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Landtag von NÖ, XIII. Gesetzgebungsperiode
Tagung 1989/90
22. Sitzung am 19. April 1990
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Mag. Romeder (Seite 663).
2. Mitteilung des Einlaufes (Seite 663).
3. Angelobung des Abgeordneten Rudolf FRIEWALD (Seite 664).
4. Würdigung der Tätigkeit des Abgeordneten ANZENBERGER (Seite 664).
5. Antrag des Schulausschusses zum Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Treitler, Kalteis
und andere betreffend Änderung des NÖ Kindergartengesetzes 1987. Berichterstatter: Abg. Treitler
(Seite 664); Redner: Abg. Ing.Heindl (Seite 665), Abg. Kalteis (Seite 666), Abg. Preiszler (Seite
669), Abg. Helene Auer (Seite 671), Abg. Monika Lugmayr (Seite 672); Abstimmung (Seite 674).
6. Antrag des Verfassungsausschusses über den Antrag der Abgeordneten Kurzbauer und andere
betreffend Novellierung des NÖ Raumordnungsgesetzes (Raumverträglichkeitsprüfung für
Einkaufszentren). Berichterstatter: Abg. Franz Rupp (Seite 674);
Redner: Abg. Ing.Weinmeier (Seite 675), Abg. Mag.Kaufmann (Seite 678), Abg. Trabitsch (Seite
681), Abg. Ilse Hans (Seite 682), Abg. Hubert Auer (Seite 683); Abstimmung (Seite 685).
7. Antrag des Finanz- und Wirtschaftsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend
NÖSIWAG, Niederöstereichische Siedlungswasserbaugesellschaft mbH., Haftungsrahmen.
Berichterstatter: Abg. Buchinger (Seite 685); Redner: Abg. Ing. Weinmeier (Seite 686), Abg. Gruber
(Seite 688), Abg. Sauer (Seite 689); Abstimmung (Seite 691).
8. Antrag des Finanz- und Wirtschaftsausschusses über den Bericht des Finanzkontrollausschusses
des Landtages von Niederösterreich über die bei Ausübung seines Kontrollrechtes gemachten
Wahrnehmungen, III/1989. Berichterstatter: Abg. Kurzbauer (Seite 691); Redner: Abg. Dr.Kremnitzer
(Seite 692), Abg. Schütz (Seite 694), Abg. Hülmbauer (Seite 696), Abg. Ilse Hans (Seite 700),
Abg. Kautz (Seite 700), Abg. Fidesser (Seite 705);
Abstimmung (Seite 707).
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (um 13.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten
Sitzung ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Es ist unbeanstandet geblieben und demnach als
genehmigt zu betrachten.
Von der heutigen Sitzung hat sich der Abgeordnete Sivec entschuldigt.
Ich beabsichtige, die Angelobung eines Mitgliedes des Landtages an den Beginn der Tagesordnung
zu setzen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? Das ist nicht der Fall.
Ich bringe dem Hohen Haus folgenden Einlauf zur Kenntnis: Dem Finanz- und Wirtschaftsausschuß
weise ich die Vorlage der Landesregierung betreffend Übernahme der Landeshaftung für ein Darlehen
zum Ausbau der Krankenanstalt Scheibbs, Landtagszahl 206/H-11/2, zu.
Dem Kommunalausschuß weise ich die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des
Gesetzes über die Gliederung des Landes Niederösterreich in Gemeinden (Änderung von "Höflein" in
"Höflein an der Hohen Wand"), Landtagszahl 205/G-1/6, zu. Dem Sozial- und Gesundheitsausschuß
weise ich die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des NÖ Gemeindeärztegesetzes
1977 (NÖ GÄG-Novelle 1990), Landtagszahl 204/G-18, sowie den Antrag des Abgeordneten Fidesser
u.a. betreffend Abbau von sozialen Härten bei der Gebührenbefreiung für Radio, Fernsehen und
Telefon, Landtagszahl 208/A-1/35, zu.
Ich teile weiters mit, daß eine Anfrage des Herrn Abgeordneten Ing.Weinmeier an Herrn Landesrat
Blochberger betreffend Änderung von Kehrperioden, Landtagszahl 207/A-5/20, eingelangt ist. Diese
Anfrage habe ich dem Herrn Landesrat am 6.April dieses Jahres bereits zur Beantwortung
zugewiesen.
Nunmehr erlaube ich mir mitzuteilen, daß Herr Abgeordneter Alois Anzenberger sein Mandat mit
Ablauf vom 18.April dieses Jahres zurückgelegt hat. Durch diese Rücklegung ist ein Mandat im
Wahlkreis Nr.1, Viertel oberm Wienerwald, Vorort St.Pölten, frei geworden. Die Landeswahlbehörde
hat gemäß § 100 der NÖ Landtagswahlordnung 1974 Herrn Rudolf Friewald zum Landtag von
Niederösterreich einberufen. Wir gelangen zur Angelobung des Herrn Rudolf Friewald. Ich ersuche
einen der Schriftführer um die Verlesung der Angelobungsformel. (Die Abgeordneten erheben sich
von ihren Sitzen.)
SCHRIFTFÜHRER (liest): "Ich gelobe unverbrüchliche Treue der Republik Österreich und dem Lande
Niederösterreich, stete und volle Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung meiner
Pflichten."
Abg. FRIEWALD (ÖVP): Ich gelobe. (Die Abgeordneten nehmen ihre Plätze wieder ein.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Herr Abgeordneter Anzenberger war 28 1/2 Jahre Abgeordneter zum
Bundesrat und zum NÖ Landtag. Er wurde 1923 geboren und wurde bereits im Jahre 1962 vom NÖ
Landtag in den Österreichischen Bundesrat als Vertreter entsandt. Nach der Landtagswahl zog er im
November 1964 als Abgeordneter dieses Hohen Hauses ein. Er war daher bis heute nicht nur der an
Jahren älteste Abgeordnete, er war mit dem Herrn Abgeordneten Kurt Buchinger auch der
dienstälteste Abgeordnete dieses Hauses. Abgeordneter Anzenberger hat sich große Verdienste um
das Bundesland Niederösterreich erworben, sei es als langjähriges Mitglied oder als Obmann des
Landwirtschaftsausschusses. Hier war seine profunde Kenntnis in der Landwirtschaftspolitik sicher
von Vorteil. Er war viele Jahre hindurch Mitglied des wichtigen Finanzausschussses und vor allem
auch Mitglied, das möchte ich besonders betonen, des Finanzkontrollausschusses. Er ist auch ein
sehr versierter Kenner der Kommunalpolitik in diesem Land und ist auch jetzt noch als Bürgermeister
seiner Heimatgemeinde tätig. Das Hohe Haus will heute Herrn Abgeordneten Anzenberger für sein
jahrzehntelanges Wirken ein herzliches und aufrichtiges Dankeschön sagen. Er hat sich große
Verdienste um die Bauernschaft, um die gesamte Bevölkerung seiner Heimat und er hat sich große
Verdienste um das Bundesland Niederösterreich erworben. Ich darf hier noch einmal öffentlich den
Dank des Landtages von Niederösterreich zum Ausdruck bringen und ihm für die Zukunft Gesundheit,
Lebensfreude und Gottes Segen wünschen. (Beifall im Hause.)
Nunmehr ersuche ich den Herrn Abgeordneten Treitler, die Verhandlungen zur Zahl 202/A-1/34
einzuleiten.
Berichterstatter Abg. TREITLER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe über den Antrag der
Abgeordneten Treitler, Ing.Schober, Monika Lugmayr, Ing.Heindl, Trabitsch, Anzenberger, Böhm,
Dirnberger, Hoffinger, Hülmbauer betreffend Änderung des NÖ Kindergartengesetzes (Öffnungszeiten
der NÖ Kindergärten) zu berichten:
Nach wie vor ist Niederösterreich das einzige Bundesland, in dem der Besuch öffentlicher
Kindergärten gratis ist. Für diese Leistung für die Familien stellt das Land Niederösterreich mehr als
700 Millionen Schilling für Personalkosten und Sachaufwand zur Verfügung, sodaß gemeinsam mit
den Aufwendungen der Gemeinden insgesamt über eine Milliarde Schilling aus öffentlichen Mitteln für
das Kindergartenwesen eingesetzt wird. Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, daß die Förderung der
Familien ein wesentlicher Schwerpunkt der NÖ Landes- und Gemeindepolitik ist. Im Mittelpunkt
dieser Anstrengung ebenso wie bei dieser Änderung des NÖ Kindergartengesetzes steht das Kind.
Durch den raschen Wandel der Familien-, Bevölkerungs-, aber auch der Wirtschaftsstruktur in den
letzten Jahren sind neue Anforderungen entstanden. Die signifikanten Merkmale dieser Änderungen
sind die erweiterten Öffnungszeiten, die Betreuung der Kinder während dieser Zeit und die
notwendigen Anpassungen.
Der Antrag basiert auf einer Initiative des ÖVP-Klubs. Er wurde im Schulausschuß am 5.4.1990
beraten, in einer geänderten Fassung angenommen und ist durch das Beitreten der SPÖ zu einem
gemeinsamen Antrag geworden. Ich stelle daher folgenden Antrag (liest):
Antrag des Schulausschusses über den Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Treitler, Kalteis,
Ing.Schober, Hager, Lugmayr, Mag.Kaufmann, Ing.Heindl, Kautz, Trabitsch, Krendl, Anzenberger,
Sivec, Böhm, Dr.Slawik, Dirnberger, Uhl, Hoffinger und Hülmbauer betreffend Änderung des NÖ
Kindergartengesetzes 1987. Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der dem Antrag der Abgeordneten Treitler, Kalteis u.a. beiliegende Gesetzentwurf betreffend
Änderung des NÖ Kindergartengesetzes 1987 wird in der vom Ausschuß beschlossenen
Fassung genehmigt.
2. Die Nö Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und anschließend die Abstimmung
durchzuführen.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing.Heindl.
Abg. Ing.HEINDL (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vom
Berichterstatter vorgetragene Antrag löst ein Problem, wo wir dem zustimmen, was ich in meiner
Gemeinde bei jeder Besprechung mit den Eltern auszustehen gehabt habe. Die Mehrheit der Eltern
konnte sich nämlich an die Betriebszeit des Kindergartens anpassen oder die Gemeinde konnte die
Betriebszeit des Kindergartens nach den Wünschen der Mehrheit der Eltern festlegen. Aber die
"Mehrheit" bedeutet eben nicht, daß der Wunsch jeder Mutter und jedes Vaters berücksichtigt werden
konnte. Gerade in einer Pendlergemeinde wie es bei mir zu Hause in Königstetten, wo die Arbeitszeit
nicht mit 38, 35 oder 40 Stunden exakt festgelegt ist und nur der Weg von der Betriebsstätte bis zum
Kindergarten zurückzulegen ist, sondern durch den weiten Arbeitsweg jeden Tag mindestens eine bis
zwei Stunden zusätzlich an Arbeitszeit verlorengehen, konnte keine befriedigende Lösung gefunden
werden, sei es nun, daß sich die Mutter oder der Vater beruflich an diese Betriebszeit anpassen
mußte, oder daß die Mutter, die nach dem Karenzurlaub eine neue Arbeitsstätte gesucht hat, sehr in
ihrer Arbeitswahl eingeengt war.
Es ist das Ziel des Antrages, hier eine wesentliche Verbesserung zu schaffen. Wir kennen ja alle das
Problem. Es geht manchmal nur um Minuten, Viertelstunden oder halbe Stunden, wo der Autobus
schon wegfährt, der Kindergarten aber noch nicht geöffnet ist. Wir haben eine wesentliche
Erleichterung bereits dadurch geschaffen, daß die Übernahmezeit nicht mehr exakt mit der
Betriebszeit bzw. der Bildungszeit des Kindergartens übereinstimmt, haben aber trotzdem immer
wieder Mängel festgestellt, daß die Kinder - und um die geht es bei diesem Antrag - von den Eltern in
der Zwischenzeit zu Nachbarn oder Verwandten gegeben werden mußten und erst von dort zum
Kindergarten gebracht wurden.
In der Früh ist das ein wesentlich größeres Problem als nachmittags. Man bedenke, bei
Schlechtwetter im Winter mußte das Kind von der Mutter für den Kindergarten vorbereitet werden und
kam dann zwischenzeitlich zur Betreuerin. Das Kleinkind, drei bis fünf Jahre alt, wird ausgezogen,
damit es nicht in der warmen Stube des Hauses voll angezogen ist. Wenig später, vielleicht eine halbe
Stunde später, muß es wieder für den Kindergarten vorbereitet werden und wird dann dorthin
gebracht. Hier liegt eigentlich der Kern des Problems, weil wir dadurch mit einem sehr kleinen Kind
eine sehr hohe Manipulationszeit haben, da es in der Früh zusätzlich noch zweimal seine
Bezugsperson wechseln muß. Nachmittags ist es etwas leichter, unter anderem deswegen, weil die
Zeit nicht zu knapp ist und zusätzlich die Zeit der Betreuerin für das Kind weitaus günstiger liegt und
die Betreuung auch einfacher erfolgen kann. Trotzdem, sehr geehrte Damen und Herren, müssen wir
eines bedenken und uns natürlich an die gegebenen Zeiten anpassen: Es ist nun einmal so, daß
heute 62 % der Frauen berufstätig sind, und nimmt man den Altersschwerpunkt der Frauen von 20 bis
24 Jahren, so sind es sogar 72 %. Dieser Situation haben wir Rechnung zu tragen, und zwar nicht nur
wegen der Mütter, sondern im besonderen wegen der Kinder. Es freut mich besonders, hier auch
feststellen zu können, daß unser Modell der Tagesmutter von allen Parteien als die beste
familienergänzende Betreuungsmöglichkeit Anerkennung gefunden hat. Die Nestwärme kann eben
durch einen Kinderhort oder durch eine Kinderkrippe nicht ersetzt werden. Wir meinen aber trotzdem,
daß die Tagesmutter auch nur eine Ersatzlösung sein kann und in der Früh in der Übergangszeit von
den Eltern zum Kindergarten sicher nicht die ideale Lösung darstellen wird.
Besonders müssen wir den Nachmittag betrachten. Es kann der Kindergarten nicht als Abgabestelle
dienen, und wenn wir hier eine Erleichterung für die berufstätige Frau suchen, so meinen wir, daß,
wenn schon ein Ersatz notwendig ist, dieser in erster Linie nur die Tagesmutter sein kann. Daher ist
unser zusätzliches Ziel, auch wenn wir es heute noch nicht verwirklichen können, daß die
Tagesmutter in Zukunft der besonderen Förderung bedarf, und dies vor allem in sozialrechtlicher
Hinsicht.
Zusätzlich stellen wir ja fest, daß die Tagesmutter weitaus flexibler auf die Wünsche der Eltern
eingehen kann, sei es in der Betreuung des Kindes, sei es in der Zeit, wo das Kind aufgenommen
werden muß. Daher glaube ich, ist es uns allen klar, daß der öffentlich eingerichtete Kinderhort oder
die Kinderkrippe nur die letzte Ersatzmöglichkeit für die Familie darstellen kann. Und wenn ich schon
von Forderungen für die Familien spreche, so gibt es meiner Meinung nach für uns alle nur ein Ziel,
und dieses Ziel soll auch mit unserem Antrag erleichtert und begünstigt werden: Es müssen die
erschwerten Lebensumstände der Eltern mit mehreren Kindern durch einen weitaus höheren
Prestigegewinn, als er sich heute darstellt, ausgeglichen werden. Wir müssen jene Eltern achten, die
auch ein drittes, ein viertes, ein fünftes - Sie können diese Zahl ausdehnen - lieben. Heute stellen wir
als Außenstehende fest, daß eine Familie mit drei oder mehr Kindern in irgend einer Form nicht in
Ordnung ist. Genau derselben Meinung bin ich, Herr Landesrat! Wir müssen alle miteinander zur
Kenntnis nehmen, daß die Eltern das dritte Kind nicht zufällig bekommen haben, sondern daß sie es
aus Liebe bekommen haben, und da sind wir sicher einer Meinung. (Beifall bei der ÖVP.)
Genau deshalb müssen wir auf die Bedürfnisse dieser Kinder besonders eingehen. Die Eltern, die
ihre Kinder in den Kindergarten bringen, haben nun das Problem, diese ohne dauernde Suche nach
Hilfe dorthin bringen zu können. Sie haben die Möglichkeit, ihr Kind unterzubringen ohne dauernde
Angst, daß der Kindergarten infolge Erkrankung der Kindergärtnerin am nächsten oder übernächsten
Tag möglicherweise geschlossen ist und sie wieder suchen müssen. Sehr geehrte Damen und
Herren! Der heutige Antrag ist daher nur ein Teilchen, und unsere Forderung nach einer intakten
Familie als Fundament für eine intakte Gesellschaft muß natürlich weiter ausgebaut werden. (Beifall
bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kalteis.
Abg. KALTEIS (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Landtages! Geschätzter Herr
Präsident! Wenn ich heute heimkomme, werde ich mit meiner Frau Zwiesprache halten. Wir haben
drei Kinder und werden dieses Problem (Abg. Fidesser: Zufall oder Liebe? - Heiterkeit bei der ÖVP.)
als Mitbringsel aus der Landtagsrede meines Vorgängers einmal analysieren.
Erlauben Sie mir einige Anmerkungen zum gemeinsamen Antrag des Schulausschusses über eine
Änderung des NÖ Kindergartengesetzes. Zunächst eine formlose Vorbemerkung. Ich habe mir zuerst
gedacht, es wäre vielleicht gar nicht notwendig, mich als Kindergartensprecher hier zu Wort zu melden
- ich werde dann darauf noch zurückkommen -, aber auf Grund der publizistischen Aufbereitung der
ganzen Materie, die heute zur Debatte steht, habe ich mir gedacht, auch etwas dazu sagen zu
müssen, denn der Presse kann man das nicht allein überlassen. Ich war nur maßlos enttäuscht, als
ich in der Früh bei meiner Fahrt nach Wien in den Landesnachrichten davon nichts gehört habe, also
dürfte der Herr Landesintendant doch die Wertigkeit nicht allzu hoch eingeschätzt haben.
Grundsätzlich. Das NÖ Kindergartengesetz ist schlicht und einfach gut. Wir haben in
Niederösterreich ein hervorragendes Kindergartengesetz, auf das wir stolz sein können, was hier von
diesem Rednerpult aus von allen Rednern immer wieder positiv beleuchtet wurde. Mir ist zum Beispiel
während meiner Mitgliedschaft im Landtag nichts anderes bekannt. Besonders der Grundsatz der
Kostenlosigkeit ist wirklich beispielhaft, und davon könnten sich manche Bundesländer, ohne daß das
als vorlaute Bemerkung gewertet werden soll, ein Scheibchen abschneiden! Der heutige Antrag, sehr
geehrte Damen und Herren, bringt - ich hoffe, daß ich das klar sehe - keinerlei umwerfenden
Neuigkeiten. Für mich enthält er schlicht und einfach einige textliche Neuformulierungen,
Klarstellungen bzw. Ausformulierungen bisher bereits möglicher individueller Ablauf- und
Gestaltungsbedürfnisse in unserem Kindergartenwesen.
Die NÖ Kinderfreunde haben in 50 NÖ Gemeinden Erhebungen über die Kindergartenöffnungszeiten
durchgeführt und eine sehr große Bandbreite von 6.30 Uhr bis 18.00 Uhr festgestellt. Gestern sprach
ich mit unserem Vizebürgermeister in Traisen, und der sagte: "Ich hol' jetzt das Enkerl vom
Caritaskindergarten aus St. Pölten, der hat bis 18.00 Uhr offen." Da habe ich mir gedacht, warum
beschließen wir eigentlich jetzt geänderte Öffnungszeiten, wenn manche ohnedies schon bis 18.00
Uhr offen haben, wenn das ja in 50 Gemeinden gang und gäbe ist. Wäre es nicht gut - wir sind dem
beigetreten und bekennen uns aus tiefster Überzeugung dazu -, wenn man über die
Gemeindevertreterverbände unseren - ich kann das sagen - Kollegen Bürgermeisterinnen und
Bürgermeister ins Gewissen reden würde: Geht, seid doch so gut und paßt in euren Gemeinden die
Öffnungszeiten, was gesetzlich schon möglich ist, den Familiengegebenheiten an. Aber da erhebt
sich - darauf komme ich auch noch - natürlich der Griff in die Geldbörse, nicht in die persönliche des
Bürgermeisters, sondern in die Börse der Gemeinde, und da sieht dann die Sache in Bezug auf die
familienpolitischen Bekenntnisse schon wieder anders aus - (Landeshauptmann Mag.Ludwig betritt
den Saal.) Verehrung, Herr Landeshauptmann -, um auf der anderen Seite dann auch die
entsprechenden paar Schilling, um es in der Mundart zu sagen, roglich zu machen. Die heutige
Familienstruktur und deren Einkommenssituation - Mann und Frau sind berufstätig und das
Pendlerwesen sind die herausragenden Punkte - bedingt sicher ein laufendes Anpassen der
Öffnungszeiten. Das war aber bitte schon bisher möglich und wird mit dem heute zu
verabschiedenden Text, zu dem wir uns bedingungslos bekennen, präziser gefaßt. Einige
Überlegungen dazu. Die Verlängerung der Öffnungszeiten bringt zusätzliche Kosten - das weiß jeder , denn wenn länger offengehalten wird, machen die Beaufsichtigung der Kinder ja nicht die Samariter,
nicht das Rote Kreuz und auch nicht ehrenamtliche Bedienstete, und es wäre nicht einmal schlecht,
wenn sie es fallweise machen würden - Kollege Auer, das geht aber natürlich nur fallweise, na sicher , damit sie auch wissen, wie dort der Hase läuft. Ich bin auch Bürgermeister, man möge nicht glauben,
ich kenne mich nicht aus und weiß nicht, wovon ich rede, aber die sonstigen geeigneten Personen,
die werden das auch nicht umsonst machen! Und da muß ich sagen, daß jetzt der Ball - bitte, ich
würde das, um vom Billard zu reden, ich meine es ganz ernst, einen Paß über drei Banden nennen den Bürgermeistern zugespielt wird, denn wer anschafft, das ist eine alte österreichische Regel und
sicher gar keine schlechte, der bezahlt auch! Also, lieber Bürgermeister, das heißt, liebe Gemeinde,
wenn du das willst, was ja im Gesetz möglich ist und heute noch verstärkt präzisiert wird, wenn du den
Familien entgegenkommst, was ja hoffentlich alle machen, dann bitte zahle! Und da glaube ich, daß
das natürlich kein sehr fairer familienpolitischer Maßnahmenkatalog ist, der zwar von der
Notwendigkeit, sagen wir im besten Sinn des Wortes von der abgerundeten und ideal
vorschwebenden Familie spricht, aber den Geldhahn penibel zudreht und den Gemeinden, die
sowieso schon schwer stöhnen und durch vielfältige Aktionen auch dieses Hauses immer wieder mit
Mitteln zusätzlich versorgt werden, den finanziellen Ball zuspielt.
Dazu muß ich eines feststellen: Auch über die Möglichkeit, die Elternschaft heranzuziehen - bitte für
eine Übergangszeit, na gut -, kann man reden, aber die Norm kann und darf das nicht werden. Wir
sind ja in Niederösterreich darauf so stolz, daß wir den kostenlosen Kindergarten in unserem
Bundesland haben. Natürlich stimmen wir dieser Vorlage aus tiefster Überzeugung zu. Obwohl sie
letztendlich, zumindest aus meiner Sicht, Ausfeilungen, Neuformulierungen, bessere Formulierungen,
ich kann es nicht anders sagen, bringt und dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung trägt, erbitten
wir uns einen Beobachtungszeitraum, den wir einhalten wollen - ich spreche hier für meine Fraktion -,
und wir werden sehen, was dabei herauskommt. Wenn das in budgetärer Hinsicht der Anfang vom
Ende des Kindergartenwesens in Niederösterreich ist, dann werden wir von diesem Rednerpult aus
die entsprechenden Aktivitäten setzen. Zwei kritische Bemerkungen seien mir noch gestattet. Es hat
auch der Kollege Heindl erwähnt, daß also der Kindergarten nicht so eine Art Abgabestelle werden
soll, und zu den Nuancen Tagesmutter, Kinderkrippe, Kinderhort, erweiterte Öffnungszeit,
Erziehungszeit etc., wie das alles heute so wunderbar ausformuliert und definiert wurde, würde ich
sagen, daß ich da gar nicht so heikel wäre. Entscheidend ist, daß der Vater und die Mutter, die nicht
zu Hause sind und erst um 6.00 Uhr heimkommen, das Kind im Kindergarten belassen können,
pädagogisch betreut und als Übergangslösung von "besonders geeigneten Personen" beaufsichtigt,
aber es darf bitte um Gottes willen keine Kinderaufbewahrungsanstalt sein. Ich muß
dankenswerterweise sagen, daß das auch schon der Kollege Heindl hier klargestellt hat.
Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung. Ich möchte ein bißchen
schmunzelnd registrieren, ich bin 35 Jahre Lehrerfunktionär und mit den Schulgesetzen, glaube ich,
einigermaßen vertraut. Wenn wir aber ähnliches mit denselben positiven Hintergedanken oder mit
denselben Ursachen im Schulwesen zur Debatte gestellt haben, dann habe ich böse Formulierungen
gehört, wie von der Verstaatlichung der Kinder, vom Entziehen der Kinder der Familie und dem
Staatsmoloch in den Rachen werfen. Das ist jetzt ein bißchen übertrieben formuliert, aber genau in
solchen Einzelheiten und dann wieder gemildert formuliert habe ich das alles gehört.
Ich muß dazu sagen, bitte schön, wenn wir jetzt von unten her im Kindergarten die meterdicke
Eisschicht aufbrechen und feststellen, es ist ja etwas Anständiges, wenn das Kind um 7.00 Uhr in den
Kindergarten geht und bis 18.00 Uhr bleibt, dann ist das vielleicht der kleine Dammbruch, der sich
nach oben hin im Schulwesen fortsetzt, wo wir dann auch über ganztägige, nennen wir es
"Betreuungsschulformen", da gibt's auch wieder eine Unzahl von Definitionen, debattieren werden, ich
möchte mich da nicht festlegen. (Abg. Präs. Ing.Schober: Wir haben aber immer die Freiwilligkeit an
die Spitze gestellt!)
Unbedingt! Auch das ist, Herr Präsident, überhaupt keine Frage. Das soll natürlich im Vordergrund
stehen, aber eine familiäre Entfremdung bringt das bitte nicht. Im Gegenteil. In der heutigen
Gesellschaft wird dieses Angebot von den Eltern, die es freiwillig in Anspruch nehmen, als
außergewöhnliche Wohltat und Leistung der Öffentlichkeit angesehen werden.
Und nun zu den "besonders geeigneten Personen". Hut ab und Respekt vor jenen Damen und
Herren, die sich zur Verfügung stellen. Es gibt sie zweifelsohne in jedem Ort, in jeder Stadt. Was mich
aber ein bißchen stört, ist, daß in Niederösterreich in zwei Monaten 150 Kindergärtnerinnen auf
Anstellung warten werden und heilfroh wären, wenn sie in den Landesdienst übernommen würden.
Jeder Abgeordnete kennt aus seiner Sprechstunde - ich sehe da links und rechts einige schmunzeln die Intervenientinnen, die da kommen und sagen, ich bitte sie, helfen sie mir, daß ich in den Dienst
aufgenommen werde, und wir, die Bürgermeister, suchen im Einvernehmen mit der
Kindergartenleiterin besonders geeignete Personen, als wenn wir sie nicht hätten! 150 an der Zahl
werden wir zum Schulschluß haben. Das ist jahrelanger Erfahrungswert. Na bitte, stellen wir zunächst
diese an, dann wird der Bereich der besonders geeigneten Personen, glaube ich, fast zu
vernachlässigen sein.
