Technische Universität Darmstadt Institut für Massivbau Baustoffe, Bauphysik, Bauchemie Baustoffkreislauf im Massivbau Teilprojekt G/01 Industrielle Betonherstellung zur Erstellung von Bauwerken unter Verwendung von Beton mit Sekundärzuschlag aus Bauschutt (Demonstrationsbauvorhaben) Zwischenbericht Stand Februar 1998 Verfasser: Prof. Dr.-Ing. Peter Grübl Dipl.-Ing. Andrew Nealen Alexanderstraße 5 64283 Darmstadt Tel.: 06151/16-3945 BIM 1. Teilprojekt G/01 Seite 2 Zielstellung Die Bauverein AG, Bismarckstraße 15, Darmstadt, ist Auftraggeber des Bauvorhabens Vilbeler Weg, bei dem ein Gewerbe- und Parkhaus erstellt wird (Bild 1). Ein kompletter Abschnitt dieses Gebäudes wird dabei ab der Erdgeschoßdecke mit Beton aus rezykliertem Zuschlag hergestellt. Dabei wird die Betontechnologie und Logistik vom Institut für Massivbau der Technischen Universität Darmstadt durchgeführt. Ziel dieses Projektes ist es, die praktische Anwendbarkeit der aktuellen Forschungsergebnisse zu demonstrieren und dabei die Grundzüge einer praktikablen Qualitätssicherung zu definieren. Bild 1: Grundriß und Schnitt des Bauvorhabens Vilbeler Weg 2. Durchgeführte Arbeiten im Berichtszeitraum Die zur Herstellung des Betons notwendige Mischanlage mit Sandfeuchtekorrektur der Firma ELBA wurde in der Zeit vom Oktober 1996 bis Juni 1997 auf dem Gelände der Firma Kiebert GmbH & CO. KG in Darmstadt-Arheilgen errichtet und in Betrieb genommen. Weiterhin aufgestellt wurden eine Restbeton-Recyclinganlage der Fa. BIBKO, die ungenutztes Zugabewasser und Zuschlag in den Produktionskreislauf zurückführt, sowie eine Zuschlag-Heizanlage der Fa. WEHO. BIM Teilprojekt G/01 Seite 3 Um einen Beton mit rezykliertem Zuschlag einsetzen zu können, ist eine Zustimmung im Einzelfall der zuständigen Bauaufsichtsbehörde erforderlich. Zu diesem Zweck wurden im Frühjahr 1997 mit mehreren Betonmischungen der Festigkeitsklasse B35 umfangreiche Versuche durchgeführt, um deren Frisch- und Festbetoneigenschaften zu belegen. Diese bildeten die Grundlage des Antrags auf Zustimmung im Einzelfall, welcher im Juli 1997 eingereicht und im September 1997 genehmigt wurde. Zugelassen ist derzeit ein B35 mit 16mm und 32mm Größtkorn. Die daraufhin eingeführte anlagentechnische Qualitätssicherung beschäftigt sich in erster Linie mit den Eigenschaften und der Zusammensetzung des zum Einsatz kommenden Rezyklats. Die Baustoffaufbereitung K+S in Büttelborn ist mit der Anlieferung der rezyklierten Kornfraktionen 2/8, 8/16 und 16/32, sowie eines bauaufsichtlich zugelassenen Recyclingsandes der Fraktion 0/2a beauftragt. Die Eingangskontrolle bei Anlieferung umfaßt dabei Siebline, stoffliche Zusammensetzung und Rohdichte aller Kornfraktionen. Die Erstellung der ersten Bauteile aus Beton mit rezykliertem Zuschlag (Erdgeschoßdecke) begann am 11.11.1997. Zum jetzigen Zeitpunkt geht der Rohbau in die Endphase und wird voraussichtlich Mitte Februar 1998 abgeschlossen sein. Insgesamt sind derzeit 461m3 Beton aus rezykliertem Zuschlag der