Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 7 Übersicht Deliktsrecht Haftung aus Verschulden und Gefährdung Das Deliktsrecht kennt vier Gruppen von Haftungstatbeständen (Angegebene Normen lesen und verinnerlichen!) 1. Haftung aus verschuldetem Unrecht: § 823 I und II; § 824; § 825; § 826; 830, 839 2. Haftung aus Unrecht bei dem (widerleglich) das Verschulden vermutet wird: § 831 (Verrichtungsgehilfe); § 832 (Aufsicht) § 833 (Tierhalter Haftung für Haustiere, die dem Beruf bzw. Gewerbe dienen) §§ 836-838 (Gebäude) § 7 III 1, HS 2 StVG Fahrzeughalter) § 18 StVG (Fahrzeugführer) (ferner: §§ 44, 45 LuftVG) 3. Haftung aus Gefährdung ohne Rücksicht auf Rechtswidrigkeit und Verschulden § 231 (Irrtümliche Selbsthilfe) § 833, S. 1 (Tierhalterhaftung; Achtung s. § 833, S. 2, s.o.) § 7 I, II StVG (Fahrzeughalter) § 1 ProdHaftG (Produkthaftung) §§ 1, 2 HaftpflG (ferner: §§ 33 I, II 1, 3; 54 f. LuftVG; §§ 25, 26 AtomG; § 22 WHG; § 84 Arzneimittelgesetz und § 32 GentechnikG) 4. Haftung für fremdes Unrecht mit Fremdverschulden Art. 34 i.V.m. § 839 (Amtshaftung) (ferner § 3 HaftpflG) Achtung: § 831 rechnet nicht fremdes Unrecht zu, sondern regelt Haftung für eigenes (vermutetes) Verschulden (Auswahl, Anleitung, Kontrolle des Verrichtungsgehilfen) Achtung: Zurechnung fremden Verschuldens gem. § 278 kommt im Deliktsrecht nicht in Frage; § 278 setzt ein bestehendes Schuldverhältnis voraus. § 278 kommt Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse allenfalls zur Anwendung, wenn bei der Schadensabwicklung, d.h. der Erfüllung des Deliktsanspruchs ein weiterer Schaden durch einen Erfüllungsgehilfen verursacht wird). Achtung: Bei jur. Personen etc. Zurechnung von Verschulden über § 31. Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 7 a Übersicht über Normen und Deliktsrecht I. Eigenständige Anspruchsgrundlagen: - Hauptfälle: § 823 I/§ 823 II i.V.m. Schutzgesetz/§ 826 - Spezielle Anspruchsgrundlagen §§ 824, 825, 829 §§ 831-839 Spezialgesetze zur Gefährdung ProdHaftG, StVG, Wirtschaftsrecht (UWG usw.) II. „Anspruchsbegleitende“ Normen 1. Verschulden, §§ 276 I, 827, 828 2. Umfang des Schadensersatzes §§ 842-843, § 253 S. 2; § 249 ff. 3. Ansprüche Dritter, §§ 844, 845 4. Anspruchsabwicklung §§ 848-853 - Verwendungsersatz Verweis auf EBV (§ 850) - § 853 Pendant zu § 821 5. Mitverschulden § 254 (beachte auch § 846) 6. Zurechnung des Verhaltens Dritter - § 31 BGB bei jur. Personen etc. (Organe) NIE: § 831 (Haftung für vermutetes eigenes Verschulden zu § 278 s.o. Merkblatt 7) 7. Mehrere Beteiligte a) § 840 regelt Rechtsfolge, wenn mehrere nebeneinander verantwortlich Anordnung der Gesamtschuldnerschaft b) Nebeneinander verantwortlich (1) Zusammenwirkung bei einer haftungsbegründeten Handlung, § 830 I. S. 1: Gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung: jeder ist für den Schaden verantwortlich S. 2: Dasselbe gilt, wenn nicht ermittelbar, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat; Urheberzweifel: Feststeht, dass einer von mehreren Beteiligten den Schaden verursacht haben muss; unklar nur, wer es war; Anteilszweifel: Fest steht, dass alle Beteiligten gemeinsam die Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Schadensursachen gesetzt haben, unklar nur ob jeder den ganzen oder nur einen Teil des Schadens verursacht hat. Früher wurde für § 830 I, S. 2 verlangt, dass ein räuml. und zeitl. Zusammenhang zw. den Taten bestand. Nach BGH (BGHZ 55, 86, 95) reicht nun, dass wegen des Zusammentreffens mehrerer gleichzeitiger Gefährdungshandlungen deren Ursächlichkeit für einen Schaden im o.a. Sinn nicht mehr festgestellt werden kann. Steht fest, dass der Ersttäter für den gesamten Schaden haftet, weil ihm die Schädigung durch den Zweitbeteiligten als adäquate Folge seiner Handlung zuzurechnen ist, fehlt es an den in § 830 I 2 vorausgesetzten Beweisschwierigkeiten bzgl. der Kausalität: Vorschrift nicht anwendbar. (BGH 67, 14, 19 ff., Medicus BR, Rn. 792a; a.A. Larenz/Canaris SchRII/2 § 82 II 2): Beispiel: A fährt Fußgänger F an, der hilflos liegen bleibt. Er wird von B nochmals überfahren und stirbt bald darauf. Hier ist A der Tod des F zuzurechnen (§ 823 I). B haftet nur, wenn feststeht bzw. bewiesen werden kann, dass die tödliche Verletzung von ihm stammt; § 830 I 2 ist nicht anwendbar. (2) § 830 II Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich Achtung: Bei Haftung mehrerer gem. § 830: Folge -> § 