Examensrepetitorium Bürgerliches Recht

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Examensrepetitorium Bürgerliches Recht
WS 2002/2003
Prof. Dr. P. Winkler v. Mohrenfels
Schuldrecht Allgemeiner Teil
1. Teil: Arten und Entstehung von Schuldverhältnissen
§ 1 Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse, § 311 I
I. Entstehung durch Vertrag
1. Arten
2. Vertragsfreiheit und ihre Grenzen
a) Verfassungsrechtliche Grundlage
b) Abschlussfreiheit und Kontrahierungszwang
Erdenmüller, Der unliebsame Kritiker, NJW 1991, 1439
Fall 1 (Köhler Fall 2) Der freiberufliche Sportreporter R hatte in seinen Presseberichten wiederholt
die Leistungen des Fußballclubs F, der am Tabellenende der Bundesliga stand, scharf kritisiert. Der
Vereinsvorstand erteilte darauf den Kassierern die Anweisung, dem R keine Eintrittskarte mehr zu
verkaufen. Beim nächsten Spiel wurde R an der Kasse abgewiesen. R klagt jetzt auf Feststellung,
dass er berechtigt sei, Eintrittskarten für die kommenden Spiele zu erwerben. Mit Aussicht auf
Erfolg?
c) Gestaltungsfreiheit
d) Formfreiheit
3. Allgemeine Geschäftsbedingungen, §§ 305-310
II. Entstehung durch einseitiges Rechtsgeschäft
§ 2 Rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse § 311 II, III
I. Dogmatische Grundlage
II. Aufnahme von Vertragsverhandlungen, § 311 II Nr. 1
III. Anbahnung eines Vertrags mit Einwirkungsmöglichkeit (Anvertrauenshaftung), § 311 II Nr.
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IV. Ähnliche geschäftliche Kontakte
1. Culpa post contractum finitum
2. Dauernde Geschäftsverbindung
3. Öffentliche Ausschreibung
4. Eigentliche Prospekthaftung
BGHZ 83, 222; dazu Kiethe ZIP 2000, 216; Paladt/Heinrichs61 EB § 280 Rn. 54 ff.
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5. Faktische Vertragsverhältnisse?
a) Dauerschuldverhältnisse trotz nichtiger Verträge
b) Schuldverhältnisse aus sozialtypischem Verhalten
Fall 2 (nach BGHZ 21, 319 = Schack/Ackmann2 Nr. 3) PKW-Fahrer F stellt seinen Wagen täglich
auf dem Rathausplatz der Stadt S ab. Auf dem Platz steht ein Schild mit der Aufschrift: "Parkgeldpflichtig und bewacht". F erklärt den Parkplatzordnern, er zahle kein Entgelt, denn der
Gemeingebrauch sei unentgeltlich und sein Auto werde ohnehin nicht gestohlen. Nach einem Monat
verlangt die Stadt von F Zahlung von Parkgebühren in Höhe von DM 25,-. Mit Recht?
Fall 3: Der 8jährige M macht ohne Wissen seiner Eltern eine Spazierfahrt mit der Hamburger UBahn. Als er bei einer Kontrolle ohne Fahrausweis erwischt wird, verlangt die HHA das tarifmäßig
vorgesehene erhöhte Entgelt von 60,- DM. M§s Eltern verweigern die Zahlung. Mit Recht?
Vgl. dazu Winkler v. Mohrenfels, Der minderjährige Schwarzfahrer: JuS 1987, 692-695; Harder, Minderjährige
Schwarzfahrer, NJW 1990, 857-864.
c) Hofübergabeverträge
In bäuerlichen Kreisen ist es üblich, dass der in Aussicht genommene Hoferbe in Erwartung des späteren Erbes bereits vor dem
Erbfall erhebliche Leistungen erbringt, ohne dass ein formgültiger Übergabe- oder Erbvertrag vorläge. Um die Rechte des designierten Erben zu wahren, hat der BGH solche Verträge unter bestimmten Voraussetzungen auch formlos anerkannt (BGHZ
12, 286 = NJW 1954, 1241; BGHZ 23, 249 = NJW 1957, 787). Diese Rechtsprechung ist zugunsten hoferbenberechtigter
Abkömmlinge des Hofeigentümers in § 7 II HöfeO n.F. (BGB 1976 I 1933) übernommen worden (sog. Anerbenrecht). Ein
Rückgriff auf die frühere Rechtsprechung ist gem. § 242 BGB auch nach Novellierung der HöfeO nicht ausgeschlossen
(BGHZ 73, 324/329 = NJW 1979, 1453; BGHZ 87, 237 = NJW 1983, 2504, 2505; BGHZ 119, 387 = NJW 1993, 267). In MV gilt die HöfeO nicht, es gibt auch keine andere landesrechtliche Regelung des Anerbenrechts. Deshalb ist auf die
vorgenannte Rechtsprechung zu § 242 BGB zurückzugreifen. Geschützt sind Abkömmlinge des Erblasser, bei einem
Ehegattenhof auch Abkömmlinge des anderen Ehegatten (BGHZ 119, 387).
