Bessere Arzneimitteltherapie durch Reform?

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PHARMABRIEF
Rundbrief der BUKO Pharma-Kampagne
Nr. 7, Oktober 1999
Health Action International (D)
Bessere Arzneimitteltherapie durch Reform?
Gesundheitsreform 2000 in Deutschland
Um die Arzneimitteltherapie in Deutschland ist es nicht gut bestellt. Verschiedene Untersuchungen belegen eine häufig irrationale Arzneimittelauswahl, Über- aber auch Untertherapie. Die „Gesundheitsreform 2000“ der
Bundesregierung bringt einige Qualitätsverbesserungen und mehr Transparenz. Im Gegensatz zu anderen Interessengruppen bringen die BürgerInnen
ihre Vorstellungen und Wünsche an die Reform jedoch wenig ein.
Meistens wird bei den anstehenden
Veränderungen im gesetzlichen Krankenversicherungssystem nur übers
Geld geredet. Natürlich kann sparen
sinnvoll sein, vor allem wenn man davon ausgeht, dass es in Teilbereichen
Überkapazitäten und Verschwendung
gibt. Aber leider bleibt dabei ein viel
wichtigerer Aspekt oft auf der Strecke:
Die Qualität der Gesundheitsversorgung.
Die Qualität sollte aber die in
Deutschland lebenden Menschen interessieren, denn 90% sind gesetzlich
krankenversichert, und schließlich geht
es um ihre Gesundheit. Ein Grund für
das mangelnde öffentliche Interesse an
den Versicherten und PatientInnen ist
ihre weitgehende Unorganisiertheit.
Deshalb wird ihre Stimme in der öffentlichen Auseinandersetzung um die
Reform kaum gehört. Dagegen haben
die ÄrztInnen als Anbieter und die
Pharmaindustrie als Zulieferer im Gesundheitssystem eine mächtige Lobby
und beherrschen die Auseinandersetzung in den Medien weitgehend.
Pharma-Brief 7/1999
In diesem Medien-Kampfgetümmel
geht unter, dass die gesetzliche Krankenversicherung für die BürgerInnen
da ist, dass sie das System durch ihre
Beiträge finanzieren und ihre Interessen im Vordergrund stehen sollten. Im
Gegensatz zu anderen Dienstleistungen, wo die KonsumentInnen selbst
auswählen und so das Angebot gestalten, haben sie bei Reformen im Gesundheitswesen nichts zu sagen. Sie
verfügen über zu wenig Wissen, um
begründet zwischen verschiedenen
Therapiemöglichkeiten und ÄrztInnen
zu wählen.
K 11838
Editorial
Liebe LeserInnen,
die Gesundheitsreform 2000 füllt
die Schlagzeilen. Meist kommt nur
negative Kritik. Eigentlich ist das
schade, denn bislang sind im Entwurf noch einige wichtige Elemente
für eine sinnvollere Behandlung mit
Arzneimitteln enthalten. Wir würden uns wünschen, dass die BürgerInnen hierzulande sich in die Diskussion einmischen, denn um ihre
Gesundheit geht es schließlich.
Ein Schlüsselwort für rationale
Arzneimitteltherapie heißt „Transparenz“. Ohne freien Zugang zu allem vorhandenen Wissen zu Chancen und Risiken von Medikamenten
sind gute und abgesicherte Therapieentscheidungen nicht möglich.
Das fängt bei der Zulassung an:
Wenn nicht einmal bekannt ist, welche alten Mittel noch nicht auf
Wirksamkeit und Sicherheit geprüft
wurden, wie soll da jemand vernünftige Entscheidungen treffen?
(Fortsetzung auf Seite 2)
Schritte zu mehr Qualität
Wenn BürgerInnen mehr zu sagen
hätten, gäbe es durchaus einige Gründe, sich für die Gesundheitsreform
2000 stark zu machen (und nebenbei
noch einige konstruktive Kritik zu äußern). Viele Faktoren sind für einen rationalen Einsatz von Arzneimitteln
wichtig. Der Gesetzentwurf für die Reform bietet mehrere Ansatzpunkte für
Verbesserungen.
 Armut macht krank:
Z.B. Marokko ................................... 4
 Chancen und Risiken:
Dialoge mit der Industrie
 Nachlese:
Straßentheater
.......
5
...............................
6
 Altarzneimittel:
Neuer Anlauf .................................. 7
1
Editorial
(Fortsetzung von Seite 1)
Mangelnde Transparenz setzt
sich fort mit zu wenig veröffentlichten Studien zu neuen Arzneimitteln.
Vergleichende Untersuchungen sind
erst recht Mangelware. Und gute
Informationen für PatientInnen
muss man hierzulande mit der Lupe
suchen.
Geheimhaltung von Informationen über Arzneimittel dient kommerziellen Interessen, in vielen Fällen hat sie nicht einmal eine gute
juristische Basis. Zu leicht gerät in
Vergessenheit, dass Gesundheit zu
den grundlegenden Menschenrechten gehört und gesundheitlicher
Verbraucherschutz Vorrang vor
wirtschaftlichen Erwägungen haben muss.
