GROSSER RAT AARGAU 10.24 Motion der FDP-, CVP-BDP-, SVP- und GLP-Fraktionen vom 19. Januar 2010 betreffend Schaffung rechtlicher Grundlagen zu einem fairen, transparenten und wettbewerblich organisierten Verfahren für den bedarfsgerechten Leistungseinkauf des Kantons im Bereich der stationären Gesundheitsversorgung Text: Der Regierungsrat wird eingeladen, im Rahmen der neuen Spitalfinanzierung ab 2012 bzw. im Hinblick auf die Festsetzung der neuen Spitalliste ein Submissionsverfahren zu entwickeln. Dieses soll für die stationäre Gesundheitsversorgung analog der Regelung im Beschaffungswesen eine faire Ausschreibung von Spitalleistungen gewährleisten. Die Anbietenden sind – ob staatlich oder privat – in allen Phasen des Vergabeverfahrens gleich zu behandeln und wettbewerbsverzerrende Faktoren sind möglichst zu eliminieren. Die Vergabestelle vermeidet jede Diskriminierung der Anbietenden, insbesondere durch klare Definition der Spezifikationen der benötigten Leistungen: Ausgehend vom Bedarf sollen die in Strategie 10 der gesundheitspolitischen Gesamtplanung genannten Kriterien der Preisgestaltung, der Leistungsfähigkeit, der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, des Leistungs- und Qualitätsniveaus, der Versorgungssicherheit (Zuverlässigkeit) und der Zugänglichkeit definiert werden und zur Anwendung gelangen. So dient das System der Implementierung eines fairen, transparenten und wettbewerblich organisierten Verfahrens beim Leistungseinkauf sowie der Vereinheitlichung der Wettbewerbsbedingungen am besten. Aus Gründen der Demokratie ist das Verfahren sinnvollerweise durch die Volksvertretung in Form eines Dekrets zu beschliessen. Begründung: Grosse Hoffnungen – aber auch grosse Befürchtungen – ruhen auf der neuen Spitalfinanzierung, die ab 1. Januar 2012 schweizweit umgesetzt werden soll. Diese Neuregelung will Preise für Leistungen bezahlen statt einfach Kosten abgelten. Die künftige Abgeltung erfolgt zudem inklusive Verzinsung und Amortisation der Investitionen. Die Kantone werden Beiträge für die Behandlung ihrer Einwohner bezahlen, unabhängig davon, ob diese in öffentlichen oder in privaten Institutionen in der ganzen Schweiz behandelt werden, sofern der Leistungserbringer auf die entsprechende kantonale Spitalliste gesetzt wird. Damit soll es mehr Wettbewerb zwischen den Spitälern generell, speziell aber auch zwischen öffentlichen und privaten Spitälern geben. Bedingungen, dass die Spitallandschaft sich effizienter und kostengünstiger entwickelt, sind folgende, im Aargau teilweise bereits erfüllte Prinzipien: - Den staatlichen Spitälern sind mehr unternehmerische Freiheiten einzuräumen, denn nur so können sie sich klarer und konsequenter auf bestimmte Bereiche konzentrieren und damit auch bei kleiner Betriebsgrösse eine angemessene Anzahl Patienten qualitativ gut und kosteneffizient behandeln. - Es sind den öffentlichen Spitälern auch Kompetenzen und Verantwortungen zu übertragen, damit sie frei über die Investitionen verfügen können. 