840, Gesamtschuldnerschaft. (3) § 840 findet auch Anwendung, wenn neben unerlaubter Handlung des einen ein oder mehrere andere Gefährdungshaftungstatbestand verwirklichen. c) Keine Anwendung von § 840 Zusammentreffen von ausschließlich nach StVG/ProdHaftG ersatzpflichtigen Handlungen Spezialregelungen (vgl. § 5 ProdHaftG) haben Vorrang einen Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 7 b Eigentumsverletzung i. S. des § 823 I. Achtung: Beachte Subsidiarität des Eigentumsschutzes nach § 823 I gegenüber der Spezialregelung des EBV: Verletzt ein unrechtmäßiger Besitzer das Eigentum, geht die Regelung der §§ 989, 990 vor, bzw. verdrängt die des § 823 I; es sei denn, es liegen die Voraussetzungen des § 9921 (oder eine andere Ausnahme von der Ausschlusswirkung der EBV-Regeln) vor. Konsequenz: Ist § 992 nicht gegeben, haftet nur der bösgläubige unrechtmäßige Besitzer §§ 989, 990; der gutgläubige Besitzer nicht. Bei Verletzung des Eigentums durch Verfügung eines Nichtberechtigten (Veräußerung gem. §§ 932 ff; Verpfändung) ist ebenfalls der Vorrang der EBV-Regeln zu beachten: Verfügt ein nichtberechtigter Besitzer wirksam über die Sache §§ 989, 990; des Weiteren wie oben (daneben: § 816 I). II. Eigentum kann verletzt werden durch Verfügung eines Nichtberechtigten, s. aber oben Beeinträchtigung der Sachsubstanz (Beschädigung) Beeinträchtigung des Sachgebrauchs (nach § 903, dem Eigentümer zugewiesen) 1. Beeinträchtigung der Sachsubstanz Achtung: Die Lieferung einer mangelhaften Sache ist keine Eigentumsverletzung; der Erwerber hat nie Eigentum an einer mangelfreien Sache gehabt. Verletzt ist allein das Äquivalenzinteresse nicht das Integritätsinteresse; Anspruch nur aus vertraglicher Mangelhaftung. Anders: Der sogen. „Weiterfresserschaden“ Nach Rspr. liegt eine Verletzung des Integritätsinteresses vor, wenn der Mangel der gelieferten Sache die Beschädigung eines anderen mangelfreien Teils des Vertragsgegenstands bewirkt (Beispiel „Schwimmschalter“, BGHZ 67, 359, 364): Der bei Übereignung schon vorhandene Mangel (mangelhafter Schwimmschalter) bezieht sich nur auf einen „funktionell abgegrenzten und im Verhältnis zum Wert der Gesamtsache 1 (im Beispiel: Reinigungsanlage) unbedeutenden Teil des Ist der Besitz durch verbotene Eigenmacht (§ 858) oder durch eine Straftat (etwa Diebstahl, Unterschlagung) erlangt, Haftung des Besitzers nach Deliktsrecht, § 992; ansonsten also nur nach §§ 989, 990. Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Vertragsgegenstands (im Beispiel: mangelhafter Schwimmschalter im Wert von wenigen Cent führt zu Brand der Gesamtlage, die mehrere 1000 Euro wert ist). Achtung: Nach Rspr. darf der später eingetretene Schaden nach natürlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise „nicht stoffgleich“ mit dem Mangelunwert sein (BGHZ 86, 256, 262). Also: nur bei fehlender Stoffgleichheit: „Weiterfresserschaden“ und Haftung aus § 823 I. „Nicht stoffgleich“ mit dem Mangelunwert ist der spätere Schaden vor allem dann, wem der von Anfang an vorhandene Mangel in wirtschaftlich vertretbarer Weise hätte beseitigt werden können: dann Weiterfresserschaden § 823 I (+). Nach denselben Grundsätzen sind als Eigentumsverletzung zu behandeln: - Beschädigung einer zunächst einwandfreien Sache durch nachträglich eingebaute fehlerhafte Einzelteile (BGHZ 55, 292, 394 f.: „Achsaggregat“) - Untrennbare Verbindung von mangelfreien Einzelteilen mit anderen mangelhaften Einzelteilen (BGHZ 138, 230, 236 ff: „Transitoren“) - Unsachgemäßer Zusammenbau von mangelfreien Einzelteilen des Bestellers durch Werkunternehmer, so dass der Werkgegenstand wegen Konstruktionsfehlers unbrauchbar ist (BGH NJW 1998, 2282: „Tieflader“) (Rspr. wird in Literatur kritisiert: Aufweichung der Grenzen zur vertraglichen Mangelhaftung; Unbestimmtheit der Begriffe; es bleibt abzuwarten, ob Rspr. zum „Weiterfresserschaden“ nach der Schuldrechtsreform fortgesetzt wird bzw. Bedeutung beibehält, z.B. wegen der deliktischen Verjährungsfristen.) 