Marktbericht 23.04.2008 / aus einem anderen Gesichtswinkel Am Samstag, den 12. April dieses Jahres, folgerte ich: Sollten die Januar-Tiefstkurse nicht durchbrochen werden, gehe ich davon aus, dass wir uns in einem weit gespannten Band wahrscheinlich über Monate hinweg seitwärts bewegen. Letzten Samstag erklärte ich: Betrachtet man die verschiedenen Charts, gewinnt man den Eindruck, dass - zumindest kurzfristig - die führenden Aktienmärkte etwas Boden gefunden haben. Erholungen sind angesagt! Wir scheinen uns in diesem weit gespannten, sich seitwärts bewegenden Band einpendeln zu wollen. Die Aktienquote von rund 30 % wird nicht erhöht! Lassen wir unsere Blicke etwas durch den Blätterwald schweifen. Hören wir hinein in die hitzigen Debatten. Tun wir das aufmerksam, dann stellen wir fest: Überall türmen sich fast unüberwindliche Risiken vor uns auf. Dass Risiken aber auch den Weg zu Chancen öffnen können, scheinen wir vergessen zu haben. George Soros mahnt unmissverständlich, dass die heute vorherrschende Krise alles, was wir seit dem Zweiten Weltkrieg je gesehen und erlebt haben, in den Schatten stellt. Die vom Konsum getriebene US-Wirtschaft taumelt in eine tiefe Rezession, das weltweite Wachstum erlahmt, die Inflation reckt ihr hässliches Haupt und die Gefahr von Hungeraufständen in den Armenvierteln der Welt schwillt bedrohlich an. Es gibt kein Entrinnen. Auch nicht unter den Teppich kehren dürfen wir die globale Klimaerwärmung und die verheerende Verknappung von üppig spriessenden Energiequellen lässt uns erstarren. Der Kapitalismus verdorrt. Das Ende unserer Tage? Nein! Spielen uns die hochgewirbelten Emotionen ein Streich? Sind wir nicht mehr nüchtern genug, die Dinge vorbehaltlos zu analysieren? Kennen wir all das nicht schon aus vergangenen Tagen? Wir erinnern uns mit Grausen an den über uns einbrechenden Ölschock der 70er-Jahre, an die Bankenkrise der 80er-Jahre ausgelöst durch notleidende Kredite in Latein Amerika, an die schmerzhafte, Angst einjagende Aktienbaisse an der Wall Street, die uns von den späten 60er-Jahren bis 1982 mehr als nur eine schlaflose Nacht einbrockte. Wir überlebten die horrende Teuerung der 70er-Jahre gekoppelt an unglaublich hohe Zinsen, den Crash 1987 und die Aids-Epidemie, das Savings & Loans Debakel gefolgt in den 90er-Jahren von SARS, der Vogelgrippe, der Finanzkrise in Asien und dem Zusammenbruch russischer Anleihen. Wir umschifften die LTCM-Katastrophe, die Hysterie der Jahrtausendwende (Y2K), segelten durch die Dot-com-Blase im Jahr 2000, überstanden 9/11 und verschiedene Kriege in den vergangenen Dekaden. Und wir leben immer noch - trotz all der Gegenstände des Wahns! Ja, ich weiss, vieles erschüttert heute unser Vertrauen wie kaum jemals zuvor. Die Kredit- und Bankenkrise nagt am Lebensnerv der Weltwirtschaft. Das dürfen wir auf gar keinen Fall unterschätzen, denn diese Situation ist neu, ungewohnt, ungeahnt. Wenn sich die Wogen aber irgendwann langsam glätten, wird sich auch unser Anlegerhorizont wieder erhellen. Das braucht Zeit. Die Märkte müssen sich neu finden und orientieren, Schulden abgebaut, faule Kredite abgeschrieben und irrationaler Überschwang eingedämmt werden und das geschieht meistens nicht über Nacht. Wir stecken erstmals in einer globalen Finanzkrise. Darum wird es länger dauern, bis die Schäden behoben sind. David Rockefeller: "Geld schafft ab und zu Probleme." Die Fähigkeit von Regierungen und Investoren, sich selbst zu täuschen, mündet in periodische Anfälle von Euphorie, die normalerweise in Tränen enden. Etwas zuversichtlicher bin ich wohl, doch auf die Äste hinaus will ich mich nicht wagen. Überall schiessen die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe - eine Gefahr für Wachstum, Stabilität und Frieden in der Welt. Ob Weltbank, Internationaler Währungsfonds oder Entwicklungsorganisationen - sie alle schlagen den gleichen Ton an. Wenn die Preise weiter so rasant klettern, wird der Hunger in viele Länder zurückkehren, wo er in den vergangenen Jahrzehnten besiegt schien. Die sozialen und politischen Folgen sind unabsehbar! Fachleute nennen eine Reihe von Gründen für die Preisexplosion: Die Weltbevölkerung wächst nach wie vor unaufhörlich, gleichzeitig schrumpfen die Anbauflächen. Das ist eine Folge des Klimawandels, der Dürren, Fluten und Stürme mit sich bringt und Böden erodieren lässt. In den aufstrebenden Schwellenländern Asiens werden Agrarflächen in Industriegebiete umgewandelt. Das schränkt die Anbauflächen weiter ein. Die Essgewohnheiten vieler Menschen ändern sich. Vor allem in aufstrebenden Schwellenländern verzehren sie zunehmend Fleisch. Doch zur Fleischproduktion werden Nahrungspflanzen und Weideland benötigt. Gleichzeitig ist der Kalorienertrag aus Fleisch wesentlich geringer als der aus pflanzlichen Lebensmitteln. In ehemals wichtigen Exportländern fallen Millionen von Bauern aus, weil dort Bürgerkriege oder Misswirtschaft herrschen. Schliesslich treiben auch Spekulanten die Preise. Das trifft nicht nur Rohöl und Gold, sondern zunehmend auch Lebensmittel - zumal einige Getreidesorten zur Herstellung von Biosprit genutzt werden. Vielleicht führt die Preistreiberei ja dazu, dass die Liberalisierung des Agrarhandels nach 8 Jahren endlich Fortschritte erzielt, um dem Süden die richtigen Produktionssignale zu setzen. UBS Aktienempfehlungen Agrarindustrie: In ihrem jüngsten "UBS investor's guide" schreibt die Bank: Das Anlagethema basiert nicht auf kurzfristigen Preistrend bei Agrarrohstoffen, sondern darauf, dass der demographische Wandel und Veränderungen der Wohlstandsverteilung zu langfristigem Nachfrageanstieg beitragen, was nur durch eine effizientere Landwirtschaft gedeckt werden kann.