§ 3 Beteiligung Dritter an Schuldverhältnissen
I. Vertrag zugunsten Dritter, § 328
Fall 4 (nach Köhler PDW Fall 75): Ganter gedenkt seinem 22-jährigen Neffen Dieter zum endlich
bestandenen Abitur einen gebrauchten Sportwagen zu schenken. Der Gebrauchtwagenhändler Schick
offeriert ihm einen `Calibra GSi 16 V mit neuem AustauschmotorA zum Preis von 15.000 EUR.
Ganter ist damit einverstanden und vereinbart mit Schick, dass Dieter sich den Wagen selbst abholen
dürfe und dass ihm auch die Fahrzeugpapiere auszuhändigen seien. Wie ist die vertragliche Lage zu
beurteilen?
II. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, § 311 I, III
1. Rechtsgrundlage
2. Rechtsfolgen
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Fall 5 (Köhler Fall 63): Alt liefert an den Maschinenfabrikanten Boll ein Rostschutzmittel zur
Verwendung in dessen Betrieb, ohne auf die große Feuergefährlichkeit dieses Mittels hinzuweisen.
Als die Arbeiter des Boll das Mittel in einem Raum verwenden, in dem ein offenes Feuer brennt,
kommt es zur Explosion. Der Arbeiter Moser erleidet schwere Brandverletzungen. Welche
Ansprüche hat er gegen Alt?
III. Rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, § 311 II, III
IV. Haftung Dritter aus Inanspruchnahme von Vertrauen, § 311 III
V. Drittschadensliquidation
Fall 6: Boris Böcker besucht auf dem Weg zu Frankfurter Flughafen seinen Freund Fiete Filzig.
Fiete weiß, das Boris noch am selben Abend seinen Flieger nach Melbourne bekommen muss, wo er
ein Grand-Slam-Turnier zu bestreiten hat. Er bestellt deshalb bei Taxiunternehmer Theodor Turbo
für 23 Uhr ein Taxi. Turbo vergisst jedoch den Termin, so dass Boris seinen Flieger verpasst. Um
wenigstens zum 2. Spiel einzutreffen, nimmt Boris die nächste Maschine; der Flug kosten jedoch
1.000 i mehr als der verpasste. Außerdem muss er 2000 i Strafe zahlen, weil er zum ersten Spiel
nicht angetreten ist. Kann Boris von Turbo Schadensersatz verlangen?
§ 4 Gesetzliche Schuldverhältnisse
2. Teil: Leistungsstörungen
§ 5 System des Leistungsstörungsrechts
I. Grundsatz: Pflichtverletzung führt zur Schadensersatzpflicht, § 280 I
II. Ersatz des Verzugsschadens nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286
III. Schadensersatz statt der Leistung in folgenden Fällen:
1. Nichtleistung oder Schlechtleistung trotz Fristsetzung, § 281
2. Zur Unzumutbarkeit der Leistungsannahme führende Schutzpflichtverletzung, § 282
3. Unmöglichkeit der Leistung, §§ 275 IV, 283
IV. Weitere Rechte des Gläubigers
1. Stellvertretendes commodum bei Unmöglichkeit, § 285
2. Aufwendungsersatz anstelle des Schadensersatzes, § 284
V. Bei gegenseitigen Verträgen ferner
1. Einrede des nichterfüllten Vertrags, § 323
2. Unsicherheitseinrede, § 321
3. Rücktrittsrecht des Gläubigers in folgenden Fällen
a) Leistung wird nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht, § 323
b) Leistung ist unmöglich, § 326 V
4. Befreiung von der Gegenleistungspflicht bei Unmöglichkeit, § 326 I
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§ 6 Unmöglichkeit der Leistung
I. Arten der Unmöglichkeit
1. Rechtliche Unmöglichkeit
Fall 7: Fiete wird eine Armbanduhr gestohlen, die auf Umwegen zum Antiquitätenhändler Hase
gelangt. Dieser bietet sie Fiete, der nichts merkt, zum Kauf an. Erst einige Tage später erkennt Fiete
die Uhr wieder. Kann er den Kaufpreis zurückverlangen?
