Von der Wirtschaftskrise in die „Sinn-Krise“

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Von der Wirtschaftskrise in die „Sinn-Krise“
Das neue Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsexperten wirft mehr Fragen auf als es
beantwortet. Und es stiftet mehr Unruhe als es Gewissheit gibt.
Wie kann der Herr „Wirtschaftsweise“ Hans-Werner Sinn samt des „KoryphäenSammelsuriums“ bereits acht Monate vor Spielende den Ausgang der Partie kennen? In der
aktuellen Expertise der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose werfen die daran beteiligten
Wirtschaftsinstitute mit allerhand Parametern und Formeln um sich, um dann zu dem wagen
Schluss zu kommen „Alles in Allem wird sich das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2009
voraussichtlich um 6 % verringern.“
Dort wo Menschen und damit Entscheidungen, Emotionen und Psychologie im Spiel sind,
ergeben Berechnungen keinen Sinn. Das gilt auch für die Wirtschaft und für
unternehmerische Erfolge. Aus einer Vielzahl von politischen und wirtschaftlichen
Entscheidungen resultiert die konjunkturelle Entwicklung, kein gerader Weg, sondern ein
weit verzweigtes Netz. Jeder Beschluss verändert die Balance und die Ausgangslage für das
kommende Ergebnis. All das können Gutachten und Prognosen nicht erfassen. Dort handelt
sich ausschließlich um Annahmen, wie es vielleicht sein könnte, aber nicht kommen muss.
Formeln beschreiben nicht die reale Welt: Eine mitunter bittere Erkenntnis, die spätestens seit
der Bankenkrise einleuchtend sein müsste. Berechnungen schlugen fehl, weil ein wichtiger
Parameter nirgends auftaucht: der Mensch. Den hatte niemand auf der Rechnung.
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Ich meine, es ist höchst fahrlässig zu behaupten, dass unsere Wirtschaft einbricht, wir 4 oder 5
Millionen Arbeitslose bekommen, untermauert von Gutachten, deren Aussagekraft
angezweifelt werden darf. Schließlich hatten die Zahlen des Herbstgutachtens 2008 schon in
diesem Frühjahr keinen Bestand mehr. Verlässlichkeit sieht anders aus. Wie groß der
Spannungsbogen der jetzt gültigen Vorhersage ist, machen zwei Sätze des Werkes klar: „…Es
ist aber genauso gut möglich, dass sich die Konjunktur in Deutschland schneller erholt als
prognostiziert. So könnte die internationale Bankenkrise rasch gelöst werden. (Seite 42)“ Ja
was denn nun? Liest nun jeder das heraus, was er gerne glauben möchte? Handelt es sich um
ein weites Feld der Interpretationen, ein Bauchladen, dessen sich jeder nach Gusto bedient?
Beträchtliche Auswirkungen auf die Planungen der Unternehmen wird dieses Papier nicht
haben. Verheerend dagegen die Wirkung auf die Menschen, welche die schlechten Zahlen des
Gutachtens „konsumiert“ haben: Verunsicherung, Angst und schlussendlich ein weitgehend
eingestellter Konsum wird die Folge sein. Im nächsten Schritt gibt es wegen ausbleibender
Nachfrage nichts mehr zu produzieren. Folglich fehlt es an Investitionen und dann haben wir
– Dank Herrn Sinn und seiner „Mit-Kaffeesatzleser“ – die Krise und den Rückgang unserer
Wirtschaftskraft tatsächlich. Ob dann ein Minus von 15 Prozent für den Welthandel, die
Arbeitslosenzahl von 5 Millionen und eine Defizitquote des Staates von bis zu 5,5 % noch
ausreichen werden? Gewiss informiert dann darüber ein neuerliches Gutachten! Es bleibt zu
befürchten.
Ein Blick in das Zahlenwerk gleicht einem in die Kristallkugel – beide von frappierend
ähnlicher Zuverlässigkeit. Warum Lemmingen gleich den Berechnungen in den Abgrund
folgen? Man kann sich aber gegen eine Entwicklung stemmen, sich wehren und zusätzliche
Kräfte entwickeln, die solch eine prognostizierte Negativtendenz aufhalten und umkehren. Ich
möchte gerne wissen, wo in dieser unseligen Studie diese positiven und konstruktiven Kräfte
der arbeitenden Bevölkerung und Unternehmen berechnet wurden.
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Mehr arbeiten, mehr forschen und entwickeln, neue Märkte erschließen und so mehr
verkaufen – weltweit; das ist unser Rezept. Mit Kurzarbeit und Entlassungen meistert
niemand die Krise! Wir glauben fest an das Ende der Krise und lassen uns nicht von
irgendwelchen Zukunftsahnungen, verpackt als Gutachten oder gar als Wahrheit, aus der
Bahn werfen. Es mag sein, dass Herr Sinn an den Untergang der deutschen Wirtschaft glaubt.
Dessen Prognosen nähren diese Annahme. Es wäre geradezu fatal, wenn nun die Politik ins
gleiche Horn bläst. Noch ein Schuss Panik in Form von erwarteten sozialen Unruhen und die
Suppe ist fertig. Auslöffeln will sie keiner. Realisieren diese „Vordenker“ nicht, welches Gift
das für die Wirtschaft, besonders aber für die Demokratie ist?
Die jetzige Situation wird gerne mit der größten je erlebten Weltwirtschaftskrise aus den
zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts verglichen. Wenn es die Manager nicht
richten können, dann sind die Politiker umso mehr gefordert. Nicht mit großen
Versprechungen, sondern mit Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und dem Mut zur Entscheidung.
Damit die Menschen ein Gefühl der Zuversicht bekommen. Wir sind ein äußerst fleißiges
Völkchen mit einer ungeheuren produktiven Kraft. Die Wirtschaft und die Politik müssen ihr
Raum zur Entfaltung geben. Ich stehe zu den Menschen in meinem Betrieb. In guten wie in
schlechten Zeiten waren sie für mich da. Selbstverständlich bin ich es für sie – gerade jetzt.
Wir machen uns gegenseitig Mut. Genau diese Mutmacher braucht es überall – als Ansporn
für konstruktives, optimistisches Denken und Handeln.
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