1 127. Formen der Verständnissicherung in Gesprächen Inhalt 1. Wegweiser zum Verständnis 2. Verständnissicherung und Kooperation 3. Die metasprachliche Funktion von Sprache 4. Kohärenz 5. Wirkungsbereiche der metasprachlichen Formen 5.1. Kanal 5.2. Sprecherrolle, Hörerrolle und Rederecht 5.3. Wortbedeutung 5.4. Satzbedeutung 5.5. Äußerungsbedeutung 5.6. Gesprächsthema und thematische Handlung 5.7. Rahmen und Textart 5.8. Gesprächsmaximen 5.9. Textbezug 5.9.1. Retrospektiver Bezug 5.9.2. Prospektiver Bezug 5.9.3. Textorganisation 5.9.4. Exemplarische Analyse 6. Redundanz als Gesprächsprinzip 7. Literatur (in Auswahl) 1. Wegweiser zum Verständnis Ein Grundpfeiler der Gesprächskonstitution ist die Verständnissicherung. Gelingt es dem Sprecher nicht, verstanden zu werden, kommt ein Gespräch gar nicht erst zustande oder wird unter- oder abgebrochen. Um dies zu vermeiden, sind Sprecher stets darum bemüht, Prozeduren und Formen zu wählen, mit denen sie ihr Anliegen so 'zur Sprache bringen', daß es im intendierten Sinne von ihren Hörern verstanden werden kann. Die Prozeduren gehen mit einer Fülle unterschiedlicher Formen einher, aus denen nicht nur der Sprecher auswählt, um das Verständnis seiner Äußerung zu ermöglichen und zu kontrollieren, sondern auch der Hörer, um Störungen seines Verstehensprozesses zu beseitigen oder das Verstandene zu überprüfen. Unter Ausklammerung der relevanten Prozeduren und Strategien, die an anderer Stelle dieses Handbuchs behandelt werden, will dieser Artikel einen Überblick geben über die lexikalischen Formen der Verständnissicherung im deutschen (und englischen) (Alltags-)Gespräch. In neueren Arbeiten zur Gesprächslinguistik werden sie häufig als Wegweiser charakterisiert. Die Attraktivität der Wegweiser-Metaphorik erklärt sich aus der allgemein akzeptierten Auffassung, daß Gespräche kooperative Prozesse sind, deren Beteiligte sprachlicher Hilfen bedürfen, um an jedem Punkt des Gesprächs ein für den Fortgang der Kommunikation tragfähiges Verständnis auszuhandeln. Die Mehrheit der hier beschriebenen Formen sind solche sprachlichen Interpretationshilfen. Mit ihnen steuert der Sprecher den Verstehensprozeß des Hörers in die erwünschte Richtung. Ihre Wirkungsbereiche sind unterschiedlich und betreffen alle Ebenen des Sprechereignisses. Vornehmlich 'weist' der Sprecher mit ihnen auf Bedeutung und Funktion seiner Äußerung 'hin', auf ihre Beziehung zu den 2 lokalen wie globalen Gesprächsthemen und auf ihre kohäsive Einbindung in den Kontext. Der Hörer greift diese Hinweise als Instruktionen für seinen Verstehensprozeß auf. Formen, die in diesem Sinne 'den Weg' zum Verständnis 'weisen', haben selten Satzlänge, sondern sind entweder einfache oder komplexe Lexeme oder Phraseologismen, die als Versatzstücke mit invarianten Wirkungsbereichen verwendet werden. Zu ihnen gehören die retrospektiv und prospektiv orientierten Mittel der Kohäsion, der Gesprächsorganisation und der Gesprächsdeixis. Ihre ausgeprägte Kombinationsfähigkeit und ihre hohe Frequenz sind charakteristische Merkmale vieler Gesprächsarten (vgl. 6.). Die Verständnissicherung beruht auf drei Handlungsmustern. Der Sprecher steuert den Interpretationsprozeß des Hörers und kontrolliert ihn, der Hörer seinerseits fördert ihn durch Nachfragen u.ä. Gegenstand meines Artikels sind Formen der Verständnissicherung in diesem weiteren Sinne. Im Abschnitt 5. werden sie im Kontext ihrer jeweiligen Wirkungsbereiche erörtert. Zuvor zeige ich, inwiefern die Verständnissicherung ein gemeinsames kooperatives Handeln der Gesprächsteilnehmer bedingt (2.), diskutiere die metasprachliche Funktion von Sprache (3.) und führe Kohärenz als interpretationsabhängiges Konzept ein (4.). 2. Verständnissicherung und Kooperation Die Konstitution eines Gesprächs kann nur gelingen, wenn sich die Beteiligten an einen Grundkonsens über das Befolgen kooperativer Gesprächsprinzipien halten (Grice 1975). In der Regel richtet sich jeder Teilnehmer nach den in seiner Sprachgemeinschaft geltenden Kooperationsprinzipien und unterstellt, daß alle anderen dies auch tun. Ein nicht sanktioniertes Abweichen von dieser Generalannahme (default assumption) der Kommunikation führt regelmäßig zu einer Störung der Gesprächskonstitution. Unter dieser Prämisse sind sowohl der Sprecher als auch der Hörer im Gesprächsprozeß permanent aktiv in das Aushandeln von Bedeutungen, Funktionen und Kohärenz involviert. Wenden wir uns zunächst der Rolle zu, die der Hörer in diesem interaktiven Prozeß spielt. 2.1. Die Involviertheit des Hörers Aus interpretativer, hermeneutischer Sicht läßt sich sagen, daß der Hörer im Vertrauen auf die Gültigkeit der Generalannahme der kooperativen Kommunikation annimmt, daß dem Gehörten Bedeutung, Funktion und Kohärenz zukommt. Diese schreibt er dem Gehörten zu und stellt Vermutungen über die zu erwartenden nächsten Sprechhandlungen an. Fortlaufend gleicht er das Verstandene mit seinem Wissensstand ab und modifiziert diesen entsprechend. Sein Ziel ist es, der vom Sprecher intendierten Interpretation möglichst nahe zu kommen. Da Intentionen stets erschlossen werden müssen, und zwar nicht allein aus der Sprache, sondern auch aus den Begleitumständen und allgemeinen enzyklopädischen Zusammenhängen, erreicht der Hörer nur unterschiedliche Grade der Annäherung. Selten lassen die Sprache und andere Zwischeninstanzen eine 3 deckungsgleiche Entsprechung von Erschlossenem und Intendiertem zu. Es ist diese immanente und typische Vagheit, die bewirkt, daß mehrere Hörer denselben Redebeitrag