Empirische Studien zu den Folgen der Rechtschreibreform

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Forschungsgruppe Deutsche Sprache e. V.
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31. 7. 2008
Empirische Studien zu den Folgen der Rechtschreibreform
Die Ergebnisse der vergleichenden Studie von Dr. Uwe Grund (Universität des Saarlandes) zu
den Rechtschreibleistungen vor und nach der Rechtschreibreform bestätigen die Befunde und
Prognosen anderer Forscher. Aus diesen sei hier kurz zitiert.
Prof. Dr. Harald Marx (Universität Leipzig) kam bereits 1999 in seinem Aufsatz „Rechtschreibleistung vor und nach der Rechtschreibreform: Was ändert sich bei Grundschulkindern?“ (in:
Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und pädagogische Psychologie 31 (1999), S. 180–89) zu
folgenden vorläufigen Ergebnissen:
„Berücksichtigt man die Schwere und Auswirkungen des Fehlerbereichs der s-Laut-Schreibungen und stellt diesen die angedeuteten spezifischen Lerngelegenheiten als didaktische Hilfen
beiseite, so müßten sich eigentlich die Rechtschreibleistungen bei konsequenter Anwendung der
Reform gerade im Bereich der s-Schreibungen bereits kurzfristig verbessern. Darüber hinaus
müßten sich längerfristig im Bereich der Wortschreibungen mit Dopplung und Dehnung ebenfalls Verbesserungen einstellen. Soweit die erwünschten Effekte der Rechtschreibreform.
Zur Überprüfung dieser Annahmen wurden zur Schuljahresmitte des Schuljahres 1997/1998
111 Zweit-, 111 Dritt- und 107 Viertkläßler, die seit Beginn des Schuljahres 1996/97 bereits
nach den neuen Rechtschreibregeln unterrichtet werden, mit einem neuen Rechtschreibtest
untersucht. Deren Ergebnisse wurden denen von 110 Zweit-, 110 Dritt- und 98 Viertkläßlern
gegenübergestellt, die genau zwei Jahre vorher mit dem gleichen Verfahren getestet worden
waren. Ausgewertet wurden die Schreibungen getrennt für 34 Wörter ohne und 10 Wörter mit
s-Laut, wobei sich bei fünf s-Laut-Wörtern reformbedingt die Schreibweise verändert hat.
Es zeigt sich, daß die älteren Klassenstufen der 98er Stichproben die von der Rechtschreibreform nicht betroffenen Wörter nicht besser schreiben können als diejenigen der 96er Stichproben. Deutlich wird aber auch, daß die Rechtschreibreform wirkt. Allerdings ist das Ergebnis
bezüglich der s-Laut-Schreibung genau entgegengesetzt der erwünschten Richtung. Zum einen
machen die Kinder aller Klassenstufen bei den von der Reform betroffenen s-Laut-Wörtern
signifikant mehr Fehler, zum anderen übergeneralisieren sie, indem sie offensichtlich die neuen
Schreibweisen auch bei s-Laut-Wörtern anwenden, die nicht von der Reform betroffen sind.“
StR Christian Pießnack und Dr. Adelbert Schübel teilen in ihrer Studie Untersuchungen zur
orthographischen Kompetenz von Abiturientinnen und Abiturienten im Land Brandenburg
folgende Beobachtung mit:
„Unbedingt angemerkt werden muss, dass sich im Bereich der s-Schreibung ein neuer Fehler in
einer Größenordnung etabliert hat, die beunruhigt. 46% aller Fehler der s-Schreibung entfallen
auf den Fehlertypus „ss statt ß“. Auch die stark zunehmende Kommaabstinenz, die die Lesbarkeit der Texte erschwert, muss weiter beobachtet werden.“
Beide Bereiche sind unmittelbar von der Reform betroffen.
MITGLIEDER DES BEIRATS : Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor
Ickler, Friedhelm Kemp, Walter Kempowski, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Gustav
Korlén, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten
Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.
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