Festigkeitsklasse B35, Größtkorn 16mm, eingebaut worden. Die noch ausstehende Restmenge bis Rohbauende beträgt ca. 15m3. Der Beton wird mit einer Konsistenz im Bereich a=40-52cm in Arheilgen hergestellt und bei einer Fahrtzeit von ca. 20-25 Minuten zur Baustelle transportiert. Je nach vorhandener Kernfeuchte der Fraktion 2/16, welche bei der Einwaage nicht berücksichtigt wird, ist eine unterschiedliche Ausgangskonsistenz sowie ein unterschiedliches Ansteifverhalten des Frischbetons zu beobachten. Deshalb ist es notwendig, die von der Bauleitung gewünschte Konsistenz (a=55cm) vor Ort einzustellen. Dabei wird das Fließmittel FM26 der Fa. Woermann dosiert, in Abhängigkeit von der Frischbetonkonsistenz bei Anlieferung an die Baustelle. Diese wird per Ausbreitmaß ermittelt und schwankt bei Ankunft zwischen 34 und 42 Zentimeter. Der Beton wird bei Wandbauteilen per Kran und Betonkübel eingebracht, bei den Decken allerdings bis zu 43 Meter per Betonpumpe in die Höhe gefördert. BIM Teilprojekt G/01 Seite 4 Im Vergleich zur DIN 1045 wird die Anzahl der Probewürfel zur Ermittlung der Druckfestigkeit erhöht. Es werden je Betoniertag und je 25m3 Beton sowohl an der Mischanlage als auch auf der Baustelle jeweils eine Serie à 3 Probewürfel mit 150mm Kantenlänge hergestellt. Zeitpunkt der Probennahme ist an der Mischanlage nach dem Einfüllen des Betons in den Fahrmischer und auf der Baustelle nach erfolgter Fließmitteldosierung einschließlich der sich anschließenden 10 minütigen Durchmischung im Fahrmischer. 3. Durchgeführte Untersuchungen und Ergebnisse 3.1 Betonrezeptur Die aus der Zustimmung im Einzelfall hervorgegangene und verwendete Betonrezeptur (M21) ist in Tabelle 1 dargestellt. Aus Bild 2 wird die in Laborversuchen ermittelte Festigkeitsentwicklung ersichtlich. Tabelle 1: Betonrezeptur nach Zustimmung im Einzelfall M21 Zugabewasser [kg/m³] 170 Zementgehalt CEM I 42,5 R [kg/m³] 310 Zuschlag [kg/dm³] 1698 Sand 0/2a [kg/m³] 585 Rezyklierter Zuschlag 2/8 [kg/m³] Rezyklierter Zuschlag 8/16 [kg/m³] Flugasche [kg/m³] 545 568 40 Der Zuschlag der Fraktionen 2/16 wurde bei den Laborprüfungen in kernfeuchtem Zustand verwendet, um den Praxisbedingungen an der Mischanlage gerecht zu werden. Die Kernfeuchte wurde an Darrproben bestimmt und auf insgesamt 4,7 M.-% (auf den trockenen Zuschlag bezogen) beziffert. BIM Teilprojekt G/01 Seite 5 Die Sieblinie wurde im Bereich AB16 so eingestellt (Körnungsziffer k=4,2), daß sich eine Ausgangskonsistenz des Frischbetons zwischen KR und KP ergibt (a=41cm). Druckfestigkeit [N/mm2] 60 50 40 30 20 Mischung M21, 16mm Größtkorn 10 0 0 7 14 21 28 Tage [d] Bild 2: Druckfestigkeitsentwicklung der verwendeten Betonrezeptur (M21, Laborversuche) 3.2 Stoffliche Zusammensetzung des rezyklierten Zuschlags Die Ergebnisse der augenscheinlichen Prüfung im Rahmen der Vorversuche sind in den Tabellen 2a und 2b dargestellt. Tabelle 2a: Stoffliche Zusammensetzung, Anteil höherfeste Bestandteile Fraktion 2/8 [Gew.