unterschiedlich interpretieren können. Auch der Sprecher kann im Nachhinein im Unklaren über seine eigenen Intentionen sein, so daß er die Interpretation des Hörers zu erschließen und als Richtschnur für sein eigenes Verständnis zu verwenden sucht. Auch dies ist gemeint, wenn wir davon sprechen, daß Bedeutungen, Funktionen und Kohärenz in einem kooperativen Prozeß von den Beteiligten 'ausgehandelt' werden. Die Involviertheit des Hörers manifestiert sich also in den beiden Haupthandlungen des Verstehens und der Verstehenskundgabe. Beide definieren seinen Teilnehmerstatus als 'Hörer'. Die Handlung des Verstehens verlangt komplexe Prozeduren des Erschließens, des Aufstellens und Überprüfens von Hypothesen, des Inbeziehungsetzens von Erschlossenem zu Kontext und Hintergrundwissen u. dgl. Das Verstandene manifestiert sich im Rückmeldeverhalten des Hörers. Störungen der Verständniszuschreibung werden je nach Ausmaß und Gewicht entweder in Erwartung späterer Klärung zunächst hingenommen oder umgehend thematisiert (was das mit ... zu tun hat, und worin besteht die Pointe bzw. how does that fit in with, and where's the punch line). In jedem Fall ist die Verständniszuschreibung zunächst vorläufig. Erst im Fortgang des Gesprächs erweist es sich, ob sie mit der des Gesprächspartners in einem tolerierbaren, das heißt die Kommunikation nicht behindernden Maße übereinstimmt oder ob sie in einem weiteren Aushandlungsprozeß modifiziert werden muß. Im folgenden authentischen Beispiel aus dem London Lund Corpus (LLC) gesprochener englischer Alltagssprache) dauert es einige Redewechsel, bevor B erkennt, daß er falsch verstanden hat. Mit I thought you meant gibt er nicht nur kund, daß er seine ursprüngliche Interpretation revidiert hat, sondern leitet auch eine Gegenüberstellung der beiden Lesarten ein. (In allen Beispielen habe ich für die Zwecke dieses Artikels unerhebliche Transkriptionszeichen weggelassen und den Sinn nicht verfälschende Kürzungen vorgenommen.) a he came as many children do to have a very good ability to read upside down because it's just as easy as any other way you see A I didn't know many children had this ability a oh yes lots of children read a book like this A really B a a a a like this I thought you meant he was upside down not the book (LLC 1.9.1327 ff) 2.2. Die Involviertheit des Sprechers Die Verständnissicherung ist ein wesentlicher Beitrag des Sprechers zur Gesprächskonstitution. (Das Gemeinte so auszudrücken, daß es vom Hörer nicht nur verstanden, sondern auch akzeptiert wird, ist ein anderer; die Sicherung des Verständnisses betrifft die Inhaltsebene, die Sicherung der Akzeptanz die Beziehungsebene.) Der Sprecher geht zweigleisig vor. Zum einen steuert er die Interpretation des Hörers. (Völlig unerläßlich ist dies beispielsweise in mehrfachadressierter Rede, da allein so gewährleistet ist, 4 daß jeder Adressat nur die für ihn bestimmte Information erschließt.) Zum anderen überprüft und kontrolliert er sie anhand des Rückmeldeverhaltens, um Verständnisdiskrepanzen rechtzeitig zu erkennen. Metasprachliche Ausdrücke der Verständniskontrolle nehmen in der Regel Frageform an und können sich auf alle Aspekte des sprachlichen Ereignisses beziehen (5.). 3. Die metasprachliche Funktion von Sprache Jede Äußerung manifestiert gleichzeitig unterschiedliche Handlungen, die verschiedenen Ebenen zugeordnet werden können. Wir verwenden Sprache nicht nur, um einfache oder komplexe Sprechhandlungen auszuführen, sondern eben auch, um das Verständnis solcher Sprechhandlungen sicherzustellen. Auf der Ebene der Sprachfunktionen sind die Formen der Verständnissicherung der von Jakobson (1960, 356) beschriebenen metasprachlichen Funktion der Sprache zuzuordnen. Jakobsons kurze Erläuterung läßt allerdings kaum Rückschlüsse auf die Komplexität und Verbreitung dieser Funktion zu. Es ist das Verdienst der gesprächsanalytischen Forschung, auf die erstaunliche Vielfalt und Häufigkeit metasprachlicher Mittel (wie erläutern, paraphrasieren, exemplifizieren) hingewiesen zu haben, die die Sprecherrede nachhaltig prägen. 4. Kohärenz Ebenso wie Bedeutung, Funktion, Thema läßt sich Kohärenz als "Interpretationskonstrukt" (Lenk 1993) beschreiben (Bublitz 1994). Kohärenz ist keine statische, dem Gespräch inhärente oder vom Sprecher vorgegebene und vom Hörer unabhängige Eigenschaft. Vielmehr ist sie das Ergebnis seines Interpretationsprozesses und wird von ihm an das Gespräch herangetragen. Der Specher verwendet kohärenzstiftende Formen, um den Hörer zu einem Kohärenzverständnis zu leiten, das seinem eigenen nahe kommt oder gar entspricht. Zwar ist Kohärenz niemals per se stabil, da sie von einer Interpretation abhängt, deren Datenbasis sich im Verlauf der Interaktion ändern kann. Aber das überwiegend reibungslose Funktionieren der Kommunikation, das wir beobachten können, beruht darauf, daß normalerweise ein ausreichend hoher Grad an Kohärenz-Übereinstimmung erreicht wird. Zu den kohärenzsteuernden Formen gehören Kohäsionsmittel, Gliederungssignale und andere metakommunikative Versatzstücke (5.9.). Störungen der Kohärenz beruhen jedoch nicht unbedingt auf einem Mangel an diesen Mitteln, sondern haben unterschiedliche Ursachen, zu denen Verletzungen des semantischen Rahmens (frame breaks) und eingeschränkter oder fehlender Themabezug gehören (Bublitz/Lenk 1999). 5. Wirkungsbereiche der metasprachlichen Formen Die Formen der Verständnissicherung beziehen sich auf unterschiedliche Elemente der Sprechsituation im allgemeinen und der Äußerung im 5 besonderen. Der folgende Überblick behandelt eine Auswahl dieser Wirkungsbereiche. 