Auch die Pharma-Kampagne
leistet einen kleinen Beitrag zu unabhängiger Information. Sie können uns dabei unterstützen, indem
Sie Fördermitglied werden. Vielleicht verlockt Sie ja unsere Prämie, selbst Mitglied zu werden oder
jemanden für uns zu werben (S. 5).
Eine informative Lektüre
wünscht Ihnen
Ihr
Jörg Schaaber
Bessere Arzneimitteltherapie ... (Fortsetzung
von S. 1)
Als erstes ist die Positivliste für Arzneimittel zu nennen, die einen Ausschluss von fragwürdigen Mitteln ermöglicht. Davon haben wir ja in
Deutschland leider noch reichlich –
fast die Hälfte der hierzulande verkehrsfähigen Arzneimittel wurde von
der zuständigen Behörde noch nicht
auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft, sie sind sogenannte Altarzneimittel.1
Ergänzend wird gerade eine Änderung des Arzneimittelgesetzes2 diskutiert, die mehr Transparenz verspricht.
Pharma-Brief 7/1999
So soll zukünftig im Beipackzettel darauf hingewiesen werden, dass es sich
um ein noch nicht überprüftes Altarzneimittel handelt (Einzelheiten siehe
Seite 7).
Ob es eine Liste aller Altarzneimittel
geben wird, ist noch nicht völlig klar –
Seehofer hatte ihre Veröffentlichung
auf Wunsch der Industrie untersagt. Im
Sinne eines aktiven Gesundheitsschutzes ist aber eine solche einfach zugängliche Liste unbedingt notwendig, damit
VerschreiberInnen und PatientInnen
wissen, bei welchen Präparaten es
sinnvoll sein kann, sich zusätzliche Informationen zu beschaffen, weil sie
noch nicht geprüft sind.
100 Frauen gemäss den Richtlinien der
Hochdruckliga behandelt werden.3 Dahinter verbirgt sich folgendes Problem:
Das KHK-Risiko wird durch eine
Kombination mehrerer Risikofaktoren
(Blutdruck, Rauchen, Zuckerkrankheit,
Ernährung, Blutfettwerte u.a.) bestimmt. Es gibt aber in Deutschland
keine einheitlichen Vorschläge für die
Verhinderung der KHK, obwohl es international mehrere Modelle gibt, die
eine kombinierte Risikoabschätzung
und damit gezieltere Vorbeugung möglich machen.
Bessere Beratung
Das Gesetz soll unabhängige Beratung für PatientInnen ermöglichen. Das
ist ein echter Schritt vorwärts. Offen
ist, wer diese Einrichtungen betreiben
wird und ob sie die Masse der BürgerInnen erreichen. Es sind Zweifel angebracht, ob Beratungsstellen, die Krankenkassen oder kassenärztliche Vereinigungen betreiben wollen, von PatientInnen wirklich als unabhängig und
neutral angesehen werden. PatientInnenstellen und Gesundheitsläden, denen viel Vertrauen entgegengebracht
wird, existieren leider nur an wenigen
Orten.
Bedauerlicherweise beschränkt sich
der Gesetzentwurf auf individuelle Beratung. So notwendig diese ist, fehlen
doch ebenso gute für Laien verständliche Materialien zum rationalen Arzneimittelgebrauch. Auch wären unbedingt größere unabhängige Informationszentren notwendig, die auf fortlaufender Basis vorhandenes Wissen zur
rationalen Arzneimitteltherapie bündeln, bewerten und systematisch zugänglich machen. Dieser Bedarf existiert nicht nur für PatientInnen, sondern auch für die „Profis“ im Gesundheitswesen. ÄrztInnen haben meist
auch keinen Zugriff auf solch umfassendes unabhängiges Wissen.
Ein Beispiel dafür liefert die Behandlung der koronaren Herzkrankheit
(KHK). Eine Untersuchung in Augsburg hat gezeigt, dass bei der Behandlung des hohen Blutdrucks (ein Risikofaktor für Herzerkrankungen) nur 6
von 100 Männern und 11 von
Hat das Lachen noch nicht verlernt.
Hermann Schulte-Sasse vom Bundesgesundheitsministerium auf einer
Veranstaltung der BUKO PharmaKampagne (siehe Kasten auf Seite 3).
Foto Jörg Schaaber
Leitlinien als Weg
Ein wichtiges Instrument zur Qualitätsverbesserung sind die verpflichtende Einführung von Leitlinien, die für
wichtige Krankheitsbilder die Therapiestandards beschreiben. Dabei werden die jeweiligen ärztlichen Fachverbände mit ins Boot geholt, denn sie
werden verpflichtet, die Leitlinien gemeinsam mit Sachverständigen und
den Kassen zu entwickeln. Der Sinn
von Leitlinien ist, die Umsetzung des
aktuellen Wissensstandes in die ärztliche Praxis zu gewährleisten – was gegenwärtig keineswegs immer der Fall
ist (siehe oben). Dabei sind Leitlinien
nicht als starre Vorschriften zu verste2
hen, sondern als Standards, die den
Rahmen für die Therapieentscheidung
darstellen. Abweichungen sind möglich, müssen aber begründet werden.
Ein ganz entscheidender Baustein
zum Erfolg könnte sein, dass eine inhaltsgleiche, aber für Laien verständliche Fassung der Leitlinien erstellt werden muss. (Zur Rolle der BürgerInnen
siehe auch Kasten.)
