Bildungspartnerschaft Schule – Wirtschaft an der Domschule Seit bald zwei Jahrzehnten ist Bildung das Megathema in Deutschland. Noch vor dem PISASchock im Jahre 2000 erkannte Alt-Bundespräsident Roman Herzog in seiner Berliner Rede vom 26. April 1997 einen Dreiklang des „Verlusts wirtschaftlicher Dynamik, der Erstarrung der Gesellschaft und einer allgemeinen mentalen Depression“. Es ging ihm um die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft auf dem Weg in das 21. Jahrhundert, in der Wissen die entscheidende Produktivkraft geworden ist. Spätestens aber seit Bekanntwerden der deutschen PISA-Ergebnisse hat die Bildungsdebatte quer durch alle gesellschaftlichen Gruppen Hochkonjunktur und viele Bundesländer zeigen bis heute beachtlichen Reformeifer. Dabei scheinen jene Kräfte tonangebend zu sein, welche Bildung nüchtern funktional als „vorsorgende Wirtschaftspolitik“ verstehen (so der damalige sächsische Kultusminister Steffen Flath im Juli 2006). Aber auch humanistisch geprägte Autoren melden sich zu Wort und sehen eine Entwicklung mit Sorge, in der allein die „technologischökonomischen Kriterien des Bildungswesens“ vorherrschen (so der Göttinger Erziehungswissenschaftler Christian Rittelmeyer). Nicht wenige beäugen die Bildungspartnerschaft zwischen Schule und Wirtschaft deshalb sehr kritisch. Tatsächlich wird die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft maßgeblich durch die Qualifikation der Menschen in den Betrieben bestimmt. Im internationalen Wettbewerb mit seinen immer kürzeren Innovationszyklen gewinnt die Aus- und Weiterbildung als Standortfaktor immense Bedeutung. Die Internationalisierung der Produkte und die Globalisierung der Märkte verändern aber nicht nur die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sie erhöhen auch den Druck auf eine Weiterentwicklung der nationalen Bildungssysteme. Die zunehmende Dynamik des Wissens in modernen Gesellschaften fordert Schülerinnen und Schülern ein breites Methodenrepertoire ab, damit sie sich flexibel und eigenständig orientieren und systematisch lernen können. Dabei werden sie mit einer sich ständig verändernden Arbeits- und Berufswelt konfrontiert. Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnet mehr als 6300 Berufe, viele davon hochspezialisiert oder in ständigem Wandel (das Berufsbild des/der Mechatronikers/in sei hier stellvertretend genannt). Angesichts dieser hohen Komplexität der modernen Arbeits- und Berufswelt ist es Aufgabe von Schule, die jungen Menschen gezielt in der Ausbildung ihrer persönlichen, fachlichen und methodischen Kompetenzen zu unterstützen, damit sie den neuen Qualifikationsanforderungen selbständig und selbstbewusst begegnen können. Die Domschule hat sich dieser Lernziele angenommen und sieht in der Öffnung von Schule und der Nutzung außerschulischer Lernorte große Chancen bei der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, über welche Schulabgänger nicht nur im Sinne der Wirtschaft verfügen sollten, sondern auch im Sinne der von Roman Herzog in seiner Berliner Rede geforderten „Vorbereitung der Jugend auf die Freiheit“. Als wesentliches Bindeglied zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem haben sich ökonomische Bildung und Berufsorientierung an der Domschule in Richtung einer echten Bildungspartnerschaft von Schule und Wirtschaft entwickelt. Die Studien- und Berufsorientierung (SBO) ist mittlerweile fester Bestandteil der schulischen Praxis an der Domschule und ermöglicht über Unterricht und außerschulische Lernorte Kontakte zur Arbeitsund Berufswelt und fördert so Realitätserfahrungen für die jungen Menschen. Das aktuelle SBO-Programm der Domschule enthält eine Reihe von verpflichtenden Bausteinen und Projekten sowie eine Reihe von Aktivitäten mit Angebotscharakter, die eindrucksvoll die Lebendigkeit der Bildungspartnerschaft von Schule und Wirtschaft belegen. Mittlerweile