Der Wandel der Distributionslandschaft als Treiber des Dynamic Pricing Marc Sölter Durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologie, hat sich die Distribution in der Hotellerie grundlegend verändert. In der Vergangenheit gab es nur wenige Kanäle zum Absatz von Hotelleistungen. Für kurzfriste Nachfragelücken und Auslastungsprobleme konnten Hoteliers die elektronische Distribution nutzen, um so kurzfristig wichtige Vertriebspartner zu erreichen. Buchungen wurden zum größten Teil über Reservierungszentralen oder Reisebüros und deren GDS abgewickelt. Eingehende Buchungen konnten daher problemlos dem jeweiligen Segment zugeordnet werden. Die Auswirkungen von Last-Minute-Angeboten und Discountpreisen, waren derzeit nicht sehr dramatisch, weil damit theoretisch vielleicht 200000 Reisebüroterminals in der ganzen Welt erreicht wurden, von denen nur 30 oder 40 überhaupt für das jeweilige Hotel relevant waren1. In der Vorzeit des Internets war es für den Kunde mit viel Mühe verbunden die Preise von mehreren Hotels zu vergleichen. Hierzu mussten Hotels direkt, via Fax oder Telefon kontaktiert werden oder der Kunde musste die Hilfe eines Reisebüros zum Preisvergleich in Anspruch nehmen. Die Rack Rate war in der „guten alten Zeit“ die Rate für die Öffentlichkeit, Firmenraten oder Consortia-Raten waren streng vertraulich und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Doch mit zunehmender Transparenz des Marktes, wurden diese Vorzugspreise und Vertragsraten von heute auf morgen und ohne Rücksprache mit den Leistungsträgern (Hotels, Mietwagen- und Fluggesellschaften) öffentlich ins Netz gestellt. Dies geschah, weil die ursprünglich nur in den GDS enthaltenen Reise-, Hotelund Mietwagenangebote an Online-Reise- und Hotelplattformen verkauft wurden ohne vertrauliche Vereinbarungen / Vertragsraten vor Einsicht zu schützen. Beispiel hierfür ist die sog. Corporate Rate, ein Vorzugspreise der normalerweise allen Firmenangehörigen auch ohne ein entsprechendes Rahmenabkommen gewährt wurde. Die Corporate Rate ist schon seit geraumer Zeit keine echte Vertragsrate mehr sie kann von Reisemittlern jederzeit d.h. ohne entsprechende Voraussetzungen gebucht werden. Ohne an die Auswirkungen zu denken, wurde diese Rate nun öffentlich in den Markt gestellt und war plötzlich für jedermann sichtbar. Da aber auch hiesige Anbieter, wie z.B. HRS ebenfalls online gingen, mit wieder anderen Vertragsraten, waren plötzlich alle Vertriebswege und alle Vertriebstricks von Hotels dahin2. 1 2 Schultze 2005 Vgl. Spalteholz o. Jg. „The internet made it possible for all different rates to be visible – but it´s also confusing, so it`s preferable to have one price available across all channels, including the consortia, and for that price to be the best available rate = Dynamic Pricing 3. Die Distribution / der Hotelvertrieb ist in den letzten Jahren immer komplexer und viel komplizierter geworden. Die Distributionskanäle im Vergleich zwischen dem Jahr 2003 und 2007 haben sich radikal gewandelt. Dominierende Distributionskanäle im Jahr 2003: telefonisch (32,1%), schriftlich (32,1%), elektronisch (15,9%) Dominierende Distributionskanäle im Jahr 2007: telefonisch (23,2%), schriftlich (27,3%), elektronisch (32,1 %) Zwar nehmen weltweit die elektronische Buchungen zu - dies mag auf den ersten Blick positiv klingen – aber das Gesamtvolumen der Hotelbuchungen bleibt hierbei konstant. Es findet vielmehr eine Verlagerung der Hotelbuchungen statt, die Internetbuchungen nehmen zu, doch die Zahl der Hotelbuchungen bleibt insgesamt betrachtet ziemlich konstant. Der große Nachteil hierbei, vor allem die kommissionsplichtige Buchungen steigen und die Direktbuchungen werden immer weniger. Die Kunden wandern auf Reise- und Hotelplattformen ab, also auch auf Distributionskanäle auf denen nicht die Hotels die Preise