5.1. Kanal Anfällig für Störungen ist im medialen Bereich der akustische Übertragungsweg bzw. der Kanal. Typische Wendungen sind kannst du mich hören, hörst du mir eigentlich zu von seiten des Sprechers, das habe ich akustisch nicht verstanden von seiten des Hörers bzw. can you hear me, speak up a bit. Auch um die Intaktheit des akustischen Kanals zu bestätigen, verwenden Hörer Rückmeldesignale, die nur dann, wenn kein Blickkontakt besteht (etwa am Telephon), sprachlich sein müssen. 5.2. Sprecherrolle, Hörerrolle und Rederecht Für die Beteiligten muß zu jedem Zeitpunkt des Gesprächs erkennbar sein, wem im Augenblick das Rederecht zusteht, wer also die Rolle des Sprechers und wer die des Hörers innehat. Zu den sprachlichen Wendungen, die diese Verteilung entweder thematisieren oder lediglich signalisieren, gehören jetzt rede ich, jetzt bist du dran bzw. it's your turn, could you just listen. Die Verteilung der Sprecherrollen steht natürlich in einem engen Zusammenhang mit dem Sprecherwechsel. 5.3. Wortbedeutung Wortbedeutung umfaßt sowohl Sinn als auch Referenz. Zur Verständnissicherung glossieren Sprecher den Sinn einfacher oder komplexer Lexeme, indem sie auf Mittel zurückgreifen, die aus der Lexikographie bekannt sind: Synonyme, Hyperonyme und Paraphrasen. Dabei kommt es zu Häufungen gleichbedeutender Ausdrücke, die zu der für die Verständnissicherung im Alltagsgespräch unerläßlichen Redundanz führt (6.). Bedeutungsvagheiten können thematisiert werden. Sie finden sich nicht nur auf der propositionalen Ebene, wo sie Ausdruck der fehlenden Bereitschaft oder Möglichkeit des Sprechers sind, sich festzulegen (5.5.), sondern auch auf der lexikalisch-semantischen Ebene. Sprecher können darauf hinweisen, daß ein Wort im aktuellen Kontext nicht in seinem Wortsinn zu verstehen ist, z.B. weil es kein prototypischer Ausdruck des Gemeinten ist. Den Grad der Zugehörigkeit einer Entität zu einer Kategorie geben hedges (Lakoff 1972) an: eine Art von, sozusagen, streng genommen bzw. sort of, so to speak, strictly speaking. Es kommt durchaus vor, daß Hörer das Nichtverstehen eines Wortsinns hinnehmen, wenn dadurch das Verständnis der Äußerungsfolge als Ganze nicht beeinträchtigt wird. Auch aus anderen Gründen, etwa der Furcht sich zu blamieren oder dem Wunsch, das Thema zu wechseln oder gar das Gespräch zu beenden, werden Störungen der Sinnzuschreibung hingenommen. Der Identifizierung der Referenten kommt im Gespräch naturgemäß ein großes Gewicht zu. Erst wenn die Referenz klar ist, kann auch die darauf 6 bezogene Prädikation verstanden werden. Referiert wird mit komplexen Ausdrücken, definiten oder indefiniten (spezifischen) Nominalphrasen, Pronomina oder Eigennamen. Dabei werden zur Verständnissicherung nicht selten Kombinationen dieser Mittel bevorzugt: Rudi Müller, unser örtlicher Schreiner. Nicht erkennbare Referenz führt in der Regel zu klärenden Nachfragen und ist eine häufige Quelle von Kohärenzstörungen wie in: A the thing to do is obviously to swing the PhD subject round to something nearer what I'm being paid to do you see B so you've gone off feet d you've what B he's gone off feet A I'm no longer Peter's footman (laughs) B (laughs) you've heard of the foot d no B Abercrombie's feet rhythm rhythm d well yes but fill me in yeah B well he'd been doing a thesis on feet d oh gosh yes of course (LLC 2.4b.1065 ff) Im folgenden Ausschnitt bedarf es einiger verständnissichernder Fragen sowohl des Sprechers als auch des Hörers, bevor die Identität der Referentin endgültig geklärt ist: B this Polly you know that girl I said she might fail or A who's that B get a two A do you remember at the end I thought she'd get further than two B do you know her A oh yes yes well B she's a very funny girl A what's her name B it's Polly Reich A oh yes I know the girl you mean (LLC 1.4.887 ff) Referenzkorrekturen werden normalerweise uneingeschränkt akzeptiert, wie in: a what about in the university circles at Michigan B at Michigan - you mean Wisconsin a oh no no I mean Wisconsin (LLC 2.1b.1523 ff) 5.4. Satzbedeutung Satzbedeutung sei hier verstanden im Sinne Freges als Funktion der Bedeutungen der Elemente eines Satzes und der syntaktischen Beziehungen zwischen ihnen. Auch das Verständnis der Bedeutung eines Satzes, wenn er im Kontext geäußert wird, ist das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses der Beteiligten. Dennoch scheint im Gespräch die Satzbedeutung selten strittig zu sein. Gründe dafür sind neben dem Fregeschen 7 Kompositionalitätsprinzip das feste Korsett der Syntax und der disambiguierende Kontext. Demgegenüber sind die semantischen Relationen zwischen den Sätzen (bzw. ihren Propositionen) eher eine Quelle von Verständnisstörungen. Zu ihnen gehören u.a. solche der Kausalität, der Koordination, der Gleichheit und Verschiedenheit. Um ihr Verständnis zu sichern, greifen Sprecher nicht nur zu den entsprechenden lexikalischen Formen (Konjunktionen etc.), sondern auch zum Mittel der Thematisierung, das auch entsprechende Nachfragen des Hörers prägt: wieso ist das ein Beispiel für; aber p und q kann man doch nicht miteinander vergleichen; das folgt doch nicht aus bzw. how is that an example of; but you can't compare p with q; this does not follow from. 5.5. Äußerungsbedeutung Aus einer Nachfrage wie der folgenden ist nicht immer klar ersichtlich, ob ihr Fokus die Satz- oder die Äußerungsbedeutung, das Gesagte oder das (Mit-)Gemeinte (Polenz 1985, 