Und vor allem: Intervenieren wir, jeder in seiner Funktion, jeder in seinem
Gemeindevertreterverband, bei den Bürgermeistern, nicht die großen Brücken zu bauen, nicht das
Kulturheim, nicht die Überdachung des Sportplatzes zu machen, sondern gebt für die Kinder Geld
aus! Nehmt vorübergehend die zusätzlichen Kosten, die durch die erweiterten Öffnungszeiten
entstehen, auf euch. Ich habe vom eisernen Sparwillen des Herrn Landesfinanzreferenten,
Landeshauptmannstellvertreter Dr.Pröll, immer Respekt gehabt und würde mich nie scheuen, es hier
zu bekennen, aber wir Bürgermeister sind auch nicht aus anderem Holz geschnitzt. Wir wollen und
müssen auch sparen, und wir verwahren uns dagegen, daß die Kostendeckung den Gemeinden
aufgehalst werden soll, allein aufgehalst werden soll! Das kann nur vorübergehend der Fall sein, sonst
müssen wir dagegen Schritte unternehmen, die uns die parlamentarische Demokratie ermöglicht, und
versuchen, auch das Land hier entsprechend einzubinden.
Zum Abschluß noch ein Wort. Soweit mir bekannt ist, ist ja eine grundlegende Adaptierung des
gesamten NÖ Kindergartengesetzes im Bereich der Frau Landesrat Votruba in Ausarbeitung, und das,
was wir heute beschließen, und, um alle Mißverständnisse auszuräumen, betone ich noch einmal, zu
dem wir uns voll bekennen, kann nur ein kleiner segmentartiger Vorgriff auf eine grundlegende
Adaptierung und Neufassung des NÖ Kindergartengesetzes sein. Ich danke Ihnen für Ihre
Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort ist als nächster Abg. Preiszler gemeldet.
Abg. PREISZLER (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Bevor ich mit
dem Gesetzestext, der heute hier vorliegt, beginne, einige Worte zu meinem Vorredner, Kollegen
Kalteis. Er hat als gestandener Bürgermeister die Problematik wirklich sehr treffend vorgetragen, mit
sehr vielen pointierten Worten und Sätzen geschmückt, aber immer wiederum betont, daß es Mängel
gibt und - wenn ich jetzt darauf zurückkomme, Sie sind ja Lehrer - so in etwa als Lehrer den
schlimmen Kindern gedroht, wenn du schlimm bist, dann kriegst du eine Strafe, aber das wollen wir
nicht. Letztendlich, wiederum vom Effekt her, habe ich das wie schon des öfteren bei Ihrer Fraktion
wirklich vermißt. Sie sagen, na ja, wir werden einmal sehen, man kann es dann ändern, man soll
nichts auf die Gemeinde abwälzen usw., aber Sie stimmen brav zu und warten halt, daß das Land, die
Mehrheitsfraktion, was anderes macht! Kurzum, Sie belohnen zum Schluß das böse Kind mit
Zuckerln. Aber jetzt zum Gesetz selbst. Der heute hier von der ÖVP und von der SPÖ gemeinsam
vorgelegte Antrag betreffend Änderung des NÖ Kindergartengesetzes bzw. Änderung der
Öffnungszeiten in den Kindergärten ist sicher dringendst notwendig. Notwendig insofern, als das NÖ
Kindergartengesetz aus 1987, es ist ja noch sehr jung, in bestimmten Bereichen nicht mehr den
jetzigen Anforderungen gerecht wird, das heißt, wie hier in der ursprünglichen Gesetzesvorlage von
der ÖVP vorgebracht wird, daß Niederösterreich österreichweit das einzige Bundesland ist, das
wirklich beispielgebend dasteht, das gebe ich zu. Das ist gut so, insofern, als die Kosten großteils vom
Land getragen werden und die Gemeinden über bestehende Bereiche hinaus nur im äußersten Notfall
selbst zur Kasse gebeten werden. Wenn aber hier schon so großzügig vorgegangen wird, dann
wundere ich mich - und das hat ja der Kollege Kalteis auch gesagt -, daß wir in Niederösterreich
hunderte Kindergärtnerinnen, bestens ausgebildete Damen, haben, die keinen Job haben. Warum
stellen wir diese nicht an? Es wäre sicherlich viel besser, wenn die Eltern wirklich die Gewähr hätten,
daß wir prädestinierte, nämlich bestausgebildete Kindergärtnerinnen zur Verfügung haben. Das heißt
in etwa, wir wollen, aber wir können nicht! Dann ist, das muß ich schon sagen, die Formulierung
wirklich sehr populistisch: Auf der einen Seite wird großspurig gesagt, wir stehen in Österreich
einmalig da, wir machen das für unsere Niederösterreicher, wir tun aber nicht den zweiten Schritt,
indem wir sagen, was ja das kleinste Übel wäre, wir wollen aber auch gewährleisten, das optimal
durchzuziehen. Das würde dann wesentlich besser ausschauen. Was aber wir Freiheitlichen sehr
bekritteln, ist aber auch, geschätzte Damen und Herren, daß es in dieser Novelle keine
Generalsanierung gibt. Es ist von beiden Vorrednern gesagt worden, daß es nur eine momentane
behelfsmäßige Novellierung ist, die Frau Landesrat Votruba ist dabei, ein neues Gesetz zu
formulieren, man macht sich Gedanken - das ist gut so -, aber wir machen jetzt halt irgend etwas,
damit wir über die Runden kommen.
Wenn ich bedenke, daß das Gesetz an sich, ich habe schon darauf hingewiesen, erst seit dem Jahr
1987 besteht und jetzt schon wieder kurzfristig improvisiert und etwas gemacht wird, wo man schon im
vorhinein weiß, daß man nicht sehr lange über die Runden kommen wird, da es der heutigen Zeit bei
Gott nicht angepaßt ist, dann frage ich mich, warum nicht gleich in einem Atemzug alle Fraktionen
gemeinsam dazu beitragen und etwas schaffen, was dann wirklich für einige Jahre wieder Gültigkeit
haben könnte. Ich darf auf Wien verweisen. Im Wiener Kindergartengesetz gibt es auch die
Möglichkeit, einen sogenannten Sammelkindergarten, einen Schwerpunktkindergarten zu schaffen,
wodurch gewährleistet ist, daß selbst über die Ferien hinweg, die ja bekanntlich zusätzlich zu den
vielen Feiertagen und Ferientagen, die es zu Ostern, Pfingsten usw. gibt, acht, neun Wochen dauern,
jenen Müttern, jenen Familien geholfen wird, die es wirklich am dringendsten und am notwendigsten
brauchen. Es muß in diesen Wochen mindestens ein Kindergarten im Bezirk geöffnet sein, und die
Eltern müssen davon verständigt werden, damit sie im vorhinein wissen, wann der zuständige
Kindergarten geschlossen ist und die Möglichkeit haben zu disponieren, damit ihr Kind ohne
Unterbrechung kontinuierlich in den Ausweichkindergarten, den sogenannten Sammelkindergarten,
oder wie immer man es nennt, gehen kann.
Es wird im § 25 Abs.4 - und das ist wirklich betrüblich -, wenn man ihn genau liest, versteckt,
verklausuliert etwas über die Kostenfrage ausgesagt. Man muß es wirklich zweimal oder öfters lesen,
damit man weiß - es ist nicht sehr deutlich, nicht korrekt gesagt -, daß die Gemeinde, wenn die
Öffnungszeiten über 35 Stunden erweitert werden, für die Kosten aufkommen muß. Dann putzt sich
das Land ab und sagt, wenn ihr wollt, dann könnt ihr! Sie haben gesagt, wer anschafft, soll auch
zahlen, bzw. wer bezahlt, kann auch anschaffen, das sei ein gängiges Sprichwort. Ich fürchte nur, daß
man hier den Falschen trifft, daß man genau die sozial schwächeren Mütter trifft, die nicht in der Lage
sind, diese Mittel aufzubringen, weil sich die Gemeinde sicherlich weigern wird, die Kosten zu
übernehmen, zumal ja das Land immer wieder erklärt, wir machen das ohnehin so großartig und
bezahlen alles. Ich habe das auf wiederholte Anfragen, warum man hier nicht variabler vorgeht, von
meinem Bürgermeister selbst schon gehört. Der sagt, naja, wenn sich das Land brüstet, ohnehin alles
zu bezahlen, dann soll es auch für diese Kosten aufkommen. Daß sich das Land hier wirklich weigert,
die Kosten zu tragen, daß diese an die Gemeinden weitergegeben werden und es letztendlich so sein
wird, daß sie dann der Bürger, die Mütter, die Eltern berappen müssen, das ist das eine. Das weitere
ist natürlich, daß auch die soziale Komponente - das habe ich schon gesagt - hier wirklich nicht
gegeben ist. Wenn davon gesprochen wird, daß das Land Niederösterreich hier großzügig und
familienfreundlich vorgeht, dann frage ich mich, warum man davon nicht Gebrauch macht.
Und letztlich, liebe Freunde von der SPÖ! Sie haben kritisiert, und ich darf auf einen Zeitungsartikel
aus jüngster Zeit verweisen: "Mehr Mittel für Kindergärten fordert Herr Landtagsabgeordneter Krendl
vom Land Niederösterreich." Ich möchte einige Passagen nur auszugsweise zitieren: "Die ÖVP soll
sich anstelle von verbalkosmetischen Äußerungen beim Landesfinanzreferenten für mehr Mittel für die
Kindergärten einsetzen." Ich kann mich diesem Ausdruck vollinhaltlich anschließen. Es ist nur eine
Kosmetik, die in Wirklichkeit nicht sehr viel bringt, nicht einmal das, was eigentlich die Gemeinden
draußen in Eigenregie vielfach notgedrungen schon gemacht haben.
Die Formulierung ist also richtig, daß es hier nur um Popularität geht, wenn heute der Antrag zur
Diskussion steht, weil wiederum Wahlen vor der Tür stehen, wie ja immer, wenn von der ÖVP etwas
gefordert wird und natürlich nichts Konkretes geschieht. Wenn die SPÖ schon zu Beginn, wie richtig
zitiert wurde, mit Recht Kritik an diesem Gesetz angebracht hat - ich kann mich dem anschließen -,
dann stelle ich an die Fraktion der Sozialisten die Frage - Sie sind ja dem Antrag später beigetreten -,
warum haben Sie dieses Gesetz nicht im Unterausschuß ausgegoren? Warum hat man hier
notgedrungen wirklich nur verbal irgendwas zusammenkonstruiert, von dem man weiß, daß es
morgen geändert werden muß, weil dem ja auch das Niederösterreichische Schulzeitgesetz
entgegensteht. Man hätte gleichzeitig das Kindergartengesetz im Einklang mit dem NÖ
Schulzeitgesetz ändern müssen.
Also ich frage mich schon, ob das nicht wiederum nur dem Gag dient, irgend etwas aufzuzeigen.
Aber dort, wo man die Möglichkeit hat, etwas Konstruktives zu schaffen, hätten wir zumindest
erwartet, daß Sie hartnäckig sagen, liebe Freunde, so nicht, hier legen wir unser Veto ein, hier
stimmen wir nicht zu. Es gäbe hier noch einige andere Kritikpunkte, die anzuführen wären. Das ist
aber sicherlich senkundär. Primär geht es uns Freiheitlichen darum, daß man, wenn man Gesetze, die
jung sind, novelliert, dies bitte anständig tut. Es soll kein Husch-Pfusch-Gesetz werden, sondern in
den Ausschüssen soll eine eingehende Beratung mit allen Parteien erfolgen. Dann können wir dieser
Sache zustimmen.
Wir bedauern, einer so wichtigen, gravierenden Vorlage beider Großparteien mit dieser Textierung
und bei dieser Kurzsichtigkeit unsere Zustimmung nicht geben zu können. (Beifall bei der FPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Auer.
Abg. Helene AUER (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch
nur kurz auf zwei Vorredner eingehen. Dem Herrn Abgeordneten Preiszler kann ich ganz einfach
erklären, warum wir hier zustimmen. Wir wollen natürlich in nächster Zeit noch sehr viele Änderungen
vornehmen. Aber eines ist uns auch klar. Es gibt ja ein altes Sprichwort: "Wer schnell hilft, hilft
doppelt!" Wenn man die Probleme kennt, die Familien draußen mit den Kindergartenöffnungszeiten
sehr oft haben, dann muß ich sagen, daß das für mich als erster Schritt ein gangbarer Weg ist. Das
kann keine grundsätzliche Lösung sein, aber es ist sehr vielen Familien sicher dadurch geholfen,
wenn in der einen oder anderen Gemeinde die Öffnungszeiten an den Bedarf, der dort gegeben ist,
angepaßt werden. Zum Abgeordneten Heindl möchte ich sagen: Eines freut mich ganz besonders den zweiten Ausdruck hebe ich mir für später auf, der jagt mir ein bißchen kalte Schauer über den
Rücken -, daß nämlich auch die ÖVP außer der Familie noch andere Modelle zur Erziehung, für
pädagogische Hilfen und ähnliches mehr anerkennt, und wenn die ÖVP bzw. der Abgeordnete Heindl
von "unserem Modell, die Tagesmütter," gesprochen hat, da kann ich mich schon auch noch an
andere Dinge erinnern, zum Beispiel wie schwierig es ist, die notwendigen finanziellen Mittel für die
Tagesmütter zu kriegen, aber sein Ausspruch freut mich ganz besonders. Was mich weniger freut, ist
ein Ausdruck, der lautet "Manipulationszeit der Kinder". Ich hoffe, er hat da vielleicht etwas
Bestimmtes gemeint. Ich möchte aber sagen, das Wort allein ist furchtbar. Es ist schrecklich, im
Zusammenhang mit einem Kleinkind diesen Ausdruck zu gebrauchen. Das Kindergartengesetz in
Niederösterreich ist wirklich eines der besten, diesbezüglich kann ich mich allen Vorrednern
anschließen. Es ist flächendekkend, es hat alle Schwerpunkte abgedeckt und noch einiges mehr. Gott
sei Dank sind wir alle miteinander von den Ausdrucksweisen weg, die heißen: Bewahrungsstätte, die
Kinder werden abgeschoben und etliches mehr.
Wir alle wissen, daß der Kindergarten eine der besten Einrichtungen als Unterstützung am
pädagogischen und erzieherischen Sektor ist. Wir alle wissen, daß es leider immer mehr Einzelkinder
gibt, die unbedingt von klein auf lernen müsen, was es bedeutet, in einer Gemeinschaft zu leben, sich
anpassen zu können, ganz zu schweigen von dem sicher eminent wichtigen Schwerpunkt am
Gesundheitssektor, wie die Kontrolle der Zähne, Gehör- und Sehtests und ähnliches mehr, wo man
Schäden wirklich schon von klein auf feststellen und die notwendigen Maßnahmen setzen kann. Um
wieder zu den Öffnungszeiten zurückzukommen. Das ist ein Problem in Niederösterreich. Wir wissen,
daß es rein theoretisch entsprechende Möglichkeiten gibt. Auch das haben Vorredner schon
aufgezeigt. Ich glaube, gerade unter dem wichtigen Aspekt der pädagogischen Erziehung wäre es
vom gesundheitlichen und erzieherischen Standpunkt aus wichtig, fast für die kompletten
Öffnungszeiten ausgebildetes Personal zur Verfügung zu haben. Das heißt, es muß uns als nächster
Schritt gelingen, genügend Kindergärtnerinnen anzustellen, um diese Öffnungszeiten wirklich mit gut
ausgebildetem Personal, das wir in Niederösterreich haben, abdecken zu können. Das heißt bei Gott
nicht, daß Kleinkinder von halb sieben in der Früh bis 18.00 Uhr abends im Kindergarten sind,
sondern nur während jener Zeit, wo die Familie selbst nicht imstande ist, das Kind gut zu versorgen
oder eine anderweitige Möglichkeit zu finden.
Man dürfte - das, glaube ich, ist aber sehr wichtig - die Bedarfserhebung, wo und welche
Öffnungszeiten notwendig sind, nicht einfach stillschweigend unter den Mitgliedern des
Gemeinderates machen, meistens hat ein Großteil davon keine Kinder bzw. nur mehr sehr wenige im
kindergartenpflichtigen Alter, und man sollte die Bedarfserhebung auch nicht bei den Elternteilen
machen, die die Kinder im Kindergarten haben, denn die haben für die Zeiten, die vielleicht sonst nicht
abgedeckt werden können, eine Regelung gefunden.
Man müßte diese Bedarfserhebung bei jenen Eltern durchführen, die ihr Kind nicht in den örtlichen
Kindergarten geben können, weil dieser eben keine richtige Hilfe bietet, sondern vor allem bei jungen
Mädchen und Burschen, die vielleicht noch keine Familie gegründet haben oder dabei sind, aber noch
keine Kleinkinder haben, bzw. noch kein Kind im kindergartenfähigen Alter haben, denn die stehen,
wenn beide berufstätig sind, vor dem Problem, eine Lösung zu finden, die nicht immer einfach ist.
Nicht immer gibt es eine Großmutter, nicht immer gibt es Familienangehörige, und sehr viele müssen
einige Kilometer weit in Privatkindergärten fahren und dort sehr, sehr hohe Beträge bezahlen. Ich
glaube, das ist sehr wichtig. Um aber den kompletten Bereich wirklich abdecken zu können, hängt viel
mehr daran.
Wir brauchen endlich ein eigenes Gesetz oder die Aufnahme der Kinderkrippen im
Kindergartengesetz. Wir brauchen endlich ein gutes Hortgesetz. Wir brauchen endlich Lösungen, um
den Familien wirklich Hilfen anbieten zu können, nicht nur für die Drei- bis Sechsjährigen, sondern wir
müssen den jungen Familien sagen, du brauchst keine Angst zu haben, ein Kind, ein zweites und ein
drittes Kind zu bekommen, denn wir sind bereit, dir zu helfen. Dir zu helfen bei deinen Problemen, die
sich durch den Familienzuwachs unter Umständen ergeben können.
Ich habe schon einmal hier erwähnt, wenn junge Familien spüren, daß sie beim ersten Kind die
notwendige Unterstützung bekommen, dann brauchen sie keine Angst zu haben, sich ein zweites und
drittes Wunschkind anzuschaffen. Ich bin nicht überzeugt, daß jedes erste Kind ein Wunschkind ist,
sicher aber bereits das zweite, nicht erst das dritte und vierte, in der heutigen Zeit garantiert auch
schon das zweite Kind.
Ich möchte aber noch auf einen Aspekt aufmerksam machen. Viele Eltern kommen in beträchtliche
Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Bindung der Kindergärten an die Ferienordnung. Ein
Beispiel aus meinem Bezirk, dem Bezirk Baden. Am Dienstag nach Ostern war schulfrei, und damit
war auch der Kindergarten geschlossen. Am Mittwoch war "Schulungstag", ich sage das unter
Anführungszeichen, ganz wichtig, denn ich bin der Meinung, daß es gerade, wenn man mit Kindern
arbeitet, notwendig ist, sein Wissen immer aufzufrischen, um am laufenden zu sein und neue
Möglichkeiten durchzudiskutieren. Nur, das Problem liegt dann bei den Eltern. Was tun sie dann? Sie
sind unter Umständen in der Karwoche zu Hause gewesen, sie haben schon für Dienstag einen
Ersatz suchen müssen, und jetzt stehen sie am Mittwoch wieder vor dem Problem. Und so ist es dann
auch in der Hauptferienzeit. Das heißt, auch hier müßten wir Lösungsmöglichkeiten und Alternativen
anbieten, um den Eltern wirklich Hilfestellungen geben zu können. Wenn man das alles bedenkt,
dann glaube ich, daß wir mit dieser Vorlage vielleicht trotzdem nicht ganz glücklich sind. Aus den zu
Beginn gesagten Überlegungen wollen wir hiezu unsere Zustimmung geben, aber ich sehe die heutige
Gesetzesvorlage wirklich nur als ersten kleinen Schritt für die kommenden Probleme, die wir hier in
diesem Hause noch zu lösen haben werden. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Lugmayr.
Abg. Monika LUGMAYR (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Etwas Gutes kann man nur
verbessern und man braucht nichts Neues. Das möchte ich nur zum Herrn Abgeordneten Preiszler
sagen. Ehrlich gesagt, was er wirklich möchte, habe ich aus seiner Rede nicht eruieren können. Mich
hat nur gewundert, daß er uns unterstellt, diese Gesetzesänderung aus wahltaktischen Gründen zu
machen. Soviel ich weiß, befinden wir uns in der ersten Sitzung nach den Gemeinderatswahlen und
die nächsten sind wohl noch sehr weit, und nur die Gemeinderatswahlen, könnte ich mir vorstellen,
sind es, die für dieses Gesetz relevant sind.
Wir sind uns einig, daß wir ein gutes Kindergartengesetz haben, und wir stehen alle, was in
Österreich ja einzigartig ist, zum Nulltarif. Jedes Kind kann in Niederösterreich, ohne daß die Eltern
dafür bezahlen müssen, den Kindergarten besuchen, und wir sind uns auch einig, daß der
Kindergarten in erster Linie eine Erziehungsanstalt zur Vorbereitung für die Schule sein soll. Alles,
was wir heute verändern und an Zusatzmöglichkeiten anbieten, soll eben nur ein Zusatzangebot, eine
Unterstützung der Familien sein, nach Notwendigkeit, nach den geänderten Familiensituationen, und
ein Zusatzangebot kann meiner Ansicht nach etwas kosten, denn viele sagen, was nichts kostet ist
auch nichts wert! Grundsätzlich meine ich, man kann nicht alles der öffentlichen Hand und den
Institutionen überlassen, noch dazu wenn ja im Mittelpunkt das Wohl des Kindes steht und wir wissen,
daß die Entwicklung der Kinder besonders in den ersten Lebensjahren nach wie vor am besten in der
Familie geschieht. Also kann das alles nur ein Zusatzangebot, die zweit- oder drittbeste Lösung sein.
Eine gute Familie kann in den ersten Lebensjahren durch nichts ersetzt werden, denn das Lernen am
Vorbild der Eltern, in der Übung des sich gegenseitigen Helfens, aber auch des Konflikteaustragens,
des Abreibens mit den Geschwistern, all das kann eben nur in der Familie geschehen. Und was das
allerwichtigste ist, das ist die Geborgenheit, geliebt und angenommen zu werden, mit all den Fehlern
und Schwächen als Mensch akzeptiert zu werden. Das kann keine Institution, keine Einrichtung
ersetzen, und das können auch nicht die besten angestellten, pädagogisch ausgebildeten
Kindergärtnerinnen ersetzen.
Wir sollten uns aber gerade heute bei diesem Tagesordnungspunkt ehrlich überlegen, welche
Rangordnung und welchen Stellenwert wir den einzelnen familienergänzenden Einrichtungen geben.
Ich meine, in erster Linie müßte man damit beginnen, daß man den Müttern, die bereit sind, die Kinder
in den ersten Jahren selbst zu pflegen, diese Entscheidung erleichtert. Hier ist vieles geschehen, und
wir werden auch noch in dieser Richtung einiges machen. Die finanzielle Unterstützung der Familien
sowohl durch die Familienhilfe als auch im Steuerrecht sowie die Karenzregelung müssen schrittweise
verbessert werden und auch der Pensionsanspruch für die Kindererziehungszeiten ist etwas, was
dazu beitragen könnte, um vielen Müttern die Entscheidung, einige Jahre beim Kind zu bleiben, zu
erleichtern. (Abg. Helene Auer: Ganz wichtig ist das zweite Karenzjahr mit Arbeitsplatzgarantie!)
Ich möchte mich nicht in Details einlassen, aber grundsätzlich sind wir für eine Verbesserung, und es
wird auch eine Verbesserung geben. Der Wiedereinstieg in den Beruf, die freie Entscheidung der
Mütter muß akzeptiert werden, und egal aus welchen Gründen Familien Zusatzbetreuungen suchen,
müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß die Nachfrage vorhanden ist und daß es viele Familien gibt, die
gerade die Kindergartenöffnungszeiten derzeit nicht als optimal empfinden. Deshalb sind ja auch die
Familienorganisationen an uns mit der Bitte herangetreten, das, was in unserem Bereich liegt, zu
ändern. Die zweitbeste Lösung nach der Betreuung in der Familie, meine ich, ist nach wie vor die
Tagesmutter, weil sie familienähnliche Situationen und auch die persönliche Zuwendung dem Kind
gegenüber am ehesten herstellen kann. Ich glaube, beide Fraktionen gemeinsam - ich lade dazu
natürlich auch die freiheitliche Fraktion ein - müssen sich überlegen, wie der Beruf der Tagesmutter
attraktiver gestaltet werden kann. Auch hier muß es bessere finanzielle Voraussetzungen geben, auch
hier wäre zu überlegen, den Tagesmüttern bessere Pensionsanrechnungsjahre zu gewähren, aber
auch ideell müßte einiges geschehen, wie die Anerkennung der Tagesmutter als Beruf und auch die
Möglichkeit der Anstellung.
Erst dann sollten wir uns die eindeutig schlechteste Lösung in diesem Reigen überlegen, nämlich wie
wir Horte, Kinderkrippen als Institution einrichten. Das sollte wirklich nur die allerletzte Notmaßnahme
sein, weil uns alle Pädagogen sagen, daß sie die am wenigsten geeignete Betreuung besonders der
kleineren Kinder ist. (Ruf bei der SPÖ.) Besser als gar nichts, da haben sie auch recht. Es fragt sich
nur, wie sehr man etwas will und forciert. Hier müßte vielmehr Druck dahintergesetzt werden, um die
Aktion Tagesmütter voranzutreiben. Ich meine, da haben wir noch viel zu tun und da könnten wir noch
sehr viel mehr erreichen. Für die Kinder ab drei Jahren steht der Kindergarten zur Verfügung, vieles
wäre bisher schon möglich gewesen, das weiß auch ich, und da hätten wir gar keine
Gesetzesänderung gebraucht. Vielleicht ist das heute wieder ein Anstoß, im Interesse der Familien
und der Kinder auch die bisher schon möglichen Dinge auszunützen und flexibler zu gestalten und mit
der Gesetzesänderung noch zusätzlich zu erreichen, daß diese Betreuungsmöglichkeit nach
Notwendigkeit gegeben ist. Die wichtige Erziehungstätigkeit, die in den Erziehungszeiten festgelegt
ist, soll keineswegs abgewertet werden, und es soll mit den neuen Maßnahmen auch keine
Verschlechterung der Dienstsituation der Kindergärtnerinnen eintreten. Man hört immer wieder, die
Kindergärtnerinnen würden ausgebeutet und dergleichen. Das soll bei Gott nicht der Fall sein. Es soll
nur in Zukunft die auch schon jetzt mögliche Partnerschaft zwischen Eltern, Kindergartenleitung und
Gemeinde besser ausgebaut, flexibler gestaltet und den Notwendigkeiten angepaßt werden. Es soll
nichts geschehen, ohne daß diese Partnerschaft darüber ausgiebig diskutiert und die notwendigen
Entscheidungen getroffen hat. Es soll dadurch ermöglicht werden, daß vor und nach den bisherigen
Öffnungszeiten auch Personen, die keine Kindergärtnerinnen oder Helferinnen sind, einige Kinder im
Kindergarten beaufsichtigen.