Weniger Unverträglichkeiten
Die Informationen über PatientInnen
sollen zukünftig bei der HausärztIn zusammenlaufen. Wenn einE PatientIn
direkt zu einem/r FachärztIn geht, wird
diese/r verpflichtet, die Informationen
über die Behandlung an die HausärztIn
zu übermitteln.4 Damit soll unverträgliche oder unsinnige Mehrfachmedikation vermieden werden.
Schade ist, dass der bessere Informationsaustausch zwischen ÄrztIn und
ApothekerIn nicht festgeschrieben
wird. Das könnte einen guten Rückkopplungsmechanismus für die Quali-
tät der Arzneimittelverordnung darstellen. Ein Blick in die benachbarten Niederlande zeigt, dass da einiges möglich
ist. Eine Gruppe von niedergelassenen
ÄrztInnen trifft sich regelmäßig mit einem oder mehreren ortsansässigen
ApothekerInnen und bespricht geeignete Therapien für wichtige in der Praxis
vorkommende Krankheiten, den Wert
von neu auf den Markt gekommenen
Arzneimitteln oder Problemfälle. 1995
nahmen 90% aller ÄrztInnen in den
Niederlanden regelmäßig an solchen
Gruppen teil. 5
Wer bestimmt die Regeln?
Das Schwarze Peter-Spiel
Zur Rolle der BürgerInnen im Gesundheitswesen
Spielen die BürgerInnen überhaupt eine Rolle im Gesundheitswesen,
außer dass sie zahlen und schlucken? Die BUKO Pharma-Kampagne hatte
am 13. Oktober in Bielefeld unter dem Titel „Gesundheit für Alle – oder nur
für die Reichen?“ zu einer Veranstaltung zur Gesundheitsreform 2000 eingeladen. Dort bestand reichlich Gelegenheit zur Diskussion mit Hermann
Schulte-Sasse vom Bundesgesundheitsministerium. Er warnte vor dem beliebten „Schwarze Peter-Spiel“, in dem jeder dem anderen die Schuld an
der gegenwärtigen Misere zuschiebt. Die Diskussion auf unserer Veranstaltung vergegenwärtigte die Probleme deutlich, aber zeigte auch mögliche
Auswege.
Die meisten Diskussionsbeiträge kamen von ÄrztInnen. Sie beklagten sich über mangelnde Informationen und damit fehlende Sicherheit bei der Arzneimittelauswahl. Als zusätzliche Schwierigkeit wurde der Erwartungsdruck durch PatientInnen genannt, die die
Verschreibung neuer, teurer (und nicht immer rationaler) Mittel einforderten. Schließlich sei
da noch die Drohung, bei zu hohen Arzneimittelausgaben der Praxis Regressforderungen
zu bekommen.
Es herrschte zunächst eine gewisse Sprachlosigkeit zwischen den Fachleuten und den
nicht sehr zahlreich erschienenen BürgerInnen. Schließlich kristallisierte sich aber doch
heraus, dass mangelnde Information das eigentliche Schlüsselproblem darstellt.
Ein deutliches Beispiel dafür war die Behandlung nach einem Schlaganfall. Ein Hausarzt
fragte, was er denn machen sollte, wenn der Professor in der Klinik statt der billigen Azetylsalizylsäure (ASS) dem Patienten ein neues teures Medikament verordnet habe?
Schließlich müsse es der Fachmann doch eigentlich besser wissen, auch wenn er als
Hausarzt von der Richtigkeit der Verordnung nicht überzeugt sei. Außerdem vertraue sicher auch der Patient mehr auf den Chefarzt mit Professorentitel als auf ihn; und überhaupt, die juristischen Folgen, wenn der Patient einen zweiten Schlaganfall bekäme. Während zwischen den Ärztinnen und dem Vertreter des BMG schnell Einigkeit bestand, dass
die Überlegenheit des neuen Medikaments gegenüber ASS nicht belegt sei, gab es Ratlosigkeit, wie mit einer solchen Situation umzugehen sei. Verweigere ich das neue Mittel,
wechselt der Patient vielleicht den Arzt, verschreibe ich es, bekomme ich Schwierigkeiten
mit meinem Arzneimittelbudget. Leitlinien würden hier Sicherheit schaffen, und unabhängige Information würde dem Patienten die Sicherheit geben, dass er zwar billiger, aber auch
besser behandelt wird.
Solange ÄrztInnen zu wenig Sicherheit über die wirklich angezeigte Therapie haben und
PatientInnen über fast gar keine unabhängige und neutrale Informationsquellen verfügen,
sind Irrationalitäten vorprogrammiert. Allerdings sind auch Einstellungsänderungen zwischen ÄrztInnen und PatientInnen nötig. Denn es ist ein weiter Weg vom informierten Einverständnis (das formalrechtlich existiert, aber häufig praktisch nicht abgefragt wird) zur informierten (Mit-)Entscheidung durch PatientInnen. ÄrztInnen müssen lernen, dass PatientInnen durchaus in der Lage sind, vernünftige Entscheidungen zu treffen (die sie dann
auch viel wahrscheinlicher umsetzen). Gleichzeitig bedeutet das aber auch, seine eigenen
Entscheidungen besser begründen zu können und müssen. PatientInnen wiederum müssen lernen, sich aus der fürsorglichen Bevormundung durch ÄrztInnen zu lösen und eine
aktivere Rolle für die eigene Gesundheit zu übernehmen. (JS)
Pharma-Brief 7/1999
Auch mit dem neuen Gesetz bleiben
die Entscheidungen über Arzneimittelgebrauch im wesentlichen in der Hand
der Industrie (Verbrauchssteuerung
durch Angebot und Werbung) und der
ÄrztInnen (durch den Rezeptblock).