kontrollieren. Die Leittragenden sind hier besonders die Einzel- und Individualhotels, deren 3 Vgl. Serlen 2004 Buchungsanteil über das Internet zwar auch stetig steigen wird, dies aber mit der Belastung von immer höher werdenden Provisionszahlungen4. Die Hotellerie und somit auch die Vertriebslandschaft sind geprägt von einer zunehmenden Dynamisierung und Vernetzung: Verdrängungswettbewerb: Strukturelle Überkapazitäten, Preisdumping, enorme Markttransparenz Multichannel-Distribution: Zunahme der Distributionspartner & elektronischen Vertriebskanäle (ADS, NDS, DMS, IRS….) Dynamisierung der Raten: Revenue Management, Profit Management, Dynamic Pricing, Best Rate Guarantees Vernetzung der Wertschöpfungskette: Channel Management Software, Rate Shopping Tools, Benchmark Tools, Hotel-Switches, PMS-Anbindung…) Eine effiziente Anbindung der Hotels an die Systeme ist daher ein zentraler Erfolgsfaktor. Die technologischen Entwicklungen im Internet, haben die Preisgestaltung und Distribution in Hotellerie nachhaltig beeinflusst. Seit Mitte der 90er Jahre bieten Online-Reisemittler wie Expedia oder Travelocity – auch bekannt als OnlineIntermediäre oder Third Party Websites – Reiseprodukte wie Flugtickets oder Hotelzimmer von verschiedenen Anbietern, dem Verbraucher direkt an. Durch das Internet stehen bisher regional oder national begrenzte Informationen auf einmal unabhängig von Zeit und Raum miteinander im globalen Wettbewerb. Als zugleich kostengünstiges Informationsmedium bietet es auch der standortgebundenen europäischen Individualhotellerie neue, bislang ungeahnte Möglichkeiten, die von ihnen angebotenen Dienstleistungsbündel weltweit zu vermarkten5. Die Vermarktung über Online Intermediäre gehört in der deutschen Hotellerie bereits zum Standard. Auch hier ändert sich der Markt ständig. Während im Jahr 2005 Internetbuchungen vorwiegend von zwei Anbietern (hrs.de & hotel.de) dominiert wurden, waren es im Jahr 2007 bereits vier wichtige Buchungsplattformen (aus Sicht des Gastes) bzw. Online-Vertriebskanäle (aus Sicht des Hoteliers). Wichtige Online-Vertriebskanäle für die Hotellerie sind: hrs.de hotel.de 4 5 Vgl. Toedt 2005 Frehse 2001 bookings.com expedia.de Es reicht allerdings nicht, nur über die Branchenführer buchbar zu sein. Vor allem die regionale Kanäle, eine Online-Verbindung mit den Tourismusstellen und die speziellen Kanäle, für Wellness-, Gesundheits-, Städte-, Tagungs- und Kurztripangebote können als Multiplikatoren genutzt werden. Die modernen Property Management Systeme ermöglichen heute, das: Buchungen aus dem Markt direkt ins Front Office System gelangen Preise und Verfügbarkeiten des Hotels direkt in den Markt gelangen Single Image Inventory weitgehend gewährleistet ist Nach dem Motto je mehr Vertriebspartner desto mehr Ab- und Umsatz, wurden die Verfügbarkeiten teilweise zu „Schleuderpreisen“ über die Vertriebspartner in den Markt gestellt. Die zu Nettopreisen einkauften Kontingente / Zimmer wurden von Intermediären wie Expedia teilweise zu drastisch erhöhten „Wucherpreisen“ oder als stark reduzierte Rate dem Kunden angeboten. Diese Distributionsstrategie hatte erhebliche Auswirkungen für die Hotellerie, denn in der heutigen Zeit werden über 80% des Zielmarktes mit Online- Distributionssystemen erreicht. Vor noch nicht all zu langer Zeit, standen zwischen Hotel & Gast höchstens ein bis zwei Distributionsstufen, derzeit sind teilweise bis zu fünf Intermediäre beim Verkauf eines einzelnen Hotelzimmers involviert. Die im Vergleich zu früher, sehr hohen Distributionskosten schmälerten und schmälern auch heute noch die Einnahmen der Hotellerie. Eine konsequente, ehrliche oder faire Preispolitik war nicht gegeben. Die Preishoheit und Preiskontrolle war nicht mehr in den Händen der Hotellerie, eher konnte von Fremdkontrolle durch die Distributionspartner gesprochen