besteht ein breites Netzwerk an Kontakten im Rahmen der Regionalpartnerschaft SchuleWirtschaft. Die enge Zusammenarbeit hilft die Theorie-Praxis-Diskrepanz von Unterricht zu verringern und bestärkt die Schülerinnen und Schüler in ihrer Wahrnehmung von Selbstverantwortung und Selbstmotivation im Prozess ihrer Studienwahl und Berufsfindung. Bei der Umsetzung des Programms gelangt die Domschule aber aufgrund der Fülle der Aktivitäten und der zeitlichen Intensität an die Grenze der Leistbarkeit. Schule kann kein Rundumsorglos-Paket schnüren. Die Eigenaktivität der Schülerinnen und Schüler ist erwünscht und gefordert. Um ihnen jedoch den Zugang zu den Angeboten zu erleichtern, hat die Domschule ein Punktesystem für studien- und berufsorientierende Maßnahmen in der Oberstufe eingeführt, welches ein ganzes Bündel an Möglichkeiten der Orientierung anbietet. Die Schülerinnen und Schüler können die durchgeführten Maßnahmen dokumentieren und erhalten nach Erreichen einer Mindestpunktzahl die förmliche Anerkennung im Rahmen des Domschulzertifikats. Viele Angebote erhalten dadurch in der Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler einen zusätzlichen Anreiz. Trotz dieser seit Mitte der 90er Jahre andauernden Fortentwicklung der schulischen Maßnahmen und Angebote zur Studien- und Berufsorientierung geben die aktuellen Studienabbruchzahlen mit einer Durchschnittsquote von 25% Anlass zu der Frage, wie Schule ihr Beratungs- und Informationsangebot für die Orientierung der Schülerinnen und Schüler noch verbessern kann. Hierzu verfolgen wir in Kooperation mit der C-A-U Kiel neue Ansätze in der Studienberatung und bieten z.B. mit dem „Ask a student - Studieren probieren“-Programm einen Baustein an, um Schülerinnen und Schüler bei einer passgenaueren Studienwahl zu unterstützen, die spätere Studienzufriedenheit zu erhöhen und so Studienabbruchzahlen zu reduzieren. Ebenso möchten wir die Zusammenarbeit mit den Eltern verstärken und haben erstmals auf der Wirtschaftsprojektwoche am 30. Januar 2014 einen Informationsabend zum Thema „Abitur und dann? – Wege ins Studium und Alternativen“ mit Referenten von der Agentur für Arbeit, der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, der Nord-Ostsee Sparkasse und der Junior Management School Monheim durchgeführt, um interessierten Eltern und Schülern der Oberstufe Orientierung zu den Studiengängen im Rahmen des Bologna-Prozesses anzubieten und auch über alternative Ausbildungswege, wie Duales Studium und Duale Ausbildung zu informieren. Ziel dieser Veranstaltung ist die Aktivierung von Selbsterkundungsprozessen noch während der Schulzeit. Weiterhin bleibt das Berufsforum ein zentrales Element im SBO-Konzept der Domschule, da es neben der Information über verschiedene Berufsfelder auch einen sehr wichtigen Aspekt der Lebensberatung durch erfahrene Fach- und Führungskräfte aus Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur beinhaltet. Die positiven Rückmeldungen aus der Schülerschaft wie auch aus vielen Gesprächen mit den Expertinnen und Experten der Wirtschaft stimmen zuversichtlich, dass die Domschule mit ihrem SBO-Konzept einen richtigen Weg eingeschlagen hat. Für die Zukunft sehen wir den Bedarf einer stärkeren Nutzung moderner Informationstechnologien bei der Vermittlung studien- und berufsorientierender Inhalte. So ist es vorstellbar und wünschenswert, dass die Domschülerinnen und Domschüler über ein „Alumni-Portal“ auf der Homepage der Domschule in einen individuellen Austausch von Informationen zu Werdegang und Beruf der Ehemaligen treten und sich so ein Netzwerk innerhalb der Schulöffentlichkeit entwickeln kann. Bereits auf der Homepage installiert ist ein sehr breit aufgestelltes Angebot an Informationen rund um das Thema Studien- und Berufsorientierung, welches ständig aktualisiert und in seiner Klicktiefe erweitert wird. Werner Dawid, Koordinator Schule-Wirtschaft