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Fremdsprache
Deutsch
Heft 35 I 2006
Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts
Lernen
an Stationen
INHALT Heft 35: Lernen an Stationen
5
RAINER E. WICKE:
Stationenlernen – Was ist das eigentlich?
STATIONEN ZU BEGRIFFEN
14
23
STATIONEN ZU WORTSCHATZ –
LERNSTRATEGIEN – GRAMMATIK
44
RAINER E. WICKE:
Ein Baum ist wie ein Traum!
Sechs Stationen zum Thema Baum
ULRIKE BEHRENDT:
Begegnung im Café
Textarbeit und interkulturelles Lernen in
„Café-Stationen“
48
LITERARISCHE STATIONEN
53
30
34
PETRA KLIMASZYK:
Lesen – Fühlen – Spielen – Schreiben
Literatur an Stationen am Beispiel von Bernhard
Schlinks Erzählung „Die Beschneidung“
ANNA PILASKI:
Stationenlernen mit Kindern
Eine poetische Erzählung entfaltet ihren
Zauber
ELZBIETA DERHARTUNIAN:
Einkaufen: Wortschatzwiederholung
mal anders!
Stationen zur Binnendifferenzierung beim
Wortschatzlernen
ANTJE STORK:
Vokabellernen, nein danke? –
Vokabellernstrategien, ja bitte!
Vokabellernstrategien an Stationen kennenlernen und erproben
HILDEGARD PINNEKAMP:
Konjunktiv II und andere Sachen
Ein Übungszyklus für Fortgeschrittene
FACHTEXTE AN STATIONEN
56
ROLF KRUCZINNA / ÁGNES VÉGVÁRI:
Fach – Sprache – Kompetenzen
Stationenlernen im deutschsprachigen Fachunterricht
RUBRIKEN
38
IVICA LENC̀´ OVÁ:
Das Glück hat Flügel
Literarische Stationen für Jugendliche
4
60
62
63
64
Impressum/Editorial
Bücher, Zeitschriften und Internet-Adressen
Aktuelles Fachlexikon
Quiz
Unsere Autorinnen und Autoren
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
3
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
IMPRESSUM
EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser,
Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts
herausgegeben vom Vorstand des Goethe-Instituts
und
Peter Bimmel, Hans-Jürgen Krumm, Gerhard Neuner
im Verlag Ernst Klett Sprachen GmbH, Stuttgart
Schriftleitung und Vertretung des Goethe-Instituts:
Rosemarie Buhlmann
Redaktionsbeirat des Goethe-Instituts:
Edith Bialké, Karin Ende
Korrespondierendes Mitglied: Rainer E. Wicke
(Zentralstelle für das Auslandsschulwesen)
Verantwortlicher Themenheftherausgeber:
Rainer E. Wicke
Redaktion: Eva-Maria Jenkins
Satz und Gestaltung: Peter Chalupnik
Anzeigenleitung: Ernst Klett Sprachen GmbH
Druck: Ludwig Auer GmbH, Donauwörth
Titelbild: Schüler und Schülerinnen der 5. Klasse des
Gymnasiums F. S̀´vantnera in Nová Baǹ´a/Slowakei,
fotografiert von ihrer Lehrerin, K. Rumanková.
Themen der nächsten Hefte:
• Filme im Unterricht
• Deutsch als plurizentrische Sprache
• Fremdsprachenlerntheorie / Lernpsychologie
• Textkompetenz
Für FREMDSPRACHE DEUTSCH gibt es ein Jahresabonnement mit zwei regulären Heften zum Preis von
Euro 16,50 zuzüglich Versandkosten, das Einzelheft
kostet Euro 9,60 zuzüglich Versandkosten.
Die Abonnementdauer beträgt ein Kalenderjahr und
läuft automatisch weiter, wenn nicht 2 Monate vor
Ablauf eines Jahres gekündigt wird.
© Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte
vorbehalten. Auch unverlangt eingesandte Manuskripte
werden sorgfältig geprüft. Unverlangt eingesandte
Bücher werden nicht zurückgeschickt.
Die als Arbeitsblatt oder Kopiervorlage bezeichneten Unterrichtsmittel dürfen bis zur Klassen- bzw. Kursstärke vervielfältigt werden.
Adresse der Schriftleitung:
Rosemarie Buhlmann
Goethe-Institut, Bereich 313
Postfach 190419, D-80604 München
Tel.: 089/1 59 21-295; mailto: [email protected]
Bezugsadresse:
Ernst Klett Sprachen GmbH,
Klett International
Postfach 106016
D-70049 Stuttgart
Tel.: ++49/711/6 672-5730;
Telefax: ++49/711/6672-2004
mailto: [email protected]
Internet: www.klett-edition-deutsch.de
Tel./Fax der Redaktion: ++43/ 1/523 54 48
ISBN 3-12-675663-8
ISSN 0937-3160
Heft 35/2006
4
Lernen an Stationen, Lernzirkel, Stationenlernen,
Übungszirkel – eine Modeerscheinung und damit
ein Modethema? Pädagogischer Schnickschnack
oder eine etwas andere Methode, die die Freude
am Lernen erhält, effizient ist und jedem Lerner
ein Maximum an Autonomie ermöglicht? Spät
wieder entdeckt, mit einem festen Platz in der
Primardidaktik, aber von eher zweifelhafter Eignung
im Fremdsprachenunterricht?
Sollte ein solches Vorurteil bestehen, so möchte
dieses Heft von „Fremdsprache Deutsch“ damit
aufräumen. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Stationenlernens
im Fremdsprachenunterricht aufzuzeigen und Appetit
darauf zu machen, das Potential von Stationenlernen
für den eigenen Unterricht nutzbar zu machen bzw.
neue Anregungen zum Gestalten von Lernstationen
für die unterschiedlichsten Lernbereiche im Unterricht Deutsch als Fremdsprache zu geben. Im Heft
finden Sie einerseits zahlreiche Beispiele aus der
Praxis für unterschiedliche Zielgruppen und Zielsetzungen, andererseits die erforderlichen Grundlageninformationen und eine Checkliste zur Vorbereitung des Stationenlernens.
Das vorliegende Heft ist übrigens das letzte, das
der Ernst Klett Verlag herausgibt. Das nächste Heft
„Licht aus – Film ab“ erscheint 2007 zur gewohnten
Zeit im Max Hueber Verlag zu den gleichen Konditionen wie bisher – die abonnierten Hefte werden
geliefert wie immer.
Nur die Bezugsadresse ändert sich:
Hueber Verlag GmbH & Co KG
Annette Albrecht
Redaktion Deutsch als Fremdsprache
Max-Hueber-Straße 4, D-85737 Ismaning
Tel.: 089/9602-233; Fax: 089/9602-254
[email protected]
http://www.hueber.de
Der Verlag wird sich zu gegebener Zeit mit Ihnen
in Verbindung setzen.
Viel Spaß mit „Fremdsprache Deutsch“ wünscht Ihnen
Ihre
Rosemarie Buhlmann
Nach 17 Jahren trennt sich der Klett Verlag von
FREMDSPRACHE DEUTSCH. Die Herausgeber möchten
dem Verlag an dieser Stelle für die langjährige intensive Betreuung der Zeitschrift danken. Dieser Dank
gilt insbesondere Frau Eva-Maria Jenkins, deren
Redaktion für das Gesicht und die Qualität der
Zeitschrift Maßstäbe gesetzt hat.
Peter Bimmel, Hans-Jürgen Krumm, Gerd Neuner
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
STATIONENLERNEN –
WAS IST DAS EIGENTLICH?
VON RAINER E. WICKE
„Lernen an Stationen im Deutschunterricht?
So etwas kann man sicher mal versuchen,
aber ...“ Immer wieder erlebe ich in Fortbildungsveranstaltungen, dass Kolleginnen und Kollegen
Bedenken äußern, wenn es darum geht, offenere
Lern- und Arbeitsformen in ihren Unterricht
einzuplanen. Häufig wissen diese Zweifler jedoch
nicht einmal, was genau sich hinter dem Begriff
„Stationenlernen“ verbirgt. Dies zu erläutern ist
das Ziel dieses Beitrags.
Häufig werden die Begriffe Stationenlernen, Lernen
an Stationen und Lernzirkel synonym verwendet.
Im Folgenden wird der Begriff Stationenlernen verwendet, da er klar ausdrückt, was gemeint ist und
sprachlich gut zu handhaben ist.
Die Methode des Stationenlernens ist keine neue
Erfindung. Die amerikanische Pädagogin Helen
Parkhurst praktizierte diese Arbeitsform schon
Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Anlehnung an Maria Montessori (Bauer 1997). In der Reformpädagogik wurde diese Form der freien und
offenen Arbeit in den pädagogischen Systemen von
Petersen und Freinet sowohl im unterrichtlichen,
schulischen Geschehen als auch in dessen lernund erkenntnistheoretischer Begründung besonders hervorgehoben: In und aus der freien Arbeit
entwickeln sich die Lernprozesse, die letztlich zu
Erkenntnissen und damit zu lebensbedeutsamem
Wissen werden. Weil der Gegenstand der Auseinandersetzung vom Lernenden selbst gewählt wird,
steigert sich nicht nur die Intensität der Lernbemühungen, sondern es entstehen über die Arbeitsprozesse hinaus eigenständige Verstehensstrukturen (Sehrbrock 1998). Dieses besondere „Training
für das Hirn“ wurde im Sommer 1980 im Rahmen
eines Lehrgangs an einer Grundschule in Aidlingen/Deutschland, der sich mit schülergerechten
Arbeitsmaterialien für einen vielfältigen Leseunter-
richt befasste, wieder in Erinnerung gerufen. Seitdem wurde die Lernform auf immer neue Unterrichtsinhalte und Fächer übertragen und bald sogar
fächerübergreifend angewendet.
Definition: Stationenlernen
Ein bestimmter Lerninhalt wird
in mehrere Teilbereiche aufgeteilt. Zu jedem Teilbereich
erstellt die Lehrkraft ein Materialangebot, das von den Lernenden selbstständig bearbeitet
werden soll. Die Materialien
werden im Klassenraum oder
auch außerhalb an verschiedenen „Stationen“ ausgelegt.
Die Lernenden gehen einzeln
oder in Gruppen von Station
zu Station und bearbeiten die
Materialien.
Charakteristika des Stationenlernens
Auch beim Stationenlernen, wie wir es heute verstehen, werden die Lernenden einzeln oder in
Gruppen zur freien und damit zur selbstständigen
Arbeit in einem offenen Unterricht geführt. Das
Materialangebot ist handlungsorientiert, es berücksichtigt die Möglichkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten
und Fertigkeiten der Lernenden und bezieht deren
Vorerfahrungen mit ein. Das Stationenlernen fördert die Binnendifferenzierung, indem an den einzelnen Stationen Aufgaben und Übungen angeboten werden, die sowohl für leistungsstärkere als
auch für leistungsschwächere Schüler attraktiv
sind. Das Stationenlernen orientiert sich sehr stark
an den Prinzipien eines projektorientierten Unterrichts, indem es nicht die eine richtige Lösung vorgibt, sondern alternative Möglichkeiten anbietet,
um ein Problem zu lösen. Darüber hinaus fördert
es handlungsorientiertes und handwerkliches Lernen durch die Gestaltung eines Produkts, z.B. einer
Offener Unterricht
Handlungsorientierung
Selbstständigkeit
der Lernenden
Binnendifferenzierung
Produkterstellung
Teamarbeit
Stationenlernen
Problemlösungsstrategien
Neue Lernzugänge
Lernen mit allen
Sinnen
Überraschungen
Motivation
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Lernanreize
5
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Collage oder eines Posters. Wichtig ist, dass jeder
Schüler, jede Schülerin unter Berücksichtigung
möglichst vieler Sinne an den angebotenen Stationen neue Lernzugänge erfahren oder Gelerntes
durch Übung vertiefen kann. Dies geschieht, wenn
die angebotenen Aufgaben und Übungen die Neugierde und Aufmerksamkeit der Lernenden wecken
und sie dazu motivieren, sich aktiv mit den Materialien auseinanderzusetzen und gemeinsam an
einer Problemlösung zu arbeiten. Dem ausschließlichen „Kopflernen“ wird bewusst eine Absage
erteilt, indem nicht nur die vier Fertigkeiten Lesen,
Hören, Sprechen, Schreiben geübt, sondern auch
das Riechen, Schmecken und Fühlen, das Spielen
und Fantasieren einbezogen werden. Im Gegensatz
zum Projektlernen bietet das Stationenlernen jedoch in der Regel nur begrenzte Möglichkeiten
der Öffnung des Unterrichts nach Außen. Zwar
können die Stationen auch außerhalb des Klassenzimmers im Schulgebäude eingerichtet werden, der
Bezug zur außerschulischen Wirklichkeit, der im
Projektlernen im Fokus der Arbeit steht, lässt sich
hier aber nur bedingt oder simuliert herstellen. Eine
große Rolle beim Stationenlernen spielen natürlich
auch die (materiellen) Voraussetzungen, die an der
Schule gegeben sind (z.B. frei verstellbare Tische,
eventuelle Nutzung größerer Unterrichtsräume),
sowie die praktischen Möglichkeiten der Materialerstellung, die den Lehrenden zur Verfügung stehen
(z.B. Kopiergerät, Drucker, Aufbau von Riech- und
Fühlstationen und Vieles andere).
Unterricht darf nicht zur Routine werden, vielmehr muss er die Lernenden immer wieder überraschen und zu ungewöhnlichen Verhaltensweisen
und Aktionen auffordern (Dörney 2002). Das Stationenlernen bietet immer wieder solche Überraschungsmomente. Es unterstützt auch die Forderung von Müller-Harter:
„Wer die Methoden des selbstentdeckenden Lernens fördern
will, darf nicht die Antworten liefern, sondern muss Schülern
‘Lernanreize‘ bieten, die sie in eine Fragehaltung versetzen und
zu selbsttätigen ‘Forschern‘ machen. (Müller-Harter, 2002).
Vorbereitung und Gestaltung
der Stationen
Anstatt nun eine Beschreibung zu Vorbereitung
und Gestaltung von Stationen zu lesen, finden Sie
die notwendigen Informationen auf der Doppel6
seite 8 und 9 als eine Art Stationenlernen angelegt,
wie sie in der Lehrerfortbildung zu diesem Thema
Anwendung finden kann. Die Aufgaben an Teilnehmende eines solchen Seminars lauten:
1. Legen Sie in der gesamten Lerngruppe eine Ihnen logisch erscheinende Reihenfolge der Stationenkarten fest, indem Sie die
Stationen nummerieren oder entsprechend markieren. (Nun werden die Karten kopiert, ausgeschnitten und laminiert.)
2. Legen Sie die Karten an unterschiedlichen Stationen im Seminarraum aus (im Uhrzeigersinn) und entscheiden Sie, welche
Station Sie persönlich mit einem Partner / einer Partnerin oder
in einer Kleingruppe bearbeiten wollen.
3. Diskutieren Sie die Angaben auf Ihrer Karte, machen Sie gegebenenfalls Vorschläge zur Ergänzung oder Adaption.
4. Stellen Sie zum Schluss Ihre Vorschläge vor.
Allein oder zusammen arbeiten?
Die Lernenden können die Arbeitsaufträge in Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit erledigen. Natürlich empfiehlt es sich, das Aushandeln von Ergebnissen durch Partner oder Gruppen zu fördern;
dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die Paare
oder Kleingruppen immer wieder wechseln, um
Routinen in Zusammensetzung und Gruppenarbeit
zu vermeiden. Dem Bedürfnis Einzelner, sich allein
mit einer Aufgabe, die sie besonders interessiert, zu
befassen, sollte ebenfalls Rechnung getragen werden. Gruppenbildungsprozesse müssen also auf
jeden Fall von der Lehrkraft begleitet werden, die
Zusammensetzung der Gruppen darf jedoch nicht
autoritär festgelegt werden
Reihenfolge der Stationen,
Laufzettel und Lerntagebuch
Die Reihenfolge der einzelnen Stationen kann eindeutig festgelegt werden, indem z.B. vereinbart
wird, dass die Stationen im Uhrzeigersinn bearbeitet werden (siehe Abb. 1). Dieses Verfahren wird sich
bei Lerngruppen empfehlen, die zum ersten Mal
mit dieser Lern- und Arbeitsform konfrontiert werden; es erleichtert auch den Aufbau der Stationen.
Die Stationen können jedoch auch kreuz und quer
im oder sogar vor dem Klassenraum eingerichtet
werden (siehe Abb. 2). In diesem Fall wird die Abfolge der Stationen gern den Lernenden überlassen,
z.B. wenn ihnen ein Überangebot an zu bearbeitenden Themen und Inhalten gemacht wird. An
jeder Station sollte auf jeden Fall ein deutlich wahr-
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Station 7
Tür
Tür
Pufferstation 1
Pufferstation 2
Station 2
Station 2
Station 4
Station 3
Station 1
Platz für
Ausstellungen und
Dokumentation
Station 6
Station 5
Inform
Wörte ationsstatio
rbüche
n
r usw. :
Fenster
Pufferstation 2
Pufferstation 1
Station 1
Station 3
Station 4
Platz für
Ausstellungen
an Pinnwänden und
auf Wäscheleinen
zur Dokumentation
der Ergebnisse
Station 6
Informationsstation:
Wörterbücher usw.
Station 5
Fenster
Abb. 1: Stationen-Arrangement im Uhrzeigersinn
Fenster
Fenster
Abb. 2: Stationen-Arrangement offene Form
nehmbares Schild mit einer Nummer oder einem
Symbol aufgestellt werden, so dass die Lernenden
schnell identifizieren können, mit welcher Aufgabe
oder Arbeitsanweisung sie dort konfrontiert werden.
Um die Orientierung zu erleichtern, erhalten die
Lernenden einen Laufzettel mit einer Übersicht
über das gesamte Stationenangebot. Auf diesem
notieren sie oder kreuzen an, welche Arbeitsaufträge sie bereits erledigt haben und welche sie noch
in Angriff nehmen wollen oder sollen.
Als Alternative kann man die Lernenden auch ein
so genanntes Lerntagebuch erstellen lassen, in dem
der eigene Lernfortschritt im Sinne eines persönlichen Portfolios festgehalten werden kann. Die
Autonomie der Lernenden soll sich also nicht auf
die eigenständige Arbeit an den Stationen beschränken, vielmehr müssen sie auch dazu angeleitet werden, ihre Erfolge kritisch zu hinterfragen
und eine realistische Einschätzung ihrer persönlichen Leistungen vorzunehmen.
abgeschoben worden zu sein. Mitunter wird die
eine oder andere Gruppe einen Arbeitsauftrag
innerhalb der gesetzten Zeit schneller als andere
erledigen, auch hier ist ein Ausweichen auf eine
Pufferstation möglich, an der zum Beispiel weiterführende und transferierende Aufgaben zum Thema angeboten werden.
Auch der Schwierigkeitsgrad der Stationen sollte
variieren, indem zum Beispiel eine Erholstation
eingeplant wird, an der die Lernenden mit einer
relativ leichten, spielerisch-kreativen Aufgabe konfrontiert werden, die ihnen die Gelegenheit zum
Verschnaufen gibt.
Zusätzlich kann es auch eine Informationsstation
geben, an der die Lernenden Hilfsmittel wie z.B. Wörterbücher, Lexika und Zusatzmaterialien vorfinden,
die ihnen die Arbeit erleichtern. Dort können auch
die Lösungen für die Arbeitsaufträge zur Selbstkontrolle ausgelegt werden (Kontrollstation), sofern
diese sich nicht bereits in einem verschlossenen
Umschlag an den jeweiligen Stationen befinden.
Puffer-, Erhol- und Informationsstationen
Zeitliches Limit und Stationenwechsel
Bei der freien Stationenwahl müssen Engpässe aufgrund der gleichzeitigen Bearbeitung einer Station
durch mehrere Gruppen unbedingt vermieden werden. Man braucht also so genannte Pufferstationen.
In Form eines Überangebotes werden ein bis zwei
zusätzliche Stationen eingerichtet, auf die eine
Gruppe notfalls ausweichen kann, ohne das Gefühl
zu haben, im Sinne einer Beschäftigungstherapie
Für die Bearbeitung jeder Station sollte ein zeitliches
Limit gesetzt werden, damit alle Lernenden die
Gelegenheit haben, an allen Stationen zu arbeiten.
Dabei muss der zeitliche Rahmen so gehalten sein,
dass die Gruppen nicht unter Zeitdruck oberflächlich arbeiten. Andererseits muss vermieden werden,
dass sie die Aufgaben in relativ kurzer Zeit absolvieren und unterfordert sind. Die begleitende Lehrkraft
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
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STATION Nr.
Arbeitsauftrag:
Lesen und nummerieren
Sie die Stationenkarten
in der Ihnen logisch
erscheinenden Reihenfolge.
lernens.
des Stationen
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teren Arbeitsaufträgen ein,
Richten Sie eine Erholstation mit leich
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damit die Lernenden während der inte
„durchatmen“ können.
STATION Nr.: __
Richten Sie zusätzlich eine Informationsstation ein.
Dort können die Lernenden in Wörter- oder Fachbüchern nachschlagen.
Nutzen Sie die Fensterbänke, das Lehrerpult oder andere Möglichkeiten als Ablage.
STATION Nr.: __
Sorgen Sie dafür, dass da
s Material für Ihr Statione
nlernen leicht transportier
kann, indem sie alle Mater
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-Sammelmappe archivieren
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8
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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STATION Nr.: __
Planen Sie eine Station ein, an der die Lernenden ihre Arbeit kontrollieren
oder
evaluieren können. Dort befinden sich alle Lösungen, mit deren Hilfe die Lernend
en
ihre Ergebnisse selbstständig überprüfen können.
Alternativ können Sie die Lösungen auch an den jeweiligen Stationen zur
Verfügung
stellen, indem sie diese in Briefumschläge stecken, die die Lernenden nach
der
Bearbeitung der Station öffnen können.
STATION Nr.: __
Stellen Sie für das Stationenlernen Tischgruppen in den einzelnen Ecken des
.
Raumes auf, weitere Gruppen können in der Mitte des Raumes gebildet werden
Sie können aber auch Stationen vor dem Klassenraum einrichten.
Weisen Sie die Stationen deutlich aus, indem Sie die Materialien dort lagern,
dass
bzw. noch deutlich sichtbare Nummern- oder farbige Karten aufstellen, so
rote
grüne,
blaue,
die
oder
3
2,
1,
die Lernenden erkennen, wo Station Nr.
Station sich befinden.
ersinn.
Bei der Verwendung von Nummern: Erstellen Sie die Stationen im Uhrzeig
Beeindie
Achten Sie auf die deutliche räumliche Trennung der Stationen, um
trächtigung der Arbeit durch Parallelgruppen zu vermeiden.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
wird also ständig darauf achten müssen, ob Engpässe oder Leerlaufphasen entstehen. Handelt es
sich lediglich um eine Gruppe, die Probleme hat,
kann diese auf eine Pufferstation ausweichen, sollten bei mehreren Gruppen Engpässe oder Leerlauf
entstehen, so muss notfalls die zur Verfügung stehende Zeit gekürzt oder verlängert werden. Der anstehende Stationenwechsel kann durch ein akustisches Signal (Handglocke / Musik von Kassettenrekorder oder CD – Player) und / oder durch eine
entsprechende verbale Aufforderung eingeleitet
werden. In fortgeschritteneren Lerngruppen kann
der Wechsel auch durch einen stummen Impuls –
z. B. durch Hochhalten einer bekannten Signalkarte – angedeutet werden. Die Gruppen müssen dazu
angehalten werden, die Arbeitsmaterialien vor dem
Stationenwechsel wieder so anzuordnen, wie sie
sie vorgefunden haben, damit die nachfolgenden
„Arbeiter“ ihr „Werkzeug“ ohne große Mühe finden.
Fehlerkorrektur
Natürlich werden die Lernenden Fehler machen,
ganz gleich, ob sie diskutieren, Texte exzerpieren,
Produkte beschreiben oder Ergebnisse verschriftlichen. Beim Stationenlernen als einer Form des
selbstständigen Lernens ist die permanente Präsenz
der und die Kontrolle durch die begleitende Lehrkraft jedoch weder möglich noch erwünscht – im
Gegenteil, eine ständige Korrektur wäre kontraproduktiv, da die so Gegängelten den ihnen gebotenen
Freiraum zum Experimentieren kaum nutzen würden aus Angst, Fehler zu machen. Die Arbeitsformen
des Stationenlernens sind unter anderem auch darauf ausgerichtet, den Lernenden den Erwerb von so
genannten Schlüsselqualifikationen zu sichern, zu
denen zum Beispiel nicht nur Selbstständigkeit,
sondern auch Teamfähigkeit und das Aushandeln
von Kompromissen gehören. Die Korrektheit von
Grammatik, Wortschatz und Strukturen ist dabei
nicht prioritär zu sehen, was nicht heißen soll, dass
Fehler in diesen Bereichen nicht – mit der gebotenen Behutsamkeit – verbessert werden sollen. Die
Lehrkraft wird – das ist dieser Arbeitsform immanent – sowieso nicht alle Fehler bemerken. Aber eine
Reaktion auf die Fehler, die sie wahrnimmt, ist nicht
nur angebracht, sondern sogar dringend erforderlich, damit die Fehler sich nicht verfestigen. Gute
Erfahrungen habe ich damit gemacht, mir nach den
10
Einzel- und Gruppengesprächen unauffällig die
wichtigsten Fehler zu notieren und diese in einer
Plenarphase gesammelt und ohne Nennung von
Namen mit der gesamten Lerngruppe zu besprechen. Fehlerkorrektur wird von den Lernenden
generell als unproblematisch empfunden, wenn die
Lehrkraft durch ihr eigenes Verhalten zeigt, dass es
kein Problem ist, Fehler zu machen und wenn sie
den Lernenden vermittelt, dass sie zu ihren Fehlern
stehen und eine angemessene Hilfestellung durch
die Lehrkraft, aber auch durch die Mitschüler erwarten können (Schwerdtfeger 2003).
Die veränderte Lehrerrolle
Nicht selten ist die Vorstellung anzutreffen, dass die
Lehrenden bei den Gruppenarbeitsprozessen des
Stationenlernens völlig überflüssig seien und die Verantwortung für den Unterricht weitgehend abgeben.
Das Gegenteil ist der Fall, denn die Lehrenden haben
eine Vielzahl von Aufgaben wahrzunehmen, die im
Folgenden kurz beschrieben werden (Schwerdtfeger
2001). Zwar behält die Lehrkraft nach wie vor die Verantwortung für die inhaltliche Seite des Unterrichts,
jedoch entwickelt sie sich vom „Kontrolleur“ mehr
und mehr zum „Monitor“. Das heißt, sie beobachtet
und begleitet den Lernprozess der Lernenden, unterstützt und bestätigt Lösungsvorschläge. Ihr eröffnen
sich Räume für individuelle Betreuung, indem sie
nicht mehr die ganze Lerngruppe, sondern einzelne
Lerner(-gruppen) beraten kann. Sie bespricht die
Lernschritte mit den Lernenden und fördert deren
Autonomie, indem sie ihnen die Wahl lässt zwischen
alternativen Möglichkeiten zur Erreichung bestimmter Ziele; ihre Impulse sind nicht (mehr) darauf ausgerichtet, die Lernschritte mit dem Ziel einer einzig
möglichen Lösung verbindlich vorzugeben.
Die veränderte Lernerrolle
Im traditionellen Fremdsprachenunterricht sind die
Lernenden es gewohnt, dass die Lehrkraft den Unterrichtsablauf bestimmt, indem sie allein die Ziele
festlegt, Inhalte auswählt, Methoden und Medien
zur Verfügung stellt und die Progression bis zur
Lernkontrolle festlegt. Die Lernenden sind die Ausführenden der Lehrerimpulse. Beim Stationenlernen
müssen sich die Lernenden von diesem Verhalten
lösen; sie müssen lernen, sich unter anderem auch
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
an Methoden und Lösungsstrategien zu orientieren,
die von Klassenkameraden vorgeschlagen werden.
Da es grundsätzlich einfacher ist, eingefahrene Routinen beizubehalten, als neue Wege zu gehen (Bimmel/ Rampillon 2000), ist es nicht immer einfach, die
Lernenden dazu zu bringen, andere Verfahren zu
akzeptieren. Im Rahmen des angestrebten partnerschaftlichen Arbeitens muss die Lehrkraft die Veränderung im Lern- und Arbeitsverhalten der einzelnen
Lernenden sehr behutsam vorbereiten. Dazu gehören
die Ermunterung zum gemeinsamen Experiment,
die Verstärkung eines positiven (Lern-)Verhaltens bei
allen Beteiligten und die Vermittlung, Bestätigung
und Anerkennung von Erfolgserlebnissen. Lehrenden
und Lernenden muss gleichwohl bewusst sein, dass
es bei aller Innovationsfreude auch darum geht, Leistungen zu erbringen (Wallrabenstein 1991).
ausgehängt oder präsentiert werden. Zusätzlich zu
traditionellen Pinnwänden, an denen Blätter befestigt werden können, sei an dieser Stelle auch auf
die Möglichkeit hingewiesen, dass eine Wäscheleine durch das Klassenzimmer gespannt werden
kann, an der die Schülerarbeiten beim Stationenwechsel sukzessiv befestigt werden.
Am Ende des Stationendurchgangs sollte mit den
Lernenden eine Auswertung im Plenum stattfinden,
bei der alle entstandenen Arbeiten und Ergebnisse
gesichtet werden. Dies gilt besonders für Aufgaben,
bei denen z.B. Dialoge, Rollenspiele oder kleine
Sketche erarbeitet wurden. Dabei sollten auch die
Ziele, Methoden und Lernerfolge reflektiert werden,
so dass die Lernenden zu Partnern werden, die
ihren Lernweg bewusster mitgestalten und unterstützen.
Stationenlernen und Lehrbucharbeit
Chancen, Schwierigkeiten und Risiken
Die langwierige und arbeitsintensive Vorbereitung
der Stationen, die Erstellung einer notwendigen
Materialfülle sowie die umständliche Umorganisation des Klassenzimmers werden häufig als erschwerend genannt. Dabei wird übersehen, dass die Einrichtung von Stationen nicht immer mit dem gefürchteten Arbeitsaufwand verbunden sein muss, es
lassen sich auch Stationen in Verbindung mit den
Inhalten des verwendeten Lehrbuches einrichten.
Allerdings ist das Stationenlernen nur dann sinnvoll,
wenn bereits erworbene Kenntnisse vorausgesetzt
werden können. Dabei sollen Kontrolle und Erfolgserlebnisse an jeder Station motivieren und zu neuem Tun anregen (Wicke 1997).
Wenn die Lernenden über längere Zeit gute
Erfahrungen mit dem Stationenlernen gemacht
haben, können sie sich durchaus auch eigene Aufgaben für einzelne Stationen ausdenken und so
einen wichtigen Beitrag zum Unterricht leisten.
Wie bei allen Sozial- und Arbeitsformen bringt das
Stationenlernen eine ganze Reihe von Vorteilen, es
birgt aber auch Risiken, die beachtet werden müssen (Bauer 1997/2).
Auswertung und Präsentation
Die Ergebnisse, Arbeiten und Produkte des Stationenlernens bedürfen stets einer Auswertung. Beim
Stationenwechsel muss darauf geachtet werden,
dass die Schülerarbeiten der Vorgruppe nicht an der
jeweiligen Station verbleiben, sondern – sofern sie
nicht zur Bearbeitung weiterer Stationen mitgeführt werden müssen – dass diese im Klassenraum
Zu den Vorteilen:
Die lernerzentrierte Durchführung der Stationen
führt zu einem Abbau des direkten Handlungsund Erfolgszwanges, der den traditionellen (lehrerzentrierten) Fremdsprachenunterricht häufig kennzeichnet. Die Lernenden bestimmen das Lerntempo weitgehend selbst, ohne die gesetzten Ziele aus
dem Auge zu verlieren. Störungen vonseiten einzelner Lernender haben nur begrenzte Wirkung, da
sie den Unterricht nicht mehr allgemein, sondern
lediglich die Lernenden in der unmittelbaren Nähe
des Störers beeinträchtigen. Die begleitende Lehrkraft kann den Lernprozess aus größerer Distanz
beobachten, ohne ganz auf Mitwirkung verzichten
zu müssen. Sie kann dann von Fall zu Fall darüber
entscheiden, ob sie sich und ihr Wissen einbringen
muss oder will. Das soziale Lernen ist ein wesentliches Element gemischter Arbeitsgruppen, das
heißt, es wird sich gar nicht vermeiden lassen, dass
die Lernenden voneinander lernen und profitieren.