-%] Höherfeste Bestandteile Bestehend aus: Beton 1) Kies, Naturstein 2) Ziegel, Klinker Keramik 1) 2) Fraktion 8/16 [Gew.-%] Fraktion 16/32 [Gew.-%] 98,9 97,4 94,6 43,9 54,5 45,2 51,1 44,4 42,2 0,5 - 1,1 - 5,8 2,2 Mörtelmatrix, Zuschlag mit anhaftenden Mörtelresten Zuschlag aus dem aufbereiteten Abbruchbeton ohne Mörtelreste BIM Teilprojekt G/01 Seite 6 Bei jeder Zuschlaglieferung durch die Fa. K+S Baustoffaufbereitung wird diese augenscheinliche Prüfung durchgeführt und mit den in der Zustimmung im Einzelfall zugelassenen Höchstwerten verglichen. Die Anteile an niedrigerfesten Bestandteilen sind dabei stets innerhalb der festgelegten Grenzen. Tabelle 2b: Stoffliche Zusammensetzung, Anteil niedrigerfeste Bestandteile Fraktion 2/8 [Gew.-%] Niedrigerfeste Bestandteile Bestehend aus: Putz, Mörtel Leichtbeton Asphaltgranulat Schlacke, Hochofengranulat Restliche Stoffe 3.3 Fraktion 8/16 [Gew.-%] Fraktion 16/32 [Gew.-%] 1,1 2,6 5,4 - 1,0 - 2,6 - 0,9 1,4 2,7 - - - 0,2 0,2 0,1 Trockenrohdichte Die bei der Eingangskontrolle erfaßte Trockenrohdichte des rezyklierten Zuschlags verhält sich über den gesamten Zeitraum des bisherigen Bauablaufs sehr konstant, so daß der Kernfeuchtegehalt mit maximal ca. 4,5 M.-% bezogen auf den trockenen Zuschlag betontechnologisch kein größeres Problem darstellt. Die ermittelten Kornrohdichten und deren Schwankungen sind in Tabelle 3 aufgelistet. Tabelle 3: Trockenrohdichte Kornfraktion 2/8 [Kg/m3] Kornfraktion 8/16 [Kg/m3] Streubereich 2,35-2,45 2,30-2,44 Mittelwert 2,40 2,37 BIM 3.4 Teilprojekt G/01 Seite 7 Druckfestigkeit Zum jetzigen Zeitpunkt wurden die Druckfestigkeiten von 102 der insgesamt 162 Probewürfel ermittelt und statistisch ausgewertet. Das sich ergebende Histogramm und die Verteilungsdichte (bei Annahme einer Standardnormalverteilung) sind in Bild 3 und 4 dargestellt. Dabei wird zeitlich unterschieden zwischen der Probenentnahme an der Mischanlage und an der 12 Nach dem Mischen 10 Nach Fließmittelzugabe Anzahl 8 6 4 2 0 35 37 39 41 43 45 47 49 Druckfestigkeit [N/mm2] 51 53 55 Bild 3: Histogramm der Druckfestigkeiten Baustelle (Nach dem Mischen/ Nach Fließmittelzugabe). Da die Differenz der Druckfestigkeit innerhalb einer Würfelserie (3 Würfel) mit maximal 2,1 N/mm2 relativ gering ist, wird die Streuung insgesamt in erster Linie auf die variable Kernfeuchte der Zuschlagsfraktion 2/16 zurückgeführt. Die unterschiedliche Witterung während des Bauablaufs und die damit zusammenhängende Kernfeuchtevarianz führt zu unterschiedlichen wirksamen w/z-Werten, je nach Restsaugvermögen des Zuschlags. Obwohl dieser Faktor bei der Zuschlag- und Wasserdosierung nicht berücksichtigt wurde, ist es gelungen, einen B35 mit einer Standardabweichung von 3 N/mm2 herzustellen (Tabelle 4). Die Sandfeuchte wurde hingegen mittels einer kapazitiven Meßvorrichtung erfaßt und bei der Sand- und Wasserdosierung angerechnet. BIM Teilprojekt G/01 Seite 8 Tabelle 4: Statistische Werte nach der Auswertung von 102 Probewürfeln Nach dem Mischen Nach Fließmittelzugabe Mittelwert [N/mm2] 45,5 45,8 Varianz 