298ff) ist: b and how did you become enamoured of South Africa A well could you explain what you mean in simpler English Barry do you mean did I like it or what (LLC 2.14.83 ff) Äußerungsbedeutung sei im weitesten Sinne bezogen auf alle Aspekte, die auf der Ebene der Pragmatik beschrieben werden. Dazu gehören Illokutionen und Perlokutionen, Präsuppositionen, Anspielungen und der gesamte Bereich der Modalität. Sprecher drücken immer auch aus, für wie gewiß sie einen Sachverhalt halten, woher sie ihr Wissen haben und wie verläßlich es ist (es wird gesagt, daß; ich habe gehört, daß; er soll bzw. it is said that; I've been told that). Um das Verständnis ihrer Einstellungen zu sichern, greifen Sprecher zu redundanten Kombinationen modaler Formen, z.B. Ich bin eigentlich ziemlich sicher, daß; jedenfalls müßte er, nach allem, was ich gehört habe bzw. I am actually pretty sure that. Nachfragen des Hörers, die auch auf Grad, Verläßlichkeit und Herkunft des Sprecherwissens abheben, sind bist du sicher, daß; woher weißt du, daß bzw. are you quite sure that; how do you know. Um sicherzugehen, daß die intendierte Illokution oder Perlokution auch verstanden wird, greifen Sprecher zu sprechhandlungsindizierenden und thematisierenden Mitteln wie das ist ein Versprechen/Vorwurf bzw. that's a reproach/promise. Entsprechend fragt der Hörer war das ein Vorwurf oder nur eine Frage bzw. is that a question or are you blaming me. Da sie einen erheblichen interpretatorischen Aufwand verlangen, sind Äußerungsbedeutungen eher als Satzbedeutungen Gegenstand verständniskontrollierender Fragen des Sprechers: b writing this dictionary I have been looking at the work of older people all their examples and half of them are military they do escort in terms of warships I do it in terms of red roses A oh m b do you see what I mean 8 A m (coughs) b it`s the collocaters that have changed A yes (LLC 1.10.226 ff) Diese lassen sich in die Gruppe der gambits (5.9.3.) und in die der nachgestellten Vergewisserungsfragen einteilen. Während im Englischen zwei Formen gebräuchlich sind, variante tag questions (Mieder's books take up a foot or two in your bookshelf, don't they?) und invariante tags (So you think that generative linguists focus on the trees while pragmatists step back and look at the forest, eh?/right?), kommen im Deutschen nur invariante vor. Ihr Bestand umfaßt eine kleine geschlossene Klasse von Lexemen wie nicht (wahr), oder, ja, nein, was, klar, ok (neben dialektalen gell, woll, wa); englische Äquivalente sind eh, hunh, okay, right, what, (d'you) see, you/y'know und Varianten (Norrick 1995). Vergewisserungsfragen lassen sich allen Satztypen anschließen. Wir finden sie nach Deklarativsätzen (Der Weißburgunder korkt, nicht?), Interrogativsätzen (Dekantierst du den Brunello schon, ja?), Exklamativsätzen (Welch ein himmlischer Tropfen, nicht?) und Imperativsätzen (Vergiß nicht, den Barolo gegen fünf zu öffnen, ja?), bei denen sich die Vergewisserung natürlich nicht nur auf das Verständnis der Proposition, sondern auch auf das der Illokution bezieht. Allerdings können nicht alle invarianten Formen in allen diesen Positionen vorkommen. Dies hat einerseits mit der Semantik der Partikeln zu tun; so weist oder stets auf eine Alternative hin und ist daher nach Deklarativsätzen und Entscheidungsfragen akzeptabel, nicht aber nach Ergänzungsfragen in Interrogativsatzform: Warum sammelst du Korkenzieher, *oder? Andererseits ergeben sich Restriktionen aus der Funktion der Verständnissicherung, die z.B. die Stellung nach Interrogativsätzen bzw. Fragen ausschließt: ja? in Gräbst du im Sommer einen neuen Weinkeller, ja? dient nicht der Verständnissicherung. Und die Äußerung Die Weinverkostung findet am Freitag statt, ja?/nicht?/oder? ist zwar in jedem Fall eine Bitte um Bestätigung des Sachverhalts, der jedoch unterschiedliche Annahmen und Bewirkungsziele zugrundeliegen können. Im einen Fall bezieht sie sich auf die Unwissenheit des Sprechers, ob die Proposition p (daß die Weinverkostung am Freitag stattfindet) wahr ist. Er ist sich nicht sicher, ob p und bittet den Hörer, von dem er annimmt, daß er weiß, ob p, um Klärung bzw. Bestätigung. Dies sei die sprecherbezogene Funktion der Vergewisserungsfrage. Im anderen Fall bezieht sie sich auf die vermutete Unwissenheit des Hörers von der Wahrheit der Proposition p. Der Sprecher ist sich nicht sicher, ob der Hörer weiß, daß p und bittet ihn um Bestätigung, daß (nun) auch für ihn gilt, daß p. Dies sei die hörerbezogene Funktion der Vergewisserungsfrage, die generell mit hast du verstanden paraphrasiert werden kann. Unverzichtbar sind hörerbezogene Vergewisserungsfragen immer dann, wenn das Verständnis einer Äußerung eine notwendige Voraussetzung für das Verständnis der Folgeäußerung ist, z.B. in Argumentationen (Nimm mal an, dies sei ein rechter Winkel, ja?/klar?/ok? bzw. Just assume that this is a right angle, yeah?/ok/right?), Anweisungen (Such zuerst das Stichwort, ja?/klar?/ok? bzw. First go and find the keyword, yeah?/okay?/right?), Erzählungen (Ich biege also um die Ecke, ja?/ok? bzw. I turned the corner, right?