Darüber hinaus können die Lernenden ihre eigenen Arbeitsergebnisse in den laufenden Lernprozess integrieren und ihren Mitlernenden zugänglich
machen.
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Zu den Nachteilen:
Als schwerwiegend wird häufig der große Vorbereitungsaufwand empfunden, mit dem das Stationenlernen verbunden ist. Deshalb müssen Möglichkeit der Kooperation genutzt werden. Auch stellt
sich nach einiger Zeit eine gewisse Routine ein, die
bei der Konzeption neuer Arbeiten und Aufgaben
hilft. Dennoch ist richtig, dass die Vorbereitung stets
mit einem enormen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden ist. Eine direkte Kontrolle und Korrektur
durch die Lehrkraft ist beim Stationenlernen nicht
möglich, vielmehr wird sie sich auf punktuelle
Stichproben beschränken müssen bzw. immer dort
Hilfe (behutsam) anbieten, wo sie notwendig ist
oder explizit vielleicht sogar von den Lernenden
eingefordert wird.
Es kann durchaus auch geschehen, dass Eltern,
die mit dieser Form schulischen Lernens nicht ver-
Checkliste fürs Stationenlernen
왘
Eignet sich das von mir gewählte Thema wirklich zur Bearbeitung in Stationen?
왘 Ist der Unterrichtsraum geeignet oder sollte ich nach einem geeigneteren (größeren,
flexibler nutzbaren) Raum suchen?
왘 Ist die Struktur des von mir geplanten Stationenlernens klar und deutlich zu
erkennen oder muss ich besondere Hilfestellung geben – z. B. vor Beginn etwas im
Plenum erklären?
왘 Sind den Lernenden die Regeln zum Unterrichtsverlauf beim Stationenlernen
bekannt?
왘 Sind die Lernziele deutlich erkennbar, so dass die Lernenden wissen, warum sie was
tun sollen?
왘 Ist genügend Material an allen Stationen vorhanden?
왘 Werden an den Stationen unterschiedliche Methoden der Bearbeitung angewandt?
왘 Wissen die Lernenden, was an den einzelnen Stationen gemacht werden soll bzw.
sind die Aufgaben und Bewertungskriterien deutlich und verständlich formuliert?
왘 Entsprechen die Aufgaben dem Alter und dem Sprachniveau der Lernenden?
왘 Steht den Lernenden genügend Zeit für eine vernünftige Bearbeitung der einzelnen
Stationen zur Verfügung?
왘 Können Vorschläge der Lernenden zur Gestaltung von Stationen aufgenommen und
umgesetzt werden?
왘 Wird in den alternativen Aufgabenstellungen das unterschiedliche Leistungsvermögen
der Lernenden mit dem Ziel der Binnendifferenzierung angemessen berücksichtigt?
왘 Werden in den Aufgabenstellungen unterschiedliche Lerntypen angesprochen, so
dass jeder Schüler, jede Schülerin Erfolgserlebnisse verzeichnen kann?
왘 Bietet das Stationenlernen die Möglichkeit mit „Kopf, Herz und Hand“ auch fächerübergreifend zu lernen?
왘 Sind genügend Hilfsmittel (Wörterbücher, Bildwörterbücher, zusätzliche Texte und
Materialien, Lösungsblätter) an der Material- und Informationsstation vorhanden?
왘 Steht für die abschließende Präsentationsphase genügend Zeit zur Verfügung?
왘 Wird die Form der abschließenden Präsentation den Schülerbeiträgen gerecht?
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traut sind, Kritik anmelden. Mit anderen Worten:
Die Eltern müssen in die Arbeit einbezogen und
aufgeklärt werden. Auch die Leistungsmessung ist
beim Stationenlernen nicht einfach, da die Verantwortung für die Arbeitsschritte an die Lernenden
bzw. die Arbeitsgruppen delegiert wird. Hier müssen alternative Bewertungsmaßstäbe entwickelt
und angewendet werden.
Stationenlernen ist – das muss abschließend betont
werden – natürlich nicht die allein selig machende
Methode im fremdsprachlichen Deutschunterricht,
sondern im Rahmen der Methodenvielfalt eine
Methode neben anderen, auch traditionelleren, die
aber im modernen Fremdsprachenunterricht ihren
festen Platz haben sollte.
Die Checkliste kann Ihnen bei der Vorbereitung
Ihres Stationenlernens behilflich sein.
Zu den Beiträgen in diesem Heft
Die Beiträge in diesem Heft wurden thematisch
gebündelt (siehe Inhaltsverzeichnis). So können
Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in der
Herangehensweise bei ähnlichen Themen entdeckt
werden. Die Beiträge lassen sich unterschiedlichen
Niveaustufen des „Gemeinsamen europäischen
Referenzrahmens“ zuordnen.
Im Basisartikel von Rainer E. Wicke werden die
Charakteristika des Stationenlernens und die Bedingungen, unter denen Stationenlernen stattfindet, beschrieben.
Der Beitrag Ein Baum ist wie ein Traum! (Niveaustufe
B2), ebenfalls von Rainer E. Wicke, enthält Ansätze
für einen fächerübergreifenden Deutschunterricht,
indem nicht nur literarische Texte, sondern darüber
hinaus auch Materialien, die den Fächern Biologie,
Kunst und Musik zugeordnet werden können, im
Mittelpunkt der Arbeit stehen. Im Beitrag wird
gezeigt, wie an ganz unterschiedlichen Lernorten
(Kairo, Rom, Prag) fortgeschrittene Deutschlernende der neunten und zehnten Klassen durch ein interessantes Thema und die Form des Stationenlernens
motiviert werden konnten, recht anspruchsvolle
Materialien zu bearbeiten. Dabei kam es auch zu
interessanten interkulturell unterschiedlichen Ergebnissen. Die Fülle der in den Stationen verwen-
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deten Materialien konnte in diesem Heft nicht abgedruckt werden. Es werden jedoch alle Quellen
aufgelistet, so dass die Möglichkeit besteht, dieses
Thema im eigenen Unterricht zu bearbeiten.
Interkulturelle Landeskunde, interkulturelle Vergleiche stehen im Zentrum der von Ulrike Behrendt
beschriebenen Stationen zum Thema Café (Niveaustufe B1/B2). In den für Fortbildungsseminare erarbeiteten Stationen wird mit sehr abwechslungsreichen Aufgaben und mit allen Sinnen ausgelotet,
was alles ein Café ausmacht. Schließlich wird in
einem simulierten „echten“ Café Arbeit und Erholung in Einklang gebracht. Im Beitrag werden alle
Stationen aufgelistet, er lädt also ebenfalls zum
direkten Nachmachen in vergleichbaren Lerngruppen ein, wenn auch nur einige Stationen beispielhaft beschrieben werden.
Die Literatur hat in den folgenden drei Beiträgen
eine hervorgehobene Stellung.
Petra Klimaszyk hat Textausschnitte von Bernhard Schlinks Erzählung Die Beschneidung zum
Gegenstand eines Stationenlernens mit Erwachsenen gemacht (Niveaustufe C1). An einigen beispielhaften Stationen wird gezeigt, wie man sich im
Sinne des rezeptionsästhetischen Ansatzes vom
Text lösen kann, so dass die entsprechenden Leerstellen in der Stationenarbeit fantasievoll und kreativ gefüllt werden können.
Anna Pilaski arbeitet mit 10-13jährigen Kindern.
Ihre sehr liebevoll gestalteten, schülergerechten
Stationen (Niveaustufe A2) zu der poetischen Erzählung „Der kleine König Dezember“ von Axel
Hacke zeigen, dass das Stationenlernen eine ideale Arbeitsform für die Arbeit in der Primarstufe sein
kann. Es gelingt ihr, die Kreativität der Kinder und
ihre Neugier auf den Text stets neu herauszufordern, und sie zu eigenen Deutungen des Textes
anzuregen. Natürlich gab es auch Schwierigkeiten,
aber – lesen Sie selbst!
Ivica Lenc̀´ová setzt bei der Bearbeitung von Gedichten neue Akzente (Niveaustufe B2). Auch hier
wird der Text nicht als heilige Kuh betrachtet, im
Gegenteil, er wird zum Ausgangspunkt für eigene
lyrische Arbeiten der Schüler.
Auch Wortschatz und Grammatik eignen sich fürs
Stationenlernen: Elzbieta Derhartunian zeigt in
ihrem Beitrag, dass das Wiederholen von Lexik
nicht mit Monotonie und Langeweile verbunden
sein muss, sondern dass mit Hilfe des Stationenlernens auch ein motivierendes Angebot gemacht
werden kann (Niveaustufe A1).
Verschiedene Lerntypen benötigen unterschiedliche Strategien, mit deren Hilfe sie sich neuen
Wortschatz aneignen können. Antje Storks Präsentation einiger ausgewählter Vokabellernstrategien
in Stationen (Niveaustufe A2) soll die Lernenden
dazu anregen, eine entsprechende Auswahl zu treffen. Diese Stationen sind jederzeit durch weitere
Stationen, z.B. Vokabellernen mit Hilfe neuer Medien, erweiterbar.
Grammatikstunden erfreuen sich erfahrungsgemäß nur geringer Beliebtheit im fremdsprachlichen
Deutschunterricht. Grammatikarbeit an Stationen,
wenn Grammatik auch noch mit allen Sinnen
„erlebbar“ gemacht wird wie in den Stationen von
Hildegard Pinnekamp zum Konjunktiv II (Niveaustufe B1/B2), könnte das ändern.
Der deutschsprachige Fachunterricht (Niveaustufe
C1/C2) eignet sich ebenfalls für das offene Lernen an
Stationen. Ágnes Végvári und Rolf Kruczinna orientieren sich an einem relativ komplexen Thema aus
der Chemie, sie verweisen jedoch auf die Übertragbarkeit der angewandten Methoden auf andere Fächer.
Literaturverzeichnis:
Bauer, Roland (1997): Schülergerechtes Arbeiten in der Sekundarstufe I:
Lernen an Stationen. Berlin: Cornelsen / Scriptor, 57 (1), 60/61 (2).
Bimmel, Peter / Rampillon, Ute (2000): Lernerautonomie und Lernstrategien. Fernstudieneinheit 23. München: Langenscheidt, 43/44.
Dörney, Zoltán: Wie motiviere ich richtig? In: FREMDSPRACHE DEUTSCH,
H. 25/2002: Motivation. Hrsg. von Peter Bimmel. Stuttgart: Verlag
Ernst Klett Sprachen, 17.
Müller-Harter, Manfred: Offener Unterricht – ein Konzept der kleinen
Schritte. In: Primar, H. 32/2002. Troisdorf: Dürr und Kessler, 50.
Schwerdtfeger, Inge, C. (2001): Gruppenarbeit und innere Differenzierung. Fernstudieneinheit 29. München: Langenscheidt, 68 ff.
Schwerdtfeger, Inge C. (2003): Sozialformen. Überblick. In: Bausch, KarlRichard / Christ, Herbert / Krumm, Hans-Jürgen: Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: A. Francke, 250.
Sehrbrock, Peter (1998): Freiarbeit in der Sekundarstufe I. Berlin: Cornelsen
/ Scriptor, 10/11.
Wallrabenstein, Wulf (1991): Offene Schule – Offener Unterricht. Reinbek:
Rowohlt Taschenbuch, 135 ff.
Wicke, Rainer E. (1997): Vom Text zum Projekt. Berlin: Cornelsen, 92.
Fotos:
Zur Illustration haben wir die Schülerfotos von K. Rumanková zum Beitrag „Das Glück hat Flügel“ verwendet.
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Foto: Rainer E. Wicke
EIN BAUM IST WIE
EIN TRAUM!
Sechs Stationen zum Thema Der Baum
Abb. 1: Jahreszeitenbaum
VON RAINER E. WICKE
Voraussetzungen
Das folgende Unterrichtsbeispiel wurde – als Schulversuch – in Kairo, Rom und Prag, also an drei kulturell sehr unterschiedlichen Lernorten, in drei
neunten/zehnten Klassen in jeweils einer Doppelstunde durchgeführt. In den sechs Stationen erhielten die Schülerinnen und Schüler ein breit
gefächertes Angebot von Bildern und Texten zum
Thema Baum, das ihre unterschiedlichen Vorerfahrungen, Interessen, Begabungen, Sach- und Sprachkenntnisse ansprechen sollte. Die Aufgabenstellungen sollten sowohl lernschwächeren als auch
lernstärkeren Schülerinnen und Schülern Erfolgserlebnisse ermöglichen (Binnendifferenzierung).
Fächerübergreifendes Lernen spielte ebenfalls eine
wichtige Rolle, indem z.B. Inhalte der Fächer Biologie (Umweltschutz), Kunst (Verwendung und Anfertigung von Bildern und Illustrationen) und Musik
(Lieder) bei der Auswahl berücksichtigt wurden.
Breit gefächertes
Angebot
Binnendifferenzierung
Fächerübergreifendes
Lernen
Alternative Arbeitsund Problemlösungsstrategien
Neue Fähigkeiten
und Fertigkeiten
Texte verstehen,
Texte schreiben
Das Verstehen unterschiedlicher, nicht immer leichter Texte und – darauf aufbauend – die Produktion
eigener Texte waren die deutlichen Schwerpunkte
der Arbeit an den Stationen. Dabei waren alternative Arbeits- und Problemlösungsstrategien gefragt,
die die Schülerinnen und Schüler befähigen, sich
selbständig Wissen anzueignen und neue Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben (KMK 2000).
Angesichts der Fülle des Materials ist es leider nicht
möglich, sämtliche Texte und Bilder, die in den Stationen zur Bearbeitung auslagen, in diesem Heft
abzudrucken. Am Ende des Beitrags finden Sie
jedoch eine Liste mit Quellenangaben zu Texten
und Bildern jeder Station, aus der Sie schöpfen
können, wenn Sie selbst einmal einen StationenParcours zum Thema Baum erarbeiten wollen. Im
Beitrag selbst finden Sie zu jeder Station Beispiele
von Schülerarbeiten. (Die Texte wurden nicht korrigiert.)
Das Thema Der Baum findet in vielen schulischen
Publikationen Erwähnung, leider jedoch meist
beschränkt auf die Präsentation von Lesetexten und
lediglich verbunden mit einigen Leitfragen für die
Interpretation. Einige Publikationen ordnen den
Texten auch abwechslungsreiche Aufgaben zu, aus
denen die Lernenden auswählen können. Als Beispiele seien hier Ein Baum für die Liebe (Bieler 1994),
Der alte Baum, (Moser 1989) und Ein Baum ist ein
Baum ist...? (Bischof / Kessling 1989) genannt.
Durchführung im Unterricht
Hinführung zum Thema
Der Unterricht wurde in einem Sitzkreis mit einer
Fotocollage eines Baumes eröffnet. Im Vorfeld hatte ich ein Jahr lang einen Baum in einem Kölner
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Abb. 4: Aus: G. Mebus u. a.: Sprachbrücke 1. Klett 1987, 12.
Abb. 2: Brainstorming, Arbeitsgruppe Prag
Stadtpark in allen Jahreszeiten und Wetterlagen
fotografiert, die Fotos zu einer Baumcollage zusammengestellt, diese abfotografiert und in fünffacher
Ausfertigung laminiert (Abb. 1). Während die Collage
im Sitzkreis herumgereicht wurde, lag dasselbe Bild
als Folie auf dem Tageslichtprojektor, das Thema
Der Baum stand an der Tafel. In einem Brainstorming
wurden Stichwörter, die den Schülerinnen und
Schülern zu diesem Themenkreis einfielen, an der
Tafel gesammelt (Abb. 2 und 3).
Beim Brainstorming gab es in den drei Lerngruppen durchaus Unterschiede. Während die ägyptische Lerngruppe sofort auf die Jahreszeiten, verschiedene Baumarten und den Baum als Sauerstoffspender einging, kam in der tschechischen
Gruppe der Wald als Holz- und Papierlieferant hinzu und wurden in der Klasse in Rom die Bestandteile des Baumes, dessen Nutzen als Obstbaum und
Charakteristika eines Waldes hervorgehoben. Die
Vorstellungen von „Baum“ sind kulturell auch
durchaus unterschiedlich (Abb. 4).
Abb. 3: Brainstorming, Arbeitsgruppe Kairo
Nummern 1 bis 5, 6 bis 10 usw. ordneten sich jeweils
ihrer Arbeitsgruppe zu.
Wahl und Reihenfolge der Stationen
Die Entscheidung, an welchen Stationen sie arbeiten wollten und in welcher Reihenfolge, blieb
dagegen den Lernenden überlassen. Der zeitliche
Rahmen war so gestaltet, dass an jeder Station
innerhalb von fünfzehn bis zwanzig Minuten eine
realistische Mindestleistung erwartet werden konnte. Vier der sechs Stationen mussten als Minimum
in den Doppelstunden bearbeitet werden. Die Stationenkarten waren in Form eines Laufzettels zusammengestellt.
Zusammensetzung der Arbeitsgruppen
Die Stationen sollten in Gruppen bearbeitet werden. Die Zusammensetzung der Gruppen wurde
den Lernenden bewusst nicht selbst überlassen, da
eine Gruppenbildung nach Sympathie oder Freundschaften vermieden werden sollte, um lernschwächeren Lernenden nicht die Chance zu nehmen,
mit lernstärkeren in einer Gruppe zusammenzukommen. (Wicke 2004). Die Gruppen wurden mit
Hilfe von Zahlenkarten gebildet: Lernende mit den
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Foto: Rainer E. Wicke
Die STATIONEN
STATION 1
Arbeitsauftrag:
STATION 1
Arbeite allein, mit einem Partner oder in einer Gruppe.
왘 Welche Texte passen thematisch zusammen? Welche nicht?
Bitte Gründe angeben!
왘 Wählt einen oder mehrere Texte aus:
a) Schildert entweder kurz den Inhalt der ausgewählten Texte
und fügt eure eigenen Meinungen, Kommentare und
eigene Illustrationen hinzu
b) oder schreibt selbst einen Text, der zu einer der Vorlagen
passt.
Material:
17 Gedichte und Texte, die entweder besondere
Bäume beschrieben oder sich mit den Veränderungen der Jahreszeiten befassten.
So werden wir die Natur immer mehr zerstören, dann
finden wir nichts mehr zum Essen und Trinken.
Die Menschen fällen die Bäume und verschmutzen die
Flüsse.
In diesem Fall kann uns das Geld nicht mehr helfen.
(Arbeitsgruppe Kairo zu: „Erst wenn der letzte Baum
gerodet, ...“)
Viele Gedichte passen zu Jahreszeiten:
1. „Der Winter“ (Peter Hacks)
2. „Er ist’s“ (Eduard Mörike)
= Frühling
3. „Herbsttag“ (Rainer Maria Rilke)
= Herbst
4. „Sommerhitze“ (Christel Süßmann)
Unserer Meinung nach ist das Gedicht „Sommerhitze“
vom Inhalt sehr gut, da es genau beschreibt, was man alles
in der Sommerzeit machen kann.
(Arbeitsgruppe Kairo)
Bäume werden dargestellt wie Menschen. Alle Texte sind
ganz poetisch. Mit diesen Texte müssen wir über das Leben
nachdenken. Ein Baum ist wie ein Traum.
(Arbeitsgruppe Prag)
Kommentar:
Wichtig ist der unterschiedliche Schwierigkeitsgrad
der zu bearbeitenden Texte. Es gab auch einfache
Beispiele konkreter Poesie und veröffentlichte Schülerarbeiten. Die Lernenden mussten nicht jedes
Wort und jede Struktur verstehen, vielmehr sollten
sie innerhalb der Gruppe an dieser und den weiteren Stationen gemeinsam Inhalt und Bedeutung
einzelner Texte aushandeln (Dederding 2004).
Arbeitsergebnisse und Kommentare:
Die Schülerarbeiten setzten unterschiedliche
Schwerpunkte. Eine Arbeitsgruppe in Rom kommentierte alle Texte. Bei der Diskussion der Arbeitsergebnisse in Kairo stellte sich heraus, dass das Thema Umweltverschmutzung besonders in Ägypten
große Bedeutung hat und dass es dringend der Aufarbeitung bedarf, um das Bewusstsein der Bevölkerung zu schärfen.
Bäume sind für uns ein wichtiger Bestandteil der Welt.
Dank der Bäume hat die Erde genügend Sauerstoff, um die
Menschen leben zu lassen. Bäume sind für viele von uns
auch ein Zeichen der Schönheit der Erde.
(Arbeitsgruppe Rom)
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STATION 2
Arbeitsauftrag:
STATION 2
Arbeite allein, mit einem Partner oder in einer Gruppe:
왘 Entscheidet euch für eines oder mehrere der Bilder
und berichtet aus der Sicht des Baumes:
Was hat er alles wann, wo, wie und mit wem
erlebt?
Material:
Diese Station enthielt 15 unterschiedliche Baumbilder. Eigene Fotos des Autors waren hier ebenso
zu finden wie Bilder aus dem Internet (das Google
Deutschland Bildarchiv bietet eine Vielzahl von Bildern zu Bäumen unter dem entsprechenden Stichwort an) oder weitere, die Publikationen entnommen worden waren.
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Arbeitsgruppe Prag
Kommentar:
Bilder geben nicht nur Denkanstöße, sondern ermöglichen auch einen tieferen Einblick in bestimmte
Themenkreise:
„Ein Bild ist ein Schlüsselloch, durch das wir tausend Entdeckungen in unseren Köpfen machen können. Über ein Bild
können wir Zugang bekommen zu eigenen, manchmal vergessenen Erlebnissen, eigenen Empfindungen, zur eigenen Psyche.
Wir können Handlungen, Emotionen, Beziehungen anderer Menschen nachvollziehen. Wir können historische Landschaften
betreten. Wir können mit Fremdem und Absurdem ebenso konfrontiert werden wie mit Alltäglichem und wohlvertraut Heimeligem (Bertscheit 2001).
Arbeitsergebnisse und Kommentare:
Abb. 5: Der Lieblingsbaum
Eine Schülerin aus Brno (Tschechien) gab mir die
Erlaubnis, Bild und Text über die Beziehung ihrer
Mutter zu einem Baum hier abzudrucken (Abb. 5).
Das Bild hat die Schülerin offensichtlich so fasziniert, dass sie sogar dazu bereit war, Informationen
aus ihrem Familienleben preiszugeben, die für sie
mit Emotionen und Gefühlen verbunden sind.
Diese Frau ist meine Mutter, die
einen Baum mag. Es ist ein alter
Fichtenbaum. Er befindet sich in
einem Wald in der Nähe unseres
Wohnortes. Meine Mutti geht
täglich mit unserem Hund spazieren und dabei besucht sie
oft ihren Baum. Dieser Baum hat
ihr gefesselt, weil er eine interessante Krone hat. Er sieht ein
bisschen unheimlich aus. Ihr gefällt auch, dass ihr Baum in jeder
Jahreszeit anders aussieht. Im Winter sieht er wie ein Schneemann aus. Im Frühling ist der ganze Wald frisch und alles ist
grün. Im Sommer kann meine Mutti unter ihrem Baum sitzen
und vor der Sonne schützen. Im Herbst wachsen nahe dieses
Baumes verschiedene Pilze und alles riecht wunderbar.
Jarmila Horoková, Tschechien
Foto: F. Penzhorn
liche Weihnachtsbräuche in Tschechien und
Deutschland.
Eine Arbeitsgruppe in Kairo hatte sich für den
von mir erstellten Jahreszeitenbaum entschieden
und schilderte das Leben dieses Baumes. Eine
Schülergruppe in Rom stellte einen Bonsai-Baum
in den Mittelpunkt der Arbeit.
Tag des Jahreszeitenbaums:
Ein Tag besteht aus vielen interessanten Erlebnissen. Im frühen
Morgen bekomme ich viele Besuche von Ausflugsklassen. Die
Kinder spielen „Verstecken“ um mir herum, setzen sich unter
meine grüne Blätter und essen. Nachmittags besuchen mich
manchmal Familien, die Picknicks machen und manchmal auch
Barbecue. Abends bekomme ich Besuch von einem Liebespaar,
die sich an meinen Stamm lehnen und einen romantischen
Abend verbringen. Manchmal ritzen sie auch Namen oder andere Sätze in meinen Baumstamm. (Arbeitsgruppe Kairo)
Tag eines Bonsai-Baums:
Jeder der mich kauft, behandelt mich anfangs sehr gut. Oder
wenigstens versuchen die Menschen es. Sie schneiden meine
Äste meist falsch ab und geben mir entweder zu viel Wasser
oder zu wenig. In prinzip könte ich mehr als Hundert Jahre
leben, doch ich sterbe meist sehr früh. Das ist das Leben eines
kleinen Bonsai!
(Arbeitsgruppe Rom)
STATION 3
Arbeitsauftrag:
STATION 3
Arbeite allein, mit einem Partner oder in einer Gruppe:
왘 Entscheidet euch für eine sinnvolle Reihenfolge der
Textabschnitte und
왘 fasst das Thema des Textes in eigenen Worten kurz
zusammen.
왘 Seht euch anschließend den Originaltext in dem
Umschlag an.
Mehrere Arbeitsgruppen – besonders in Tschechien,
wo das Weihnachtsfest einen sehr hohen Stellenwert hat – befassten sich mit dem Leben eines
Tannen- oder Weihnachtsbaums, indem sie dessen
Erfahrungen vom Abholzen bis zum Wegwerfen
nach dem Fest ausführlich beschrieben. Dies führte zu einer lebhaften Diskussion über unterschied-
왘 Ergänzt das beiliegende Arbeitsblatt.
Material:
Im Zentrum dieser Station stand der Text Der Baum
von Helga Schubert (siehe Kasten, S. 18).
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Fotos: Rainer E. Wicke
Im Sommer habe ich einen Anstand in ihr entdeckt. Aber nur mit Mühe.
So dicht waren ihre Blätter.
Der Baum
... Seit vier Jahren liebe ich einen bestimmten Baum. Es ist eine Linde.
Mir scheint, ich habe bis dahin keinen Baum richtig angesehen. Meine
Linde steht allein auf einem Hügel am Rand eines Hohlweges. Um sie herum Wiesen und Felder.
Im Herbst, als sie sich von ihren Blättern trennte, roch sie nach Regen und
Herbstsonne.
Weiter weg ein Moor mit Birken. Ganz allein, mit einer runden Krone,
gleichmäßig ausladend.
Aber richtig erkannt habe ich sie erst in diesem Winter. Wie ein Menschengehirn sah ihre Krone aus, ein durchsichtiger Kopf mit Nerven und Blutgefäßen. Was für eine Schönheit und Klarheit. Und ich erklomm die Wand
des Hohlwegs, um sie von allen Seiten zu betrachten. ...
Dass man sich ungehindert nur entwickeln kann, wenn man allein steht,
dachte ich traurig. Was hat sie für Stürme erlebt, so ungeschützt auf dem
Hügel, so nah der Küste. In allen Jahreszeiten ging ich an ihr vorbei. Jedesmal dachte ich, jetzt ist sie am schönsten.
Im Frühling sah ich, wie gesund sie ist. Alle Äste lebten.
Da sah ich, dass sie aus zwei Bäumen bestand. Die Stämme waren nur unten
zusammengewachsen. Teilten sich schon früh, vom Hohlweg aus nicht zu
sehen, in zwei gleich starke Stämme, die beide eine gleich starke Krone bildeten. Seit über 100 Jahren sind sie auf Gedeih und Verderb verbunden. Und
werden noch weiterleben, wenn wir alle schon lange tot sind. Helga Schubert
Kommentar:
Die Lernenden erhielten den Text in einzelnen
Abschnitten und ohne Titel. In der Gruppe sollten
sie den Text nach ihrem Verständnis ordnen und
einen Titel finden. Erst danach sollten sie den Originaltext aus einem Umschlag nehmen und mit
ihrer Version vergleichen. Die Lernenden erhielten
dann ein Arbeitsblatt, um den im Gedicht beschriebenen Baum zu charakterisieren. Sie konnten ihn
Abb. 6
malen, zeichnen oder in der Art konkreter Poesie
mit Stichwörtern oder Sätzen arbeiten.
Arbeitsergebnisse:
Abb. 6 und 7 zeigen, wie aufmerksam die Schülerinnen den Text immer wieder gelesen und analysiert haben, um den Inhalt wiedergeben zu können,
und wie kreativ sie das Bild gestalteten.
Abb. 7
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Arbeitsgruppe Prag
STATION 4
Arbeitsauftrag:
STATION 4
Arbeite allein, mit einem Partner oder in einer Gruppe:
Wählt einen der Texte aus:
왘 Ein Baum für die Liebe: Schreibt einen ähnlichen Text und
findet passende Bilder (von Station 2?) dazu.
왘 Eines der Lieder: Welches Baumbild passt zu dem Lied –
warum? Zitiert aus dem Text und schreibt eure Gedanken
dazu auf.
왘 Der Lebensbaum: Sucht euch einen Partner; schreibt auf,
was er über seinen Lebensbaum erzählt.
Material:
Diese Station enthielt den Lehrwerkstext Ein Baum
für die Liebe (Bieler 1994), die Lieder Mein Freund
der Baum (Alexandra) und Wie ein Baum, den
man fällt (Reinhard Mey) sowie zwei Beispiele für
so genannte Lebensbäume (www.baumkreis.de/
BAUM16). Letztere sind jeweiligen Sternzeichen
zugeordnete Baumarten, die – ähnlich wie ein
Horoskop – der in dem betreffenden Zeitraum geborenen Person typische (Baum-)Charaktereigenschaften zuordnen.
Arbeitsergebnisse:
Lebensbaum
Ihr Lebensbaum ist Dattelbaum,
Menschen mit dem Dattelbaum
haben Geduld und Ausdauer.
Ein Dattelbaum zu pflanzen
braucht viel Zeit.
Sie brauchen Hitze,
um zu wachsen.
Die arabische Welt allein
exportiert 85 % der Weltproduktion.
(Arbeitsgruppe Kairo)
Lebensbaum
Mein Lebensbaum ist die Linde.
Menschen haben die Linde gern, weil sie Glück und Gesundheit gibt.Wenn ich krank bin, trinke ich Lindentee mit Honig
und bald habe ich neue Energie. Die Linden sind die ältesten
Bäume. Die sind immer stark und kräftig. Wenn ich jemanden
wie Linde kenne, glaube ich ihn freundlich und geheimnisvoll.
Ich kann ihm alles sagen und er hilft mir. In Tschechien ist die
Linde der national Baum.
(Arbeitsgruppe Tschechien)
Gedanken zum Lied „Mein Freund der Baum“
Der Baum, von dem das Mädchen spricht, ist unserer Meinung
nach eine Trauerweide. Trauerweiden haben lange Äste, die bis
nah an den Boden reichen und auf die man sich setzen und
hin- und her schwingen kann. Die geschwungenen Äste sind
wie Arme (im Text: Hab’ ich in deinem Arm geweint).
Wenn die Blätter sich im Wind bewegen, streicheln sie das
Mädchen. Wenn man sich zu nahe an den Stamm stellt, umschließen die herunter hängenden Äste das Mädchen (Text: Ich
fühlte mich bei dir geborgen).
(Arbeitsgruppe Rom)
Kommentar:
Die Lebensbaum-Texte, mit denen zum Schreiben
eigener Texte aufgefordert wurde, waren sowohl in
Tschechien als auch in Ägypten sehr beliebt.
Der Lehrwerkstext Ein Baum für die Liebe handelt von der bekannten Bräutigamseiche (Adresse:
Dodauer Forst, D-23701 Eutin), an die man Liebesbriefe schreiben kann, die vom Postboten in einem
Loch des Baumes deponiert werden. Man erhält
jedoch keine Antwort zugeschickt, die Verliebten
müssen die Texte selbst dort abholen (Informationen über die Bräutigamseiche unter http://
www.ost-see-urlaub.de/kultur/braeutigamseiche).
Der Text wurde von einer Gruppe aus Rom bearbeitet. In der Lerngruppe in Kairo waren die Mädchen
sehr erstaunt zu hören, dass manche Verliebte in
Deutschland Herzen oder ihre Initialen in Baumrinde schneiden. Diese Tradition gibt es in Ägypten
nicht, nicht nur weil die Rinde der Palmen sehr hart
ist, sondern weil die Bäume auch als lebenswichtige
Nahrungsquelle geachtet werden.