Für mich ist eigentlich der wichtigste Punkt, daß dieses Zusatzangebot neben der Möglichkeit der
flexiblen Öffnungszeiten bei mehrgruppigen Kindergärten die Situation der Familien, für Pendler, für
Berufstätige, wie sie der Kollege Heindl geschildert hat, erleichtert. Ich möchte aber darüber
hinausgehen, auch für Bäuerinnen und Wirtschaftstreibende gibt es Arbeitsspitzen, wo es notwendig
ist, daß man die Kinder in dieser Zeit versorgt. Ich möchte auf alle Fälle verhindern, den Eindruck zu
erwecken, daß wir diese Lösung als generelle Lösung aufzeigen, die vielleicht mißbräuchlich
ausgenützt wird. Ich weiß, daß nicht alle Familien ideal sind und daß man manchen Familien
nachsagt, sie würden die Kinder gerne in den Kindergarten abschieben. Das wollen wir nicht
unterstützen. Wir wollen die Familien aufrufen und ihnen klarmachen, daß die beste Betreuung nach
wie vor daheim in der familiären Umgebung gegeben ist. Deshalb finde ich die von uns getroffene
Regelung, daß die Gemeinden für diese zusätzliche Betreuung auch etwas verlangen dürfen, nicht
negativ. Wenn für das Essen im Kindergarten ein Beitrag eingehoben wird, für das Bastelmaterial und
diese Dinge, dann ist es doch nichts Schlechtes, wenn man auch für diese Leistung, für die viele
Familien dankbar sind und die sie schätzen, eine Entschädigung verlangt.
Ich bin sicher, daß jede Gemeinde auf sozial schwache Familien Rücksicht nehmen wird und daß es
dadurch zu keinen Härtefällen kommen wird, (Abg. Helene Auer: Das ist nicht gerecht! Der eine ist ein
6-Stunden-Kindergarten, der andere auch. In dem einen werden die Kinder versorgt, im anderen
nicht!) und Sie würden es gerechter finden, wenn alle Familien nichts bezahlen müssen, egal wie
finanzstark sie sind! Und auch die Mütter, die aus Verantwortung und Liebe das Kind heimholen und
für dieses selbst sorgen, machen das nach wie vor freiwillig ohne finanzielle Unterstützung und
ersparen praktisch der Gemeinde dadurch Ausgaben. Gerechtigkeit ist etwas, worüber man
diskutieren kann.
Die Erziehungsaufgabe soll für alle frei sein. Das steht überhaupt nicht zur Diskussion, aber die
darüber hinausgehende Betreuungszeit muß der Familie auch etwas wert sein, und wenn jemand in
der Lage ist, dafür etwas zu bezahlen, dann finde ich es gerecht, daß dieses gute Angebot auch
honoriert wird.
In diesem Sinne hoffe ich, daß wir ein Stück weitergekommen sind, daß wir den Familien zum Wohle
des Kindes wieder etwas geholfen haben, und deshalb gibt meine Fraktion dieser Gesetzesregelung
ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Eine weitere Wortmeldung liegt nicht vor. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des Schulausschusses): Mit Mehrheit
angenommen. (Zustimmung ÖVP und SPÖ, Ablehnung FPÖ.)
Nunmehr ersuche ich den Abgeordneten Franz Rupp, die Verhandlungen zur Zahl 201/A-1/33
einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Franz RUPP (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe über den Antrag
der Abgeordneten Kurzbauer, Böhm, Mag.Freibauer, Kurzreiter, Gabmann, Sauer, Buchinger,
Klupper, Lugmayr und Rupp Franz betreffend Novellierung des NÖ Raumordnungsgesetzes
(Raumverträglichkeitsprüfung für Einkaufszentren) zu berichten:
In der jüngsten Zeit wird nicht nur in Niederösterreich unübersehbar, daß die Nahversorgung und die
sonstigen räumlichen Strukturen durch das besonders rasche Anwachsen von Einkaufszentren
nachhaltig gestört werden. Neuesten Pressemeldungen zufolge liegen Planungen und Projekte für
neue Einkaufszentren im Ausmaß von rund 700.000 bis 800.000 m2 Verkaufsfläche in der
Länderregion Ost (Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland) vor. Da es sich in der
Länderregion Ost um einen gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraum handelt, ist eine koordinierte
Vorgangsweise zur Beurteilung der Standorte geplanter Einkaufszentren nach gleichen Kriterien
notwendig. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß von Standort und Größe her strukturgerechte
Einkaufszentrenprojekte sowohl im Interesse der Konsumenten als auch der dynamischen
Handelsunternehmen liegen. Einhalt zu gebieten ist allerdings all jenen Einkaufszentrenprojekten, die
die Nahversorgung gefährden bzw. unzumutbare infrastrukturelle Auswirkungen (Verkehr, Umwelt,
Abwasserentsorgung etc.) nach sich ziehen. Aus all diesen Gründen ist es notwendig, dem Beispiel
anderer Bundesländer zu folgen und auch in Niederösterreich geeignete Schritte im
Raumordnungsrecht zu setzen, die die Erhaltung und Pflege der gewachsenen Orts-, Stadt- bzw.
Stadtteilzentren, ihre Funktionen und ihr Bild im Auge haben. In diesem Sinne sind daher die
Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes in der Richtung zu adaptieren, daß durch die
Einführung einer Raumverträglichkeitsprüfung für Einkaufszentren die oben erwähnten nachteiligen
infrastrukturellen Auswirkungen, insbesondere auf die Nahversorgung, hintangehalten werden.
Der Verfassungsausschuß hat in seiner Sitzung am 5.April 1990 den Antrag des Abgeordneten
Kurzbauer und anderer betreffend Novellierung des NÖ Raumordnungsgesetzes eingehend beraten
und folgenden Beschluß gefaßt:
Der Antrag des Abgeordneten Kurzbauer u.a. wird durch den Antrag der Abgeordneten Gabmann
und Sivec in der geänderten Fassung angenommen.
Ich stelle daher namens des Verfassungsausschusses folgenden Antrag (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"Der Antrag des Abgeordneten Kurzbauer u.a., mit dem die NÖ Landesregierung aufgefordert wird,
1. sich im Rahmen der Planungsgemeinschaft Ost mit den Bundesländern Wien und Burgenland um
den raschen Abschluß einer Vereinbarung über eine Raumverträglichkeitsprüfung für
Einkaufszentren im Sinne der Antragsbegründung zu bemühen und 2. nach Vorliegen einer
Vereinbarung eine Novellierung des NÖ Raumordnungsgesetzes dahingehend vorzubereiten, daß
vor der Festlegung der Nutzungsart 'Gebiete für Einkaufszentren' eine
Raumverträglichkeitsprüfung im obigen Sinne notwendigerweise durchzuführen ist,
wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und darüber die Abstimmung
vorzunehmen.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Ing.Weinmeier.
Abg. Ing.WEINMEIER (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Der vorliegende Antrag über eine Novellierung des NÖ Raumordnungsgesetzes wird von uns
begrüßt, wenn es auch nur ein kleiner Schritt in Richtung Verbesserung der Nahversorgung ist. Die
ÖVP will eine ökosoziale Marktwirtschaft, ich will diesen Begriff etwas abwandeln. Ich glaube, wir
brauchen auch eine ökosoziale Raumordnung. Darunter verstehe ich eine Raumordnung, die sowohl
auf ökologische Bedürfnisse Rücksicht nimmt, die aber auch die Sozialprobleme, die
Sozialbedürfnisse der Menschen nicht aus den Augen verliert.
Riesige Einkaufszentren, die das Thema unserer heutigen Debatte sind, die große Flächen
beanspruchen, die große Verkehrsprobleme mit sich bringen und die letztlich die Nahversorgung sehr
stören, oft sogar sehr empfindlich stören, widersprechen diesem meinem Begriff einer ökosozialen
Raumordnung. Eine vernünftige Raumordnung soll die Nutzung unseres Lebensraumes so regeln,
daß eine Übernutzung verhindert wird und unseren nachfolgenden Generationen auch ein natürlicher
Lebensraum erhalten bleibt.
Meine Damen und Herren! Raumordnung ist vorausschauende Zukunftsgestaltung, und sie ist daher
heute wichtiger denn je. Wie schon eingangs erwähnt, begrüßen wir daher diesen Vorstoß in Richtung
einer Eindämmung bei der Errichtung von Großeinkaufszentren, glauben aber, daß zur Lösung des
Problems noch weitere Maßnahmen, über die ich im folgenden sprechen werde, notwendig sein
werden. Und zwar politische Lenkungsmaßnahmen, um einen vernünftig strukturierten Handel auf der
einen Seite und auf der anderen Seite eine zufriedenstellende Nahversorgung zu erreichen.
Wichtig erscheint uns in diesem Zusammenhang vor allem die Erkenntnis, daß es sich hier um kein
länderspezifisches Problem allein handelt, sondern daß das Problem vor allem in der Ostregion
länderübergreifend gesehen werden muß und daher auch nur gemeinsam mit den anderen
Bundesländern gelöst werden kann. Ein Problem, das ja in den westlichen Bundesländern kaum in
dieser Schärfe gegeben ist.
Der Unmut beim Einzelhandel und beim Kleingewerbe ist natürlich unüberhörbar. Die vom
Wirtschaftsbund dominierte Handelskammer hat sich meiner Meinung nach in den letzten Jahren um
das Problem des Greißlersterbens und damit verbunden der Nahversorgung sehr wenig gekümmert.
Erst im Zeichen der bevorstehenden Handelskammerwahlen wurden nun die Hilferufe der Greißler
gehört, und dies dürfte offenbar auch für diesen heutigen Antrag - zumindest auf den Plakaten, die wir
sehen, ist dies erkennbar - auslösend gewesen sein. Das unterstreicht natürlich auch die Bedeutung
der Handelskammerwahlen. Man hat sich aber natürlich - das muß ich auch erwähnen - jahrelang auf
rote und freiheitliche Handelsminister ausgeredet, und nun gibt es seit vier Jahren neben der
schwarzen Handelskammer auch einen schwarzen Handels- und Wirtschaftsminister und trotzdem
sterben die Greißler weiter! Der Unmut der Greißler ist, wie gesagt, unüberhörbar und hat den
Wirtschaftsbund offenbar doch zu einer Aktivität getrieben.
Nun, wie sieht die Situation in Niederösterreich derzeit aus? In den letzten Jahren wurden vor allem
im Großraum von Wien und auch in anderen regionalen Zentren, wie speziell St. Pölten oder
Amstetten, zahlreiche mittlere, aber auch sehr große Einkaufszentren errichtet. Dabei wurde bei der
Widmung leider Gottes - und da ist man jetzt Gott sei Dank draufgekommen - auf die Raumprobleme
sehr wenig Rücksicht genommen. Dies brachte zwar für die betreffenden Gemeinden steuerliche
Vorteile, jedoch auf der anderen Seite auch gravierende Nachteile, gravierende Probleme für eine
ganze Region. Zum einen wurden riesige Grundflächen verbraucht, zum anderen entstanden
Verkehrsprobleme, und letztlich wurde die Nahversorgung auch empfindlich gestört. Darüber hinaus
entstanden durch notwendige Maßnahmen bei der Infrastruktur, Verkehrserschließung und ähnlichem
auch Folgekosten, Kosten, die natürlich die Allgemeinheit zu tragen hatte.
Wir betrachten es als eine Aufgabe der geistigen, aber auch der strukturellen Dorferneuerung, daß
die Nahversorgung wieder so wie früher funktioniert. Der Greißler im Dorf hat gesellschafts- und
sozialpolitische Aufgaben zu erfüllen, und dabei ist er natürlich auch entsprechend zu unterstützen.
Heute setzt man sich meistens ins Auto, fährt in die nächste Stadt, steht im Stau, ärgert sich, daß man
keinen Parkplatz findet, kauft dann noch dazu meist Dinge, die man gar nicht wollte, denn man kauft
nicht nur nach Bedürfnissen, sondern nach Angeboten.
Darüber hinaus gibt es aber neben den Großeinkaufszentren noch ein weiteres Problem, das ich
heute hier auch ansprechen möchte, nämlich die Tatsache, daß in letzter Zeit zunehmend eine
Bedrohung für bodenständige Kleingewerbeunternehmen durch Supermarktketten entstand, die sich
unter geschickter Ausnützung der 400 m2-Flächenbegrenzung, die in unserem
Raumordnungsprogramm verankert ist, jetzt auch in kleineren Gemeinden niedergelassen haben und
damit in diesen kleinen Ortschaften das wirtschaftliche Zusammenleben empfindlich stören.
Es ist natürlich eine Frage der freien Marktwirtschaft, und ich bin daher auch sehr vorsichtig, wenn
ich dieses Thema anspreche, aber wir dürfen es doch nicht aus den Augen verlieren, da dadurch in
einer mittleren Gemeinde das wirtschaftliche Funktionieren empfindlich gestört werden kann, ohne
daß es aus der Sicht der Nahversorgung dafür ein Erfordernis gegeben hätte. Der Kaufmann oder der
Fleischhauer im Ort - ich weiß das aus meiner eigenen Heimatgemeinde, weil wir dort dieses Problem
derzeit auch diskutieren - kauft seine Ware zumindest zum Teil von Produktionsbetrieben aus der
eigenen Gemeinde oder der umliegenden Region, während eine Handelskette alle ihre Waren
zumindest aus anderen Regionen zukauft, und was noch mehr stört, meist sogar aus dem Ausland
importiert.
Unsere Landwirtschaft produziert auf der einen Seite Überschüsse, die mit hohen Zuschüssen
wieder exportiert werden, während auf der anderen Seite die Supermarktketten einen Großteil ihrer
Waren importieren, noch dazu oft nicht mit dem Qualitätsniveau, wie wir es aus österreichischer
Produktion kennen. Dadurch wird, wie ich meine, der kleinstrukturierte ländliche Wirtschaftsraum
empfindlich gestört, und wir sollten uns daher neben der Diskussion über Großeinkaufszentren auch
Gedanken machen, wie wir dieses Problem in den Griff bekommen können, wie wir den
bodenständigen kleinen Handelsbetrieb in irgend einer Form unterstützen können, damit dieser
kleinstrukturierte Wirtschaftsraum weiterlebt. Darüber hinaus erfolgt natürlich dann aus einer Region
sehr oft auch ein Gewinnabfluß, oft sogar auch ins Ausland, was natürlich auch ein finanzpolitisches
Problem ist.
Wie sieht nun die derzeitige Gesetzeslage in Niederösterreich aus? Die Flächenwidmung und
natürlich auch die Widmung von Einkaufszentren fällt grundsätzlich in die Gemeindeautonomie.
Darüber hinaus hat das Land gemäß § 21 des geltenden Raumordnungsgesetzes die Möglichkeit, die
Genehmigung für ein örtliches Raumordnungsprogramm, sprich einen Flächenwidmungsplan, zu
untersagen, wodurch dann die Gemeinde verpflichtet wäre, ein anderes Raumordnungsprogramm
vorzulegen. Zu dieser Untersagung auf Landesseite fehlte aber in der Vergangenheit meist der
politische Mut, aber es fehlten auch die erforderlichen raumordnungspolitischen
Grundlagenforschungen, die notwendig sind, um einer Gemeinde eine derartige Widmung zu
versagen. Und das soll eben mit dem heutigen Antrag verbessert werden.
Hier liegt offenbar die Wurzel des Problems. Die Gemeinden sind natürlich zu schwach, um
angesichts der zu erwartenden Steuereinnahmen auf eine Umwidmung zu verzichten, und das Land
hat sich leider Gottes in seiner Aufsichtspflicht hier weitgehend herausgehalten. Ohne die Autonomie
der Gemeinden antasten zu wollen, glaube ich doch, daß es sich hier nicht nur um ein spezifisches
Gemeindeproblem allein handelt, sondern daß bei der Errichtung von Einkaufszentren sehr wohl
überregionale Interessen berührt werden. Es kann daher nicht allein im Entscheidungsbereich einer
Gemeinde liegen, wenn durch die Errichtung solcher Einkaufszentren ganze Regionen nachhaltig
beeinflußt oder zumindest in ihrer Struktur verändert werden.
Der Landesgesetzgeber sollte sich daher zusätzlich zu der heute beantragten
Raumverträglichkeitsprüfung Gedanken machen oder ernsthaft überlegen, ob nicht die Widmung von
Großeinkaufszentren auf Grund dieser überregionalen Interessenslage zumindest teilweise aus der
Kompetenz der Gemeinden entfernt werden sollte. Gemäß Artikel 118 des BundesVerfassungsgesetzes, wo die verfassungsrechtliche Umschreibung des Wirkungsbereiches der
einzelnen Körperschaften verankert ist, wäre dies nach der Auffassung von Verfassungsrechtlern
durchaus möglich, weil überregionale Probleme berührt werden und daher verfassungsrechtlich keine
Beschneidung der Gemeindeautonomie erfolgen würde. Auf jeden Fall wäre es zumindest notwendig,
daß der § 21 des Raumordnungsgesetzes vom Land her wesentlich restriktiver gehandhabt wird als in
der Vergangenheit.
Wie sieht die Entwicklung in den anderen Bundesländern aus, wenn Sie mir hier noch einige
Vergleiche gestatten? In den letzten Jahren haben die meisten Bundesländer ihre
Raumordnungsgesetze dahingehend novelliert, daß sie Bestimmungen aufgenommen haben, die auf
die Nahversorgung in den Regionen Rücksicht nehmen. Dabei entstanden aber kompetenzrechtliche
Probleme. Es wurden vom Verfassungsgerichtshof in der Folge einige Gesetze aufgehoben, in
Oberösterreich und auch in Vorarlberg, weil die Zuständigkeit nicht gegeben war und es sich hier um
gewerberechtliche Bestimmungen handelt, die Sache des Bundesgesetzgebers sind. Es steht daher
auch der Bundesgesetzgeber in dieser Frage sehr wohl unter Zugzwang, und der Herr
Wirtschaftsminister Schüssel hat ja, wie ich einer Pressemeldung entnehmen konnte, bereits erklärt,
daß er in dieser Frage, was seinen Zuständigkeitsbereich anlangt, stärker auf die Bremse steigen
wolle. Es sollte daher von Landesseite der Bund aufgefordert werden, nicht nur Versprechen
abzugeben, sondern auch tatsächlich gesetzliche Änderungen, speziell im Gewerberecht,
vorzunehmen.
Mittlerweile gibt es aber in den meisten anderen Ländern natürlich Regelungen,
raumordnungspolitische Regelungen, die auch eine Verbesserung der Nahversorgung
berücksichtigen. Man hat das nur etwas anders formuliert.
So hat zum Beispiel das Land Oberösterreich im Jahre 1989 eine Novelle zum Raumordnungsgesetz
beschlossen, worin ein Paragraph aufgenommen wurde, der lautet: "Die Sicherung der Versorgung
der Bevölkerung mit notwendigen Gütern und Dienstleistungen ist zu gewährleisten."
Auch das Land Tirol hat derartige Bestimmungen aufgenommen. In Kärnten gibt es diese
Bestimmungen ebenfalls. Man ist aber derzeit dabei, eine weitere Novelle im Landtag vorzubereiten.
Im Salzburger Raumordnungsgesetz befindet sich eine Bestimmung, die die Genehmigung für
Einkaufszentren entsprechend regelt. Dort heißt es: "Die Genehmigung ist zu versagen, wenn
nachteilige Auswirkungen auf Landschaftsgefüge, Ortsbild, Verkehr, Handels- und Sozialstruktur zu
erwarten sind." Also auch eine sehr klare Formulierung.
Das Land Vorarlberg geht hier noch etwas weiter. Ich werde auf diese Spielart abschließend noch
zurückkommen. Das Land Vorarlberg erlaubt nämlich nur dem überregionalen Raumplaner,
Einkaufszentren zu widmen.
Ich fasse daher unseren Standpunkt zu dieser Problematik zusammen: Wir sollten alle gesetzlichen
Möglichkeiten ausschöpfen, die es schon gibt, um eine Verbesserung der Nahversorgung bei weniger
Großmärkten und einem kleinstrukturierten Handel zu erreichen. Dies bringt uns gesellschaftliche,
soziale, aber vor allem ökologische Vorteile. Wir dürfen dem Kampf der Giganten zwischen dem
sogenannten "Grünen Riesen", dem Konsummarkt, oder auch ausländischen Handelsketten nicht
tatenlos zusehen, weil nämlich der sozial Schwächere und vor allem die Umwelt dabei auf der Strecke
bleiben. Wir sollten uns daher nicht nur vor Handelskammerwahlen um die Nahversorgung und den
kleinen Handel kümmern. Die Verpflichtung zu einer Raumverträglichkeitsprüfung, die heute
Gegenstand des Antrages ist, ist sicherlich nur ein erster Schritt in diese Richtung. Darüber hinaus
sind jedoch nach unserer Meinung im Raumordnungsgesetz noch weitere Verbesserungen, aber
auch, wie ich schon ausgeführt habe, seitens des Bundesgesetzgebers notwendig. Wir schlagen
daher von Landesseite die Entwicklung eines eigenen Raumordnungsprogrammes für Nahversorgung
vor und auch eine baldige Änderung des NÖ Raumordnungsgesetzes nach den von mir erwähnten
Grundsätzen. (Abg. Icha: Sogar die Russen schaffen jetzt die Planwirtschaft ab, und Ihr wollt sie
einführen!) Herr Kollege Icha! Diese Forderung basiert auf der Grundlage des bestehenden
Raumordnungsgesetzes. Wenn Sie das Niederösterreichische Raumordnungsgesetz kennen, dann
finden Sie in der Zielbeschreibung einen Punkt, wo die Formulierung bereits sehr vage vorhanden ist,
aber nicht in der Form, wie wir sie uns wünschen und, wie ich eben erwähnt habe, wie es der
Vorarlberger Gesetzgeber gemacht hat, nämlich daß er die Widmung von Einkaufszentren nur einem
überregionalen Raumplaner überläßt. Ein Raumordnungsprogramm für Nahversorgung ist für mich
keine zentralistische Methode, sondern eben ein Plan, worin festgelegt ist, wie sich die
Nahversorgung aus raumordnungspolitischer Sicht entwickeln soll. Meine Damen und Herren! Wir
wollen keine Großmärkte verhindern, sei abschließend gesagt, sondern wir wollen Strukturen erhalten
und die Nahversorgung sichern. (Beifall bei der FPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag.Kaufmann.
Abg. Mag.KAUFMANN (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben soeben
Gelegenheit gehabt, einen Einblick in freiheitliches Gedankengut nehmen zu können, nämlich in ein
Gedankengut, das einerseits davon ausgeht, daß wir alle gemeinsam anstreben, möglichst rasch in
die EG zu kommen. Wir träumen alle vom großen gemeinsamen Markt der 350 Millionen Menschen,
dessen wesentliche Philosophie ist, daß es die vier großen Freiheiten gibt, und eine der vier großen
Freiheiten ist die Freiheit des Warenverkehrs, die wir alle anstreben und wo wir glauben, daß wir auf
Grund eines erhöhten Wettbewerbes Nutznießer sein können. Dann hören wir, daß freiheitliches
Gedankengut zwar verbal irgendwie mit der EG zusammenhängt, in Wirklichkeit aber verhindert
werden soll, daß die Wurst nicht im nächsten Ort, sondern nur im eigenen Orte eingekauft werden
kann. Das ist vielleicht das Gedankengut der FPÖ in Österreich, aber ganz sicherlich nicht liberales
Gedankengut, und vielleicht ist das auch ein Grund, weshalb es so viele Schwierigkeiten gibt, die FPÖ
in der liberalen Gemeinschaft der Europäischen liberalen Partei zu halten. (Abg. Ing.Weinmeier: Das
ist mir egal!) Das nur soweit zu meinem Vorredner.
Zum Antrag selbst. Es geht in diesem Antrag darum, daß für Einkaufszentren eine
Raumverträglichkeitsprüfung eingeführt werden soll und, ich darf es gleich vorwegnehmen, in dem
Antrag steht auch, daß grundsätzlich davon auszugehen ist, daß strukturgerechte Einkaufsprojekte
sowohl im Interesse der Konsumenten als auch der dynamischen Handelsunternehmen liegen und
daher unterstützt und gefördert werden sollen. Wir sind also der Philosophie treu, daß wir sehr wohl
den Wettbewerb weiter forcieren und Nutznießer einer dynamischen Handelsentwicklung sein wollen,
und das ist auch in diesem Antrag enthalten.
Richtig ist, daß mitunter einzelne große Handelsketten, einzelne große Handelszentren große
Auswirkungen auf die Umwelt, auf das Landschaftsbild, auf das Ortsbild, auf die Verkehrsbelastung
haben. Ich wohne selbst in einem Ort, nämlich in Brunn am Gebirge, der äußerst stark in
Mitleidenschaft gezogen wurde und noch immer gezogen wird durch die besondere
Verkehrsbelastung, die durch die Shopping City Süd verursacht wird, die jetzt einigermaßen durch
eine neu errichtete eigene Autobahnabfahrt gemildert wird. Ich weiß aber auch, daß Handelszentren,
Einkaufszentren in Wirklichkeit die Umwelt, den Lebensraum, die Lebensqualität eines Ortes
wesentlich verändern können.
Es gibt daher offensichtlich große Einigkeit über den Sachverhalt, daß die zukünftige
Raumverträglichkeitsprüfung alle umweltrelevanten Kriterien, also alle Auswirkungen auf den Verkehr,
auf die Umwelt eines Ortes, auf das Ortsbild etc., sehr wohl berücksichtigen und Auswirkungen, die
die Lebensqualität der Bewohner unzumutbar einschränken, verhindern muß bzw. solche
Einkaufszentren durch eine entsprechende Raumwidmung verhindert werden. Es ist darüber hinaus,
glaube ich, auch zu prüfen, daß solche großen Einkaufszentren auch Auswirkungen auf andere
öffentliche Einrichtungen haben. Die Abgeordneten aller Parteien können im Bezirk Mödling ein Lied
davon singen, daß zum Beispiel die Sicherheitseinrichtungen, also die Gendarmerie, durch die
bestehenden Handelszentren im Bezirks ganz besonders beansprucht werden und daher 20 bis 30
Gendarmeriedienstposten fehlen. Es sollten 20 bis 30 Gendarmerieposten zusätzlich in diesen Bezirk
kommen, weil auf Grund der Schlüsselberechnung, die letzten Endes auf der Einwohnerzahl basiert,
eine Verfälschung des wirklichen Bedarfes besteht, der bei zukünftigen Regelungen berücksichtigt
werden soll.
Ich glaube, daß man langfristig - das ist nicht nur Sache des Landes, sondern auch des Bundes darüber Überlegungen anstellen soll, wie insbesondere durch solche Zentren verursachte Kosten zum Beispiel die besondere Beanspruchung der Sicherheitsorgane etc. - auch von den Verursachern
durch neue spezielle Maßnahmen mitgetragen werden können. Ich glaube, daß auch darüber relativ
bald Einigung erzielt werden kann.
Die wirkliche Frage in diesem Antrag ist die der Nahversorgung. Und hier darf ich gleich für unsere
Partei feststellen: Wir wollen, daß die Nahversorgung in möglichst großem Umfang gesichert ist. Wir
befürchten aber sehr - und gerade der Vorredner gibt dazu besonders Anlaß -, daß die
Nahversorgung in Wirklichkeit als Feigenblatt dafür verwendet wird, den Wettbewerb zusätzlich zu
behindern und sich einen lästigen Wettbewerb vom Hals zu schaffen. Gerade der jüngste OECDBericht hat aufgezeigt, wie notwendig in Österreich zusätzlicher Wettbewerb insbesondere auch im
Handel ist. Wir leben in Österreich in einem Hochpreisland, und dieses hohe Preisniveau wird durch
mangelnden Wettbewerb verursacht. Es gibt seitens der Arbeiterkammer große Bemühungen,
ununterbrochen Preisvergleiche festzustellen. Angesichts des OECD-Berichtes sind diese
Preisvergleiche auch von der Bundeswirtschaftskammer überprüft worden. Das ist im letzten "Profil"
nachzulesen. Es ist ganz eindeutig, daß die Preise in Österreich bei vielen einzelnen Warengruppen
wesentlich über dem EG-Niveau liegen. Etwa im Bereich der Lebensmittel bei 16 %, bei
Fleischprodukten 16 %, bei Bekleidung 16 %, bei Transportleistung 15 %, bei Früchten und Gemüse
14 %, bei alkoholischen Getränken 14 %, bei Restaurants und Hotels 8 %. Ein Preisvergleich in einem
Einkaufsmarkt, etwa der Städte Wien und München, wo der Einkauf für eine vierköpfige Familie in
einem Supermarkt für die Bedürfnisse des Wochenendes simuliert wurde, zeigt, daß München um 24
% billiger ist als Wien. Es geht daher wirklich darum, daß dieser Antrag, der momentan vorliegt, nicht
dafür ausgenützt wird, zusätzlichen Wettbewerb zu verhindern, sondern daß wirklich nur sehr präzise
darauf geachtet wird, die Nahversorgungsstrukturen im Auge zu behalten, ohne zusätzlichen
Wettbewerb unzulässig einzuschränken.