/ok?). In all diesen Fällen führt der Sprecher neue Sachverhalte ein 9 oder greift auf alte zurück und vergewissert sich, daß sie dem Hörer nun bekannt oder gegenwärtig und jedenfalls Teil des gemeinsamen geteilten Wissens sind, auf das er sich fortan beziehen kann. 5.6. Gesprächsthema und thematische Handlung Gespräche sind immer über etwas, sei es auf der Inhalts- oder der Beziehungsebene. In der Forschung wird das Thema als dem Gespräch inhärent und gegeben angenommen und als Extrakt oder Kondensat des Gesamtinhalts oder als Lösung eines Problems dargestellt. Aus hermeneutischer Sicht ist das Gesprächsthema ein Interpretationskonstrukt; der Hörer schreibt allein nach seinem Verständnis einem Gespräch ein Thema zu (Bublitz 1988, 16ff). Anders als in stärker restringierten Textarten (z.B. in Podiumsdiskussionen), in denen das Thema und auch die Art und Weise seiner Behandlung festgesetzt werden, sind im Alltagsgespräch Themawahl und -handhabung freier, wenn auch nicht frei von Restriktionen. Diese ergeben sich aus der Pflicht zur Kooperation. Kooperatives Handeln bedeutet einvernehmliches und relevantes Handeln. Einvernehmlichkeit gilt sowohl für das Thema selbst als auch für die thematischen Handlungen des Themawechsels, der Themaeinführung etc. Themen nicht im Einvernehmen mit den Gesprächspartnern zu wählen und zu handhaben ist ein Eingriff in ihr Selbstbestimmungrecht und kann zu Störungen des Gesprächsverlaufs führen. Das Streben nach Relevanz entspringt dem Druck, permanent zu rechtfertigen, warum dies gerade jetzt gesagt wird. Demzufolge werden Abschweifungen nur geduldet, wenn erkennbar ist, daß das neue Thema im Augenblick von größerer Relevanz ist als das bisherige. Dagegen sind abrupte und irrelevante Themenwechsel immer Quellen von Kohärenzstörungen. Auch die Themazuschreibung des Hörers orientiert sich an dem Warum-das-jetzt? Sie ist gestört, wenn er sich diese Dauerfrage nicht (mehr) beantworten kann, wie im folgenden Beispiel: a you were telling us a long complicated story about Eileen's sons last night I hadn't quite got them in order B well she has four boys Ben Don Luke and Colin [es schließt sich eine lange Erzählung über eine andere Person an] a and how does this tie in with Ben (LLC 1.13.1 ff) Obwohl sowohl im Deutschen wie im Englischen themaindizierende Wörter selten sind, sind normalerweise für den Hörer Thema und thematische Handlung erkennbar, weil ihnen zwei Gruppen lexikalischer Wegweiser zugeordnet sind. Zur ersten gehören Gliederungssignale (discourse markers) wie übrigens, nun, jedenfalls, also bzw. anyway, now (then), still, however, incidentally (5.11.), mit denen der Sprecher Themabezug und -handlung indiziert. Hier signalisiert die Sprecherin mit (so) anyway das Ende einer für das Verständnis ihrer Geschichte notwendigen Abschweifung und die Rückkehr zum vorhergehenden Thema: "I went to Barkers the other day and I wanted to get one very posh cigar and I went along to the cigarette counter it's the same counter but it sort of shifts round you know to where the blue the food counter is so anyway I 10 went round there" (LLC 2.7.1312 ff). Die zweite Gruppe besteht aus allgemeinen Nomina (Problem, Idee bzw. problem, idea) als Proformen (5.9.), mit denen Sprecher unmittelbar Vorhergehendes aufgreifen oder unmittelbar Folgendes ankündigen, um so Stellen im Gesprächsfluß zu markieren, an denen sich Themabezug und -handlung ändern. Ein Themawechsel läßt sich etwa mit Diese Frage wirft zwei andere Probleme auf bzw. This question prompts two other problems markieren, die janusköpfig ausgerichtet ist. Mit der rückwärtsgerichteten Nominalphrase diese Frage beendet der Sprecher das alte Thema und mit der vorwärtsgerichteten zwei andere Probleme führt er das neue ein. In "I mean the vegetables are in and I get instant chips and potato croquettes and things" (LLC 4.3.124 ff) schließt things nicht nur eine Aufzählung ab, sondern beendet die Rede zum aktuellen Themaaspekt. 5.7. Rahmen und Textart Die Gesprächsbeteiligten müssen sich an jedem Punkt des Gesprächs darüber im klaren sein, in welchem semantischen Rahmen (frame) und in welcher Textart sie sich gerade befinden. Die aktuelle, zu öffnende oder gerade beendete Textart wird gelegentlich genannt (ich erzähl jetzt mal ein Märchen; die Geschichte geht so bzw. let me tell you a fairy tale; this is what happened) oder häufiger mit Schlüsselphrasen indiziert (es war einmal ein bzw. once upon a time there was a). Eine Störung des Rahmens (frame break) liegt hier vor: A im German Department in Pittsburgh hat jemand eine Dissertation über Frau Holle geschrieben B *Frau Holle* C *worüber* (Persönl. Aufz.; *...* steht für simultan Gesprochenes) Rahmen werden durch Schlüsselwörter aktiviert. Hier sind es German Department und Dissertation, die den Rahmen Promotion an einer Universität öffnen. B und C haben weder Grund zur Annahme, daß Sprecher A die Grundprinzipien der Kooperation und der Kohärenz mißachtet, noch daß A über ein anderes Konzept des Promotions- und Universitäts-Rahmens verfügt als sie selber. Ausgelöst wird der frame break durch das Promotionsthema Frau Holle. Die Märchenfigur genügt in den Augen der beiden Hörer offenbar keinesfalls einem wichtigen Charakteristikum dieses Rahmens, wonach Dissertationen ernsthafte wissenschaftliche Themen haben. Die Zuordnung von Frau Holle zu Dissertation ist für B und C nicht nachvollziehbar und führt zur Störung ihrer Kohärenzzuschreibung, die sich in den simultanen Nachfragen manifestiert. 5.8. Gesprächsmaximen Gesprächsmaximen (Grice 1975) werden immer dann thematisiert, wenn ein Sprecher im Begriff ist, entweder sie vorübergehend zu mißachten (die Qualitätsmaxime mit das dürft ihr jetzt nicht ernst nehmen bzw. don't take 11 this serious; die Relevanzmaxime mit das gehört jetzt nicht hierher, aber bzw. that's beside the point but; die Quantitätsmaxime mit dazu muß ich etwas weiter ausholen bzw. let me give you some background information) oder zu ihnen zurückzukehren (Spaß beiseite bzw. let's get serious again). Ähnlich fungieren nicht-sprachliche Signale (Augenzwinkern, auch Lachen). 