Der altbekannte Liedtext Mein Freund der Baum
von Alexandra, in welchem die Sängerin das Abholzen eines von ihr seit ihrer Kindheit geschätzten
Baumes beklagt, fand ebenfalls Anklang. Am Text
der Arbeitsgruppe lässt sich das Spannungsfeld zwischen Innen- und Außenperspektive, das die Arbeit
an einem literarischen Text weitgehend beeinflusst,
deutlich zeigen. Natürlich geht es bei der Lektüre
zunächst um das Verstehen eines Textes (Innenperspektive), aber die dargestellte Welt muss auch nach
den Vorstellungen des Rezipienten beurteilt werden
können (Außenperspektive), wenn von einer wirklichen Interaktion zwischen Literatur und Leser
die Rede sein soll (Bredella 2004). Die Deutung des
Baumes als Trauerweide und konkrete Hinweise
auf Passagen aus dem Liedtext konkretisieren die
erwähnte Interaktion zwischen dem Text und seinen
jugendlichen Lesern.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Fotos: Peter Wurzer
Arbeitsgruppe Kairo
STATION 5
Arbeitsauftrag:
STATION 5
Arbeite allein, mit einem Partner oder in einer Gruppe:
Wählt einen oder mehrere Texte aus und notiert
왘 in welchen Kulturen Bäume Symbole (für was?) sind.
der Präsentation der Ergebnisse als Gesprächsgrundlage genutzt werden konnte (Abb. 8). Die
Darstellung verdeutlicht, dass sich die Lernenden –
ausgehend von ihren eigenen kulturellen Wertvorstellungen – an die der fremden deutschen Kultur herantasteten, um schließlich ergänzend abzuwägen, welche Aspekte für sie persönlich von
Bedeutung sind (Wicke 1997).
왘 Vergleicht die Ergebnisse mit dem Baum-Symbol in
eurer Kultur.
왘 Erzählt, was DER BAUM oder DIE BÄUME für euch
bedeuten.
STATION 6
Arbeitsauftrag:
STATION 6
Arbeite allein, mit einem Partner oder in einer Gruppe:
Material:
In dieser Station lagen den Lernenden 9 Sachtexte
aus den Bereichen Mythologie, Psychologie, Geschichte und Umweltschutz zur Bearbeitung vor.
Die Lernenden sollten aus den relativ komplexen
Texten einige Beispiele heraussuchen, mit deren
Hilfe verdeutlicht wird, in welchen Kulturen Bäume
als Symbole für bestimmte Dinge betrachtet werden. Kontrastiv sollten sie die Baumsymbole ihrer
eigenen Kultur beschreiben.
Arbeitsergebnisse und Kommentar:
Hier ist besonders die Arbeit einer Gruppe in Kairo
hervorzuheben, der es gelang, in der relativ kurzen
Zeit eine kontrastive Auflistung zu erstellen, die bei
Abb. 8: Unterschiedliche Bedeutungen von „Baum“
Bedeutung der Bäume ...
2. für Deutsche
• Träger starker Emotionen
• Sauerstoffspender
• Papierherstellung
• Holzlieferant
• Reinigung der Luft
• Sauerstoffspender
• Papierherstellung
• Holzlieferant
• Reinigung der Luft
• Symbole der Schönheit
• Festliche Bedeutung
• Liebe
• Erwärmung durch
Holzverbrennung
• Wichtige festliche Bedeutung –
z.B. Weihnachten
20
mit Bäumen und mit Holz zu tun. Hier findet ihr einige –
könnt ihr ihnen die richtige Bedeutung zuordnen?
왘 Wenn ihr alle Karten zusammen gelegt habt oder nicht
mehr weiter wisst, seht euch die Lösungen in dem
Umschlag an!
Kommentar:
1. für Ägypter
• Wunder der Natur
왘 Viele Redensarten, Worte und Redewendungen haben
3. für uns persönlich
• Träger starker Emotionen
• ein wahres Wunder der Natur
• Sauerstoffspender
• Ausruhen unter dem Schatten
• Symbol für die geistige und
körperliche Entwicklung des
Menschen
Material und Kommentar:
Station 6 war als so genannte Erholstation mit spielerischem Charakter konzipiert. In einer Zuordnungsübung sollten über dreißig Begriffe, Sprichwörter und Redewendungen, die mit Bäumen und
Holz im Zusammenhang stehen, ihren Bedeutungen zugeordnet werden. Das Material wurde unter
http/www.baumkreis.de/baumsprache.htm aus
einer weitaus größeren Anzahl ausgewählt.
Neben bekannten Sprichwörtern wie Der Apfel
fällt nicht weit vom Stamm, Begriffe wie der Schlagbaum, das Baumsterben usw., enthielt die Liste auch
umgangssprachliche Wendungen wie zum Beispiel
Ich glaub, ich steh im Wald!.
Das Herausfinden der richtigen Lösungen stellte
recht hohe Anforderungen an die Lernenden. Auf
eine Verschriftlichung oder die Anfertigung zusätzlicher Arbeiten wurde an dieser Station bewusst
verzichtet. Das in einem Umschlag enthaltene Lösungsblatt half den Lernenden weiter, wenn sie an
ihre Grenzen stießen.
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
INFORMATIONSSTATION
INFORMATIONSSTATION
Hier findet ihr Erklärungen und Wortschatz zum Thema Baum,
die euch bei der Anfertigung der Arbeiten helfen können.
Mehr Informationen findet ihr im Internet unter
www.baumkreis.de
Material:
Neben Wörterbüchern und Biologiebüchern fanden die Lernenden hier Seiten aus einem Bildlexikon (z.B. PONS Bildwörterbuch) mit Abbildungen
von unterschiedlichen Laub- und Nadelbäumen
mit dem entsprechenden Wortschatz.
Kommentar:
Während der Arbeit in den Arbeitsgruppen wurden
die Lernenden immer wieder auf die Möglichkeit
hingewiesen, die Informationsstation zu nutzen,
um sie zum eigenverantwortlichen Recherchieren
und zur selbständigen Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten zu motivieren.
konnte ich feststellen, dass sich die Schülerinnen
und Schüler motiviert, engagiert und kreativ mit
den Inhalten auseinandersetzten. Auch kam es in
keiner der Lerngruppen zu der häufig als Gegenargument angeführten mangelnden Disziplin. Durch
das Angebot einer kompletten Lerneinheit zu einem bestimmten Thema und die Vielfalt der Ergebnisse erhielten die Lernenden einen Gesamtüberblick über das Thema und konnten bereits vorhandene Grundkenntnisse vertiefen und erweitern
(Bauer 1997).
Zugegeben: Die Einarbeitung in das Thema Baum
und die Vorbereitung der Stationen waren mit
einem großen Arbeitsaufwand verbunden. Dieser
lässt sich jedoch deutlich verringern, wenn diese
Arbeiten im Team in einem Kollegium durchgeführt
werden. Auch die Einrichtung einer Computer-Station, an der die Lernenden selbst recherchieren
können, wäre sinnvoll.
Die Quellenangaben auf Seite 22 können Ihnen
die Arbeit erleichtern.
Abschließen möchte ich mit dem Zuruf einer Schülerin in Kairo, während sie gerade an einer Station
arbeitete: „Das macht richtig Spaß!“
PRÄSENTATIONSPHASE
Abschließende Bemerkungen
Die guten Erfahrung mit dem Lernangebot „Sechs
Stationen zum Thema Baum“, zeigen, dass es möglich ist, Lernende in unterschiedlichen Ländern
mit unterschiedlichen Lehr- und Lerntraditionen
dazu zu motivieren, selbstständig und in einem
bestimmten Zeitrahmen eigenverantwortlich zu
arbeiten. Die Qualität der Ergebnisse entsprach
durchaus den Erwartungen. In allen Lerngruppen
Baum aus Wörtern (Schülerarbeit)
Zur abschließenden Präsentation der Arbeitsergebnisse wurden die Arbeiten an einer Pinnwand ausgehängt. So konnten die Lernenden sich einen
Überblick über das Geleistete verschaffen und
gegebenenfalls auch Nachfragen stellen.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Arbeitsgruppe Prag
Foto: Peter Wurzer
Literaturverzeichnis zum Thema „Stationenlernen“
Bauer, Roland (1997): Schülergerechtes Arbeiten in der Sekundarstufe I:
Lernen an Stationen. Berlin: Cornelsen/Scriptor, 63.
Bertscheit, Ralf (2001): Bilder werden Erlebnisse. Verlag an der Ruhr: Mülheim/ Ruhr, 10.
Bischof, Monika / Kessling, Viola / Krechel, Rüdiger (1999): Landeskunde und
Literaturdidaktik. Fernstudieneinheit 3. München: Langenscheidt, 36.
Bredella, Lothar / Burwitz – Melzer, Eva (2004): Rezeptionsästhetische Literaturdidaktik mit Beispielen aus dem Fremdsprachenunterricht
Englisch. Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik. Tübingen:
Gunter Narr Verlag, 38-44.
Dederding, Hans Martin (2004): Haltung vor Methode. Interview mit Prof.
Dr. Hans Hunfeld, Eichstätt. In: Der deutsche Lehrer im Ausland, Nr. 2.
Münster: Aschendorff-Verlag, 92.
Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland
(2000): Rahmenlehrplan Deutsch als Fremdsprache für Schulen, die
auf das Deutsche Sprachdiplom II der „Ständigen Konferenz der
Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland“ vorbereiten. Bonn, 10.
Wicke, Rainer E. (1997): Aktive Schüler lernen besser. Stuttgart: Ernst Klett
Sprachen, 31.
Wicke, Rainer E. (2004): Aktiv und kreativ lernen. München: Hueber, 30-34.
3. Lesebuch für die siebte Klasse. Cornelsen, Hirschgraben: Frankfurt 1988
- Rilke, Rainer Maria: Herbsttag. Aus: Rilke-Archiv: Werke in zwölf
Bänden. Frankfurt / Main: Insel Werkausgabe 1976, in: Lesebuch für
die siebte Klasse, S. 110.
4. Deutsch in ... 5. Schöningh: Paderborn 1997
- Süßmann, Christel: Sommerhitze. Aus: Sonniges Jugendland. Hannover:
Zickfeldt 1979, in: Deutsch in ... 5, S. 183.
5. Deutschbuch 6. Cornelsen: Berlin 1999
- Mörike, Eduard: Er ist´s. Aus: Sämtliche Werke, hrsg. von Göpfert, H.G.
München: Hanser 1974, in: Deutschbuch 6, S. 106.
6. Sonstige Publikationen
- Behal- Thomson, Heinke: Ein Baum ist ein Baum. Aus: Mebus, Gudula
u.a.: Sprachbrücke 1. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen 1993, S. 12.
- Erhardt, Heinz: Die Made. Aus: Das große Heinz Erhardt-Buch. Reinbek:
rororo 1974.
STATION 2:
Quellenverzeichnis der in den Stationen verwendeten Texte und Bilder
Die Baum-Illustrationen wurden ebenfalls den oben erwähnten Lehrbüchern entnommen. Darüber hinaus habe ich eigene Fotos von interessanten Bäumen angefertigt und Schülerfotos in die Sammlung integriert.
Besonders hilfreich war die Suche nach Bildern im Internet (Google) unter
dem Stichwort „Der Baum“. Das Angebot an geeigneten Bildern ist so groß,
dass man nach Lust und Laune aussuchen kann.
STATION 1:
STATION 3:
Viele der Texte sind Publikationen bundesdeutscher Schulbuchverlage
entnommen. Sind Lehrwerke dieser Art an einer Schule vorhanden, so
wird man in fast allen fündig, denn Texte über Bäume oder Jahreszeiten
tauchen in der Regel dort auf.
Schubert, Helga: Der Baum. Aus: Das verbotene Zimmer. Geschichten.
Frankfurt / Main: Sammlung Luchterhand 1982, S. 32. (Leider konnte
die Primärquelle nicht ermittelt werden.)
STATION 4:
1. Wortstark 6. Schroedel-Verlag, Hannover 1996
- Kästner, Erich: Wär´ ich ein Baum. Erste Strophe von „Trostlied im
Konjunktiv“. Aus: ders.: Der tägliche Kram. Zürich: Atrium-Verlag 1948,
abgedruckt in: Wortstark 6, S. 82.
- Lämpä: Erst schaffen sie den Waldweg. Aus: Musenalp-Magazin,
Niederrickenbach, 1993, in: Wortstark 6, S. 82.
- Roth, Eugen: Der Baum. Aus: Gelbert, Hans-Joachim: Der fliegende
Robert. Viertes Jahrbuch der Kinderliteratur. Weinheim und Basel:
Beltz und Gelberg 1977, in: Wortstark 6, S. 82.
-
Bieler, Karl-Heinz u.a.: Ein Baum für die Liebe. Aus: Konzepte 1. Berlin:
Cornelsen 2001, S. 84.
Alexandra: Mein Freund der Baum, http://userpage.fu-berlin.de/~fenja/
texte/mein.freund.der.baum.html
Mey, Reinhard: Wie ein Baum, den man fällt
http://hexenbrett.ath.cx/hexen/hexen-topic-3136.htm
Ihr Lebensbaum http://www.baumkreis.de/BAUM6.HTM
STATION 5:
2. Unterwegs, Lesebuch 6. Schuljahr, Ernst Klett Verlag: Stuttgart 1994
In diesem Lehrwerk befindet sich ein besonderes Kapitel zum Thema
Bäume, dem die folgenden Texte entnommen wurden:
- Moser, Erwin: Der alte Baum. Aus: ders.: Fabulierbuch, Geschichten
und Bilder. Weinheim: Beltz und Gelberg 1989, in: Unterwegs, Lesebuch 6. Schuljahr, S. 48.
- Huchel, Peter: Unter der Kiefer. Aus: ders.: Chausseen, Chausseen,
Gedichte. Frankfurt/Main: Fischer-Verlag 1963, in: Unterwegs, Lesebuch 6. Schuljahr, S. 49.
- Williams, William Carlos: Der kahle Baum. Aus: ders.: Gedichte. Frankfurt / Main: Suhrkamp 1962, in: Unterwegs, Lesebuch 6. Schuljahr,
S. 49.
- Kanik, Orhan Veli: Mein Baum. Aus: ders.: Der Drachen im Baum.
Gedichte, Erzählungen, Märchen, Spiele. München, Wien: Jugend und
Volk 1976, in: Unterwegs, Lesebuch 6. Schuljahr, S. 49.
- Hikmet, Nazim: Leben. Aus: Die Wasser sind weiser als wir. Türkische
Lyrik der Gegenwart. München: Schneekluth 1987, in: Unterwegs,
Lesebuch 6. Schuljahr, S. 58.
- Hacks, Peter: Der Winter. Aus: Der Flohmarkt. Gedichte für Kinder.
Zürich, Köln: Benzinger 1973, in: Unterwegs, Lesebuch 6. Schuljahr,
S. 67.
- Bichsel, Peter: Erklärung. Aus: ders. Eigentlich möchte Frau Blum den
Milchmann kennen lernen. Freiburg: Walter, Olten 1964, in: Unterwegs, Lesebuch 6. Schuljahr, S. 67 /68.
22
Sämtliche folgende Texte wurden ebenfalls der Internet-Adresse
http://www.baumkreis.de entnommen:
- Markante Baumveteranen
- Bäume in der Literatur und im Zitat
- Bäume und Menschen
- Schutz für alte Bäume
- Bäume sind wie Brüder
- Markante Baumgesichter werden rar
- Schwere Strafen für Baumfrevler
STATION 6:
Alle Redensarten, Worte und Wendungen wurden der Adresse
http://www.baumkreis.de entnommen.
INFORMATIONSSTATION:
Der Internet-Adresse http://www.wald-online.de/wdt.htm können kommentierende Texte wie z.B. Wald – ein deutsches Kulturgut entnommen
werden, in denen Geschichte, Funktion und Wirtschaftlichkeit des Waldes
beschrieben werden.
PONS Bildwörterbuch. In fünf Sprachen. 1100 Seiten. Stuttgart: Ernst Klett
Sprachen 1992.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
BEGEGNUNG IM CAFÉ
Textarbeit und interkulturelles Lernen in „Café-Stationen“
VON ULRIKE BEHRENDT
Cafés oder Kaffeehäuser gibt es in unterschiedlicher Ausprägung in nahezu jedem Land. So steht das Thema „Café“ in
diesem Beitrag im Mittelpunkt der Arbeit an Stationen. Der Beitrag zeigt, dass gerade die Form des Stationenlernens
besonders dazu geeignet ist, den persönlichen Erfahrungshintergrund der Teilnehmenden zu berücksichtigen und sie
gleichzeitig zum interkulturellen Vergleich anzuleiten. Ulrike Behrendt dokumentiert ihre Erfahrungen aus verschiedenen
Fortbildungsseminaren, aber auch aus Sprachkursen mit jungen erwachsenen Lernenden auf den Kursstufen B1/B2 an
einigen ausgewählten Stationen.
Vorbemerkungen
Der Arbeit an den vier Stationen mit insgesamt 22
Aufgaben (siehe „Alle Stationen auf einen Blick“ auf
den Seiten 28/29) liegt ein literarischer Text zugrunde, der mit Hilfe verschiedener Schlüsselbegriffe an
den Stationen abschnittsweise analysiert wird (Abb.
1). Dabei wird der Text – dessen Thema und Inhalt
den Teilnehmenden zunächst nicht bekannt ist – so
„portioniert“, dass jeweils verschiedene Aspekte
einer Begegnung zwischen zwei Frauen im Café im
Mittelpunkt der Arbeit stehen. Der Text, der an den
Stationen nach und nach zusammengesetzt wird,
wird am Ende in einer Plenumsphase noch einmal
rekonstruiert.
Um die Teilnehmenden zu motivieren, sich zu
den Aufgaben individuell oder als Experte / Expertin für die eigene Kultur zu äußern, wurden die
Arbeitsaufträge entsprechend formuliert. Auch sollten sie möglichst abwechslungsreich und vielfältig
sein. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Binnendifferenzierung auch alternative Aufgaben
angeboten. Fotos von verschiedenen Cafés in Berlin, die Stimmungen wiedergeben und Assoziationen auslösen konnten, dienten als Grundlage für
interkulturelle Diskussionen. Den einzelnen Textabschnitten wurden vier obligatorische Stationen
mit unterschiedlichen Schwerpunkten zugeordnet:
Station 1: Farbensymbolik: Schwarz
Station 2: Cafés – hier und dort
Station 3: Ehe, Familie, Gesellschaft
Station 4: Glück – eine Ansichtssache
merkt sie
ch reden. Ich sage nur: Ja, ja, ja, dann
1 Am besten ist es, ich lasse sie einfa
e in Schwarz
Dam
die
Doch
che.
wüns
ng
rhaltu
vielleicht am ehesten, dass ich keine Unte
nicht zu spüren. Sie redet und redet ...
mit dem abgezehrten Hals scheint es
schaue ich
2 Ich bereue es schon, dass ich an ihrem Tisch Platz genommen habe. Nervös
bringt.
Kaffee
meinen
nach der Kellnerin aus. Ob sie mir nicht endlich
er Mann war,
ner Tischnachbarin ein gut
nicht, ob der Ehemann mei
denken,
hen
nsc
Me
he
solc
3 Mich interessiert nämlich
sich
nach Hause brachte. Was
mit
en
Blum
men, um
tag
om
Frei
gek
n
her
ob er ihr jede
elligen? Ich bin hier
Familienangelegenheiten beh
Probleme.
ite
twe
wel
r
übe
trag
wenn sie andere mit ihren
Vor
. Mich beschäftigt noch der
ken
trin
zu
fee
Kaf
e
...
it
Tass
hhe
in Ruhe eine
zen der ganzen Mensc
nte ein Weg sein zum Nut
Was ich gehört habe, kön
den heißen
t meinen Kaffee. Ich zahle sofort, gieße
4 Die Kellnerin taucht auf und bring
alte Dame,
die
fragt
n?“
gehe
schon
auf. „Wollen Sie
Kaffee in mich hinein, dann stehe ich
ich.
sage
“,
muss
„Ich
ng.
uschu
Enttä
vor
und ihr Gesicht bewölkt sich plötzlich
Sie, ich
5 „Ach, das ist aber schade, wir haben uns doch so nett unterhalten. Wissen
zurückgezogenes
ein
auf
Wert
großen
legte
Mann
Mein
.
Menschen
unter
selten
nur
komme
mir, du probierst
Leben. Nun, da er nicht mehr ist, bin ich so allein. Und heute sagte ich zu
du sprechen
dem
mit
jemand,
du
triffst
vielleicht
Café,
kleine
das
in
mal
gehst
du
es mal,
mal über
wieder
schön,
wirklich
war
Es
sehen.
kannst. Und nun hatte ich das Glück, Sie zu
können.“
zu
reden
all das
hatte ein Mensch seine ganze Hoffnung
6 Ich war beschämt, als ich das Café verließ. Da
trug, die Menschheit zu verändern,
ken
Gedan
dem
mit
sich
die
in mich gesetzt, und ich,
einzigen aufgebracht.
hatte nicht einmal Geduld und Anteilnahme für einen
Abb. 1: Ausgangstext in Abschnitten: Ilse Schweizer, Begegnung im Café.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Abb. 1: Die Bedeutung
von Farben
Um den Auswahlcharakter zu betonen und den
Teilnehmenden im Rahmen der Binnendifferenzierung Arbeitsmöglichkeiten mit Aussicht auf den
persönlichen Erfolg anzubieten, wurden den einzelnen Stationen fünf bis sechs Aufgaben zugeordnet. Eine zusätzliche, fakultative „Pufferstation“,
atmosphärisch wie ein Café gestaltet, behandelte
das Thema „Kaffee im Café“ in Variationen und
diente der Entspannung.
Folgende Ziele werden in den Stationen erreicht:
왘 Verstehen und Rekonstruktion des Textes,
왘 Auseinandersetzung mit der beschriebenen
Situation,
왘 Definition eigener kultureller Werte,
왘 (Inter-)kulturelle Auseinandersetzung mit Meinungen anderer Teilnehmenden zu bestimmten
Begriffen und Werten,
왘 Einbringen von individuellen Erfahrungen und
von kulturellem Selbstverständnis im Hinblick
auf die Formulierung kultureller Interessen und
Fragestellungen,
왘 soziales Lernen,
왘 Delegation von Verantwortung für Teile des
Unterrichts im Sinne des autonomen Lernens.
Die allseitige Förderung der Sprachkompetenz
und der Kommunikation untereinander – auch
ohne Lehrkraft und Lösungsblätter – war ein übergeordnetes Ziel. (Lösungsblätter zur Wortschatzarbeit lagen für „Notfälle“ bereit).
Beispiele aus STATION 1
STATION 1
Arbeitsauftrag 1:
reden.
„Am besten ist es, ich lasse sie einfach
Ich sage nur: Ja, ja, ja, ...
In welcher Situation sagt man so etwas?
Tauschen Sie sich bitte aus!
(Einstieg in den Text)
Kommentar:
Eine Gesprächssituation, in der ein Gesprächsteilnehmer nur so etwas wie „Ja, ja, ja“ – äußert, weil er
oder sie keine Lust zum Reden hat, müde, genervt
oder schlecht gelaunt ist, nicht zuhören will oder mit
seinen Gedanken ganz woanders ist, kommt sicher
in allen Kulturkreisen vor. Die Aufgabe bereitet deshalb keine Schwierigkeiten. Die Teilnehmenden
nannten eine ganze Reihe von möglichen Erklärungen: Unter anderem wurden ein Ehepaar, (ein)
Eltern(teil) im Gespräch mit Sohn oder Tochter, Lehrer und Schüler, Polizist und Verkehrssünder, Kaufhausdetektiv und Ladendieb, zwei Männer in der
Kneipe, eine Frau und ein Mann in einer Bar, zwei
Personen in der U-Bahn oder im Bus oder im Café,
eine Frau und eine Kellnerin im Café genannt.
STATION 1
Die Arbeit an den Stationen
Im Folgenden sollen einige Stationen und Bearbeitungsmöglichkeiten beschrieben werden. Sie
sollen zeigen, wie gut sich das Thema „Café“ dafür
eignet, interkulturelle Erfahrungen in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen.
Die Arbeitsaufträge, die hier in Form von einfachen
Stationenkarten dargestellt werden, sollten im
Unterricht attraktiv auf DIN A4-Seiten gestaltet
werden.
Arbeitsauftrag 5:
Tauschen Sie sich aus und schreiben Sie die Bedeutungen auf!
왘 Was bedeuten diese verschiedenen Farben in Ihrem
Heimatland?
왘 Welche Symbolik haben die Farben für Sie?
(Interkulturelle Farbsymbolik: Die Wörter waren in verschiedenen Farben geschrieben)
Kommentar:
Es ist bekannt, dass Farben in verschiedenen Kulturkreisen unterschiedliche Bedeutungen haben.
Eine Teilnehmerin aus China nannte WEISS als Far-
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FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Abb. 2: Verschiedene Cafés: Atmosphäre und Stimmungen
be der Hochzeit, worauf eine interkulturell „erfahrene“ Kollegin aus den USA meinte, dass WEISS
doch die traditionelle Trauerfarbe in China sei, die
Farbe der Freude, z.B. bei Hochzeiten, dagegen ROT.
Daraus ergab sich eine an- und aufgeregte Diskussion, in der es besonders um kulturelle Selbst- und
Fremdbilder ging. Abb. 1 zeigt ein anderes Schülerbeispiel.
STATION 2
Arbeitsauftrag 6:
Betrachten Sie die Fotos von verschiedenen Cafés.
왘 Beschreiben Sie die Atmosphäre in den Cafés.
왘 Wer geht wohl dorthin?
왘 In welches Café möchten Sie gern gehen? Begründen Sie
bitte Ihre Wahl.
왘 Könnten sich diese Cafés in Ihrem Heimatland befinden?
Warum (nicht)?
Beispiele aus STATION 2
(Atmosphärische Beschreibung von Cafés)
STATION 2
Arbeitsauftrag 5:
Schreiben Sie bitte die folgenden Satzanfänge weiter:
Kommentar:
(Weiterschreiben von Sätzen im kulturellen Kontext: assoziativ
und grammatisch korrekt)
Fotos von verschiedenen Cafés vor Ort (siehe Fotos
oben) öffnen den Seminarraum auf die Außenwelt.
Die authentischen Aufnahmen tranportieren die
Café-Atmosphäre und Stimmungen und regen darüber hinaus zum genaueren Hinsehen und zum
Begründen der eigenen Wahrnehmung und Meinung an. Die Fotos bieten ebenfalls Anlass zu weiteren Recherchen in der Stadt, zum Fotografieren
und zu Interviews.
Kommentar und Schülerergebnisse:
Beispiele aus STATION 3
Ein Café ist ein Ort, ...
Im Café kann man ...
In einem Café sollte man ...
Typisch für ein Café ist ...
Die Ergebnisse zeigen, dass das Café trotz einiger
Gemeinsamkeiten – z.B. als Treffpunkt – in den verschiedenen Kulturen einen unterschiedlichen Stellenwert hat.
STATION 3
Arbeitsauftrag 1:
Schauen Sie sich bitte das „Standbild“ an.
Ein Café ist ein Ort,
왘 wo es Spielkarten und Wasserpfeifen gibt. (Türkei)
왘 wo es gutes Essen, Joghurt gibt. (Elfenbeinküste)
왘 wo es Zeitungen und Spiele gibt. (Argentinien)
왘 an dem man flirtet und es teuer ist. (China)
왘 den es selten gibt. (USA)
왘 wo es herrlich riecht. (Frankreich)
왘 wo man frühstücken kann. (Italien, Mauritius)
왘 der eine rauchfreie Zone ist. (Neuseeland)
왘 den es überall auf der Welt gibt, immer ein bisschen anders. (Norwegen)
왘 an dem man Freunde trifft, sich unterhält und
man auch seine Ruhe haben kann. (Marokko,
Belgien, England, Russland, Japan)
왘 wo ich meinen Mann kennenlernte. (Italien)
왘 wo ich nie mit fremden Männern spreche. (China)
왘 der die typische Zivilisation wiederspiegelt.
(Jordanien)
왘 Welche Assoziationen
haben Sie zu den Figuren?
왘 Wie sieht Ihr „Standbild“
zu diesem Thema aus?
Stellen Sie es bitte dar.
(Individuelle/kulturelle Werte)
Kommentar:
Hochzeit und Ehe haben einen wichtigen Stellenwert im Leben erwachsener Lerner und häufig
einen biographischen Erfahrungshintergrund. Das
„Standbild“ eines in einem goldenen Käfig stehenden Brautpaares provoziert interessante (Streit-)
Gespräche über Ehe und Partnerschaft und Diskussionen über unterschiedliche persönliche und
kulturelle Ehe- und Familienkonzepte.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Abb. 3: „Standbild“
Schüleräußerungen:
Schülertext:
왘 „Wie schön! Ja, die Ehe ist ein goldener Käfig!“
(Dänemark)
왘 „Im Käfig vielleicht, aber kann man dann nicht
die Tür aufmachen?“ (Spanien)
왘 „So fühle ich mich nicht! Mein Mann und ich
arbeiten in verschiedenen Städten und wären
gern manchmal in so einem Käfig!“ (China)
왘 „Das war mit meinem ersten Mann so: Wir
haben zu viel zusammen gemacht. Nun mit
meinem zweiten Mann habe ich daraus gelernt.
Wir haben auch eigene Freunde und freuen uns
dann, wenn wir uns dann wieder zuhause treffen. Aber ohne Käfig!“ (Kroatien)
왘 „Ich bin ein bisschen traurig, wenn ich das sehe:
das freundliche Brautpaar und die Gefangenschaft. So ist die Gesellschaft manchmal: entweder – oder.“ (Russland)
왘 „Ja, so ist das. Einmal verheiratet, bleibt es so.
Aber das ist auch schön so, das gibt Sicherheit.“
(Indien)
왘 „Die Ehe als Gefängnis im Kleinen, der Staat
und die Gesellschaft ist das Gefängnis im Großen,
finde ich.“ (Griechenland)
Dame in Schwarz:
• Ich vermisse meinen Mann
• Mein Mann war sehr nett
und brachte mir immer
Blumen.
• Er ist vor einer Woche
gestorben
• Ich fühle mich so allein.
Was soll ich tun?
Jüngere Frau:
• ...
• Ja, ja, ...
• Oh, tut mir leid.
• ...
Beispiele aus STATION 4
STATION 4
Arbeitsauftrag 1:
Was ist in dem Beutel?
Tasten Sie und finden Sie einen Oberbegriff für die
Gegenstände in dem Beutel.
(Danach können Sie in den Beutel hineinschauen.)
(Tasten und Assoziieren)
Kommentar:
STATION 3
Arbeitsauftrag 5:
Lesen Sie den Textausschnitt 3:
Entwerfen Sie einen möglichen Dialog zwischen der Dame in
Schwarz und der jüngeren Frau. Nehmen Sie den Dialog bitte
auf Kassette auf oder inszenieren Sie ihn.
Dame in Schwarz
...
Jüngere Frau
...
(Dialog schreiben) (Textausschnitt 3, S. 23)
Kommentar:
Aufgrund verschiedener kultureller Erfahrungen
kommt es bei dieser Aufgabe zu sehr unterschiedlichen Interpretationen der Situation. Bei der Inszenierung des Dialogs kommt es dann nicht nur auf
die sprachliche Richtigkeit, sondern auch auf die
Begleitung des Gespräches mit entsprechender
Mimik und Gestik an.
Mit Hilfe eines so genannten Fühl-Beutels können
Gegenstände betastet und beschrieben werden,
ohne dass man sie sieht. Die Gegenstände dieses
„Fühl-Beutels“ sind zum Beispiel ein Hufeisen, ein
Fliegenpilz, ein Schwein, ein Schornsteinfeger (Abb.
4). Sie sind so ausgewählt worden, dass sie (auch
im internationalen Kontext) die Teilnehmenden zu
dem Oberbegriff „Glück“ führen. Die Diskussion
über das Gefühlte und Ertastete und die Suche nach
einem Oberbegriff führt stets zu lebhaften Diskussionen in der Lerngruppe.
STATION 4
Arbeitsauftrag 6:
Lesen Sie bitte den Textausschnitt 5.
왘 Was denkt die Ich-Erzählerin während dieses Monologs
der alten Dame?
왘 Schreiben Sie bitte, jeder für sich, die Gedanken der
Ich-Erzählerin in ein paar Sätzen auf.