werden. Die unübersichtliche Distributionslandschaft bot vor allem dem Kunden Vorteile, über Suchroboter wie z.B. Trivalgo konnte / kann der Kunde Hotelpreise auf etlichen Hotelportalen und Webseiten innerhalb von nur wenigen Sekunden prüfen. Nach Angaben von Trivalgo findet der Kunde in der Regel Preisdifferenzen von bis zu 32 Prozent zwischen teuerstem und günstigstem Angebot für dasselbe Zimmer, im Fünfwie im Zwei-Sterne-Bereich6. Die Preisdifferenzierungen in den verschiedenen Vertriebskanälen, führten zu enormen Preisunterschieden für identische Hotelleistungen. Durch die preispolitische Notwendigkeit der Preisdifferenzierung, besteht in vielen Hotels, ein für den Kunden kaum transparentes Geflecht von Raten, 6 Vgl. o.V. in DMM 6.2.2008 Rabatten, Nachlässen und Sonderkonditionen7. Als ein solches Negativbeispiel, kann z.B. IHG genannt werden. Die Hotelgruppe hatte im Jahr 2005 mit allen möglichen Vertriebspartnern unterschiedliche Preise & Konditionen ausgehandelt und bot teilweise bis zu 99 unterschiedliche Preise für ihre Zimmer an. Der Kunde hat schnell gelernt, dass er die günstigsten Zimmerpreise auf den Webseiten von Online-Reisebüros oder Hotelportalen findet und nicht, wie es eigentlich sein sollte, auf der Homepage des jeweiligen Hotels. Für die Disparität der Preise sind for allem drei Ursachen verantwortlich: Aus Wettbewerbsgründen bzw. zur kurzfristigen Auslastungs- und oder Ertragssteigerung nutzten Hotels differenzierte Preise in den Vertriebskanälen Seit die kostengünstigen Buchungen via Internet möglich sind, werden die reduzierten Kosten als Preisvorteil an den Kunden in Form von sog. InternetRaten weitergegeben. Im Zuge der verstärkten Online-Distribution, haben die Vertriebspartner der Hotels neue Geschäftsmodelle entwickelt, die nach dem klassischen Händlerprinzip mit Nettopreisen (Netto-Raten) plus Gewinnaufschlag (Marge) arbeiten. Durch Preisauf- oder –abschläge können die Distributoren ihre Marge hier selbst bestimmen, was wiederum zu unterschiedlichen Zimmerpreisen in den Kanälen führte. Durch die zunehmende Vermischung von Business- und Leisure-Segment, hat sich die Preisgestaltung in der Hotellerie grundlegend verändert. Leisure- und Business Buchungen können kaum mehr kanalisiert und gesteuert werden. In der Vergangenheit wurden Restkapazitäten zu sehr günstigen Preisen (Merchant-Modell) an Third-Party-Intermediäre wie Expedia oder Travelocity verkauft. Hotels verfolgten hiermit primär das Ziel der Auslastungsoptimierung. Nachteilig beim MerchantModell, ist allerdings das die Distributionspartner, die Preise für das angebotene Hotelzimmer und somit schlussendlich auch ihre Provisionen selbst bestimmen können. Das Hotel verkauft z.B. ein bestimmtes Zimmerkontingent an ein Webreisebüro zu einem festen Nettopreis. Den Verkaufspreis für eine einzelne Übernachtung kann das Webreisebüro nun selbst bestimmen, dass Hotel hat keinen Einfluss auf den Endpreis. Der Hotellier gibt hier quasi das Instrument der Preispolitik aus der Hand. Nicht er kann mehr über den Zimmerpreis bestimmen, sondern seine Vertriebspartner. Große Bettenmakler / Hotelportale können hierdurch aus dem Kontingent heraus den einzelnen Nettopreis unterbieten, wenn dagegen in der 7 Vgl. Sölter 2007 Hochsaison ein überdurchschnittlicher Profit erzielt wurde8. Proteste verärgerter Geschäftsreisebüros, die über systematisch unterbotene Nettoraten ihrer Firmenkunden klagten, und Beschwerden von Veranstaltern über Preisaktionen anderer Anbieter zeigten, dass den Hotelketten die Preishoheit über ihr Produkt zunehmend entglitten ist9. Eigentlich sollten die Third-Party-Intermediäre, die eingekauften Kontingente, an Freizeitreisende / Leisure Guests verkaufen. Da die angebotenen Raten nur selten mit Buchungsbedingungen oder Restriktionen verknüpft waren, wurden sie zunehmend auch von