5.9. Textbezug Der Wirkungsbereich lexikalischer Formen der Verständnissicherung umfaßt auch ihre sprachlichen Umgebungen. Proformen, Konjunktionen, Gliederungssignale etc. werden jedoch in der Forschung nicht oder nur andeutungsweise als eine gemeinsame Gruppe mit einer gemeinsamen Funktion beschrieben. Stattdessen wird zwischen textreferentieller und verbindender Funktion mit Formen der Kohäsion und text-organisierender Funktion mit Gliederungssignalen und gambits unterschieden. Aus Gründen der Forschungsnähe und der Übersichtlichkeit der Darstellung trenne ich analog zwischen drei Gruppen von Formen mit Gesprächstextbezug: textorganisierende Signale (5.9.3.) sowie retrospektive und prospektive Kohäsionsmittel. Letztere sind an der Oberfläche der Äußerung manifestierte Formen, die in ihrer Funktionalität zuerst von Halliday/Hasan (1976) und später u.a. von Hasan (1984) und Martin (1992) beschrieben worden sind. 5.9.1. Retrospektiver Bezug Die retrospektiven Kohäsionsmittel umfassen im weitesten Sinne Formen der Wiederholung. Sie sind im Gespräch allgegenwärtig und betreffen die Form ebenso wie die Bedeutung und die Struktur (Norrick 1987, Tannen 1987, Bublitz 1989) und finden sich auf den Ebenen Phonetik/Prosodie (Alliterationen, Assonanzen, Reime, Rhythmen; Couper-Kuhlen 1983), Lexik, Syntax, Semantik (Anaphora, Synonyme, Homonyme, strukturelle Parallelismen), Pragmatik (Handlungsdoubletten) und Text (Textrepräsentativa). Alle traditionell in Rhetorik und Literaturwissenschaft angeführten Kriterien ihrer Beschreibung kann man auf die der Qualität, der Quantität und der Verteilung reduzieren. Qualität drückt den Grad der formalen wie semantischen Übereinstimmung zweier Elemente aus. Die Skala reicht von totaler Gleichheit bis zu paraphrastischer Ähnlichkeit. Quantität bezieht sich auf die Länge der wiederholten Elemente (Laut, Wort, Äußerung). Mit Verteilung wird die Entfernung zwischen den Elementen erfaßt; mit zunehmendem Abstand läßt die Wahrscheinlichkeit nach, daß der Hörer einen Ausdruck als Wiederholung (an)erkennt. Die Bandbreite der Funktionen der Wiederholung ist eindrucksvoll und reicht von (emphatischer) Hervorhebung über Sicherung des Rederechts und Gewinnung von Planungszeit bis zur Würdigung einer geistreichen Formulierung. Hier von Interesse sind zwei andere Funktionen, die der Kohärenzstiftung und der Verständnissicherung. Zur Sicherung des Verständnisses verwenden Sprecher Eigen-Wiederholungen in der Annahme, daß der Hörer das Wiederholte zunächst nicht verstanden hat, 12 etwa weil eine akustische Störung durch simultanes Sprechen vorlag. Verständnissichernde Wiederholungen werden bevorzugt, da man mit ihnen auf einfache Weise die Menge der Formen vergrößern kann ohne gleichzeitig den Umfang des Inhalts zu verändern. Die daraus resultierende Redundanz gibt dem Hörer zusätzliche Interpretationszeit. Hörer ihrereseits greifen zu Fremd-Wiederholungen entweder, weil sie sich vergewissern wollen, daß das, was sie gehört haben, auch tatsächlich gesagt worden ist, oder weil sie zwar das Gesagte, den Wortlaut, nicht aber das Gemeinte verstanden haben, wie in: B I'll give you a couple of hundred tiles maybe I have got a particularly revolting coffee service c what do you mean a couple of hundred tiles why do you have a couple of hundred tiles (LLC 2.10.223 ff) Zwischen Wort-für-Wort Wiederholungen, dem einen Pol der Qualitätsskala, und Paraphrasen, dem anderen Pol, finden sich in verständnissichernder Funktion Synonyme, Hyponyme und Proformen, die inhaltliche, jedoch nicht formale Gleichheit aufweisen. Hierher gehören auch Ausdrücke, die nicht auf der Systemebene, im Lexikon, sondern nur im aktuellen Kontext ("instantially", Halliday/Hasan 1976, 289) koreferierende, rückverweisende Funktion haben (Buch - Geschenk oder Wurfgeschoß. Einige Formen der anaphorischen Wiederaufnahme und der kataphorischen Vorausschau sind erst kürzlich in das Zentrum des Forschungsinteresses gerückt. Zu ihnen gehören unspezifische Nominalphrasen, mit denen Sprecher auf längere, die Äußerungsgrenze meist überschreitende Gesprächsabschnitte rück- oder vorverweisen und sie dabei kategorisieren. Die Zahl dieser Generalausdrücke bzw. retrospective and prospective labels (Francis 1994) oder general nouns (Halliday/Hasan 1976, 274ff), die zusammen mit textdeiktischen Pronomina als Textrepräsentativa fungieren, ist beträchtlich und umfaßt die folgende kleine Auswahl (Francis 1994, 89): approach, aspect, action, activity, affair, case, consequence, consideration, development, difficulty, dilemma, episode, factor, mistake, outcome, pattern, problem, project, purpose, question bzw. Ansatz, Aspekt, Handlung, Tätigkeit, Affäre, Fall, Konsequenz, Überlegung, Entwicklung, Schwierigkeit, Dilemma, Episode, Faktor, Fehler, Ergebnis, Muster, Problem, Projekt, Zweck, Frage. (Eine Klassifizierung liegt nahe, z.B. nach Sprechhandlungsmustern, Frage, Vorschlag oder Textart, Witz, Streit.) Mit einem Generalausdruck verweist der Sprecher nicht nur auf die unmittelbar vorausgehende oder folgende Gesprächspassage, sondern faßt sie unter einem Namen zusammen. Durch diese Handlung wird sie im Sinne des zugordneten Etiketts als Einheit etabliert. Häufig geben Generalausdrücke dem Hörer darüber hinaus die Einstellung des Sprechers zum kategorisierten Abschnitt an (Ereignis oder Problem, Sachlage oder Dilemma). Mit retrospektiven Generalausdrücken wird der Informationsgehalt der Bezugspassage als bekannt markiert. Im folgenden Beispiel verwendet der Sprecher zunächst den Generalausdruck problem, um den gerade erörterten Sachverhalt zusammenzufassen und zu etikettieren, und bekräftigt seine Einschätzung kurz darauf noch einmal mit dem hier synonymen trouble: "we can`t fit the freezer in that`s our problem 13 because there really isn`t you know space on the wall that`s the trouble" (LLC 4.3. 