Übersicht: Quellen und Quellenkritik im schulischen Kontext (Fassung Ks) Als Quelle im geschichtswissenschaftlichen Sinne ist alles zu verstehen, das über die Vergangenheit mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns befragt werden kann. Mit dieser Definition (sog. „weiter Quellenbegriff“) wird auch deutlich, dass die in den curricularen Vorgaben tlw. noch geforderte Unterscheidung zwischen „Quelle“ und „Literatur“ letztlich einem älteren, engeren Quellenbegriff folgt und nicht mehr sinnvoll ist – z.B. wird ein Historikertext („Literatur“) einer bestimmten Epoche zur Quelle für Fragestellungen, die diese Epoche, ihren Zeitgeist, ihre Wertvorstellungen usw. betreffen. Im schulischen Rahmen ist auch die häufig geforderte Unterscheidung zwischen Primärquelle (ursprünglich) und Sekundärquelle nur bedingt sinnvoll, da eine Arbeit mit unbearbeiteten Originalen eine absolute Ausnahme darstellt. Im Rahmen der anzufertigenden quellenkritischen Einleitung sollten aber bestimmte Kategorien der „Sekundärquelle“ benannt werden, sofern diese auf das vorliegende Material zutreffen, z.B.: „gekürzt“, „bearbeitet“, „vereinfacht“ und v.a.: „übersetzt aus“, da jede Übersetzung zugleich eine Interpretation darstellen muss. Das Ziel einer Quellenkritik ist es, den Aussagewert des vorliegenden Materials für die Fragestellung zu bestimmen. Das Ergebnis ist dabei sachlich-analytisch, nicht wertend. Es werden im Folgenden Kategorien und ggf. Fragestellungen / Beispiele genannt, die häufig den Rahmen der Quellenkritik bilden. Viele der Kategorien sind miteinander vernetzt bzw. nicht immer scharf zu trennen. Der Katalog ist dabei weder als vollständig im geschichtswissenschaftlichen Sinne zu verstehen noch als in jedem Fall verpflichtend – gerade im Rahmen von Klausuren o.ä. stehen ja häufig keine Recherchemöglichkeiten zur Verfügung, mit denen jeder Punkt zweifelsfrei geklärt werden könnte. a) Äußere Quellenkritik (weitgehend vom Inhalt unabhängiger Blick auf die Quelle): Quellengattung (ein Tagebuch ist anders zu behandeln als eine öffentliche Rede, private Briefe sind von Zeitungsberichten zu trennen usw.) und Art der Veröffentlichung/ Überlieferung Verfasser (welche Informationen (Position, Stellung, Gruppenzugehörigkeit) sind über den Verfasser bekannt? Ist der Verfasser gegeben oder ist die Quelle anonym?) Adressaten (Grad der Öffentlichkeit? Wird eine bestimmte Zielgruppe angesprochen?) Datierung (wann wurde die Quelle veröffentlicht?) und daraus abgeleitete Fragen: Liegt ein bestimmter Kontext vor, auf den der Verfasser reagiert (Ereignis, Gedenktag...) (Un-)Mittelbarkeit (berichtet der Verfasser im direkten Einfluss des Geschehens, berichtet er mit größerem zeitlichen Abstand oder sogar nur auf der Basis von zugetragenen, evtl. deutlich älteren Informationen?) b) Innere Quellenkritik (intensiver Blick auf Inhalt und Gestaltung der Quelle) Inhalt der Quelle (die Quellenkritik sieht keine Inhaltswiedergabe vor, aber den Hinweis darauf, ob Informationen für die Fragestellung im Mittelpunkt der Quelle stehen oder nicht: „Der detaillierte Bericht über die Abläufe bei Langemarck lässt ein deutliches Bild der Schlacht entstehen“ „Das äußerst seltene Eingehen auf das Leiden der Betroffenen verdeutlicht, welche geringe Bedeutung dem Individuum zugemessen wurde“). Sprachliche / bildliche Auffälligkeiten (wird z.B. besonders sachlich oder besonders emotional gearbeitet? Gibt es bekannte Motive und Traditionen (z.B. biblische, mythische...), die der Verfasser verwendet, oder ist er erkennbar darum bemüht, eine eigene, originelle Bild- und Motivsprache zu entwickeln? Lässt die Sprachgestalt Rückschlüsse auf den Verfasser zu (gewandter Rhetoriker, bildungsfern...)? Tendenzen (Lassen sich z.B. im Abgleich mit anderen Quellen / Kenntnissen bestimmte Tendenzen erkennen? Werden Punkte ausgeblendet, verfälscht, überhöht, ...?) Intention (lässt sich eine Intention des Verfassers erkennen? i.d.R. nur erkennbar, wenn die bisherigen Einzelergebnisse kombiniert werden, darum immer Ende der Quellenkritik.)