(Textbezogenes Empathieverhalten) (Textausschnitt 5, S. 23)
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Abb. 4: Glückssymbole
Kommentar:
Der Textausschnitt wurde von den Teilnehmenden
mehr oder weniger ähnlich gedeutet. Offenbar konnte ein kulturunabhängiges Einfühlungsvermögen
vorausgesetzt werden. Die sprachlichen Äußerungen dagegen waren vielfältig, wobei die Nutzung
eines adäquaten Registers für die sprachliche Formulierung dieses inneren monologischen Sprechens
Schwierigkeiten bereitete. Hier ein paar Beispiele.
Schülertexte:
왘 Einerseits denke ich‚ Ja, ja, ja. Andererseits denke
ich, ich bin so ungeduldig und dieses Problem des
Alleinseins ist auch ein Weltproblem. Die arme
alte Dame, ich Arme. Ich sollte bei ihr bleiben –
und will nicht.
왘 Diese Frau ist so aufdringlich! Wie kann ich sie
loswerden? Ich halte das nicht mehr aus!
왘 Tut mir leid, liebe Omi, aber ich muss leider zum
Arzt!
왘 Ach, wie traurig, diese alten Menschen. So allein
und verlassen. Die tut mir echt leid!
왘 So, ich habe jetzt viel Zeit für sie!
왘 Unter Menschen zu kommen ist Glück für sie? Die
arme Frau!
왘 Oh Gott,wie wird es mir gehen,wenn ich so alt bin?
왘 Mann oh Mann, ist die Frau aber lästig! Wieso
geht sie nicht zu ihren Freunden? Das alles geht
mich nix an.
왘 Ach, was muss ich mich schämen, dass ich so kalt
und taktlos war.
왘 Hören: Kaffeehausmusik und Kaffeewerbung
sollten zu interkulturellen Vergleichen anregen.
왘 Sehen: Videos zur Kaffeewerbung, Bücher und
Postkarten zur Geschichte, Gewinnung, Verarbeitung von Kaffee lagen aus. Rezepte, Geschichte verschiedener Kaffeehäuser, Lexikoneinträge,
Cafés und Kaffee in Gemälden usw. sollten die
freiwillige Bearbeitung verschiedener Aufgaben
unterstützen. Zusätzlich konnten Übungen und
Aufgaben aus verschiedenen Lehrwerken bearbeitet, diskutiert oder als freiwillige Hausaufgabe mitgenommen werden.
왘 Kreative Textarbeit: Hier gab es verschiedenste
Aufgaben: Unterschiedliche Kaffee-Begriffe sollten zugeordnet, Redensarten ergänzt werden.
Die Teilnehmenden konnten auch Postkarten an
Freunde, Bekannte oder die Familie schreiben
und tatsächlich absenden. Werbevideos dienten
als Impuls zur Erstellung eigener Werbeslogans
oder Werbespots. Es gab die Anregung, Dialoge
oder Monologe aus der Sicht von Gegenständen
z.B. einer Kaffeetasse, zu verfassen. Die Produkte wurden dann zur Lektüre für alle an der Station ausgehängt.
ZUSAMMENFASSUNG des TEXTES im Plenum
Zum Abschluss wurden alle Arbeitsergebnisse noch
einmal vorgestellt und gemeinsam ausgewertet. Mit
Hilfe einer Skizze, die zwei Frauen in einem Café
zeigte, wurde der gesamte Text rekonstruiert und
unter individuellen und (inter)kulturellen Fragestellungen abschließend besprochen (Abb. 5).
Die Pufferstation wurde außerhalb des Seminarraums eingerichtet und wie ein Café gestaltet.
Sie diente einerseits der Entspannung, andererseits sollte sie das individuelle und autonome Lernen der Teilnehmenden fördern und alle Sinne
ansprechen.
왘 Schmecken: Die Atmosphäre eines authentischen
Cafés wurde simuliert, es gab Kaffee und Tee,
Kuchen und Plätzchen zum Probieren und Genießen.
왘 Riechen: „Riech-Aufgaben“ zu verschiedenen
Kaffee-, Kakao- und Teesubstanzen wurden angeboten.
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Abb. 5: Tafelbild
(Fakultative) PUFFERSTATION(EN)
Alle Stationen auf einen Blick
STATION 2: CAFÉS – HIER UND DORT
Station 2, Arbeitsauftrag 1
STATION 1: FARBENSYMBOLIK: SCHWARZ
Was kann man bereuen? (Was meinen Sie?)
Station 1, Arbeitsauftrag 1
„Am besten ist es, ich lasse sie einfach reden. Ich
sage nur: Ja, ja, ja ...“
In welcher Situation sagt man so etwas?
Tauschen Sie sich bitte aus!
______________________________________________________________________
Station 1, Arbeitsauftrag 2
Lesen Sie nun Zeile 1-5. Notieren Sie Ihre Antworten
zu den folgenden Fragen:
a) Wo befinden sich die Personen wohl?
b) Wer denkt das? Begründen Sie Ihre Aussage!
c) Was erfahren Sie über die Dame in Schwarz?
Was über die erzählende Person?
Station 1, Arbeitsauftrag 3
a) Was bedeutet die Farbe Schwarz in Ihrer Heimat?
b) Was bedeutet Schwarz in Deutschland?
Sprechen Sie bitte in der Gruppe darüber!
Station 1, Arbeitsauftrag 4
a) Ordnen Sie bitte die folgenden Redensarten und
Ausdrücke zu und klären Sie die Bedeutung!
(als Schnipsel verteilen)
Sie ärgert sich schwarz.
Sie hat ins Schwarze getroffen.
Sie ist total verärgert.
Sie hat genau das Richtige
gesagt / vermutet.
Er ist ein Mönch oder ein
Priester.
Er arbeitet ohne Arbeitserlaubnis.
Er muss sehr lange warten.
Er ist ein Schwarzrock.
Er arbeitet schwarz.
Da kann er warten, bis er
schwarz wird.
Das ist ein schwarzer Tag.
Ich sehe schwarz.
Das ist ein Unglückstag.
Ich beurteile das pessimistisch.
Er ist der ungeratene / nicht
anpassungsfähige Sohn.
Ich fahre ohne Fahrschein.
Ihr Name steht auf einer Liste
mit gesuchten / überwachten
Personen.
Das habe ich schriftlich /
offiziell.
Er hört Radio / sieht fern
ohne Gebühren dafür zu zahlen.
Er ist das schwarze Schaf in
der Familie.
Ich bin ein Schwarzfahrer.
Sie steht auf der schwarzen Liste.
Das habe ich schwarz auf weiß.
Er hört / sieht schwarz.
b) Welche Redensarten zum Thema „Schwarz“ gibt
es in Ihrer Muttersprache? Tauschen Sie sich aus.
Station 1, Arbeitsauftrag 5
Tauschen Sie sich aus und schreiben Sie einige Bedeutungen auf.
• Was bedeuten diese verschiedenen Farben in Ihrem
Heimatland?
• Welche Symbolik haben die Farben für Sie persönlich?
Bitte ergänzen Sie die folgenden Sätze mündlich:
Ich bereue oft ...
Manchmal bereue ich ...
... bereue ich nie.
Eigentlich bereue ich, ...
Ich werde es bereuen, wenn ich ...
Zum Jahresende bereue ich ...
Station 2, Arbeitsauftrag 2
Lesen Sie nun Textabschnitt 2. Notieren Sie Ihre
Vermutungen.
a) Warum bereut sie es wohl, an dem Tisch
Platz genommen zu haben?
b) Warum ist sie wohl nervös?
Station 2, Arbeitsauftrag 3
„Café in meiner Heimat“
Bitte schreiben Sie Ihre Assoziationen und Ihr
Land auf die Klebezettel und kleben Sie sie auf
die Kaffeekannen!
Station 2, Arbeitsauftrag 4
Tauschen Sie sich über folgende Fragen aus:
Wann gehen Sie in ein Café?
Was machen Sie dort?
Gehen Sie allein dorthin?
Treffen Sie dort Freunde?
Was essen oder trinken Sie dort?
Weitere Fragen: ________ ?
Station 2, Arbeitsauftrag 5
Schreiben Sie bitte die folgenden Satzanfänge weiter.
Ein Café ist ein Ort, ...
Im Café kann man ...
In einem Café sollte man..
Typisch für ein Café ist ...
Station 2, Arbeitsauftrag 6
Betrachten Sie die Fotos von verschiedenen Cafés.
• Beschreiben Sie die Atmosphäre in den Cafés.
• Wer geht wohl dorthin?
• In welches Café möchten Sie gern gehen?
Begründen Sie bitte Ihre Wahl.
• Könnten sich diese Cafés in Ihrem Heimatland
befinden? Warum (nicht)?
STATION 3: EHE, FAMILIE, GESELLSCHAFT
Station 3, Arbeitsauftrag 1
Schauen Sie sich bitte das „Standbild“ an.
a) Welche Assoziationen haben Sie zu den Figuren?
b) Wie sieht Ihr „Standbild“ zu diesem Thema aus? –
Stellen Sie es bitte dar.
Station 3, Arbeitsauftrag 2
Klären und beschreiben Sie bitte folgende Begriffe
schriftlich:
a) Was ist für Sie ein guter Mann?
Kreuzen Sie an und ergänzen Sie:
Er bringt freitags Blumen mit.
Er verdient viel Geld.
Er ist treu.
Er ist tüchtig.
Er ist ...
Er hat ...
b) Was sind für Sie Familienangelegenheiten?
Wem erzählt man sie? Und wem lieber nicht?
Station 3, Arbeitsauftrag 3
a) „jemanden mit Familienangelegenheiten behelligen“
bedeutet (bitte ankreuzen):
Familienangelegenheiten erhellen
jemandem Familienangelegenheiten im Geheimen
erzählen
jemanden mit Familienangelegenheiten stören /
belästigen / bedrängen
jemanden aus der Familie klar darstellen
b) Lesen Sie nun bitte die Erklärung zu dem Verb
„behelligen“ aus dem Bedeutungswörterbuch,
Duden 7. Inwiefern erscheint sie Ihnen interessant?
Tauschen Sie sich mündlich darüber aus.
„behelligen: In dem seit dem 17.Jh. gebräuchlichen
Verb steckt das mhd. Adjektiv hel „schwach, matt“,
das eigentl. „ausgetrocknet“ bedeutet. Es gehört
zu der unter ==> schal behandelten idg. Sippe.
Von mhd. Hel abgeleitet ist mhd. Hellec „ermüdet,
erschöpft“ und davon das Verb helligen „ermüden“,
das dann durch die Präfixbildung behelligen ersetzt
wird. Deren Bedeutung „bemühen, beschwerlich fallen“ ist heute zu „stören, belästigen“ abgeschwächt.
Beachte auch die Wendung‚ jemanden unbehelligt
lassen.“
Station 3, Arbeitsauftrag 4
Diskutieren Sie und erstellen Sie aus den Zeitschriften
eine „schnelle Collage“ dazu:
a) Was sind für Sie „weltweite Probleme“?
b) Wie könnten diese Probleme gelöst werden,
bzw. was könnten „Wege zum Nutzen der
ganzen Menschheit“ sein?
Station 3, Arbeitsauftrag 5
Lesen Sie nun den Textabschnitt 3. Entwerfen Sie
einen möglichen Dialog zwischen der Dame in
Schwarz und der jüngeren Frau. Nehmen Sie den
Dialog bitte auf Kassette auf oder inszenieren Sie ihn.
Dame in Schwarz:
...
28
Er ...
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Jüngere Frau:
...
STATION 4: GLÜCK – EINE ANSICHTSSACHE
Station 4, Arbeitsauftrag 1
Was ist in dem Beutel? Tasten Sie und finden Sie
einen Oberbegriff. (Dann können Sie in den Beutel
hineinschauen.)
Station 4, Arbeitsauftrag 2
a) Finden Sie die richtige Fortsetzung der Redewendungen und Sprichwörter.
b) Was bedeuten diese Redewendungen und Sprichwörter zum Thema „Glück“?
(Kärtchen zum Zerschneiden und Zusammenfügen)
Jeder ist seines | Glückes Schmied.
Sie will im Ausland | ihr Glück machen.
Er hat mehr Glück | als Verstand.
Er ist ein | Glückspilz.
Sie hat den Weg auf | gut Glück gefunden.
Glück ist in | der kleinsten Hütte.
c) Gibt es diese oder andere Redensarten zu „Glück“
in Ihrer Sprache? Tauschen Sie sich aus!
Station 4, Arbeitsauftrag 3
Berichten Sie über Glückssymbole in Ihrer Heimat!
Gibt es für Sie persönlich ein Glückssymbol oder einen
Gegenstand, der Ihnen Glück bringt bzw. bringen
soll? Erzählen Sie den Anderen in der Gruppe davon.
Station 4, Arbeitsauftrag 4
Brettspiel mit Aufgaben zum Thema „Glück“.
(mit Spielanleitung)
Spielfelder:
Wenn ich nächstes Jahr viel Glück habe, ... /
Bitte flüstern Sie: Glücklich ist, wer vergisst,
was nicht mehr zu ändern ist. / Sie haben Glück.
Gehen Sie drei Felder vor! / Bei uns ist das Hufeisen ein Symbol für ... / Glück bedeutet bei uns ... /
Nennen Sie ein Synonym für Glück! / „Glück haben“
ist nicht gleich „glücklich sein“. Erklären Sie den
Unterschied! / Singen Sie bitte ein Geburtstagslied! /
Nennen Sie ein Antonym zu Glück. / Gestern war ich
glücklich, denn ... / Kein Glück! Gehen Sie ein Feld
zurück! / Ein Glückskind ist Jemand, der ... / Kennen
Sie das Märchen „Hans im Glück“? Worum geht es
dort? / Sie sind ein Glückspilz! Alle anderen Mitspieler gehen ein Feld zurück! / „Du bist mein Glück, du
bist mein Stern, ...“ – Bitte vervollständigen Sie den
Vers! / Herzlich willkommen im Ziel!!!
Station 4, Arbeitsauftrag 5
Lesen Sie bitte den Textauschnitt 4.
Welche Atmosphäre vermittelt diese Szene?
(Bitte mündlich austauschen!)
Station 4, Arbeitsauftrag 6
Lesen Sie nun bitte den Textausschnitt 5.
Was denkt die Ich-Erzählerin während dieses
Monologs der alten Dame? Schreiben Sie bitte
jeder für sich die Gedanken der Ich-Erzählerin auf.
Fakultative PUFFERSTATIONEN
Station 1: probieren, genießen und entspannen
1. Sie finden hier verschiedene Dosen mit Getränkesubstanzen. Bitte riechen Sie und bestimmen Sie, was
Sie riechen. Ordnen sie gegebenenfalls die Schilder
den Dosen zu.
2. Probieren Sie den bereitgestellten Kaffee oder Tee.
Hören Sie die verschiedenen Musikausschnitte und
entspannen Sie sich.
Station 2:
1. Schauen Sie sich die Werbung für Kaffee an (wahlweise Werbung aus Zeitschriften, von Plakatwänden,
aus dem Fernsehen, aus Werbebroschüren usw.)
Welche gefällt Ihnen? Und warum?
2. Bitte entwickeln Sie selbst einen kurzen Werbespot für das Fernsehen, einen Werbespruch oder ein
Werbeplakat für „Ihren“ Kaffee.
Station 3:
Denken Sie sich ein Café, in dem Sie gerade sitzen.
Schreiben Sie eine Karte an einen Freund, eine Freundin oder an Ihre Familie: die Atmosphäre in dem
Café, Ihre Stimmng, ...
Adressieren Sie den Umschlag, stecken Sie die Karte
hinein und: „ab mit der Post!“
Literaturnachweis:
Ilse Schweizer: Begegnung im Café. Adaption aus: Arnoux,
Claude / Müller, Bernd-Dietrich (1985): L'épreuve d'allemand.
Paris: Vuibert, 100. In: Bernd-Dietrich Müller (1994): Wortschatzarbeit und Bedeutungsvermittlung. Fernstudieneinheit 8. Berlin, München u.a.: Langenscheidt, 44.
(Leider konnte die Primärquelle nicht ermittelt werden.)
Fotos:
3. Ordnen Sie die folgenden Begriffe bitte zu:
(als Schnipsel verteilen)
starker Kaffee
der Ersatzkaffee
die Kaffeefahrt
der Kaffeesatz
Kaffee schwarz
etwas ist kalter Kaffee
„Coffee to go“
schwacher Kaffee
Kaffee komplett
die Kaffeetante
der Instantkaffee
der Kaffeeklatsch
Dir haben sie wohl was
in den Kaffee getan!
Ulrike Behrendt
Kaffee Marke Herztod
der Muckefuck, der Gerstenkaffee
billige Ausflugsfahrt, von Firmen
organisiert, mit Warenverkauf
der Prütt
Kaffee ohne Milch
etwas ist längst bekannt und daher
nicht mehr interessant
Kaffee zum Mitnehmen
der Blümchenkaffee, dünner Kaffee
Kaffee mit Milch und Zucker
jemand, der gern Kaffee trinkt
schnell löslicher Kaffee
Treffen, bei dem es Kaffee und
Kuchen gibt
Du bist wohl nicht recht bei
Verstand!
Stimmen von Teilnehmenden
Ganz toll! Besonders im Café haben wir uns unterhalten wie im ‚Leben
draußen’. Ich hatte so viele Fragen und nun alle gut kennen gelernt.
So eine tolle Möglichkeit, Themen und Aufgaben parallel anzubieten.
Ich werde Stationen zur Geschichte ausarbeiten.
Eine hervorragende Möglichkeit das Lernen neu zu organisieren!
Eine andere Atmosphäre ins Klassenzimmer zu bringen, finde ich besonders wichtig. Dann spricht man auch offener über alles. Das kann mit
Lernstationen gelingen.
Ich habe viel gelernt über das Denken in den anderen Ländern! Jetzt habe
ich viele Bilder im Kopf – und im Gefühl.
Es war interessant, so ohne Zwang und Anspannung zu lernen und
Deutsch zu sprechen. Ich glaube, das ist Motivation und ist eine gute
Vorbereitung auf mein Studium in Deutschland
Stationenlernen ist für den Lehrer immer eine ziemliche Arbeit in der
Vorbereitung, aber die Freude der Schüler entschädigt mich! Und man
kann es vielfach einsetzen.
Meine sonst so stillen Studenten waren ganz aktiv!
Eine gute Möglichkeit, über individuelle Meinungen, auch innerhalb
einer Kultur, zu sprechen. Die Schüler werden mit ihren Ansichten ernst
genommen und können auch selbst bestimmen, wie intensiv sie über ein
Thema diskutieren wollen. Das finden alle gut.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
LESEN – FÜHLEN – SPIELEN – SCHREIBEN
Literatur an Stationen am Beispiel von Bernhard
Schlinks Erzählung „Die Beschneidung“
VON PETRA KLIMASZYK
Längere literarische Texte werden eher selten im Fremdsprachenunterricht eingesetzt, auch nicht
bei fortgeschrittenen erwachsenen Deutschlernenden. „Zu lang, zu schwierig“, so der häufige
Kommentar. Dabei bieten sie die Chance, sich einmal intensiver mit einem Thema auseinanderzusetzen. So befassen sich zum Beispiel viele zeitgenössische deutschsprachige Autoren mit der
Frage nach der eigenen kulturellen Identität und der Auseinandersetzung mit dem – vermeintlich
Fremden. Ihre Texte eignen sich deshalb besonders für den Deutschunterricht. Dass die Arbeit
in Lernstationen die Beschäftigung mit einem längeren literarischen Text zu einem sinnlichen
Erlebnis machen kann, zeigt der folgende Beitrag, der Erfahrungen aus Seminaren auf der
Niveaustufe C1 wiederspiegelt.
Vorbemerkungen
Der Text
Bernhard Schlinks Erzählung „Die Beschneidung“
enthält nicht nur deutschlandkundliche und interkulturelle Aspekte, darüber hinaus eignen sich
Schlinks Erzählstil und seine bildhafte Sprache für
das „Lernen mit allen Sinnen“ und somit auch ganz
besonders für die Arbeit in Lernstationen.
Inhalt der Erzählung
Andi, ein junger Deutscher, verliebt sich in New York in Sarah,
ein Mädchen aus jüdischer Familie. Bei den wechselseitigen
Besuchen in den Familien lernen sie die Familiengeschichte des
anderen kennen und bemühen sich um Verständnis. Aber
immer wieder steht die Vergangenheit zwischen ihnen, können
sie nicht unbefangen miteinander umgehen. Schließlich scheitert die Beziehung an einem tiefgreifenden Missverständnis.
Die Stationen
Im Unterrichtsraum gibt es sechs Tischinseln für
die Textstationen sowie zwei Tische für die Ausweichstationen. Die einzelnen Stationen werden
mit Nummern oder Buchstaben gekennzeichnet,
um die Zuordnung der Lösungen auf dem Laufzettel zu erleichtern (siehe Kasten Laufzettel auf
Seite 31).
30
An jeder Lernstation liegt ein Aufgabenblatt aus,
dem die Lernenden Schritt für Schritt folgen. Die
chronologische Bearbeitung der Aufgaben an der
Station ist wichtig, da an jeder Lernstation eine
Unterrichtseinheit en miniature durchlaufen wird:
Vorentlastung, Leseverstehen und Nachbereitung
sind aufeinander abgestimmt.
An allen sechs Hauptstationen deponieren die Lernenden ihre Produkte so, dass sie von den nachfolgenden Gruppen nicht eingesehen werden können,
um nicht in ihrem eigenen kreativen Prozess beeinflusst zu werden: Eine Pinnwand oder eine Tafel, an
der die Ergebnisse umgekehrt angebracht werden,
erfüllen diesen Zweck genauso wie ein großer Briefumschlag oder ein leerer Schuhkarton.
An den Hauptstationen und Ausweichstationen
liegen nicht nur die zu bearbeitenden Textstellen
aus, sondern auch verschiedene Gegenstände und
Materialien, die der Erfüllung der jeweiligen Aufgaben dienen.
Der Stationendurchlauf
Die Lernenden bilden selbstständig Kleingruppen
von drei bis vier Personen. In dieser Konstellation
durchlaufen sie die einzelnen Stationen in beliebi-
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Foto 1: Die Lernenden drücken die Stimmung dieser Szene
mit Hilfe von Farben aus: Welche Farbe hat die Liebe?
ger Reihenfolge. Sie teilen sich die Arbeitszeit
selbstständig ein und wechseln von einer freien Station zur nächsten. Es bleibt ihnen überlassen, an
welcher Station sie beginnen wollen. Einzige Bedingung: Alle sechs Hauptstationen müssen innerhalb
von ca. 90 Minuten bearbeitet werden. Für eventuell noch am Ende verbleibende Zeit bzw. für Wartephasen, bis eine Station frei wird, kann die Gruppe
sich an eine der Ausweichstationen begeben und
sich der dort angebotenen zusätzlichen Aufgabenstellung widmen.
STATION 1
Die Lernenden werden aufgefordert, gemeinsam
auf einem vorbereiteten Arbeitsblatt einige Assoziationen zum Stichwort „Mischehe“ zu notieren.
Anschließend widmen sie sich dem ausgelegten
Textausschnitt und diskutieren eine Frage zum Text,
die sich ebenfalls auf das Problem der Mischehe
bezieht. Ihre Ergebnisse notieren sie auf dem Laufzettel (Aufgabe 2) und vergleichen sie dann mit
ihren Notizen zum Thema „Mischehe“. Bevor sie
zur nächsten Station wechseln, bringen sie – wie an
den Folgestationen – die Materialien wieder in den
ursprünglichen Zustand.
STATION 2
Hier erwartet die Lernenden ein „Fühlkino“, ein
Beutel oder eine präparierte Kiste mit verschiedenen Gegenständen (ein Armband, eine Kerze oder
ein Parfum), die sie ertasten und beschreiben sollen. Sie überlegen gemeinsam, um welche Dinge es
sich handeln könnte und versuchen herauszufinden, in welcher Situation diese eine Rolle spielen
könnten (Aufgabe 1). Wahlweise kann dieser fiktiven Szene auch aus unterschiedlichen Parfums ein
bestimmtes zugeordnet werden oder die Lernenden beschreiben auf dem Laufzettel, welcher Duft
ihrer Meinung nach zu dieser Szene passt. Nun
lesen sie den vorbereiteten Textausschnitt und ordnen den beiden Hauptpersonen Sarah und Andi
zwei der in einem Umschlag bereit liegenden Adjektive zu. Die Ergebnisse werden erneut auf dem
Laufzettel festgehalten (Aufgabe 2). Zum Abschluss
LAUFZETTEL
(hier nur einige Aufgaben)
Aufgabe 3:
Sarah interessiert sich für
________________________________
Station 1:
Aufgabe 2:
a) Rachel hat Angst davor, _________
________________________________
b) Andi ... _______________________
________________________________
Aufgabe 4:
Die Musik sollte __________________
____________________________ sein.
Station 4:
Aufgabe 3:
En Ort der Handlung ist ... _________
________________________________
Station 2:
Aufgabe 1:
Mögliche Situation: _______________
________________________________
________________________________
Aufgabe 2:
Andi ist _________________________
Sarah ist _________________________
Station 3:
Aufgabe 1:
Fünf deutsche Städte am Rhein:
a) ______________________________
b) ______________________________
c) ______________________________
d) ______________________________
e) ______________________________
Aufgabe 2:
Bei Heidelberg denke ich an ...
a) ______________________________
b) ______________________________
c) ______________________________
Station 5:
Aufgabe 1:
Damit verbinden wir ______________
________________________________
Station 6:
Aufgabe 1:
Die Gegenstände assoziieren wir mit
________________________________
Aufgabe 2:
a)
richtig
falsch
b)
richtig
falsch
c)
richtig
falsch
d)
richtig
falsch
können die Lernenden der Textpassage eine Farbe
geben, z.B. indem sie mit Wasserfarben oder Wachsmalkreide ein kleines Stück Papier kolorieren (Foto
1).
In fortgeschritteneren Lerngruppen können die
Lernenden auch kleine Filmszenen zum Textausschnitt schreiben. Dabei dürfen sie die Zeitvorgabe
jedoch nicht aus den Augen verlieren.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Foto 2: Was passt zusammen? –
Rekonstruktion des Textes.
Foto 3: Wie sieht Sarahs
Deutschlandbild aus?
Textprobe (Station 3)
Im Mai, als das Semester vorbei war, reisten Sarah und Andi nach Deutschland. Sie kamen
vor Anbruch des Tages in Düsseldorf an und nahmen den Zug nach Heidelberg. Als er bei
Köln über den Rhein fuhr, ging die Sonne auf und ließ den Dom und das Museum glänzen.
„He“, sagte Sarah, „das ist schön.“
„Ja, und es wird noch schöner.“ Er liebte die Bahnfahrt entlang dem Rhein, den Fluß mit
seinen Windungen, das mal liebliche und mal schroffe Ufer, die Weinberge und Waldhänge,
Burgen und kleinen Orte und die Frachtschiffe, schnell flußab und langsam, mühsam flußauf.
Er liebte die Strecke im Winter, wenn in der kalten Morgenluft das Wasser des Flusses dampfte und die Sonne sich durch den Nebel kämpfte, und im Sommer, wenn die Spielzeugwelt
der Burgen, Orte, Züge und Autos auf der anderen Flußseite verläßlich im hellen Licht der
Sonne lag. Im Frühling freuten ihn die Blüten und im Herbst die gelben und roten Blätter.
Der Tag, an dem er die Strecke mit Sarah fuhr, war wolkenlos, und unter blauem Himmel
und bei klarer Luft präsentierte sich das Spielzeugdeutschland. Andi zeigte ihr alles mit kindlichem Eifer: die Allee des Brühler Schlosses, die Insel Nonnenwerth, die Loreley und die Pfalz
bei Kaub. Als der Zug in die Rheinebene bog, wurde ihm heimatlich und wehmütig ums
Herz. Die weite Ebene, die Berge im Osten und im Westen, die roten Sandsteinbrüche, als
der Zug von Mannheim auf Heidelberg zufuhr – da kam er her, und da gehörte er hin. Dahin
führte er jetzt Sarah. In Heidelberg lenkte er sie ab, während die Taxe durch die Stadt und auf
der anderen Flußseite den Berg hinauffuhr. Sie stiegen aus, gingen zum Philosophenweg, und
dann legte er ihr stolz seine Heimatstadt zu Füßen: Schloß, Altstadt, Alte Brücke und Neckar,
das Gymnasium, das er als Schüler besucht, die Stadthalle, in der er bei der Abiturfeier mit
einem Klassenkameraden ein Konzert für zwei Flöten gespielt, und die Mensa, in der er als
Student gegessen hatte. Er redete und redete, wollte ihr alles interessant und zugleich vertraut machen.
„Mein Schatz“, sagte sie und legte ihm den Finger auf den Mund, „mein Schatz. Du mußt
keine Angst haben, daß ich deine Stadt nicht mag. Ich sehe sie und sehe den kleinen Andi in
ihr zur Schule und später in die Mensa gehen, ich mag sie, und ich liebe dich.“
Aus: Bernhard Schlink: Die Beschneidung. In: Bernhard Schlink: Liebesfluchten. Geschichten. S. 218/219.
© Diogenes Verlag 2000.
Text markierten Stelle passen könnte (Aufgabe 4).
Dabei nennen sie entweder passende Instrumente
(und entsprechende Lautstärke) oder sie nennen
Musikstücke, die sie kennen. Alternativ dazu können auch einige vorbereitete Musikstücke präsentiert und die Lernenden gebeten werden, sich für
eines zu entscheiden. Diese Vorgehensweise spricht
vor allem auditive Lernertypen an, setzt aber voraus, dass ein Kassettenrecorder bzw. CD-Spieler mit
Kopfhörer oder ein separater Raum zur Verfügung
stehen.
STATION 4
Mit Hilfe einer Folie diskutieren die Lernenden verschiedene Begriffe, die ihrer Meinung nach am
besten zu Deutschland passen. Anschließend lesen
sie für diese Station vorbereitete Textschnipsel und
versuchen paarweise, diese in die richtige Reihenfolge zu bringen (Foto 2).
Die Textstreifen können vorher so präpariert werden, dass sie – umgedreht – zur Selbstkontrolle dienen: Die Buchstaben auf der Rückseite ergeben
dann von unten nach oben gelesen den Namen
eines Ortes, der in der Geschichte eine Rolle spielt
(Aufgabe 3). Schließlich einigen sich die Lernenden
auf ein Piktogramm, in dem Sarahs Deutschlandbild zum Ausdruck kommt (Foto 3).
STATION 3
STATION 5
In dieser Station stehen landeskundliche Aspekte
im Vordergrund. Mit Hilfe eines Papierschiffchens
fahren die Lernenden auf der Landkarte den Rhein
ab und notieren fünf deutsche Städte, an denen sie
auf ihrer Fahrt vorbeikommen (Aufgabe 1). Anschließend suchen sie Heidelberg auf der Karte und
notieren, an welchem Fluss die Stadt liegt und welche persönlichen Assoziationen sie zu Heidelberg
haben (Aufgabe 2). Nun erst lesen sie den ausgelegten Textausschnitt (siehe Textprobe auf dieser
Seite) und beantworten die Frage, wofür sich Sarah
auf dieser Reise besonders interessiert (Aufgabe 3).
Nach der Lektüre überlegen die Lernenden gemeinsam, welche Musik bei einer Verfilmung zu der im
32
Auf dem Tisch liegen einige Scherben, die zu Vermutungen über den Fortgang der Handlung in der
Erzählung anregen; die Vermutungen werden stichwortartig auf dem Laufzettel festgehalten (Aufgabe
1). Anschließend lesen die Lernenden ein kurzes
Textzitat, das zu Spekulationen über den Fortgang
der Geschichte Anlass gibt, bevor sie mit Hilfe des
gesamten Textausschnittes überprüfen, inwiefern
ihre Vermutungen zutreffen. Im Anschluss an die
Lektüre stellen die Lernenden mit Hilfe von farbigem Papier, Schere und Kleber dar, wie sie die
Beziehung zwischen Sarah und Andi nach diesem
Textausschnitt sehen (Foto 4).
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Foto 4: Die Lernenden stellen dar, wie sie die Beziehung
der beiden Hauptpersonen sehen.
STATION 6
Einige Gegenstände, wie z. B. eine Spritze und Verbandszeug, sollen die Lernenden im Sinne eines
„Blitzlichts“ zu spontanen Assoziationen anregen
(Aufgabe 1). Im Anschluss daran lesen sie vier kleine Textabschnitte und entscheiden, welche der
Äußerungen, wie z. B. „Religion und Tradition sind
mir nicht wichtig. Hauptsache ich kann mit Sarah
glücklich werden!“ der Aussage des jeweiligen Textabschnitts (nicht) entsprechen (Aufgabe 2).