2 - Die kantonale Spitalplanung ist mittelfristig durch überregionale Spitalplanungen zu ersetzen. Im Rahmen der neuen Abgeltung wird es pro Spital eine minimale Anzahl Fälle brauchen, um die Investitionen rechtzeitig amortisieren zu können. Die einheitliche Tarifstruktur nach DRG ermöglicht zudem vermehrte Transparenz und damit auch Vergleiche. Generell dürfte bei allen Häusern die Schnelligkeit von besonderer Bedeutung sein, mit der Institutionen auf Innovationen beziehungsweise neue Herausforderungen reagieren und sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können. Anpassungen beim Leistungsangebot, Kooperationen, Fusionen, Umwandlungen von Häusern und Geschäftsaufgaben von Spitälern werden dann weniger politische Vorgänge, sondern betriebswirtschaftlich motivierte Entscheide der verantwortlichen Verwaltungsräte und Trägerschaften. Damit die Versorgung trotzdem gut gewährleistet bleibt, steuert der Kanton mit den nach Wettbewerbsprinzipien zu vergebenden Leistungsaufträgen. Durch klare Regeln und Transparenz bei der Leistungsvergabe soll auch bei der Leistungsvergabe in der stationären Gesundheitsversorgung ein minimaler Wettbewerb bei gleichzeitiger Beachtung der Qualitätserfordernisse gefördert werden. Gemäss dem Willen des Grossen Rats in der aktuell noch gültigen Gesundheitspolitischen Gesamtplanung soll eine nach klaren Richtlinien geführte, transparente und für jedermann nachvollziehbare Leistungsvergabe zur Entpolitisierung des Entscheidungsprozesses im Zusammenhang mit der gesetzlich vorgegebenen kantonalen Spitalplanung (Spitalkonzeption, Spitalliste, Rahmen- und Leistungsverträge) eingeführt werden. Der Grosse Rat hat in der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung die Strategie 4: "Kostendämpfung in der stationären Versorgung" wie folgt verabschiedet: "Der Kanton sorgt für eine angemessene Spitalversorgung. Der Kanton strebt bei interkantonal vergleichbarer Qualität der Versorgung eine Kostenentwicklung an, welche auf die Dauer nicht über dem Wirtschaftswachstum liegt, und setzt in der stationären Akutversorgung folgende Schwerpunkte: - Anreize, welche die verstärkte Zusammenarbeit und die Konzentration der Angebote fördern; - höhere Verantwortung in den Spitälern durch Verselbständigung; - Leistungseinkauf auf der Basis eines transparenten Vergleichs von Qualität und Preis; - weitgehende Trennung von Leistungsbestellern und Leistungserbringern." Die Strategie 6 lautete folgendermassen: "Zur Sicherstellung einer angemessenen Spitalversorgung bei tragbaren Kosten finanziert der Kanton Leistungen und nicht mehr Institutionen. Der Leistungseinkauf und seine Finanzierung werden unter den Aspekten Qualität und Wirtschaftlichkeit, Wettbewerb und Zusammenarbeit weiter entwickelt und verfeinert. Der Kanton setzt sich für die Integration der Investitionskosten in die Betriebsrechnung ein." Strategie 10 schliesslich räumt allen Leistungserbringern das Recht zur Offertstellung ein. Sie ist vor weiteren strukturellen Veränderungen in der Spitallandschaft umzusetzen: "Die privaten Leistungserbringer sind berechtigt, dem Kanton ihre Leistungen zu offerieren. Der Kanton berücksichtigt sie nach Massgabe des Wettbewerbs und im Rahmen der von ihm definierten Kriterien (insbesondere Qualität, gemeinwirtschaftliche Leistungen, Zuverlässigkeit, Zugänglichkeit, Leistungsfähigkeit, Angemessenheit, Preis)." 3 Mittels eines Submissionssystems, das demokratiepolitisch sinnvollerweise durch die Volksvertretung in Form eines Dekrets sanktioniert ist, kann und soll für die stationäre Gesundheitsversorgung eine derartige faire Ausschreibung von Spitalleistungen gewährleistet werden. Die Anbietenden sind in allen Phasen des Vergabeverfahrens gleich zu behandeln. Die Vergabestelle vermeidet jede Diskriminierung der Anbietenden, wettbewerbsverzerrende Faktoren sind gezielt zu eliminieren und die Spezifikationen der benötigten Leistungen sind zu diesem Zweck umfassend und klar zu definieren. _______________