Ich muß noch drei Punkte anführen, weshalb wir Befürchtungen haben und daher beim weiteren
Werdegang dieser Gesetzesnovelle sehr auf der Hut sein werden, daß es nicht zu einer
Beschränkung des Wettbewerbs kommt.
Zum ersten ist im ursprünglichen ÖVP-Antrag der Satz enthalten: "Einhalt zu gebieten ist allerdings
jenen Einkaufsprojekten, die der Sicherung der bestehenden Nahversorgungsstruktur zuwiderlaufen."
Es ist aufgrund unserer Initiative dieser Satz wieder aus dem Antrag rausgekommen. Aber was
bedeutet es denn, bestehende Strukturen zu sichern? Das kann ja nur bedeuten, den Wettbewerb zu
versteinern! Das kann ja nur bedeuten, zusätzlichen Wettbewerb zu verhindern! Ein zweiter Grund,
der unsere Befürchtung nährt, ist, daß die Forderung nach dieser Raumverträglichkeitsprüfung auch
ein Punkt in der Forderungsliste des Wirtschaftsbundes zur Handelskammerwahl ist. Es liegt natürlich
in der Natur der Sache, daß der Wirtschaftsbund bei der Handelskammerwahl für die
Wirtschaftstreibenden wirbt und nicht für die Konsumenten. Es soll daher nicht um die Interessen der
Konsumenten gehen, und kann dabei gar nicht darum gehen, sondern um die Interessen der
Wirtschaftstreibenden. Und wenn es bei der Raumverträglichkeitsprüfung um die Interessen der
Wirtschaftstreibenden geht, kann es ja nur um die Einschränkung des Wettbewerbs und nicht um die
Forcierung des Wettbewerbs gehen. Daher ist das schon ein Punkt, der uns in dieser Diskussion sehr
nachdenklich stimmt.
Ich darf einen dritten Punkt anführen. Das ist nämlich die Praxis der bisherigen Anwendung der
Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes. Ich habe in vielen, vielen einzelnen Fällen erlebt, daß es
hier in der Tat um Wettbewerbsverhinderung geht und daß alle anderen Aspekte in Bezug auf die
Umwelt, auf die Verkehrsbelastung etc. etc. weit in den Hintergrund gerückt sind.
Ich darf ein Beispiel aus meiner Heimatgemeinde anführen. Das ist die Widmung des jetzigen DogroMarktes als Einkaufszentrum. Dieser Dogro-Markt ist in einer Gehentfernung zur Shopping City-Süd
angesiedelt. Die Shopping City-Süd hat sicher die 30- bis 40fache Verkaufskapazität. Es ist also
nahezu unmöglich, daß ein Dreißigstel oder nur ein Zwanzigstel Kapazität, die neben einer Shopping
City-Süd entsteht, die Nahversorgung der anderen Gemeinden auch nur irgendwie in einem
relevanten Umfang berührt. Trotzdem ist Jahre hindurch versucht worden, diese Widmung mit den
haarsträubendsten Argumenten zu verhindern. Es ist zum Beispiel auferlegt worden, daß die
Gemeinde eine Befragung bei den Betrieben in der Gemeinde durchführt, ob sie sich durch diesen
Dogro-Markt gestört fühlen oder nicht.
Nicht die Konsumenten haben befragt werden müssen, die ansässigen Betriebe mußten befragt
werden, das ist genau der falsche Weg, und zu guter Letzt, als dieser Dogro-Markt dann gestanden
ist, als die Widmung tatsächlich rechtskräftig und auch als Einkaufszentrum genehmigt worden ist, hat
es eine Anzeige der Handelskammer gegen den Bürgermeister der Marktgemeinde Brunn gegeben.
Diese Anzeige läuft immer noch. Der Bürgermeister ist einer Strafverfolgung, die momentan läuft,
ausgesetzt. Er muß sich hin und wieder beim Staatsanwalt verschiedener Einvernahmen unterziehen
und in Wirklichkeit geht es ganz einfach darum, Maßnahmen zur Verhinderung des Wettbewerbs
durchzusetzen.
Diese drei Punkte, die ich angeführt habe, sollen zeigen, daß wir sehr, sehr auf der Hut sein werden,
daß wir momentan der Intensität dieses Antrages sehr wohl zustimmen. Wenn es nämlich darum geht,
daß die Nahversorgungsstruktur in einem bestimmten Umfang aufrecht bleibt, daß eine
Nahversorgung existent bleibt, dann gehen wir mit. Wenn es darum geht, daß die Umwelt
entsprechend berücksichtigt, daß Verkehrsmaßnahmen entsprechend koordiniert werden sollen, dann
sind das alles Punkte, mit denen wir uns einverstanden erklären können. Wenn es aber in der
zukünftigen Novelle darum gehen wird, Wettbewerb zu verhindern, dann ist das der Punkt, wo wir
nicht mehr mitgehen können, weil wir für mehr Wettbewerb und nicht für weniger Wettbewerb sind.
In diesem Sinne darf ich sagen, daß die SPÖ-Fraktion dem Antrag in der im Ausschuß geänderten
Form zustimmen wird. Wir werden aber, wie ich gesagt habe, sehr, sehr auf der Hut sein, daß auch
das Gesetz, dessen Novellierung ja hier angeregt werden soll, wirklich so ausschaut, daß es nicht zu
Wettbewerbseinschränkungen und daher zur Schlechterstellung der Konsumenteninteressen kommt.
(Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich darf die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Bäuerinnen aus
dem Bezirk Zistersdorf mit ihren Ehegatten, die auf der Galerie als Zuhörer Platz genommen haben,
sehr herzlich begrüßen.
Zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Trabitsch.
Abg. TRABITSCH (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich bin sehr froh, daß der Mag.Kaufmann den Wettbewerb angesprochen hat. Wir sind
natürlich auch dafür, aber er soll geregelt und fair sein. Das ist ganz klar. Die Handelskammer wird
hier immer wieder in Bezug auf die Handelskammerwahlen angezogen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie die "NÖ Wirtschaft" lesen, Herr Ing.Weinmeier,
eine gute Zeitung, es ist die Zeitung der Handelskammer Niederösterreich, dann werden Sie bemerkt
haben, daß die Raumverträglichkeitsprüfung seit drei Jahren darin gefordert wird, und das war schon
lange vor den Handelskammerwahlen. Das möchte ich Ihnen noch sagen. Ich bin auch froh darüber,
daß Sie das Wort "ökosozial" in ihren Sprachschatz aufgenommen haben, dann brauchen Sie nicht
immer zu lästern, daß nur die ÖVP allein davon spricht.
Dann hat es auch noch die Aussage gegeben, Sie wollen das alles frei machen, aber auch schon zu
Zeiten Ihres Handelsministers Steger war die Nahversorgung gefährdet, und wir haben große
Probleme gehabt, das ist gar keine Frage, aber der hat auch nichts ändern können oder wollen. Wir
sind immer bemüht, diese Sache in den Griff zu bekommen, aber so wie es im letzten "Regal" der
Herr Haider verlangt hat - bitte ich muß Ihnen schon sagen, wir haben das genau geprüft -, ist es
juristisch unmöglich. Dies nur zur Einführung, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die Strukturen des Handels haben sich in den letzten Jahren entscheidend verändert. Mit ein Grund
dafür ist sicher das veränderte Einkaufsverhalten der Kunden, die mobiler geworden sind und im
Familieneinkauf eine Art Erlebnis sehen. Somit entsprechen Einkaufszentren durchaus der Nachfrage,
die in der Marktwirtschaft Grundlage für die betriebswirtschaftliche Entscheidung ist. Eines hat diese
Entwicklung gewiß mit sich gebracht: Die Großbetriebsformen des Handels stellen sich in vielen
Fällen als Verkehrserreger ungeahnten Ausmaßes dar: Umweltbelastungen für die Anrainer, die
Grenzen des zumutbaren Überschreitens sind erreicht. Die Wirtschaftsstruktur im Einzugsbereich
dieser Zentren hat Schaden erlitten, Nahversorgungsprobleme sind entstanden, die vorwiegend im
Interesse des Konsumenten zu lösen sind. Das Landschafts- und Ortsbild wurde oftmals
beeinträchtigt. Vor Jahren wurde in Niederösterreich durch die Schaffung einer zwingenden
Flächenwidmung für Einkaufszentren in zentralen Orten ein wichtiger Schritt gesetzt, um die
Ausuferung der im Gesetz genau definierten Betriebsbauten des Handels zu verändern. Nicht nur die
Nahversorgungsentwikklung anderer Gemeinden ist bei der Grundlagenforschung für die
Umwidmungen zu prüfen, sondern auch die mögliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen, kulturellen
oder sozialen Entwicklung. Das wäre also im Zusammenwirken mit den Bestimmungen der
Gewerbeordnung und Bauordnung ein Instrumentarium, um negative Folgeerscheinungen von
Einkaufszentren zu verhindern; ich sage wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn in der
Praxis ist die Nachweisführung über mögliche Beeinträchtigungen äußerst kompliziert. Als weiteres
kommt dazu, daß Auswirkungen großer Verkaufseinheiten nicht auf das jeweilige Bundesland
beschränkt sein können.
Die Diskussionen um das Projekt Auhof und das Projekt Parndorf haben es bewiesen. Die
Planungsgemeinschaft Ost hat daher Überlegungen angestellt, mit welchen gesetzlichen
Instrumentarien hier eine Kooperation der Bundesländer Niederösterreich, Wien und Burgenland
erfolgen kann. Der Entwurf für eine entsprechende Vereinbarung liegt vor. Obwohl Sie, meine sehr
verehrten Damen und Herren, die wesentlichen Inhalte kennen werden, möchte ich doch einen kurzen
Überblick geben:
Standorte für Einkaufszentren über 2.500 m2 Gesamtnutzfläche, das entspricht etwa 1.900 m2
Verkaufsfläche, sind einer Raumverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Dabei sollen unterschiedlich
von den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes auch Verkaufseinheiten nur einer Branche
untersucht werden können. Die Raumverträglichkeitsprüfung ist für bestehende Geschäftsbauten
vorzusehen, wenn sie über die genannte Grenze hinausgehend vergrößert werden.
Die Prüfung hat die Auswirkungen auf folgende Bereiche aufzuzeigen: Natur- und
Landschaftshaushalt, Landschafts- und Ortsbild, vorhandene Nutzungen, Flächenbedarf und
Flächenbilanz, Verkehrsbelastung und Umwelt, Zentren- und Siedlungsstruktur und zu guter Letzt
Wirtschaftsstruktur. In diesen Bereichen sind alle zu prüfenden Kriterien enthalten, wie die Anbindung
an den öffentlichen Verkehr, Versorgungssicherheit in Krisenzeiten oder auch die Erhaltung der
Grünräume.
Ich sehe, meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Gesetzentwurf durchaus vernünftige
Grundlagen, um eine ganzheitliche Prüfung von Projekten für Einkaufszentren, weit weg von einer
verfassungsrechtlich bedenklichen reinen Lokalbedarfsprüfung zu schaffen. Die Aufforderung an die
Landesregierung, sich um den raschen Abschluß der Bundesländervereinbarung zu bemühen, ist vor
diesem Hintergrund zu sehen. Ein nächster Schritt wird dann die Übernahme des wesentlichen
Vertragsinhaltes in die Rechtsordnung unseres Bundeslandes sein. Dabei werden auf jeden Fall
verfassungsrechtlich abgesicherte klare Formulierungen zu finden sein. Nicht zu vergessen sind
bestehende Regelungen im Betriebsanlagenrecht der Gewerbeordnung, deren strikte Anwendung
schon jetzt im Verfahren Elemente einer Raumverträglichkeitsprüfung sichert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts einer geschätzten Verkaufsfläche bei
Projekten für Einkaufszentren in der Länderregion Ost im Ausmaß von 700.000 bis 900.000 m2 ist die
hier dargelegte Initiative jedenfalls ein Schritt, der sich in der Zukunft positiv auswirken könnte. (Beifall
bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Hans.
Abg. Ilse HANS (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und Herren! Anläßlich
des Festaktes "10 Jahre Planungsgemeinschaft Ost" im Juni 1988 in Wien hat Universitätsprofessor
Dr.Hans Kistenmacher zum Thema "Raumordnung als umweltpolitische Aufgabe" einen Vortrag
gehalten. Am Anfang seiner Ausführungen beklagt der Experte die jahrelang mangelnde politische
Unterstützung notwendiger Raumordnungsmaßnahmen. Er beklagt fehlendes Umwelt- und
Raumordnungsbewußtsein, das in Österreich wie auch in den Nachbarstaaten zu einer äußerst
unbefriedigenden Situation, wie er das ausdrückt, geführt hat. Die mobile Gesellschaft inmitten des
rasanten Wirtschaftswachstums hat Regionen erschlossen und vorwiegend Geschäftsinteressen
unterworfen. Immer mehr bleibt der Lebensraum auf der Strecke. Tatsächlich sinkt unsere
Lebensqualität in den zersiedelten Gebieten und in den Ballungszentren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Länderregion Ost, wie sie in dem vorliegenden Antrag definiert
ist, wird in den kommenden Jahren noch viel größeren Belastungen ausgesetzt werden als bisher. Der
Touristenstrom aus den Nachbarländern wird noch anschwellen. Verkehrslawinen werden uns
überrollen. Pendlerströme arbeitender Menschenmassen werden ausufern.
Ein schönes Stück Niederösterreich nach dem anderen wird Nutzungskonflikten die Stirn bieten
müssen. In einer solchen Zeit ist es notwendig, raumordnend einzugreifen. Das Empfinden von
Raumnot oder Platzangst ergreift bereits manchen Bürger unseres Landes und ihnen wird sehr viel
versprochen. Der ÖVP-Wirtschaftsbund zum Beispiel leistet seinen Beitrag zum Thema Raumordnung
und verspricht, neue Märkte für Tourismus und Freizeitwirtschaft zu erobern. Der Herr
Landeshauptmann möchte laut Profil weitere Autobahnen bauen lassen, um das Straßennetz noch
enger zu ziehen. Naturschutzorganisationen wünschen sich in Niederösterreich die Erhaltung einer
möglichst großen Fläche unberührter Natur. (Dritter Präsident Ing.Schober übernimmt den Vorsitz.)
Also, eine sinnvolle Raumordnungspolitik wird uns allen noch viele Diskussionen und schwierige
Entscheidungen abverlangen. Der vorliegende Antrag ist ein erster zaghafter Versuch, eine
vorsorgende Raumordnungspolitik in Angriff zu nehmen. Der Antrag beschäftigt sich mit dem Problem,
daß wachsende Einkaufszentren unsere räumlichen Strukturen zerstören, vor allem gefährden sie die
Nahversorgung der Bevölkerung. Auch eine Wochenzeitschrift hat sich unlängst mit dieser
Entwicklung auseinandergesetzt. Da tobt also in Österreich eine noch nie dagewesene
Regalschlacht. Inhaber von Lebensmittelketten versuchen um jeden Preis, die Konkurrenz in Ketten
zu legen. Das Ergebnis dieses Wirtschaftskrieges ist derzeit: zu viele Verkaufsflächen, härterer
Wettbewerb, sinkende Preise und vielfach auch - und das ist nicht im Interesse des Konsumenten eine abfallende Qualität des Warenangebotes.
Die Opfer des Krieges sind zahlreich: zuerst macht der kleine Gewerbetreibende, der nicht mehr
mithalten kann, seinen Laden zu. Dann muß der Konsument für immer schlechtere Massenware einen
immer weiteren Verkehrsweg zurücklegen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das Absterben von Kleinkrämern gleich um die Ecke zugunsten
des Großhändlers im nächsten Ort war eine Fehlentwicklung. Die Aushöhlung der Nahversorgung
steht im krassen Gegensatz zu den Erfordernissen der Zukunft. Wie sieht denn unsere Zukunft aus?
Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in unserem Bundesland werden künftig immer mehr alte
Menschen, Alleinstehende, so lange wie möglich für sich selbst sorgen müssen. Wenn diese
Menschen das Lebensmittelgeschäft zu Fuß nicht mehr erreichen können, dann werden sie mit ihrer
Situation kaum ohne fremde Hilfe fertig werden. Aber auch immer mehr junge Menschen leben als
Singles in Einpersonenhaushalten. Das allgemeine künftige Verkehrsaufkommen wird auch sehr
wesentlich davon abhängen, ob diese Einzelgänger zum Einkaufen das Auto brauchen. Alle
Bevölkerungsschichten, ganz egal, ob jung oder alt, wollen eine frische, gesunde Lebensmittelware.
Was aber, bitte, finden Sie heute zum Teil in den Diskontläden? Medikamentös durchsetztes Fleisch
aus einer Massentierhaltung, Eier aus Legebatterien und importiertes mit unbekannten Spritzmitteln
behandeltes Gemüse. Das Angebot entspricht vielfach nicht mehr dem Gesundheitsbewußtsein des
Bürgers. Und dazu kommt noch der allgemeine Verpakkungswahnsinn in den Großmärkten. Je
weiter der Weg ist, den die Ware zurücklegen muß, bevor sie den Endverbraucher erreicht, umso
besser muß sie verpackt sein. Je mehr selbstredende Werbung für die Ware gemacht werden muß,
umso schöner muß sie verpackt sein. Übrig bleiben Millionen Tonnen von Abfallmaterial, für das der
Steuerzahler mehrmals bezahlen muß. Er bezahlt einmal die Verpackungsgebühr beim Wareneinkauf
und dann noch einmal die Deponiegebühr für die Reststoffe des ausgedienten Artikels.
Es gibt also eine Vielzahl von Gründen, die gegen die Errichtung weiterer, überdimensionaler
Großmärkte und riesiger Einkaufszentren sprechen. Wir Freiheitlichen werden daher dem
vorliegenden Antrag zustimmen. Ich möchte abschließend aber nochmals hervorheben, daß diese
Projekte nicht die einzige Bedrohung unserer Raumordnung darstellen. Jedes Großbauvorhaben ist
ein massiver Eingriff in unsere Umwelt, in unsere Lebenswelt. Ich bedauere es daher zutiefst, daß die
bundesgesetzlichen Regelungen zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei
Großprojekten in dieser Legislaturperiode nicht mehr zustandekommen werden. Ohne
Umweltverträglichkeitsprüfungen werden wir in Niederösterreich aber kaum zu einer vernünftigen
Raumordnungspolitik kommen. Bleibt nur zu hoffen, daß die nächste Bundesregierung eine bessere
sein wird, die dem Schutz unseres Lebensraumes mehr Aufmerksamkeit widmet. (Beifall bei der
FPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Wort gelangt der Herr Abgeordnete Hubert Auer.
Abg. Hubert AUER (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Kollege Mag.Kaufmann hat sich in seinem Diskussionsbeitrag mit dem
Wettbewerb beschäftigt und damit natürlich die Preisgestaltung angesprochen. Ich möchte mich dem
Problem eher von der sozialen Frage nähern und ein paar Vorschläge machen, wie man für den
sozialen Bereich die eine oder andere Lösung finden könnte. Ich möchte betonen, daß ich diese
Vorschläge zur Diskussion stellen möchte und sie keineswegs als endgültig und vollständig betrachte.
An und für sich ist von allen Rednern die Sorge über die Entwicklung im Bereich dieser
Konzentrationen, im Bereich des Handels, zum Ausdruck gekommen, natürlich von jedem aus seinem
ganz besonderen Blickwinkel.
Nun, meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten ein bißchen realitätsnäher sein. Es wird
sicherlich nicht möglich sein, auf der einen Seite einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen
Gemeinschaft zu stellen und auf der anderen Seite mit dem Verbieten Politik zu machen. Das werden
sie nämlich nicht spielen! Man kann nicht das eine tun oder wollen und das andere, was dazu gehört,
eben in diesem Bereich - und das sind die Konzentrationen - ganz einfach verbieten wollen. Wenn
man daran denkt, daß sich das noch um sehr vieles verstärken wird, weil die Kapitalkonzentrationen in
den letzten Jahren enorm zugenommen haben, weil das Kapital immer anonymer wird und daher
solche Märkte, solche Investitionen, gesucht werden, dann kann man sich in etwa vorstellen, was uns
in diesem Bereich noch bevorsteht.
Nun, diese Konzentrationen, denen wir gegenüberstehen - wo wir doch ein bißchen spät reagieren,
würde ich meinen - bedeuten natürlich die schon angesprochenen Versorgungslücken in vielen
Gebieten. Es gibt sie in mehr Gebieten in Niederösterreich als wir überhaupt glauben. Schon vor
einigen Jahren waren über 300 Ortschaften in Niederösterreich ohne den berühmten und vielzitierten
Greißler. Das heißt also, im Ort hat es keine Möglichkeit mehr gegeben, die Versorgung des täglichen
Bedarfs für alle Menschen zu decken.
Nun, was bedeutet denn das, wenn man die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs nicht mehr auf des
Schusters Rappen beschaffen kann? Wenn man also dazu entweder ein Auto braucht, wenn man
dazu ein öffentliches Verkehrsmittel braucht oder wenn man einen guten Bekannten bitten muß "Geh
sei so gut, nimm mir die Milch, das Brot, die Eier oder das Gemüse vom nächsten Großmarkt mit", der
nicht in den seltensten Fällen 20 km entfernt gelegen ist. Wenn man also die Verwandten und
Bekannten ansprechen muß "Hilf mir, damit ich überleben kann".
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das bedeutet in vielen Fällen Demütigung, das
bedeutet Abhängigkeit. Und Abhängigkeit zu schaffen, das ist unwürdig. Schon aus unserer
Einstellung heraus. Denn es betrifft ja nicht nur die älteren Menschen, sondern es betrifft ja auch die
Hausfrauen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es betrifft Familien mit mehreren Kindern, wo
die Frau ganz einfach keine Möglichkeit hat, ihren täglichen Bedarf 10 km weit entfernt zu decken.
Wir wissen das alle. Und wir sind aufgefordert, dafür zu sorgen, daß Abhilfe geschaffen wird. Ich
glaube daher, daß ich ein bißchen verständlich machen konnte, daß das nicht nur eine wirtschaftliche
Frage ist. Diese Frage betrifft daher auch nicht nur die Wirtschaft, sondern sie ist natürlich auch eine
zutiefst humane, eine zutiefst soziale Frage.
Wenn wir wissen, daß diese Konzentrationen in den letzten Jahren enorm zugenommen haben und
daß diese Konzentrationen in den nächsten Jahren noch enorm zunehmen werden, wenn wir wissen,
daß in Orten von mittlerer Größe der letzte Greißler auch noch verschwinden wird, dann sind wir
aufgefordert, dagegen etwas zu tun. Wir dürfen uns einig darüber sein, daß wir das nicht verbieten
werden können, weil wir ganz einfach nicht alleine auf der Welt sind und auch wir zu Abhängigkeiten
gegenüber anderen verpflichtet sind. Der Gesetzgeber aber, so glaube ich, hat im Sinne der
Subsidiarität dafür zu sorgen, daß, wann eine Gruppe von Menschen Nachteile durch eine
Entwicklung erleidet, Maßnahmen gesetzt werden, und sei es auf gesetzgeberischem Gebiet, damit
diese Nachteile zumindest in Grenzen gehalten werden können, daß ein so geringer Schaden als nur
möglich erreicht wird. Sei es in finanzieller Hinsicht, weil sie ihren täglichen Bedarf eben nur dann
decken können, wenn sie Geld für öffentliche Verkehrsmittel ausgeben, oder weil sie gezwungen sind,
teure Produkte zu schaffen, denn das ist ja auch verbunden mit dieser Konzentration in den großen
Räumen. Wenn der Umsatz vom kleinen Greißler im Ort zurückgeht und er nur die Überlebenschance
hat, wenn er versucht, soweit das möglich ist, sich über die Preise zu halten, dann geht das bis zu
einem gewissen Punkt. Doch dann ist es aus und der Greißler ist weg. Und zum dritten, ich habe es
schon angesprochen, haben wir dafür zu sorgen, daß diese Abhängigkeiten möglichst hintangehalten
werden. Daher würde ich drei Punkte einmal zur Diskussion stellen, die man in diese
Bedarfsprüfungen unbedingt mitaufnehmen muß, nämlich nicht so sehr, wie sich der Verkehr
entwickelt zum Großmarkt, wenn man mit dem Auto kommt, sondern wie denn dieser Großmarkt,
dieses Einkaufszentrum, im Umkreis von 20 km erreichbar ist. Brauche ich unbedingt ein Auto selbst
dazu, oder ist es möglich, auch aus den entfernteren Ortschaften diese Supermärkte zur Deckung des
täglichen Bedarfes mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen. Es ist nämlich wichtig, für alte
Leute, für jemanden, der kein Auto hat, für jemand, der nicht mehr fahren will oder kann, für
kinderreiche Familien, eine entsprechende Möglichkeit zu schaffen. Daher soll man das in diese
angestrebten Bedarfsprüfungen mitaufnehmen. Und zum zweiten: Wenn wir wissen, daß wir
wahrscheinlich diese Konzentrationen, dieses immer neue Entstehen von Großmärkten, nicht
verhindern können, dann sollten wir nicht darüber nachdenken, daß diese Konzentrationen daran
schuld sind, daß die Nahversorgung in vielen Bereichen nicht mehr gewährleistet ist, sondern man
sollte diese Supermärkte dazu zwingen, in unterversorgten Gebieten tätig zu werden, nämlich Filialen
zu errichten. Sei es nun ortsgebundener oder sei es, mit geschäftsähnlichen Autos diese Gegenden
zu versorgen, natürlich zu einem angemessenen Preis. Wir würden wahrscheinlich hier sehr viel Leid
mindern und Abhängigkeiten verkleinern.
Meine Damen und Herren! Auch ich möchte den OECD-Bericht, der heute schon zitiert wurde,
ansprechen. Sollte man nicht doch überlegen, die Zugänglichkeiten auch zum Handelsbereich zu
erleichtern? Sollte man nicht doch überlegen, was denn in der Gewerbeordnung oder in anderen
Gesetzen an Hindernissen vorhanden ist, wenn sich junge Menschen oder auch andere, die sich in
diesem Bereich selbständig machen wollen, die eine oder die andere Lücke im Bereich der
Nahversorgung entdecken oder andere Produkte dazunehmen wollen. Ich denke an Gasthäuser, die
erweitern könnten, oder an Tankstellen. Sollte man nicht wirklich einmal überlegen und diskutieren,
was wir hier tun könnten, um auch in diesem Bereich eine Liberalisierung zu erreichen und damit auch
einen Beitrag zur Sicherung der Nahversorgung zu leisten? Ich sage das, meine Damen und Herren,
im Wissen, daß in Niederösterreich seitens der zuständigen Stellen der Handelskammer diese Dinge
sehr liberal gehandhabt werden und Genehmigungen durchaus auch erteilt werden. Eine
entsprechende, allgemeine, erleichterte Zugänglichkeit in diesem Bereich wäre jedoch wahrscheinlich
von Nöten. Man könnte viel Leid ersparen und wir müßten uns wahrscheinlich auch nicht so große
Sorgen machen um die künftige Entwicklung im Bereich der Nahversorgung.