2. Beeinträchtigung des Sachgebrauchs Wird nicht in Sachsubstanz selbst, sondern „nur“ der Sachgebrauch des Eigentums beeinträchtigt stellt sich das Problem der Abgrenzung zum bloßen Vermögensschaden, der durch § 823 I nicht erfasst ist. Rspr. hat teilw. darauf abgestellt, ob die Funktionsbeeinträchtigung bzw. die Beeinträchtigung des Sachgebrauchs als eine Einwirkung auf die Sache selbst angesehen werden kann (z.B. BGH NJW 1977, 2264 f.). Teilw. wird eine „nicht unerhebliche“ Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung gefordert (z.B. BGH NJW 1994, 517). Soweit keine Eigentumsverletzung vorliegt, kommt Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht (s. u. Merkblatt 7 c). Beispiele: Prof. Dr. Franz Dorn - Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse „Fleetfall“ BGHZ 55, 153: Ufermauer eines Fleets stürzt aufgrund Verschuldens der unterhaltspflichtigen Bundesrepublik ein; dadurch wird ein Schiff im abgetrennten Fleetteil eingeschlossen, andere Schiffe können die Verladestelle im abgetrennten Teil nicht erreichen (müssen außen vor bleiben). BGH: Nur hinsichtlich des eingeschlossenen Schiffs liegt Eigentumsverletzung vor, weil das Schiff durch das Eingeschlossensein vollständig seinen bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen ist. Bei den anderen – ausgeschlossenen – Schiffen liegt weder eine Eigentumsverletzung vor (sie können an anderer Stelle weiter benutzt werden) noch ein Eingriff in den Gewerbebetrieb von (mangelnde Betriebsbezogenheit)(vgl. auch BGHZ 86, 152). Die Argumentation erscheint fraglich, zumindest dann wenn die ausgeschlossenen Schiffe gerade Ladung für die abgetrennte Verladestelle oder einen dort liegenden Betrieb an Bord hatten. - „Tanklager“, BGH NJW 1977, 2264: Tanklager des T gerät in Brand. Das Nachbargrundstück und der dort befindliche Betrieb des N muss für 2 Std. evakuiert werden. Für weitere 3 Std. ist das Nachbargrundstück durch Feuerwerksfahrzeuge blockiert. BGH: Für die Zeit der Evakuierung Eigentumsverletzung, da Einwirkung auf die Sache durch Benutzungsverhinderung. Für die Zeit der Blockade keine Eigentumsverletzung auch kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (mangelnde Betriebsbezogenheit). - Problem: Kabelfälle: Durch Unterbrechung der Stromzufuhr wird der Gebrauch von Elektrogeräten ausgeschlossen; gleichwohl nimmt BGH nur Eigentumsverletzung bzgl. des Kabels (E-Werk) bzw. dann an, wenn durch Strommangel Eigentum in der Substanz verletzt wird: Bruteier; Gefrierfleisch. Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 7 c Verletzung eines „sonstigen Rechts“ i.S. des § 823 I Sonstige Recht i.S. des § 823 I sind grds. nur solche, die wie die aufgezählten Rechte bzw. Rechtsgüter dem Inhaber eine absolute, d.h. ausschließliche von jedermann zu achtende Position einräumen (vgl. insbes. „Eigentum“: Ausschlussbefugnis, Nutzungsbefugnis). 1. Derartige absolute Rechtspositionen sind unstreitig: - beschränkt dingliche Rechte (Pfandrecht, Hypothek, Grundschuld, Nießbrauch, Dienstbarkeit) - Namensrecht (§ 12) - Recht am eigenen Bild (§ 22 KunstUrhG) - (eigentumsähnliche) gewerbliche Schutzrechte: Patent-, Urheber-, Markenrechte - Anwartschaftsrechte (hier allerdings Ersatzleistung an Anwartschaftsberechtigten u. Vollrechtsinhaber gemeinsam, ggf. Quotelung, § 1281 analog!). 2. Umstritten ist a) ob und inwieweit der Besitz als „sonstiges Recht“ anzusehen ist Rspr. und H.L.: Der rechtmäßige Besitz ist als sonstiges Recht anzusehen. Argument: Besitz ist zwar kein Recht, sondern eine tatsächliche Position; der berechtigte Besitz wird aber, wie ein Recht geschützt: dem berechtigten Besitzer kommen eigentumsrechtliche Abwehrbefugnisse (§§ 859, 861) und Nutzungsbefugnisse gegenüber Dritten zu. Weitergehend Medicus, BR Rn. 607: Auch dem zwar unrechtmäßigen aber gutgläubigen Besitzer stehen – solange er nicht verklagt ist, die Nutzungen sogar gegenüber dem Eigentümer zu (§§ 987, 990 I, 993 I); deshalb Medicus: auch der gutgläubige unrechtmäßige Besitzer, der den Besitz entgeltlich erworben hat und noch nicht verklagt ist, ist in dieser Position gem. § 823 I geschützt (zweifelnd BGHZ 79, 238). b) Ob die Forderungszuständigkeit ein sonstiges Recht i.S. des § 823 I ist umstritten Forderungen werden durch § 823 I nicht geschützt. Nach h.M. (Medicus, BR, Rn 610) lassen sich Forderung und Forderungszuständigkeit (d.h. die Zugehörigkeit der Forderung zum Vermögen des Gläubigers) nicht trennen. Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Wäre eine fahrlässige Verletzung einer Forderungszuständigkeit Verletzung i.S. des § 823 I, würde zudem der Schuldnerschutz gem. § 407 geschwächt (der fahrlässige Schuldner, der an einen anderen zahlt, müsste dem wahren Gläubiger in jedem Fall Schadensersatz leisten). Außerdem: Gläubiger braucht den Schutz über § 823 I nicht wegen § 816 II. Dagegen Larenz/Canaris SchRII/2 § 76 II 4 g 3. Rahmenrechte (s. Merkblatt 7 d) Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 7 d Die sogen. „Rahmenrechte“ als „sonstige Rechte“ gem. § 823 I „Rahmenrechte“ (i.S. sonstiger Rechte gem. § 823 I) sind: - das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - das allgemeine Persönlichkeitsrecht Sie sind beide von der Rspr. entwickelt worden, unterscheiden sich aber von den in § 823 I genannten Rechten bzw. Rechtsgüter dadurch, dass sie keine fest umrissenen (vertypten) Schutzgüter mit einem festen Zuweisungsgehalt sind, sondern „Rahmen“ in generalklauselartiger Weite darstellen. Beispiel: Nicht jede Beeinträchtigung durch einen Wettbewerber stellt eine rechtswidrige Verletzung des Gewerbebetriebs dar, insbesondere dann nicht, wenn der Konkurrent die Regeln des lauteren Wettbewerbs beachtet: Wettbewerb und damit verbundene Verluste auf einer Seite sind von der Rechtsordnung gewollt; ähnliches gilt für „Beeinträchtigung" des Persönlichkeitsrechts. Hieraus folgt: Zur Feststellung der Tatbestandsmäßigkeit einer Verletzung reicht die bloße Beeinträchtigung des Schutzbereichs dieser Rechte nicht aus. Eine solche Beeinträchtigung indiziert – anders als die Verletzung der in § 823 I ausdrücklich genannten Rechte und Rechtsgüter – nicht ohne weiteres die Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung. Diese muss vielmehr jeweils im konkreten Fall festgestellt werden und zwar durch eine umfassende Interessen- und Güterabwägung (vgl. Medicus, SchRII, Rn. 814). 1. Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Achtung: Unternehmen sind ggf. durch andere Deliktstatbestände als § 823 I geschützt: § 824 (Schutz vor unwahren kreditschädigenden Tatsachenbehauptungen); § 826 (Schutz vor sittenwidriger Schädigung: umfasst auch bloße Vermögensschäden); § 823 II mit entsprechenden Schutzgesetzen. Durch die Anerkennung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sollen Lücken der gesetzlichen Regelungen (s.o.) geschlossen werden. Dies gilt aber nicht einschränkungslos: a) Das Recht am eingerichteten u. ausgeübten Gewerbebetrieb ist subsidiär: es greift nur dann ein, wenn der Gewerbebetrieb nicht durch einen speziellen Deliktstatbestand Auffangtatbestand). abschließend geschützt ist; s. oben (also Prof. Dr. Franz Dorn b) Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Schutzbereich: nach heutiger h.M. sind nicht nur selbständig geführte Gewerbebetriebe, sondern zumindest auch freiberufliche Tätigkeiten geschützt. Wichtig sind folgende Fallgruppen: - Physische Beeinträchtigung des Betriebs: rechtsw. Blockade; rechtsw. Streik - Schädigende Werturteile (unwahre Tatsachenbehauptungen: § 824 s.o.) - Unangemessene Verbreitung wahrer Tatsachen, Kreditgefährdung (unwahre Tatsachen; § 824, s.o.); vgl. BGHZ 166, 108 ff., „Kirch“. - Ungerechtfertigte Abmahnung von nur behaupteten gewerblichen Schutzrechtsverstößen (vgl. BGHZ 164, 1). Achtung: Einschränkung des Weiteren Schutzbereichs durch das Erfordernis der „Betriebsbezogenheit“. Nach Rspr. sind nur solche Eingriffe erfasst, die irgendwie gegen den "Betrieb als solchen gerichtet sind und sich nicht auf vom Betrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtspositionen" beziehen (BGHZ 29, 65, 74). Danach keine Betriebsbezogenheit, wenn das Eigentum verletzt („Bruteier“ BGHZ 41, 123) oder ein Anspruch gegen einen Dritten betroffen ist (BGHZ 29, 65, 74: Stromkabel: Produktion liegt lahm: Anspruch auf Stromlieferung des Unternehmens gegen Stromlieferant betroffen) ferner keine Betriebsbezogenheit bei Verletzung eines Betriebsarbeiters (BGHZ 7, 36), s. ferner Fleetfall; Tanklagerfall o. Merkblatt 7 b. c) Rechtswidrigkeit ist nur gegeben, wenn nach einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung zw. Betriebsinhaber und dem „Eingreifer“ die Beeinträchtigung sich als nicht hinnehmbar darstellt. Kriterien: Auf Seiten des Verletzten: besondere Schwere des Eingriffs; besonders gravierender Schaden. Auf Seiten des Eingreifers: billigenswerter Zweck: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit; Warnung vor Gesundheitsgefahren stets Verhältnismäßigkeitsprüfung. 