den Eisenbahnern!) nur
müssen Sie eben auch zur Kenntnis nehmen, daß man gewisse Dinge, die durch Jahrzehnte nicht
gelöst worden sind, weil man nicht konnte oder wollte, dann nicht von heute auf morgen lösen kann.
(Abg. Romeder: 6 Jahre, das ist nicht von heute auf morgen!) Die Angestelltenpensionsversicherung
hat eine ganz andere Dauer als die Arbeiterpensionsversicherung und die
Gewerbepensionsversicherung wieder eine etwas längere als die Bauernpensionsversicherung.
Wir sollten, glaube ich, darüber einig sein, daß wir jenen Menschen, die wirklich kein anderes
Einkommen haben als die Zuschußrente, so rasch als möglich helfen. Und beim Vorschlag, der von
der Bundesregierung gemacht wurde, kann man wieder streiten, ob er formell so ist, wie Sie ihn
erwarten. Nach unserer Auffassung reicht er aus, er ist nämlich ein Anbot, die Hälfte der Kosten für
diese einige tausend Menschen zu zahlen, damit man hier zu einem Gespräch kommt, damit man wir schätzen, daß es rund 5.000 Menschen sind - diesen 5.000 Menschen so rasch als möglich hilft,
damit sie nicht auf die Gnade irgendeines Nachbarn oder auf sonst irgend jemanden angewiesen
sind. Wie klar diese Problematik auch der Mehrheit im Jahre 1969 war, beweist doch der § 103 des
Bauern-Pensionsversicherungsgesetzes 1969, wo ausdrücklich festgestellt wird, daß die gesetzliche
Pflicht der Träger der öffentlichen Fürsorge zur Unterstützung Hilfsbedürftiger durch das BauernPensionsversicherungsgesetz nicht berührt wird. Das bedeutet, daß in jedem Bundesland eben für
diesen Personenkreis der Fürsorgeträger, heute der Sozialhilfeträger, jene Leistungen, die auf den
notwendigen Lebensunterhalt fehlen, zu erbringen hat.
Eines verstehe ich überhaupt nicht. Nachdem hier, wenn man diesen Menschen helfen wollte,
sowieso eine Dreiteilung erfolgt - die Zuschußrente bezahlt der Bund, die Sozialhilfe zahlen 70 : 30
und ab 1. Jänner 60 : 40 Land und Gemeinde, von diesem Betrag bezahlt der Bund neuerlich 50% -,
kann es doch kein finanzielles Problem mehr sein. Wenn Bund, Land und Gemeinden für diesen
Personenkreis eine entsprechende Leistung erbringen wollen, sollte man von dem Prestigestandpunkt
heruntersteigen und über diesen Personenkreis als erstes verhandeln, und im Zuge der 32. ASVGNovelle wird dann über die Verbesserung der Zuschußrenten und die stufenweise Anpassung an die
Bauernpension verhandelt werden. Ich glaube, wenn man den Menschen im Auge hat und nicht die
parteipolitische Sicht, dann wird man nicht von Haß reden können, von Verantwortungslosigkeit und
Verständnislosigkeit, sondern dann wird man sich eben auf die Grundsätze besinnen, die uns alle in
die Lage versetzt haben, vielen Menschen dieses Landes in den letzten 30 Jahren zu helfen, nämlich
auf die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit oder, wenn Sie wollen, auf die Grundsätze der
Nächstenliebe. Wenn wir diese beiden Grundsätze im Auge haben, dann bin ich der festen
Überzeugung, daß es innerhalb weniger Monate möglich sein wird, diesen Menschen zu helfen.
(Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Herr Landesrat Bierbaum.
Landesrat BIERBAUM: Herr Präsident! Hoher Landtag! Eigentlich wollte ich zu diesem Problem,
Pension oder Zuschußrenten, nichts mehr sagen, aber, Herr Dr. Brezovszky, eine Zahl dürfte doch
nicht ganz stimmen. Die Zahl derer, die ein so schlechtes Einkommen haben, ist nämlich überhaupt
nicht festzustellen. Sie reden aber nun von 5.000 in Österreich. Wenn man das Angebot, das heute
der Sozialminister gemacht hat, durch den Beitrag der Länder verzweifacht, kann man, wenn man die
Richtsätze Niederösterreichs anwendet, 1.400 Fälle entsprechend regeln, und wieder bleiben, wenn
schon Ihre Zahl stimmt, 3.600 über, die fragen, ob sie denn als nicht bedürftig gelten. Die Situation ist
ja nur aus diesem Grund draußen so dramatisch, und ich will es nicht abstreiten, daß mancher
Zuschußrentner, der ja nicht mehr der jüngste sein kann, hofft, er werde schon derjenige sein, der
etwas kriegt. Doch Ihre Rechnung allein zeigt schon, daß nicht jeder damit rechnen kann, etwas zu
kriegen, sondern daß die Frage weiter offen bleibt. Das ist das harte Problem. Ich glaube, wir
brauchen uns darüber nicht wieder so harte Vorwürfe machen. Aber ein kleiner Zeitplan.
Ich war selbst dabei, ich kann von einem Erlebnis berichten. Im Juni 1975, als beim Bundeskanzler
über das Agrarpaket verhandelt wurde, wurde der Antrag gestellt, man möge doch noch vor Auflösung
des Nationalrates ein Gesetz beschließen, wo man die Situation der Zuschußrentner regelt. Der
Bundeskanzler hat gesagt, das sei ausgeschlossen, obwohl es zeitlich wahrscheinlich möglich
gewesen wäre, denn es sind andere Gesetze auch noch beschlossen worden. Er hat aber gesagt, wir
kämen schon überein. Ganz gleich, wer am 5. Oktober die Wahl gewinnt, ganz gleich, wer die
Regierung stellt, der verpflichtet sich, so schnell wie möglich, noch vor dem 1. Jänner 1976, diese
leidliche Frage zu regeln, und er hat gleich hinzugefügt, solche Sozialprobleme wurden schon öfters
vor Weihnachten in letzter Stunde geregelt, es werde auch diesmal gehen. Machen wir es also so:
Wer die Wahl gewinnt, soll die Situation so schnell einer Regelung zuführen, daß diese am 1. Jänner
1976 tragbar wird. Es kam dann die Wahl. Dies hat die Regierungsbildung erleichtert, weil eine klare
Mehrheit hervorgegangen ist. Bei der Regierungserklärung hat man dann nur mehr heraushören
können, daß man sich bemühen werde, etwa so, daß man mit 1. 7. 1976 eine Regelung anstreben
könnte.
Anfangs Februar heurigen Jahres hat der Vizekanzler und Sozialminister die Ländervrtreter
eingeladen. Ich habe Niederösterreich vertreten und ihm gesagt, es sei utopisch zu glauben, ein
Gesetz mit 1. 7. 1976 in Kraft setzen zu können. Das dauere länger, es bedürfe einer Begutachtung
und so weiter. Vom Bundeskanzler kam ja kein neuer Vorschlag, sondern er hat schon damals
vorgeschlagen, man möchte sich doch dieser Fälle annehmen. Er hat uns auch erklärt, wie er das
meint und gesagt, die Länder mögen nach Hause gehen, eine Stellungnahme dazu abgeben, und
dann werde er sie zusammenrufen, um über eine Regelung zu verhandeln. Ich habe die Antwort
entworfen, habe diese auch in der Regierung vorgetragen, und die Kollegin Körner hat gleich
eingeworfen, Kollege, so geht das nicht, das ist gar nicht möglich. Ich habe darin die ganze
Problematik aufgezeigt. Bis zum heutigen Tage haben wir auf eine Einladung des Vizekanzlers und
Sozialniinisters gewartet. Bis heute hat er uns nicht eingeladen. In einer Zeitung stand sogar von einer
Pressekonferenz zu lesen. Ich will nicht behaupten, daß es absolut stimmen muß, nur die Steiermark
hätte darauf geantwortet. Ich habe der Zeitung zurückgeschrieben, und zwar nicht als Berichtigung,
daß das nicht stimmt und habe zwar nicht den Text, aber unsere Meinung kundgetan. Die Zeitung hat
dann nur unter dem Motto ,,Bierbaum gegen Häuser" geschrieben, obwohl der Text gar nicht so
gelautet hat. Aber von dem nicht eingegangenen Lösungsvorschlag und davon, daß wir nicht
eingeladen wurden, wurde nichts geschrieben. Sehen Sie, das ist die Dramatik.
Man kann schon sagen, daß es, wenn jungen Leuten einmal der Erfolg ein bisserl in die Ferne
geschoben wird, peinlich ist, weil jeder mehr davon hat, wenn er früher Erfolg hat. Aber bei diesen
alten Menschen, die heute im Durchschnitt 78 Jahre alt sind, ist jeder Tag wichtig. Wir haben heute
schon gehört – ich glaube, der Herr Abg. Leichtfried hat es gesagt -, am 1. Jänner soll sowieso eine
Lösung da sein. Diese Lösung steht noch sehr in Frage. Heute wurde nämlich ohne wesentlichen
Vorschlag eine Zahl genannt. Ich habe darauf hingewiesen, daß es nur 1.400 und nicht 5.000 Fälle
gibt. Aber wem gibt man was? Jedem ein bisserl, niemandem etwas, um niemanden zu verärgern inzwischen ist der 1. Jänner da. Ich fürchte,, daß am 1. Jänner weder die eine noch die andere
Lösung da ist, höchstens die eine unbefriedigend, die andere auf gar keinen Fall.