Meine Damen und Herren! Die ÖVP wird diesem Antrag die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP
und Abgeordneten Mag.Kaufmann.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Auf der Galerie hat die zweite Gruppe der Bäuerinnen und
Bauern aus Zistersdorf Platz genommen. Ich darf sie herzlichst begrüßen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat
das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. Franz RUPP (ÖVP): Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER (nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des
Verfassungsausschusses): Einstimmig angenommen!
Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Buchinger, die Verhandlungen zur Zahl 198/H-3/4 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf über die Zahl 198/H3/4, NÖSIWAG, Niederösterreichische Siedlungswasserbau-Gesellschaft mbH, Haftungsrahmen,
berichten. Das Land Niederösterreich ist hundertprozentiger Gesellschafter der NÖSIWAG, die mit 31.
Dezember 1989 ein Stammkapital von 573 Millionen Schilling hat. Der Gesellschaftszweck der
NÖSIWAG ist die Erschließung, die Speicherung, die Aufbereitung, die Zuleitung und die Abgabe von
Trink- und Nutzwasser. Wir haben schon sehr oft über Vorlagen der NÖSIWAG in diesem Haus
debattiert.
Um die Aufgaben erfüllen zu können, ist es in Bezug auf das Ausbauprogramm notwendig, auch
entsprechende Geldmittel aus dem Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds aufzunehmen, und zwar in
der Größenordnung von rund 70 % der einzelnen Bauvorhaben. Bisher hat der NÖ Landtag die
Haftungen, die dafür notwendig sind, in einem Gesamtrahmen von 915 Millionen Schilling
beschlossen. Das hat sich so abgewickelt, daß der Landtag pro Projekt jeweils mit einer eigenen
Vorlage befaßt wurde. Um diese Angelegenheit zu vereinfachen und um da und dort auch eine
Verwaltungsvereinfachung durchzuführen, sieht nun diese Vorlage vor, der NÖSIWAG einen
entsprechenden Haftungsrahmen für die in den nächsten zwei Jahren vorgesehenen Projekte zu
geben. In den nächsten zwei Jahren werden von der NÖSIWAG insgesamt rund 345 Millionen
Schilling verbaut werden. Die 70 %, die aus dem Wasserwirtschafts- und Umweltfonds gefördert
werden, machen 241,5 Millionen Schilling aus. Es wäre daher notwendig, den Haftungsrahmen mit
240 Millionen Schilling festzusetzen.
Ich darf daher namens des Finanzausschusses folgenden Antrag stellen:
"Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Es wird die Errichtung eines Haftungsrahmens in der Höhe von 240 Millionen Schilling für die
Übernahme von Haftungen gemäß dem Wasserbautenförderungsgesetz gegenüber dem Umweltund Wasserwirtschaftsfonds für die der NÖSIWAG, Niederösterreichische SiedlungsWasserbaugesellschaft mit beschränkter Haftung, zugesicherten Darlehen beschlossen.
2. Die NÖ Landesregierung wird ermächtigt, innerhalb des Haftungsrahmens Haftungen im Sinne
des Punktes 1 zu übernehmen. 3. Die NÖ Landesregierung wird ermächtigt, die zur Durchführung
dieses Beschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich darf bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gelangt der Herr
Abgeordnete Ing.Weinmeier. Ich erteile es ihm.
Abg. Ing.WEINMEIER (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und Herren! Der
vorliegende Antrag, betreffend eine Haftungsübernahme für die NÖSIWAG sieht vor, daß die
Landesregierung ermächtigt wird, in Zukunft die Haftungen in einem bestimmten Rahmen selbst
auszusprechen, wenn die NÖSIWAG Haftungen für Wasserwirtschafts-Darlehen benötigt. Dagegen ist
aus unserer Sicht prinzipiell nichts einzuwenden, weil durch diese administrative Vereinfachung es
möglich ist, die Haftungsübernahmen in Zukunft schneller abzuwikkeln. Es muß nicht auf die nächste
Landtagssitzung gewartet werden, was sicherlich für die Investitionstätigkeit der NÖSIWAG eine
Erleichterung bedeutet. Ich darf aber diesen Antrag zum Anlaß nehmen, um auf die steigenden
Probleme, die wir im Bereich der Wasserwirtschaft allgemein haben, hinzuweisen. Die jüngste
Diskussion über das neue Wasserrechtsgesetz und auch über die im Jahre 1989 erlassene
Nitratverordnung des Gesundheitsministers zeigen sehr deutlich, welche Probleme in den nächsten
Jahren auf die Wasserwirtschaft und daher auch auf die NÖSIWAG zukommen werden.
Gemäß dem § 2 dieser Nitratverordnung, die nach dem Lebensmittelgesetz erlassen wurde, ist es
verboten, ab 1. Juli 1990 Trinkwasser mit mehr als 100 Milligramm Nitrat pro Liter in Verkehr zu
setzen. Da wird es noch eher weniger Probleme geben. Ab 1. Juli 1994 liegt dieser Grenzwert bereits
bei 50 Milligramm Nitrat pro Liter und ab 1. Juli 1999 bei 30 Milligramm Nitrat pro Liter. Dies scheint
ein sehr weitgesteckter Zeitraum zu sein, doch wenn man sich näher mit der Problematik
auseinandersetzt, muß man feststellen, daß es hier sehr wohl zu Schwierigkeiten im
Versorgungsbereich kommen kann. Vor allem werden schon bei dem Termin 1. Juli 1990 einige
Wasserversorgungsunternehmen - die NÖSIWAG zwar sicher nicht, aber einige kleine
Wasserversorgungsunternehmen - Schwierigkeiten bekommen oder vielleicht sogar ihren Betrieb
einstellen müssen. Wenn man bedenkt, daß auch bei einem sofortigen Beginn der
Ursachenbekämpfung die Belastungswerte nur sehr langsam und sehr zögernd verbessert werden, so
wird die Problematik erkennbar. Bei der Marke 1. Juli 1994 werden sicherlich auch für die NÖSIWAG
Probleme entstehen, wenn man davon ausgeht, daß die Werte bis dorthin nicht fallen werden,
sondern eher steigen werden. Vor allem aber ab 1999, also bei 30 Milligramm, müssen wir mit großen
Problemen in der Wasserversorgung rechnen. Wir können daher mit großer Wahrscheinlichkeit
annehmen, daß eine große Investitionstätigkeit notwendig werden wird, um dieses Problem
einigermaßen in den Griff zu bekommen und um die Versorgung der angeschlossenen Gemeinden
weiterhin aufrecht erhalten zu können. Beginnen die geforderten Maßnahmen nicht rechtzeitig zu
greifen, dann wird sich das natürlich auch empfindlich auf den Wasserpreis auswirken. Die
Wasserversorgungsunternehmen müssen natürlich diese Mehrkosten, die durch technische
Einrichtungen notwendig werden, um dem Nitratproblem Herr zu werden, weitgehendst auf die
Konsumenten abwälzen. Man spricht unter Experten von einer durchschnittlichen Verdoppelung des
Wasserpreises.
Meine Damen und Herren! Da kommen sicherlich große soziale Probleme auf uns zu. Dessen sollte
sich das Land als alleiniger Gesellschafter der NÖSIWAG bewußt sein und es sollten daher alle
politischen Möglichkeiten ausgeschöpft und Maßnahmen gesetzt werden, um dieses Szenario, das ich
hier gezeichnet habe, zu vermindern, um dem entgegenzuwirken.
In Niederösterreich ist man aber scheinbar noch nicht über die gegenseitige Schuldzuweisung
hinausgekommen, man ist noch immer bei der Ursachendiskussion. Ich würde mir daher wünschen,
daß man diese Phase endlich überwindet. Zum Beispiel in der Form, daß es endlich landesweit
gelingt, hydrogeologische Grundlagenermittlungen, Grundlagenforschungen, durchzuführen, um
endlich Daten zu bekommen, welche Gebiete besonders gefährdet sind. (Abg. Spiess: Das geschieht
schon lange!) Ich weiß, es ist eingeleitet, aber es ist noch lange nicht abgeschlossen, es gibt
überhaupt keine landesweiten Daten, Herr Kollege, das sollten Sie auch wissen. (Abg. Spiess: Ich
weiß, daß das aufgebaut wird!) Ja, aber es gibt derzeit noch keine Daten und die brauchen wir schon
dringendst. Ich zitiere dazu aus berufenem Munde Herrn Dipl.Ing.Werner Kaspar vom Amt der NÖ
Landesregierung, der kürzlich bei einem Vortrag folgendes festgestellt hat: "Ein Vergleich der
möglichen Ursachen des Stickstoffeintrages ins Grundwasser ergibt die Dominanz des Eintrags aus
der Landwirtschaft," so Dipl.Ing.Werner Kaspar. Dann führt er weiter aus:
"Die schrittweise Herabsetzung der zulässigen Nitratwerte durch die Trinkwassernitratverordnung
1989 macht Maßnahmen in den meisten der für eine Grundwassererschließung relevanten Gebiete
des Landes notwendig."
Das ist die Meinung eines Fachmannes! Wenn auch etwas verklausuliert, so ist diese Feststellung
doch eine sehr eindeutige Aufforderung, tätig zu werden. Wenn wir also nichts unternehmen, wird es
schwierig für die Landeswasserbaugesellschaft, denn in diesem Spannungsfeld muß die NÖSIWAG
ihren Versorgungsauftrag weiterhin erfüllen.
Dazu noch ein weiteres Zitat, das die Dringlichkeit besonders unterstreicht, von Herrn
Univ.Doz.Dr.Wolfgang Stalzer vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, der festgestellt
hat: "Es muß darauf hingewiesen werden, daß die gegebenen Rahmenbedingungen Veränderungen
nur sehr langsam zulassen. Die Sanierung von belasteten Gebieten wird daher sehr lange Zeiträume
in Anspruch nehmen."
Wir können nur hoffen, daß die Zeiträume nicht zu lange sind, daß wir gemäß dieser
Grenzwertverordnung den Versorgungsbetrieb dann nicht mehr aufrecht erhalten können.
Unternehmen Sie also nichts, meine Damen und Herren in den verantwortlichen Positionen, dann
wird der NÖSIWAG schlichtweg das Wasser ausgehen. Beginnen Sie endlich Schritte einzuleiten, um
der Landwirtschaft zu helfen, aus dieser Sackgasse wieder herauszukommen.
Grundwasserschutz muß auch ein erklärtes Ziel einer ökologisch orientierten Landwirtschaft werden.
Folgen Sie dem Beispiel Kärntens, wo das Land bereits begonnen hat, die Landwirtschaft beim
Rückzug aus der Chemie zu unterstützen.
Wir haben eine ÖVP-dominierte Landwirtschaftskammer, wir haben einen ÖVPLandwirtschaftsminister, also was hindert Sie wirklich daran, hier endlich einschneidende Maßnahmen
zu setzen? Aber auch im Land wird es in Zukunft einen Handlungsbedarf geben, sollte das
Wasserrechtsgesetz, was ich hoffe, doch beschlossen werden. Dann würde bereits ab 1. Juli 1990 der
Landeshauptmann aufgefordert sein, Verordnungen zu erlassen, um in
Grundwassersanierungsgebieten Reinhaltemaßnahmen und Nutzungsbeschränkungen zu erlassen.
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ergibt sich für mich noch eine weitere derzeit
sehr aktuelle Frage, die bei diesem Thema auch angeschnitten werden muß. Welches Ziel verfolgt
eigentlich das Land Niederösterreich, wenn sich die EVN - nach Aussage von Herrn Generaldirektor
Dr.Gruber - plötzlich ebenfalls als Wasserversorger deklariert und als Wasserversorger auftreten
möchte? Die EVN beabsichtigt, die Geschäftsordnung zu ändern, um auch als Wasserversorger
aufzutreten. Dem Vernehmen nach will die EVN nun auch die NÖSIWAG in ihren
Unternehmensbereich eingliedern. Meine Damen und Herren! Wozu diese Konzentration in einem
Unternehmensbereich des Landes? Hier sind einige Fragen offen? Ich hoffe, daß endlich ein
zuständiger Landespolitiker dazu eine Erklärung abgibt.
Während man in anderen verstaatlichten Bereichen auf Bundesebene begonnen hat, durch
Ausgliederungen kleinere Einheiten zu schaffen, geht man also in Niederösterreich den umgekehrten
Weg. Ein Weg, der im verstaatlichten Bereich bereits als falsch erkannt wurde, der wird jetzt in
Niederösterreich begonnen. Das ist, meine Damen und Herren, ein mutwilliges Zerstören von
funktionierenden Unternehmensstrukturen. Wozu dann auch, frage ich mich, der heutige Beschluß
einer Haftungsübernahme, wenn man schon in der Zeitung lesen kann, daß geplant ist, die
vermögensrechtliche Situation bei der NÖSIWAG zu ändern. Wir sprechen uns aus freiheitlicher Sicht
sehr vehement gegen dieses Vorhaben aus. Ich erwarte auch, daß der Landtag in Zukunft über solche
Dinge nicht aus den Zeitungen oder aus dem Munde des Generaldirektors informiert wird, sondern wir
erwarten, daß es dazu endlich eine offizielle Stellungnahme der Landesregierung gibt. (Beifall bei der
FPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Gruber.
Abg. GRUBER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Die NÖSIWAG erfüllt - das wissen wir alle - eine wichtige, überregionale Aufgabe für
unsere Gemeinden. Mit der gegenwärtigen Vorlage werden wieder interessante Projekte der
Siedlungswasserwirtschaft der Verwirklichung zugeführt werden können. Die Planung der
Wasserversorgung erfolgt in der Regel im engsten Einvernehmen und in Zusammenarbeit mit der
NÖSIWAG. Die Ansuchen und Planungen erstrekken sich auf die Gebiete des Waldviertels, auf das
südliche Tullnerfeld und auf das Marchfeld, wo der größte Teil der Gemeinden noch keine zentrale
Wasserversorgung besitzt. Die Erkundung und Sicherung von Grundwasser und Quellvorkommen
sind wichtige Tätigkeiten der NÖSIWAG. Mit der Schaffung eines Haftungsrahmens, wie bereits
berichtet, von 240 Millionen Schilling ist zugleich auch eine Arbeitsverbesserung bei der Durchführung
der Finanzierungsmodalitäten gegeben. Dieser zweckmäßige, globale Haftungsrahmen ermöglicht,
ein konkretes, mittelfristiges Bau- und Investitionsprogramm für den NÖSIWAG-Bereich zur
Realisierung zu bringen.
Die Grundwasserdatenbank, die derzeit für Niederösterreich aufgebaut wird, kann helfen, die
Wasserqualität einer Verbesserung zuzuführen. Eine zweckmäßige Neueinrichtung ist der Nitrat-Bus
unserer Umweltschutzanstalt, der ab Mitte Mai seine Arbeit aufnehmen wird.
Reinigung, Filterung, Aufbereitung und Lieferung von einwandfreiem Trinkwasser kostet eine Menge
Geld. Die Nitratprobleme, welche das Trinkwasser oft schwer belasten, müssen energisch und
schonungslos bekämpft werden. Gemessen werden der Nitrat-, der Chlorid- und der Sauerstoffgehalt.
Mit diesen günstigen Wasserprüfmaßnahmen bekommen die Landesbürger und Gemeinden
Aufschluß über ihr Trinkwasser. Unter Umständen wird so mancher Brunnen wegen einer zu starken
Nitratverseuchung stillgelegt werden müssen. Die Versuchsanlage Bisamberg hat gezeigt, wie
wichtig es ist, Maßnahmen zur Nitratreduzierung zu forcieren. Eine zukunftsorientierte Hauptaufgabe
der NÖSIWAG wird es sein, bei Wasserknappheit den Gemeinden als verläßlicher Wasserspender zur
Verfügung zu stehen. Um diese Aufgabe erfolgreich zu erfüllen, braucht die NÖSIWAG Geld und die
Solidarität der Haftungsübernahme durch das Land. Vom Standpunkt der NÖSIWAG aus muß der
Wasserhaushalt geplant, gesichert und nach Möglichkeit auch gerecht verteilt werden. In manchen
Regionen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, wie wir wissen, gesundes und reines, also
einwandfreies Trinkwasser bereits zu einer kostbaren Rarität geworden. Die sozialistische
Landtagsfraktion unterstützt die Bestrebungen der NÖSIWAG, weil sie der niederösterreichischen
Bevölkerung bei der Problematik der Wasserversorgung über die Runden helfen. Wasser ist nicht
nur zum Trinken, Kochen und Waschen da, sondern es wird in großer Menge vor allem von der
Wirtschaft gebraucht. Die Transportleitungen der NÖSIWAG müssen deshalb ständig ausgebaut
werden. Der Wasserpreis muß durch günstige Förderungsmaßnahmen in Grenzen gehalten werden.
Es war und ist immer unser sozialistisches Bestreben gewesen, möglichst gleiche
Lebensbedingungen für alle Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher zu schaffen. Deshalb soll
die Einspeisung von NÖSIWAG-Wasser künftig zu keiner übermäßigen Wasserpreiserhöhung führen.
Das wird leider befürchtet! Vor allem das letzte Projekt, das kalkuliert wird, Pielach- und Sierningtal,
wird einen Kubikmeterpreis mit sich bringen, der eine arge Verteuerung für die Wasserkonsumenten
bedeutet. Es soll jedenfalls - und das verlangen wir - zu keinem krassen Unterschied von einer
Anlage zur anderen kommen. Es soll verteilt kalkuliert werden. Gute finanzielle Bedingungen für die
Wasserkunden der NÖSIWAG sind unser soziales Ziel.
Es war das erklärte Ziel der Landespolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, bis zum Ende
der 80er Jahre, der niederösterreichischen Bevölkerung zur Gänze in zentralen
Wasserversorgungsanlagen die Versorgung zu garantieren, soferne nicht Streusiedlungen einen
wirtschaftlichen Anschluß unmöglich machen.
Bald werden wir über den tatsächlich geleisteten Maßnahmenkatalog Bescheid bekommen. Die
Nachzüglergemeinden müssen sich beeilen, wenn sie bei der Erfolgsbilanz einer fortschrittlichen
Grundausstattung dabei sein wollen.
Die 90er Jahre sind dazu da! Auch Einzelwasserversorgungsanlagen, das muß man betonen, sollen
weiterhin gefördert und ausgebaut werden. Das ist über die allgemeine Wasserwirtschaft notwendig,
damit Streusiedlungen ebenfalls in den Genuß dieser modernen Entwicklung kommen.
Der Schwerpunkt bleibt bei den zentralen Einrichtungen. Mit der Initiative und der Unterstützung der
NÖSIWAG haben also zahlreiche Gemeinden ihre Dauerversorgung mit Trinkwasser sichergestellt.
Für weitere Baumaßnahmen der Trinkwasserversorgung ist ein Betrag von 945 Millionen Schilling
abschätzbar. Es wird allerdings noch fast ein Jahrzehnt erforderlich sein, um alle Zielvorstellungen zu
verwirklichen. Die Ansprüche an das Trinkwasser werden durch die EG-Normen, das ist uns bekannt,
noch verschärft werden. Die Nitratwerte müssen deshalb auch auf eine Minimum gesenkt werden. Wir
brauchen eine Minimierung der Gülle-, der Fäkalien- und der Düngemittelaufbringung. Wir brauchen
aber auch eine Minimierung der Großvieheinheiten, welche im neuen Wasserrechtsgesetz verankert
werden soll. Dazu gibt es noch Diskussionen, aber wir glauben, daß dieses dringende Vorhaben für
die Umwelt unbedingt - real betrachtet - zur Durchführung kommen muß.
Das Umweltbewußtsein fordert die Förderung für ein einwandfreies Trinkwasser bester Qualität. Der
PH-Wert des Wassers muß im neutralen Bereich liegen. Unter anderem sind Nitrate und Nitrite für
eine Verschiebung des PH-Wertes verantwortlich. Aggressive Wassermengen, die man auch als
saure Wässer bezeichnet, sind imstande, Asbestzementrohre anzugreifen, wenn sie nicht
entsprechend beschichtet sind.
Vor ca. 10 Jahren, als darüber die Diskussion aufgebrochen ist, hat man zum Beispiel in der Stadt
St.Pölten die weitere Verlegung von AZ-Rohren eingestellt. Die Vorsicht, so hat man sich gesagt, ist
die Mutter der Weisheit. Diese wahren Worte sollten uns vor einem zu großen Risiko schützen.
St.Pölten hat 1927 beim Bau der Trinkwasserleitung Gußeisenrohre verwendet. Wenn man heute
diese Gußeisenrohre anschaut, sind sie innen wie neu. Das Ersatzprodukt zu dieser Problematik
müßte daher das bewährte Gußeisenrohr sein. Das sollte man prüfen und sich gut überlegen. Es ist
zukunftsorientiert und eine sichere Maßnahme für eine garantiert einwandfreie Wasserversorgung
unserer Bevölkerung in den Gemeinden. Jedenfalls bleibt es die vornehmliche Aufgabe der
NÖSIWAG, die wasserarmen Gebiete des Landes mit Trinkwasser bester Qualität zu versorgen!
In einer Reihe kleinerer Gemeinden gibt es leider noch immer keine zentralen Versorgungsanlagen.
Der Hauptstrang der NÖSIWAG ist schon sehr oft Anlaß für die Errichtung bzw. für den weiteren
Ausbau einer Wasserversorgungsanlage gewesen. Die erforderliche Wasserkapazität wird oft erst
durch Baumaßnahmen der NÖSIWAG erreicht. Die Deckung des Wasserbedarfes für unsere
Haushalte, für Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie, ist in den Gemeinden sehr oft nur mit der
Wasserspenderfunktion der NÖSIWAG zu erfüllen. Deshalb geben wir Sozialisten der Vorlage
betreffend den NÖSIWAG-Haftungsrahmen gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Auf der Galerie hat eine weitere Gruppe der Bäuerinnen aus
Zistersdorf Platz genommen. Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen.
Zum Worte gemeldet ist der Herr Abgeordnete Sauer.
Abg. SAUER (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Wenn der Landtag von Niederösterreich heute über einen Haftungsrahmen in der Höhe von
240 Millionen Schilling diskutiert und diesen Haftungsrahmen beschließt, wird damit der NÖ
Landesregierung die Möglichkeit gegeben, Baumaßnahmen, welche die NÖSIWAG plant und
durchführt, rascher finanzieren zu können. Damit wird die Aktualität rund um das lebensspendende
und lebenserhaltende Element "Wasser" besonders in den Vordergrund gerückt.
Die Aktivitäten unserer Landesgesellschaft zusammen mit einer raschen Finanzierung der geplanten
Bauvorhaben geben uns Gewähr, daß mit Sachverstand und Verantwortungsbewußtsein unsere
Trink- und Nutzwasservorkommen sinnvoll erhalten und der Bevölkerung zur Verfügung gestellt
werden.
Wenn ich in diesem Zusammenhang ein wenig über die Vergangenheit zur Gegenwart und zu den
Zukunftsplänen der NÖSIWAG Stellung nehme, so deswegen, weil auch in früheren Zeiten erkannt
wurde, daß schlechtes Wasser zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Meine
geschätzten Damen und Herren! Niederösterreich war das erste Bundesland, welches im Bereich der
Wasserwirtschaft eine eigene Landesgesellschaft auf handelsrechtlicher Basis geschaffen hat. Diese
Landesgesellschaft, die NÖSIWAG, wurde im Jahre 1962 gegründet. Der Gesellschaftszweck der
NÖSIWAG erstreckt sich von den Erschließungen über die Speicherung, Zuleitung und Abgabe von
Trink- und Nutzwasser, einschließlich der Sicherung und Erhaltung nutzbarer Grund- und
Quellwasservorkommen sowie oberirdischer Gewässer. Durch diesen Gesellschaftszweck ist die
großräumige, umfassende wasserwirtschaftliche Tätigkeit begründet. Gerade in Niederösterreich
waren die Voraussetzungen für die Schaffung einer soliden Institution zwingend. Durch die hydrogeologischen Verhältnisse in weiten Teilen des Landes und die steigenden Anforderungen an Qualität
und Quantität des Wassers und der baulichen Einrichtungen waren die Gemeinden bezüglich der
Erfüllung ihrer Aufgaben, eine geordnete Trinkwasserversorgung zu gewährleisten, überfordert.
Als Beispiel seien die im nördlichen Niederösterreich gelegenen und in der ersten Ausbauphase der
NÖSIWAG realisierten Anlagen "Laaer-Becken" und "Pulkautal" erwähnt. Im Pulkautal wurde bereits
vor dem ersten Weltkrieg auf die schlechte Trinkwasserversorgung aufmerksam gemacht.
Ich zitiere aus einem Flugblatt der damaligen Zeit: "Höret, ein großes Werk soll geschaffen werden,
das unschuldige Kinder retten und unseren Vätern helfen soll, ihr Dasein zu erhalten. Eine
Hochquellenleitung soll fast 20 Gemeinden des Pulkautales in Niederösterreich mit bestem Trink- und
Nutzwasser versorgen. Höret und fühlet mit die Wohltat, die sich uns darbietet. Wir bekommen gutes
und gesundes Wasser."
In diesem Zusammenhang darf ich auch darauf verweisen, daß schon zu dieser Zeit erkannt wurde,
wie wichtig gesundes Trink- und Nutzwasser ist. Ich bin fest davon überzeugt, Herr Abgeordneter
Ing.Weinmeier, daß es zu dieser Zeit keine Überdüngung von landwirtschaftlichen Böden gegeben
hat. Man soll sich nicht hinter Expertenmeinungen verschanzen, wenn man der Landwirtschaft einen
Seitenhieb versetzen möchte.
Meine geschätzten Damen und Herren! Auch später wurde noch auf die Qualität des Trinkwassers
besonders hingewiesen. Laut Berichten der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach führte die
Versorgung aus Einzelbrunnen noch in den späten 50er Jahren in diesem Bezirk zu schweren
Erkrankungen und zu einer erhöhten Kindersterblichkeit. Die NÖSIWAG ist vom Gesellschaftszweck
her beauftragt, die Brunnen zu errichten, die Transportleitungen entsprechend den
Versorgungsgebieten zu bauen und die nötigen Speicherräume zu schaffen, um damit die
einwandfreie Versorgung sicherzustellen. Die Abgabe von Trinkwasser an die Gemeinden wird in
langfristigen Verträgen geregelt. Die Verteilung an den Letztverbraucher wird aufgrund gesetzlicher
Bestimmungen durch die Gemeinden vorgenommen. Die Finanzierung der Bauvorhaben wurde
durch Eigenkapital und mit Mitteln aus dem Wasserwirtschaftsfonds durchgeführt, wobei für jedes der
großräumigen Projekte der Wasserpreis besonders errechnet wurde. Meine geschätzten Damen und
Herren! In den 27 Jahren ihres Bestandes wuchs das Anlagevermögen der NÖSIWAG auf rund 1,5
Milliarden Schilling. Die NÖSIWAG versorgt mit über rund 1000 km Transportleitungen ca. 310.000
Einwohner in Niederösterreich. Es werden 386 Katastralgemeinden und Sonderabnehmer mit Trinkund Nutzwasser beliefert.
Die Sicherheit der Versorgung garantieren 59 Hochbehälter mit einem Speicherraum von 155.000
Kubikmeter. Mit der Novelle zum Wasserbautenförderungsgesetz wurde 1969 die rechtliche
Grundlage für die NÖSIWAG als Fondsmittelwerber geschaffen, da sie mehrheitlich im Besitz einer
Gebietskörperschaft ist.