Geschäftsreisenden gebucht. Das Ergebnis war eine starke Vermischung von Freizeit- und Geschäftsreisesegment sowie der Ruf nach Preis- und Ratenparität (für ihre Kunden) von Seiten der Travel-Management-Companys10. Aber auch die Gruppe der Privat- und Freizeitreisenden, fühlten sich zunehmend überfordert mit der undurchsichtigen Preisgestaltung der Hotels. Die Preis- und Ratenvielfalt verwirrte und irritierte die Kunden, sie war unübersichtlich und kaum noch nachvollziehbar. Ein weiteres Problem: Hotels haben häufig keine wirkliche Kontrolle darüber, welche Raten und Verfügbarkeiten gerade in den einzelnen Kanälen eingestellt sind, und vor allen Dingen, wie sich diese Raten im Vergleich zur lokalen Konkurrenz verhalten. Manche Hotels sind auf unzähligen Online-Reisebüros, Portalen und Plattformen präsent. Im Idealfall müssten die Raten und Kontingente in diesen Kanälen täglich gepflegt werden. Dies ist enorm zeitaufwändig, denn auf einigen Portalen ist nur eine manuelle Aktualisierung von Raten und Verfügbarkeiten möglich. Dieser enorme Verwaltungsaufwand kann langfristig, aber nur von den wenigsten Hotels bewerkstelligt werden. Durch den Wissens- und Zeitmangel des Personals, kann es durchaus einmal vorkommen, dass ein Hotel über verschiedene Portal zwar noch verfügbar ist, obwohl es eigentlich schon überbucht bzw. „sold out“ ist. Im Gegenzug dazu zeigen manche Hotelportale an, dass ein Hotel nicht mehr verfügbar ist, obwohl nur das betreffende Kontingent erschöpft ist und nicht das ganze Haus ausgebucht ist. 8 Vgl. Puscher 2004 O.V. “Ein Preis für alle“ in Touristik report 18.12.2003 10 Vgl. Talbot o. Jg. 9 Vielfach gaben Hotels Zimmer zu Konditionen an Reiseveranstalter oder OnlineVertriebspartner, die deutlich niedriger waren als ihre billigsten Angebote auf ihren Preislisten und der Hotelhompage. Um auf den Seiten der Reiseportale ganz oben in der Liste zu erscheinen, sind viele Hotels dazu übergegangen das Frühstück separat auszuweisen. Ein anderer beliebter Trick, ist die Preise ohne Mehrwertsteuer anzugeben. Der Zimmerpreis ist so scheinbar günstiger und das Hotel wird besser gelistet. Die Reiseportale und markenunabhängigen Hotelvermittler, haben einen großen Teil zum schlechten Ruf der Preispolitik in der Hotellerie beigetragen. So vergleicht z.B. das Portal „Bookings“ den Messepreis, absoluter Maximalpreis des Jahres, mit dem Tiefstpreis einer Sommerrate. Bei Bookings wird das dann so dargestellt, der Höchstpreis wird einfach durchgestrichen und daneben steht der günstigere Preis. Der Hotel Reservation Service (HRS) hat mit einigen Hotels Partnerschaften für sog. Exklusivpreise vereinbart. Der Hotelpartner von HRS verpflichtet sich hierbei, seine Verfügbarkeiten mindestens 10 Prozent günstiger als auf allen anderen Vertriebskanälen anzubieten. Für den Kunden bedeutet dies, er hat immer 10 Prozent Preisvorteil gegenüber allen anderen Reiseanbietern im Internet mit identischen Buchungskonditionen. Für das Hotel bedeutet dies: Ratenparität – Ade. Einige dieser Praktiken bewegen sich am Rande der Legalität. Denn die Prinzipien der Preiswahrheit, -klarheit und –transparenz genießen einen umfangreichen gesetzlichen Schutz11. In der Praxis führen die gesetzlichen Vorgaben zu einer Vielzahl von Anforderungen, denen die Preisgestaltung und Preisangabe genügen müssen: Die Preise müssen klar, verständlich und eindeutig zuzuordnen sein; der Verbraucher darf nicht über weitere noch hinzutretende Kosten getäuscht werden12. Die ständig zunehmende Anzahl der Distributionskanäle und –partner der Hotellerie, hat zu einem zunehmenden Verfall der Raten und Preise geführt. Um den Preisverfall durch umgesteuerte Distribution zu stoppen, ist eine neue Politik in der Zusammenarbeit mit den Vertriebspartnern notwendig. Die Online-Distributoren sind mit dafür verantwortlich dass: die Hotellerie