Leistungsausschlüsse werden vom
Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen beschlossen, unter Ausschluss
der Öffentlichkeit und ohne VerbraucherInnenvertretung.
Mehr Transparenz würde sowohl PatientInnen als auch ÄrztInnen dienen.
Trotz aller Einschränkungen bietet der
Gesetzentwurf die Rahmenbedingungen für wesentliche Verbesserungen.
Es wäre schade, wenn er im publizistischen Sperrfeuer derjenigen unterginge, die an der Gesundheit meist noch
immer ziemlich gut verdienen. (JS)
Internet-Hinweis
zum Artikel
Weitere Informationen sind auf folgender Website des
Ministeriums abrufbar (u.a. der Gesetzentwurf):
www.dialog-gesundheit.de/Start2.htm
1
2
3
4
5
Ausführlich
zur
Altarzneimittel-Problematik:
Pharma-Brief Spezial 2/1996 und Pharma-Brief
10/1999, S 1-2
10. AMG-Novelle
Klaus Koch, Annäherung an die Wirklichkeit, Deutsches Ärzteblatt 40, 8.10.1999, S. C-1949
Die PatientIn muss der Weitergabe der Daten zustimmen.
Ausführlichere Informationen zu Qualitätszirkeln:
Ingrid Schubert /Dörte Meyer, Qualitätssicherung in
der Arzneimittelverordnung, Pharma-Brief 1/1998,
S. 5-7
3
Gesundheit international
Armut macht krank:
Ein Beispiel aus Marokko
Menschen werden krank durch ungenügenden Zugang zu Bildung,
schlechte Wohnbedingungen, ungleiche Verteilung der Ressourcen. Zu der
Forderung, Gesundheit für Alle zu verwirklichen, gehört daher als grundlegende Voraussetzung Gleichheit und soziale Gerechtigkeit. Wie Entwicklung
Menschen gesund machen kann, zeigt ein kleines Beispiel aus Marokko:6
Ein Krankenpfleger im Süden Marokkos operiert Tag für Tag PatientInnen mit einer häufigen
Augenerkrankung – dem
Trachom: die Bindehäute
sind stark gerötet, die
Hornhaut ist getrübt und
das obere Augenlid ist
verformt. Ohne Operation erblinden diese Menschen. Da es nicht genügend ÄrztInnen gibt,
wurde der Pfleger dafür
ausgebildet.
Das
Trachom ist besonders in
vielen afrikanischen Ländern eine verbreitete
Volksseuche, durch die
viele Arme erblinden. Sie
werden zu BettlerInnen
und fristen ihr Dasein vor
Moscheen.
Zwar kann eine antibiotische Salbe die
Bakterien für kurze Zeit abtöten, doch
 GesundheitsarbeiterInnen gehen zu
den Müttern, um sie über die Ursachen des Trachoms aufzuklären und
ihnen einfache Hygienemaßnahmen
aufzuzeigen.
 In Dörfer, in denen das Trachom
sehr verbreitet ist, kommt ein mobiles Kino und zeigt einen Film über
die Bekämpfung der Erkrankung.
 BürgerInnengruppen werden angeregt, selbst Lösungen zu erarbeiten,
um die Krankheit zu bekämpfen. So
haben die Frauen in einem Dorf beschlossen, das gebrauchte Wasser
nicht mehr auf die
Straße zu kippen, sondern damit die Toiletten zu reinigen.
 Die staatlichen Behörden haben zugesagt, Wasserleitungen
bis in die Mitte der
Dörfer zu legen und
öffentliche Waschplätze einzurichten.
Bei einer Stichprobenuntersuchung konnte die
WHO kaum noch neue
Erkrankungen finden. Ob
die Marokkanische Regierung ihr Ziel erreicht,
das Trachom bis zum
Jahr 2000 auszumerzen,
bleibt abzuwarten.
Im
industrialisierten
Wichtige Aspekte fehNorden Marokkos ist die
len
dennoch: Um SeuErkrankung so gut wie
chen
wie das Trachom
verschwunden, doch im
endgültig
auszumerzen,
armen Süden des Landes
muss
die
Armut
der Mensind 40-96% (je nach Reschen
bekämpft
werden.
gion) der Bevölkerung
Nur
menschenwürdige
daran erkrankt. Dort leben die Menschen auf Unhygienische Verhältnisse begünstigen die Übertragung von Wohnbedingungen,
Schulbildung,
ausreiengem Raum, es ist heiß, Krankheiten
Foto WHO/ P.Ranque chende Ernährung und
und Wasser ist kostbar.
ausreichendes EinkomEs muss vom weit entWasserknappheit und Fliegen, enge
men
werden
solche Krankheiten daufernten Brunnen herangetragen werden
Wohnverhältnisse und mangelnde Bilerhaft
verschwinden
lassen. Dennoch
und wird praktisch nur zum Kochen
dung sorgen dafür, dass die Infektion
ist
dieses
Programm
ein
Schritt in die
und Trinken verwendet, für die Körschon bald zurückkehrt.
richtige
Richtung!