Als weiterer Vorteil ist die Überregionalität zu werten, da diese Priorität den höchsten Förderungssatz
für Investitionen der Gesellschaft und der von ihr versorgten Gemeinden vorsieht. Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Die zukunftsweisende Tätigkeit der NÖSIWAG wird durch den Ausbau
der Wasserversorgungsanlagen - insbesondere im Waldviertel, im Marchfeld und im Tullnerfeld bestimmt sein. In zunehmendem Maße wird es erforderlich sein, Verbindungsleitungen zur
Verknüpfung eigener Anlagen sowie von Querverbindungen zu benachbarten NÖSIWAG-Anlagen
herzustellen.
Im Endeffekt soll eine überregionale Verbundwirtschaft erzielt werden, welche die Nachteile im
Wasserchemismus und im Minderangebot auszugleichen imstande ist.
Die fortschreitende Umweltbelastung bzw. die steigende Bedeutung des Umweltschutzes können
weitere Problemlösungen notwendig machen. Im Vordergrund steht hier sicherlich das Trinkwasser
mit Nitrat und mit chlorierten Kohlenwasserstoffen. Unter Umständen erfordern strukturpolitische
Maßnahmen ein rasches Reagieren im Bereich der Trinkwasserversorgung. Einen wesentlichen
Faktor zum Handeln stellt diesbezüglich die neue Nitratverordnung dar. Generell kann ausgesagt
werden, daß sich in der Hauptsache die Tätigkeit neben dem weiteren Ausbau begonnener Anlagen
auf die Erhöhung der Betriebssicherheit und der Qualitätssicherung erstrekken wird.
Für all diese Maßnahmen, wie sie aus der gegenwärtigen Situation abgeleitet werden können bzw.
soweit sie überhaupt quantifizierbar und qualifizierbar sind, ist ein Betrag von über 900 Millionen
Schilling für die nächsten 5 bis 10 Jahre erforderlich. Im Bereich der Trinkwasserversorgung stehen
sicher große Aufgaben vor uns. Die zukünftigen Aufgaben können nur in Zusammenarbeit von
Wissenschaft und Forschung erfüllt werden, um ständig am neuesten Stand der Technik in Fragen der
Wasserbehandlung zu sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trinkwasser ist sicher das
kostbarste aber auch das wichtigste Lebensmittel. Eingebettet in einen ewigen Kreislauf hat das
Wasser die Kraft, sich selbst zu reinigen. Wo dieser Keislauf durch den Menschen beeinflußt wird,
kann es zu Problemen kommen. Und dann könnten wir an ein altes Sprichwort erinnert werden, das
da sagt: "Erst wenn der Brunnen trocken ist, schätzt man das Wasser".
Sorgen wir dafür, daß der Brunnen nicht trocken wird und versuchen wir, die Probleme, die auf uns
zukommen, gemeinsam zu lösen. Wir von der ÖVP werden daher dieser Vorlage unsere
Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und Abgeordneten Feurer.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. BUCHINGER (ÖVP): Ich verzichte!
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Antrag des Finanz- und Wirtschaftsausschusses): Einstimmig angenommen! Ich
ersuche den Herrn Abgeordneten Kurzbauer, die Verhandlungen zur Zahl 200/B-1/6-1990 einzuleiten.
Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Gemäß Artikel 54 der NÖ
Landesverfassung 1979 erstattet der Finanzkontrollausschuß über die bei Ausübung seines
Kontrollrechtes gemachten Wahrnehmungen einen Bericht. Im vorliegenden Bericht, der den
Mitgliedern des Hohen Hauses bereits zugegangen ist, sind 14 Prüfungen enthalten.
Konkret handelt es sich um eine Information über die Kreditüberschreitungen des Jahres 1988 und
Prüfungen über Einrichtungen des landwirtschaftlichen Schulwesens und des Berufsschulwesens. Es
sind Kontrollen und Nachkontrollen von Pensionisten- und Pflegeheimen dargestellt und in weiterer
Folge Prüfungen von Betrieben und Gesellschaften, die, wie zum Beispiel die Kurhotel
Betriebsgesellschaft Bad Schönau-GesmbH, zur Gänze dem Land Niederösterreich gehören, oder an
denen das Land Niederösterreich und das Land Wien je zur Hälfte beteiligt sind, wie beispielsweise
die Schloß Laxenburg-Betriebsgesellschaft. Die diversen Prüfungen nach den Prinzipien der
Richtigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit finden im Wahrnehmungsbericht in der Darstellung
der Sachverhalte und der Bemängelungen, insbesondere in 92 Ergebnispunkten, ihren Niederschlag.
Die Äußerung der NÖ Landesregierung zum vorliegenden Wahrnehmungsbericht wurde eingeholt.
Lediglich in sechs der 92 Fällen bestanden über verschiedene Probleme zwischen der NÖ
Landesregierung und dem Finanzkontrollausschuß gegensätzliche Ansichten. Über den größten Teil
der geprüften Sachverhalte konnten gemeinsame Ansichten erreicht werden. Die Empfehlungen der
Finanzkontrolle fanden auch Zustimmung bei den geprüften Dienststellen, sodaß eine Bereinigung
von nicht zweckentsprechenden Verwaltungsvorgängen rasch erwartet werden kann. In
Zusammenfassung der vorstehenden Ausführungen darf ich nun namens des Finanz- und
Wirtschaftsausschusses folgenden Antrag stellen:
"Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Der Bericht 3/1989 des Finanzkontrollausschusses über die bei Ausübung seines Kontrollrechtes
gemachten Wahrnehmungen wird zur Kenntnis genommen.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, durch geeignete Maßnahmen Sorge zu tragen, daß den in
diesem Bericht dargelegten Auffassungen des Finanzkontrollausschusses entsprochen wird."
Herr Präsident, ich bitte, die Debatte einzuleiten und dann abstimmen zu lassen.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Ich eröffne die Debatte. Zum Worte gelangt der Herr
Abgeordnete Dr.Kremnitzer.
Abg. Dr.KREMNITZER (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Das vorliegende Kompendium des Finanzkontrollausschusses beweist nahezu
auf jeder Seite, wie wichtig und richtig diese Kontrolleinrichtung ist. Alle 14 Prüfungsberichte zeigen,
daß die Kontrolleinrichtung des Landes Niederösterreich wirklich funktioniert. Daß sie zu einer
unverzichtbaren Einrichtung geworden ist, die sicherlich schon manche Fehlentwicklung verhindert
hat.
Ich komme zu einigen wenigen Punkten: Natürlich, Herr Obmann dieses Kontrollausschusses, die
Forderung, daß eine Oppositionspartei auch hier das Recht der Mitwirkung hat, diese Forderung ist
eine demokratische Forderung und diese Forderung werden wir immer erheben. Das widerspricht
nicht der Tatsache, daß wir ihre Tätigkeit auch loben. Das ist eine demokratische Forderung. Ich
möchte aber nun zu einigen wenigen Punkten dieses Berichtes kurz Stellung nehmen. Natürlich
zunächst zum Punkt 1, den Kreditüberschreitungen aus dem Jahre 1988. Schon einmal deshalb, weil
ich mich mit den ungedeckten Ausgabenüberschreitungen schon mehrmals bei
Rechnungsabschlüssen beschäftigt habe. Hier aus dem Jahre 1988 zeigt der Finanzkontrollausschuß
auf, daß insgesamt Ausgaben von 104 Millionen Schilling über die vom Landtag genehmigten
Ausgabenansätze getätigt worden sind. Im Mehrjahresvergleich zeigt der Finanzkontrollausschuß auf,
daß diese Kreditüberschreitungen nahezu ein Modetrend geworden sind. Der
Finanzkontrollausschuß zeigt die sechs Jahre zwischen 1983 und 1988 auf. Im Jahre 1983 hat die
Summe der nicht gedeckten Ausgabenüberschreitungen 1,8 Millionen Schilling betragen, im Jahre
1988 betragen diese 104 Millionen Schilling. Das heißt, daß sich in sechs Jahren die Summe der nicht
gedeckten Ausgabenüberschreitungen mehr als verfünfzigfacht hat.
Der Finanzkontrollausschuß schreibt dazu weiter wörtlich: "Der überwiegende Teil ist auf Ausgaben
zurückzuführen, die spätestens zum Zeitpunkte der Erstellung des Nachtragsvoranschlages bereits
feststanden, aber keinen Niederschlag fanden." Das heißt, dem Landtag sind unrichtige Angaben
vorgelegt worden. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier ist tatsächlich der Versuch
unternommen worden, ein klassisches, fundamentales Prinzip unserer demokratischen Verfassung zu
unterlaufen, nämlich die Budgethoheit des Landtages. Interessant in diesem Zusammenhang ist die
Stellungnahme der Landesregierung, worin sie nämlich zum Ausdruck bringt, wie sie ihre
Budgetierung vornimmt. Sie sagt: "Die Erstellung des Voranschlages erfolgt im Rahmen der
finanziellen Möglichkeiten unter Bedachtnahme auf die Einnahmeentwicklung". Das heißt im Klartext,
solange Einnahmen da sind, werden Ausgaben geplant und es wird auch ausgegeben.
Das ist gerade jene Wirtschaftsgebarung in den öffentlichen Haushalten, die wir eigentlich
bekämpfen. Nämlich, daß alle vorhandenen Geldmittel immer fein säuberlich ausgegeben werden. Wir
kennen das alles, daß zum Jahresende hin plötzlich Käufe getätigt werden, die eigentlich nicht
notwendig sind. Aber wenn noch Geld vorhanden ist, dann wird es auch ausgegeben. Dieser
Entwicklung muß gegengesteuert werden. Ich hoffe, daß die Darstellung, die kritische Darstellung des
Finanzkontrollausschusses, dazu führt, daß hier eine andere Entwicklung einsetzt.
Richtig budgetieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht anders. Zuerst ist der
unabweisliche Bedarf festzulegen. Der unabweisliche Bedarf besteht darin, daß zunächst die
gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen erfaßt werden und dann erst jene
Ermessensausgaben dazukommen, die sich aus der politischen Willensbildung ergeben. Falls dann
noch geschätzte Einnahmen vorhanden sind, dann kann darüber hinaus budgetiert werden. Aber
zuerst muß der unabweisliche Bedarf erfaßt werden und nicht darüber hinausgehende Ausgaben.
Ein weiterer Punkt, den der Kontrollausschuß unter den 14 Prüfungsberichten aufzählt, ist die bereits
erwähnte Kurhotelbetriebs-GesmbH Bad Schönau. Hier muß ich dem Berichterstatter leider
geringfügig widersprechen. Denn die ist nicht im 100%igen Eigentum des Landes Niederösterreich, da
sind nämlich ein paar andere Eigentümer auch dabei. Aber es sind nahezu 100 %. Ich glaube, 97 %
sind es nach der letzten Darstellung. Diese 214 Betten umfassende Kurhotelbetriebs-GesmbH hat
offensichtlich seit dem Jahre 1981 eine stürmische Entwicklung erlebt. Auf der einen Seite ist das
Stammkapital von 29,7 Millionen Schilling auf 105,5 Millionen Schilling aufgestockt worden und auf der
anderen Seite ist die Gesellschaft Dank der Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit in ihren
Stammbereichen seit dem Jahre 1984 in die Gewinnzone gekommen.
Trotzdem macht der Finanzkontrollausschuß eine Reihe von sehr kritischen Bemerkungen. Zunächst
wird dargestellt, daß der alleinige Financier das Land Niederösterreich ist. Denn die anderen drei
Gesellschafter haben sich an der Kapitalerhöhung nicht beteiligt. Ein Gesellschafter ist im Laufe dieser
Entwicklung sogar ausgeschieden. Die Mitgesellschafter haben der Kapitalerhöhung mit der
Begründung nicht zugestimmt, daß ein Konzept über die finanzielle Sicherung der Gesellschaft fehlt.
Und diesen Eindruck gewinnt man durchwegs, wenn man das weitere Prüfungsergebnis liest. So ist
es zum Beispiel sehr merkwürdig, daß laufend Stammkapitalerhöhungen erfolgen, obwohl im
Umlaufvermögen dieses Unternehmens nicht unbeträchtliche Barmittel aufscheinen, zuletzt über 30
Millionen Schilling, die auf einer Sparkasse veranlagt sind. Weiters ist es merkwürdig, daß diese
Gesellschaft trotz einer ertragreichen Wirtschaftsführung vom alleinigen Financier Land
Niederösterreich neben den Eigenkapitalzuschüssen noch eine Reihe von Subventionen und
Förderungen erhält. In den Jahren 1981 bis 1986 hat die Summe dieser Subventionen und
Förderungen 32 Millionen Schilling betragen. Zusammen mit den Stammkapitalerhöhungen heißt das,
daß dieser Gesellschaft in dem Zeitraum bis 1988 rund 100 Millionen Schilling zugeflossen sind. Und
das zu einem Zeitpunkt, wo der Finanzkontrollausschuß errechnet hat, daß der Cash-flow, das heißt
die innere Finanzierungskraft des Unternehmens, größer war als der Investitionsbedarf dieses
Unternehmens. Also ein Unternehmen von einer wirtschaftlichen Prosperität, wie wir es selten finden.
Trotzdem hat das Land Niederösterreich offensichtlich in Verkennung der einen oder anderen
Tatsache großzügig 100 Millionen Schilling zugeschossen. Ein klares und einsichtiges
Finanzierungskonzept war also wirklich nicht erkennbar!
Weitere Vorwürfe des Finanzkontrollausschusses betreffen die Bestellung von Geschäftsführern, die
zum Teil ohne Vertrag bestellt worden sind, zum Teil mit einer Vereinbarung von Nettogehältern. Ein
wesentlicher Vorwurf betrifft das Fehlen eines Aufsichtsrates. Das Fehlen eines Aufsichtsrates, also
die mangelnde Kontrolle in diesem Unternehmen, geht auch parallel damit, daß die Übersendung der
Jahresabschlüsse von Seiten des Unternehmens an den Kontrollausschuß unterlassen worden ist.
Wobei, wenn man der Darstellung des Finanzkontrollausschusses folgt, sehr merkwürdige Ausflüchte
dafür verwendet wurden.
Zuerst wurde beschlossen, daß man diese Übersendung zusagt und dann wurde beschlossen, daß
die Jahresabschlüsse nur über Anforderung seitens des Kontrollausschusses vorgelegt werden. Das
erweckt schon den Eindruck, daß der Einblick in eine turbulente Geschäftsführung offensichlich
verwehrt werden sollte. Der Einblick in die Geschäftsführung ist aber sicherlich notwendig, denn die
Tätigkeit des Finanzkontrollausschusses hat eine Reihe von Ungereimtheiten aufgedeckt.
Es gab Doppelverrechnungen, es gab Unstimmigkeiten mit Anlageverzeichnissen, mit dem Übertrag
von Buchwerten, mit der Auftragsvergabe ohne Wettbewerb und darüber hinaus verschiedene andere
Vorkommnisse.
Besondere Beachtung verdient aber nach meiner persönlichen Einschätzung die Darstellung über
die Gehaltszahlungen an den seit 1981 bestellten Geschäftsführer.
Über seine Bestellung und über seine Entgeltansprüche - so der Finanzkontrollausschuß - gibt es
keinen Beschluß der Generalversammlung. Die Landesregierung, darauf angesprochen, verteidigt
sich mit folgenden Bemerkungen: Der Vertreter des Hauptgesellschafters, also des Landes
Niederösterreich, hat die Vorauswahl für den Geschäftsführer getroffen und die finanziellen Ansprüche
fixiert. Nun, der Vertreter des Hauptgesellschafters ist kein beschlußzuständiges Organ. Nach unseren
gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen sind dafür andere Organe zuständig. Diese Vorgangsweise
war sehr riskant. Im Falle von gerichtlichen Streitigkeiten hätte das beträchtliche
Auseinandersetzungen und beträchtliche Verluste gebracht. Es ist insgesamt sehr wichtig, daß die
Kontrolle durch den Finanzkontrollausschuß vorhanden ist. Wir unterstützen seine Forderung, daß in
dieser Gesellschaft ein Aufsichtsrat eingerichtet werden soll und daß die Prüfungsmöglichkeit des
Finanzkontrollausschusses nicht behindert werden soll. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im
Anschluß an diesen Punkt 10, so glaube ich, folgen weitere Prüfungen. Prüfungen von weiteren
Jahresabschlüssen, und zwar der Jahresrechnungsabschluß des Abfallwirtschaftsverbundes, der
Planungsgesellschaft und der Betriebsgesellschaft Schloß Laxenburg. Beides sind offensichtlich
ständige Zuschußbetriebe.
Ich glaube, es wäre hier wichtig, diese Betriebe auch einmal materiell zu prüfen, und nicht nur formell
die Jahresrechnung zu überprüfen. Es wäre wichtig, soweit die rechtlichen Möglichkeiten hiefür
gegeben sind, mit dem Kontrollamt der Stadt Wien zusammenzuarbeiten, daß auch diese
Unternehmungen einer Prüfung unterzogen werden. Prüfungen zeigen immer wieder Schwachstellen
auf und tragen dazu bei, daß diese beseitigt werden können. Die Freiheitliche Partei dankt dem
Finanzkontrollausschuß und dem Kontrollamt und nimmt den Bericht gerne zur Kenntnis. (Beifall bei
der FPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Schütz.
Abg. SCHÜTZ (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Bericht des
Finanzkontrollausschusses 3/89, welcher in 14 Punkte aufgeteilt ist, zeigt die vielfältigen Aufgaben
und Gebiete dieses Kontrollinstrumentes des Landes auf. Zwei Punkte des vorliegenden Berichtes
sind es, die der Finanzkontrollausschuß neben vielen anderen objektiv durchleuchtet hat und welche
ich behandeln möchte.
Das ist der Bericht Nr.4 über die Landwirtschaftliche Fachschule Edelhof und der Bericht Nr.5 über
die Landwirtschaftliche Fachschule Unterleiten bei Hollenstein an der Ybbs. Eine Feststellung,
welche das Kontrollamt bei derartigen Berichten seit Jahren immer wieder tätigt, zieht sich sozusagen
wie ein roter Faden durch alle Einrichtungen, welche die Aus- und Weiterbildung, also die
Ausbildungsstätten, unserer künftigen Bauern betreffen, und zwar das Fehlen eines
zukunftsorientierten landwirtschaftlichen Schulkonzeptes.
Der Hohe Landtag wird in allen Kontrollberichten der letzten Jahre laufend mit dieser Problematik
befaßt. Der diesbezügliche Alibientwurf, der im Herbst des Vorjahres vorgelegt wurde, ist jedoch völlig
unzureichend und bestätigt eigentlich die berechtigten Kritiken, weil er lediglich den krampfhaften
Versuch darstellt, Personaleinsparungen zu verhindern, Schulwirtschaften unter keinen Umständen
auf das notwendige Ausmaß zu reduzieren und nicht mehr benötigte Gebäude und Ackerflächen einer
Privatisierung zuzuführen. Völlig zu Recht wird vom Kontrollamt festgestellt, daß es nicht Aufgabe
einer Landwirtschaftlichen Fach- und Berufsschule sein kann, so wie es in Edelhof der Fall ist, auch
noch einen personal- und kostenaufwendigen Saatzuchtbetrieb zu betreiben. Durch die Trennung
der Schule vom Saatzuchtbetrieb könnte die Schulwirtschaft auf ein vom Gesetzgeber vorgesehenes
Ausmaß zurückgenommen werden.
Wie in vielen landwirtschaftlichen Fachschulen ist auch in Edelhof ein Sinken der Schülerzahlen
festzustellen. Trotzdem wurde der Personalstand in unverantwortlicher Weise erhöht und damit ein
wesentlicher Beitrag an der schlechten finanziellen Situation der Schule geleistet.
Eines, meine Damen und Herren, stimmt einen verantwortungsbewußten Politiker - ich nehme für
mich in Anspruch, ein solcher zu sein - nachdenklich, nämlich die Tatsache, feststellen zu müssen, mit
welcher Sorglosigkeit in den landwirtschaftlichen Schulen gearbeitet wird.
Da gibt es zum Beispiel zur Ermittlung der tatsächlichen Kosten der Schulwirtschaften keine
Kostenstellenrechnung. Da weigert man sich tatsächlich, in sinnvollen Schulversuchen die
bestmögliche Ausbildung im Interesse der landwirtschaftlichen Jugend zu testen. Man führt steirische
Modelle zu Vergleichen heran und vergißt dabei, daß Niederösterreich eigentlich als Agrarland Nr.1 in
Österreich immer wieder stolz präsentiert wird. Daß die Gartenbaufachschule Langenlois nicht mit
Landwirtschaft und Waldwirtschaft verglichen werden kann, dürfte sogar einem Laien einleuchten. Das
wäre eigentlich, wie es im Volksmund so schön heißt, Kraut mit Rüben zu vergleichen.
Die Tatsache, daß in Niederösterreich in den landwirtschaftlichen Fach- und Berufsschulen mit
wenigen Ausnahmen die Bestimmungen der Voranschlags- und Rechnungsabschlußverordnung nicht
eingehalten werden, zeigt, daß die Leiter dieser Schulen entweder Nachhilfeunterricht brauchen oder
aber ihre Aufgabe zu wenig ernst nehmen bzw. der Meinung sind, unantastbar zu sein. Dies zeigt
sich auch darin, daß eine ehemalige Gärberei in Edelhof vermietet wurde, für deren Umbau, ohne
auch nur das Land zu fragen, beträchtliche finanzielle Mittel aufgewendet wurden, sozusagen an
einen privaten Verein.
Kritik muß aber auch an der Haltung der zuständigen Abteilung des Landes geübt werden, die es
verabsäumt hat, finanzielle Mittel für die Sanierung bzw. Erneuerung eines Flachdaches
bereitzustellen. Wobei es meiner Meinung nach ohnehin eine Fehlentscheidung war, im regenreichen
Waldviertel eine derartige Dachkonstruktion zu errichten. Allein diese Vorgangsweise zeigt ja schon
die Unfähigkeit derer, die den Bau geplant und bewilligt haben, auf, da dadurch Gelder, die man
anderweitig dringend benötigt hätte, vergeudet wurden und noch immer vergeudet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Landwirtschaftlichen Fachschule Hollenstein
werden künftige Bäuerinnen in der Fachrichtung "Ländliche Hauswirtschaft" auf ihr Leben in der
modernen Haushalttechnik, vor allem im Hinblick auf das praktische Leben einer Hausfrau, und im
zunehmenden Fremdenverkehr auch auf dem Lande geschult.
Wie in vielen anderen Schulen im landwirtschaftlichen Bereich sind auch in Hollenstein die
Schülerzahlen derart rückläufig, daß auch hier das Fehlen eines der heutigen Zeit angepaßten
Schulkonzeptes vom Finanzkontrollausschuß aufgezeidt werden mußte. Daß für Unterbringung,
Verpflegung und Betreuung der Schüler eine Kostendeckung durch die derzeit eingehobenen Beiträge
bei weitem nicht erreicht werden kann, zeigt auch hier wieder den sorglosen Umgang der Schulleitung
mit derartigen Einrichtungen des Landes auf. Auch hier muß das Kontrollamt, wie in jeder anderen
Schule auch, das Nichteinhalten der Voranschlags- und Rechnungsabschlußverordnung kritisieren.
Grundsätzlich kann man beim Lesen der Kontrollberichte feststellen, daß in fast allen
Landwirtschaftlichen Schulen gewaltige Abgänge finanzieller Art an der Tagesordnung sind. Da
jedoch bei der Budgeterstellung - wie wir immer wieder feststellen können - überall die gleichen Fehler
gemacht werden, dürften sich die Schulleiter untereinander absprechen oder aber sie werden falsch
informiert.
Hohes Haus! Zum Schluß kommend darf ich feststellen, daß ich absichtlich nur die gravierendsten
Mängel aufgezeigt habe, weil ich der Meinung bin, der Hohe Landtag soll und muß darauf
aufmerksam gemacht werden, wo die Fehler und Schwächen in diesem System liegen. Ich appelliere
daher an den zuständigen Landesrat Blochberger, endlich die erforderlichen Schritte zu setzen, um
diese Schwachstellen in seinem Ressort, die dem Land gewaltige finanzielle Belastungen bringen, zu
beseitigen.
Wir können uns dieses Treibenlassen nicht auf die Dauer und nicht mehr länger leisten. Wir
brauchen auch keine Schönfärberei in diesem Ressort, wie sie immer wieder betrieben wird. Was wir
brauchen, sind klare Verhältnisse und rasche Entscheidungen, um die aufgezeigten Mißstände zu
beseitigen.
Eines möchte ich noch hinzufügen. Es zeigt sich, wenn man die Zeiträume zwischen den einzelnen
Berichten des Finanzkontrollausschusses betrachtet, daß eine Aufstockung des Personals im
Kontrollamt ein Ding der Notwendigkeit geworden ist. Meine Damen und Herren, Hohes Haus!
Abschließend darf ich feststellen, daß die sozialistische Fraktion den vorliegenden Bericht zur
Kenntnis nehmen wird. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Worte gelangt Herr Abgeordneter Hülmbauer.
Abg. HÜLMBAUER (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen
Hauses! Der zur Diskussion stehende Bericht des Finanzkontrollausschusses ist diesmal ein sehr
dicker Bericht mit 223 Seiten. Wie wir schon von den Vorrednern vernommen haben, enthält er 14
Prüfungen. Ich habe mich an sich ein bißchen gefreut über das Lob der FPÖ an der Arbeit des
Kontrollausschusses. Es wurde schon ausgesprochen, daß diese Arbeit sehr vorbildlich ist, und man
sieht, daß diese sehr schwierige Aufgabe und Materie ohne der FPÖ zu bewältigen ist. Es ist das
legitime Recht eines jeden Demokraten, das zu fordern. Es ist aber auch die Pflicht, zur Kenntnis zu
nehmen, wie der Wähler sein Machtwort gesprochen und wie er die Stimmen verteilt hat.
Meine Aufgabe ist es auch, einige Punkte des Berichtes zu erläutern, und zwar in Bezug auf das
Schulwesen. Es sind ja in diesem Bericht vier Prüfungen, und zwar zwei Landesberufsschulen und
zwei bäuerliche Fachschulen, enthalten. Zum ersten die Berufschule in Lilienfeld. Es ist das eine
gewerbliche Berufsschule mit lehrgangsmäßiger Führung. Es werden dort über 15 Berufe unterrichtet
und es sind im Jahr dort etwa 1.250 Schüler untergebracht, davon in etwa 50 bis 60 Mädchen.
Gleichzeitig ist dort auch die Unterkunft der Skihauptschule in etwa mit 30 Schülern. Die Schule und
das Internat stehen auf Landesgrund, es wurde in der letzten Zeit ausgebaut, es wurde ein Turnsaal
hinzugebaut mit Kosten von 123 Millionen Schilling. Es wurde dieser Bau mit Leasing finanziert. Es ist
jetzt genügend Klassenraum und es sind an sich genug Gebäude vorhanden. Aber die
Lakkiererwerkstätte entspricht noch nicht den Bedürfnissen, sie soll im Jahr 1991 neu gebaut werden.
Die Internatskostenaufteilung ist folgende: Die Innung verschiedenster Berufe finanziert 67 % der
Heizung und des Lichtes und 55 % für die Erhaltung der öffentlichen Anlagen. Dieses
Übereinkommen wurde vor dem Neubau abgeschlossen und auch als noch eine Schülerzahl von 258
zu verzeichnen war. Jetzt sind es 340 Schüler und daher sollte der Vertrag neu geregelt werden. Beim
Kontrollzeitpunkt war diese Regelung noch nicht durchgeführt. Dieser Vertrag wurde aber bereits am
26.7.1989 auf Anregung des Kontrollausschusses abgeschlossen. Hier wurde auch ein Kontrollrecht
des Landes mit eingebaut.
Zu den Versicherungen: Hier wurde kritisiert, daß die Summen den tatsächlichen Baulichkeiten nicht
angepaßt sind, aber auch nicht den Personen, die in den Gebäuden wohnen; hier muß eine
Neuanpassung erfolgen.