Das wollte ich nur sagen, weil ich in sämtlichen Phasen dieser Verhandlungen mit dabei war und
jeweils von sechs Monaten zu sechs Monaten nur Versprechungen erfolgten. Leider gibt es noch
keine Lösung; wann und wieviele Leute eine solche noch erleben werden, das weiß ich nicht. Nun
noch schnell zurück zur Gesetzesvorlage. Ich bin so glücklich, daß ich noch vor 12 Uhr zu Wort
gekommen bin, ja ich bin es aus einem bestimmten Grund. Wir waren heute in der Früh in Laxenburg
am Grabe des verstorbenen Landeshauptmannes und Ministers Hartmann und haben Kränze
niedergelegt: die Landesregierung, Freunde, die Parteien. Genau 10 Jahre sind es, daß der Vater der
Landwirtschaftsgesetze tot ist. Hartmann war es, der damals das Bundeslandwirtschaftsgesetz
entworfen, eingebracht und gegen alle Schwierigkeiten durchgefochten hat. Und wenn genau 10 Jahre
später iederösterreich ein solches Gesetz beschließt, ist es dem Datum nach ein reiner Zufall, aber
leider kein gutes Omen. Ich darf eines sagen: Hartmann hat als Landwirtschaftsminister den
Ausspruch geprägt: ,,Landwirtschaft geht alle an.'' Damals hat es noch als agrarpolitischer Slogan
gegolten, man möge doch der Landwirtschaft eine bessere Position schaffen, in der man den
Ausspruch tut: ,,Die Landwirtschaft geht alle an." Damals war es auch so, daß man in mancher
Propaganda gehört hat, die österreichischen Bauern mögen nicht zuviel produzieren, das gibt es im
Ausland, viel, viel besser und viel, viel billiger. Inzwischen hat sich so vieles geändert.
Ich war in den letzten Tagen bei einer gesamtösterreichischen Landwirtschaftstagung und habe dort
festgestellt, daß die Länder fast wetteifern, wer einen höheren Eigenversorgungsgrad im Lande hat. In
diesem Hause wurde vor noch nicht sehr vielen Monaten einmal der Ausspruch unter Applaus getan,
Niederösterreich sei kein Agrarland mehr. Wir haben heute schon Zahlen gehört, wonach zwei Drittel
der Nahrungsmittel, in Kalorien ausgedrückt, die Österreich braucht, in Niederösterreich produziert
werden. Ich frage daher: Ist ein Bundesland, das fast dreimal so viele Menschen ernähren kann, als
es im eigenen Lande hat, kein Agrarland? Ich hoffe, daß die Zeit vorbei ist, wo man freudig unter
Applaus sagt, Niederösterreich sei kein Agrarland mehr, sondern daß wir es machen wie andere
Länder, andere Staaten, die stolz darauf sind, einen hohen Versorgungsgrad zu haben.
Ein Vertreter eines unterentwickelten Staates - die Türkei war es - hat dort auch das Wort ergriffen
und die Situation in der Türkei dargestellt. Er hat gesagt, sie wären jn der Lage - sie exportieren
sowieso schon, er hat also nicht verheimlicht, daß sie bei relativ wenig Eigenverbrauch ins Ausland
exportieren -, wenn man ihnen von der Technik her die Möglichkeit und die Unterstützung geben
würde, zweimal so viele Lebensmittel zu produzieren, als sie im Lande brauchen. Die ganze Welt ist
auf ihren Versorgungsgrad stolz und darum sollten auch wir in Niederösterreich, glaube ich, stolz
darauf sein, ein Agrarland zu sein und eben feststellen, daß auch andere Dinge in Niederösterreich
durchaus gut funktionieren und daß wir auf vieles, aber auch auf die Landwirtschaft stolz sein können.
Der Abg. Stangl hat bemerkt - und da möchte ich ihm beipflichten -, neben vielen, vielen positiven
Punkten in diesem Gesetz sei für ihn das Wichtigste, daß die Regierung verpflichtet ist, einmal im Jahr
einen Bericht über die Situation in der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich zu geben. Der
wichtigste Punkt ist meiner Ansicht nach, daß wir in Zukunft nicht an den Dingen vorbeidiskutieren und
nicht etwa einer dem anderen Vorhaltungen darüber macht, ob es der Landwirtschaft gut oder
schlecht geht, sondern daß wir jedes Jahr einen Situationsbericht geben müssen, um dann unsere
Förderungen in die entsprechende Richtung zu lenken, damit wir nicht einmal ein böses Erwachen
haben und dann etwa nicht mehr stolz sein können, alle unsere Menschen zu ernähren.
Herzlichen Dank dafür, daß dieses Gesetz mit dem Dazutun aller, wie ich hoffe, einstimmig über die
Bühne geht. Ich sage allen Menschen, die mitgearbeitet haben, besonders auch meinen Beamten,
herzlich dankeschön für ihr Bemühen. Wir haben heute auch schon gehört, daß es bestimmt ein gutes
Bemühen war, denn es hat kaum große Änderungen gegeben. Wenn wir das Gesetz, das nun in
dieser Form beschlossen wird, auch vollziehen, dann braucht uns in Zukunft um unsere Ernährung
nicht bange sein. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. RABL: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Wortlaut
des Gesetzes sowie übel. den Antrag des Landwirtschaftsausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Blochberger, die Verhandlung zur Zahl 327 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BLOCHBERGER:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich habe
namens des Landwirtschaftsausschusses den Bericht zur Zahl 327 vorzutragen. Es handelt sich hier
um die Tätigkeit und Wahrnehmungen der Land- und Forstwirtschaftsinspektion. Der Vorlage sind
sehr viele Tabellen, die über die Tätigkeit dieser Inspektion Aufschluß geben, angeschlossen. Es ist
auch ein Textbericht über Beanstandungen vorzufinden sowie auch eine Unfallstatistik. Wir haben
diesen Bericht im Landwirtschaftsausschuß beraten, und ich erlaube mir namens des
Landwirtschaftsausschusses, folgenden Antrag zu stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
„Der Bericht über die Tätigkeit und Wahrnehmungen der Land- und Forstwirtschaftsinspektion im
Jahre 1975 wird zur Kenntnis genommen.''
Ich ersuche um Debatte und um Abstimmung.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung. (Nach
Abstimmung über den Antrag des Landwirtschaftsausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Abg. Buchinger, die Verhandlung zur Zahl 214 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe über die Zahl 214, Entwurf
eines Gesetzes über die Raumordnung in Niederösterreich, NÖ Raumordnungsgesetz 1975, zu
berichten.
Auf Grund der Handhabung des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes, das mit kleinen
Änderungen seit 1968 in Anwendung steht, ergibt sich die Notwendigkeit, diverse Bestimmungen neu
zu schaffen beziehungsweise zu konkretisieren, nicht zuletzt auch, um das Niederösterreichische
Raumordnungsgesetz übersichtlicher zu gestalten.
Ich glaube, daß ich es mir in Ihrem Einvernehmen erlauben kann, auf keine Detailberichterstattung
einzugehen, nachdem der Gesetzentwurf den Abgeordneten seit längerer Zeit bekannt ist, und darf
mir daher gestatten, gleich namens des Rechtsausschusses den Antrag zu stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. „Der vorliegende Gesetzentwurf über die Raumordnung in Niederösterreich, NÖ.
Raumordnungsgesetz 1975, wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses
Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen."
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist der Abg. Binder.
Abg. Präsident BINDER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses!
Im Niederösterreichischen Landtag wurde am 4. November 1975 mit einer Regierungsvorlage der
Entwurf eines Gesetzes über die Raumordnung in Niederösterreich, nämlich das
Niederösterreichische Raumordnungsgesetz 1975, eingebracht und mit der Zahl 214 dem
Rechtsausschuß zugewiesen.
Am 9. Mai 1968 hatte der Landtag das Niederösterreichische Raumordnungsgesetz erstmals
beschlossen, das dann mit kleinen Änderungen am 21. Juni 1974 wiederverlautbart wurde. Die
Handhabung des bisherigen Gesetzes und die Praxis haben gezeigt, daß diverse Bestimmungen zu
ändern beziehungsweise zu konkretisieren und neue Begriffe zu schaffen sind. Um auch eine bessere
Übersicht zu bekommen, ist es zweckmäßig, das Niederösterreichische Raumordnungsgesetz als
neues Stammgesetz zu erlassen. Der Rechtsausschuß hat sich nun fast ein Jahr lang mit dem
Gesetzentwurf intensiv beschäftigt. Von beiden Fraktionen des Hohen Hauses wurden zum Entwurf
eines Gesetzes über die Raumordnung in Niederösterreich Anträge eingebracht, die dann von einem
Unterausschuß in vielen Sitzungen zu einem gemeinsamen Antrag im Rechtsausschuß erarbeitet
wurden, der nun dem Hohen Haus gemeinsam mit der Regierungsvorlage zur Beschlußfassung
vorliegt.