Nach der Lektüre überlegen die Lernenden gemeinsam, welches Geräusch zu dieser Szene passt.
Wahlweise können sie dieses Geräusch beschreiben oder imitieren und mit Hilfe eines Kassettenrecorders oder Diktiergeräts aufnehmen.
AUSWEICHSTATIONEN
Wenn eine Lerngruppe sehr heterogen ist, bzw. die
Lernenden unterschiedlich schnell in der Lage sind,
die einzelnen Stationen zu bearbeiten, empfiehlt es
sich, Ausweichstationen anzubieten, an denen die
Wartezeit sinnvoll überbrückt werden kann.
Vorschläge in Zusammenhang mit dem hier
behandelten Text:
왘 Die Lernenden beschäftigen sich mit den im Text
vorkommenden Orten (Deutschlandpuzzle).
왘 Die Lernenden finden heraus, durch welche Bundesländer der Rhein fließt. Die Lösungen liegen
dann zur Selbstkontrolle in einem Umschlag
bereit.
왘 Die Lernenden beschäftigen sich mit jüdischen
Bräuchen und Festen. In unserer Ausweichstation gab es dazu Text- und Wortkarten. Nach der
Lektüre eines Textes zur Bar-Mizwar, die auch im
Haupttext vorkommt, musste die entsprechende
Wortkarte in die Textlücke gelegt werden. Zur
Kontrolle lag ein Briefumschlag mit der Lösung
bereit.
왘 Karten mit Textauszügen und Fotos aus einem
Reiseführer zu Heidelberg bereitstellen. Die Lernenden lesen dann die Texte und ordnen sie den
Fotos zu. In unserer Ausweichstation mussten die
Text- und Bildkarten an den markierten Stellen
aneinander gelegt werden (Foto 5). Zur Kontrolle
konnten die Karten umgedreht werden. Waren
Foto 5: Was passt zusammen? Text- und Bildkarten
werden zugeordnet.
sie richtig zugeordnet, passten die Ausschnitte
des Heidelberger Stadtplans auf der Kartenrückseite zusammen.
Lernkontrolle
Wenn alle Teams die sechs Hauptstationen durchlaufen haben, werden die Ergebnisse, z. B. das
Assoziogramm zum Thema „Mischehe“ oder die
Piktogramme zu Sarahs Deutschlandbild, offen an
der jeweiligen Station ausgelegt.
In einer Art Rundlauf zu den einzelnen Stationen
können die Lernenden ihre Lösungen vergleichen
und gegebenenfalls mit Hilfe der ausgelegten
Lösungsblätter korrigieren. Gleichzeitig können sie
sich die Ergebnisse der anderen Teams ansehen
bzw. anhören und miteinander ins Gespräch kommen. Zum Schluss können eventuelle Unklarheiten
im Plenum geklärt werden.
Abschließende Bemerkung
Diese Form der Bearbeitung einer literarischen
Vorlage erfordert von Lehrenden und Lernenden
eine deutliche Umorientierung, denn die Aufgaben
müssen so gestellt werden, dass die Lernenden die
einzelnen Aufgaben an den Lernstationen selbstständig bearbeiten können. Die Lehrkraft hält sich
während des gesamten Stationendurchlaufs im
Hintergrund und greift nur im Notfall ein bzw. übernimmt in der abschließenden Plenumsrunde lediglich die Rolle des Moderators.
Für viele Lernende ist diese Arbeitsform neu. Die
Erfahrung zeigt jedoch, dass sie sich in der Regel
gerne darauf einlassen und schnell daran Gefallen
finden. Allerdings bedarf das richtige Zeitmanagement oft eines gewissen Trainings.
Literatur:
Bernhard Schlink: Die Beschneidung. In: Bernhard Schlink: Liebesfluchten.
Zürich: Diogenes Verlag 2000.
© 2000 Diogenes Verlag; © 1999 Pro Litteris, Zürich.
Fotos:
Petra Klimaszyk
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Der kleine König Dezember, von der Autorin nach
den Illustrationen von Michael Sowa gestaltet
Abb. 2: Die Materialstation
STATIONENLERNEN MIT KINDERN
Eine poetische Erzählung entfaltet ihren Zauber
VON ANNA PILASKI
Anna Pilaski hat im bilingualen Unterricht einer Sprachschule in Madrid mit zehn- bis dreizehnjährigen Kindern Axel Hackes poetische Erzählung „Der kleine König Dezember“ gelesen. Gelesen? –
Nein! Sie hat 10-12 Unterrichtsstunden genutzt, um in einer Vielzahl abwechslungsreich gestalteter
Stationen die Kreativität und Fantasie der Kinder stets neu herauszufordern und ihre Neugier auf das
Buch (und die Hörspielfassung) zu wecken. Mit Erfolg! Im Beitrag können nur einige Stationen, die
etwas vom Geist dieses Stationenlernens spürbar machen, vorgestellt werden.
Der kleine König Dezember
stellt sich vor
Der kleine König Dezember lebt
bei dem Ich-Erzähler in einer
kleinen Spalte in der Wand.
Dort hat er ein kleines Zimmer.
Der kleine König hinterfragt
die Welt der Erwachsenen, der
Ich-Erzähler lässt sich auf die
wundersame Welt des kleinen
Königs ein ...
Eines Tages kam er plötzlich in unser Klassenzimmer, der kleine König Dezember. Diese kleinen
Könige werden „groß“ geboren und mit der Zeit
werden sie immer kleiner, bis sie eines Tages nicht
mehr zu sehen sind. Am Anfang des Lebens können die kleinen Könige schon alles, was sich die
Menschen normalerweise erst mühsam aneignen
müssen. Je kleiner die Könige aber werden, desto
mehr vergessen sie. Bei uns Menschen beginnt das
Leben mit der Kindheit. In der Welt der kleinen
Könige ist die Kindheit am Ende des Lebens.
Das Lernstationen-Abenteuer
Zu den verschiedenen Kapiteln des Buches entstand ein kreatives Stationenlernen, das alle Sinne
ansprach. Es gab Wortschatzstationen, Lese-,
Abb. 1: Die Stationen
Wortschatz
Pufferzirkel
GummibärchenGourmetzirkel
„Der kleine König
Dezember“ mit Kopf,
Herz, Hand und Genuss
Träume
Der erste Tag
Der Bilderhaber
Kleiner oder
größer werden
Sterne
34
Der König
stellt sich vor
Sprech-, Schreib- und Hörstationen, Pufferstationen und zum kulinarischen Abschluss sogar Gourmetstationen, an denen die Kinder mit viel Begeisterung hörten, schrieben, lasen, sprachen, sahen,
fühlten, bastelten, schmeckten und sich entspannten (Abb. 1). Jede Station hatte ihre eigene Farbe, zur
besseren Orientierung standen auch alle Arbeitsanweisungen auf passendem farbigem Papier. Ziel
zahlreicher Aufgaben war es, dass die Kinder immer
wieder reflektieren konnten, was die Geschichte des
kleinen Königs mit ihnen selbst und ihrem eigenen
Leben zu tun hatte.
An den einzelnen Stationen durften die Kinder
die Kassetten so oft hören, Texte so oft lesen und
Puzzles so oft legen, wie sie wollten oder wie sie es
brauchten, ihnen wurde bewusst die notwendige
Zeit zur Verfügung gestellt. Mussten die Kinder an
einer Station auf eine konkrete Lösung hinarbeiten,
die sich nicht unmittelbar aus dem Material erschloss, fanden sie die Lösung in einem Umschlag.
Alle notwendigen Hilfsmittel wie Wörter- und
Bildwörterbücher, mehrere Kassettenrecorder mit
Kopfhörern, Stifte, weißes und buntes Papier, diverses Dekorationsmaterial, Stoff, Schuhkarton,
Klebestifte, Scheren und vieles mehr lagen an einer
Materialstation (Abb. 2) bereit.
Der Spaziergang
Schon drei Wochen vor dem Beginn des Projekts
hatte ich angefangen, den Kindern von einem
magischen Projekt zu erzählen, um sie neugierig zu
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Abb. 4: Schülerzeichnungen: So stelle ich mir den kleinen König vor.
machen. Dann war es endlich so weit. Jedes Kind
bekam zunächst ein Arbeitsblatt zur Selbstevaluation (Abb. 3), das als Laufzettel für alle Stationen
diente. Ihre Leistung konnten die Kinder mit Hilfe
von roten Gummibärchen selbst einschätzen.
Jedes der Kinder bekam außerdem eine Mappe,
in der die Arbeitsergebnisse jeder Station gesammelt wurden. Sie wurden darauf hingewiesen, dass
sie ihre Produkte möglichst ansprechend gestalten
sollten, da sie sie in einer Zwischenberichtsphase
oder am Ende des kompletten Stationendurchlaufs
in einer Präsentation vorstellen würden.
Beispiele aus den LESE-STATIONEN
Der kleine König wird vorgestellt
„Seit einiger Zeit kommt dann und wann der kleine,
fette König Dezember II. in mein Haus, der nicht länger
ist als ein Zeigefinger und so fett, daß sein winziger roter
Samtmantel mit dem dicken, weißen Hermelinbesatz sich
vor dem Bauch nicht mehr schließen lässt.” (S. 5)
Dieser Einstieg in die Erzählung wurde als Hausaufgabe gelesen. Die Aufgabe dazu lautete: Malt
den kleinen König Dezember so, wie ihr ihn euch
vorstellt. Die Kinder hatten natürlich meine von mir
selbst gestaltete Figur (S. 34 oben) noch nicht gesehen. Erwartungsgemäß wiesen die Zeichnungen
viele Gemeinsamkeiten, jedoch auch Unterschiede
in der persönlichen Interpretation des kleinen
Königs auf (Abb. 4). Erst nach der Besprechung der
Schülerzeichnungen wurde das Samttuch gehoben,
unter dem der kleine König Dezember sich bisher
verborgen hatte (Abb. 5).
Lesepuzzle
„Also ist“, sagte ich und gab ihm das Gummibärchen
wieder in die Hand, „also ist bei euch die Kindheit am
Ende des Lebens?“
„Denk mal an!“ sagte der König. „Man hat etwas, auf das
man sich freuen kann!“ (S. 10)
So begann der Textausschnitt, der in Partnerarbeit
zu erarbeiten war. Dazu gab es drei Arbeitsblätter.
Arbeitsblatt A enthielt 10 Fragen zum Textinhalt mit
je drei Auswahlantworten, die mit verschiedenen
Ziffern gekennzeichnet waren. Für Arbeitsblatt B
hatte ich ein Bild aus dem entsprechenden Kapitel
im Buch (S. 9) kopiert und in 10 Puzzleteile zer-
Abb. 5: Der kleine König
wird enthüllt.
Selbstevaluation
Das hat mir Spaß gemacht, ich hatte keine Probleme.
Das habe ich gut gemacht, ich hatte nur kleine Probleme.
Es war ein bisschen kompliziert, das muss ich noch üben.
Stationennummer
Wortschatz
1. Königsmemory
2.
3.
4.
5.
Fertigkeit
spielen
lesen
hören
Der König stellt sich vor
1.
2.
3.
Abb. 3: Der Laufzettel dient gleichzeitig der Selbstevaluation.
schnitten. Auf der Rückseite der Puzzleteile standen
Zahlen, die den richtigen Antworten auf Arbeitsblatt A entsprachen. Arbeitsblatt C enthielt nur das
leere Frageraster mit der Buchstabennummerierung. Wenn die Kinder die richtigen Antworten gefunden und die entsprechend nummerierten Puzzleteile in Arbeitsblatt C klebten, entstand das Bild.
Auf diese Weise konnten sie selbst sehen, ob sie den
Text verstanden hatten. Gleichzeitig lernten sie eine
spielerische Form der Selbstkontrolle kennen.
Beispiele aus den WORTSCHATZ-STATIONEN
Das Königsmemory
Das Königsmemory bestand aus je 20 Bild- und
Wortkärtchen (insgesamt 40 Spielkarten). Eine Karte enthielt nur das geschriebene Wort mit dem
bestimmten Artikel, auf dem dazugehörigen Bildkärtchen befand sich die entsprechende Abbildung
mit dem geschriebenen Wort, aber diesmal mit dem
unbestimmten Artikel. Für die unterschiedlichen
Artikel wurden verschiedene Farben verwendet, die
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Abb. 8: Trauminterview
Abb. 6: Die Kinder spielen
„Königsmemory“.
den Kindern aus der Unterrichtsarbeit bereits bekannt waren: rot für feminin, blau für maskulin,
grün für neutrum und gelb für Plural. Das Spiel wurde in Kleingruppen durchgeführt (Abb. 6).
Worträtsel
Aus dem Buch suchten die Kinder selbst ihnen
kompliziert erscheinende Wörter heraus. Aus diesen Wörtern machten sie Worträtsel für die Mitschüler. Wie einfallsreich die Kinder dabei waren,
zeigen die beiden folgenden Beispiele:
Sterne an: „Dann such dir einen aus und gib ihm
einen Namen, sagte der König Dezember.“ (S. 45)
Nun sollten auch die Kinder einen Sternennamen
erfinden und ihre Namenswahl begründen. Dafür
konnten sie in eine eigens für diese Aufgabe eingerichtete „Dunkelkammer“ gehen. Dort sahen sie
sich auf eine dunkelblaue Pappwolke geklebte
Leuchtsterne an, suchten sich einen Lieblingsstern
aus und schrieben einen Namen und eine Kurzbeschreibung des Sterns auf ein Blatt Papier.
Beispiel aus den SPRECH-STATIONEN
Kusy (13)
Ein Trauminterview
Von hinten nach vorn:
Fehlende Buchstaben:
1. nehcräbimmuG
2. releipsllabteksaB
3. muarT
4. Fl_gz_ug
5. Fr_u_d
6. Dr_c_en
Beispiele aus den SCHREIB-STATIONEN
Erwartungen und Vorstellungen
In einer Übung zum freien Schreiben sollten die
Kinder sich mit der Frage auseinandersetzen, ob
der kleine König ihr Freund sein könnte, was sie mit
ihm gemeinsam unternehmen und worüber sie mit
ihm sprechen könnten. Die entstandenen Texte
zeigten, wie sehr die Kinder sich in relativ kurzer
Zeit mit der Hauptfigur identifizierten und sie sich
bei ihren gemeinsamen Unternehmungen zum
Komplizen machten.
Sternennamen erfinden
Der kleine König und der Ich-Erzähler liegen einmal auf dem nächtlichen Balkon und schauen die
Abb. 7: Arbeitsblatt: Leitfaden für das Trauminterview
Trauminterview
Interviewe mindestens drei Personen.
1. Kannst du dich an deine Träume
erinnern?
2. Wovon / Von wem träumst du oft?
3. Wann träumst du?
4. Was fühlst du in deinen Träumen?
5. Wonach riechen deine Träume?
36
6. Wie schmecken deine Träume?
7. Was wünschst du dir in deinen
Träumen?
8. Sprichst du viel über deine Träume?
Mit wem?
9. Weißt du, was deine Träume
bedeuten?
Mit Hilfe eines Interviewleitfadens zum Thema
„Träume“ führten die Kinder Interviews durch
(Abb. 7, 8). Um ein umfangreiches Antwortbild zu
bekommen, sollten sie jeweils drei verschiedene
Personen befragen. Neben ihren Mitschülern durften sie auch Sekretärinnen der Schule, andere
Lehrkräfte oder Lernende außerhalb des Klassenzimmers befragen. Im Vordergrund der Aufgabe
stand das freie Sprechen, die Kinder sollten also
nicht nur die eine Frage stellen, sondern detailliert
nachfragen, um bestimmte Informationen zu
erhalten und auch auf Gegenfragen reagieren. Die
Antworten wurden in kurzen Formulierungen
schriftlich festgehalten.
Beispiel aus den HÖR-STATIONEN
Die Pudelrettungsmaschine
Ein Bild im Buch zeigt, wie ein angebundener Pudel
von einer Maschine gerettet wird (S. 31). Die Kinder schauten sich das Bild an und überlegten sich
eine Geschichte dazu. Dann hörten sie den entsprechenden Textausschnitt von der Begleitkassette und stimmten anschließend ihre Informationsentnahme mit einem Partner ab. Mit dieser schrittweisen Annäherung an den Text und der Antizipation der Geschehnisse wird Spannung aufgebaut
und das Interesse der Kinder für die entsprechende
Textstelle geweckt.
Beispiel: SCHMECK-STATION
Der kleine König Dezember ist ein leidenschaftlicher
Gummibärchenliebhaber, in besonders herausfor-
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Abb. 9: Bunte Traumschachteln
Abb. 10: Die Inhalte der
Traumschachteln werden ertastet.
dernden Situationen kann er gar nicht genug davon
bekommen. Also gab es einen Gummibärchen-Geschmackstest. Mit verbundenen Augen versuchten
die Kinder, am Geschmack zu erkennen, welche
Farbe das von ihnen gewählte Gummibärchen hat.
In kurzen Stellungnahmen mussten sie begründen,
warum es nur die von ihnen antizipierte Farbe und
keine andere sein konnte.
Dennoch war ich überrascht über das große Engagement und die Hingabe, mit der die Kinder die einzelnen Aufträge erledigten. Ihre hohe Motivation
spiegelte sich auch in der Qualität der Ergebnisse
wieder, denn viele der kleinen (Kunst-)Werke beeindruckten durch die investierte Arbeit. Generell
kann ich sagen, dass das Stationenlernen von der
Mehrzahl der Kinder als willkommene Form des
Lernens aufgenommen wurde. Ich würde sogar
sagen, dass alle zur gleichen Zeit mehr geleistet
haben als in einem „normalen“ Unterricht.
Aber es soll auch nicht verschwiegen werden,
dass das Stationenlernen nicht für jedes Kind sofort
die richtige Arbeitsform ist. Dies ist wohl unter
anderem auch auf die Tatsache zurückzuführen,
dass einige der Kinder aufgrund einer anderen
Lehr- und Lerntradition oder aufgrund elterlicher
Erwartungen durch das offene Angebot verwirrt
wurden und genauere Anweisungen vermissten. In
einigen Fällen musste ich zum Beispiel behutsam
und sensibel Gründe ausloten, warum die Bearbeitung bestimmter Aufgaben Schwierigkeiten
bereitete und mit den Betroffenen Lösungswege
erarbeiten. Auch das gewissenhafte Führen des Evaluationsbogens und der Sammelmappe bereitete
manchen Probleme. Immer wieder vergaßen einige Kinder die Stationen einzutragen oder hatten
Schwierigkeiten, Ordnung in ihrer Mappe zu halten. Dies alles ist bei einer ersten Konfrontation mit
dem Stationenlernen keineswegs verwunderlich. Es
bedarf also der besonderen Aufmerksamkeit der
Lehrenden, damit Kinder sich langsam an diese
Arbeitsform gewöhnen können.
Dass es sich wirklich gelohnt hat, das Büchlein
über die Arbeit in Stationen den Kindern nahe zu
bringen, bestätigt die Tatsache, dass viele der Kinder die Lektüre mit in die Sommerferien nahmen,
um sich erneut damit zu befassen und noch mehr
über den kleinen König zu erfahren.
Beispiel FÜHL-STATION
Der kleine König sammelt Schachteln, in denen er
seine Träume aufbewahrt (S. 14 f.). So gibt es neben
den Trauminterviews auch eine Station mit „Traumschachteln“. Über den Tastsinn die Fantasie anzuregen, zu träumen und den Traum in Worte und Bilder zu fassen, das mögen Kinder dieser Altersstufe,
da das „Begreifen“ von Gegenständen sie bei der
Verbalisierung eigener Gedanken in der fremden
Sprache unterstützt. Mit geschlossenen oder verbundenen Augen ertasteten sie verschiedene Gegenstände in den „Traumschachteln“, notierten auf
einem Blatt Papier, was sie herausgefunden zu
haben glaubten und schrieben dann mit ihren
Ideen und Assoziationen ihren persönlichen Traum
auf. Erst danach durften sie in die Schachteln sehen
und die Realität mit ihrer Fantasie vergleichen
(Abb. 9, 10).
Ausschnitt aus einem Schülertext:
ALBA (10 JAHRE): MEIN TRAUM
Der kleine König und ich gehen zu seinem Palast, dann
sagte er: Komm, ich will mit meinen Träumen spazieren
gehen. Er nimmt mich zu einen großen Mond mit und
der sagt: Küsst mich! Beide küssen den Mond und dann
waren wir in einer Uhr und ich sagte: ich glaube, dass in
jeder Stunde einer von deinen Träumen versteckt ist. Da
komm und sieh!, sagt der König. Wir sind drin in Stunde
Nr. 3: Wir sind in einem weißen Raum mit vielen Dingen.
Es gab: eine Kugel, einen Stein, ein Armband – und drin
im Armband ein Elf, so winzig wie die König Paula. Das
war die Frau vom kleinen König. ...
Abschließende Bemerkungen
Auch im „normalen“ Unterricht verstehen es Kinder dieses Alters, mit Fantasie und Kreativität an
Aufgaben heranzugehen, so hatte ich entsprechende Beiträge auch beim Stationenlernen erwartet.
Der kleine König Dezember und
seine Frau
Anmerkung:
Das „Lesepuzzle“ geht zurück auf eine Idee in: Büttner, Siegfried / Kopp,
Gabriele / Alberti, Josef: Tamburin 1. Deutsch für Kinder. Arbeitsbuch.
Ismaning: Max Hueber Verlag 1997, 21, 67.
Literaturverzeichnis:
Axel Hacke: Der kleine König Dezember. Bilder von Michael Sowa. München:
Verlag Antje Kunstmann 1993, Preis: Euro 6,90 (Stand August 2006).
Zu diesem Buch gibt es zwei Hörbuchfassungen: 1. Solo Verlag, 1 CD
70 Min.; 2. Silverdust, Hörspielfassung.
Fotos: Anna Pilaski
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DAS GLÜCK HAT FLÜGEL
Literarische Stationen für Jugendliche
VON IVICA LENC̀´OVÁ
Nach wie vor werden literarische Texte von der Fremdsprachendidaktik stiefmütterlich behandelt,
auch der „Gemeinsame europäische Referenzrahmen“ geht leider nicht auf die Möglichkeit der
Arbeit mit Literatur auf den einzelnen Niveaustufen ein. So ist es nicht verwunderlich, dass es auch im
fremdsprachlichen Deutschunterricht oft an literarischen Impulsen mangelt. In ihrem Beitrag zeigt
die Autorin, dass literarische Begegnungen an Stationen im schülerorientierten Deutschunterricht
Ausgangspunkt für autonome und kreative Arbeit der Lernenden sein können. Der hier in Beispielen
vorgestellte Stationendurchlauf wurde für zwei Unterrichtseinheiten (oder eine Doppelstunde)
konzipiert und an zwei slowakischen Gymnasien mit Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren
durchgeführt (Niveaustufe B1/B2).
Vorbemerkungen
Das Stationenlernen ist eine gute Möglichkeit,
literarische Texte in einen kontinuierlichen Lernprozess einzubauen. Das Stationenlernen als Methode fördert die Schülerorientierung und Handlungsorientierung des Unterrichts, bei der Beschäftigung mit poetischen Texten wird nicht nur die
ratio, sondern auch die ganzheitliche Entwicklung
der Schülerpersönlichkeit gefördert, indem emotionale, soziale und spielerische Bedürfnisse zu
ihrem Recht kommen (Lenc̀´ová 2005). Literarische
Begegnungen an Stationen verführen die Lernenden durch die Offenheit der literarischen Texte
und der Unterrichtssituation auch zur vertieften
Kommunikation, denn in Partner- oder Gruppengesprächen müssen Bedeutungen ausgehandelt,
unterschiedliche Interpretationen diskutiert und
gegebenenfalls überprüft werden. Darüber hinaus
bietet das Stationenlernen hervorragende Möglichkeiten der Binnendifferenzierung, wenn Texte und
Arbeitsaufträge unterschiedlich anspruchsvolle An-
Laufzettel: Literarische Begegnungen
Station 1: Assoziationen zum
Thema Glück
Station 2: Gedicht schreiben
Station 3: Paralleltext schreiben
Station 4: Textschema ergänzen
38
Station 5: Text visualisieren
Station 6: Text abändern
Station 7: Text rekonstruieren
Station 8: Gedichte entflechten
Pufferstation 1: Rätseltext
Pufferstation 2: Kreatives Schreiben
reize für leistungsstärkere und leistungsschwächere Lernende enthalten.
Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl der literarischen Texte für einen Stationendurchlauf ist deren
inhaltliche Anbindung an Themen des im Unterricht verwendeten Lehrwerks, so dass sie eine Erweiterung und Vertiefung der dort besprochenen
Inhalte darstellen. So knüpfen die von mir ausgewählten Texte zeitgenössischer Autoren (u.a. Heinz
Janisch, Franz Hohler, Peter Bichsel) an den thematischen Bereich Menschliche Beziehungen in dem
slowakischen Lehrwerk „Schau mal 3“ an.
Die Prinzipien des Stationenlernens waren allen
Lernenden bereits vertraut, so konnten sie sowohl
bei der Umgestaltung des Klassenraums, als auch
beim Aufbau der einzelnen Stationen (Auslegen der
Texte, Arbeitsblätter und Stifte, Ausschilderung der
Stationen usw.) behilflich sein.
Insgesamt gab es 8 Stationen und 2 Pufferstationen (aus Umfangsgründen können hier nicht alle
gezeigt werden), die Aufgaben an den Stationen
wurden von den Lernenden individuell oder zu
zweit bearbeitet. Über die Reihenfolge der Stationen
sowie die Zeit, die sie an den einzelnen Stationen
verbringen wollten, konnten sie selbst entscheiden,
mit 5 Stationen waren die Lernzielanforderungen
erfüllt. Ein Laufzettel (siehe Kasten) führte die Lernenden durch die Stationen.
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Abb. 1: Assoziationen zum Begriff „Glück“
Schülertexte:
STATION 1
Arbeitsauftrag:
Was ist „Glück“ für dich?
Erstelle ein Assoziogramm zu diesem Wort.
Kommentar:
Assoziationen zum Begriff Glück (Abb. 1) fallen 15bis 17-Jährigen nicht schwer, ist es doch ein Thema, das sie in der Pubertät beschäftigt. Die Form
des offenen Assoziogramms ist gut dafür geeignet,
spontane Assoziationsketten auszulösen und die
Lernenden anzuregen, sich sprachlich frei zu äußern.
Die Vorstellungen der Jugendlichen von Glück
waren sehr ähnlich, immer wieder tauchten in den
einzelnen Assoziogrammen die Wörter Liebe, Familie, Freunde, Gesundheit auf, aber auch Begriffe wie
Optimismus, Freude, Frieden, Spaß. Einige notierten auch Gegenstände, die symbolische Bedeutung
für das Glück haben, wie z.B. die Sonne, ein vierblättriges Kleeblatt, ein Glücksschweinchen usw.
STATION 2
Arbeitsauftrag:
Viele Philosophen und Dichter haben etwas zum Thema
Glück geschrieben. Lies die Texte (Sprichwörter, Zitat,
Gedicht).
Schreib dann auch einen Text zu diesem Thema, äußere
deine Gefühle, Träume, Vorstellungen ...
Textvorlagen
Das Glück hat Flügel.
(Sprichwort)
Glücklich ist nicht, wer andern
so vorkommt, sondern wer sich
selbst dafür hält.
(Seneca)
GLÜCK
Was ich haben möchte,
habe ich.
Was ich sagen müsste,
sage ich.
Ich denke, dass ich glücklich
bin, und ohne Spaß.
GLÜCK
Viele Träume haben,
auf die Freunde warten,
schöne Hobbys haben,
immer lachen,
anderen helfen können …
Das ist für mich Glück.
GLÜCK
Leben unter Druck
das ist doch kein Glück.
Lachende Leute sehen,
das ist glückliches Leben.
GLÜCK
Glück. Was ist das?
Wenn wir ein Kleeblatt
oder Hufeisen finden?
Wer hat Glück?
Glück hat der,
der gesund ist.
GLÜCK
Gutes essen
Bücher lesen
Liebe geben
geküsst werden
Sonne sehen
weiter gehen
und immer zusammen …
Kommentar:
Die ausgelegten Texte motivierten die Jugendlichen,
weiter über „das Glück“ nachzudenken und selbst
Gedichte zu schreiben. Einige benutzten dabei
auch die Begriffe aus ihrem Assoziogramm, stellten
sie in ihrem Gedicht aber nun in einen neuen
Zusammenhang. Diese Station gefiel allen sehr gut:
Jeder Mensch erhofft sich das Glück und hat ganz
bestimmte Vorstellungen davon.
Aufgrund der Vorarbeit mit dem Assoziogramm fiel
den Lernenden das Gedichteschreiben nicht schwer.
Überraschend war die Qualität einiger Texte.
Glück
Kirschen essen,
hundert Kerne spucken.
Liebesbriefe
Mit Kartoffeln drucken.
Barfuß durch die
Regenpfützen laufen.
Dreizehnmal
Am Tage Eiscreme kaufen.
Suppenkraut zu
Lorbeerkränzen winden.
Kunterbunte
Kieselsteine finden.
Pfeil und Herzen
An die Häuser malen.
Für ein Luftschloß
Keine Miete zahlen.
Um die Welt geh´n
Und zurück.
Das ist Glück.
Ingrid Lissow
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STATION 3
STATION 4
Arbeitsauftrag:
Arbeitsauftrag:
Lies das Gedicht So ein Tag von Josef Guggenmos. Lass dich
von dem Text inspirieren und schreib einige Zeilen an eine
Person, die du besonders magst, um sie glücklich zu machen.
Lies das Gedicht Daheim von Franz Hohler.
Was brauchst du, um „daheim zu sein und dich
wohl zu fühlen“?
Gestalte deinen Text fantasievoll – du kannst schreiben,
malen, basteln, den Text farbig gestalten …
Auf dem Arbeitsblatt findest du eine Vorlage mit einigen
Zeilen aus dem Gedicht.
Beginne mit der Formulierung „Heute träume ich ...“
Ergänze die Vorlage mit deinen Vorstellungen.
Beispiel Schülertext:
So ein Tag
Daheim
Heut träume ich mir –
Ich träum, was ich mag.
Heute träume ich mir einen schönen Tag.
Schau auf, sieh,
welch ein Gewimmel!
Briefe flattern vom Himmel:
Briefe für mich, dich, alle Leut’.
In jedem steht was,
was den, der‘s liest, freut.
Daheim bin ich, wenn ich die richtige Höhe
greife, um auf den Lichtschalter zu drücken.
Daheim bin ich, wenn meine Füße die Anzahl
der Treppenstufen von selbst kennen.
Daheim bin ich, wenn ich mich über den Hund
der Nachbarn ärgere, der bellt, wenn ich meinen
eigenen Garten betrete.
Josef Guggenmos
Kommentar:
In den Zeiten von E-Mail und SMS fanden es einige Lernende nicht sehr aktuell, einen Brief zu
schreiben. Einigen hat es aber auch Spaß gemacht,
das beweist der hier abgedruckte Brief (Abb. 2).
Würde er nicht bellen, würde mir etwas fehlen.
Würden meine Füße die Treppenstufen nicht
kennen, würde ich stürzen.
Würde meine Hand den Schalter nicht finden,
wäre es dunkel.
Franz Hohler
Arbeitsblatt
Daheim
Daheim bin ich, wenn ...................................................
Daheim bin ich, wenn ...................................................
Daheim bin ich, wenn ...................................................
Abb. 2:
Brief, farbig
gestaltet
Würde ……………………....................…………….……,
würde mir etwas fehlen.
Zwei Schülertexte:
Daheim bin ich, wenn ich mich über meine
Schwester ärgere, weil überall Unordnung herrscht.
Daheim bin ich, wenn meine Mutter fragt:
„Wo warst du gestern nacht?“
Daheim bin ich, wenn die Nachbarin
immer lauscht, was bei uns
Neues gibt.
Würde sie Ordnung machen, wäre es mir verdächtig,
würde sie nicht fragen, würde ich mich wundern
und wenn es nicht so wäre,
würde mir etwas fehlen.
40
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Abb. 3: Schülerarbeiten zum „Lied vom Alleinsein“
Daheim bin ich, wenn ein frisch gebackener
Kuchen von meiner Mutti riecht.
Daheim bin ich, wenn meine Eltern zu laut sprechen,
das Fernsehen schreit und meine Schwester falsch singt.