(CF)
perhygiene bleibt fast nichts übrig. Eine Umgebung, in der sich die bakterielNeben den Operationen, die eine Er6 Hermann Feldmeier, Entwicklung statt Behandlung,
len Trachom-Erreger fast ungehindert
blindung verhindern, hat das GesundFrankfurter Rundschau vom 1.3.1999
ausbreiten können. Fliegen, unsaubere
heitsministerium nun ein umfassendes
Handtücher und Schmierinfektionen
Programm initiiert, um das Trachom zu
von einem Kind zum anderen tun ihr
bekämpfen:
übriges.
 Alle Schulkinder werden regelmäßig untersucht, um die Krankheit beOhne eine Änderung der Lebensverreits in der Frühphase zu erkennen.
hältnisse ist die Medizin hier machtlos.
Pharma-Brief 7/1999
4
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Die BUKO Pharma-Kampagne ist eine der wenigen unabhängigen Organisationen in Deutschland, die sich für rationalen Arzneimittelgebrauch einsetzen.
Ohne Ihre Hilfe läuft gar nichts
Unabhängigkeit hat ihren Preis. Wir lassen uns nicht von der Industrie sponsern.
Deshalb ist Ihre kontinuierliche Unterstützung für uns überlebenswichtig. Werden
Sie Fördermitglied, sie erhalten dann regelmäßig Informationen.
Sie sollen auch etwas davon haben
In eigener Sache
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Dialog oder
Konsensfabrikation?
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sich mit Fragen der Arzneimittelpolitik, sicherheit, -information, -versorgung und
Standespolitik. Dabei kommen bekannte
Leute wie Rolf Rosenbrock (Wissenschaftszentrum Berlin und neuerdings im Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen)
oder Ellis Huber (Ex-Präsident der Berliner
Ärztekammer) zu Wort, aber auch viele gute
kritische Fachleute, die weniger bekannt
sind, deren Beiträge aber mindestens ebenso lesenswert sind.
Immer häufiger laden große Konzerne kleine Gruppen an ihren
Tisch, um deren Kritik anzuhören.
Ist das wirklich ein Fortschritt, oder
verbirgt sich hinter solchen „Dialogen“ nicht oft eine neue Strategie der
Schadensbegrenzung?
Im September veranstaltete die
BUKO
Pharma-Kampagne
einen
Workshop mit anderen kritischen
Gruppen, um sich über neue Entwicklungen bei Industriedialogen auszutauschen. Chancen und Risiken wurden
diskutiert und Gegenstrategien angedacht. Im nächsten Jahr wird es eine
größere Tagung zum Thema geben, zu
der möglichst viele Gruppen eingeladen werden sollen.
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zusammengefasst. Dabei wird sowohl
ein geschichtlicher Rückblick als auch
ein Einblick in die internen Strategien
der Firmen geboten.
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sich lohnen kann, sich im konkreten
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 Judith Richter, Dialog oder Konsensfabrikation? Chancen und Risiken von
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Name: ....................................................... Gruppe: ................................................
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Ich zahle ab Monat ___ 19 ___ einen Mitgliedsbeitrag in Höhe von _______ DM
im  Monat
 Vierteljahr
 halben Jahr
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Datum
______________
Unterschrift
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Meine Angaben werden ausschließlich für interne Zwecke gespeichert und keinem Dritten zugänglich
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 Die Prämie soll meinE WerberIn erhalten (sonst geht das Buch an obige Anschrift):
Name: ....................................................... Gruppe: ................................................
PLZ: .............. Ort: .................................... Straße: .................................................
Pharma-Brief 7/1999
5
Schluck & weg unterwegs
Erfolgreiche Straßentheatertour
Nachlese
Aktionen gegen
Arzneimittelspenden
Dieses Jahr war wieder unsere ehrenamtliche Straßentheatergruppe
Schluck & weg unterwegs. In 12 Städten von Lübeck bis Konstanz trat die
Gruppe mit ihrem Stück „Lieber gesund als globalisiert“ auf. Dabei kam sie
auf gut 40 Auftritte, unter anderem auch auf dem Evangelischen Kirchentag.
Wir möchten Ihnen einige Impressionen von dem Stück geben.
Die BUKO Pharma-Kampagne
hatte im April dieses Jahres gemeinsam mit mehreren Organisationen7
einen Aufruf gegen unsinnige Medikamentenspenden veröffentlicht. Die
Presse griff das Thema auf.
Konkreter Anlass, nochmals an die
Unsinnigkeit von Arzneimittelspenden
zu erinnern war der Kosov@krieg. Wir
erfuhren u.a. frühzeitig von einer
Sammlung durch hessische Apotheken.
Positiv war vor allem das Echo in
der Fachpresse, so berichteten z.B. das
Deutsche Ärzteblatt und die Pharmazeutische Zeitung. Aber auch der evangelische Pressedienst griff die Meldung
auf. Die Hessische Ärztekammer griff
die Warnung in einem Rundschreiben
an alle Mitglieder auf.