8,8 23,7 Standardabweichung 3,0 4,9 0,16 Nach dem Mischen, t=0min 0,14 Rel. Häufigkeit [-] Nach Fließmittelzugabe 0,12 0,10 0,08 0,06 0,04 0,02 0,00 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 Druckfestigkeit [N/mm2] Bild 4: Dichteverteilung der Druckfestigkeiten bei Annahme einer Standardnormalverteilung Die größere Streuung der Ergebnisse nach Fließmittelzugabe ist nicht geklärt. Ein direkter Zusammenhang zwischen zugegebender Fließmittelmenge und Druckfestigkeit ist nicht erkennbar. In Bild 5 ist die Abweichung der Druckfestigkeit nach Fließmittelzugabe im Vergleich zur Druckfestigkeit nach dem Mischen aufgetragen. Legt man ein Regressionspolynom durch die Ergebnisse der Abweichung, so wird eine Abnahme der Betonqualität ersichtlich. Ob diese nun ein Nachlässigkeitseffekt ist oder z.B. einen Temperatureinfluß darstellt, ist noch nicht genau nachvollziehbar. In Bild 6 sind alle Versuchsergebnisse in Abhängigkeit von der erzielten Druckfestigkeit direkt nach dem Mischen und nach Fließmittelzugabe aufgetragen. Teilprojekt G/01 Abweichung der Druckfestigkeit [N/mm2] BIM 6 Seite 9 Regressionspolynom 4 2 0 -2 -4 -6 Nach dem Mischen, t=0min -8 Nach Fließmittelzugabe -10 1 2 Polynomisch (Nach Fließmittelzugabe) 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Würfelserie Nr. Bild 5: Abweichung der Druckfestigkeit nach Fließmittelzugabe von der Druckfestigkeit nach dem Mischen Druckfestigkeit nach Fließmittelzugabe [N/mm2] 55 50 45 40 35 35 40 45 50 Druckfestigkeit nach dem Mischen [N/mm2] Bild 6: Erzielte Druckfestigkeiten vor und nach Fließmittelzugabe 55 BIM 4 Teilprojekt G/01 Seite 10 Zusammenfassung Da der Rohbau in den kommenden Wochen abgeschlossen sein wird, kann die Auswertung der Druckversuche ebenfalls beendet werden. Dabei ist die zum Teil große Qualitätsverschlechterung nach Fließmittelzugabe noch eingehender zu untersuchen, um ein sonst erforderliches „Druckfestigkeits-Vorhaltemaß“ auszuschließen. Daß trotz variabler Kernfeuchte durchweg eine gute Verarbeitbarkeit nach Fließmittelzugabe wiederhergestellt werden konnte liegt zum einen an der konstant hohen Trockenrohdichte und der damit zusammenhängenden geringen Wasseraufnahmekapazität des Rezyklats, und zum anderen an der Tatsache, daß innerhalb des bisherigen Bauablaufs zu keinem Zeitpunkt eine völlige Austrocknung des Zuschlags gegeben war, bedingt durch die eher feuchte Jahreszeit. Um witterungsunabhängig einen konstanten Stoffraum, eine konstante Verarbeitbarkeit und einen konstanten wirksamen w/z-Wert im Zusammenhang mit einer geringen Standardabweichung der Druckfestigkeit zu gewährleisten, wird es in Zukunft erforderlich sein, das Restsaugvermögen des rezyklierten Zuschlags bei der Einwaage zu berücksichtigen. Im weiteren Verlauf dieses Teilprojektes wird deshalb untersucht, in welchem Maß eine Regulierung der Zugabewassermenge erforderlich ist. Diskutiert werden in diesem Zusammenhang sowohl Feuchtemeßverfahren als auch konsistenzgesteuerte Verfahren. Darmstadt, den 10.2.1998