2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht Das BGB kannte ursprünglich den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen nicht; es sanktioniert ausdrücklich nur den Eingriff in das Namensrecht (§ 12 sonstiges Recht i.S. des § 823 I); ferner die Verletzung der persönlichen Ehre (§ 823 II i.V. mit §§ 185 ff StGB) sowie die Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§ 22 KunstUrhG, sonstiges Recht gem. § 823 I). Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Erst unter dem Eindruck der Werteordnung des Grundgesetzes und der Bedeutung der Menschenwürde und des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 1, 2 I GG) hat der BGH (beginnend mit BGHZ 13, 334, „Leserbrief“) das allgemeine Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht“ i.S. des § 823 I anerkannt. S.o.: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein Rahmenrecht, d.h. nicht jede Beeinträchtigung ist rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit muss vielmehr jeweils festgestellt werden durch Güter- und Interessenabwägung Kriterien: ● Auf Seiten des Verletzten: Art und Schwere der Beeinträchtigung seiner ideellen Interessen. Differenzierung nach Sphären: - Verletzung der Intimsphäre (innere Gefühls- und Gedankenwelt und ihre Äußerungen): in aller Regel tatbestandsmäßig - Verletzung der Privatsphäre können ausnahmsweise gerechtfertigt sein. - Beeinträchtigungen der Individualsphäre (Ausstrahlung der Persönlichkeit im berufl. und öffentl. Leben) sind bei Verfolgung berechtigter Gegeninteressen zulässig. ● Auf Seiten des Verletzten: - ihm zustehende Grundrechte (Art. 5 GG) - spezielle Rechtfertigungsgründe (§§ 193, 34 StGB). Fallgruppen: ● Eindringen in fremden Privatbereich, z.B. durch Wiedergabe heimlich aufgenommener Bilder/Worte; sonstige unbefugte Veröffentlichung, Mitteilung von Intimitäten ● Ehrverletzungen (soweit nicht schon Straftat): Herabsetzende Berichterstattung; entstellendes Zitat (vgl. z.B. „Fernsehmagazin“, BGHZ 39, 124) ● Kommerzialisierung einer Person ohne deren Zustimmung („Herrenreiter“ BGHZ 26, 349 (Benutzung eines Bildes eines Springreiters für Potenzmittelwerbung; „Valente“, BGHZ 30, 7 (Einbindung von Catharina Valente i.R. von Zahnpastawerbung); Marlene Dietrich BGHZ 143, 214 Inszenierung eines Musicals mit Titel „Marlene“) Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Achtung: Das Persönlichkeitsrecht wirkt nach Rspr. über den Tod hinaus fort (eine gewisse Zeit lang): „Mephisto“, BGHZ 50, 133; „Marlene Dietrich“ BGHZ 143, 214 Rechtsfolgen: - Gegendarstellungsanspruch (Pressegesetze der Länder) - Unterlassungsanspruch (quasinegatorischer Anspruch vgl. § 1004 entsprechend; kein Verschulden erforderlich!) - Beseitigungsanspruch nur bei Tatsachenbehauptungen, steht Unwahrheit fest Richtigstellung/Widerruf durch Verletzer - Schadensersatzanspruch (Verschulden erforderlich!); Naturalrestitution (§ 249) Widerruf, Gegendarstellung, Zerstörung widerrechtlicher aufgenommener Bilder/Wortaufzeichnungen; Ersatz von Vermögensschäden (Verdienstausfall wegen Rufschädigung: Künstler bekommt keine Engagements mehr) - Entschädigung für Verletzung ideeller Interessen entgegen § 253 I! st. Rechtsprechung seit „Herrenreiter“ BGHZ 26, 349 Folgt nicht aus § 253 (II), der die Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht erwähnt: aber der verfassungsrechtliche Schutz der Persönlichkeit bleibe ohne die Sanktion (Ersatz immateriellen Schadens) lückenhaft (vgl. auch BverfGE 34, 269). Aber Achtung: Entschädigungsanspruch ist subsidiär: entfällt, wenn Verletzung auf andere weise hinreichend ausgeglichen werden kann oder hätte ausgeglichen werden können. Außerdem: Das Persönlichkeitsrecht muss in besonders erheblicher Weise beeinträchtigt worden sein oder den Verletzer muss schweres Verschulden treffen. Ist danach Entschädigung erforderlich, muss sie der Höhe nach unter dem Gesichtspunkt der Prävention spürbar sein (bei Persönlichkeitsverletzung zur Auflagensteigerung ist die Gewinnerzielung als Bemessungsfaktor einzubeziehen, allerdings keine völlige Gewinnabschöpfung: „Caroline v. Monaco“, BGHZ 128, 1, 5 f.; ferner BGHZ 160, 298). Dagegen: Bei schuldhafter Verletzung der kommerziellen Interessen einer Person: vollständiger Ersatz der vermögenswerten Interessen unabhängig von der Schwere des Eingriffs. Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Zur postmortalen Persönlichkeitsverletzung insbesondere s. BGHZ 50, 133, 139 f. „Mephisto“ und BGHZ 143, 214, 220 ff. „Marlene Dietrich“: Vermögenswerte (verkommerzialisierbare). Bestandteile der Persönlichkeit können vom Erben geltend gemacht werden. Ideelle Bestandteile der Persönlichkeit sind unauflöslich mit der Person verbunden, Anspruch des Erben auf Entschädigung besteht nicht, wohl aber eine Unterlassung und Beseitigungsanspruch (ebenso ggf. für nahe Angehörige). Wird zugleich mit Beeinträchtigung des Andenkens auch Persönlichkeitsrecht der Angehörigen verletzt: Entschädigungsanspruch. (Persönlichkeitsverletzung bei: Larenz/Canaris SchR II 2, § 80 II). das Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 7 e Bedeutung der Verkehrspflichten i.R. des § 823 I 1. Funktion der Verkehrspflichten: Bedeutsam für Rechtsgutverletzungen durch Unterlassen und für mittelbare Verletzungshandlungen. Ein Unterlassen ist nur tatbestandsmäßig, wenn eine Pflicht zum Handeln besteht, nur dann ist durch den Eintritt des Verletzungserfolgs auch die Rechtswidrigkeit indiziert; bloße äquivalente und adäquate Kausalität reicht nicht. Beispiel: A sieht auf Straße eine Bananenschale liegen. Er räumt sie nicht weg. B rutscht über die Schale aus und verletzt sich: A’s Verhalten ist zwar für die Verletzung des B adäquat kausal; aber A haftet nicht; er hatte keine Pflicht zur Beseitigung der Schale. Ferner: Häufig lassen sich Unterlassen und Handeln nur schwer abgrenzen: Kanalarbeiter öffnen einen Kanaldeckel, um in den Schacht zu steigen. Die offene Stelle wird nicht abgesichert. Fußgänger F stürzt in den Schacht und verletzt sich. Schadensverursacher durch Handeln (Öffnen des Deckels) oder Unterlassen (keine Absicherung des offenen Schachts?) Bei mittelbaren Verletzungshandlungen stellen sich ähnliche Probleme Beispiel: Das Herstellen und Inverkehrbringen von Waffen ist adäquat kausal dafür, dass Menschen mit diesen Waffen verletzt oder getötet werden; das gleiche gilt für PKW-Produktion. Sollen deshalb alle an der Produktion von Waffen/PKW beteiligten Menschen für die Verletzungen haftbar sein? Gemeinsamkeit beider Fälle: a. Bei Unterlassen und mittelbaren Handlungen reicht die Adäquanz des Verhaltens für die Indizierung der Rechtswidrigkeit nicht aus. b. In beiden Fällen wird der letztendliche Verletzungserfolg nicht unmittelbar, sondern durch eine Zwischenursache herbeigeführt: - durch Verhalten des Verletzten (bei Unterlassung) - durch Verhalten eines Dritten (bei mittelbaren Ursachen: Verursacher des Unfalls mit dem PKW; der Verletzer, der die Waffe benutzt). Hieraus resultiert die einheitliche Funktion der Verkehrspflichten: Sie sollen den Vorwurf der rechtswidrigen Erfüllung eines Deliktschadens auf einen engeren Personenkreis beschränken, als er durch die Adäquanz des Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Verhaltens bestimmt wird. Nur für den engeren Kreis lässt sich sinnvoll eine Haftung erwägen. Da nach Ort der Prüfung der Verkehrspflichtverletzung: Tatbestand Zurechnung des Verletzungserfolgs zu einer bestimmten Person als Verletzter (Medicus, BR,Rn. 647; Larenz/Canaris SchR II 2, § 76 III 2 b; Raab JuS 2002, 1041 ff. instruktiv, lesen!). 2. Arten von Verkehrspflichten ● Fallgruppen nach Entstehungsgründen: a) Verantwortlichkeit für einen Herrschaftsbereich b) Verantwortlichkeit aus vorangegangenem Tun c) Verantwortlichkeit aus einer bestimmten Aufgabe (etwa Steuerpflicht) ● Einzelne besondere Fallgruppen: a) Verkehrseröffnung (s.o.a) „Verkehrssicherungspflichten: Wer einen Gefahrenbereich zugänglich macht dem „Verkehr“ öffnet) oder seinem Herrschaftsbereich „Verkehr“ zulässt, muss für Gefahrlosigkeit des Verkehrs sorgen. (Grund: Risikobeherrschung, Risikoverantwortung; wer wirtschaftliche Vorteile zieht, muss für die damit verbundenen Risiken aufkommen; Vertrauensschutz; nicht überzeugend: venire contra factum proprium) b) Einwirken auf bestehenden Verkehr (s. auch oben b): Beispiele: Bauarbeiten führen zur Beschmutzung der Straße; Beteiligung am Straßenverkehr. c) Inverkehrbringen einer Sache Produzentenhaftung s. Merkblatt 8 a d) Berufsspezifische Verkehrspflichten (Ärzte, Ingenieure, Architekten, Bademeister etc.) e) Übertragung von Verkehrspflichten auf Dritten führt im Außenverhältnis nur dazu, dass der Pflichtige danach nur für die Beaufsichtigung des Dritten verantwortlich ist (Medicus, BR, Rn. 656). Achtung: keine Verkehrssicherungspflicht gegenüber unbefugten Verkehrsteilnehmern; der Eindringling kann sich nicht darauf berufen, sich im Garten an liegen gebliebener Hacke verletzt zu haben; anders bei Kindern und anderen Personen die aus