Spitzer AÜ, 23.09.2005 Lösung 6. Übungsfall 1. Georg gegen Willi auf Kaufpreiszahlung des Autos nach § 1062 ABGB. Grundlage eines solchen Anspruches ist ein Kaufvertrag, der ohne Zweifel zwischen Georg und Willi zustande kam. Willi befindet sich zunächst in Annahmeverzug. Die Preisgefahr geht auf Willi über, d.h. er muss seine Leistung erbringen (Geld zahlen), bekommt dafür aber keine Gegenleistung (kein Auto), wenn die Sache zufällig oder durch leichtes Verschulden des Schuldners untergeht (§ 1419). In diesem Fall geht die Sache aber durch grobes Verschulden (Schlüssel im offenen Auto liegen lassen) unter. Die Sache wird also durch Verschulden des Schuldners unmöglich. Es greifen die Unmöglichkeitsregeln. Da Georg die nachträgliche Unmöglichkeit zu vertreten hat, kann Willi zwischen Festhalten am Vertrag + Austauschanspruch oder Rücktritt vom Vertrag + Differenzanspruch wählen kann. Beim Kauf macht das keinen Unterschied. 2. Georg gegen Helmut auf Schadenersatz gem. § 1295 ABGB wegen des kaputten Autos. Helmut stiehlt vorsätzlich das Auto, das immer noch im Eigentum des Georg steht, und greift somit in ein absolut geschütztes Rechtsgut ein. In Folge wird das Auto zerstört. Hätte Helmut das Auto nicht gestohlen, wäre es jetzt nicht Schrott. Da die Sache zerstört ist und Helmut vorsätzlich gehandelt hat, muss er das Interesse (positiver Schaden + entgangener Gewinn) ersetzen. Also jedenfalls die € 30.000,- (das ist schon positiver Schaden, da schon vertraglicher Anspruch), die Georg von Will bekommen hätte. - Seite 1 von 3 - Alternative: Wenn man argumentiert, der Schaden wurde nicht durch das rechtswidrige Verhalten – nämlich dem Diebstahl – verursacht, gäbe es die Möglichkeit nach § 335 ABGB vorzugehen. 4. Franz gegen Helmut gem. § 6 Abs 1 EKHG Satz 1 Helmut hat ein KFZ, das eine Bauartgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h hat, ohne Willen des Halters Georg (Schwarzfahrer) in Betrieb genommen, woraufhin ein Unfall passierte und ein Mensch zu Schaden kam. Der Unfall ist aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses geschehen (Hase läuft ins Auto), Helmut hat auch alle erdenkliche Sorgfalt aufgewendet und es gab keinen Fehler in der Beschaffenheit und kein Versagen der Vorrichtungen des KFZs, dennoch haftet Helmut, da außergewöhnliche Betriebsgefahr (Schleudern) vorliegt (§ 9 EKHG): alles was gefährlicher ist als der normale Betrieb des KFZ, macht haftpflichtig. Ersetzt wird nach § 12 EKHG Heilungskosten, Verdienstentgang, Schmerzengeld, Verhinderung des besseren Fortkommens. Da sicher ist, dass Franz jedenfalls kausal für die dann notwendige Operation war, haftet er auch für die Folgen der Infektion (verlängerter Krankenhausaufenthalt, länger andauernde Schmerzen), auch wenn nicht sicher ist, ob nicht der Fehler des Arztes auch kausal für die Infektion war. 5. Franz gegen Georg/Versicherung des Georg gem. § 6 Abs 1 EKHG Satz 2 Georg hat die Schwarzfahrerei des Franz begünstigt, ja regelrecht schuldhaft ermöglicht (Schlüssel im offenen Auto liegenlassen). Daher haftet Georg genauso wie Franz, also solidarisch. Die Haftpflichtversicherung des Georg tritt gemäß § 26 KHVG der Schuld bei (Schuldbeitritt = solidarische Haftung). - Seite 2 von 3 - 6. Franz gegen den Betreiber des Krankenhauses gem. §§ 1313a, 1295 ABGB. Der Turnusarzt Igor ist kein Belegarzt, so dass ein Behandlungs- und Pflegevertrag mit dem Rechtsträger des Krankenhauses (in Folge KH) konkludent geschlossen wurde. Igor ist Erfüllungsgehilfe des KH, da sich das KH dem Igor bedient, um seinen Vertrag mit Franz zu erfüllen. Igor schuldet lege artis Behandlung. Diese hat er nicht geliefert, da lege artis Behandlung auch eine Schockbehandlung beinhaltet hätte. Er handelte also rechtswidrig und schuldhaft. Es kann aber nicht festgestellt werden, ob der Behandlungsfehler für die Infektion kausal war. Eine sachgerechte Lösung lässt den Arzt teilweise haften, da er immerhin rechtswidrig und konkret gefährlich gehandelt hat. Man nimmt also alternative Kausalität zwischen Igor und Helmut an, sodass in Analogie zu § 1302 solidarische Haftung bezüglich des verlängerten Krankenhausaufenthaltes und der erhöhten Schmerzen besteht. Kritikpunkt: Lässt man den Arzt haften, wird das Kausalitätserfordernis vollends aufgeweicht und die Grenze zur Haftung, auch wenn keine Kausalität vorliegt, rückt näher. - Seite 3 von 3 -