Bei der Gebarung wurde die kritische Feststellung getroffen, daß genauer budgetiert gehört. Obwohl
bei den Sachausgaben die gegenseitige Deckungsfähigkeit erlaubt ist, sollte trotzdem beim
Budgetieren etwas genauer vorgegangen werden. Bei der Landesberufsschule in Stockerau, da ist
das Land nicht Eigentümer des Gebäudes, sondern hier ist es die Stadt Stockerau, wurde mit
Gemeinderatsbeschluß dem Land diese Schule zur Verfügung gestellt. Hier wird zur Zeit verhandelt
über einen Verkauf oder über eine Schenkung oder über eine Übertragung an das Land. Die
Instandhaltung und der Betrieb werden von der Stadtgemeinde Stockerau dem Gewerblichen
Berufschulrat vorgeschrieben. Hier aber existiert kein Vertrag mit dem Land. Es wäre dringend
notwendig, daß hier ein Vertrag abgeschlossen wird!
Es ist auch eine sehr beengte Situation auf Grund der Schülerzahlen. Es wurde aber auch
festgestellt, daß trotzdem die Schule sehr sauber geführt wird. Es ist aber, um dieser Beengtheit
Abhilfe zu schaffen, ein Dachausbau geplant, der etwa 10 Millionen Schilling kosten wird und der im
nächsten Jahr durchgeführt werden soll.
Das Internat gehört der Handelskammer. Hier ist ebenfalls ein Umbau notwendig, weil der Standard
nicht mehr zeitgemäß ist. Dieser Umbau wird ca. 61 Millionen Schilling kosten. Die Handelskammer
hat die wirtschaftliche Führung des Internates, aber es werden die Lehrkräfte der Schule dem Internat
als Aufsichtspersonen zur Verfügung gestellt. Aber das Land ist als Schul- und Heimerhalter
gesetzlich verpflichtet, die Heimsätze festzulegen. Auch hier besteht wieder kein Vertrag, daher die
Anregung, daß hier ein Vertrag abgeschlossen wird, wo auch ein Kontrollrecht für das Land
eingeräumt wird. In dieser Schule sind fünf Berufe untergebracht. Im Prüfungsjahr besuchten 1.366
Schüler diese Schule. Kritik gab es an der Gebarung, wo einige Posten in der Höhe von 200.000 bis
300.000 Schilling über- und unterschritten wurden. Es wird angeregt, genauer zu budgetieren,
besonders bei Neuanschaffungen. Zum Beispiel wurden Programmiergeräte angeschafft, die nicht
budgetiert waren. Ich glaube, daß man gerade bei einer solchen Investition wissen müßte, in welchem
Jahr man diese Investition durchführt. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Lagerung des Arbeitsmaterials.
Es wird Material eigentlich jahrelang dort gelagert, das nicht mehr gebraucht wird. Es muß aber
registriert und auf Listen verzeichnet werden. Es ist also dafür eine Lagerung notwendig. Der
Lagerungsplatz aber würde für neues Material gebraucht werden. Hier wird die Anregung gemacht,
einmal auszumustern. Das alte Material, das nicht mehr in Gebrauch ist, soll weggegeben werden, um
neuen Lagerraum zu gewinnen, aber auch, um eine Senkung des Verwaltungsaufwendes
durchzuführen.
Kritisiert wurde auch, daß der Gewerbliche Berufsschulrat nur gelegentlich die Schule kontrolliert und
daß von diesen Kontrollen nur fallweise ein Protokoll aufliegt. Es wäre die Verpflichtung, daß eine jede
Kontrolle auch entsprechend dokumentiert wird. Nun zu den beiden bäuerlichen Fachschulen. Zuerst
zum Edelhof, einer Landwirtschaftsschule mit forstlichem Einschlag. Hier gab es zum
Prüfungszeitpunkt drei Schultypen. Die saisonmäßige Schule mit drei Schulstufen, also praktisch eine
Winterschule. Dann die pflichtschulersetztende Fachschule in vier Stufen, wo eben dieses neue
Modell ausprobiert wurde, wo das Praxisjahr schon eingebunden ist, und die Berufsschule mit sechs
Wochenkursen Mai - Juni und September - Oktober. Die Berufsschule wurde aber 1988/89 stillgelegt
und nur mehr die zweite und dritte Schulstufe wird als Expositur von Großgerungs geführt.
Mein Vorredner, Abgeordneter Schütz, hat kritisiert, daß man hier in der Antwort der
Landesregierung den Vergleich mit Langenlois gemacht hat, mit der Vierstufigkeit und dem Praxisjahr.
Hier ist es sicherlich kein Verwechseln von Kraut und Rüben, sondern in Langenlois wurde eben
dieses Praxisjahr, diese Vierstufigkeit, schon seit einigen Jahren, es ist, wie ich glaube, schon sieben
oder acht Jahre her, probeweise durchgefürht. Es hat sich bewährt und es hat die Steiermark vor drei
Jahren dieses Modell übernommen. Wir haben vor zwei Jahren dieses Modell diskutiert und haben es
mit Beginn des vorigen Schuljahres auch bei uns in Niederösterreich eingeführt. Ich glaube, wir
waren nicht Nachläufer, sondern wir haben dieses Modell echt entwickelt. In der Zwischenzeit wurde
es auch sehr gut angenommen. Die Schülerzahlen sind in manchen Schulen auch wieder steigend.
Ich nehme nur die Fachschule in Gießhübel her, wo wir Voranmeldungen haben, wie wir sie eigentlich
noch nie hatten. Auch die Schülerzahlen sind dort wieder ansteigend. Kritisiert wird natürlich die
große Fläche vom Edelhof mit 128 Hektar. Hier ist es eine grundsätzliche Diskussion über die
Wirtschaftsbetriebe und über die Größe der Schulwirtschaften. Bei Edelhof kommt dazu, daß dort
auch eine Saatzucht betrieben wird; diese ist eigentlich als Pioniertat zu bezeichnen, weil Edelhof
schon seit Generationen diese Saatzucht betreibt. Da haben sich andere noch gar nicht mit dieser
Materie befaßt, hat Edelhof bereits seine Züchtungen durchgeführt. So eine Züchtung und
Vermehrung braucht natürlich auch eine größere Vermehrungsfläche. heute sind wir darüber
eigentlich froh, weil es bei uns in Österreich fast keine Saatzuchtbetriebe mehr gibt. Edelhof ist einer
der wenigen Betriebe dieser Art, die noch geblieben sind. Wir sind auf diesem Gebiet von den
internationalen Konzernen abhängig und die große Frage lautet, ob wir uns das auch immer so leisten
können. Die Saatzucht ist aber insoferne ein Problem, als sie eine Verquickung ist zwischen dem
Schulbetrieb und einem Wirtschaftsbetrieb. Aber man muß auch feststellen, daß alleine an
Lizenzbeiträgen in der Schulwirtschaft über 900.000 Schilling hereinkommen. Wenn man generell die
Größe der Schulwirtschaften anschaut, dann haben wir die Schule in Tulln, wo kein Betrieb dabei ist.
Aber sonst haben wir bei den Burschenschulen überall die Wirtschaftsbetriebe mit dabei.
Oberösterreich, das Nachbarbundesland, hat vor einem Jahrzehnt die Schulwirtschaften aufgelassen.
Heute trauern Sie diesen Schulwirtschaften nach, weil hier natürlich viele Versuche gemacht werden
und weil hier dem jungen Schüler und dem zukünftigen Hofübernehmer auch vieles in der Praxis
vorgeführt werden kann. Wenn heute fünf Schüler da sind, dann wird jeder Betrieb irgendwie anders
strukturiert sein, aber in der Schule muß man natürlich jede Sparte vorführen und daher ist hier auch
eine größere Fläche erforderlich. Daneben ist es auch eine willkommene Möglichkeit für die Lehrer,
in der Praxis zu erproben, was sie dem Schüler vortragen. Die Buchweisheit allein ist es in der
Landwirtschaft sicherlich nicht, die hier zum Vorschein kommt, sondern es ist die Praxis, die so
manches hier aufzeigt! Wir sehen in vielen Fachschulen, daß natürlich auch die Versuchstätigkeit eine
sehr willkommene Möglichkeit ist, die Lehrer entsprechend zu beschäftigen. Daß dieser Prüfbericht
über den schulischen Bereich hinaus eine Ausstrahlung haben wird, das ist auch klar. Daß sich viele
Bauern hier auch die Erfahrung zu Nutze machen, das ist auch eine Selbstverständlichkeit.
Sicherlich kann man über die Übergrößen diskutieren. Man kann sicherlich auch darüber diskutieren,
inwieweit es möglich ist, die Saatzucht vom Edelhof auszugliedern und eigenständig zu führen. Die
Frage ist nur, ob das dann nicht komplizierter wird, als es eigentlich jetzt ist? Ich bin der Meinung, daß
die Einführung einer Kostenstellenrechnung ratsam wäre, um einen Überblick zu erhalten, welche
Zweige in diesen Betrieben sind und wo man eventuell etwas einsparen kann. Das Gebäude in
Edelhof wurde auch schon kritisiert. Es wurde der Neubau des Internates im Jahre 1976/77
ausgeführt. Ein Neubau, der zu klein ist, weil nur 93 Schüler im Neubau untergebracht werden
können. Natürlich wird auch das Flachdach kritisiert.
Wir wissen, daß dieser Kritikpunkt so wie auch woanders auch hier bemängelt wurde. Es wurde
bereits im Jahre 1975 bei der Baukontrolle dieses Flachdach kritisiert, da es nicht wasserdicht ist. Es
wäre höchst an der Zeit, eine endgültige Sanierung durchzuführen oder irgend eine andere Form der
Abdeckung zu finden, damit die Durchsickerung des Wassers hintangehalten werden kann. Und nun
zum Personal- und Dienstpostenplan: Es gab hier eine Überschreitung von 760.000 Schilling, was
auch eine Kritik bezüglich der Einhaltung des Dienstpostenplanes verursachte. Natürlich, am Edelhof
sind sehr viele Kurse. Er ist eine Bildungsstätte für das ganze Waldviertel und es ist nicht immer
voraussehbar, wie viel Kurse in einem Jahr abgehalten werden.
Eine Kritik gab es auch, daß Urlaube nicht zusammenhängend konsumiert werden. Das gilt auch für
die Bediensteten in der Wirtschaft. Auf Grund des Arbeitnehmerschutzes ist es notwendig, daß man
den Bediensteten einen gewissen Zeitraum hintereinander den Urlaub konsumieren läßt!
Auch die Budgetierung wird kritisiert. Man sollte hier etwas genauer vorgehen. Es hat sich nämlich in
der Praxis eingebürgert, die Ausgaben etwas höher und die Einnahmen etwas tiefer anzusetzen.
Natürlich spart man dann ein und der Überschuß wird dann für notwendige Investitionen verwendet.
Die Kritik betrifft sicherlich nicht den Schulleiter, denn der kann oft gar nicht anders. Bei den
Budgetanträgen werden nämlich so viele Streichungen vorgenommen, die unverständlich sind, daß er
sich irgendwie selber helfen muß. Ich glaube, hier sollte man die notwendigen Ausgaben, die zu tun
sind, auch einplanen und keine Kürzungen vornehmen. Nun zur Schule Unterleiten: Eine
Mädchenfachschule im letzten Zipfel unseres Bundeslandes. Dort wird die ländliche Hauswirtschaft
unterrichtet. Die Schule ist in einem alten Jagdschloß untergebracht. Da dieses Haus zu klein ist,
müssen 20 Schüler in einem angemieteten Haus der Bundesforste untergebracht werden, wo auch
ein Maschinschreibraum eingerichtet ist. Es ist dies sicherlich keine optimale Lösung, aber da die
Schülerzahlen rückläufig sind, kann man dieses Haus erforderlichenfalls wieder abstoßen. Es sind
eigentlich hier keine großen Investitionskosten getätigt worden. Die Schülerzahl beträgt 48, es sind
zwei Jahrgänge eingerichtet. Wenn Kollege Schütz den Rückgang irgendwie kritisiert hat, dann
verweise ich nur darauf, daß im Schuljahr 1964/65, als meine Gattin dort war, nur 24 Schülerinnen in
dieser Schule waren, heute sind es - wie gesagt - 48 Schülerinnen. Ich glaube, daß mit zwei
Jahrgängen sicherlich auch diese Schule noch eine Berechtigung hat. Kritisiert wurde, daß mit 2.200
Schilling keine Kostendeckung der Schulheimbeiträge vorhanden ist. Man soll diese Kostensätze den
tatsächlichen Verhältnissen anpassen. Es besteht die Möglichkeit, daß bei Härtefällen Beihilfen
zugesprochen werden. Es ist natürlich so, daß diese Schule den Bezirk Waidhofen/Ybbs abdeckt. Es
ist dies ein sehr intensiver Bergbauernbezirk, wo die Bauern nicht sehr begütert sind; daher muß man
das auch aus dieser Sicht sehen. Für halbinterne Schülerinnen wurden die Kostensätze bereits von
1.200 auf 1.700 Schilling erhöht.
Die Schule hat leider keinen Turnsaal. Die Turnmöglichkeiten werden beim Skifahren und im
Hallenbad in Göstling ausgeübt. Die Hauptschule in Hollenstein baut jetzt einen neuen Turnsaal. Es
wird dann die Möglichkeit geben, daß man sich einmieten kann, um auch entsprechende
Turnmöglichkeiten zu haben. Vier Dienstposten sind nicht besetzt, durch sogenannte Karenzfälle,
aber da die Schüler weniger wurden, ist das zur Zeit ohne Auswirkung. Der Dienstpostenplan wurde
auch bereits um diese vier Planstellen korrigiert.
Beim Budgetieren zeigt sich natürlich das gleiche wie am Edelhof, daß die Schulleitung selber tätig
werden muß, um die notwendigen Investitionen durchführen zu können. Ich weiß, daß dies der VRV
und auch den Intentionen des Landtages widerspricht. Es wird an der Finanzabteilung gelegen sein,
hier Wege zu suchen und zu finden, damit dieser Umweg nicht gemacht zu werden braucht. In
Unterleiten ist Gottseidank ein sehr geschickter Hausmeister, der sehr viele Arbeiten in Eigenregie
selber durchführt, daher ist diese Schule sehr sauber und eine sehr liebliche Schule. Eine weitere
Forderung war auch, daß das Girokonto, das nur mit 0,5 % verzinst war, höher verzinst wird. In der
Zwischenzeit ist dies auch bereits geschehen und zwar mit 2,62 %. Es ist dies sicherlich etwas
Notwendiges, wenn man bedenkt, daß wir 25 bäuerliche Fachschulen haben, wo in etwa im Schnitt
250.000 Schilling Geld auf dem Konto liegt. Das sind etwas mehr als 6 Millionen Schilling. Wenn nur
ein Prozent mehr an Zinsen vereinnahmt werden, dann sind das im Jahr 60.000 Schilling. Und wenn
das eineinhalb Prozent sind, dann sind das 90.000 bis 100.000 Schilling, was in diesem Bereich mehr
an Geld hereinkommt. Die Frage eines Schulkonzeptes wurde angesprochen. Diese Forderung
finden wir immer wieder im Prüfbericht. Es wurde aber am 6.Juli des Vorjahres im
Landwirtschaftlichen Schulbeirat ein Konzept - das sicherlich noch nicht das endgültige, aber doch ein
sehr wesentliches Konzept ist - vorgestellt. Dieses Konzept wurde an alle betroffenen Stellen
weitergeleitet.
Die Landwirtschaftlichen Berufsschulen wurden bereits konzentriert und es wurde auch hier eine
fünfjährige Vorausschau über die Entwicklung der landwirtschaftlichen Fachschulen gegeben. Es ist
aber sicherlich nicht ganz leicht, daß man über einen längeren Zeitraum das überblickt. Ich verweise
nur darauf, daß unsere Fachschule in Gießhübl nach 15 Jahren stillgelegt werden sollte, weil man
gesagt hat, nur mehr die Viertelschule zu betreiben. Heute ist Gießhübl eine der größten Schulen
überhaupt in unserem Bundesland. Daher muß man das auch aus dieser Sicht sehen. Solange noch
zwei Jahrgänge geführt werden können, glaube ich, hat diese Schule auch ihre Berechtigung. Diese
Schulen haben ja auch eine regionale Bedeutung. Ich verweise auf Unterleiten. Die beiden Schulen in
Hohenlehen und Unterleiten haben in diesem Gebiet sicherlich auch eine sehr große wirtschaftliche
Aufgabe. Soweit zu diesen vier Berichten! Ich möchte abschließend noch ein Dankeschön sagen der
Beamtenschaft des Kontrollamtes für die Vorbereitung, für die amtlichen Prüfungen und für die
Unterlagen, die wir als Kontrollausschuß immer wieder erhalten. Ich glaube auch, daß das sehr viel
Arbeit mit sich bringt. Ich schließe mich daher auch der Forderung an, daß mehr Personal für diese
Kontrolltägigkeit notwendig wäre.
Wir von der ÖVP werden diesem Bericht selbstverständlich die Zustimmung geben. (Beifall bei der
ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Worte gelangt Frau Abgeordnete Ilse Hans.
Abg. Ilse HANS (FPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Der vorliegende Bericht des
Finanzkontrollausschusses beschäftigt sich unter anderem auch mit drei Landespensionistenheimen
bzw. mit einem Landespflegheim. Die Prüfer dieser Einrichtungen sind vor allem auf zwei Probleme
gestoßen, die es bei allen Heimen zu lösen gilt. Erstens muß künftighin dem steigenden Bedarf von
Pflegebetten mehr Rechnung getragen werden und zweitens ist es aus Gründen des Umweltschutzes
und der Kostenersparnis notwendig, Energiesparmaßnahmen zu ergreifen. Beim Senken des
Energieverbrauches dürfte das Heim in Mank eine Vorreiterrolle übernommen haben, dem es nach
einigen baulichen und technischen Veränderungen immerhin gelungen ist, 50 % seines
Heizölverbrauches einzusparen. Diese Tatsache sollte den anderen Heimen ein Ansporn sein. Mehr
Pflegebetten einzurichten, das wird natürlich viel Geld kosten, aber es ist dies wirklich eine soziale
Anforderung an unsere Zeit.
Ich möchte die Gelegenheit nützen, um einige Anregungen zur Führung von
Landespensionistenheimen zu geben. Ich habe einige Male die Möglichkeit gehabt, mit
Heimbewohnern ein Gespräch zu führen, um einen persönlichen Eindruck vom Leben in einem
solchen Heim zu gewinnen.
Es gibt da das Sprichwort: "Einen alten Baum kann man nicht mehr verpflanzen!" Und tatsächlich ist
das immer ein gewisses Risiko, daß ein alter Mensch, wenn er in ein Heim kommt, sich nicht
umstellen und sich nicht zu Recht finden kann.
Verständlich ist, daß es den Betroffenen leichter fällt, ihr neues zu Hause zu akzeptieren, wenn sie
einen Teil ihrer ehemaligen Wohnung mitnehmen können. Wenn der Übersiedler zum Beispiel ein
altes vertrautes Möbelstück in seine Wohnstätte mitnehmen kann, dann fällt der Wechsel in eine
andere Lebenswelt bedeutend leichter. Bei künftigen Baumaßnahmen und Adaptierungen sollten wir
das noch mehr als bisher berücksichtigen! Nicht vergessen dürfen wir bei der Führung eines
Pensionistenheimes auch, welche zentrale Rolle das Essen, die Essensversorgung einnimmt.
Essen gehört zu den wenigen Abwechslungen, die den Heiminsaßen zur Verfügung stehen. Die
Lebensqualität des Heimbewohners steigt sicher - und das wäre mein Vorschlag - wenn er wenigstens
im bescheidenen Rahmen eine Wahlmöglichkeit über die Speisen und Getränke hätte. So sollte es
wirklich überall möglich sein, zum Frühstück zwischen Tee und Kaffee zu wählen. Oder zum Beispiel,
wenn es am Abend Würstel gibt, dann sollte man sich für Debreziner oder Frankfurter entscheiden
können.
Solche Kleinigkeiten bedeuten sicherlich keine erhöhten Kosten für die Verpflegung, sondern das ist
nur eine Frage der Organisation. Ich möchte noch beim Essensproblem bleiben. Die Speisepläne in
den Heimen sehen im großen und ganzen recht abwechslungsreich aus. Ich bin allerdings nicht
sicher, ob die vorgesehenen Speisen in relativ großer Menge vitaminschonend zubereitet sind und
entsprechend angerichtet werden.
Gulasch, zum Beispiel, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist etwas Wunderbares, aber wenn
es aus serviertechnischen Schwierigkeiten heraus kalt zum Konsumenten kommt, dann ist es schwer
verdaulich.
Vielleicht wäre es möglich - und das ist mein Vorschlag - daß in jeder Heimküche für einige Tage im
Jahr eine Diätassistentin zur Verfügung steht, um die Koch- und Servierabläufe des Küchenpersonals
mit mehr Erfahrung und Fachwissen zur gesunden Ernährung zu ordnen. Darüber hinaus - das
möchte ich abschließend ausdrücklich betonen - dürften die Heimbetreuer sicherlich zufriedenstellend
arbeiten, was von den Menschen, die ihren Lebensabend in einer solchen Einrichtung verbringen
müssen, im allgemeinen auch anerkannt wird. (Beifall bei der FPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kautz.
Abg. KAUTZ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren!
Hohes Haus! Heute steht der Finanzkontrollamtsbericht 3/1989 mit 14 Prüfungsergebnissen zur
Diskussion. Da meine Vorredner jeweils nur wenige Gesichtspunkte herausgegriffen haben und ich
mir zur Aufgabe gestellt habe, das ganze Buch einmal von vorne bis hinten durchzublättern, habe ich
meinen Debattenbeitrag in vier Gruppen eingeteilt. Die Landesberufsschulen und Fachschulen, die
Pensionisten- und Pflegeheime sowie Prüfungsanlässe, wo die Stadt Wien Miteigentümer oder
Mitgesellschafter ist, sind jeweils drei mal vier Gruppen, drei mal vier Prüfungsanlässe. Die
Kreditüberschreitungen sowie die Kur- und Betriebsgesellschaft Bad Schönau. Auf Grund der
getroffenen Einteilung ist es dann irgendwie leichter, die Probleme aufzuzeigen. Bei jenen
Institutionen und Gesellschaften, die mit der Gemeinde Wien oder dem Land Wien gemeinsam den
Betrieb führen oder die irgendwo miteinander Besitzer sind, gibt es eigentlich wenig Anlaß zu Kritik.
Das müßte uns eigentlich auch zu denken geben.
Ich muß aber ehrlicherweise dazu sagen, auch die Institutionen haben nichts weltbewegendes in
sich, außer dem Abfallwirtschaftsverband. Und hier glaube ich, weil dieser Verband erst in Gründung
ist, daß es noch zu früh ist, in irgend einer Richtung ein Urteil zu fällen. Ich möchte nur einen Satz
dazu sagen: Dieser Verband muß von der ersten Minute an sehr genau und überkorrekt geführt
werden, denn ein kleiner Ausrutscher dieser sehr sensiblen Marterie würde viel Porzellan zerschlagen.
Die zweite Gruppe, die Landes-Pensionisten- und Pflegeheime. Pauschal könnte hier festgestellt
werden, daß die Pflegeheime voll ausgelastet, die Landes-Pensionistenheime aber unterbelegt sind.
Pensionisten- und Pflegeheime haben das Problem, daß im Pflegeteil ein Überbelag vorhanden ist, im
Wohnteil hingegen ein Unterbelag besteht. Noch dazu hat man von außen her wenig Möglichkeit,
überhaupt in eine Pflegestation zu kommen, da der Andrang von innen her sehr groß ist. Das heißt,
auf ein Pflegebett muß monatelang gewartet werden.
Diese Häuser gehören sofort umstrukturiert! Und zwar in einem Maß umstrukturiert, daß uns nicht
die Entwicklung überrollt. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.
Die allgemeine Ansicht, die zur Zeit in diesem Hohen Haus vertreten wird, daß mit einem Verhältnis
von 50 % zu 50 % zwischen Pflege- und Wohnbetten dem Problem Genüge getan wird, die, so glaube
ich, stimmt nicht mehr. Ich glaube, daß 40 % der Heimbetten als Wohnbetten und 60 % als
Pflegebetten notwendig sein werden. Denn die alten Menschen kommen, bedingt durch viele
Organisationen, die ihre Heimpflege durchführen, erst dann in das Heim, wenn sie voll pflegebedürftig
sind. Das heißt, die Wohnbetten werden nicht mehr in dem Ausmaß wie früher benötigt.
Zum Beispiel gibt es in Laa a.d. Thaya überhaupt keine Pflegestation, aber 50 % der Insaßen sind
pflegebedürftig. Das bedeutet eine arbeitsaufwendige Anstrengung für die Bediensteten, denn die
Pflege muß ja im Wohnbett durchgeführt werden. (Präsident Mag.Romeder übernimmt den Vorsitz.)
Bezüglich Mank wurde bereits im Jahre 1985 von der Landesregierung der Ausbau der
Pflegeabteilung von 22 auf 33 Betten zugesagt, doch außer der Planung ist bisher noch nichts
geschehen. Ungefähr zweieinhalb Millionen Schilling würde der Zubau kosten. Hätte man ihn bereits
1986 durchgefürht, wäre diese Summe bereits zurückgeflossen duch die erhöhten Pflegegebühren.
Aber außer der Planung ist bisher nichts geschehen.
In Mödling, es ist dies ein riesengroßes Heim, ist der Wohnteil zu 72 % ausgelastet, die
Pflegeabteilung zu 97 %. Auch hier werden Pfleglinge in Wohnbetten betreut, was natürlich durch die
Art des Heimes - ein Zubau nach dem anderen, keine gleichen Ebenen - noch mehr die Pflege
erschwert.
Eine Bedarfserhebung hat ergeben, daß zwischen 80 und 90 Wohnbetten und zwischen 200 und
220 Pflegebetten notwendig sind. Ein Umbau und eine Adaptierung dieses Hauses ist nicht möglich.
Es muß rasch ein Neubau errichtet werden. Und zwar sofort! Mir ist schon klar, daß der Neubau
mindestens drei bis vier Jahre dauern wird. Diese Zeit ist das Mindeste! Ich möchte darauf hinweisen,
daß bei solchen Großprojekten auf die wohnliche Atmosphäre unbedingt Rücksicht genommen
werden muß.
Ein weiteres Problem, das sich durch alle Heime durchzieht - speziell bei Pflegeheimen - ist die
ärztliche Versorgung. Denn wir haben noch immer, auch in den Pflegeheimen, die freie Arztwahl. Was
es heißt, eine Pflegestation mit 30 oder 40 Pfleglingen zu haben, wo ein jeder praktisch einen eigenen
Hausarzt dorthin bestellen kann, das ist sicher nicht der Lösung letzter Schluß. Daher glaube ich, daß
von Seiten des Landes hier eine Neuregelung geschaffen werden muß.
Ebenfalls quer durch den Gemüsegarten, um es so auszudrücken, zieht sich die Frage des
Anstaltsbüfetts. In jedem Pensionistenheim ist eine Art Anstaltsbuffet. Nur, wie es geführt und wie es
abgerechnet wird, ist unterschiedlich. Einmal werden die Personalkosten verrechnet, einmal werden
die Reinigungskosten verrechnet, in anderen Heimen wieder nicht. Hier müßte unbedingt darauf
gedrungen werden, eine generelle Regelung zu ermöglichen. Generell muß auch darauf hingewiesen
werden, daß alle vorhersehbaren Ausgaben im Budget aufscheinen müssen. Nicht die
Pflichtausgaben mit geringeren Ansätzen und dann das Budget überschreiten. Diese Kritik trifft nicht
auf die Verwalter zu, das möchte ich hier ausdrücklich feststellen, sondern diese Kritik trifft auf die
Finanzabteilung im Land zu. Ich werde noch darauf zu sprechen kommen, wenn ich über die
Kreditüberschreitungen reden werde.