Daheim bin ich, wenn unser Hund bei meiner Ankunft
glücklich in meine Arme springt.
Würde er nicht springen, würde ich stürzen.
Würden meine Eltern nicht zu laut sprechen, würde
Ich mich allein fühlen.
Würde der Kuchen nicht mehr riechen,
Kommentar:
Hier sollten die Lernenden den Inhalt des Gedichts
und ihre persönliche Einstellung dazu visuell darstellen. Dieser Auftrag wurde, wie die Beispiele
zeigen (Abb. 3), mit unterschiedlichen Mitteln, bildhaft-symbolisch von den einen oder durch die Verwendung unterschiedlicher Schriftzüge von den
anderen mit großem Feingefühl gelöst.
würde mir etwas fehlen.
STATION 6
Arbeitsauftrag:
Kommentar:
Eine vorgegebene Textstruktur auf der Basis eines
Modelltextes regt die Lernenden oft zu sehr kreativen, eigenen Lösungen an: Die einfache Struktur
„Daheim bin ich, wenn“ und „Würde ... würde mir
etwas fehlen“ lässt sich leicht mit eigenen Gedanken füllen. Auch das Thema des Textes spricht jeden
von uns an. Die Realisierung der Aufgabe durch die
Lernenden zeigte sehr unterschiedliche Lösungen
und manchmal auch einigen Humor bei der liebevollen Schilderung einer üblichen Situation in den
Familien. Diese Bereitschaft, auch Privates preiszugeben zeigt, dass sich die Lernenden gern auf
diese Form des kreativen Schreibens einließen.
STATION 5
Arbeitsauftrag:
Lies das Lied vom Alleinsein.
Gestalte dann die Überschrift mit Hilfe von Farbstiften,
Schriftstärke, Schriftart und Zeichnungen so, dass sie
deine Gefühle zum Thema des Gedichts ausdrückt.
Franz Hohlers Geschichte Die blaue Amsel hat ein
freudloses, pessimistisches Ende.
Du kannst den Text ändern: Schreib ein neues
optimistisches Ende.
Beginne so: Einmal, als der Mann auf Würmersuche war,
kamen ein paar andere Amseln, ...
Die blaue Amsel
zu fressen brachte oder für sie die schönsten
Lieder sang.
Amseln sind schwarz.
Normalerweise.
Eines Tages aber saß auf einer Fernsehantenne eine blaue Amsel. Sie kam von
weither, aus einer Gegend, in der die
Amseln blau waren.
Einmal, als der Mann auf Würmersuche war,
kamen ein paar andere Amseln, vertrieben
die blaue Amsel aus dem Nest und warfen
ihre Eier auf den Boden, dass sie zerplatzten.
Ein schwarzer Amselmann verliebte sich in
sie und bat sie, seine Frau zu werden.
Zusammen bauten sie ein Nest, und die
blaue Amsel begann, ihre Eier einzubrüten,
während ihr der Amselmann abwechselnd
„Wieso habt ihr das getan?“, fragte der
Amselmann verzweifelt, als er zurückkam.
„Weil wir Amseln schwarz sind“, sagten
die anderen nur, blickten zur blauen Amsel
und wetzten ihre gelben Schnäbel.
Franz Hohler
Schülertext:
Meine Geschichte
...
Einmal, als der Mann auf Würmersuche war,
Lied vom Alleinsein
Schnick – Schnack – Schnöde
zu Haus da ist es öde
Vater schläft vorm Fernsehen ein
Mutter wäscht Gemüse
Oma quält die Drüse
Opa pflegt sein Zipperlein
Lied vom Alleinsein
und mich und die Luise
die lässt man ganz allein
zu Haus da ist es öde
Schnick – Schnack – Schnöde
Johann P. Tammen
kamen ein paar andere Amseln,
um die blaue Amsel kennenzulernen.
Sie war zuerst etwas ängstlich und verlegen,
weil sie in dieser Gegend keine Amselfamilien kannte.
Die Amseln waren aber sehr nett und freundlich und
brachten ihr einige Würmer als Geschenk.
Der fürsorgliche Amselmann stand gerade an der
Nesttür, als die kleinen blauen Amseln zur Welt kamen.
Alle waren überglücklich.
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Abschließende Bemerkung
Kommentar:
Beim Amseltext sollten die Lernenden sich mit Intoleranz, Arroganz und Feindschaft gegenüber Fremden, die ihnen aus ihrer eigenen Lebenswelt nicht
unbekannt sind, auseinandersetzen. Das Beispiel
aus der Tierwelt schafft gleichermaßen die notwendige Distanz zur Realität wie auch Nähe zur
eigenen Emotionalität, um frei von Vorurteilen
Empathie und Einfühlung bei den Lernenden zu
bewirken. Auf dieser metaphorischen Ebene konnten sie sich auch ganz konkrete Lösungen ausdenken, wie man „Fremde“ freundlich empfangen
könnte.
PUFFERSTATION
Arbeitsauftrag:
Versuche, den Text von J. Völker-Marten zu enträtseln
und schreib ihn in ganzen Sätzen auf. (Beachte: Die
Substantive in dem Text sind klein geschrieben.)
Wenn du Lust hast, kannst du auch einen Rätseltext
schreiben.
Schülertexte:
z. B. Wörter
Zumbei
spiel
kön
nenwi
rm
it denwör
terns
pielen
wirspie
lenwör
terspie
le
Mi
tdies
emSpie
lsp
ielenma
chtSpa
ß
Die N8tigall und
der N8falter
Die N8igall singt,
der N8falter fliegt.
Plötzlich m8e sich
der Vogel los
Und flog los.
Quellen der literarischen Texte:
Der herrliche
N8falter sagte:
Was hab’ ich
schlecht gem8?
Kommentar:
Den Lernenden bereitete es Spaß, diesen Text zu
entwirren und eigene Rätseltexte zu verfassen. Sie
erfanden auch lustige Rätsel mit Zahlen, die in
Wörtern versteckt sind.
Jürgen Völkert-Marten
In diesen Unterrichtsstunden hat sich gezeigt, dass
das Stationenlernen sich sehr gut für die Arbeit mit
literarischen Texten eignet: Die Jugendlichen fühlten sich entspannt, ohne Druck; sie konnten die
Reihenfolge der Stationen selbst wählen, sich den
Aufgaben ohne Hektik widmen und begegneten
den literarischen Texten deshalb viel gelassener und
aufgeschlossener als im „normalen“ Unterrichtsalltag.
Das Angebot, selbst „literarische“ Texte zu gestalten, wurde in allen Gruppen engagiert angenommen. Die positiven Ergebnisse sind aber auch auf
die Möglichkeiten zur freien Kommunikation und
Kooperation der Lernenden untereinander zurückzuführen, die auf diese Art und Weise voneinander
lernen, sich gegenseitig motivieren konnten. Die
Arbeit mit den literarischen Texten fanden die Lernenden in dieser Form besonders attraktiv, weil
Literatur ihnen hier nicht als unnahbar und unantastbar gegenüber gestellt wurde, sondern die
literarischen Texte als Auslöser für Eigenproduktionen genutzt werden konnten.
Die entstandenen Schülerarbeiten hatten sowohl
in den Augen der Lehrerin als auch in denen der
Mitschülerinnen und Mitschüler einen ebenso
hohen Stellenwert wie die Ausgangstexte. So konnten sie zu Recht auf ihre Leistungen stolz sein. In
der Folge wurden sowohl literarische Texte als
Unterrichtsgegenstand als auch Stationenlernen als
Unterrichtsform von den Jugendlichen vermehrt
gewünscht.
Josef Guggenmos: So ein Tag. Aus: Josef Guggenmos (1993): Oh, Verzeihung, sagte die Ameise. Ein Kinderbuch mit Bildern von Nikolaus
Heidelbach. Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg in der Verlagsgruppe
Beltz.
Franz Hohler: Daheim. / Die blaue Amsel. Aus: Franz Hohler (1995): Die
blaue Amsel. Luchterhand Literaturverlag. © Franz Hohler.
Ingrid Lissow: Glück. Im Internet unter: www.gluecksarchiv.de. Trotz Bemühungen haben wir keine weiterführende Quellenangabe gefunden.
Johann P. Tammen: Lied vom Alleinsein. Aus: Gedichte für Anfänger (1980).
Hrsg. von Joachim Fuhrmann. Reinbek: Rowohlt. © Johann P. Tammen.
Jürgen Völkert-Marten: z.B. Wörter. Aus: Poetische Sprachspiele. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Hrsg von Klaus Peter Dencker. Stuttgart:
Philipp Reclam jun. 2002/03, © Jürgen Völkert-Marten.
Literaturverzeichnis:
Drinková, Dana u.a. (1999): Schau mal! 3 Bratislava, SPN / GI .
Lenc̀´ová, Ivica (2005): Literárny text v cudzojazyc̀´nej edukácii. Banská
Bystrica : FHV UMB.
Schülerfotos: Katarina Rumanková
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FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
© Klett Archiv / Peter Niehoff
EINKAUFEN: WORTSCHATZWIEDERHOLUNG MAL ANDERS!
Stationen zur Binnendifferenzierung beim Wortschatzlernen
VON ELZBIETA DERHARTUNIAN
Elzbieta Derhartunian unterrichtet Deutsch an einem polnischen Gymnasium in Krakau. Der Deutschunterricht (sechs Stunden in der Woche) bereitet die Schülerinnen und Schüler auf die Prüfung zum
Deutschen Sprachdiplom I der Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland
vor. Immer wieder sucht E. Derhartunian Mittel und Wege, die Lernenden mit attraktiven und
differenzierten Aufgabenstellungen zu fördern und zu fordern. Hier stellt sie eine Unterrichtseinheit
(Niveaustufe A 2) mit acht Stationen zur Wortschatzwiederholung vor.
Vorbereitungsphase
Im Lehrerhandbuch des von mir verwendeten
Lehrwerks fand ich den Hinweis auf das Stationenlernen als Möglichkeit der Wortschatzwiederholung, bei der die unterschiedlichen Bedürfnisse
der Lernenden besonders gut berücksichtigt werden können. Die Idee, den „normalen“ Unterricht
aufzubrechen und die Lernenden mit Aspekten des
offenen und selbstverantwortlichen Lernens zu
konfrontieren, gefiel mir. Allerdings waren die Vorbereitungen für die Gestaltung der acht Stationen
recht arbeitsintensiv.
Raumgestaltung
Da der Klassenraum sich für das Projekt als zu klein
erwies, verlegte ich den Unterricht kurzerhand in
einen Mehrzweckraum der Schule. Hier stand mir
genug Platz zur Verfügung, um die Stationen so aufzubauen, dass die verschiedenen Arbeitsgruppen
sich nicht gegenseitig behinderten oder störten.
Laufzettel Wortschatzwiederholung
Station1: Wortschatzdomino:
Lebensmittel / Mengenangaben
Station 2: Wie heißen die Lebensmittel?
Station 3: Hörverstehen – ein Lied
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Station 4: Einkaufsgespräch
Station 5: Wo gibt es was im Kaufhaus?
Station 6: Welches Wort passt zu
welchem Geschäft?
Station 7: Lesepuzzle
Station 8: Freies Schreiben
Darüber hinaus erleichterte die Größe des Raumes
auch die Betreuung der einzelnen Stationen und
Gruppen, wenn dies notwendig war.
Gruppenbildung
Die Lernenden sollten die acht Stationen in sechs
Gruppen durchlaufen. Für die Gruppenbildung
benutzte ich Kärtchen in verschiedenen Farben.
Diejenigen Schülerinnen und Schüler, die die gleiche Farbe gezogen hatten, fanden sich in einer
Gruppe zusammen. Durch diese dem Zufall überlassene Zusammensetzung der Gruppen wurden
bestimmte eingefahrene Konstellationen vermieden.
Die acht Stationen
Die Tische wurden nummeriert und die Stationen
wurden mit den entsprechenden Materialien, den
vorbereiteten Übungen, Stiften, Papier, Schere und
nach Bedarf einem Walkman mit Kassette ausgestattet. Jede Gruppe erhielt einen Laufzettel mit
den verschiedenen Stationen (siehe Kasten) und so
genannte „Arbeitskarten“, auf denen sie im Laufe
des Stationendurchgangs die Ergebnisse der einzelnen Stationen eintrugen. Etwas abseits von den
Arbeitsstationen wurde eine weitere Station eingerichtet, wo Lösungsblätter bereitlagen, so dass die
Lernenden ihre Ergebnisse im Bedarfs- oder Zweifelsfall selbst kontrollieren konnten.
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Wortschatzdomino
ein
Pralinen
Milch
eine Dose
STATION 1
Eis
eine Tafel
eine Kiste
Schokolade
Wortschatzdomino:
Lebensmittel /Mengenangaben
Vollkornbrot
Die Dominokärtchen wurden auf dem Tisch ausgelegt und gemischt. Durch das korrekte Aneinanderlegen der Karten waren die Lebensmittel passenden Maßeinheiten zuzuordnen.
Ananas
Kaugummi
eine Schachtel
eine Kugel
zehn
ein Liter
Quark
g
eine Packun
Eier
Mineralwasser
ein halbes
STATION 2
Wie heißen die Lebensmittel?
Zur Vorbereitung des Stationenlernens hatte ich
eine Vielzahl von leeren Lebensmittelpackungen
gesammelt, die an dieser Station ausgelegt wurden.
Die Lernenden sollten nun die einzelnen Bezeichnungen auf ihre Arbeitskarte schreiben, z.B.: eine
leere Packung Reis / Pralinen / Mehl usw. Anschließend
verglichen sie die Ergebnisse in der Gruppe.
Vorlage für ein Einkaufsgespräch
Käufer:
Verkäufer:
1 Packung / 1 Flasche
Einkaufsliste:
Mehl, Eier,
Milch, Quark
1 ... Mehl ?
10 ... 12 Eier? .... Milch?
1 .... oder .... Quark?
Kuchen für
meine Oma
Was für ein Kuchen? Alles?
Süßigkeiten.
Schokolade?
Ja, aber Eis
1 oder 2 ...?
Nur Pralinen
....
- Kaugummi
- Mineralwasser
STATION 3
Das macht ...
Hörverstehen – ein Lied
Auf der Kassette unseres Lehrwerks war ein Lied
zum Thema „Geschenke kaufen“, das wir schon im
Unterricht behandelt hatten. An dieser Station
konnten die Lernenden das Lied ohne Textvorlage
noch einmal (oder mehrmals) anhören und dabei
auf einem Arbeitsblatt Lücken im Liedtext ergänzen.
Wo gibt es was?
Tennisschläger
Schokoladen
Technik-Center
Schreibwaren
Schokoküsse
Computer
Haarspray
Sport-Center
Parfümerie
Einkaufsgespräch
Einkaufs-/Verkaufsgespräche werden oft und gern
im Unterricht simuliert. Um die Lernenden an
dieser Station zum freien Sprechen anzuregen,
bekamen sie als Gesprächshilfe ein Verlaufsschema
eines solchen Gesprächs. Dabei blieb es ihnen
überlassen, wer die Rolle des Käufers oder die des
Verkäufers übernahm. Der Dialog konnte mit weiteren Waren beliebig erweitert werden. Die Dialoge
wurden in der abschließenden Präsentationsphase
im Plenum vorgespielt.
Herren- und
Damenmode
Kekse
Kameras
Hefte
Fahrräder
Schminksets
le
Computerspie
Kämme
Notizbücher
STATION 4
Handball
Jeansjacken
Salzstangen
Süßwaren
Schals
Pralinen
en
Schwimmbrill
Fernseher
T-Shirts
STATION 5
Wo gibt es was im Kaufhaus?
In einem Kaufhaus muss man wissen, in welcher
Abteilung man welche Waren findet. Die Aufgabe an
dieser Station: Die Lernenden sollten unterschiedliche Waren verschiedenen Kaufhausabteilungen
zuordnen. Dazu erhielten Sie eine Liste der Abteilungen und Kärtchen mit den Warenbezeichnungen. Die Lernenden sollten in ganzen Sätzen schriftFREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Shampoo
Handys
Hosen
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Sportschuhe
Schminke
Geodreieck
Buntstifte
Pyjamas
er
Kugelschreib
lich festhalten, in welcher Abteilung es welche Waren
gibt (z.B.: In der Abteilung „Herren- und Damenmode“ gibt es T-Shirts, Hosen, ... usw.
STATION 6
Welches Wort passt zu welchem Geschäft?
An dieser Station gab es Fotos von verschiedenen
Geschäften in Deutschland. Ein Arbeitsblatt enthielt
eine Reihe von Substantiven, die den einzelnen
Bildern zugeordnet werden sollten: Das Wort die
Kassiererin konnte zum Beispiel eindeutig dem
abgebildeten Supermarkt, das Medikament einer
Apotheke zugeordnet werden. Zusätzlich konnten
die Lernenden mit der entsprechenden Lexik Sätze
bilden, bzw. Nachfragen zu den Fotos stellen die von
einem Mitschüler beantwortet werden mussten.
STATION 7
Lesepuzzle
Einen kurzen Text, in dem ein Mädchen aus Lüneburg sich zur Einkaufssituation in ihrer Heimatstadt
äußert, hatte ich in Streifen geschnitten und an der
Station ausgelegt. Die Aufgabe bestand darin, einen
sinnvollen Textzusammenhang herzustellen.
Schaufenster, bis wir das Richtige gefun
den haben.
Aldi. Bei Aldi ist es sehr billig. Allerdings
[
]
auf dem
bekommt man da nicht alles, was man
eine halbe Rundreise durch Lüneburg, bis wir alles haben, was wir wollen. Wenn wir etwas zum Anziehen [
Wenn wir unsere Lebensmittel einkaufen,
fahren wir nach Lüneburg zu [
]
]
Einkaufszettel hat. Dann machen wir
herum
suchen, gehen wir so lange in der Stadt
]
[
und gucken in alle [
[
]
]
STATION 8
Freies Schreiben
An der letzten Station erhielten die Lernenden die
Gelegenheit, einen eigenen Text zum Thema „Geld
regiert die Welt nicht“ zu schreiben. Dabei wurde
ihnen freigestellt, ob sie ein Gedicht, ein Lied, einen
Dialog oder eine kurze Geschichte schreiben wollten.
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Abschließende Bemerkungen
Da das Stationenlernen für meine Schülerinnen
und Schüler eine völlig neue Unterrichtsmethode
war, bat ich sie, zum Abschluss einen Evaluationsbogen auszufüllen, in dem sie festhielten, welche
Aufgaben sie als motivierend, als schwer oder als
einfach empfunden hatten. Darüber hinaus sollten
sie selbst einschätzen, ob sie über die notwendigen
Kenntnisse verfügten, die für die Bearbeitung der
Stationen erforderlich waren oder ob sie aufgrund
von auftretenden Schwierigkeiten Defizite festgestellt hatten.
Die Antworten fielen insgesamt sehr positiv aus.
Die Lernenden hoben besonders die Erfahrung
hervor, dass man auch ohne Kontrolle durch die
Lehrerin üben und sich von Mitschülern helfen
und verbessern lassen kann und dass sie auf diese
Weise eine größere Sicherheit bei der Formulierung
fremdsprachlicher Aussagen erworben hätten. Besonders Letzteres war mir als begleitende Lehrerin
ebenfalls aufgefallen: Meine Schüler arbeiteten sehr
selbstständig und motiviert an den verschiedenen
Stationen, so genannte „innere Hemmungen“ oder
„ein Stressfaktor“ waren nicht zu bemerken. Dabei
spielte die Tatsache, dass die Leistungen nicht benotet wurden, sicher auch eine Rolle.
Die Zusammenarbeit zwischen leistungsstarken
und -schwächeren Lernenden verlief nach meiner
Beobachtung harmonisch. Ich hatte den Eindruck,
dass die Lernenden es durchaus verstanden, ihre
Arbeit in den Gruppen so aufeinander abzustimmen,
dass alle Gruppenmitglieder daran beteiligt waren.
Motivierend wirkte sich offensichtlich auch die
ungewohnte freiere Umgebung des Lernortes im
Mehrzweckraum aus, in dem Tische anders als
sonst angeordnet waren. Der Unterrichtsstoff war
den Lernenden zwar vertraut, aber die Präsentation als Stationenlernen stellte sie vor neue Herausforderungen, die sie gerne annahmen.
Zwar waren die Vorbereitungen auf diesen Unterricht aufwändig und zeitintensiv, entschädigt
wurde ich jedoch durch die erfreuliche Erfahrung,
dass einige der bisher desinteressierten oder nicht
besonders interessierten Jugendlichen aktiv und
motiviert mitmachten. Sie hatten wohl erkannt,
dass Deutschunterricht auch Spaß machen kann!
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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© Fotosearch / Brand X Pictures
VOKABELLERNEN, NEIN DANKE? –
VOKABELLERNSTRATEGIEN, JA BITTE!
Vokabellernstrategien an Stationen kennenlernen und erproben
VON ANTJE STORK
Vokabellernen wird oft als langweilig empfunden. Das muss aber nicht sein! Über die eigenen
Lerngewohnheiten nachdenken und neue Vokabellernstrategien kennenlernen – das sollte in jedem
Fremdsprachenunterricht ein wichtiges Lernziel sein. In ihrem Beitrag zeigt Antje Stork, wie
Schülerinnen und Schüler in acht Lernstationen dazu gebracht werden können, ihre Vokabellerngewohnheiten zu reflektieren und neue Vokabellernstrategien zu erproben und zu evaluieren. Die
hier gezeigten Strategien können jederzeit durch andere Strategien (z.B. mit Hilfe neuer Medien)
ergänzt werden.
Vokabellernstrategien an Stationen
Vorbereitung der Stationen
Für die Vermittlung von Vokabellernstrategien an
Stationen gibt es gute Argumente:
1. Der Stationendurchlauf bietet alle Phasen eines
Lernstrategietrainings.
왘 In der Einstiegsphase erfolgt die Sensibilisierung
für Vokabellernstrategien.
왘 An den einzelnen Stationen lernen die Lernenden verschiedene Vokabellernstrategien kennen
und haben Gelegenheit, diese zu erproben und
eine erste Evaluierung vorzunehmen, inwieweit
bestimmte Angebote ihrem persönlichen Lerntyp entsprechen.
왘 Nach dem Lernen an Stationen werden die Erfahrungen im Plenum ausführlich besprochen.
Für den Stationendurchlauf müssen folgende Materialien erarbeitet werden:
왘 Ein Laufzettel, auf dem die Lernenden den Stationendurchlauf dokumentieren.
왘 Stationen-Arbeitsblätter mit den genauen
Arbeitsaufträgen an den einzelnen Stationen.
왘 Stationenschilder („Namensschilder“) für jede
Station: Auf der einen Seite steht die Nummer
der Station, auf der anderen Seite zeigt eine Illustration und / oder Kurzbezeichnung die an der
Station behandelte Strategie, um eine schnelle
Identifizierung zu ermöglichen.
왘 30 bis 40 einseitig beschriebene Karteikarten
(jeweils eine Karte mit dem deutschen Wort und
eine zweite Karte mit der deutschen Erklärung
oder Übersetzung in die Muttersprache bilden
ein Paar) mit Vokabeln aus vorangegangenen
Unterrichtsstunden (STATION 2).
왘 20 zweiseitig beschriebene Karteikarten mit
Vokabeln vorangegangener Unterrichtsstunden:
Auf einer Seite steht das deutsche Wort oder eine
deutsche Redewendung, auf der anderen Seite
steht eine Erklärung auf Deutsch oder die Übersetzung der Vokabel/Redewendung in die Muttersprache (STATION 5).
2. Die Methode des Stationenlernens und die
Kenntnis von Vokabellernstrategien fördern gleichermaßen das autonome Lernen.
왘 Das Stationenlernen ermöglicht dem einzelnen
Lernenden durch die freie Wahl der Stationen
eine individuelle Auswahl von Lernstrategien.
왘 Die Arbeit an den Stationen bietet den Lernenden die Möglichkeit, innerhalb des Lernarrangements selbstständig zu arbeiten.
왘 Die Kenntnis von Vokabellernstrategien macht
die Lernenden autonomer, indem sie die für den
eigenen Lernstil passende Strategie auswählen
und anwenden.
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
© Banana Stock
Erläuterungen zum Stationendurchlauf
Die Lernenden durchlaufen die Stationen in Kleingruppen von drei bis vier Personen. Jede Gruppe
erhält einen Laufzettel (siehe Kasten unten), auf
dem sie ihren Gruppennamen einträgt und dokumentiert, welche Stationen bereits bearbeitet wurden. Das Angebot an acht Stationen ist fakultativ
und nicht obligatorisch, vielmehr sollen die Lernenden aus dem Angebot die sie interessierenden
Vokabellernstrategien auswählen.
Es empfiehlt sich jedoch, eine Mindestanzahl an
Stationen festzulegen, die absolviert werden sollten,
damit die Lernenden die Lernstrategien vergleichen
können und ihre Arbeit nicht bereits nach wenigen
Stationen einstellen.
Zu jeder Station gibt es zwei Aufgaben: Die erste
Aufgabe regt zur Erprobung der jeweiligen Strategie an. In der zweiten Aufgabe wird zur Diskussion
aufgefordert, um eine Evaluation der Strategie
anzustoßen, d.h., die Lernenden überlegen, ob die
Strategie für sie geeignet ist und wie eine Weiterarbeit damit aussehen könnte.
Vor dem Beginn des Stationendurchlaufs wird das
Angebot im Plenum vorgestellt, damit die Lernenden mit den Arbeitsbedingungen genauestens vertraut sind. Nach dem Durchlauf werden die Ergebnisse im Plenum besprochen. Die Lernenden sollen die von ihnen individuell ausgewählten Strategien beim „alltäglichen“ Vokabellernen in den
folgenden Wochen einsetzen. Die dort gemachten
Erfahrungen werden zu einem späteren Zeitpunkt
aufgegriffen und erneut diskutiert.
und dem kulturellen Hintergrund der Lernenden
entsprechen. Bei nicht ausreichendem Sprachniveau im Deutschen können die Vokabellernstrategien auf den Aufgabenblättern auch in der
Muttersprache der Schüler präsentiert werden. Die
Strategien sollen aber auf jeden Fall anhand deutscher Wörter erprobt werden. Die Auswahl des
Wortschatzes bei Beispielvorgaben muss natürlich
an den jeweiligen Deutschunterricht gekoppelt
werden, so dass der bereits eingeführte Wortschatz
anhand der Strategien wiederholt, geübt oder gelernt wird.
Viele Lernende haben auch eigene effektive Strategien entwickelt und könnten ermuntert werden,
eigene Stationen für ihre Mitschülerinnen und
Mitschüler zu gestalten.
Der Stationendurchlauf
Hinführung zum Thema
Vor dem Stationendurchlauf werden die Deutschlernenden für das Vokabellernen sensibilisiert,
indem ihnen ihre bisherigen Vokabellernstrategien
bewusst gemacht werden:
왘 An einem Wortigel zum Thema Vokabellernen an
der Tafel oder auf einer Folie werden Stichwörter
gesammelt. Dabei wird der notwendige Wortschatz eingeführt.
왘 In einem anschließenden Partnerinterview sprechen die Lernenden über ihre Lerngewohnheiten.
Laufzettel: Vokabellernstrategien
Hinweise zur Umsetzung
im eigenen Unterricht
Für eine eventuelle Übernahme der vorgestellten
Stationen in den eigenen Unterricht müssen diese
natürlich in Bezug auf die jeweilige Lerngruppe
adaptiert werden. So muss die Anzahl der Stationen
der Klassen- oder Kursgröße angepasst werden.
Auch bei der Auswahl der Vokabellernstrategien
muss darauf geachtet werden, dass diese dem Alter
Station 1: Wörternetze
Station 2: Vokabelspiele
Station 3: Gegenstände beschriften
Station 4: Schlüsselwortmethode
Station 5: Lernpatience
Station 6: Sätze bilden
Station 7: Wörter auf Kassette aufnehmen
Station 8: Wörter gruppieren
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STATION 1: Wörternetze
STATION 2: Vokabelspiele
STATION 1
STATION 2
Erklärung:
Erklärung:
Das Zusammenstellen von Wörtern in Wörternetzen kann
das Behalten erleichtern. Zunächst wird ein Begriff in die
Mitte eines Blatts Papier geschrieben. Um diesen zentralen
Begriff werden Wörter oder Satzteile geschrieben, die im
Zusammenhang mit dem Thema stehen.
Mit Kartenspielen kann man Wortschatz spielerisch lernen.
Ihr findet hier 20 einseitig beschriebene Kartenpaare.
Je zwei Karten (1 Vokabel – die Erklärung / Übersetzung)
passen zusammen.
1. Vokabel-Memory
Beispiel:
das Pedal
Das Auto
die Bremse
Die Karten werden gemischt und mit der unbeschriebenen
Seite nach oben auf den Tisch gelegt. Abwechselnd dreht
jeder Spieler zwei Karten um.
das Gas
왘 Die Karten (Vokabel – Erklärung/Übersetzung) gehören
die Kupplung
treten
das Verkehrszeichen
die Tankstelle
die Ampel
zeigt rot
tanken
im Stau
stehen
zusammen: Der Spieler darf das Paar behalten.
왘 Die Karten passen nicht zusammen: Sie werden wieder
umgedreht. Die anderen Spieler merken sich die Positionen
der Karten.
Gewinner: Der Spieler, der zum Schluss die meisten Kartenpaare hat.
2. Vokabel-Hochzeit
den Ölstand
prüfen
Aufgaben:
1. Bildet zu einem Thema, das euch interessiert,
ein Wörternetz.
2. Diskussion:
왘 Zu welchen Themen könntet ihr weitere Wörternetze
schreiben?
왘 Habt ihr Schwierigkeiten mit dieser Strategie?
Ist sie für euch sinnvoll?
Die Karten werden gemischt und mit der beschriebenen
Seite nach oben auf den Tisch gelegt. Alle Spieler suchen
gemeinsam zusammengehörige Karten (Vokabel und
Erklärung / Übersetzung) und legen diese zur Seite.
Gewinner: Der Spieler, der zum Schluss die meisten Kartenpaare hat.
Aufgaben:
1. Spielt eines der beiden Spiele.
2. Diskussion:
왘 Kennt ihr noch andere Vokabelspiele?
왘 Wiederholt ihr gerne Vokabeln mit Spielen? Könnt ihr
euch die Vokabeln auf diese Weise gut merken?
50
Kommentar:
Kommentar:
Es empfiehlt sich, den Lernenden zweisprachige
Wörterbücher zur Verfügung zu stellen, so dass sie
unbekannte Begriffe nachschlagen können. Indem
die Lernenden nach einem frei gewählten Begriff
ein Wörternetz erstellen, erfahren sie, ob und wie
diese Strategie funktioniert.
In ihrer Gruppe entscheiden die Lernenden selbst,
welches Spiel sie durchführen wollen. Nach dem
Spiel diskutieren sie, ob sie glauben, dass sie sich
durch gemeinsames Spielen die Vokabeln besser
merken können.
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Das Schlüsselwort „eye“
in einem Spiegelei
Kommentar:
STATION 3: Gegenstände beschriften
STATION 3
Erklärung:
Wenn man Gegenstände in seinem Lebensumfeld auf Deutsch
„beschriftet“, kann man sich die Wörter allmählich einprägen.
Aufgaben:
1. Bereitet Wörter-Klebezettel für Gegenstände in eurem
Zimmer / eurer Küche / .. vor! (Beispiel: das Regal,
das Sieb, der Wasserkocher, die Obstschale)
2. Diskussion:
왘 Welche Gegenstände könntet ihr noch beschriften?
왘 Gefällt euch die Strategie?
STATION 5: Lernpatience
STATION 5
Kommentar:
Erklärung:
Vielen Deutschlernenden wird es zunächst ungewohnt sein, Gegenstände in der eigenen Wohnung
mit deutschen Wörtern zu „beschriften“ (Klebezettel) und diesen dann täglich zu begegnen. Aber die
ständige Konfrontation mit diesem Wortschatz
führt zu einer allmählichen Aneignung neuer Vokabeln. Die Lernenden können daraus ein Wettspiel
machen: Wer hat die meisten Zettel zu Hause kleben? Das Verfahren kann auch im Klassenzimmer
angewendet werden, wenn das Thema „Schule“ im
Unterricht behandelt wird.
STATION 4: Schlüsselwortmethode
STATION 4
Erklärung:
Bei der „Schlüsselwortmethode“ verbindest du Wörter aus
deiner Muttersprache mit dem neuen deutschen Wort.