Trotz Regen
fanden sich etliche Zuschauer auf dem
Münchner Marienplatz ein.
7
Die Erklärung wurde getragen von Deutsches InstiEin Dritte Welt
tut für ärztliche Mission, Diakonisches Werk, DeutTourist
WirdÄrzte
mitohne Grenzen, medico insches
Rotes Kreuz,
ternational
den Folgen der
Globalisierung
konfrontiert.
Das Taxi ist übrigens eine Eigenkonstruktion der
Gruppe.
Weitere Infos
Der Pharma-Brief Spezial 1/1998
beschäftigt sich unter dem Titel „Hilfe,
die keine ist“ mit Arzneimittelspenden.
Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeinsam mit internationalen humanitären Organisationen
herausgegeben Leitlinien für Arzneimittelspenden sind im Internet erhältlich: www.who.ch Eine kommentierte
Kurzfassung kann über die PharmaKampagne bezogen werden.
Es gibt eine europäische Aktion gegen Arzneimittelspenden, die im Juni
1999 eine Konferenz zum Thema veranstaltet hat. Die Aktion unterhält umfangreiche Webseiten unter:
www.drugdonations.org
Pharma-Brief 7/1999
Wir danken dem Gesundheitsladen München für die Fotos.
Impressum
Herausgeberin:
BUKO Pharma-Kampagne, August-Bebel-Str. 62,
D-33602 Bielefeld, Telefon 0521-60550, Telefax 052163789, e-mail [email protected]
homepage: www.epo.de/bukopharma/
Verleger: Gesundheit und Dritte Welt e.V.,
August-Bebel-Str. 62, D-33602 Bielefeld
Redaktion: Jörg Schaaber (verantwortlich),
Christiane Fischer, Zohreh Rasti
Namentlich gekennzeichnete Beiträge und LeserInnenbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der
Redaktion wieder.
Druck: Off-Set, Bielefeld
Bezugsbedingungen:
Erscheinungsweise 10 Ausgaben jährlich.
Einzelabo 25 DM,
Institutionen- oder Auslandsabo 45 DM.
Für Mitgliedsgruppen des BUKO ist der Bezugspreis
im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Daten der regelmäßigen Pharma-Brief-BezieherInnen
werden mit EDV verarbeitet. An Dritte werden die Daten
nicht weitergegeben.
© copyright BUKO Pharma-Kampagne
Konto für Abos:
105 601
Konto für Spenden: 105 627
Sparkasse Bielefeld (BLZ 480 501 61),
Gesundheit & Dritte Welt e.V.
Spenden sind erwünscht und steuerabzugsfähig.
6
macht. Dies würde allen Beteiligten eine stets aktuelle Information über Zulassungsstand und –bedingungen von
allen Arzneimitteln bieten.
Inland
Neuer Anlauf zur Beseitigung der Altarzneimittel
Seit Jahren kritisiert die Pharma-Kampagne die schleppende Prüfung von
Altarzneimitteln. Jetzt macht die Bundesregierung einen neuen Anlauf, diese
Glaubwürdigkeitslücke zu schließen. Verbesserungen sind allerdings noch
möglich.
Als letztes EU-Land kann Deutschland für große Teile des Medikamentenangebots Sicherheit und Wirksamkeit nicht garantieren. Fast die Hälfte
der auf dem Markt befindlichen Mittel
besitzt nur eine fiktive Zulassung.8
Diese Arzneimittel befanden sich
schon vor 1978 im Verkehr und wurden
bislang nicht überprüft.
Ende letzten Jahres hatte auch die
EU-Kommission genug, sie forderte
die Bundesregierung auf, endlich das
Kapitel Altarzneimittel abzuschließen.9
Eine Änderung des Arzneimittelgesetzes10 soll den Prozess der Nachzulassung nun beschleunigen und zweifelhafte Regelungen beseitigen.
Die Ausverkaufsregelung bis Ende
200411 wird gestrichen, damit müssen
sich nun doch alle Mittel einer Überprüfung unterziehen und dürfen nicht
einfach jahrelang unkontrolliert weiter
verkauft werden.
Die Fristen für die Mängelbeseitigung in Nachzulassungsanträgen werden auf einmalig 6 Monate verkürzt.
Damit soll einer Verschleppungstaktik
mancher Hersteller entgegengewirkt
werden, die mit der Abgabe von unzureichenden Unterlagen eine längere
unkontrollierte Vermarktungszeit erzielten.
Mehr Transparenz verspricht das Gesetz auch: So soll zukünftig im Beipackzettel darauf hingewiesen werden,
dass es sich um ein noch nicht überprüftes Altarzneimittel handelt. Allerdings ist noch unklar, ob es auch eine
öffentlich zugängliche Liste der Altarzneimittel geben wird. Horst Seehofer, der Amtsvorgänger von Gesundheitsministerin Andrea Fischer, hatte
auf Wunsch der Industrie eine solche
Liste kassiert.