Bevor ich aber auf die Berufsschulen übergehe, darf ich schon noch einige Sätze zu Edelhof sagen.
Edelhof ist das typische Beispiel für eine alte Struktur, wo man nicht bereit ist, von Seiten des Landes
diese Struktur zu ändern. Wenn ich 120 Hektar Grundbesitz habe und ich das vergleichen will mit
Menschen, die zu Hause den gleichen Grundbesitz haben, so bilde ich dort nur 1,13 % aus, denn
lediglich dieser Prozentsatz der landwirtschaftlichen Anwesen in Niederösterreich ist so groß wie
Edelhof. Das heißt, ich habe hier falsche Voraussetzungen. (Abg. Sauer: Die Größe hat mit der
Ausbildung überhaupt nichts zu tun!)
Herr Kollege, es stimmt, nur 1,13 % der niederösterreichischen landwirtschaftlichen Anwesen haben
mehr als 120 Hektar Grundbesitz. Das zweite: ich weiß schon, daß die Saatzucht diesen
Flächenbedarf notwendig macht. Aber ich stehe auf dem Standpunkt, daß diese Saatzucht nicht
Angelegenheit der landwirtschaftlichen Schule wäre. Die Saatzucht kann Angelegenheit eines
Vereines sein, sie kann Angelegenheit des Absolventenvereines sein, die Saatzucht kann
Angelegenheit des Bundes sein, die Saatzucht kann Angelegenheit des Vereines sein, der dort
gegründet wurde, aber sie muß nicht Angelegenheit des Landes oder der Schule sein. Wenn wir
dabei die Kostennutzenrechnung aufstellen oder überhaupt die Kosten ermitteln, so bin ich sicher,
daß die auflaufenden Kosten von 900.000 Schilling bei weitem nicht die Ausgaben decken. (Abg.
Hülmbauer: Das sind nur die Zinsen!)
Denn das Personal für die Saatzucht wird aus dem Budget der Landwirtschaftlichen Schule bezahlt.
Alles andere wird vom landwirtschaftlichen Schulbudget bezahlt, wo wir immer sparen müssen und wo
falsch budgetiert wird, um Möglichkeiten zu schaffen, den Menschen dort Investitionen zu gönnen.
Das heißt, hier wird in die falsche Richtung gearbeitet. Ich stehe auf dem Standpunkt, Saatzucht
jawohl, aber nicht auf Kosten des landwirtschaftlichen Schulbudgets. (Abg. Kurzreiter: Das steht nicht
im Kontrollbericht!) Drinnen steht es nicht, aber Tatsache ist es, Herr Kollege! Die Berufsschulen
haben alle ein gleiches Problem. Quer durch alle Berufsschulen zieht sich immer wieder ein Stehsatz:
Vertrag nicht abgeschlossen, Vertrag nicht vorhanden.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß es so schwer ist, wenn es heißt, ein Vertrag soll abgeschlossen
werden, daß ich jahrzehntelang - wie zum Beispiel in Stockerau - ohne Vertrag arbeite. Hier betrifft es
die Stadtgemeinde Stockerau mit dem Land Niederösterreich.
In den bäuerlichen Betrieben betrifft es die Landwirtschaftskammer mit dem Land Niederösterreich.
Jahrzehntelang wird hier gefuhrwerkt, ohne Verträge abzuschließen. Ich glaube, wenn auf beiden
Seiten Beamte sitzen, daß es doch möglich sein müßte, einen Vertrag abzuschließen.
Das nächste Problem wurde schon angezogen, das ist das Raumproblem in den Berufsschulen. Wir
haben sowohl in Stokkerau als auch in Lilienfeld nicht in der Unterbringung das Raumproblem,
sondern im Unterricht.
In Stockerau wurde bereits ein Planungsauftrag vergeben, um aufzustocken. Wie ich gehört habe,
gibt es bereits Probleme mit der Finanzierung. Ich glaube aber, wenn wir es ernst meinen mit der
Berufsausbildung, wenn wir es ernst meinen mit unserer Jugend, dann darf es kein Problem geben bei
der Finanzierung. Es muß das Geld vorhanden sein, um diesen Ausbau tätigen zu können. Es soll
nicht so passieren wie in Mank, daß wir 1985 einen Ausbau um 11 Betten versprochen haben, doch
bis heute wurde noch nichts durchgeführt. Das heißt, auch hier muß rasch geholfen werden. Die
Schülerheime stehen fast ausschließlich in der Verwaltung der Handelskammer.
Hier gibt es ein anderes Problem:
1. Die unterschiedlichen Kosten und
2. die unterschiedliche Wohnqualität.
In Lilienfeld gibt es zwar gleiche Kosten, aber eine unterschiedliche Wohnqualität. In anderen
Heimen wieder gibt es unterschiedliche Kosten.
Ich glaube, hier müßte es vom Land aus möglich sein, eine Regelung zu treffen, daß zumindest ein
annehmbarer, gleicher Wohnzustand für unsere Lehrlinge geschaffen wird. Denn es ist nicht
unbedingt Sitte oder der letzte Stand, daß in ein- und derselben Berufsschule Acht- und
Zehnbettzimmer sowie Zweibettzimmer vorhanden sind, aber die gleich hohen Kosten zu bezahlen
sind. Das müßte geändert werden. Nun, meine sehr geschätzten Damen und Herren, zu den
Kreditüberschreitungen. Der überwiegende Teil der aufgezeigten Überschreitungen ist auf Ausgaben
zurückzuführen, die spätestens zum Zeitpunkt der Erstellung des Nachtragsvoranschlages bereits
festgestanden sind, die jedoch in diesem keinen Niederschlag fanden. So steht es wortwörtlich im
Kontrollamtsbericht. Nun, wie kommt es dazu? Wenn wir draußen in den Berufsschulen oder in den
Fachschulen sind, dann werden wir immer wieder mit der Tatsache konfrontiert, daß der Verwalter
sehr wohl ordentlich budgetieren wollte, er hat zum Beispiel Versicherungen richtig ins Budget
eingesetzt, aber von der Finanzabteilung des Landes werden auch bei Pflichtausgaben, wie
Versicherungen und ähnliches, Abstriche gemacht. Für diese Ausgaben muß man nachher sowieso
zahlen, das heißt, hier wird der Landtag falsch informiert. Im vorliegenden Bericht betrifft es mit 32,6
% die Landeskrankenanstalten und mit über 60 % Sozialmaßnahmen. Meine sehr geschätzten
Damen und Herren! Ich habe mich der Mühe unterzogen und habe mir die Voranschläge und
Rechnungsabschlüsse der Landeskrankenanstalten angeschaut. Und siehe da, es passiert folgendes:
die Gemeindekrankenhäuser und Mistelbach als Verbandskrankenhaus, also alle Krankenanstalten,
die nicht im Eigentum des Landes sind, haben laut dem Rechnungsabschluß gegenüber dem
Voranschlag im Jahre 1988 insgesamt ein Ersparnis von 52 Millionen Schilling erwirtschaftet. Das
heißt, sie haben um 52 Millionen Schilling ihre Voranschläge unterschritten, also eingespart. Zum
Beispiel Baden 3,70 %, das sind rund 4 Millionen Schilling. St.Pölten 18 Millionen Schilling oder 5 %,
Neunkirchen 1,2 Millionen Schilling.
Die Landeskrankenanstalt Mödling hatte ein sogenanntes Null-Budget erstellt, das heißt von 1987
auf 1988 wurden keine Erhöhungen vorgenommen und siehe da, der Rechungsabschluß wies
gegenüber dem Voranschlag eine Erhöhung um 11,46 % oder 16 Millionen Schilling aus. In Summe
gesehen blieben von 52 Millionen ersparten Schillingen nach Hinzurechnung der Landesanstalten nur
mehr 6,6, Millionen Schilling übrig.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Art der Budgetierung und diese Art, wie man sich
im Dezember hier herstellt auf dieses Rednerpult und sagt, die Kassa stimmt, wir sind die Sparmeister
der Nation, wir haben die schönsten Anstalten, das beste Budget, den besten Finanzreferenten,das
muß ich bezweifeln, meine sehr geschätzten Damen und Herren. Denn im Dezember wird uns etwas
vorgegaukelt, was in Wirklichkeit nicht den Tatsachen entspricht. Ein Jahr später, bei den
Kreditüberschreitungen, merken wir es. Der Herr Kollege von der FPÖ hat es bereits gesagt. Vom
Jahr 1983 bis zum Jahr 1988 ist die Summe der Kreditüberschreitungen von 3 Millionen auf 104
Millionen Schilling angestiegen. Das heißt, die Budgethoheit des Landtages wird hier bewußt
unterlaufen. Nun, meine sehr geschätzten Damen und Herren, zum Kurhotel Bad Schönau. Ich habe
vor rund 10 Jahren bereits zu diesem Thema von dieser Stelle aus gesprochen. Heute darf ich fast mit
Stolz feststellen, daß viele Kritikpunkte, die ich damals sagen mußte, heute nicht mehr im Bericht
aufscheinen. Das heißt, die Kritik wurde angenommen und den Empfehlungen wurde Rechnung
getragen. Vor 10 Jahren hatten wir ein schlecht frequentiertes und ein vor dem wirtschaftlichen
Zusammenbruch stehendes Hotel. Heute ist dies eine sehenswerte Landeseinrichtung. Vor 10 Jahren
war dieses Haus und die Vorgänge in ihm Gegenstand berechtigter Kritik. Heute strahlt die Fassade
im Glanz. alles aber, was dahintersteckt, ist noch nicht makellos. Diese Charakterisierung will ich auch
etwas näher erklären.
Die Gerüchte um das Kurhotel Bad Schönau sind verstummt, die Frequenz stimmt, der Ertrag ist
vorhanden, das Image ist in Ordnung, daher könnte man sagen, daß die Fassade in Ordnung ist.
Aber um diese Fassade herzeigen zu können, hat das Land Niederösterreich 72 Millionen Schilling an
Kapitalaufstockung investiert. Die Investitionen betragen noch einmal rund 30 Millionen Schilling, das
heißt, dem Land kostete diese Einrichtung rund 100 Millionen Schilling. Und hier der erste Kritikpunkt.
Die Kapitalaufstockung nahmen nur das Land Niederösterreich und die Gemeinde Bad Schönau vor.
Der Gesellschafter Girozentrale hat eine Kapitalaufstockung mit dem Hinweis abgelehnt, daß ein
Finanzsanierungskonzept fehlt. Durch die Kapitalaufstokkung wurde auch dieses Hotel saniert. Zum
Prüfungszeitpunkt, das darf ich feststellen, hatte das Land Niederösterreich 102 Millionen Schilling
oder 97,44 % Eigentümeranteil, die Girozentrale 1,5 % und die Gemeinde Bad Schönau 1 %.
In Bezug auf das Kurhotel Bad Schönau gibt es leider noch immer keinen Dienstvertrag für den
Geschäftsführer, aber dafür Nettogehaltsvereinbarungen. Beide Zustände sind nicht branchenüblich!
Meiner Meinung nach wäre es auch angebracht, den Intentionen des Finanzkontrollausschusses zu
folgen und einen Aufsichtsrat zu installieren. Zur Zeit gibt es keine betriebseigene Prüfinstanz. Denn
der Wirtschaftstreuhänder, der die Buchhaltung und die Bilanz erstellt, der prüft sich auch selbst. So
gesehen ist es vielleicht auch verständlich, daß die Jahresabschlüsse und Protokolle - wie dies in
anderen Landesgesellschaften üblich ist, daß sie dem Kontrollamt übersandt werden - nicht freiwillig
übersandt werden. Vielleicht liegt der Grund auch darin, daß die Bilanz, obwohl sie von einem
Wirtschaftstreuhänder erstellt wird, nicht den Vorschriften des Aktiengesetzes entspricht. In den
letzten Jahren wurden verschiedene Investitionen getätigt, die sich auf den Betrieb sehr positiv
ausgewirkt und die auch zu guten Erträgen geführt haben. Leider muß ich immer wieder feststellen,
daß es in Bad Schönau nicht möglich ist, daß die Ö-Norm 2050 eingehalten wird. Das war vor 10
Jahren so und ist heute nocht immer so. In verschiedenen Branchen gibt es dort keinen Wettbewerb.
Summa summarum muß ich aber schon feststellen, daß Bad Schönau ein Aushängeschild geworden
ist. Von einer schlechten Institution wurde es fast ein Schmuckstück. Und es gehört eine Portion Geist
und Energie dazu, dieses Haus so weit zu bringen. Aber eine hypothetische Frage erlaube ich mir
schon noch zum Abschluß. Für den Ausbau der Pension Wicherer wurden 4 Millionen Schilling an
Zinsenzuschüssen zu Darlehen in der Höhe von 26 Millionen Schilling, ein Landeszuschuß für
Werbung von 480.000 Schilling, ein Landesbeitrag für Prospekte von 244.000 Schilling, eine ganz
besondere Feinheit, nämlich eine Prämie "Schöneres Gasthaus" von 820.000 Schilling gegeben. Das
heißt in Summe wurden 31,6 Millionen Schilling aus anderen Landesförderungsmitteln für den
landeseigenen Betrieb aufgewendet. Und jetzt die Frage. Hätte all diese Förderungen jeder andere
Betreib in gleicher Höhe auch erhalten? Oder hat sich hier das Land bewußt bevorzugt behandelt?
Die Zweite Frage: Der zweite Eigentümer, die Gemeinde Bad Schönau, hat mit 332.000 Schilling den
Betrieb subventioniert. Hat vielleicht vorher das Land Niederösterreich der Gemeinde Bad Schönau
diese 332.000 Schilling unter irgendwelchen Titeln gegeben oder hat die Gemeinde Bad Schönau
diese Gelder aus eigenen Steueraufkommen aufgebracht?
Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Und nun noch drei Schlußbemerkungen.
Die erste: Ist es Aufgabe der öffentlichen Hand, ein Kurzentrum zu führen mit einem Aufwand vom
100 Millionen Schilling? Bad Deutsch Altenburg wurde verkauft. Da Bad Schönau nun auch ein aktiver
Betrieb ist, könnte ich mir vorstellen, daß genug Käufer zu finden wären. Ich kann mir daher vorstellen,
daß Bad Schönau einer Privatisierung zugeführt werden könnte.
Die zweite Schlußbemerkung: Daß in einer landeseigenen Gesellschaft ein Landesbeamter
Geschäftsführer ist, das erscheint verständlich. Daß dieser Geschäftsführer aber gleichzeitig auch in
seinem Hauptberuf Sachbearbeiter für dieses Fachgebiet sein muß, das ist für mich nicht verständlich.
Diese Feststellung ist nicht gegen die Person gerichtet, aber vom Grundsatz her ist diese Art der
Konstruktion falsch.
Der Geschäftsführer ist sein eigenes Aufsichts- und Bewilligungsorgan. Dies ist eine unglaubliche
Konstellation, die bereits beim letzten Finanzkontrollamtsbericht kritisiert wurde. Die Schlußfolgerung
daraus kann für mich nur sein, daß auf alle Fälle ein Aufsichtsrat installiert werden müßte. Mit all
diesen Problemen und mit all diesen Kritikpunkten behaftet, hoffe ich, daß in nächster Zeit die
Anregung des Finanzkontrollausschusses auch von den zuständigen Stellen zur Kenntnis genommen
wird. Genauso, wie unsere Fraktion diesen Bericht zur Kenntnis nimmt. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Als letzter zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Fidesser.
Abg. FIDESSER (ÖVP): Meine Sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich
möchte zuerst auf einige Anmerkungen vom Abgeordneten Dr.Kremnitzer eingehen. Obwohl ich in
vielem auch mit ihm übereinstimme, darf ich doch auf einen kleinen Widerspruch in seiner Aussage
hinweisen. Er hat gemeint - und da stimme ich mit ihm überein - daß die Budgetüberschreitungen in
dieser Form nicht in Ordnung wären und er glaubt, daß das Zusammenhänge hätte mit dem Unwesen,
daß viele Ausgaben erst am Jahresende getätigt werden. Zunächst möchte ich darauf hinweisen,
daß das Unwesen in dieser Richtung im Land gar nicht so groß ist, als es etwa im Bund bekannt ist,
daß viele Ausgaben erst in den letzten Wochen des Jahres getätigt wreden, weil von den
vorgesehenen Krediten noch Geldmittel vorhanden sind. In Niederösterreich ist es eher so, daß es
vielleicht gerade aus der Sorge, daß am Jahresende noch Ausgaben getätigt werden, die nicht
unbedingt notwendig sind, dazu geführt hat, daß man von Anfang an die Kredite so nieder hält, daß es
dann am Jahresende zu Überziehungen bzw. zu Nachträgen kommt. Jedenfalls ist es so, daß wir
alle mitsammen sagen müssen, daß diese Form, wie wir sie jetzt im Kontrollausschuß bemängelt
haben, daß nämlich ein so großer Anteil von Überziehungen da ist, verhindert werden muß. Es gibt
neben diesen Bemühungen, niedrige Ansätze zu machen, ja noch ein viel stärkeres Instrument, die
sogenannte Null-Budgetierung. Das heißt, daß die einzelenen Referate jährlich von neuem um ihre
Ansätze kämpfen müssen. Es ist leider Gottes durch dieses Bemühen, manche Ausgaben gering zu
halten, eher ein Unwesen in folgender Richtung eingetreten: Es gibt manche Ansätze, wo durch Jahre
hindurch am Anfang des Jahres ein großer Teil des Gesamtbudgets für Restzahlungen aus dem
Vorjahr verwendet wird. Da gibt es eine Menge von Ansätzen, wo das verändert werden muß. Meines
Erachtens geht es nicht an, daß man in den Referaten bestimmte Absichten verwirklicht und erst mit
dem Budget des nächsten Jahres diese Absichten bezahlt. Das kann schon einmal vorkommen. Aber
wenn das auf Dauer geschieht, dann ist es sicher nicht in Ordnung.
Es ist meines Erachtens aber auch noch eine andere Sache mit Schuld an dieser Problematik und
das sollte man hier auch aussprechen. Daß das nämlich nicht so sehr vom Finanzreferat her kommt,
sondern daß bei der Antragstellung zum Budget folgende Richtung eingeschlagen wird: Man weiß
ungefähr, wieviel vom Finanzreferenten zu erwarten sein wird. Daher geht man her und hält die
Ansätze für die Pflichtausgaben sehr knapp, um bei den Ermessensausgaben einen größeren
Spielraum im Budget zu bekommen. Die Folge davon ist, daß die Ermessensausgaben dann auch
relativ rasch umgesetzt werden. Bei den Pflichtausgaben stellt sich aber dann am Ende des Jahres
heraus - etwa bei den Sozialhilfeausgaben, wo Anrechte darauf bestehen, etwa bei
Heimeinweisungen usw. - daß die Pflichtausgaben immer wesentlich höher sind als die im Budget
veranschlagten Summen.
Es müßte also nicht nur verlangt werden, daß man sparsamer mit den Mitteln umgeht, das ist
selbstverständlich, sondern daß man bei den Berechnungen der Pflichtausgaben ebenfalls
konsequent bleibt! Wir brauchen also, das wurde von einigen Vorrednern schon betont, realistische
Voranschlagsätze, die auch tatsächlich einzuhalten sind einschließlich einer realistischen Vorplanung
der Pflichtausgaben. Einige Worte zu Bad Schönau. Ich glaube, daß es notwendig ist, daß bei
diesem Betrieb ein Aufsichtsrat eingeführt wird, so wie es bei jedem ordentlichen größeren Betrieb,
der nicht einem einzelnen privaten Eigentümer gehört, der Fall ist. Denn ansonsten erfolgt die
Lenkung großteils durch den Vertreter des Hauptgesellschafters. Und da ist ganz sicher der Betrieb
einmal zu weit vom Eigentümer entfernt.
Ich möchte aber auch lobend hervorstreichen - das gehört bei solchen Prüfungen dazu, jeder der im
Prüfungsausschuß ist, weiß, wie erfreut man ist, wenn man schöne Dinge bei Prüfungen erlebt - daß
der Betrieb in den letzten Jahren sehr gut geführt ist. Dadurch haben sich auch die
Betriebsergebnisse wesentlich verbessert. Ich glaube, daß man allen, die daran beteiligt sind, einmal
ein Lob aussprechen muß, weil man ja weiß, wie schwierig es ist, einen derartigen Betrieb so
umzukrempeln.
Ich hoffe, daß diese Betriebsführung so weitergeht, damit sich einmal die Betriebsergebnisse so
darstellen, daß dieser Betrieb mit Gewinn privatisiert werden kann. Ich glaube, dann haben wir das
erreicht, was eigentlich das Ziel der Landespolitik war: in diesem Gebiet, das ja große Schwierigkeiten
im wirtschaftlichen Bereich hat, einen Pilotbetrieb aufzubauen, der für den Fremdenverkehr in dieser
Region eine wesentliche Verbesserung bedeutet. Einige markante Dinge aus der Überprüfung der
Pflegeheime. Ich darf vier Punkte hervorstreichen, die fast in jedem Bericht auftreten. Im wesentlichen
einmal, daß in jedem einzelnen Bericht zum Ausdruck kommt - ich glaube, es gibt keine einzige
Überprüfung, wo das nicht zum Vorschein kommt - daß Pflegebetten zu schaffen sind. Am
gravierendsten sieht man es in Mödling, wo die Wohnbetten nur zu 68 % belegt sind, während wir
gleichzeitig bei den Pflegebetten einen enormen Mangel haben. Da kommt das zum Ausdruck, was
ja auch im Kommunalgipfel besprochen wurde. Ich bin froh, daß im Kommunalgipfel nun die Mittel frei
gemacht wurden, um vermehrt das verwirklichen zu können, was wir in den letzten Jahren schon
eingeleitet haben. Wir müssen nämlich die ca. sechseinhalbtausend Betten, die in den Landes- oder
Vertragsheimen vorhanden sind, raschest so umwandeln, daß wir zu mehr Pflegebetten kommen.
Derzeit gibt es in diesen Heimen nur ca. 2.000 Pflegebetten. Es gibt ja schon einen Fortschritt, denn
im Jahre 1984 waren es nur 17 % der Betten, während es jetzt schon 33 % der Betten sind. Wir haben
also noch einen großen Mangel, denn schon jetzt wissen wir aus den Überprüfungen, daß mehr als 50
% gebraucht werden.
Ich bin überzeugt davon, wenn das greift, was wir mit der Initiative Seniorenwohnungen in unseren
Gemeinden eingeleitet haben, dann werden die Landes- und Vertragsheime im wesentlichen
Pflegeheime sein.
Eine weitere Sache ist, das schließt unmittelbar an, daß wir eine bessere ärztliche Versorgung
brauchen. Ich glaube also, gerade im Zusammenhang mit den neuen Überlegungen nach dem
Spitalsärztegesetz, daß wir dort mehr Fachärzte brauchen, daß wir mindestens genauso notwendig
einen verstärkten Ausbau der ärztlichen Betreuungen in unseren Heimen brauchen. Ich hoffe, daß die
diesbezüglichen Verhandlungen mit der Ärztekammer, die ja doch schon eineinhalb Jahre andauern,
rasch zu einem Erfolg führen, damit wir eine gute ärztliche Versorgung in unseren Heimen
zustandebringen. Und nun noch eine kleinere Anmerkung, die aber auch in drei von vier Berichten
aufscheint, nämlich der Energieverbrauch. Wir haben in den 60er, 70er und anfangs der 80er Jahre
den Ausbau der Heime rasch vorangetrieben. Damals waren aber die Richtlinien für die
Energiesparmaßnahmen noch nicht so spürbar, wie wir sie jetzt erkennen. Es wird daher eine der
vordringlichen Maßnahmen sein, daß wir unsere Heime generell überprüfen, und zwar nicht nur durch
den Finanzkontrollausschuß, sondern auch durch die Baubehörden. Es soll auch bei den anderen
Heimen, nicht nur bei denen, wo der Finanzkontrollausschuß überprüft hat, geprüft werden, ob
genügend Maßnahmen gesetzt wurden, um Energie einzusparen. Denn das spielt sich im wahrsten
Sinne des Wortes auch finanziell für das Land ein. Nicht nur für die gesamte Energiebilanz. Wir
müßten hier als öffentliche Hand vorbildlich sein, weil wir heute wissen, daß es nicht nur darum geht,
umweltfreundliche Energie zu erzeugen, sondern es geht vorwiegend einmal auch darum, Energie
einzusparen. Zum Abschluß noch die Frage der Rücklagen. Es ist tatsächlich so, daß das
sparsamste System das wäre, daß die Heime in ihrem Bereich wirtschaften könnten. Man sollte den
Heimen einen bestimmten Anteil der Rücklagen belassen, damit sie daraus laufend ihre
Reparaturarbeiten selbst durchführen können. Diese Möglichkeit sollte eingeräumt werden. Das
Heim hat dann eine gewisse eigene unternehmerische Dynamik. Andererseits ist es aber notwendig,
damit das zuständige Referat auch darauf Einfluß nehmen kann, daß diese Reparaturarbeiten zu
Lasten der Rücklagen schon im Voranschlag geplant werden.
Denn momentan hat man den Eindruck, daß sie in bestimmte Richtungen hin wirtschaften und man
dann, wenn noch etwas Geld übrig geblieben ist, schnell investiert. Da kann dann die Konkurrenz
sagen, wie es der Abgeordnete Dr.Kremnitzer angeführt hat, bevor uns das Geld verfällt investieren
wir lieber noch schnell. Es ist also notwendig, daß man schon im Voranschlag jene Investitionen
plant, die man aus Rücklagen entnehmen will. Eine Einschränkung ist hier natürlich - und die steht
auch im Bericht - anzumerken, daß Reparaturen aus Rücklagen dann in Frage zu stellen sind, wenn
man weiß, daß in den nächsten Jahren ohnehin eine Generalsanierung vor der Tür steht. Hier ist es
richtig, daß man einmal eine Zeit lang Rücklagen zurückhält, aber dann umso rascher an
Reparaturarbeiten der Generalsanierung geht. Ich glaube, daß wir gerade aus diesem Bericht sehen,
daß die Kontrolle die Aufgabe hat, rechtzeitig nachzusehen, wie man Dinge, die gar nicht schlecht
sind, noch verbessern kann. Es muß nicht immer nur die Suche nach Skandalen sein, es muß das
ständige Bemühen sein, die Dinge so zu verbessern, daß wir eine optimale Verwaltung im
Landesbereich bekommen. In dieser Richtung, so glaube ich, daß wir mit viel Stolz für unsere Politik
auch diesen Bericht zur Kenntnis nehmen können. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Eine weitere Wortmeldung liegt nicht vor, der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich mache vom Recht des Schlußwortes Gebrauch und
möchte folgendes zur Kenntnis bringen: Der Herr Abgeordnete Dr.Kremnitzer hat in seiner Rede
festgestellt, daß die in meinem Bericht gemachte Äußerung, "das Land Niederösterreich sei
hundertprozentiger Eigentümer der Kurhotel-Betriebsges.m.b.H. Bad Schönau" nicht stimme.
Ich darf dazu bemerken, daß ich meinen Bericht insoferne korrigiere, daß es nun heißen soll, die
Kurhotel-Betriebsgesellschaft Bad Schönau gehört fast zur Gänze dem Land Niederösterreich."
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Sie haben die Korrektur gehört. Ich darf aber jetzt über den Antrag als
solchen abstimmen lassen. (Nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des Finanz- und
Wirtschaftsausschusses): Einstimmig angenommen! Die Tagesordnung der heutigen Sitzung ist
erledigt. Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 17.25 Uhr.)
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