Abw.: Wie wäre es, wenn die Uhr dem X gestohlen worden wäre?
2. Tatsächliche Unmöglichkeit
Fall 8: V vermietet seine Villa an M. Nach Vertragsschluss brennt die Villa infolge Brandstiftung
ab. M muß in ein Hotel ziehen und verlangt Schadensersatz. Zu Recht?
3. Sog. wirtschaftliche Unmöglichkeit
4. Zweckerreichung und Zweckvereitelung
Fall 9: Reeder R beauftragt den Bergungsunternehmer B mit der Bergung seines vor Rügen gestrandeten Schiffes "Liekedeeler". B schickt sofort einen Schlepper los; als der ankommt, ist die
"Liekedeeler" indes mit der aufkommenden Flut wieder freigekommen. B verlangt Ersatz des
entgangenen Gewinns. Mit Recht?
II. Die Bedeutung des Inhalts der Leistungspflicht
1. Unmöglichkeit bei Gattungs- und Beschaffungsschulden
a) Die Konkretisierung, § 243 II
Fall 10: A bestellt beim Gemüsehändler X 50 Zentner Speisekartoffeln. Vereinbarungsgemäß
schickt X die Kartoffeln per Spedition an A ab. Kann A Lieferung von 50 Zentnern Kartoffeln verlangen, wenn die Ladung während des Transportes untergegangen ist?
b) Unmöglichkeit vor der Konkretiierung
Fall 11: X sollte die Kartoffeln an den Geschäftssitz des A (Erfüllungsort) liefern. Beim Transport
gehen sie unter. Kann A Neulieferung verlangen, wenn die Kartoffeln
a) vereinbarungsgemäß aus eigener Ernte des X stammten;
b) die gesamte eigene Ernte des X darstellten?
2. Absolutes und relatives Fixgeschäft
Fall 12: Huber möchte gerne den Faschingsumzug am Rosenmontag von einem guten Platz aus
sehen. Zu diesem Zweck vereinbart sie mit Schmidt, dass diese ihr gegen Entgelt ihr Zimmer in der
Fußgängerzone an diesem Tag zur Verfügung stellt. Gleichwohl verweigert ihr Schmidt am
Rosenmontag den Zugang zu dem Zimmer. Huber verlangt Schadensersatz. Zu Recht?
Fall 13: Einzelhändler Klein bestellt bei Großhändler Vollmann Spielzeugwaren zur Lieferung bis
spätestens Mitte Dezember, da die Ware zum Weihnachtsverkauf bestimmt ist. Vollmann sagt
rechtzeitige Lieferung zu, die Ware kommt jedoch erst am 23.12. bei Klein an. Rechte des Klein?
III. Auswirkungen auf die Leistung
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1. Erlöschen der Leistungspflicht, § 275 I
2. Leistungsverweigerungsrecht, § 275 II, III
a) Grob unverhältnismäßiger Aufwand, § 275 II
Fall 14: V hat dem K eine kostbare Antiquität verkauft, die sich noch im Ausland befindet. Auf
dem Seetransport geht die gesamte Ladung unter. Eine Bergung wäre zwar mit Hilfe eines Spezialunternehmens möglich, ihre Kosten würden aber der Wert der Antiquität um ein Vielfaches übersteigen. Muß V tauchen lernen oder Schadensersatz leisten?
b) Unzumutbare persönliche Leistung, § 275 III
Fall 15 (Nach BAGE 41, 229 = NJW 1983, 2782) Der türkische Arbeitnehmer Ali ist in der Türkei
zum 2-monatigen Grundwehrdienst einberufen. Bei Nichtbefolgung des Einberufungsbefehls muss
er mit gerichtlicher Bestrafung sowie dem Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit rechnen. Er
verlässt deshalb seinen deutschen Arbeitsplatz. Daraufhin kündigt ihm sein Arbeitgeber Klumpe
fristlos. Mit Recht?