die Kontrolle über Preise und Verfügbarkeiten verloren hat die ADR & RevPar der Hotels stark gesunken ist die Markentreue der Hotelkunden abnimmt Kunden regelrecht zum Schnäppchenjäger „erzogen“ wurden13 Um den unseriösen Preiskampf der Distributoren zu stoppen, wurde von Seiten der Hoteliers Vertragsstandards für die Vertriebspartner entwickelt14. Hotelketten wie z.B. IHG haben solche Standards für den Vertrieb über Online-Mittler entwickelt, auf die sich die Vertriebspartner vertraglich festlegen müssen. Damit sollen „verwirrende und unklare Marketingpraktiken“ verhindert, Preis- und Reservierungstransparenz garantiert und die Markenpolitik der Hotels gesichert werden15. Die Hotelgruppe legt darin fest, dass sie nur noch mit Mitlern arbeiten will, die sich nicht an „verwirrenden und für den Kunden undurchsichtigen Marketingpraktiken“ beteiligen: Hotels würden als ausverkauft deklariert, obwohl noch Kapazitäten frei sind, Kunden mit massiven Preisversprechen auf weitere Internetseiten gelenkt, die dann nicht verfügbar seien. Unklare Beträge für Steuern und Gebühren, ineffektive Buchungsprozesse, unattraktive Geschäftsmodelle – die Liste der Verfehlungen ist lang16. Das es IHG mit diesen Standards sehr ernst ist, zeigte sich im September 2004, wegen der aggressiven Preispolitik des Web-Reisebüros Expedia, kündigte die Intercontinental Hotels Group kurzfristig die Zusammenarbeit. Der Grund hierfür: 11 Vgl. Becker 2007 ebenda 13 Fragala, Tom 2003 14 Sölter 2007 15 Fischer 2004 16 Fischer 7/2004 12 Expedia stellte teilweise die Zimmer zum Nettoeinkaufspreis ins Web oder verkaufte diese mit einem bis zu 180 prozentigem Aufschlag17. Heute arbeitet IHG wieder mit Expedia zusammen, aber mit einem neuen Preismodell – dem sog. „media-based“ Preismodell – einer Kombination des „transaction-pricing“ und dem „media-pricing“. Das Ziel sollte es sein alle Distributoren der Hotellerie zu einer partnerschaftlichen und transparenten Distributionspolitik zu bewegen. Hotelketten müssen ihren Vertriebspartnern vorschreiben, welche Preise mit welchen Markups online veröffentlicht werden dürfen und welche in Packages eingebaut werden müssen. Darüber hinaus müssen Preferrd Partner Guidelines entwickelt werden, in denen nur ausgewählte Geschäftsmodelle akzeptiert werden: Verlässliche und verbindliche Regelungen / Richtlinien, anhand derer kalkuliert und Verhandlungen mit den Distributionspartnern geführt werden können. Ratenpariät lautet das gemeinsame Ziel Vertriebskosten sind sinnvoll zu begrenzen Klare Abgrenzung zwischen On- und Offline Kanälen, ebenso zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen (Retail, Merchant, Opaque, Pay per Click...) Packages und neue Ratenangebote schaffen neue Absatzmöglichkeit für den Eigen- und Partnervertrieb Bedingt durch strukturelle Überkapazitäten und starke Konkurrenz, erlebte die deutsche Hotellerie in den letzten Jahren einen starken Preisverfall. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, liegen die Hotelraten in Deutschland weit unterhalb der internationalen Branchenraten. Doch dieses Dilemma ist mehr oder weniger hausgemacht. Bislang folgte die Branche bei der Preisgestaltung weitgehend dem Motto: „Lieber ruinöse Mindestpreise als leere Betten“18. Preisschlachten und Dumpingpreise bestimmten in den letzten Jahren die Preispolitik vieler Hotelunternehmen. Vor allem die Luxus- und Mitellklasse ist einem starken Preisdruck ausgesetzt. Low Budget Marken und Billigketten mit Zimmerpreisen ab 39€ etablieren sich zunehmend auf dem deutschen Hotelmarkt und stehlen anderen Hotels die Marktanteile. Die Expansion im Low Budget Segement ist ungebrochen, Experten gehen davon aus das der Anteil der Billigketten in drei bis fünf Jahren möglichweise schon 25-30 Prozent beträgt. Verlierer in diesem Preiskampf ist die Privathotellerie, speziell