Ich darf dem hinzufügen, daß die Verhandlungen über weite Strecken hart, aber letztlich doch sehr
sachlich geführt wurden. Die Methode, eine schwierige Materie in einem kleinen Gremium, nämlich in
einem Unterausschuß, zu behandeln, hat sich auch in diesem Falle bestens bewährt. Den Beamten
des Referates ist für die Vorlage und den beiden Klubjuristen, Hofrat Brosig und Herrn Rösch, für die
ausgezeichnete Mitarbeit im Ausschuß zu danken.
Wenn wir daher heute ein Raumordnungsgesetz beschließen, das in vielen Bereichen nach neuen
Grundsätzen ausgerichtet ist und den Erfordernissen der heutigen Zeit entspricht, so dürfen wir im
allgemeinen zufrieden sein. Das ist auch der Grund, weshalb die sozialistische Fraktion dem
gemeinsamen Antrag, aber auch der Vorlage insgesamt die Zustimmung gibt.
Wir haben uns zwar nicht in allen Fällen mit unserer Auffassung zum Raumordnungsgesetz, wie zum
Beispiel in der Frage der jährlichen Berichterstattung an den Landtag, durchgesetzt, sind aber
trotzdem der Meinung, daß das neue Gesetz brauchbar und modern ist. Wieweit es der künftigen
Entwicklung tatsächlich gerecht wird und wieweit es in die Zukunft reicht, werden wir in einigen Jahren
wissen. Wir leben in einer überaus raschlebigen Zeit, und das nunmehr alte Raumordnungsgesetz ist
gerade achteinhalb Jahre alt geworden. Ein Vergleich mit der alten Bauordnung, die über 100 Jahre
alt geworden ist, ist hier bezeichnend. 1968 waren wir der Meinung, daß dieses Gesetz für einen
langen Zeitraum, für den wir ja in allen Bereichen vorauszuplanen haben, ausreichen wird. Das
stimmte aber nicht, weil sich eben die Begriffe, aber auch die Ziele der Raumordnung wandeln. Was
heute rechtens ist, kann übermorgen anders sein, genauso wie für manche in diesem Hohen Haus
das Wort ,,Planung" vor 10 oder 15 Jahren verpönt und anrüchig war, weil sie es mit einem politischen
System 259 in Verbindung brachten, von dem wir nichts wissen wollen. Heute ist Planung aber
selbstverständlich und aus keinem Lebensbereich mehr wegzudenken. Wer nicht für die Zukunft plant,
geht einfach unter. Das haben inzwischen auch jene erkennen müssen, die noch vor einem Jahrzehnt
gegen jede Planung waren.
Wir freuen uns über diese Einsicht, weil sie dazu geführt hat, daß wir in Niederösterreich ein gutes
Stück weitergekommen sind. Wenn wir nun noch dazu in der Lage sind, das Gesetz in allen Bereichen
lebendig zu gestalten, dem Menschen und seinem Lebensbereich anzupassen und vermeiden, daß es
bürokratisch gehandhabt wird, dann haben wir unser Ziel erreicht. Dazu aber noch etwas. Vom
Grundsatz her darf niemand in unserem Lande das Gefühl haben, durch dieses Gesetz in seiner
Lebensweise unerechtigt eingeschränkt zu werden. Der freien Entfaltung des einzelnen muß so weit
entsprochen werden, soweit nicht Belange des anderen unzumutbar belastend betroffen werden. Und
nun zum Entwurf des Gesetzes selbst und zum gemeinsamen Antrag einige Worte.
Im § 1 Absatz 1 wird sowohl dem Raumordnungsgesetz von 1968 wie auch dem Entwurf vom
November 1975 ein Satz hinzugefügt, der absolut auf den Lebensbereich der Menschen abgestimmt
ist und beitragen soll, die physische und psychische Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten.
Neu ist im § 2 Absatz 5, Grundlagenforschung, daß jedermann berechtigt ist, im
Raumordnungskataster Einsicht zu nehmen und daraus Abschriften oder Kopien herzu stellen. Dieser
Raumordnungskataster ist beim Amt der NÖ Landesregierung zu füh ren.
Im § 7, Raumordnungsbeirat, wurden die Landtagsklubs bei der Bestellung von Mitgliedern des
Beirates durch die Landesregierung nunmehr rechtlich fundiert. Im Zusammenhang mit den regionalen
Planungsbeiräten vertraten wir bezüglich der Zusammen setzung vorerst eine andere Meinung,
schlossen uns aber dann der Ansicht der ÖVP an. Der Beirat besteht nun aus je einem Mitglied des
Gemeinderates jeder Gemeinde der betreffenden Planungsregion und aus einem Vertreter des
Landes Niederösterreich, der den Vorsitz führt. Diese Mitglieder besitzen das Stimmrecht. Die Vorlage
der Landesregierung sah hier eine andere Regelung vor, nämlich je einen Vertreter der Gemeinden
der Planungsregion sowie Vertreter der angrenzenden Gemeinden mit Stimmrecht, was jetzt wegfällt.
Neu ist auch, daß die Mitglieder des Landtages von Niederösterreich berechtigt sind, an den
Sitzungen der regionalen Planungsbeiräte mit beratender Stimme teilzunehmen, ebenso, daß die
Vertreter der Gemeinden einen Sachverständigen den Beratungen beiziehen können. Das ist sinnvoll
und war eine Forderung von uns. Sinnvoll deshalb, weil nun die Gemeindevertreter ihren Planer oder
sonstigen Sachverständigen mit in die Sitzung nehmen können.
Die Ziffer 6, Wohnbauland, im Absatz 2 des §14, Flächenwidmungsplan, sieht die kommunale
Grundausstattung in jedem Fall zwingend vor, was richtig ist und wobei überhaupt zu sagen ist, daß
der $ 14, Flächenwidmungsplan, mit seinen Bestimmungen in jeder Beziehung optimal auf den
Menschen Rücksicht nimmt. Er, der Mensch, steht im Vordergrund. Es würde aber zu weit führen, hier
nun auf alle Einzelheiten einzugehen.
Die Widmungsarten werden im § 15 ausreichend und zweckmäßig beschrieben.
Der § 17 der Regierungsvorlage wurde ersatzlos gestrichen. Er sah die FreizeitwohnSiedlung vor.
Seitens der ÖVP wurde die Streichung damit begründet, daß derzeit kein Bedarf an einer gesetzlichen
Regelung bestehe. Andere Bundesländer, wie Tirol, Vorarlberg und so weiter, kennen eine solche
Regelung, und auch wir waren der Meinung, daß sie zweckmäßig wäre. Da es derzeit aber keine
befriedigende Aussage, was eine Freizeitwohnung ist, gibt, vertraten wir die Auffassung, daß diese
Frage zu einem späteren Zeitpunkt einer Lösung zugeführt werden soll. Einen breiten Raum bei den
Verhandlungen im Ausschuß nahm die Frage der Einkaufszentren ein, die nun im § 17 neu geregelt
wird. Gebiete dürfen künftig nur in zentralen Orten für Einkaufszentren gewidmet und diese Zentren
auf Flächen errichtet werden, für welche im Flächenwidmungsplan eine eigene Nutzungsart
ausgewiesen ist, dies allerdings erst dann, wenn die zusammenhängende Verkaufsfläche mehr als
600 m2 be- trägt. Hier gab es ursprünglich im Ausschuß verschiedene Auffassungen; man hat sich
nun auf diese Quadratmeterfläche geeinigt. In den einzelnen Bundesländern wird diese Frage aber
unterschiedlich behandelt, und das ist in diesem Zusammenhang sehr interessant.
Feststeht aber auch, daß Einklaufszentren künftig nur auf die sogenannten zentralen Orte beschränkt
bleiben. Die Bestimmung über die Einkaufszentren hängt sehr eng mit dem Problem der
Nahversorgung der Bevölkerung mit Artikeln des täglichen Bedarfes zusammen und ist daher
verständlich. Das Problem der Nahversorgung wird damit meiner Ansicht nach aber ganz bestimmt
nicht gelöst, weil es ganz andere Ursachen hat, die mit diesem Gesetz nicht zu regeln sind. Die Frage
der VorbehaItsflächen wird im § 20 ausführlich behandelt und in der nunmehrigen Fassung einer in
allen Teilen befriedigenden Lösung zugeführt. Auch über die Bestimmungen der Bausperre, den
Ersatz von Aufwendungen und die anderen Paragraphe einschließlich der Übergangsbestimmung
wurde eine Einigung erzielt. Der Motivenbericht zum gemeinsamen Antrag der Abgeordneten
Manndorff, Bieder und anderer weist darüber hinaus auf das Verhandlungsergebnis im besonderen
hin. Mit dem Wirksamwerden des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976, das mit
1. 1. 1977 in Kraft tritt, wird das Nieder- österreichische Raumordnungsgesetz 1974. Feststeht aber
auch, daß Einkaufszentren Landesgesetzblatt 8000, außer Kraft gesetzt. Es bleibt zu hoffen, daß das
neue Raumordnungsgesetz ein gutes für Niederösterreich wird. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Manndorff.