Zum Beispiel:
Ein englischer Schüler soll das deutsche Wort „Ei“ lernen.
Er sucht ein ähnlich klingendes Wort auf Englisch, z.B. eye
(= Auge). „eye“ ist sein Schlüsselwort. Er stellt sich nun das
deutsche Wort „Ei“ mit dem englischen Wort „eye“ in einem
Bild vor, z.B. ein Ei, aus dem ein Auge ihn anblinzelt. Auf diese
Weise erinnert er sich bei dem Wort „Ei“ immer an das Bild
und kann es sich so besser merken.
Aufgaben:
1. Probiert diese Strategie mit einem anderen Wort.
deutsches Wort
Die „Schlüsselwortmethode“ ist eine Mnemotechnik, die hilft, Wortform und Wortbedeutung mit
Hilfe eines Schlüsselworts aneinanderzukoppeln.
Dabei kommt es auf die klangliche Ähnlichkeit des
Fremdworts mit dem Schlüsselwort an. Dieses kann
ein muttersprachliches Wort, aber auch ein Wort
aus einer anderen Sprache sein. Wichtig ist die einprägsame (lustige, bizarre) bildhafte Verbindung
der beiden Wörter und dass der Lernende diese
Verbindung selbst entwickelt (siehe Abb. oben).
Muttersprache
Bild
Mit der Lernpatience könnt ihr besonders schwierigen Wortschatz regelmäßig wiederholen.
Ihr findet hier einen Stapel mit 20 zweiseitig beschrifteten
Vokabelkarten: Auf der Vorderseite steht das Wort in der
Muttersprache, auf der Rückseite das deutsche Wort.
Und so funktioniert die „Lernpatience“:
1. Legt drei Karten aus dem Stapel mit der Vorderseite (Muttersprache) nach oben nebeneinander
auf den Tisch (1. Reihe). Versucht, euch an das deutsche Wort auf der ersten Karte der Reihe
zu erinnern, dreht dann zur Kontrolle die Karte um.
왘 Wenn ihr das Wort nicht gewusst habt, dann legt die Karte an das Ende der 1. Reihe.
왘 Wenn ihr das Wort gewusst habt, dann beginnt die 2. Reihe (siehe Beispiel unten). Die Karte,
die ihr in die 2. Reihe gelegt habt, wird durch eine neue Karte aus dem Stapel ersetzt.
2. Nun geht es weiter mit den anderen Karten in der 1. Reihe: Nicht gewusste Wörter kommen
an das Ende der Reihe, gewusste Wörter kommen in die 2. Reihe.
3. Reihe zwei hat Platz für fünf Karten. Wenn eine sechste hinzukommt, wird die erste Karte
abgefragt und kommt entweder in eine dritte, neue Reihe (= gewusst) oder zurück in die erste
Reihe (= nicht gewusst).
4. Die Lernpatience ist voll, wenn alle 20 Karten auf dem Tisch liegen. Es wird weiter abgefragt.
Gewusste Wörter aus der vierten Reihe werden beiseite gelegt. Die Lernpatience ist zu Ende,
wenn alle Karten wieder auf dem Stapel liegen.
4. Reihe
3. Reihe
2. Reihe
Stapel
(Muttersprache oben)
1. Reihe
Aufgaben:
1. Spielt die Lernpatience mit den Karten.
2. Diskussion:
왘 Wie findet ihr die „Schlüsselwortmethode“?
왘 Glaubt ihr, dass ihr euch auf diese Weise schwierige
Wörter besser merken könnt?
2. Diskussion:
왘 Wie gefällt euch die Lernpatience?
왘 Findet ihr sie sinnvoll, um z.B. schwierige Wörter oder
Redewendungen auf diese Weise zu lernen?
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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© Imageshop
Kommentar:
Die Arbeit mit Vokabelkarteien, mit denen der
Wortschatz in einem bestimmten Rhythmus regelmäßig wiederholt werden kann, ist nicht neu. Bei
der Lernpatience („Patience“ ist ein Geduldspiel)
handelt es sich um eine Vokabelkartei in Kurzform,
die besonders dann eingesetzt werden kann, wenn
bestimmte Vokabeln schwer zu erlernen sind. Die
Lernpatience kann auch für Redewendungen oder
Redensarten verwendet werden.
STATION 6: Sätze bilden
STATION 6
STATION 7: Wörter auf Kassette aufnehmen
STATION 7
Erklärung:
Manche Personen lernen Wörter oder Ausdrücke besser,
wenn sie sie hören.
Aufgaben:
1. Sprecht euch in der Gruppe eine Reihe von Wörtern,
Ausdrücken oder Sätzen vor. Wenn ihr wollt, könnt ihr sie
nachsprechen.
2. Diskussion:
왘 Sprecht über eure Erfahrung: Könnt ihr euch Ausdrücke
besser merken, wenn ihr sie hört?
왘 Würdet ihr Wörter, Sätze, Texte gern auf Kassette sprechen
und dann abhören?
Erklärung:
Isolierte Wörter kann man sich nicht so gut merken. Wörter
in einem Kontext (Sätze oder eine Geschichte) kann man sich
besser merken. Probiert es selbst aus.
Aufgaben:
1. Bildet zu mehreren Wörtern, die ihr vor kurzem im Unterricht gehabt habt, Sätze oder – noch besser – schreibt eine
Geschichte. Zur Kontrolle könnt ihr eure Sätze oder eure
Geschichte der Lehrkraft zeigen.
2. Diskussion:
왘 Welche Vor- und Nachteile hat diese Strategie?
왘 Könnt ihr euch vorstellen, in Zukunft zu (einigen) neuen
Wörtern Sätze zu bilden oder selbst eine Geschichte zu
schreiben?
Kommentar:
Manche Personen sind so genannte „auditive Lerntypen“, d.h., sie lernen neue Wörter oder Ausdrücke
besser, wenn sie sie hören. Im Sinne des „mehrkanaligen Lernens“ ist das Hören auf jeden Fall eine
gute, zusätzliche Lernstrategie, die den Lernenden
immer wieder angeboten werden sollte.
STATION 8 : Wörter gruppieren
STATION 8
Erklärung:
Kommentar:
Es ist bekannt, dass Wörter im Kontext leichter
behalten werden, am besten aber ist es, wenn die
Lernenden diesen Kontext selber herstellen, indem
sie eigene Sätze bilden und diese gegebenenfalls
auch aufschreiben. Um zu vermeiden, dass stereotype Merksätze mit wenig Aussagekraft entstehen,
ist es oft sinnvoll, die Lernenden eine zusammenhängende Geschichte verfassen zu lassen, in der die
neuen Vokabeln – in welcher Reihenfolge auch
immer – berücksichtigt werden müssen.
Kommentar (zu Station 8):
Wortschatz lässt sich immer wieder unter anderen
Kriterien gruppieren, z.B: Lebensmittel: „Frühstück
/ Mittagessen / Abendessen / warm / kalt essen“,
„billig / teuer“, „süß / salzig / bitter / sauer“ . Der
größte Lerneffekt entsteht, wenn die Lernenden
selbst Kategorien, nach denen sie Wortmengen
gruppieren können, finden.
52
Wörter kann man sich besser merken, wenn man sie nach
verschiedenen Kriterien gruppiert.
Beispiele:
logische Kriterien: Lebensmittel nach Oberbegriffen
Obst
Gemüse
Fleisch
Äpfel, Birnen, ... Blumenkohl, ...
Backwaren
emotionale Kriterien: Tätigkeiten
Das mache ich gern. Das mache ich nicht gern.
Aufgaben:
1. Wählt eine Gruppierungsart (logisch, emotional,
ungewöhnlich) und ordnet möglichst viele Wörter
oder Ausdrücke zu.
2. Diskussion:
왘 Findet ihr diese Strategie sinnvoll?
왘 Welche Gruppierungen könntet ihr häufiger vornehmen?
Nach dem Stationendurchlauf werden die Ergebnisse im Plenum besprochen.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
© Klett Archiv Studio Leupold
KONJUNKTIV II UND
ANDERE SACHEN
Ein Übungszyklus für Fortgeschrittene
VON HILDEGARD PINNEKAMP
In einem Kurs mit fortgeschrittenen Erwachsenen (B1/B2) aus aller Welt
gibt es große Unterschiede in Verstehens- und Transferleistungen bei
komplexen Strukturen – und als komplexe Struktur ist der Konjunktiv II
gewiss anzusehen! Diese Unterschiede rühren nicht nur von den
unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Abschlüssen in verschiedenen Ländern und Regionen, sondern oft auch daher, dass der Begriff
„Fortgeschrittene“ ziemlich ungenau ist und mancher und manche sich
dazu rechnet, weil er oder sie ja kein „Anfänger“ mehr ist. Dass das
Stationenlernen ein Lernarrangement ist, bei dem die Teilnehmenden
ihren eigenen Lernweg finden und dabei auch den Konjunktiv II in
vielfältiger, spielerischer Weise anwendungsorientiert üben können,
möchte dieser Beitrag an einigen ausgewählten Beispielen zeigen.
Domino
wüsste
brauchen
bräuchte
geben
gäbe
wissen
Abb. 1: Domino
Unterschiedliche Erwartungen!
Shingo (Japan) hat ein Problem: Er ist sich sicher, dass er den Konjunktiv II ganz gut verstanden hat, aber jedes Mal, wenn er ihn anwenden will, kommt ihm die Struktur nur
schwer über die Lippen. Er bezweifelt, dass weitere Grammatikübungen das Sprechen
erleichtern.
Natascha (Russland) dagegen ist dankbar für die Wiederholung und hofft, endlich zu begreifen,
welcher russischen Struktur der Konjunktiv II entspricht.
John (USA) und Carmen (Spanien) sind selbstbewusster: Sie haben alles verstanden, finden
Grammatik langweilig und wollen eigentlich auch nicht mehr üben, sondern sich unterhalten
oder über ein interessantes Thema sprechen.
Schnell stellen sie fest, dass das Stationenlernen ganz anders abläuft als
der bekannte Grammatikunterricht: Die Tische sind auseinander gestellt,
es gibt keine festen Plätze, sondern verschiedene Arbeitsecken mit Stationennummern, Arbeitsblättern, Spielen, Kärtchen, Bildern. Und alle
erhalten einen Laufzettel, der ihnen die Selbstorganisation beim Stationendurchlauf erleichtert. Auf dem Laufzettel steht, welche Aufgabe man
an welcher Station machen muss, mit wie vielen Leuten man daran
arbeiten kann, wo die Lösungen sind usw.
Carmen und Shingo spielen erst mal Memory (Abb. 3). Gemeinsam ordnen sie erst die Satzkärtchen einander zu, dann legen sie sie verdeckt hin und spielen mit wachsender Intensität.
Carmen ist froh, dass sie nichts selbst produzieren muss und Shingo denkt, hier sind ja die
sperrigen Sätze, und er wiederholt jeden Satz zwei- bis dreimal, bis er ihn fast automatisch
sprechen kann. Hat er überhaupt die Zeit dafür? Er schaut sich um. Die anderen fünfzehn
Kursteilnehmer sind alle intensiv beschäftigt, keiner drängt ihn aufzuhören.
Reaktion auf Vorwürfe
Person A nimmt ein Kärtchen vom Stapel und liest den
ersten Satz mit einem vorwurfsvollen Unterton vor.
Du hast nichts gesagt!
Person B ist von dem Vorwurf überrascht und
fragt mit erstauntem Unterton:
Was hätte ich denn sagen sollen?????
Abb. 2: Kärtchen Reaktion auf Vorwürfe
Memory
• Eine problematische
Situation:
• Eine passende
Reaktion:
Klaus und sein
Freund sind beim
Automatenknacken
erwischt worden.
Sie hätten sich nicht
erwischen lassen
sollen.
Abb. 3: Memory
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Würfelspiel Sätze bilden
Fragekärtchen: Bist du zufrieden?
1. Positiv: Ja, ich ...
2. Irrealer Vergleichssatz: Nein, ich tu(e) nur so, als ob ...
3. Irrealer Wunschsatz: Wäre ich doch ...!
4. Irrealer Bedingungssatz. Wenn ich ... dann ...
5. Vergangenheit mit Modalverb: Ich hätte ... sollen
6. Freie Wahl zwischen 1-5!
Abb. 4: Würfelspiel Sätze bilden
Würfelspiel Träume und Wünsche
2 – 4 Personen können mitspielen. Stellen Sie Ihre Spielfigur auf
ein beliebiges Feld, würfeln Sie der Reihe nach. Formulieren Sie
Wünsche und Träume zu dem Stichwort auf dem neuen Feld.
Die anderen können dazu Fragen stellen.
Beispiel: Wohnen
• Ich würde gern in einem Bauernhaus wohnen.
• Wenn ich doch nur eine größere Wohnung hätte!
• Wenn ich auf dem Land wohnen würde, hätte ich viele Tiere.
• Ich könnte mir vorstellen, mitten in der Stadt zu wohnen.
An der „Hilfe-Station“ ist Natascha in ein Gespräch mit der Kursleiterin vertieft, die ihr erklärt,
welcher Struktur im Russischen der Konjunktiv II entspricht. Mit ihrer Hilfe übersetzt Natascha
einige Sätze und hat dabei das Gefühl, zum ersten Mal verstanden zu haben, worum es geht.
Ihre neu gewonnenen Einsichten will sie gleich anwenden. Sie wählt Station 17: „Würden Sie
das auch tun? Hätten Sie das auch getan?“, setzt die vorgegebenen Sätze in den Konjunktiv
und vergleicht dann ihre Antworten mit dem roten Lösungsblatt. Sie hat fast alles richtig gelöst
und kann jetzt sofort erkennen, wo und warum sie einen Fehler gemacht hat, ohne noch einmal die Kursleiterin fragen zu müssen.
John spielt mit zwei anderen Teilnehmern, sie würfeln, setzen ihre Figuren auf ein Wortfeld und
formulieren Wünsche und Träume: „Ach, wenn doch meine Familie nicht so weit weg wäre!“
(Abb. 5 und 6). Nach dieser Station möchte er eine Grammatik-Pause machen und geht zur
„Tauchstation“. Dort kann er etwas ganz anderes machen, z.B. ein Kartenspiel mit Quiz-Fragen
zu Deutschland.
Shingo hat in der Zwischenzeit einen anderen Partner und simuliert ein Beratungsgespräch
beim Psychologen, wobei sie offensichtlich ihrer Fantasie freien Lauf lassen und immer wieder
in Lachsalven ausbrechen (Abb. 7).
Carmen möchte nicht mehr sprechen und kommunizieren, sie beschäftigt sich lieber mit Musik
und Kunst und geht erst zur Hörstation, wo sie ein Eichendorff-Lied hört, und dann zur Schreibstation, wo sie sich ein Kunstbild aussucht und es mit Hilfe von Redemitteln beschreibt. Das Bild
und ihren Text hängt sie in die „Ausstellungsecke“ an der Tafel, aber nicht ohne Korrektur
durch die Kursleiterin (Abb. 10).
Natascha widmet sich mittlerweile auch den Würfeln: Mit einer Lernpartnerin führt sie kurze
Dialoge, ausgelöst durch Fragekärtchen und die Augenzahl des Würfels, die ihnen die Struktur
der Antwort vorgibt (Abb. 4).
John ist verschwunden. Wohin? Zur Lernstation „Computer“ in der Mediothek!
Abb. 5: Würfelspiel Träume und Wünsche Spielanleitung
Ein Übungszyklus mit Konjunktiv II
1. Geschlossene Übungen
Aus der bisherigen Beschreibung ist wohl schon deutlich geworden: Das
Spektrum der Aufgaben in diesem Stationendurchlauf reicht von konventionellen, geschlossenen Übungsformen wie Lücken ergänzen, Sätze bilden und umformen, Formen ableiten usw. bis hin zu kreativen Aufgaben. Aufgaben mit eindeutigen Lösungen dürfen nicht fehlen, da sie
dem Sicherheitsbedürfnis und den Lerngewohnheiten vieler Lernender
entgegenkommen. Solche Aufgaben können allerdings mit Kärtchenmaterial spielerisch und situativ gestaltet werden (Abb. 1-3).
Abb. 6: Würfelspiel Träume und Wünsche Spielfeld 1
2. Offene Übungen
Beratungsgespräch beim Psychologen
Der Psychologe Herr Dr. Schlau berät seine Klienten in schwierigen
Lebenssituationen. Person A ist der Psychologe, Person B der Klient,
der Rat sucht. Wählen Sie eine Situation (A, B, C, D). Tauschen
Sie danach die Rollen und spielen Sie noch eine Situation.
Benutzen Sie als Psychologe die Ausdrücke:
• An Ihrer Stelle würde ich …./ wäre ich ... / hätte ich ...
• Sie sollten …., Sie könnten …., Sie müssten ….
Beispiel: Klient: Meine Freundin hat mich drei Wochen vor der
Hochzeit verlassen. Ich bin so unglücklich und kann an nichts
anderes denken. Das Leben hat keinen Sinn mehr für mich.
Herr Dr. Schlau: An Ihrer Stelle wäre ich froh, dass Ihnen das
vor der Hochzeit und nicht danach passiert ist. Sie sollten jetzt
vielleicht eine Reise machen mit einem guten Freund, damit Sie
wieder auf andere Gedanken kommen.
Abb. 7: Aufgabenblatt Beratungsgespräch 2
54
Bei den offeneren Übungsformen (Abb. 4-6) wird der Satztyp durch Zufall
gesteuert (Würfelspiel). Die Lernenden geben aber persönliche Antworten, indem sie die vorgegebene Satzform inhaltlich frei ergänzen. Beim
Würfelspiel „Sätze bilden“ kommt der Stimulus von einem Fragekärtchen, die gewürfelten Punkte verweisen auf die Satznummer. Beim
Würfelspiel „Träume und Wünsche“ gibt es ein Spielfeld und eine Spielanleitung. Dazu brauchen die Lernenden noch Spielfiguren. Auch das
klassische Beratungsgespräch mit Konjunktiv II fehlt in diesem Stationenzyklus nicht (Abb. 7).
3. Übungen für alle Sinne
Bei den Kärtchen- und Würfelspielen ist bereits der haptische Lernertyp
(er möchte etwas mit den Händen tun) angesprochen worden, aber auch
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
der Geruchs- und der Tastsinn sind gefragt. Für die Riechstation (Abb.
8) bereitet die Kursleiterin Geruchsproben vor, indem sie kleine Dosen
(z. B. Filmdöschen) oder Gläser mit einem Gewürz füllt, das mit Watte
verdeckt wird. So können die Lernenden daran riechen, ohne zu sehen.
Ähnliches gilt für die Taststation (Abb. 9), wo Gegenstände in einem
Säckchen erstastet werden sollen. Solche Situationen sind wie geschaffen dafür, Konjunktiv II, aber auch andere Redemittel zum Ausdruck der
„Vermutung“ zu üben („Das könnte ... sein.“ / „Vielleicht ...“ / „Wahrscheinlich ...“ / „Ich glaube, das ist ...“).
4. Kreative Aufgaben
Viele fortgeschrittene Lernende möchten sich vor allem frei ausdrücken,
ihre Gedanken und Ideen zu Papier bringen. Deshalb gehören kreative
Aufgabenstellungen in diesen Übungszyklus. Als Anregungen können
Bilder, Geschichten und Texte dienen. Ein Aufgabenblatt stellt die
benötigten Redemittel zur Verfügung, zum Beispiel für die „Bildbeschreibung“ (Abb. 10) oder für „Sprüche“ (Abb. 11).
Bei der Besprechung der Bildbeschreibung sollte darauf hingewiesen
werden, dass es stilistisch besser wirkt, wenn Redemittel mit und ohne
Konjunktiv II abwechselnd verwendet werden.
5. Die Tauchstation
In jeden Stationenzyklus kann man eine Station aufnehmen, die nichts
mit dem Thema zu tun hat, damit die Lernenden die Möglichkeit haben,
auch mal für ein paar Minuten auszusteigen, „abzutauchen“. Interessante motivierende Materialien wie Kartenspiele, Bild-Memorys, Tangram,
Quiz-Spiele, Zeitschriften werden hier ausgelegt.
6. Weitere Stationen
In einer Computer-Station könnten aktuelle Links die Lernenden gezielt
zu Online-Übungen oder Recherchen führen. Beliebt sind auch Stationen außerhalb des Klassenraums, z.B. Umfragen auf der Straße oder im
Schulgebäude, Interviews mit Außenstehenden oder Recherche-Aufgaben. Findet man einen geeigneten Hörtext, sollte man auf jeden Fall eine
Hörstation einrichten. Mit Kopfhörern kein Problem!
RIECH-STATION
Öffnen Sie ein Döschen und
riechen Sie daran!
Wonach riecht das?
Sie können so formulieren:
Sie sind sich sicher:
• Das riecht nach Knoblauch.
• Das muss Knoblauch sein!
Sie sind sich nicht sicher:
• Das riecht, als wäre es (wär’s) Knoblauch.
• Das könnte Knoblauch sein.
• Könnte das Knoblauch sein?
• Das müsste Knoblauch sein.
Abb. 8: Aufgabenblatt „RIECH-Station3“
TAST-STATION
Spielen Sie zu zweit! Person A versteckt diverse Gegenstände
in dem Säckchen auf dem Tisch. Person B muss durch Tasten
erraten, was in dem Säckchen ist.
Benutzen Sie folgende Formulierungen:
•
•
•
•
•
•
Das könnte ein Radiergummi sein.
Das fühlt sich so an, als wäre es (wär’s) ein Radiergummi.
Ich glaube, das ist ein Radiergummi.
Das scheint ein Radiergummi zu sein.
Das muss ein Radiergummi sein.
Das dürfte ein Radiergummi sein. (sehr vorsichtig ausgedrückt)
Abb. 9: Aufgabenblatt „TAST-Station“
Bildbeschreibung
Arbeiten Sie allein oder zu zweit. Wählen Sie ein Bild und
schreiben Sie einen kleinen Text dazu. Hängen Sie Ihren Text
dann in die Ausstellung.
Benutzen Sie zum Beispiel folgende Formulierungen:
• Es sieht so aus, als ob ... wäre / ... hätte / als würde ...
• Das sieht so aus, als ob …wäre / hätte / als würde ...
• Mir scheint, das ist …
• Es könnte sein, dass …
• Das könnte / dürfte / muss ... sein.
• Vielleicht / Wahrscheinlich / Vermutlich ist das ...
Beispiel: Pablo Picasso:
Sitzende Frau mit Hut (1923)
Das könnte eine junge Frau vom Land sein.
Sie hat einen kräftigen Körper, der so aussieht, als ob er an harte Arbeit gewöhnt
wäre. Vielleicht macht sie gerade eine
Pause, um sich zu erholen. Es sieht aus,
als würde sie über etwas nachdenken oder
als würde sie träumen. Das Gesicht drückt
Ruhe und Konzentration aus.
Und nun: ein letzter Wunsch!
John kommt aus der Mediothek zurück, wo er einige interessante Online-Übungen gemacht
hat. Nun möchte er noch ein paar Stationen bearbeiten, aber die 90 Minuten sind vorbei, die
Stationen werden abgebaut. Schade! Shingo ist froh, dass er nur das machen musste, wozu
er Lust hatte, Carmen ist zufrieden, dass sie auch mal allein arbeiten konnte, und Natascha ist
neu motiviert, zu Hause oder in der Mediothek noch mehr Übungen zu machen.
Insgeheim formulieren sie alle vier einen (korrekten) irrealen Wunschsatz: Wenn es doch öfter Stationenlernen gäbe!
Anmerkungen:
1 Spielfeld Träume und Wünsche aus: Lisa Prange (1993): 44 Sprechspiele für Deutsch als Fremdsprache.
Hueber: Ismaning, 61.
2 Das Beispiel stammt aus: Monika Reimann (1996): Grundstufen-Grammatik. Ismaning: Hueber,74
3 Die Idee habe ich von Angelika Lundquist-Mog übernommen.
Abb. 10: Aufgabenblatt Bildbeschreibung
Sprüche
Die Welt wäre
schöner, wenn
Mütter nicht
stricken würden.
ging ich stets
um zehn zu bett
wär ich immer
hübsch und nett
Schreiben Sie einen Spruch
nach einem der Muster.
Abb. 11: Aufgabenblatt Sprüche
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Gemeinsame Vorbereitungen motivieren zu gemeinsamer Arbeit.
FACH – SPRACHE – KOMPETENZEN
Stationenlernen im deutschsprachigen Fachunterricht
VON ROLF KRUCZINNA UND ÁGNES VÉGVÁRI
Dem deutschsprachigen Fachunterricht im bilingualen Kontext hat FREMDSPRACHE DEUTSCH vor einiger Zeit ein ganzes
Heft gewidmet (Nr. 30/20041). Der folgende Beitrag knüpft daran an, indem er zeigt, dass das Lernen an Stationen
besonders gute Möglichkeiten bietet, die Ziele des deutschsprachigen Fachunterrichts – Entschlüsselung von Fachtexten,
teamorientiertes Arbeiten, Vermittlung von Fachwissen an andere – zu verfolgen. Als Beispiel dienen fünf Stationen zur
Erarbeitung eines naturwissenschaftlichen Fachtextes. Dabei geht es weniger um den Fachtext, der hier nur angerissen
wird, als um die Verfahren, die dabei angewendet werden. Diese können auch auf andere Fächer übertragen werden.
Ágnes Végvári hat den hier beschriebenen Stationendurchlauf in zwei Unterrichtsstunden mit 16-17-jährigen Schülerinnen
und Schülern eines Bildungszentrums in Pécs / Ungarn durchgeführt.
Bedeutung des bilingualen
Fachunterrichts
„Die künftige Sprachensituation ist ohne Vorbild: Im Zuge
wirtschaftlicher und politischer Integration entsteht in Europa
ein Raum der Mehrsprachigkeit. Darin werden sich kommunikative Strukturen und Berufspraxis so entwickeln, dass
Menschen privat und beruflich zunehmend auf eine zweite
Sprache angewiesen sind, die sie mündlich und schriftlich
so differenziert, sicher und geläufig beherrschen wie ihre
Muttersprache.“ 2
Diese Prognose aus einer Lehrplanempfehlung des
Landes Nordrhein-Westfalen für den bilingualen Unterricht wird ebenfalls von der EU unterstützt: „Mit
Kommunikationskompetenz Grenzen überwinden
können“ lautet ein Ziel des „Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens“3 für das Sprachenlernen.
Menschen sollen befähigt werden, mit Hilfe einer
funktionalen Mehrsprachigkeit auch in anderen
Sprachregionen leben und arbeiten zu können.
Deutschsprachiger Fachunterricht in den Naturwissenschaften, in Geschichte, Geographie und
anderen Fächern ist dazu eine große Chance, denn
in ihm werden die Prinzipien angewendet, die
im beruflichen Umfeld eine Rolle spielen. Nicht
Sprachlernen, sondern Inhalte stehen im Mittelpunkt. Damit kehrt der bilinguale Fachunterricht
(CLIL, DFU) das didaktische Prinzip des klassischen
Deutschunterrichts um. Die neue Sprache wird
angewendet, um Inhalte zu vermitteln. Im Mittelpunkt steht – wie im Beruf – die Sache. Die Sprache
lernt man, weil man sich ständig mit ihr und in ihr
DFU: Deutschsprachiger
Fachunterricht
CLIL: Content Language
Integrated Learning
56
auseinandersetzen muss, um Dinge zu verstehen
und zu (er)klären.
Stationenlernen und die Prinzipien des
deutschsprachigen Fachunterrichts
Wenn Unterricht auf funktionale Mehrsprachigkeit
ausgerichtet ist, muss er Qualifikationen in den Mittelpunkt stellen, die in beruflichen Zusammenhängen gebraucht werden:
왘 Fachtextrezeption, d.h. die Fähigkeit aus Fachtexten zielgerichtet Informationen zu entnehmen,
왘 Präsentationskompetenz, d.h. die Fähigkeit,
eigene Überlegungen durch Vortrag zu vermitteln,
왘 Sprachhandlungskompetenz, d.h. die Fähigkeit, Kommunikationsaufgaben zu bewältigen.
Das im Folgenden beschriebene Unterrichtsbeispiel zeigt, wie man diesen Kriterien gerecht werden kann. Die Art und Weise, wie hier Sachinformationen erarbeitet werden, kann als Beispiel für
Techniken dienen, die ähnlich auch in beruflichen
Zusammenhängen oder im Studium (z. B. Medizin,
Humanbiologie, Chemie) vorausgesetzt werden.
Grundlage für den Unterricht waren die folgenden Prinzipien 4:
왘 Schüler-Sprachhandeln vor Lehrer-Belehrung,
왘 Texte als Lernimpulse: von der Rezeption zur
Produktion,
왘 Sprache als Mittel um Sachinformationen zu
verstehen, zu vermitteln und Strategien für das
selbstständige Sprachhandeln zu entwickeln.
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
In Teamarbeit lassen sich Hör- und Lesetexte am besten knacken.
Für diese Lernprinzipien eignet sich das Stationenlernen besonders, denn das entdeckende explorative Lernen erleichtert die Anwendung der Zielsprache:
An einzelnen Stationen beschäftigen sich Schüler
selbstständig und in kleinen Gruppen mit unterschiedlichen inhaltlichen und sprachlichen Schwerpunkten, um das übergeordnete Lernziel – eine Gesamtübersicht über das Stoffgebiet – zu erarbeiten.
Beschreibung des Stationendurchlaufs
In dieser Doppelstunde sollten die Lernenden …
왘 Fachtexte lesen, um Hintergrundinformationen
zu verstehen (Textrezeption),
왘 eine Versuchsanleitung durcharbeiten, um ein
Flussdiagramm zu entwickeln, das ihnen und
anderen die durchzuführenden Arbeitsschritte
vor Augen führt (Strukturierung),
왘 Experimente durchführen, um Wesentliches zu
erkennen und für andere protokollieren (Vorgangsbeschreibung),
왘 einen mündlichen Vortrag mit hilfreichen Informationen verstehen (Hörverstehen),
왘 Wichtiges visualisieren, um Zusammenhänge
anderen zu (er)klären (Präsentation),
왘 Auf Fragen der anderen antworten (Fachgespräche).
Gefördert wurden dabei Leseverstehen, Exzerpieren, Hörverstehen, Visualisieren und Präsentieren
sowie selbstständiges und teamorientiertes Arbeiten. Dazu wurden unterschiedliche Methoden5 eingesetzt. Durch sie wurden die Lernenden auf wesentliche Punkte gelenkt und Selbstlernen ermöglicht. Durch eine „Grundlagentext-Pflichtstation“
(STATION 1) sollten die Lernenden zunächst eine
Minimalgrundlage für das Verständnis des Folgenden bekommen. Anschließend konnten sie Unterrichtsweg und Reihenfolge der Stationen frei wählen.
Materialangebot
Folgende Materialen standen zur Arbeit an den Stationen zur Verfügung:
왘 Zusammenfassende Fachtexte aus Lehrbüchern
mit einer hohen Dichte an Fachbegriffen,
왘 Anleitungen zum Experimentieren, Protokollieren und Auswerten,
왘 Hörtexte, zu denen Fragen mit Multiple-choiceAufgaben zu lösen waren.
Abschließende Ergebnisse des
Stationendurchlaufs
Mit dem Zusammentragen aller Schülerarbeitsergebnisse an der Tafel erhielten die Lernenden eine
Gesamtübersicht über das Stoffgebiet. In Form von
Lernplakaten und Spickzetteln wurde sie als Lernhilfe für die spätere Klassenarbeit genutzt, gleichzeitig sollte sie als Ausgangsbasis für weitere Anwendungen dienen. Am Ende wurden im Auswertungsgespräch die Methoden reflektiert und als „Entwicklungshelfer“ bewusstgemacht, auch um künftig
noch bewusster angewendet zu werden. Wichtig
dabei: Die Lernenden sollten bei ihrer Beschäftigung
mit der Sache möglichst oft in authentische und
sinnvolle Kommunikationssituationen kommen.
Dies wurde auch durch die Beteiligung der Lernenden an einem Elternabend erreicht. Den Eltern wurde – moderiert durch die Lehrerin – von Schülerinnen und Schülern Ausschnitte und Prinzipien
ihres Unterrichts vor Augen geführt.
Folgende Arbeitsschritte wurden
durchgeführt:
1. Einführung (Lehrerin); Aushändigen des
Laufzettels (siehe Kasten, S. 58)
2. Gemeinsame Vorbereitung der Stationen
(Schüler mit Fachlehrerin)
3. Arbeit an den Stationen 1-5 (Schüler):
a) Textrezeption mit unterschiedlichen Methoden.