Damit sich sowohl VerschreiberInnen als auch BürgerInnen informieren
können, ist eine einfach zugängliche
Pharma-Brief 7/1999
Liste unabdingbar. Ebenso sollte an einen Hinweis auf der Verpackung gedacht werden (wichtig für freiverkäufliche Arzneimittel) sowie eine eindeutige Kennzeichnung in Nachschlagewerken, wie der bei vielen ÄrztInnen
beliebten Roten Liste, vorgeschrieben
werden. Auch wenn nicht alle Altarzneimittel unwirksam oder zu risikoreich sind, haben doch ÄrztInnen wie
PatientInnen ein Recht darauf, zu wissen, bei welchen Mitteln sie sich ausführlicher über Nutzen und Risiken informieren sollten.
Die Information über Altarzneimittel
ist auch für Länder der Dritten Welt
von zentraler Bedeutung. Bislang erhalten sie von den deutschen Behörden
nur WHO-Zertifikate mit der Bemerkung, ob das Mittel zugelassen ist oder
nicht. Ob es wirklich überprüft oder
nur fiktiv zugelassen ist, ist nicht erkennbar. Wird für Deutschland die
Kennzeichnung der Altarzneimittel
vorgeschrieben, können die Behörden
auch in Exportzertifikaten Klartext
schreiben.
Die Firmen haben natürlich ein Interesse daran, zu verschleiern, dass viele
ihrer Mittel noch nicht ordentlich überprüft sind, aber wirklich geheim sind
diese Informationen auch jetzt schon
nicht. Eine unauffällige Nummer auf
der Packung zeigt, ob Mittel nach den
Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes überprüft sind: Sie ist achtstellig
mit Punkten getrennt nach folgendem
System aufgebaut: Zul.-Nr. 0000.00.00
Altarzneimittel tragen dagegen in der
Regel eine „Reg.-Nr.“.12
Mehr Transparenz nötig
Neben einer Liste aller Altarzneimittel sollte das Ministerium darüber
nachdenken, ob es nicht die ohnehin
bestehende Datenbank über alle in
Deutschland zugelassenen Arzneimittel
in weiten Teilen öffentlich zugänglich
Schließlich bleibt abzuwarten, wie
lange die zuständige Behörde nach der
Verabschiedung des Gesetzes braucht,
um diese Altlasten zu beseitigen. (JS)
Veranstaltung
Kongress
Armut und Gesundheit
Vom 3.-4. Dezember 1999 wird in
Berlin der 5. bundesweite Kongress
„Armut und Gesundheit“ stattfinden.
Auf dem Treffen sollen „fach- und
ressortübergreifende Lösungsansätze
zur gesundheitlichen Versorgung armer
und ausgegrenzter Menschen in
Deutschland formuliert werden“, so die
VeranstalterInnen
Gesundheitsbüro
Berlin, Ärztekammer Berlin und das
Institut für Gesundheitswissenschaften
an der TU Berlin. Es soll um die Versorgungssituation von verschiedenen
Bevölkerungsgruppen gehen:
 Obdachlose;
 Frauen in Armut;
 marginalisierte Kinder und Jugendliche,
 MigrantInnen und sogenannte „Illgale“;
 vereinsamte alte Menschen
Außerdem sollen Vorschläge für eine
Armutsberichterstattung (Gesundheitsbericht) diskutiert werden.
Infos: Organisationsbüro Gesundheit Berlin,
5. Kongress Armut und Gesundheit,
Wiesenerstr. 17, 12101 Berlin, Tel. 0304865215, mail: [email protected]
Internet: www.gesundheitberlin.de
8
Ausführlich zur Altarzneimittel-Problematik: Arzneimittel sind kein Käse, Pharma-Brief Spezial
2/1996
9 Pharma-Brief 10/1999, S 1-2
10 10. AMG-Novelle
11 Die Regelung besagte, dass Hersteller ihre Altarzneimittel ohne jede Prüfung bis zum 1.1.2005 verkaufen durften, wenn sie danach auf den Weiterverkauf verzichteten.
12 Eine weitere siebenstellige Nummer mit Strichcode
befindet sich praktisch auf allen Packungen, sie beginnt mit „PZN-“ und dient dem Großhandel.
7
Aus aller Welt
Schlechte Luft –
schlechtes Einkommen
Armut bringt zusätzliche Gesundheitsrisiken oder verstärkt sie. Das
zeigt eine Untersuchung aus Großbritannien.
Eine Studie von Catalyst und
Friends of the Earth hat nachgewiesen,
dass die Kinder armer Menschen fünf
Mal so häufig von Autos überfahren
werden wie die der Reichen.13 Auch
sind die Armen von den Umweltschäden im Königreich weit mehr betroffen
als ihre reichen Landsleute. 662 umweltverschmutzende Fabriken stehen in
Wohngegenden, in denen das durchschnittliche Haushaltseinkommen im
Jahr unter 15.000 Pfund liegt; nur
sechs solcher Fabriken stehen in Gegenden, in denen das durchschnittliche
Einkommen über 30.000 Pfund liegt.