Abg. MANNDORFF: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, das wir
heute beschließen wollen, ist zweifellos für die weitere Entwicklung des Landes Niederösterreich von
allergrößter Bedeutung. Es gibt wenige Gesetze, die die vergangenen acht Jahre der Entwicklung
unseres Bundeslandes so stark beeinflußt haben wie das Raumordnungsgesetz 1968. Gerade der
heutige Tag mit den vielen Tagesordnungspunkten hat dies immer wieder unterstrichen, denn es gab
wenige Punkte, bei denen nicht irgendwie von Raumordnungsprogrammen, Raumordnungsproblemen
oder vom Raumordnungsgesetz die Rede gewesen ist. Das neue Gesetz, das jetzt hier vorliegt, ist
geeignet und hat die Aufgabe, das Tor zu einer ganz neuen Entwicklung auf dem Gebiete der
Raumordnung und einer modernen Strukturpolitik aufzustoßen und Marksteine vieler neuen
Möglichkeiten dieser Strukturpolitik zu setzen, die, wie ich glaube, die kommenden Jahre der
Entwicklung in Niederösterreich entscheidend und mit neuen Impulsen beeiflussen wird.
Wir wissen alle, meine Damen und Herren, daß die Raumordnung in Niederösterreich eine Qualität
und eine Fortschrittlichkeit besitzt, die weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus anerkannt
ist. Es ist eine, wie ich persönlich es beurteile, besonders erfreuliche Tatsache, daß gerade die
Raumordnung, sowohl was das Gesetz 1968 betrifft als auch was das heutige Gesetz betrifft, auf der
Grundlage der Einvernehmlihkeit des ganzen Hauses beruht und damit die Entwicklung auch im
Prinzip vom ganzen Haus getragen wird. Ich darf meinerseits, der ich an diesen Verhandlungen die
ganze Zeit teilnehmen konnte, mit Dank sagen, daß diese in den beiden Fraktionen sachlich und ganz
offensichtlich in dem Bemühen geführt wurden, hier wieder eine einvernehmliche Basis für die
kommende Arbeit zu finden, was auch gelungen ist.
Es wäre aber, meine Damen und Herren, und das glaube ich auch in diesem Augenblick sagen zu
dürfen - ungerecht, würde man nicht auch anerkennen, daß diese Entwicklung letztlich mit Recht mit
dem Namen eines Mannes verbunden ist, der während der ganzen Zeit, seit acht Jahren, mit seinen
Impulsen der Motor und Initiator des heute vorgelegten neuen Gesetzes gewesen ist, nämlich der
Referent der Landesregierung, Landeshauptmannstellvertreter Siegried Ludwig. (Beifall bei der ÖVP.)
Diese positive Arbeit ist zweifellos nur dadurch möglich gewesen, daß unter seiner Verantwortung und
Initiative eine außerordentlich qualitativ hochstehende Raumordnungsabteilung in der
Landesregierung geschaffen wurde, wo auf der Basis neuester Erkenntnisse wissenschaftliche
Grundlagenarbeit geleistet wird.
Ich darf sagen, gerade bei den Verhandlungen, die wir geführt haben, und bei der vielen Fach- und
Sachbesprechungen, die ich selber hier führen konnte, habe ich festge. stellt, daß die Arbeit, auch die
gesetzgeberische Arbeit der Landtagsabgeordneten, ohne diese sachliche Grundlagenarbeit niemals
öglich gewesen wäre. Auch die Referenten des Hauses, Dr. Silberbauer und unser Klubsekretär
Hofrat Brosig, waren es, die uns in die Lage versetzt haben, die komplizierte Materie, um die es hier
geht, so aufzubereiten, daß wir von der Abgeordnetenseite her auch politisch die richtigen Impulse zu
setzen vermochten.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige wesentliche Punkte, die ich als neue Richtlinien
dieses Gesetzes betrachte, noch einmal vor Augen führen. Einer der ganz wichtigen Punkte wurde in
kurzen Zügen erwähnt, nämlich die Schaffung eines neuen Bereiches der Raumordnung. Wir haben
heute zunächst einmal, von der Vergangenheit her betrachtet, die Raumordnung in der Form der
Flächenwidmungspläne der Gemeinden praktiziert. Sie ist dann auf die höhere Ebene des Landes,
zum Teil auch in den Bereich des Bundes gehoben worden, um von dort Impulse zu setzen, die die
örtliche Raumordnung allein nicht zu setzen vermag, und eine Ordnung in die Gesamtentwicklung zu
bringen. Hier hat man auf der Basis des schon erwähnten Gesetzes 1968 die Sachprogramme, die
das ganze Land betreffen, geschaffen: die Programme für gewerbliche Industrie, für Fremdenverkehr,
Landwirtschaft, zentrale Orte, Kindergartenwesen, Verkehrswesen und so weiter.
Nun aber entwickelte sich eine Situation, in der wir immer mehr gesehen haben, daß es zwischen
diesen Sachprogrammen auf der oberen Ebene des Landes und der örtlichen Raumordnung an der
Basis auf Grund der ganzen Themenentwicklung als wünschenswert und notwendig erscheint, einen
Zwischenbereich der Raumordnung zu schaffen, den wir jetzt in der Form des organisierten
Zusammenwirkens von Gemeinden schaffen werden, die funktionell im Rahmen einer Region
miteinander verbunden sind. Das ist der Sinn der regionalen Raumordnungsprogramme, die nun
entstehen sollen, und das ist der Sinn der Regionalplanungsbeiräte, die diese
Raumordnungsprogramme erarbeiten wollen. Dabei ist auch ein neues Element der
Demokratisierung, wie ich sagen möchte, dieser Raumordnungsarbeit geschaffen worden, nämlich die
funktionell festgelegte und klargestellte Mitarbeit der Gemeinden an der Erarbeitung dieser
Raumordnungsprogramme.
Mein verehrter Herr Vorredner hat schon erwähnt, da5 in den Verhandlungen über die
Zusammensetzung dieser Regionalplanungsbeiräte uberlegungen verschiedener Art eine Rolle
gespielt haben. Ich darf also sagen, daß die Uberlegung, die sich schließlich durchgesetzt hat, die
Gemeinden sollten Träger dieser von unten kommenden Mitarbeit sein, letztlich auch darauf fußte,
da5 nach unserer Uberzeugung die Gemeinde als Einheit, die den Raum im kleinsten Bereich
verwaltet, auch der Träger dieser Raumordnung von der Basis sein sollte. Es ist, meine Damen und
Herren, irgendwie auch ein gesellschaftSPÖlitisches Moment, wenn wir es für richtig halten, die
kleinen demokratisch gewählten Einheiten als selbständige und eigenständige Kräfte sicherzustellen
und zu stärken und, wenn wir es für wünschenswert halten, daß sie es sind, sie als Träger der Aktion
auch in Zukunft über die Entscheidung des Raumes maßgebend bestimmen sollen, denn die
Gemeinde ist nach unserer Auf£ assung ein entscheidender Träger und eine Säule der
demokratischen Ordnung und des Rechtsstaates.
Wir haben des weiteren ein wichtiges Moment des neuen Gesetzes in der Erweiterung der
Versagungsgründe zu sehen, mit denen das Land Flächenwidmungspläne der Gemeinden nicht
genehmigen kann. Hier ist das Moment der Gesetzwidrigkeit mit ins Spiel gebracht worden. Es war
bisher dem Land nicht möglich, einen FlächenwidmungsplanEntwurf zu untersagen, wenn er
Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes verletzte. Diese Möglichkeit ist nun geschaffen, und wir
haben bei unseren Verhandlungen einen Weg gefunden, der solche Untersagungen wegen
Gesetzwidrigkeit nicht generell festlegt, sodaß eine gewisse Unsicherheit bestünde, welche
Gesetzesbestimmungen hier als Untersagungsgrund verwendet werden sollen; dies wird daher durch
ganz bestimmte Punkte des Gesetzes festgelegt und taxativ aufgezählt.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt, der die Planungsmöglichkeiten der Gemeinden betrifft, ist der schon
erwähnte § 20 über die Vorbehaltsflächen, nämlich insoferne, als er die bisherige Regelung, die es
den Gemeinden zur Pflicht machte, eine als Vorbehaltsfläche gewidmete Fläche binnen zwei Jahren
im Sinne des Vorbehaltes zu nützen, auf fünf Jahre erweitert. Das heißt also, die Gemeinde hat einen
realistischeren Spielraum, eine als Vorbehaltsfläche gewidmete Fläche im Sinne des Vorbehaltes zu
nützen, denn wenn man ihr fünf Jahre Zeit gibt, so ist es irgendwie korrekt und loyal, daß sie innerhalb
eines halben Jahrzehnts auch finanziell in der Lage sein kann, diesen Vorbehalt in die Tat
umzusetzen und die entsprechende Ablöse vorzunehmen.
Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren, der in dem Zusammenhang von großer Bedeutung ist,
ist die Neufassung der Entschädigungsbestimmungen für Fälle, wo durch Raumordnungsmaßnahmen
die Möglichkeit eingeschränkt wird, ein als Bauland gewidmetes Land, das nicht mit einem Bauverbot
belegt ist, in der Verbauung einzuschränken. Hier ist die Regelung gefunden worden, die nach
unserer Absicht sowohl eine kalte Enteignung verhindern als auch der Spekulation einen Riegel
vorschieben soll, nämlich, daß jene Entschädigungen gewährt werden sollen, die der im Hinblick auf
die Baulandwidmung gemachten Aufwendung tatsächlich entsprechen. Das heißt, was jemand im
Hinblick auf eine bestehende Baulandwidmung tatsächlich aufgewendet hat, soll er als Entschädigung
bekommen. Diese Bestimmung wird noch wesentlich klarer werden, wenn wir an die Novellierung
bzw. Neufassung der Bauordnung schreiten, wo der dort bestehende § 9 durch diese Bestimmung
einerseits ersetzt, aber andererseits durch eine Klarstellung der Nutzungsrechte von Widmungen als
Bauland durch Bauplatzerklärungen endgültig ein Fundament geschaffen wird. Ich komme zu einem
weiteren wichtigen Punkt, der schon erwähnt wurde und über den ich noch einige Gedanken
ergänzend vorlegen darf, nämlich zur Beschränkung der Möglichkeiten der Gründung von
Einkaufszentren.
Wir haben hier über die Frage verhandelt, ob diese Einschränkung die Bestimmung enthalten soll, daß
solche Einkaufszentren nur in zentralen Orten gebildet werden dürfen oder ob auch die Möglichkeit
vorgesehen werden soll, sie auch außerhalb der zentralen Orte bilden zu können, also in dünn
besiedelten Gebieten einer Gemeinde. Wir müssen uns nämlich vor Augen halten, ,,zentraler Ort"
heißt ja nicht, daß die ganze Gemeinde ein zentraler Ort ist, sondern nur jener Teil der Gemeinde, in
dem eine Verdichtung des Angebotes an Geschäften und so weiter vorhanden ist, der also eine
Mittelpunktsfunktion innerhalb des Gemeindegebietes ausübt.
Nur dort sollte, so war unsere Überlegung, die Möglichkeit bestehen, ein Einkaufszentrum zu gründen,
nicht aber außerhalb solcher Orte, die nach der Raumordnung Mittelpunktsfunktion ausüben sollen.
Es würde ja das Gegenteil dieser Raumordnung bewirkt werden, wenn man nicht nur dort, wo
Mittelpunktsfunktionen gebildet werden sollen, solche Mittelpunktsfunktionen, wie es ein
Einkaufszentrum ist, hinzufügt und man hätte dann wieder neue Mittelpunktsorte geschaffen, die dem
gesamten organischen Aufbau der Raumordnung widersprochen hätten. Diese uberlegungen haben
wir sehr sachlich diskutiert, und ich habe den Eindruck, daß sich schließlich diese rein sachliche
Argumentation als maßgebend erwiesen hat, sodaß man hier zu einer Einigung kommen konnte.
Ergänzend zu dem von meinem verehrten Herrn Vorredner dargelegten Punkt, daß nämlich eine
solche Gründung eines Einkaufszentrums nur bei der Widmung im Flächenwidmungsplan möglich ist,
kommt noch ein weiterer Schranken hinzu, der nicht im 5 17 über die Einkaufszentren zu finden ist,
sondern in jenem Paragraphen, der die Versagungsgründe von Flächenwidmungsplänen betrifft. Dort
ist ausdrücklich festgelegt, daß das Land, sollte durch eine solche Widmung in einem
Flächenwidmungsplan die Nahversorgung auch anderer Gemeinden gefährdet werden, diese
Widmung und damit den Flächenwidmungsplan untersagen kann. Es sind also praktisch drei Barrieren
für solche Einkaufszentren errichtet:
a) nur in zentralen Orten,
b) nur wenn sie im Flächenwidmungsplan gewidmet sind und
c) wenn das Land nicht aus Gründen der Sicherung der Nahversorgung Einspruch erhoben hat.
Das bedeutet also tatsächlich nicht nur eine, ch möchte sagen demonstrative Meinungsäußerung
gegen Einkaufszentren, sondern auf Grund dieses Gesetzes tatsächlich eine wesentliche
Einschränkung gegenüber den derzeitigen Möglichkeiten. Ich kann nur als Beispiel sagen, daß die
Shopping-City Süd nach diesem Gesetz nicht mehr entstehen könnte. Das ist zwar keine Möglichkeit,
diese Gründung ungeschehen zu machen, aber wenn wir uns erinnern, daß bei der Eröffnung der
Shopping-City Süd Erklärungen abgegeben wurden, daß man noch eine ganze Reihe weiterer
ähnlicher Unternehmungen vorhat, so ist anzunehmen, daß das Gesetz doch in der Lage sein wird,
wesentliche Fehlentwicklungen zur Gefährdung der Nahversorgung zu unterbinden. Das ist, glaube
ich, ein Erfolg, den wir im Sinne der Nahversorgung und damit im Interesse weniger begüterter
Bevölkkerungskreise, die ja nicht in der Lage sind, weiter weg einkaufen zu fahren und vor allem vom
Zusammenbrechen der Nahversorgung betroffen werden, als Sicherungsvorkehrung treffen konnten.
Ich möchte, meine Damen und Herren, um die ungeheure Übermacht solcher Einrichtungen zu
demonstrieren, ein ganz kurzes Beispiel aus dem gestrigen Abendprogramm des Rundfunks
erwähnen. Als ich gestern von der Stadt hinausgefahren bin, habe ich im Radio die Übertragung des
Fußballänderkampfes Österreich-Ungarn gehört. Da hat sich folgendes abgespielt:
Der Reporter dieses Kampfes hat zunächst den Trainer Merkl terviewt, was er zu die sem Match sagt.
Dann hat er auf einmal mitten im Spiel erklärt - das Publikum brüllte gerade wegen einer spannenden
Szene -, jetzt kommt eine sensationelle Mitteilung des Herrn Sowieso - ich habe den Namen nicht
verstanden -, der gesagt hat: „Ja, wir haben für unsere Basketballmannschaft einen Spieler erworben,
der jetzt die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hat und der dabei ist, ein Weltstar des
Basketballs zu sein, womit gewährleistet ist, daß die Mannschaft von Shopping-City Süd gut gerüstet
in die Herbstsaison gehen kann."
Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, welches Geschäft wäre in der Lage, eine solche
Werbeeinlage als scheinbare SPÖrtmeldung über Basketball während einer
Fußballändermatchübertragung miteinblenden zu können? Ich muß also sagen, das ist schon fast an
der Grenze dessen, wo sich korrekte Werbung von der vielleicht nicht mehr ganz mit korrekten Mitteln
betriebenen Werbung unterscheidet. Ich führte das Beispiel an, nur um augenfällig zu machen, mit
welcher Übermacht an Möglichkeiten auch in der Werbung solche Mammutunternehmungen arbeiten.
Ich habe an dieser Stelle schon einmal erklärt: die Entwicklung zum Monopol ist eine der größten
Gefahren für das Funktionieren der Marktwirtschaft, die wir alle im Interesse der Versorgung und, wie
ich glaube, auch aus gesellschaftlichen Gründen unterstützen und aufrechterhalten sollen.
Ich meine daher, daß auch - und das möchte ich als Ergänzung in diesem Zusammenhang anführen als weiterer Schritt gegen das Entstehen solcher überwuchernder Einkaufszentren auch wirksame
Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmungen vor der
Haustür der Nahversorgung Platz greifen sollten.
Meine Damen und Herren! Nur ein ganz kurzer Gedanke, der uns in Erinnerung rufen soll, was das
bedeutet. Wenn wir die wesentliche Unterscheidung zwischen dem, was die diktatorische Wirtschaft
des Ostens bietet gegenüber dem, was unsere Wirtschaft im Westen bietet, ins Auge fassen, so liegt
es nicht daran, daß in der östlichen Wirtschaft die Großunternehmungen fehlen. Dort fehlen vor allem
die kleinen Unternehmungen zur individuellen Versorgung des privaten, persönlichen Geschmackes,
zur Nahversorgung, für die Vielfalt des Angebotes; es fehlen die mittelständischen Betriebe, die
unsere westliche Wirtschaft eigentlich kennzeichnen. Daher sollten wir uns darüber klar sein, daß es
auf diesem Gebiet wirklich aller Anstrengung wert ist, diese Struktur zu erhalten und zu fördern.
Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt, der in diesem Zusammenhang erwähnenswert ist, mag
in der Funktion dieses Raumordnungsgesetzes im Zusammenhang mit der gesamten Bemühung, die
Entwicklung des Landes zu gestalten, liegen. Wir sollten uns das Ziel setzen, die Gesetaesmaterien
von Raumordnungsgesetz, Naturschutzgesetz, Bauordnung, die demnächst zur Novellierung
heransteht, und Ortsbildpflege als Ganzes zu sehen, da jede für sich einen bestimmten Teilbereich
dieser Aufgaben zu erfüllen hat, die aufeinander abgestimmt, aber auch in ihrem eigenen
Wirkungsbereich klar so voneinander getrennt sein sollten, sodaß Überschneidungen und
Verwirrungen unterbleiben. Das, glaube ich, ist ein Punkt, der für uns in der Zukunft eine große
Aufgabe sein wird. Und schließlich, meine Damen und Herren, noch ein kurzer Gedanke zu der
größeren Aufgabenstellung der Raumordnung. Ich komme wieder darauf zurück, daß es in der
heutigen Zeit nicht mehr genügt, nur mehr die Entwicklung eines einzelnen Landes ins Auge zu
fassen. Gerade in unserem Raum ist es erforderlich, das Zusammenwirken der Bundesländer
Niederösterreich, Wien und auch Teilen des Burgenlandes immer mehr und mehr als eine Aufgabe
koordinierten Vorgehens zu sehen. Ich möchte gerad aus diesem Anlaß Ihre Aufmerksamkeit darauf
lenken, daß wir im Zusammenhang mit der Entscheidung über das künftige Regierungsgebäude
MinoritenplatzBallhausplatz ein Beispiel vor uns haben, das in vielen Fragen typisch ist für die
gemeinsame Verantwortung Niederösterreichs und Wiens. Ich glaube, daß wir aus der Präsentation
des Modells schon die Aufgabe entnehmen müssen, zwischen den positiven Aspekten, die wohl vor
allem in der Fluchtlinie des Gebäudes liegen, und den negativen Aspekten, die in der geplanten Form
der Fassade liegen, einen Unterschied zu treffen und alles daranzusetzen, eine Lösung zu finden, die
auch dem historischen und altehrwürdigen Bild des Raumes, in dem dieses Gebäude stehen wird,
gerecht wird, damit auch unserer Verantwortung späteren Generationen gegenüber Genüge getan
wird.
Meine Damen und Herren! Diese Gedanken zu dem Gesetz, über das noch sehr viel mehr zu sagen
wäre, sind aber vielleicht die wesentlichsten Punkte. Ich glaube, daß es ein Gesetz ist, das für die
kommende Entwicklung unseres Bundeslandes die Weichen in positiver Richtung stellt, dem wir alle
mit großer Überzeugung zustimmen können und von dem ich hoffe, daß es voll und ganz den
Erwartungen entspricht, die im Interesse ‚Niederösterreichs diesem Gesetz entgegengebracht werden.
(Beifall bei der ÖVP und einigen Abgeordneten der SPÖ.)
Landeshauptmannstellvertreter LUDWIG: Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte mich als zuständiger Referent bei allen, die mitgeholfen haben, dieses neue
Gesetz zu erarbeiten, sodaß wir heute darüber diskutieren konnten, herzlichst bedanken: bei den
Mitgliedern des Unterausschusses und des Ausschsses, bei den beiden Rednern, beim
Berichterstatter; ich möchte mich bedanken bei den Damen und Herren beider Klubs und ihren
Bediensteten, vor allem den Juristen; ganz besonderer Dank gebührt dem eigenen Referat der
Raumordnung mit Silberbauer an der Spitze. Ich glaube, verehrte Damen und Herren, im Jahre 1968
wurde auf dem Gebiete der Raumordnung, einer neuen Wissenschaft, ein Grundstein in diesem
Lande gelegt. Wenn wir nun acht Jahre zurückblicken, dann können wir feststellen, daß auf dem
Gebiete der Raumordnung in diesem Lande durch eine sachliche und einvernehmliche Lösung
einiges erarbeitet werden konnte. Auf Grund dieserzehn verbindlichen Raumordnungsprogramme sind
letztlich auch die Budgetmittel dieses Landes umstrukturiert worden, und es wamöglich, im Interesse
der niederösterreichischen Bevölkerung Initiativen auf vielen Gebieten zu starten.
Aber auch unsere Gemeinden haben sehr positive Arbeit geleistet. Wenn man heute Bilanz zieht,
dann kann man feststellen, daß 26% unserer Gemeinden rechtsverbindliche Flächenwidmungspläne
haben, 61% der niederösterrreichischen Gemeinden vereinfachte Flächenwidmungsplnäne und nur 77
Gemeinden oder 13% haben keine Flächenwidmungspläne. Das heißt, die Gemeinden sind den
eingeschlagenen Weg mitgegangen, haben die angestrebte Ordnung herbeigeführt und es ist daher
möglich, verehrte Damen und Herren, diesen Weg auch in Zukunft fortzusetzen.
Sie werden sich fragen, warum war es denn notwendig, eine Änderung dieses neuen Gesetzes zu
erarbeiten und heute im Landtag zu behandeln? Es war notwendig, weil sich im Laufe der letzten
Jahte bei der praktischen Anwendung des Gesetzes verschiedene Abänderungserfordernisse
ergeben haben, und ich glaube daher, daß man, wenn sich tige Änderungen ergeben, dieses Gesetz
sehr rasch und flexibel der Wirklichkeit anpassen soll. Sie haben aus den Ausführungen beider
Redner gehört, daß viele Abänderungen vorgenommen wurden. Ich möchte nur zwei davon ganz kurz
streifen, nämlich die Regionalplanung in diesem Lande, die ab 1. Jänner 1977 anlaufen wird. Wenn
nun dieses Land in 11 Regionen eingeteilt wird, dann werden sich die Menschen dieser Regionen
gewisse Vorstellungen machen. Wir werden daher alle Interessierten zu Gesprächen einladen und
ersuchen, in den nächsten Jahren 11 Regionalprogramme im Interesse aller gemeinsam zu
erarbeiten, gemeinsam zu diskutieren und auch gemeinsam zu beschließen.
Die zweite Änderung ist, glaube ich, wichtig und erwähnenswert, nämlich, wie es mit den
Einkaufszentren auf der grünen Wiese in Zukunft ausschauen soll. Es haben sich beide Klubs
durchgerungen, daß Einkaufszentren in Zukunft nur dort errichtet werden dürfen, wo es bereits
Zentren gibt. Wenn wir in diesen Zentren Einkaufsflächen zur Verfügung stellen, dann werden wir vor
allem den älteren Menschen dienen, denn sie werden um’s Eck letzlich auch ihre Bedürfnisse
befriedigen können. Somit, glaube ich, dürfte dieses Gesetz für die Zukunft etwas Positives sein, und
ich darf daher nochmals herzlich danken und um Verständnis bitten, daß ich mich mit dem Gesetz
nicht weiter beschäftige, es soll ja noch am heutigen Tage beschlossen werden. Danke. (Beifall im
Hause.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Manndorff.
Abg. MANNDORFF: Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich habe nur eine kurze formale
Aufgabe zu erfüllen. Es ist beim Schreiben des Entwurfes, den wir eingebracht haben, beim § 14
Absatz 2 Zeile 2 ein Schreibfehler passiert, den ich nun hier zur Berichtigung einreichen darf. Diese
trägt die Unterschrift von Herrn Abg. Bieder und mir.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Schluß er Debatte hat der Abg. Manndorff einen
Abänderungsantrag zu dem vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht. Es hat nämlich im § 14 Abs. 2
die Zeile 2 zu lauten:
„Die für die land- und forstwirtschaftliche Produktion wertvollen Flächen sind, soweit nicht andere Ziele
Vorrang haben, für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sicherzustellen."
Ich lasse zunächst über diesen Abänderungsantrag abstimmen. (Nach Abstimmung): Angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über das Gesetz und den Antrag des Rechtsausschusses.
(Nach Abstimmung über den Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des Rechtsausschusses):
Angenommen.
Ich stelle fest, genau 24 Uhr. (Heiterkeit.) Ich ersuche den Abg. Rohrböck, die Verhandlung zur Zahl
326 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. ROHRBÖCK: Herr Präsident! Hohes Haus! Das Niederösterreichische
Jagdgesetz aus 1947 erfuhr im Jahre 1969 die letzte größere Änderung. Die Bedachtnahme auf die
Interessen der Landund Forstwirtschaft, im besonderen das Inkrafttreten des Forstgesetzes 1975,
erfordert neuerlich einige grundlegende Änderungen dieses Gesetzes. Bei dieser Gelegenheit waren
auch noch weitere Änderungen vorzunehmen, einerseits um der Spruchpraxis der Höchstgerichte
Rechnung zu tragen, andererseits aber auch deshalb, weil dies neuere Erkenntnisse auf dem Gebiete
der Jagdwirtschaft erfordern. Da Mitte 1977 im größten Teil Niederösterreichs die
Jagdgebietsfeststellungen vorzunehmen sind, soll gewährleistet sein, daß dieses Gesetz mit Beginn
des Jahres 1977 in Kraft tritt.