3. Stellvertretendes commodum, § 285
IV. Auswirkungen auf die Gegenleistungspflicht, §§ 275 IV, 326
1. Grundsatz: Untergang der Gegenleistungspflicht, § 326 I
2. Ausnahmen
a) Vorheriger Übergang der Preisgefahr
(1) Übergabe an Käufer, § 446
(2) Übergabe an Transportperson bei Schickschuld, § 447
(3) Annahmeverzug, § 326 II
(4) Hinterlegung, § 379 II
b) Verantwortlichkeit des Gläubigers, § 326 II 1 Alt. 1 (vom Gläubiger zu vertretendes
Unmöglichwerden)
c) Annahmeverzug, § 326 II 1 Alt. 2
d) Gläubiger verlangt Herausgabe des stellvertretenden commodum, § 326 III
3. Rückforderung von Vorleistungen, § 326 IV
V. Sekundäransprüche des Gläubigers, §§ 275 IV, 280, 283-285, 311a, 326
1. Schadensersatz statt der Leistung
a) Nachträgliche Unmöglichkeit, §§ 280 I, III, 283
(1) Bestehen eines Schuldverhältnisses
(2) Objektive Pflichtverletzung durch endgültige Nichtleistung, § 280 I 1
(3) Vom Schuldner zu vertreten, §§ 280 I, III iVm. §§ 276-278
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Fall 16: V hat dem K Glaswaren im Werte von EUR 300,- für EUR 240,- verkauft. V soll die Ware
mit von K zu lieferndem Verpackungsmaterial an K senden. Das von K gestellte Material ist ungeeignet, was V hätte erkennen müssen. Die Ware zerbricht auf dem Transport. Wie ist die Rechtslage
bei folgenden Verschuldensanteilen:
a) K und V je 1/2;
b) K = 1/3, V = 2/3?
(4) Unmöglichkeit einer Teilleistung: § 283 S. 2 iVm. § 281 I
(a) Schadensersatz statt der ausgebliebenen Teilleistung, § 281 I 1
(b) Schadensersatz statt der ganzen Leistung, § 281 I 2, 3
(5) Rückgabe von Vorleistungen, § 283 S. 2 iVm. § 281 V
b) Anfängliche Unmöglichkeit, § 311a II
(1) Bestehen eines Schuldverhältnisses
(2) Anfängliche Unmöglichkeit der Leistung, § 311a I
(3) Kein Entlastungsbeweis des Schuldners nach § 311a II 2
(4) Unmöglichkeit einer Teilleistung: §§ 311a II 3, 281 I
(a) Schadensersatz statt der ausgebliebenen Teilleistung, § 281 I 1
(b) Schadensersatz statt der ganzen Leistung, § 281 I 2, 3
(5) Rückgabe von Vorleistungen, §§ 311a II 3, 281 V
2. Aufwendungsersatz anstelle des Schadensersatzes, § 284
3. Rücktrittsrecht, §§ 326 V, 323
a) Fristsetzung nicht erforderlich, § 326 V
b) Vertretenmüssen nicht erforderlich
Fall 17: wie ist das Rücktrittsrecht des V im Falle 16 zu beurteilen?
c) Teilverzug, § 323 V
(1) Rücktritt vom nichterfüllten Teil, § 323 I
(2) Rücktritt vom gesamten Vertrag, § 323 V
d) Rücktritt vor Fälligkeit, § 323 IV
4. Stellvertretendes commodum, § 285
Fall 18: Kaufmann K aus München kauft bei der Keksfabrik des V in Hannover 100 Kartons Kekse
zum Gesamtpreis von 5.000 EUR. V soll die Ware spätestens in 6 Wochen nach München liefern.
Erfüllungsort ist Hannover. Als V 4 Wochen später für einen anderen Kunden eine Ladung nach
München zu transportieren hat, lässt er die für K bestimmten 100 Kartons dazuladen. Der von V mit
dem Transport beauftragte Fahrer F hat jedoch mit seinem Lieferversuch bei K keinen Erfolg: K hat
zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit der Lieferung gerechnet und hat keinen Lagerplatz frei, so dass
er die 100 Kartons nicht in Empfang nehmen kann. F muss die Ladung wohl oder übel wieder mit
nach Hannover zurücknehmen. Auf der Rückfahrt verschuldet er leicht fahrlässig einen Unfall, bei
dem die Ladung ins Wasser fällt und unbrauchbar wird.
Welche Ansprüche bestehen zwischen K und V?
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