204 ff). 5.9.2. Prospektiver Bezug Formen mit prospektiver Ausrichtung erleichtern und steuern die Hörerinterpretation, indem sie Erwartungen öffnen und dadurch kohärente Zusammenhänge suggerieren. Neben prospektiven gambits (5.9.3.) und Kollokationen gehören prospektive Generalausdrücke hierher, wie z.B. in es gibt wenigstens zwei gute Gründe, vergessen wir nicht das wichtigste Argument bzw. there are at least two good reasons for, let's not forget the most important argument, die wiederum zwei Funktionen haben. Zum einen kündigen sie die unmittelbar folgende Gesprächseinheit an (und stellen dadurch eine Verbindung zum bisher Gesagten her) und zum anderen benennen sie diese. Dem Hörer sind solche Etiketten eine deutliche Interpretationshilfe. Kollokationen (Mackin 1978, Sinclair 1991, Bublitz 1996), also häufig auftretende Wortverbindungen (ranzige Butter, frische Brise, einen Mord begehen bzw. rancid butter, chilly day, to commit a murder), erleichtern den Interpretationsprozeß des Hörers, weil das erste Kollokat auf das zweite verweist oder zumindest die Menge der potentiellen Folgekollokate spezifiziert und also reduziert. Kollokationen belegen die Linearität der Sprachproduktion, nicht jedoch die der Rezeption. Das Verständnis eines ersten Kollokats schließt das Verständnis des zweiten gleich mit ein, also noch bevor es geäußert worden ist. Die Kollokation wird zwar linear realisiert, aber als Ganzes, darin einer komplexen Wortbildung gleich, verstanden. In diesem Sinne ähneln Kollokationen anderen Phraseologismen, die häufig Ausdruck der für den jeweiligen Gesprächstyp charakteristischen Routine sind. 5.9.3. Textorganisation Proformen, Gliederungssignale und gambits sind Formen, die in rein gesprächsorganisierender Funktion dem Hörer die Orientierung im engeren oder weiteren Kontext erleichtern und Teil der "Metakommunikation" (Schwitalla 1979) bzw. des "Metadiskurses" (Tiittula 1994) sind. Proformen in dieser Funktion sind nicht nur Satz- oder Textrepräsentativa (das in Das alles geschah direkt unter meinen Augen), sondern auch neutrale Generalausdrücke (5.9.1.) wie Leute, Personen, Sachen, Teile, Zeug bzw. people, persons, things, parts, stuff. Sie werden häufig durch deiktische Pronomina (dies, das, jenes) determiniert und daher auch als Formen der "Diskursdeixis" (Lenz 1997) beschrieben. Sowohl ein prospektiver (stuff) als auch ein retrospektiver (things) Generalausdruck in rein gesprächsorganisierender Funktion findet sich in der Äußerung "I always meant going down to the shops on Saturday to get fresh all the stuff to get meat and vegetables beefburgers sausages all these things the children eat for tea" (London Lund Corpus 4.3.90 ff). Möglich sind auch Bezüge mit 14 Termini der linguistischen Beschreibungssprache wie Wörter, Äußerung, Text, Zitat bzw. words, utterance, text, quotation. Gliederungssignale (Gülich 1970) bzw. discourse markers (Schiffrin 1987, Lenk 1998) haben ebenso wie die anderen gesprächsorganisierenden Formen eine hörer- und eine sprecherorientierte Funktion. Während der Hörer sie als Orientierungshilfen nutzt, dienen sie dem Sprecher als Planungs- und Formulierungshilfen. Obwohl ihre lexikalischen Bedeutungen (alle kommen auch in nicht pragmatisch-textueller Funktion vor) stark reduziert sind, sind Spuren dieser Grundbedeutungen noch erkennbar und wirken sich auf ihre Gebrauchsbedingungen aus. Beispielsweise steuert die temporale Komponente der Grundbedeutung von nun auch noch die Verwendung dieser Partikel als Gliederungssignal, etwa am Ende einer Themaabschweifung, wo sie sich mit soviel dazu, nun wieder zurück zum ursprünglichen Thema paraphrasieren läßt. Zu den Gliederungssignalen bzw. discourse markers gehören u.a. nun, übrigens, jedenfalls, überhaupt, also bzw. incidentally, now (then), however, still, actually, what else, well, anyway. Gambits sind relativ feste Syntagmen (selten Simplizia), die als metakommunikative "Versatzstücke" (Trommer 1990, 257) gesprächsorganisierend und damit verständnissichernd wirken (Edmondson 1977, Keller 1979, Bublitz 1995). Um einen reibungslosen Ablauf des Gesprächs zu garantieren, indiziert der Sprecher mit ihnen Platz und Stellenwert seiner Äußerung im Gesamtzusammenhang. Auf Themen und thematische Handlungen sowie auf Sprecher- und Hörerrollen und den Sprecherwechsel beziehen sich gambits in eröffnender (openers), beendender (closers) und verbindender (links) Position. Openers sind neutral (zuerst einmal, bevor ich es vergesse bzw. first of all, before I forget) oder mit einer Sprechereinstellung verknüpft (meiner Meinung nach bzw. the way I look at it). Möglich ist ein Bezug auf Handlungsmuster, einleitend z.B. auf Fragen (weißt du zufällig bzw. do you happen to know), Bitten (hast du mal einen Augenblick Zeit bzw. could you spare me a minute), Erzählungen (weißt du was passiert ist bzw. you know what happened), Witze (kennst du den von bzw. have you heard the one about). Closers leiten Beendigungen ein von Themen (soviel dazu, wie dem auch sei bzw. that's that, be that as it may), von Gesprächen (jetzt muß ich aber wirklich gehen bzw. I've really got to go now) sowie von geschriebenen Texten wie z.B. Briefen (ich muß zum Ende kommen, soviel für heute bzw. I have to finish this, so much for now). Mit links lenkt man die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Aspekt (mit einem Wort, und noch etwas, also paß mal auf bzw. in short, and another thing, look I'll tell you what). Verständniskontrollierende gambits ("communication control signals", Keller 1979, 229) nützen dem Sprecher (ist das klar bzw. is that clear) wie dem Hörer (wie bitte, ich komm nicht mit bzw. pardon me, I don't get you). 