Deutscher Psychologiestudierenden Kongress 2008 Bremen Inge Neiser, Psycho-Therapeutin Vortrag „Alltag in einer psychotherapeutischen Praxis“ Organisationsstruktur - Angestellte (ausgebildete Arzthelferin mit Berufserfahrung) auf 400 € - Basis mit Arbeitszeiten: Mo, Di, Mi 8:30 Uhr – 11:30 Uhr - organisatorische Aufgaben der Sekretärin: o Abrechnung mit der Krankenversicherung, Privatpatienten o Verwaltung der Patientendaten o Antragstellung für Kurz- (25 Sitzungen) und Langzeittherapie o Antragstellung Gutachten o Schriftverkehr Praxis o Telefondienst o Kontaktaufnahme mit Ärzten und Krankenhäusern o Terminvergabe, Terminänderung, Warteliste, Termine für Notfälle - außerhalb der Bürozeiten Anrufbeantworter (die Therapeutin ruft direkt nach Therapiesitzung zurück) - keine offenen Sprechstunden - wenn kurzfristig jemand absagt, wird ein Patient von der Warteliste (Patienten, die noch nie da waren) vorgezogen, angerufen und Termin wird angeboten i.d.R. 8 Wochen Wartezeit, danach Abklärung für Erstgespräch (danach meist noch mal 8 Wochen bis zur ersten Therapiesitzung) - immer Platz für Notfälle, damit diese nicht warten müssen (meist Anrufe von Arztpraxen z.B. Suizidgefahr oder traumatische Ereignisse wie der Tod von Angehörigen, Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheitsdiagnose) Zeitmanagement o Montag – Donnerstag 7:00 Uhr – 13:30 Uhr (6,5 Std.) (behandelte Patienten: 6) 13:30 Uhr – 15:30 Uhr (Pause) Notfälle 15:30 Uhr – 18:00 Uhr (2,5 Std.) (behandelte Patienten: 3) Gesamt: 9 Std. o Freitag 7:00 Uhr – 13:30 Uhr (6,5 Std.) (behandelte Patienten: 6) o pro Woche: 42,5 Std. (42 Patienten/Woche) o 7:30 Uhr = Beginn der Therapiestunden (beliebteste Zeit, viele Patienten kommen vor der Arbeit Statistische Patientendaten: o Alter: 40 – 44 Jahre (größter Bereich) Behandlung erst ab 18 Jahre Durchschnittsalter: 42,8 Jahre (812 Patienten in den letzten 15 Monaten) o Geschlecht: 75,89% Frauen 23,98% Männer o Diagnosen: Abhängigkeit (wenige) Depression (viele) • Davon „leicht depressive Episode“ viele (wird auch manchmal diagnostiziert, wenn Patienten Probleme haben, die die Krankenkasse nicht bezahlt) • „Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode“ viele Panikstörungen und Angststörungen (hier ist Homöopathie sehr wirksam) Posttraumatische Belastungsstörung: • Arbeitsplatzverlust • Mobbing Somatisierungsstörung: Mensch hat körperliche Beschwerden (Schmerzen, Durchfall etc.) Weitere: • Emotional instabile Persönlichkeitsstörung • Essstörung • etc. Einnahmen und Ausgaben: Betriebseinnahmen Krankenversicherung Privat Sonstige Honorar Privat gesamt Ergebnis netto Monatlich netto Betriebsausgaben 95.200 € Löhne 13.500 € Abschreibungen 4.150 € KFZ-Kosten 112.850 € Miete Nebenkosten 73,28 €/h Büro 92,50 €/h Steuerberater Krankenversicherungsverwaltungskosten Private Krankenversicherung etc. 62.520 € 50.000 € 4.000 € 6.280 € 1.800 € 1.000 € 9.600 € 1.400 € 2.800 € 850 € 2.300 € 7.920 € Allgemeines Erste Sitzung = „probatorische Sitzung“ ;es wird geklärt, ob Bedarf zur Psychotherapie besteht und ,ob Therapeut und Patient miteinander arbeiten wollen; es können bis zu 5 Sitzungen sein Weitervermittlung: o Zu Fachärzten: Neurologie/Psychiatrie (wenn Medikamente gebraucht werden) Homöopathie Orthopädie Gynäkologie etc. o zu Institutionen: Sozialverband (Kriegsopfer) Rechtsberatung Psychosomatische Reha – Einrichtung - - 60% der Patienten werden von Ärzten überwiesen (in dringenden Fällen ruft die Praxis direkt an) 30% der Patienten fragen direkt an (Hemmschwelle sinkt langsam) kassenärztliche Vereinigung bestimmt, ob man einen Sitz in bestimmter Gegend bekommt wenn man Sitz bekommt, ist die Nachfrage da man hat genug Patienten Psychologen gehören zur Facharztgruppe in der „Bedarfsplanung“ Andere Ärzte haben bis zu 20 Patienten pro Std. Therapeut schafft nur einen Patienten pro Std. (deshalb so lange Warteliste) ein Arzt pro Gebiet auf 10.000 Einwohner Nachfrage groß, aber dennoch keine Sitze zu vergeben Bei Kinder- und Jugendpsychologie mehr Sitze zu vergeben - Bei Abhängigkeit nur Erstgespräch und je nachdem zwei oder drei unterstützende Gespräche bis derjenige bereit ist für Entzugs/Entgiftungsklinik - Praxisübernahme ca. 30.000 € - insgesamt 120 Atteste von 2006 – 2008 Gutachten: - Kurzzeittherapie: o Zunächst nur 25 Sitzungen o ein Antrag (reicht oft aus 60%) o Bei den anderen 40% Gutachten zur „Umwandlung der Kurzzeittherapie in Langzeittherapie“ o Bei Kassenpatienten wird die Kurzzeittherapie immer bezahlt o Bei Privatpatienten muss von vornherein ein Gutachten erstellt werden - Langzeittherapie: o Gutachten nach 50 Std. Langzeittherapie o Hier nur nötig, wenn noch mal 25 Std. angehängt werden sollen - Honorar: o Einmal 69,68 € pro Gutachten - Formalitäten (Sekretärin): o Antrag des Patienten für Kurzzeittherapie (25 Std. à 50 min.) o Konsiliarbericht des behandelnden Arztes (Arzt muss bestätigen, dass Therapie notwendig ist und keine organische Ursache vorliegt) o Angaben des Therapeuten zum Antrag des Patienten o Bei Langzeittherapie zusätzlich Gutachten diese Formalitäten müssen zur Krankenkasse geschickt und genehmigt werden (dauert i.d.R. 14 Tage) Beispiele - Frau B. mit posttraumatischer Belastungsstörung: o Versuchte Vergewaltigung o Panikattacken, kann nicht mehr Auto fahren, Probleme mit Ehemann/Sex, arbeitslos geworden o Angst neu anzufangen o Seit November 2007 - Frau S. mit Panikstörung: o War vor 30 Jahren bei einer Wahrsagerin, die ihr gesagt hat, dass sie nicht älter als ihre Mutter wird (Mutter mit 61 Jahren verstorben) o Frau S. wird im Oktober 61 Jahre, ist gesund und denkt, dass sie jetzt stirbt