verständlichen Gründen Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse (Abenteuerlust/Spieltrieb bei Kindern) in einen Gefahrenbereich geraten. Aufbaumöglichkeiten I) Tatbestand 1) Verletzungserfolg 2) Zurechenbarkeit a) Verletzung einer Verkehrspflicht (äußere Sorgfalt) b) Äquivalente und adäquate Kausalität II) Rechtswidrigkeit/keine Rechtfertigungsgründe III) Verschulden 1) Deliktsfähigkeit 2) Verletzung der inneren Sorgfalt: Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit 3. Haftungsprivilegien Leicht abweichend Raab JuS 2002, 1041, 1048 (lesen!) I) II) Objektiver Tatbestand 1) Verletzungserfolg 2) Pflichtwidrigkeit des Verhaltens a) Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht (äußere Sorgfalt) b) Rechtfertigungsgründe 3) Haftungsbegründende Kausalität (Äquivalenz – Adäquanz) 4) Schutzzweckzusammenhang Verschulden 1) Deliktsfähigkeit 2) Verletzung der inneren Sorgfalt 3) Individueller Haftungsmaßstab (Haftungsprivilegien). Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 8 „Anspruchsschema“ Anspruch § 1 I S. 1 ProdHaftG (Produkthaftung) 1. Anspruchsteller: der jenige, der geltend macht, durch ein Produkt geschädigt worden zu sein 2. 3. Anspruchsgegner - Hersteller, § 4 I S. 1 - Quasi-Hersteller, § 4 I S. 2 - Importeur, § 4 II - Subsidiär Lieferant, § 4 III Haftungstatbestand a) Produktfehler, §§ 2, 3 b) Verletzung eines der in § 1 genannten Rechtsgüter! (Personen- und Sachschäden!) 4. c) Kausalität Fehler-Verletzung d) Kein Haftungsausschluss nach § 1 II, § 1 III Rechtsfolge Schadensersatz a) Ausgangspunkt: Schaden außerhalb der gelieferten Sache: § 1I S. 2 i.V.m. § 11; also keine Weiterfresserschäden; h.M. (beachte Selbstbeteiligung bei Sachschäden von EUR 500!) b) Ersatz des Personenschadens §§ 10, 9 (Achtung: Haftungsgrenze bei Personenschäden: 85 Mio EUR!) 5. c) Erwerbsausfalls und Unterhaltsschaden, §§ 7, 8 d) „Schmerzensgeld“, § 8 S. 2 Keine Einreden/Einwendungen a) Verjährung § 12: drei Jahre ab Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis (Achtung: Beginn sofort, nicht erst am Ende des Jahres!) b) Erlöschen des Anspruchs nach § 13 I S. 1: zehn Jahre ab „in den Verkehr gebracht“ 6. Gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Hersteller: § 5; entspricht der Rechtslage nach § 840 Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 8 a Produzentenhaftung aus § 823 I BGB 1. Anspruchssteller: Geschädigter 2. Anspruchsgegner: „Produzent“, Hersteller, Geschäftsführer Achtung: BGHZ 116, 104 (Hochzeitsessen): Grundsätze gelten auch für Kleinbetriebe Grundsätze finden nicht nur auf den Hersteller, sondern auch auf den Geschäftsleiter Anwendung (BGH NJW 1975, 1828) 3. Rechtsgutverletzung gem. § 823 I; anders als nach ProdHaftG (h.M.) sind hier auch Schäden an der hergestellten Sache erfasst (Weiterfresserschäden) 4. Für Rechtsgutverletzung adäquat kausale Verletzungshandlung Inverkehrbringen eines fehlerhaften Produktes, das kausal für die Rechtsgutverletzung ist. BGH unterscheidet - Konstruktionsfehler (BGHZ 67, 659, 662 Schwimmschalter) - Fabrikationsfehler (BGHZ 104, 323, 330 Explosives Mineralwasser) - Instruktionsfehler (BGHZ 50, 186, 197 Apfelschorf, BGHZ 116, 60 Milupa) - Produktbeobachtungsfehler (BGHZ 99, 167 Honda) - Entwicklungsfehler (BGHZ 51, 91, 105 Hühnerpest) 5. Rechtswidrigkeit indiziert 6. Verschulden a) Grundsatz: Beweislast beim Anspruchsteller b) Beweiserleichterungen: Differenzierung nach Fehlern aa) Konstruktionsfehler: (1) grundsätzlich volle Verschuldungsvermutung (2) sog. Entwicklungsfehler: keine Vermutung, wenn nicht vorhersehbar oder unvermeidbare Nebenfolge des Produkts bb) Fabrikationsfehler: keine Verschuldensvermutung für unvermeidbare „Ausreißer“ cc) Instruktionsfehler: nur Vermutung, wenn Anlass für Warnung bestand dd) Produktbeobachtungsfehler: Vermutung, es sei denn es wurden Vorkehrungen für Rückruf/Fehlerbehebung getroffen 7. Rechtsfolge: Schadensersatz Prof. Dr. Franz Dorn - Grundsatz §§ 249 - Produktschaden Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse (schadhaftes Produkt) (-): Eigentumsverletzung (aber: s.o. Weiterfresserschäden) 8. Verjährung allgemeine Vorschriften II 195, 199 grundsätzlich keine Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 8 b Nachteile der Produkthaftung gegenüber der Produzentenhaftung gem. § 823 I Bei Sachschäden: Selbstbeteiligung des Geschädigten i.H.v. 500 EUR, § 11 ProdHaftG (nicht bei Produzentenhaftung) Bei Sachschäden: keine Ansprüche des gewerblichen Verwenders, § 1 I 2 ProdHaftG (anders bei Produzentenhaftung) Bei Sachschäden: Sachschaden darf sich nicht auf das Produkt selbst beschränken § 1 II 2. Nach h.M. deshalb kein Ersatz von Weiterfresserschäden (anders Produzentenhaftung) Für unbearbeitete Produkte aus Landwirtschaft, Fischerei, Jagd wird nicht gehaftet § 2 S. 2 ProdHaftG. Bei Personenschäden: Haftungsgrenze: 85 Mio EUR, § 10 ProdHaftG (Haftungsgrenze bei Produzentenhaftung unbekannt). Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Merkblatt 9 Haftung nach StVG Haftung nach § 7 StVG A. Tatbestand I. Anspruchsteller Verletzter derjenige, der Personen- oder Sachschaden erlitten hat II. Halter eines KFZ oder Anhängers 1. „Halter“: wer die tatsächliche dauerhafte Verfügungsgewalt über das KFZ hat und es für eigene Rechnung nutzt. a) Abgrenzung Halter/Fahrzeugführer (§ 18 StVG), s.u. zu § 18 b) Verhältnis BGB/Halter c) - Grundsätzlich Eigentümer (s. aber oben), daher nicht Mieter. - Ausnahme: Leasing Minderjähriger: Nur mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreter „Halter Häufig die Eltern Halter iSv § 7 StVG 2. KFZ: Legaldefinition in § 1 II StVG III. Verletzungserfolg IV. Bei dem Betrieb des KFZ: Unerheblich ist, ob das Fahrzeug in Bewegung ist oder der Motor läuft. Entscheidend ist, dass sich die von einem Fahrzeug ausgehenden Gefahren realisiert haben und das Unfallgeschehen in dieser Weise durch das Fahrzeug mit geprägt worden ist. V. Ausschluss der Haftung 1. § 7 II StVG „höhere Gewalt“ (nicht mehr: unabwendbares Ereignis): betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis 2. § 17 III i.V.m. II, § 1 StVG (s. auch unten) Wer von einem wegen § 7 StVG Ersatzpflichtigen in Anspruch genommen wird, hat für die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs dann nicht einzustehen, wenn das Ereignis unabwendbar war a) Anwendungsbereich: Unfall unter Beteiligung von mind. 2 KFZ iSv § 1 II StVG b) Unabwendbarkeit Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse 3. § 7 III S. 1 StVG: Benutzung ohne Wissen und Wollen 4. Besondere Ausschlussgründe der §§ 8, 8a StVG B. Rechtsfolge I. Umfang des Schadensersatzes II. 1. §§ 10, 11 StVG nur Ersatz bestimmter Schäden 2. Nunmehr auch immaterieller Schaden, § 253 II, 11 S. 2 StVG 3. Beachte Höchstbeträge in § 12 StVG Mitverschulden 1. Anspruchsteller ist nicht Halter oder Fahrer des Kraftfahrzeugs a) § 9 HS. 1 i.V.m. § 254 BGB Mitverschulden beachte bei Mitverschulden von Minderjährigen § 828 II, 828 III! b) Bedeutung von § 9, 2. HS StVG Eigentümer einer beschädigten Sache muss sich Mitverschulden des Besitzers anrechnen lassen 2. Anspruchsteller selbst Halter und/oder Fahrer eines an dem Unfall beteiligten KFZ § 17 II a) b) Anspruchsminderung - Er muss sich die Betriebsgefahr anrechnen lassen - Schaden wird nach dem Verhältnis der jeweiligen Verursachung Im Einzelfall kann der Anspruch ganz entfallen, unterscheide aa) Anspruchsausschluss nach § 17 III StVG (s.o.) Wenn Unfall für Anspruchsgegner unabwendbar, dann Reduktion des Anspruchs auf Null (§ 17 III StVG) bb) Anspruchsreduzierung auf Null über § 17 II Der Betriebsgefahr beim Anspruchsgegner steht ein derart grob verkehrswidriges Verhalten gegenüber, das die Betriebsgefahr des Anspruchsgegners völlig in den Hintergrund tritt III. Zeitliche Begrenzung 1. Verjährung § 14 StVG i.V.m. §§ 196, 199 2. Achtung: Verwirkung, § 15 StVG Obliegenheit, 2 Monate nach Unfall, diesen anzuzeigen Beachte Direktanspruch gegen den Versicherer nach § 3 I Nr. 1 PflVG Prof. Dr. Franz Dorn Repetitorium Gesetzliche Schuldverhältnisse Haftung nach § 18 StVG - Keine Gefährdungshaftung, sondern Haftung für vermutetes Verschulden - Nur relevant, wenn Führer des Fahrzeugs, nicht gleichzeitig Halter ist (wenn Führer auch Halter, dann kein idealkonkurrierender Anspruch zu § 7 StVG) A. Tatbestand I. Anspruchsteller geschädigt II. Anspruchsgegner Kraftfahrzeugführer iSv § 18 StVG Lenken des Fahrzeugs und tatsächliche Gewalt über das Steuer III. Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 StVG (s.o.) IV. Keine Exkulpation, § 18 I S. 2 StVG Beachte: schuldhaft kann nur handeln, wer deliktsfähig ist B. Minderjährige § 828 BGB! Bei Alkoholisierung und Bewusstlosigkeit auch an § 827 denken! Rechtsfolge I. Schadensersatz nach den §§ 10 StVG f. II. Halter und Fahrzeugführer sind Gesamtschuldner