5.9.4. Exemplarische Analyse Die menschliche Kommunikation von Inhalten funktioniert nicht nach dem Prinzip der Rohrpost; Wörter und Sätze sind keine mit Inhalt gefüllten Behälter, die vom Sprecher zum Hörer geschickt und vom ihm 'ausgepackt' 15 werden (Reddy 1979). Vielmehr schreibt der Hörer Formen Inhalte zu. Jede Bedeutungszuschreibung ist demzufolge individuell und muß mit der des Gesprächspartners abgeglichen und ausgehandelt werden. Damit eine zu große Distanz zwischen dem intendierten und dem vom Hörer erreichten Verständnis gar nicht erst entstehen kann, setzt der Sprecher nicht einige wenige, sondern erstaunlich viele und vielfältige Wegweiser ein. Dies zeigt eine kurze Gesprächspassage: A well I must admit I feel I mean Edward`s mother and his great and his grandfather will come up on Christmas Day but I feel somehow the sheer fact of not having to have to have this really sort of it`s for one thing it does nark me that it`s so bloody expensive that he won`t eat anything except the largest most splendid pieces of meat you know B how annoying A and it upsets me you know if he needed it I wouldn`t mind D come to think of it he`s also he`s also an extremely greedy individual who A yeah so that if you buy enough D he isn`t satisfied with a normal portion A for cheese for for three days if he sees it's there he'll eat it you know (LLC 4.3.1 ff) Die folgende Auswahl enthält einige Mehrfachklassifizierungen. Es kommen strukturelle Wiederholungen vor (I must admit - I feel - I mean), Wort-für-Wort Wiederholungen (I feel - I feel, to have - to have, he's also he's also), Paraphrasen (it narks me - it upsets me), Generalausdrücke (grandfather - individual) und prosodische Parallelismen ("soundsequences", Sacks 1992, 306) (cheese - three - he - sees - eats). Kohäsiv fungieren Artikel, Proformen, Konjunktionen, complementizers (that), anaphorische Verben und Adverbien (somehow, do, anything), Gliederungspartikeln (well, I mean, sort of, you know), Kollokationen und andere Phraseologismen (Christmas Day, pieces of meat, come to think of it, I must admit, I feel somehow, the sheer fact, I wouldn't mind), Vergewisserungsfragen (you know) und gambits (for one thing, come to think of it). Verwendet werden zudem Komponenten gemeinsamer Rahmen und Wortfelder (eat, meat, greedy, portion; mother, grandfather; nark, upset, annoy). 6. Redundanz als Gesprächsprinzip Zweierlei fällt an diesem Beispieltext auf: zum einen die ausgeprägte Kombinationsfähigkeit der verständnissichernden Formen und zum anderen ihre Häufigkeit. Beides belegt ihren Routinecharakter und auch, daß in (Alltags-)Gesprächen ein hoher Grad an Redundanz dieser Wegweiser nicht nur hingenommen, sondern herbeigeführt wird, da sie dem Hörer dazu verhilft, die rasche Folge sprachlicher Ausdrücke in actu aufzunehmen und zu interpretieren. Redundanz wirkt gedächtnisentlastend und auch retardierend, so daß dem Hörer ein längerer Zeitraum für seine Verständniszuschreibung verbleibt. Natürlich kann ein Zuviel an Interpretationshilfen auch Irritationen auslösen, wie in: 16 a this is our new English syllabus and the meaning of that little diagram is that everybody's got to do the central three he's got to pick another seven on top of that and he's got to pick up his seven by following the paths A how do you mean he he *m* a and if he wants to take say this one *he's* got to do everything in bet**ween** A **oh** I see yes a so that if he wants to do this this commits him already to seven three four five *six seven* A *I follow* yes yes a so that he can`t really do that and that A no I follow I follow (LLC 2.2a.376 ff) Solche Fälle von 'cohesive overkill' werden dadurch ausgelöst, daß der Sprecher die momentane oder generelle Interpretationskompetenz des Hörers und demzufolge den Stand seines Wissens und seiner Verständniszuschreibung falsch einschätzt. Gewöhnlich erreichen die Formen der Verständnissicherung jedoch einen in der jeweiligen Situation tolerierbaren Grad an Redundanz. Verständnissicherung im (Alltags-)Gespräch ist ein höherwertiges Prinzip als Redundanzvermeidung. 7. Literatur (in Auswahl) Bublitz, Wolfram (1988): Supportive fellow-speakers and cooperative conversations. Amsterdam. Bublitz, Wolfram (1989): Repetition in spoken discourse. In: Müllenbrock HeinzJoachim/Noll-Wiemann, Renate. eds.: Anglistentag 1988 Göttingen. Tübingen, 352-368. Bublitz, Wolfram (1994): In the eye of the beholder: 'the rather mystical notion of coherence'. In: Carlon, Keith/Davidse, Kristin/Rudzka-Ostyn, Brygida. eds.: Perspectives on English, Leuven. 213-230. Bublitz, Wolfram (1995): Strategien beim Gebrauch des Englischen als Fremdsprache. Gesprächsprinzipien und 'gambits'. In: Ahrens, Rüdiger/Bald, WolfDiedrich/Hüllen,Werner. eds.: Handbuch Englisch als Fremdsprache. Berlin, 186-190. 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