Auf Grund dieser Gesetzesnovelle werden dem Land keine zusätzlichen Kosten erwachsen, es muß
im Gegenteil erwartet werden, daß die im neuen 5 12 enthaltene Verwaltungsvereinfachung eine
Kostenersparnis zur Folge hat.
Der Landwirtschaftsausschuß hat sich in seinen Sitzungen am 7. und 13. Oktober 1976 mit der
gegenständlichen Vorlage befaßt und den Beschluß gefaßt, eine Reihe von Änderungen des
Geschäftsstückes zu beantragen. Diese Änderungen sind in einem schriftlichen Bericht des
Landwirtschaftsausschusses zusammengefaßt und den Damen und Herren des Hohen Hauses
zugegangen. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, würde ich auf ein näheres Eingehen in diesem
umfangreichen Bericht verzichten und erlaube mir, den Antrag des Landwirtschaftsausschusses über
die Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Jagdgesetz 1974
geändert wird, zu stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. ,,Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem das NÖ Jagdgesetz 1974 geändert wird, wird in der
vom Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten bzw. die Abstimmung vorzunehmen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gemeldet ist Herr Abg. Wedl.
Abg. WEDL: Herr Präsident! Hoher Landtag! Der im Saal anwesende Herr Landesjägermeister wird
mir zustimmen, daß man, wenn man auf die Jagd gehen will, eben sehr zeitig in der Früh auf sein
muß. Daher sind also wahrscheinlich auch wir heute verurteilt, zu morgendlicher Stunde des
15. Oktober das neue Jagdgesetz hier zu beschließen. (Zwischenruf.) Ohne Jägerlatein. Die heute
dem Niederösterreichischen Landtag vorliegende Novelle zum Jagdgesetz 1969 ist in ihrer Gliederung
und im Aufbau wesentlich einfacher und übersichtlicher als das alte Jagdgesetz. Bei der Beratung der
Fraktionen lagen gegenseitig Abänderungsanträge vor, welche zum Großteil einhellig beschlossen
wurden. Es bringt dieses Gesetz vor allem eine Vereinfachung der Jagdkarten, wo es nun nicht mehr
eine Unterteilung in Sonderkarten, Jahreskarten etc. gibt, natürlich unter Beibehaltung der
Bestimmungen für Berufsjäger und Lehrlinge. Dieses Gesetz gibt nun auch die Möglichkeit, Jagd- und
Zuchtgehege zu sperren, wobei es Aufgabe von uns allen und selbstverständlich auch der Touristen
und Wanderorganisationen sein wird, darauf zu achten, daß diese Sperre nicht vom 1. Jänner früh bis
31. Dezember abends dauert. Es würden dann nämlich die schönsten Wanderwege, vor allem
Zeitwanderwege nichts nützen, die schon in großer Zahl quer durch Niederösterreich und auch
innerhalb Niederösterreichs angelegt sind, wenn auf diese Art die Wanderer oder Spaziergänger
ausgesperrt werden. Am Beispiel der verbauten Seeufer oder der abgesperrten Berggipfel in anderen
Bundesländern müssen wir die Lehre ziehen, daß das freie Wegerecht unter allen Umständen
aufrechtzuerhalten ist. Durch das Jagdgesetz darf keinesfalls das Forstgesetz eingeschränkt oder
auigehoben werden. Es kann auch nicht angehen, daß Jagd- oder Zuchtgehege nur deshalb angelegt
werden, um einen gewöhnlichen Wanderer vom Betreten der Fluren oder des Waldes auszuschalten.
Es wird auch auf die Art des Geheges ankommen, wie lange diese Sperre erfolgen kann, weil
sicherlich Enten oder Fasanengehege anderen Größenverhältnissen unterliegen wie zum Beispiel
Rehgehege. Wir sehen aber auch ein, daß zu bestimmten Zeiten zum Schutze der Menschen eine
solche Sperre verfügt werden muß, um deren Sicherheit zu gewährleisten.
Zur Zeit der Feudalherrschaft wurden Bekleidungs- und Speisevorschriften in der Richtung erlassen,
daß geschrieben stand, wer was tragen darf und was man zu essen hat. Zu allen Zeiten aber gehörte
das Wild zur herrschenden oder privilegierten Klasse. Heute sind die Wildbretwochen, die immer um
diese Zeit stattfinden, eine Selbstverständlichkeit. Und heute ist mir auch aus einer
niederösterreichischen Zeitung ein Artikel in die Hand gefallen, daß ,,Hirsche im Landhaus" waren. Ja,
so lautet die Überschrift, und ich habe das jetzt auch so vorgelesen. Da lese ich auch von dem
wunderbaren Buffet, wo Wildschweine und alle möglichen Wildarten in großen Stücken im Hofe des
NÖ Landhauses bewundert und verkostet werden konnten und daß Herr Landesrat Bierbaum hier die
Wildbretwochen eröffnet hat. Ich bin also niemandem neidig, der bei diesem Gaumenschmaus dabei
war. Ich möchte aber nur diese große Wildsau, die man hier vielleicht gegessen hat, in ein Verhältnis
zu der kleinen Torte von Professor Böhm bringen (Beifall bei der SPÖ.) und betonen, daß die
Bestrebungen gegen die Entfeudalisierung des Jagdrechtes keinen Vorrang gegenüber allen anderen
Interessen haben. Früher war die Jagd das Vergnügen der herrschenden Klasse. Im Laufe der Zeit
hat sich die Jagdwirtschaft zu einem Wirtschaftszweig entwickelt, wobei man darauf achten muß,daß
die Jagdwirtschaft keinen Vorrang gegenüber der Landwirtschaft bekommt. Durch Überzüchtung des
Wildes darf es zu keinem Überbestand kommen, welcher dann das biologische Gleichgewicht
gefährdet. Es kann dann vor allem auch in der Land- und Forstwirtschaft zu große Wildschäden
kommen. Der Wildbestand in den Revieren muß biologisch vertretbar und ausgeglichen sein.
Es wäre auch erwägenswert, daß man bei künftigen Straßenplanungen, zum Beispiel Errichtung von
Autobahnen, Schnellstraßen und Umfahrungsstraßen, nicht nur auf die Gegebenheiten der
verschiedensten Arten Rücksicht nimmt, sondern auch durch die Heranziehung von Fachleuten,
Biologen zum Beispiel, auf den Wildwechsel Rücksicht nimmt.
Vor kurzem wurden die Statistiken über Wildunfälle im Jahre 1974 veröffentlicht, aus denen
hervorgeht, daß es in Österreich zu mehr als 300 Wildunfällen mit 450 Verletzten und 24 Toten
gekommen ist. Es kommt durch das plötzliche Auftauchen von Wild auf der Straße immer wieder zu
Fehlreaktionen oder Ausweichreaktionen, die oft sehr tragisch enden. Diese 24 Toten könnten
sicherlich noch leben, wenn auf den Wildwechsel gehörig Rücksicht genommen oder Wildzäune oder blenden errichtet worden wären. Zu einer Unsystematik in unserer Rechtsordnung ist es dadurch
gekommen, weil im Ausschuß der Antrag, den Elch, den Bären, den Luchs und den Wolf von den
Bestimmungen des Jagdgesetzes auszuklammern, abgelehnt wordenist.
Im Naturschutzgesetz, über dessen Inhalt ja grundsätzlich schon Übereinstimmung erzielt worden ist,
wurde über Antrag der ÖVP vorgesehen, daß Belästigungen, die dem einzelnen im öffentlichen
Interesse am Naturschutz entstehen, durch die öffentliche Hand auch abgegolten werden. Während
im Naturschutzgesetz die Belastung des einzelnen verstaatlicht wurde, das heißt aus
Naturschutzmitteln solche Erschwernisse bezahlt werden und damit die öffentliche Hand hilfreich
eingreift, soll nach dem Jagdgesetz und nach dem Willen der ÖVP dieser entstandene Schaden jetzt
reklamiert werden. Die Jagdinhaber oder die Jagdgenossenschaften sollen zur Zahlung des
Schadens, der durch die jagdbaren Tiere, auch wenn sie ganzjährig unter Schonzeit stehen,
verursacht wird, herangezogen werden. Die Sozialisten haben daher nicht eingesehen, daß man die
geschützten Tiere, also Elch, Bär, Luchs und Wolf, nunmehr zu jagdbaren Tieren erklärt.
Wir freuen uns alle, wenn wir hören und lesen, daß der „Petzi-Bär" wieder durch das Ötscherland
zieht. Wir freuen uns alle darüber, wenn sich hie und da aus dem hohen Norden ein Elch zu uns verirrt
oder in den Marchauen oder im Waldviertel gelegentlich ein Luchs oder ein Wolf auftaucht. (Abg.