Jede dieser Fabriken bläst im Schnitt
Jahr für Jahr 10.000 Tonnen krebserregender Substanzen in die Luft der
Wohngegenden der Armen. Dort ist der
Widerstand gegen solche Anlagen am
geringsten. Wie ein Vergleich mit den
USA zeigte, finden sich auch dort die
meisten der gesundheitlich bedenklichen Fabriken in der Nähe von armen,
schwarzen Wohngebieten. (CF)
Terminator terminiert
Der Monsanto-Konzern stoppt die
Entwicklung seines unfruchtbaren
Terminator-Saatguts. Eine für die
Ernährung der Menschen in der
Dritten Welt wichtige Entscheidung.
Schon seit längerem verkaufen große
Agrarkonzerne patentgeschütztes Saatgut. BäuerInnen dürfen dann aus der
Ernte keine neue Saat gewinnen und
müssen jedes Jahr neues teures Saatgut
kaufen. Weil aber die Kontrolle vor allem in Ländern der Dritten Welt
Pharma-Brief 7/1999
schwierig zu realisieren ist, hatte
Monsanto mit der Entwicklung von
gentechnisch verändertem unfruchtbarem Saatgut begonnen. Neben den ungeklärten Risiken des genveränderten
Getreides brachte vor allem die durch
die Unfruchtbarkeit erzeugte Abhängigkeit von den Saatgutherstellern die
Bauern in Indien auf die Barrikaden.
Als ihre Proteste nichts fruchteten,
setzten sie Versuchsfelder von Monsanto in Brand. Der wachsende Druck
auch von kritischen Gruppen in Industrieländern brachte Monsanto jetzt zum
Einlenken.
Ein Analyst der Welthandelsorganisation WTO sagte, dass Monsanto „Die
Zeichen an der Wand gesehen hat“.14
Der weltweit wachsende Widerstand
gegen genveränderte Pflanzen und die
Furcht vor Protesten anlässlich der
WTO-Ministerkonferenz in Seattle
(USA) im Dezember seien wohl entscheidend gewesen.14
Der Aktienkurs von Monsanto war in
den letzten 12 Monaten um 35% gefallen, während die Kurse im Schnitt im
gleichen Zeitraum um 30% stiegen.
(JS)
Wie unabhängig sind
die Vereinten Nationen?
Hohe RepräsentantInnen verschiedener UN-Organisationen begeben sich mitunter in zweifelhafte
Gesellschaft.
Die Flüchtlings-Hochkommissarin
Sadako Ogata ist Mitglieder im Business Humanitarian Forum (BHF). Im
Vorstand des privaten Vereins sind
Frau Ogata und John Imle, Präsident
der Firma UNOCAL, die wegen ihrer
Menschenrechtsverstöße in Burma berüchtigt ist. Ebenfalls im Vorstand ist
ein Vertreter des Nahrungsmittelmultis
Nestlé. Zahlreiche unabhängige Organisationen
fordern
die
UNFührungskraft auf, diesen zweifelhaften Verein zu verlassen.15
Bereits im März hatten über 100
Gruppen das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) aufgefordert, die geplante Zusammenarbeit mit der Global
Sustainable Development Facility abzulehnen, an der mächtige Multis wie
Dow Chemicals, Rio Tinto und ABB
beteiligt sind.15
Der UN-Generalsekretär Kofi Annan
plädiert für eine enge Zusammenarbeit
zwischen Multis und UN, da sie gemeinsam arbeiten könnten. Wegen seiner Kontakte zur Internationalen Handelskammer, deren Vorsitzender von
1997-99 der Nestlé-Boss Maucher war,
nennen KritikerInnen ihn „Neskofi
Annan“. (JS)
WHO gegen schlechte
Arzneimittelspenden
Zusammen mit 15 gemeinnützigen
Organisationen hatte die WHO Leitlinien für Arzneimittelspenden verfasst. Jetzt sollen Übeltäter öffentlich
genannt werden.
Arzneimittelspenden sind meist gut
gemeint, aber oft zur Lösung der gravierenden Gesundheitsprobleme in
Notlagen völlig ungeeignet. Wir berichteten wiederholt.16 Noch immer
gibt es viele ungeeignete Spenden, zuletzt nach dem Erdbeben in der Türkei
und dem Kosov@-Krieg
Immer mehr Organisationen richten
sich aber nach den WHO-Richtlinien.
Jetzt macht die WHO UnterstützerInnen im Internet öffentlich.17 Gleichzeitig fordert die WHO auf, unangemessene Arzneimittelspenden zu melden.
Wiederholungstäter sollen dann öffentlich gebrandmarkt werden.18 (JS)
13 Arme baden Umweltschäden aus, taz, 27.9.99
14 NGOs bring pressure on company Monsanto to stop
production of sterile seeds, Deccan Herald, (Indien)
6.10.1999
15 Corporate Watch (USA), Groups Expose more United Nations Affiliations with Corporate Predators,
Press release 23.9.1999, www.corpwatch.org
16 zuletzt: Pharma-Brief 4-5/1999, S. 4-5, PharmaBrief Spezial 1/1998
17 (www.who.int/dap/edmguidelines.html)
18 WHO Press release 54/1999 vom 8.10.1999
Zu guter Letzt
„Non-compliance ist eine Meinungsverschiedenheit zwischen PatientIn und ÄrztIn. Manchmal ist sie
begründet, manchmal beruht sie auf
Uninformiertheit.“
Wendy Armstrong von der Consumer’s Association of Canada; nach: e-drug 24.9.1999
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