die privat geführten Hotels im 3-4 Sterne Bereich. Viele dieser Betriebe haben sich bereits auf den Preiswettbewerb eingelassen und 17 18 Vgl. Focus 42/2004 Pedersen 2007 versuchen mit niedrigen Raten und Rabatten ihre Gäste und den Marktanteil zu erhalten. Zwar fällt bei solchen Niedrigpreisen teilweise kein Gewinn mehr ab, aber ein Verlust von zehn bis zwanzig Euro pro Bett und Nacht erscheint den meisten aber immer noch besser als ein leeres Bett – und wegen der hohen Fixkosten – eine Einbuße von vielleicht hundert Euro oder mehr19. Eine Mitschuld an dieser Misere, trifft vor allem das Internet, einerseits ist es ein wichtiges Standbein im Vertrieb; gleichzeitig birgt das Internet jedoch eine Gefahr für die Preise, denn durch zunehmende Transparenz dreht sich die Preisspirale abwärts. Die Preisunterschiede der Hotels sind durch das Internet heute weltweit transparent und zwingen einige Betriebe hierdurch mit Niedrig- und Tiefstpreisen auf die Angebote der Wettbewerber zu reagieren. Salerno20 weist darauf hin, dass das Internet den Preiskampf erst so richtig in Gang gebracht hat und es der falsche Weg sei, ein Produkt – wie das Hotelzimmer – nur über den Preis zu verkaufen. As a convenient search tool, the internet has reduced the information gap that once existed between consumers and hotels and has promoted deal-seeking behavior, in which prospective guests attempt to find the best deal by searching and booking at what they believe to be the optimal time. In many cases, this emerging deal-seeking behavior impairs the effectiveness of traditional revenue management mechanisms. Dynamische Hotelraten – Revenue Management, Channel-Management, Best PriceGarantien und effektive Pricing-Prozesse sind heute die strategischen Erfolgsfaktoren im Hotelvertrieb. Konsequenzen aus der veränderten Distributionslandschaft: Das traditonelle (kapazitätsbasierte) Revenue Management ist heute kaum noch erfolgsversprechend. Die traditionellen segementspezifischen Preis- und Ratenstrategie sind heute nicht mehr effektiv – Verschiebung des Business-Mix Ohne GDS, Internet und Portale ist der Hotelvertrieb heute nicht mehr zu bewerkstelligen Die gestiegenen Kosten für den GDS Vertrieb, sind einigen Hoteliers einfach zu teuer, vor allem Privathoteliers meiden diesen Vertriebsweg oder suchen Alternativen zum GDS (z.B. GNE`s) Keine Limitierung, Reichweite des Angebots z.B. CRS, Online-Intermediäre Stärkeren Fokus auf den Direktvertrieb – Ziel: Senken der Distributionskosten 19 20 Vgl. Molitor 2006 Salerno 2005 Flexible Preise, Frühbucherraten und Rate Fences als Hilfsmittel zur Steuerung und Kanalisierung der Buchungen In der (Privat-) Hotellerie ist ein neues Preisverständnis notwendig, die traditionell, starren Preisstrukturen müssen durch dynamische Preismodelle d.h. durch eine nachfrage- / wertorientierte Preisbildung ersetzt werden Für die Entwicklung von Preisstrukturen und zur Bestimmung des Beherbergungspreises, ist eine neue Kalkulationsgrundlage notwendig Analyse und Reaktion auf das Verhalten der Wettbewerber via Benchmarking und tagesaktueller Preisgestaltung Mit Hilfe der modernen Distributionssysteme ist eine strategische Reaktion in Echtzeit über Verfügbarkeit und Raten möglich = Revenue Management / Dynamic Pricing In Deutschland wurde sich bisher nur unzureichend, wissenschaftlich mit dem Wandel der Distributionslandschaft in der Hotellerie und den Herausforderungen welche sich durch Web 2.0 für die deutsche Hotellerie ergeben, beschäftig. Um dennoch die beschriebene Situation mit „harten“ Kennzahlen zu belegen, werden hier einige Ergebnisse des Global Hotel Distribution Survey von KPMG aus dem Jahr 2004 wiedergegeben. Nur 2% aller Hotels verwenden eine konsistente Preisstruktur über alle Kanäle. Die Preisunterschiede in Europa betragen über alle Kanäle bis zu 75%. In Europa