Zimper: Das ist der Bär, den Sie uns immer aufbinden!) So große Kugeln, glaube ich, gibt es noch gar
nicht, um den Bären, den Ihr uns hier auftischen wollt, schießen zu können. (Heiterkeit.)
Wir wissen aber auch, daß die Vermehrung dieser Tiere in Zukunft nicht ausreichend sein wird, um die
Schonzeit aufheben zu können. Daher haben wir mit Bedauern die Haltung der ÖVP in dieser Frage
zur Kenntnis nehmen müssen. Allen abgegebenen Zusagen, daß sich die Jagdinhaber,
Jagdgenossenschaften oder Jagdverbände selbst durch den Abschluß einer Versicherung gegen
solche Schadenersatzansprüche geschützt haben, können wir nicht folgen, weil ja auch die
Versicherungen den Jagdausübenden Geld kosten. Man verzichtet hier also bewußt auf die
Unterstützung der öffentlichen Hand und zieht die Privaten zur Zahlung heran, wenn wirklich einmal
etwas passieren sollte.
Wir wissen aber auch, daß unsere Jäger sehr verantwortungsbewußt sind und keines dieser nur
fallweise auftretenden Tiere abknallen werden, weil sie selbst daran Freude haben, wenn in ihrem
Revier ein solches bisher geschütztes Tier auftritt. Der gesetzliche Schutz eines Tieres wäre für uns
aber ungleich wertvoller als ein Tier, das nur unter Schonzeit steht, aber doch zu den jagdbaren
Tieren zählt. Das ist, aus unserer Sicht gesehen, der Hauptschönheitsfehler in diesem Gesetz.
Wir wissen selbstverständlich, daß in anderen Ländern ein Elch oder Luchs zu den jagdbaren Tieren
genauso zählt wie ein Bär. In südlichen Nachbarländern werden aber auch die Schwalben gefangen
und gejagt, Ohne daß es deswegen bei uns jemandem einfällt, plötzlich die Singvögel zu jagdbaren
Tieren zu erklären. Wir wollen nur erreichen, daß infolge des öffentlichen Interesses an einem solchen
Tier auch aus öffentlichen Mitteln der Schaden bezahlt wird, wenn ein solcher angerichtet wurde.
Bei aller Freude an der Jagd, wobei ich betonen möchte, daß ich selbst kein Jäger bin, aber in der
Gemeinde sehr oft mit Jagd – und Wildschadenproblemen befaßt wurde – ich hatte schon die
undankbare Aufgabe, dort den Vorsitz usw. zu führen, da wir draußen immer wieder mit diesem
Problem konfrontiert werden -, möchten wir also auch vor einer übertriebenen Jagdwirtschaft im
Interesse unserer Landwirtschaft warnen.
Wir wissen sehr gut, daß die Gelder, die den Landwirten oder auch den Weinbauern aus dem Titel
des Wildschadens ausbezahlt werden, in vielen Fällen, vor allem aber in den wildreichen Gegenden,
nicht ausreichen, den tatsächlich aufgetretenen Schaden zu ersetzen. So hoffen wir, daß dieses
Gesetz den Jägern genauso gelegen kommen wird wie der Landwirtschaft und der Bevölkerung, die
weiterhin das Freigehegerecht in Anspruch nehmen kann. In diesem Sinne geben wir Sozialisten
diesem Gesetz gerne die Zustimmung. (Beifall bei den Sozialisten.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Romeder.
Abg. ROMEDER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Jagd hat
in den letzten Jahrzehnten in ihrer Bedeutung im Verhältnis zur Landwirtschaft sicher einen gewaltigen
Wandel durchgemacht, und es wäre sicher interessant, heute zu diesen Problemen ausführlich
Stellung zu nehmen. Nachdem es aber bereits ein viertel nach zwölf Uhr ist, gestatten Sie mir, nur
ganz kurz zu einigenoschwerpunkten, die sich aus der Ausschußverhandlung zu diesem Gesetz
ergeben haben, eine Stellungnahme von unserer Seite abzugeben. Der Landwirtschaftsausschuß hat
sich mit dieser Materie sehr ausführlich befaßt, hat seine Beratungen sogar unterbrochen, um unseren
Klubjuristen und den zuständigen Juristen im Referat die Möglichkeit zu geben, juridische
Formulierungen von Vereinbarungen, die wir getroffen haben, vorzunehmen.
Es war dann innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit doch möglich, im großen und ganzen eine
Übereinstimmung zu erreichen. Entscheidend ist, daß zum Unterschied zur Regierungsvorlage die
von unserer Seite im Zusammenhang mit den Eigenjagden im heute bestehenden Gesetz normierten
Bestimmungen aufrecht bleiben, eine Art Serviceleistung, da auch jetzt von der Verwaltungsbehörde
die notwendige Kundmachung den Betroffenen zugeschickt wird.
Als gewaltiger Fortschritt ist sicher die Neuregelung zur Erlangung der Jagdkarte zu werten, die hier
doch eine gewaltige Umstellung erfährt, und zwar ist damit eine Verwaltungsvereinfachung erzielt
worden, sowohl gegenüber den Behörden als auch gegenüber der Partei. Somit ist, glaube ich, hier
beiden Seiten entsprechend geholfen, und das wird sich sicher in Zukunft sehr positiv auswirken. Vom
rein Landwirtschaftlichen her ist der ÖVP-Antrag und die Neunormierung des § 88 Abs. 2 gewiß von
Interesse, da hier die Benützung nicht öffentlicher Wege für die Wildbringung und Wildfütterung neu
geregelt wurde.
Neu wurde vor allem eine entsprechende Entschädigungsregelung eingeführt. Hier soll im Streitfall die
Bezirksverwaltungsbehörde eingreifen. Ich darf nochmals sagen, diese Neuregelung bezeichnen wir
als echten Fortschritt. Erfreulich ist, daß es in diesem Ausschuß möglich war, in der Frage der Zucht
und Nutzgehege einen Kompromiß zu erzielen. Diese werden jetzt von einer Bewilligung durch die
Verwaltungsbehörde abhängig gemacht, und die Bewilligung wird sich an einigen normierten Kriterien
zu richten haben.
Wie bereits von meinem Vorredner ausgeführt, gab es nur einen einzigen Punkt, und zwar im Rahmen
des SPÖ-Abänderungsantrages, wo eine Übereinstimmung nicht möglich war. Das war im
Zusammenhang mit dem § 3 Absatz 1 bezüglich der Aufnahme des Elches, des Bären, des Luchses
und des Wolfes in das Jagdgesetz. Hier ging es uns um die grundsätzliche Auseinandersetzung, ob
der Schutz dieser Tiere durch das Jagdgesetz sowohl in der Schonzeitenverordnung als auch bei
einer in der Quantität anderen Entwicklung auch für den Abschuß gegeben sein soll, oder ob diese
Tiere im Rahmen des Naturschutzes mit eingebaut sein sollen.
Ich darf nur zur Kenntnis bringen, daß Professor Dr. Konrad Lorenz ein Schreiben, datiert vom
6. Oktober 1976, an den Landesjägermeister von Niederösterreich gerichtet hat, und zwar auf dem
Briefpapier der ,,Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Institut für vergleichende
Verhaltensforschung". Hiermit hat sich Professor Lorenz besonders beim Landesjägermeister,
unserem Herrn Landesrat Bierbaum, bedankt, daß in der Regierungsvorlage gerade die Regelung in
bezug auf Bär und Luchs vorgesehen ist. Das war auch mit ein Grund, weshalb wir neben den im
Ausschuß ausführlich begründeten Überlegungen sowohl vom Gesetzlichen wie auch vom
Gesetzestechnischen her diese Regelung vorgeschlagen und vertreten haben. Insgesamt kann
gesagt werden, daß diese Materie im Rahmen einer verhältnismäßig umfangreichen Novellierung
positiv behandelt werden konnte, ist doch die letzte große Novellierung bereits im Jahre 1969 erfolgt
und sind doch im Jahre 1977 Jagdgebietsneufeststellungen zu treffen. Daher ist es notwendig, daß
auch diese Novelle rechtzeitig in Kraft treten kann. Wir dürfen dieser Vorlage unsere Zustimmung
geben und uns freuen, daß hier ein Gesetzeswerk, eine Novelle, zustande gekommen ist, die sowohl
den Überlegungen der Land- und Forstwirtschaft wie auch der Jagd Rechnung trägt und sich daher
sicher im Interesse beider, sowohl der Landwirtschaft als auch der Jäger, positiv auswirken wird.
(Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. ROHRBÖCK: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den Wortlaut
des Gesetzes sowie über den Antrag des Landwirtschaftsausschusses): Angenommen.
Somit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Es werden sogleich nach dem Plenum der
Finanzausschuß, der Rechtsausschuß, der Sozialausschuß und der Wirtschaftsausschuß ihre
Nominierungssitzungen im Herrensaal abhalten.
Die nächste Sitzung wird im schriftlichen Wege bekanntgegeben werden.
Die Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung 00,20 Uhr.)
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