왘 Text – Schlüsselwörter – Kernaussagen
왘 Leitfragen beantworten
왘 Lückentext ausfüllen
왘 Flussdiagramm erstellen
왘 Filmleiste zeichnen – Texterläuterung
ergänzen
왘 Fachtext: Hörverstehen – Leitfragen
beantworten
b) Textproduktion – Synthese von Ergebnissen
c) Schülerexperimente durchführen, Protokolle
anfertigen
4. Präsentation unterschiedlicher Stationenergebnisse und Visualisierung
5. Erstellung einer gemeinsamen Mind MapÜbersicht als Lernhilfe
6. Auswertungsgespräch über Ergebnisse und
Lernprozess
7. Vorbereitung eines Elternabends mit
Schülerbeteiligung
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Das Experiment ist durchgeführt,
die Auswertung kann beginnen.
Die Lehrerin erklärt etwas.
Laufzettel:
Fachtext „Eiweiß-Denaturierung“
Station 1 (Pflichtstation):
Textrezeption durch Schlüsselwörter
Station 2:
Vorgänge beschreiben –
Hitzedenaturierung
Station 3:
Vorgänge beschreiben –
Chemische Denaturierung
Station 4:
Argumente formulieren
Station 5:
Hörverstehen
Fachtext „Eiweiß-Denaturierung“ (hier gekürzt)
STATION 1
STATION 1
Textrezeption durch Schlüsselwörter
Arbeitsauftrag:
왘 Lies den Fachtext über die „Eiweiß-Denaturierung“.
Such dir bekannte Wörter und versuche, sie logisch zu
verknüpfen, so dass du den Kontext verstehst.
왘 Markiere jetzt in dem Fachtext Schlüsselwörter und
notiere damit Kernaussagen. Sammle die wichtigsten
Informationen.
Leg dazu eine Heftseite neben den Text:
Denaturierung bezeichnet Strukturänderungen
von Biomolekülen, beispielsweise bei Proteinen.
Die durch äußere Einflüsse hervorgerufene Veränderung der Proteinstruktur, insbesondere der
Sekundär- und Tertiärstruktur eines Proteins (und
damit eventuell auch seiner Quartärstruktur) erfolgt, ohne dass sich die Reihenfolge der Aminosäuren (Primärstruktur) ändert. Der Vorgang kann
irreversibel sein, d. h. der ursprüngliche räumliche
Aufbau kann nicht wiederhergestellt werden. Es
gibt auch reversible Veränderungen, die wieder
왘 Zeichne eine Tabelle mit zwei Spalten und
왘 beschrifte diese Spalten mit „Schlüsselwörter“ und
Aus: Elemente Chemie II. Stuttgart: Ernst Klett Verlag 2000.
„Kernaussagen“ wie im Beispiel.
STATION 2
Text
Schlüsselwörter
Kernaussagen
Denaturierung
bezeichnet ...
• Denaturierung
• ...
Denaturierung bedeutet
Strukturveränderung von
Eiweißmolekülen.
...
...
...
STATION 2
Vorgänge beschreiben – Hitzedenaturierung
Erklärung:
왘 Hier lernst du, aus einem Experiment Erkenntnisse zu
Kommentar:
An abgestuften Hilfen zur Entschlüsselung
des Textes lagen aus:
왘 Lückentext
왘 Blockdiagramm
왘 Textproduktion mit Bildsequenz
왘 Textproduktion ohne Hilfe
gewinnen und sie in einer Vorgangsbeschreibung
(Versuchsbeschreibung) aufzuschreiben.
왘 Danach kannst du über das Experiment, Erkenntnisse und
Erklärung berichten.
왘 Du lernst gleichzeitig, wie man Wichtiges aus Vorgängen
erfassen und darstellen kann.
Arbeitsauftrag:
Führe mit dem Flussdiagramm dieses Experiment zur
„Hitzedenaturierung“ durch.
왘 Zeichne wichtige Beobachtungen als Bildsequenz und
왘 ergänze die Bilder mit einem beschreibenden oder
erklärenden Text.
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Die Ergebnisse aus den einzelnen Stationen
werden an der Tafel zusammengetragen.
STATION 3
STATION 5
STATION 5
STATION 3
Vorgänge beschreiben – Chemische Denaturierung
Hörverstehen
Erklärung:
Von der Kassette hört ihr einen Fachvortrag über die
„Fieberreaktionen des menschlichen Körpers“.
왘 Hier lernst du, aus einem Experiment Erkenntnisse zu
gewinnen und sie in einer Vorgangsbeschreibung
(Versuchsbeschreibung) aufzuschreiben.
왘 Dann kannst du über das Experiment, Erkenntnisse
und Erklärung berichten.
왘 Du lernst, wie man Wichtiges aus Vorgängen erfassen
und darstellen kann.
Arbeitsaufträge:
왘 Hört in der Gruppe den Vortrag zunächst einmal
vollständig.
왘 Hört ihn anschließend in kurzen Abschnitten (Wieder-
holungen möglich).
왘 Beantwortet dann gemeinsam die Fragen zum Text.
Arbeitsauftrag:
Führe ein Experiment zur „Chemischen Denaturierung“ mit
Salzsäure/Magensaft, Schwermetallsalzlösung: PbSO4, Leichtmetallsalzlösung: NaCl durch und
왘 Schreibt eine Tabelle mit den wichtigsten Folgen bei
fiebrigen Temperaturänderungen.
왘 zeichne wichtige Beobachtungen in die Filmleiste ein,
왘 ergänze einen erklärenden Text,
왘 schreibe wichtige Beobachtungen als Textkommentar
neben die Bilder.
Literaturverzeichnis:
STATION 4
STATION 4
Argumente formulieren
Erklärung:
왘 Hier lernst du, aus Schlüsselwörtern Argumente zu formu-
lieren, zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen.
왘 Damit lernst du gleichzeitig, wie man auf fachlicher Grund-
lage Argumente entwickeln und zu Entscheidungen finden
kann.
1 Leisen, Josef (Hrsg.): Deutsch in allen Fächern. FREMDSPRACHE
DEUTSCH H. 30/2004. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen.
2 Empfehlungen für den bilingualen deutsch-spanischen Unterricht
in der Sekundarstufe I (2000). Ministerium für Schule, Wissenschaft,
Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Frechen: RitterbachVerlag, 7.
3 Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen,
lehren, beurteilen (2001). Hrsg. von Goethe-Institut u.a. Berlin /
München u.a.: Langenscheidt.
4 Hunfeld, Hans (2004): Fremdheit als Lernimpuls. Meran: Alpha BetaVerlag.
5 Leisen, Josef (Hrsg.) (2003): Methodenhandbuch DFU. Bonn: VarusVerlag.
Fotos: Rolf Kruczinna
Arbeitsaufträge:
왘 Suche 7 wichtige Fachbegriffe,
왘 formuliere mit diesen Begriffen Argumente für eine sinn-
volle Maßnahme (Gesetz, Fernsehsendung, Zeitungsartikel,
Förderprogramm, …)
왘 Wie könnte mit diesen Fachbegriffen und Argumenten
eine sinnvolle Diskussion geführt werden?
왘 Formuliere ein Thema für eine „Fernsehdiskussion“ und
diskutiere es in der Präsentationsphase.
Fachbegriffe
• Schwermetallanreicherung
• ...
Argumente
Die Reinheit des Trinkwassers ist
wichtig, weil Schwermetall-Ionen
Eiweiße irreversibel denaturieren
können.
• ...
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BÜCHER, ZEITSCHRIFTEN, INTERNET-ADRESSEN ZUM THEMA
LERNEN AN STATIONEN
Roland Bauer (1997): Schülergerechtes
Arbeiten in der Sekundarstufe I: Lernen
an Stationen. Berlin: Cornelsen Scriptor.
Der Autor zeigt, dass das fächerübergreifende,
ganzheitliche Arbeiten und das handlungsorientierte, besonders einprägsame Lernen
sich hervorragend mit dem Lernen an Stationen kombinieren lassen. Gleichzeitig werden
Differenzierungsangebote erläutert, mögliche
Unterrichtsreihen skizziert sowie Hindernisse
bei der Vorbereitung und Durchführung entsprechender Unterrichtsversuche diskutiert.
Besonders wertvoll sind die zahlreichen Hinweise zur Gestaltung von Stationen, die sich
leicht auf den eigenen Unterricht übertragen
lassen.
Irmintraut Hegele (Hrsg.) (1999): Lernziel:
Stationenarbeit. Eine neue Form des offenen Unterrichts. Weinheim: Beltz Praxis,
4., neu ausgestattete Auflage.
Die Anthologie enthält praktische Beispiele zum
Stationenlernen in der Grundschule. Thematisch werden Jahreszeitenprojekte, Sexualkunde an Stationen, aber auch ein Projekt zur
integrierten Fremdsprachenarbeit (Französisch)
vorgestellt. Auch das Lernen außerhalb des
Klassenzimmers wird an dem Beispiel Stationenlernen im Zoo konkretisiert.
Pädagogik, Themenheft: Anders Lernen.
Projektunterricht – Freie Vorhaben –
Lernen an Stationen. H. 7/1998,
Weinheim: Beltz Verlag.
Das Heft befasst sich mit diversen Formen des
„Offenen Lernens“. Besonders interessant ist
der Artikel von Roland Bauer zum Stationenlernen (S. 24-27). Der Autor macht deutlich,
dass das Stationenlernen den unterschiedlichen Voraussetzungen der Lernenden gerecht
werden muss. Weiterhin enthält der Beitrag
Hilfen für die Gestaltung von Arbeitsaufträgen
und für das veränderte Lehrerverhalten bei
dieser Form des autonomen Lernens.
Praxis Fremdsprachenunterricht, Themenheft: Weg vom Frontalunterricht, 4/2004.
Berlin: Pädagogischer Zeitschriftenverlag.
Das Themenheft befasst sich mit der Methodenkultur im Fremdsprachenunterricht und
legt einen besonderen Schwerpunkt auf die
schülerorientierte Gestaltung des Unterrichts.
60
Das Lernen an Stationen wird explizit anhand
eines Beitrags für den Französischunterricht
(„Le tour de Paris“, S. 272-279) konkretisiert.
Die Vorschläge für das landeskundliche Lernen
an Stationen lassen sich auf die Arbeit mit
Städten im deutschsprachigen Raum übertragen.
Primar, Themenheft: Stationenlernen mit
den vier Elementen. H. 32/2002. Zeitschrift für Deutsch als Fremdsprache
und Zweitsprache im Primarschulbereich.
Troisdorf: Dürr und Kessler.
Im Basisartikel wird die Praxis des Stationenlernens beschrieben. Die Beiträge gehen unter
anderem ausführlich auf die kleinen Schritte
im Unterricht ein, mit deren Hilfe sich Lernende und Lehrende im Rahmen des Stationenlernens Kompetenzen aneignen können, die
sie dazu befähigen, auch größere Projekte
planen und in den Schulalltag integrieren zu
können. Auch der fächerübergreifende naturwissenschaftliche Unterricht findet in mehreren
Beiträgen Erwähnung.
Hans-Jürgen van der Gieth (2001):
Lernzirkel. Die neue Form des Unterrichts.
Eine Einführung. Kempen: Bvk Buch
Verlag, 2. Auflage.
Nach einer Einführung in den „Offenen Unterricht“ werden dessen Grundlagen, Quellen
und Historie beschrieben. Ausgehend von der
Freiarbeit wendet der Autor sich besonders
dem Lernzirkel und seiner Umsetzung in der
Unterrichtspraxis zu.
Rainer, E. Wicke (2004): Autonomes
Lernen an Stationen als Vorstufe zur
Projektarbeit. In: (ders.) Aktiv und Kreativ
Lernen – Projektorientierte Spracharbeit
im Unterricht Deutsch als Fremdsprache.
Ismaning: Hueber, 122-135.
Der Lernzirkel und seine Funktion im Deutschunterricht stehen zunächst im Mittelpunkt der
Diskussion. Aber auch die Vorbereitung und
Anordnung der Stationen sowie die notwendige Veränderung der Lehrerrolle werden
ausführlich beschrieben. Beispiele zeigen,
dass das Stationenlernen einen festen Platz in
Schule und Fortbildung einnehmen kann.
INTERNETADRESSEN:
http://www.fachdidaktik-einecke.de/
7_unterrichtsmethoden/lernzirkel_
stationenlernen_neu.htm
Einer kurzen Definition des Lernzirkels /
Stationenlernens folgen praktische Hinweise
zur Gestaltung eines Stationenlernens zum
Thema Märchen in den Jahrgangsstufen 5-7.
Den angehängten Links können ausführlichere
Informationen zu Sinn und Zweck sowie zum
Aufbau der einzelnen Stationen entnommen
werden. Weiterhin gibt es dort Checklisten
zur Gestaltung der Stationen, Literaturangaben, Hinweise zu Vor- und Nachteilen bzw.
den Schwierigkeiten, mit denen diese Form
des „Offenen Lernens“ verbunden ist.
http://www.deutschunterricht.org/
stationen.htm
Neben einer allgemeinen Einführung und
Ausführungen zum Arbeiten an Lernstationen
bietet Deutschunterricht USA auch Materialien
für das Stationenlernen an. Stichworte, Literaturhinweise und Fußnoten ergänzen das
Angebot.
FREIARBEIT UND AUTONOMES LERNEN
Peter Bimmel, Ute Rampillon (2000):
Lernerautonomie und Lernstrategien.
Fernstudieneinheit 23. Berlin, München
u.a.: Langenscheidt.
Grundprinzipien des autonomen Lernens sind
u.a. die Fähigkeit, das eigene Lernen zu planen und zu reflektieren. Daher ist die Fernstudieneinheit vorrangig auf die Aspekte der
Selbstbeobachtung und -erfahrung beim
autonomen Lernen ausgerichtet und genau
darum geht es auch beim Stationenlernen.
Viele der in der Fernstudieneinheit enthaltenen Arbeitsaufträge haben Modellcharakter
für den eigenen Unterricht und leben von
dem Prinzip learning by doing, so dass sie
sich leicht übertragen lassen.
Peter Sehrbrock (1998): Freiarbeit in
der Sekundarstufe I. Berlin: Cornelsen
Scriptor.
Der Autor führt aus, was bei der Freiarbeit in
der Sekundarstufe I zu beachten ist, z.B. die
Bestimmung der Lerninhalte, die Auswahl der
Arbeitsmaterialien, die Frage der Zeiteinteilung
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
und vor allen Dingen auch die Bewertungsproblematik. Er macht Mut, die Chancen der
Freiarbeit zu nutzen.
Wulf Wallrabenstein (1991): Offene
Schule – Offener Unterricht. Ratgeber
für Eltern und Lehrer. Reinbek: rororo
Sachbuch.
Der Begriff des „Offenen Unterrichts“, die
Besonderheiten der Frei- und Wochenplanarbeit, der projektorientierte Unterricht und
das praktische Lernen z.B. in einer Lernwerkstatt werden erläutert. Auch das Modell der
Jenaplanschule wird beschrieben. Der Autor
scheut auch nicht vor einer Pro und KontraDiskussion über den „Offenen Unterricht“
zurück.
BMW – Group (2005): LIFE – Ideen und
Materialien für interkulturelles Lernen
(Grundwerk plus vier Ergänzungslieferungen). München: 3. Auflage.
LIFE enthält Beiträge aus der Schulpraxis in
vielen Ländern Europas, wobei Lernspiele,
kleine und längere literarische Texte, aber
auch Bilder aus unterschiedlichen Kulturen
genau so im Mittelpunkt der Arbeit stehen
wie Traditionen und der naturwissenschaftliche Unterricht. Die Sammlung kann als
Steinbruch für das Stationenlernen genutzt
werden, da sich sowohl die zahlreichen Textvorschläge mit den dazu gehörigen Aufgaben
und Übungen, aber auch die Folien, Abbildungen und Spiele unkompliziert für den
eigenen Unterricht verwenden lassen.
Josef Leisen, Rolf Kruczinna u.a. (2003):
Methoden-Handbuch Deutschsprachiger
Fachunterricht (DFU) (inklusive Ergänzungslieferungen). Bonn: Varus Verlag.
Das Methoden-Handbuch gibt einen guten
Einblick in den Deutschsprachigen Fachunterricht, darüber hinaus können dem Kapitel
Werkzeugkasten zahlreiche Hinweise für
die Gestaltung alternativer Aufgaben und
Übungen für das Stationenlernen entnommen
werden. Viele Kopiervorlagen können direkt
im eigenen Unterricht eingesetzt werden.
Zygmunt Januszewski
ERGÄNZENDE MATERIALIEN
EINE NEUE SCHULE
Bauer, Roland (2000): Schule als Lern- und
Lebensort gestalten. Berlin: Cornelsen
Scriptor.
Roland Bauer und sein Autorenteam beschreiben die Chancen und notwendigen Veränderungen, die die Schulen wahrnehmen müssen.
Folgende Themenschwerpunkte werden dabei
berücksichtigt: Lernkontexte, Arbeitsformen,
Menschen. Das Kapitel Arbeitsformen enthält
Hinweise zum selbst organisierten und eigenverantwortlichen Lernen, Hinweise zur Gestaltung der Wochen- und Jahresplanarbeit, aber
auch zum projektorientierten Lernen.
Kahl, Reinhard (2004): Treibhäuser der
Zukunft. Wie in Deutschland Schulen
gelingen. Archiv der Zukunft, Kinderund Jugendstiftung. ISBN 3-9809294-3-4,
Berlin. 3 DVDs plus Buch von 120 Seiten,
zu beziehen bei: Archiv – der – Zukunft –
Produktionen, Eppendorfer Landstraße
46, D-20249 Hamburg oder elektronisch
unter: [email protected]
Preis im Inland: 29,– EUR, im Ausland:
32,20 EUR (Stand September 2006).
In diesem Film, den wir an dieser Stelle sehr
empfehlen möchten, geht es um eine Kultur
des Lernens, die von Kreativität, Eigenverantwortung der Lernenden in einer angstfreien
Lernumgebung, von Frei- und Projektarbeit,
vom Umgang mit der Heterogenität der
Schülerinnen und Schüler, von vernetztem
und fächerübergreifendem Unterricht, von
der Öffnung des Unterrichts und der Schule
nach Außen zur Umwelt geprägt ist. Der
Film zeigt, dass neue Kulturen des Lernens
in Deutschland gelebt werden und wie das
gelingen kann.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
RAINER E. WICKE
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Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
AKTUELLES FACHLEXIKON
ZUM THEMA „LERNEN“
IM ALLGEMEINEN
Autonomes Lernen
Beim autonomen Lernen einer Fremdsprache
entscheiden die Lernenden selbst, was sie im
Rahmen des Stationenangebotes lernen und wie
Sie es lernen wollen. Das eigenverantwortliche
Arbeiten wird gefördert, indem der neue Lernstoff oder -gegenstand mit bereits vorhandenem Wissen bearbeitet wird. Der Lehrer / Die
Lehrerin übernimmt die Funktion des Beraters
und Helfers.
Binnendifferenzierung
An den einzelnen Stationen werden unterschiedliche Aufgaben und Übungen angeboten, die
sowohl leistungsstärkeren, aber auch leistungsschwächeren Lernenden die Möglichkeit geben,
einen Arbeitsauftrag mit entsprechendem
Schwierigkeitsgrad erfolgreich zu erledigen.
Fächerübergreifendes Lernen
Beim fächerübergreifenden Lernen (manchmal
auch fächerverbindendes L. genannt) findet der
Unterricht nicht getrennt in einzelnen Fächern
statt. Vielmehr werden die Inhalte mehrerer
Fächer zu einem bestimmten Thema integriert,
z. B. Spracherwerb, Musik und Kunst im
Deutschunterricht.
Offenes Lernen
Offenes Lernen verändert die Lehr- und Arbeitsform. Es wird den Lernenden ermöglicht, schrittweise steigende Verantwortung über ihren Lernprozess zu übernehmen. Leistungsstarke Lernende sollen besonders herausgefordert und Lernschwächere gefördert werden. Die Lernenden
können sich in der Regel die Zeit zur Bearbeitung eines Problems selbst einteilen und sich
variabel für unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten entscheiden. Sie kontrollieren ihre Arbeitsergebnisse und schätzen ihr Wissen selbst ein.
Projektorientiertes Lernen
Beim projektorientierten Lernen wird ein Thema
in einer Schul(doppel-)stunde (Minimalprojekt)
oder über einen längeren Zeitraum (Projekttage /
Projektwoche) bearbeitet. Die Arbeit orientiert
sich an den Interessen und am Vorwissen der
Lernenden. Planung, Vorbereitung und Durchführung erfolgen weitgehend durch die Lernenden selbst, die Lehrkraft steht beratend und helfend zur Verfügung. Im Mittelpunkt der Arbeit
stehen handwerkliche, darstellende und musikalische Tätigkeiten. Kooperation und ein Erfah-
62
rungsaustausch zwischen den Lernenden werden
besonders gefördert. Am Ende des projektorientierten Lernens entsteht ein Produkt, das von
den Lernenden präsentiert wird.
Soziales Lernen
Die Lernenden haben die Wahl, ob sie die
Arbeitsaufträge in Einzel-, Partner- oder
Gruppenarbeit erledigen wollen. Das Stationenlernen fördert das soziale Lernen, indem
die Partnerpaare oder Kleingruppen gemeinsam
Probleme bearbeiten und Kompromisslösungen
aushandeln müssen.
Wochenplanarbeit
In einem Wochenplan legen Schüler und Lehrer
schriftlich ein bestimmtes Arbeitspensum fest,
das aus Pflicht- und Wahlpflichtaufgaben
besteht. Lernaktivitäten in einem Wochenplan
können frei gewählt werden. Der Wochenplan
gibt Anregungen und weist auf Materialien
und Ideen für Tätigkeiten in Projekten hin.
Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler
schrittweise und fächerübergreifend in unterschiedlichen Sozialformen.
ZUM THEMA „STATIONENLERNEN“
IM BESONDEREN
Stationenlernen / Lernen an Stationen
Bei dieser Methode handelt es sich um ein
(Material-)Angebot an mehreren Lernstationen
zu bestimmten Themen. An jeder Lernstation
befindet sich ein einzelner Arbeitsauftrag bzw.
ein Angebot, das die Lernenden autonom bearbeiten und mitgestalten. Die Arbeitsstationen
können sich sowohl im Klassenzimmer, aber
auch außerhalb befinden. Im Rahmen einer
Exkursion kann das Stationenlernen z.B. auch
in ein Museum oder an einen anderen Ort
verlagert werden.
Erholstation
Der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben an den
einzelnen Stationen sollte möglichst variieren,
z.B. auch indem eine Erholstation eingeplant
wird, an der die Lernenden eine leichte spielerisch-kreative Aufgabe bekommen, die ihnen
Gelegenheit zum Verschnaufen gibt.
Informationsstation / Hilfsstation
An dieser Station erhalten die Lernenden
zusätzliche Informationen für ihre Arbeit,
indem sie unbekannte Begriffe in Wörterbüchern nachschlagen, aber auch Bücher
und Artikel zum Thema des Stationenlernens
einsehen können.
Kontrollstation
An der Kontrollstation befinden sich die Lösungen für die an den einzelnen Stationen gestellten Aufgaben, so dass die Lernenden
ihre Arbeitsergebnisse selbstständig überprüfen
können.
Laufzettel
Der Laufzettel wird von den Lernenden als eine
Art Portfolio zur Selbstkontrolle genutzt. Dort
wird einerseits notiert, welche Stationen und
Aufgaben bereits absolviert wurden. Die Ergebnisse können auch stichwortartig festgehalten
werden. Gleichzeitig ermöglicht der Laufzettel
die Auswahl der nächsten Stationen mit den
dazu gehörigen Arbeitsschritten.
Lerntagebuch
Beim Lerntagebuch handelt es sich – ähnlich
wie bei der Anwendung des Laufzettels – um
die Protokollierung der Arbeiten. Allerdings liegt
der Schwerpunkt der Evaluation hier verstärkt
auf der Erkenntnis des eigenen Lernzuwachses
nach der Bearbeitung der Stationen. Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, ihre Erfolge
kritisch zu hinterfragen und eine realistische
Einschätzung ihrer persönlichen Leistungen
vorzunehmen.
Lernzirkel
Die Begriffe Lernzirkel, Lernen an Stationen und
Stationenlernen finden in vielen Veröffentlichungen synonyme Verwendung. Ursprünglich wird
der Begriff des Lernzirkels von dem Zirkeltraining des Sportunterrichts abgeleitet, in dem die
Schülerinnen und Schüler verschiedene Übungen
nacheinander absolvieren.
Pufferstation
Beim Stationenlernen können Engpässe bzw. die
Doppelbesetzung einer Station vermieden werden, indem Pufferstationen eingerichtet werden.
Im Rahmen eines Überangebots werden ein bis
zwei zusätzliche Stationen eingerichtet, auf die
eine Gruppe notfalls ausweichen kann, wenn die
nächste Station ihrer Wahl besetzt ist oder alle
anderen Arbeitsaufträge bereits erledigt wurden.
Im letzteren Fall befinden sich an der Pufferstation weiterführende und vertiefende Aufgabenstellungen
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
RAINER E. WICKE
Quiz • Quiz • Quiz • Quiz • Quiz • Quiz • Quiz • Quiz • Quiz
Arbeit mit Texten • Aufgaben und Übungsgeschehen •
Literatur im Anfängerunterricht • Aussprache • Lust auf
Internet • Bei
Trends
2000
• steht
Sprechen
• Deutsch
in der
FREMDSPRACHE
DEUTSCH
eine wichtige Änderung
bevor.
Da bietet es sich an, einmal nachzufragen:
Primarstufe • Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung
Wie gut kennen Sie eigentlich FREMDSPRACHE DEUTSCH?
• Redewendungen und Sprichwörter • Ordnung und VaKreuzen Sie an!
riation in Satz und Text • Kunst und Musik im Deutsch7. Im Internet findet man
1. Die erste Nummer erschien im Jahr
a
alle Artikel als Download • Deutsch in
a
1990
unterricht
• Lebendiges Grammatiklernen
b
keine Downloads
b
1989
c
Downloads
vergriffener
c
2000Fächern • Landeskundliches
allen
Lernen
• Hefte
Neue Medien
8. Das Schlagwortverzeichnis im Internet
2. Das Thema der ersten Nummer war
im
Deutschunterricht
• Lernen
an
Stationen • Deutscha
verweist auf die Themenhefte
a
Sprechen
verweist auf die einzelnen Artikel
b
Lesen
unterricht
mit Aussiedlern • bcKombinierte
Fertigkeiten •
nennt die Artikel-Schlagwörter
c
Schreiben
Literatur
im Anfängerunterricht
Schülerbegegnungen
9. Bisher•erschienen
insgesamt
3. Die Zeitschrift erscheint
seit 17 Jahren
a
45 Hefte
a
im Klett Verlag
b
35 Hefte
b
im
Goethe
Verlag
über Grenzen • Fremdsprachenlerntheorie
• Europa erlec
40 Hefte
c
im Verlag Fremdsprache Deutsch
ben
• Schreiben • Wortschatzarbeit
• Deutschunterricht
10. Ab Heft 36 erscheint FREMDSPRACHE DEUTSCH
4. Die Zeitschrift erscheint
a
im Goethe Verlag
a
dreimal jährlich
mit
Erwachsenen
•
Unterrichtsprojekte
• Autonomes Lerb
im Hueber Verlag
b
zweimal jährlich
c
im Verlag Fremdsprache Deutsch
c
viermal jährlich
nen
• Lehrerfortbildung • Lernstrategien
• Kompetenzen
5. Jede Nummer hat
testen,
prüfen,
zertifizieren • Hörverstehen • Berufsbezoa
Artikel zu
verschiedenen Themen
b
drei Hauptthemen
Mit diesem Quiz verabschiedet sich nach 17 Jahren die
c
ein
Thema
und wünscht allen
Lesern
gener Deutschunterricht mit Klett-Redaktion
Jugendlichen
•Leserinnen
Die und
ersten
weiterhin viel Erkenntnisgewinn mit und Freude an
6.
Die
Rubrik
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FREMDSPRACHE DEUTSCH.• Aussprache •
Stunden
und Wochen Deutschunterricht
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Aktuelles Fachlexikon
b
Fachlexik aktuell
Ihre
Das
Bild im Unterricht • Deutschunterricht
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Aktuelle Fachbegriffe
Eva-Maria Jenkins
schrittenen Jugendlichen • Benoten und Bewerten • Deutsch
als zweite Fremdsprache • Feiern und Gedenken • Übersetzen im Deutschunterricht • Sprachenvielfalt im Klassenzimmer • Spielen – Denken – Handeln • Landeskunde 63• Kinderund Jugendliteratur im Deutschunterricht • Motivation
Lösung: 1b, 2c, 3a, 4b, 5c, 6a, 7c, 8b, 9a, 10b
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
Unsere Autorinnen und Autoren
Ulrike Behrendt
Pannierstraße 33
D-12047 Berlin
DEUTSCHLAND
[email protected]
Dozentin für Deutsch als Fremdsprache im Aus- und
Fortbildungsbereich am Goethe-Institut Berlin.
Elzbieta Derhartunian
Gimnazjum Nr. 46
Osiedle Teatralne 46
PL-31-948 Krakow
POLEN
[email protected]
Deutschdozentin an Allgemeinbildenden Lyzeen in
Krakow / Polen, alle Niveaustufen.
Petra Klimaszyk
Weilheimer Str 27
D-81373 München
DEUTSCHLAND
[email protected]
Dozentin für Deutsch als Fremdsprache / Zweitsprache;
Durchführung von Seminaren im In- und Ausland für
das Goethe-Institut; Arbeitsschwerpunkte: Kreatives
Schreiben, Projektarbeit und andere Formen der
Freiarbeit; Mitautorin am Lehrwerk „Schritte“.
Rolf Kruczinna
Bundesverwaltungsamt
Zentralstelle für das Auslandsschulwesen
Barbarastr. 1
D-50728 Köln
DEUTSCHLAND
[email protected]
Verantwortlicher für den Bereich „Deutschsprachiger
Fachunterricht“ (DFU) in der ZfA; zuvor Fachberater
mit DFU-Schwerpunkt in Ungarn.
Ivica Lenc̀´ová
Katedra germanistiky / Institut für Germanistik
Univerzita Mateja Bela
Tajovského 40
SK-974 01 Banská Bystrica
SLOWAKEI
[email protected]
Professorin an der germanistischen Fakultät der
Matej Bela Universität in Banská Bystrica / Slowakei.
64
Anna Pilaski
c/ Zarracín, 22
E- 28240 Hoyo de Manzanares (La Berzosa)
SPANIEN
[email protected]
Dozentin für Deutsch als Fremdsprache, Mitarbeiterin
des Goethe-Instituts und von TANDEM Escuela Internacional in Madrid / Spanien.
Hildegard Pinnekamp
Carl-Herz-Ufer 11
D-10961 Berlin
DEUTSCHLAND
[email protected]
Dozentin am Goethe-Institut Berlin, Pädagogische
Verbindungsarbeit in St. Petersburg, Almaty und Krakau;
Schwerpunkt: Methodik / Didaktik.
Dr. Antje Stork
Philipps-Universität Marburg
Institut für Schulpädagogik
Wilhelm-Röpke-Straße 6B
D-35032 Marburg
DEUTSCHLAND
[email protected]
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der PhilippsUniversität Marburg.
Ágnés Végvári
Zrínyi út 4./b
H-7673 Cserkút
UNGARN
[email protected]
Lehrerin für Chemie und Biologie am deutschsprachigen
Valeria-Koch-Bildungszentrum in Pécs/Ungarn. Ausgebildete Multiplikatorin für den deutschsprachigen
Unterricht in der Lehrerfortbildung.
Rainer E. Wicke
Bundesverwaltungsamt
Zentralstelle für das Auslandsschulwesen
Barbarastr. 1
D-50728 Köln
DEUTSCHLAND
[email protected]
http://www.auslandsschulwesen.de
http://www.dasan.de
Koordinator für Fortbildung in der ZfA; Arbeitsschwerpunkte: Projektorientiertes und Offenes Lernen im
Unterricht Deutsch als Fremdsprache.
FREMDSPRACHE DEUTSCH | Lernen an Stationen
Fremdsprache Deutsch Heft 35/2006 – Lernen an Stationen, ISBN 978-3-19-239183-5, © Hueber Verlag 2007
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