treten große Unterschiede zwischen Preisen auf der Web Site des Hotel und der telefonischen Anfrage auf. 30% der Hotels garantierten den besten Preis bei Buchung über die Hotelwebsite. Aber nur 28% davon hielten das Versprechen!21 Effiziente Ertragssteuerung scheint für etliche Hoteliers noch ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Nur ein kleiner Teil von ihnen überprüft z.B. ob die entsprechenden Buchungen korrekt im CRS erfasst wurden, Kontingente werden zudem nicht gepflegt und nur die wenigsten Hotelbesitzer und Manager überblicken die Preise am Markt oder die Preisaktivitäten der Konkurrenz. Aber genau um diese Prozesse sowie Reservierungen der unterschiedlichen Kanäle unter einen Hut zu bringen, ohne den Überblick zu verlieren, darin liegt die große Herausforderung für den Hotelier. 21 Vgl. KPMG 2004 Effektives Ertrags- und Yield-Management sind dabei aber praktisch unmöglich22. Demgegenüber wird mit Dynamic Pricing in Kombination mit Preisparität auf allen Vertriebskanälen, effektive Ertragssteuerung für zahlreiche Hotels möglich. Zudem eröffnen sich hierdurch neue Möglichkeiten für einen vereinfachteren und effektiveren Direktvertrieb. Die starke Markt- und Preistransparenz, eine veränderte Distributionslandschaft und die heutigen technologischen Möglichkeiten, haben fixe Preise zu überholten Modellen gemacht. In einem dynamischen, sich stetig wandelnden Markt sind flexible Preismodelle geradezu eine Notwendigkeit. Dynamic Pricing is becoming increasingly critical to the distribution of travel products, and in particular to the on-line distribution. It applies to Contract negotiation with providers Mark up optimisation Merchandizing23 Fachleute und Hotelmanager betonen deshalb die Wichtigkeit eines dynamischen Preismodell, zur besseren Kontolle des Pricing und des Verkaufs über die vielfältigen Distributionskanäle des Hotels24. Multiple Distributionskanäle, steigende Vertriebskosten und die Vergleichbarkeit aller auf dem Markt befindlichen Angebote und Preise verdeutlicht ganz klar die Notwendigkeit eines dynamischen Preismanagement. A brand’s loss of control over room pricing and the potential transfer of pricing authority to third-party OTS companies stem from consumers’ desire to obtain the lowest rate (=Best Available Rate / Dynamic Pricing) within their desired market segment25. Nur wer sich jetzt mit den verschiedenen (best) available rates im Raten-Dschungel, mit den stets neuen Möglichkeiten von Online-booking, dem künftigen Vertriebssplitting und der Notwendigkeit von IT-unterstützten, automatisierten Prozessen auseinandersetze, werde im Rennen um Hotelbuchungen die Nase vorn haben. 22 o.V. 3 / 2007 Durfort 2007 24 Vgl. hierzu o.V. 22 November 2007 25 Carvell / Quan 2005 23 Preisänderungen sind ein beliebtes Vertriebsinstrument in der Hotelbranche. Die Attraktivität des Dynamic Pricings als Vertriebsinstrument kann durch folgende besondere Merkmale erklärt werden: Preisänderungen können ohne sonderlichen Zeitverzug (Echtzeit – Seam Less Next Generation) in den Distributionskanälen (IBE, GDS, CRS, ADS etc.) umgesetzt werden. Durch das Dynamic Pricing erfolgt eine Senkung der Anzahl der Raten, um den Vertrieb besser steuern zu können. Dynamic Pricing sorgt für einheitliche Tarife in den Reservierungskanälen, dass Vertrauen der Kunden und „Bettmakler“ wird so zurückgewonnen Je stärker das Hotel auf Vertriebspartner angewiesen ist, umso flexibler muss auch das Pricing sein. The hotel groups’ response to these market developments has been the introduction of flexible pricing - a tariff made up of prices each with varying levels of purchasing fences that will meet the needs of price-conscious or timeconscious customers, and those that fall somewhere between the two - and prices that will change in response to market demand26. 26 Talbot o. Jg.