Zur Frage 3: "Wie gross ist die Zunahme der direkten und indirekten

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Grosser Rat
Wortprotokoll
65. Sitzung
15. März 2011, 14.00 Uhr
Vorsitzender:
Patricia Schreiber-Rebmann, Wegenstetten
Protokollführung:
Adrian Schmid, Ratssekretär
Präsenz:
Anwesend 123 Mitglieder
(Art. 1146-1165)
Abwesend mit Entschuldigung 17 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Dr. Yahya Hassan Bajwa, Baden; Dr. Roland
Bialek, Buchs; Christoph Brun, Brugg; Dr. Andreas Brunner,
Oberentfelden; Thomas Burgherr, Williberg; Dieter Egli, Windisch;
Kurt Emmenegger, Baden; Eugen Frunz, Obersiggenthal; Esther
Gebhard, Möriken; Marlène Koller, Untersiggenthal; Thomas Lüpold,
Möriken; Titus Meier, Brugg; Ernst Moser, Würenlos; Samuel Schmid,
Biberstein;
Kathrin
Scholl-Debrunner,
Lenzburg;
Martin
Sommerhalder, Schmiedrued; Herbert Strebel, Muri
Behandelte Traktanden
1146 Auftrag der Fraktionen der SP, der CVP-BDP, der FDP, der Grünen, der EVP und der
GLP vom 15. März 2011 betreffend ein reguläres Studium für Quereinsteigende an der
pädagogischen Hochschule der FHNW mit dem Ziel eines offiziellen, EDK-anerkannten
Abschlusses; Einreichung und schriftliche Begründung
1147 Postulat der Fraktionen der Grünen, der SP, der CVP-BDP, der EVP und der GLP vom
15. März 2011 betreffend Anhebung des Notendurchschnitts für den Übertritt von FMS
und HMS ans Gymnasium; Einreichung und schriftliche Begründung
1148 Interpellation Jörg Hunn, SVP, Riniken, Richard Plüss, SVP, Lupfig, und Dr. Jürg StüssiLauterburg, SVP, Windisch (Sprecher), vom 15. März 2011 betreffend Möglichkeiten,
Personen, welche an kantonalen und kommunalen Verfahren einer der drei Gewalten
mitwirken, besser zu schützen; Einreichung und schriftliche Begründung
1149 Interpellation Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 15. März 2011 betreffend Regelung bei
der Abklassierung von Kantonsstrassen zu Gemeindestrassen; Einreichung und
schriftliche Begründung
1150 Interpellation Marcel Guignard, FDP, Aarau, vom 15. März 2011 betreffend
Mehrbelastung von Kanton und Gemeinden aufgrund neuer Kostenübernahmepflichten
gemäss KVG-Revision im Spitalbereich; Einreichung und schriftliche Begründung
1151 Motion Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom 24. August 2010 betreffend Schaffen von
rechtlichen Grundlagen für Frauenparkplätze; Ablehnung
Seite
2576
2576
2577
2578
2578
2579
1152 Motion Sämi Richner, EVP, Auenstein (Sprecher), Roland Agustoni, GLP, Rheinfelden, 2581
Regula Bachmann-Steiner, CVP, Magden, Roland Basler, BDP, Oftringen, Lothar
Brünisholz, SP, Zofingen, Jürg Caflisch, SP, Baden, Beat Flach, GLP, Auenstein, Martin
Köchli, Grüne, Boswil, René Kunz, SD, Reinach, Hansjörg Wittwer, Grüne, Aarau, vom
14. September 2010 betreffend Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben für
Fahrzeuge bis 3,5 t; Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
1153 Motion der GLP-Fraktion vom 30. November 2010 betreffend Ausarbeitung einer neuen 2586
Strassengesetzgebung; Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den
Regierungsrat
1154 Interpellation der FDP Fraktion vom 7. September 2010 betreffend Energiesanierungen 2587
2574
und damit ausgelöste Schikanen für die Sanierungswilligen; Beantwortung und
Erledigung
1155 Auftrag der Fraktion der Grünen vom 26. Oktober 2010 betreffend Bezug von 2590
aufbereitetem Uran aus Majak (Russland) durch die AXPO Holding AG; Ablehnung
1156 Interpellation Beat Flach, GLP, Auenstein, vom 26. Oktober 2010 betreffend Bezug von 2595
Uranbrennmaterial durch die Axpo aus der russischen kerntechnischen Anlage in Majak
und der Verantwortung des Kantons Aargau als Gross-Aktionär der Axpo Holding;
Beantwortung und Erledigung
1157 Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch (Sprecher), Jörg Hunn, SVP, 2597
Riniken, und Richard Plüss SVP, Lupfig, vom 26. Oktober 2010 betreffend Bereitschaft
des Regierungsrats, seine Bohrvorhaben am Bözberg der Überprüfung durch das ENSI
zu unterstellen; Beantwortung und Erledigung
1158 Postulat Dr. Dragan Najman, SD, Baden, vom 17. August 2010 betreffend geplante 2598
Verschandelung des Bahnhof-Gebäudes Baden; Rückzug
1159 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 21. September 2010 betreffend 2599
Passagierfrequenzen in den Bahnhöfen Aarau, Baden, Brugg und Lenzburg;
Beantwortung und Erledigung
1160 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden und Astrid Andermatt-Bürgler, SP, Lengnau, vom 2601
21. September 2010 betreffend Wiederinbetriebnahme der direkten Bahnverbindung
Basel-Winterthur via Laufenburg-Zurzach; Beantwortung und Erledigung
1161 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 7. September 2010 betreffend Biber 2603
im Aargau; Beantwortung und Erledigung
1162 Interpellation Richard Plüss, SVP, Lupfig, vom 2. November 2010 betreffend Ansiedlung 2605
und Förderung des Rothirsches in den Aargauer Wäldern; Beantwortung und Erledigung
1163 Interpellation Andreas Senn, CVP, Würenlingen, vom 26. Oktober 2010 betreffend 2607
aktuelle Flugbewegungen (An- und Abflüge) über und im Nahbereich der
Nuklearanlagen im unteren Aaretal ; Beantwortung und Erledigung
1164 Interpellation Dr. Bernhard Scholl, FDP, Möhlin, vom 16. November 2010 betreffend 2610
objektiver Einschätzung des Potenzials (Risiken, Kosten und Nutzen) von erneuerbaren
Energien; Beantwortung und Erledigung
1165 Interpellation der GLP-Fraktion vom 16. November 2010 betreffend energetischen 2615
Fördermassnahmen; Beantwortung und Erledigung
2575
Art. 1146-1147
15. März 2011
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie zur 65. Sitzung der Legislaturperiode 2009/2013.
Heute um 17.00 Uhr reicht der Verband der Kindergärtnerinnen Aargau eine Petition ein mit dem Titel:
"Primarstufenlohn auch für Kindergartenlehrpersonen". Gemäss Angaben der Petitionäre wurden
4’793 Unterschriften gesammelt.
Noch eine Mitteilung zur Traktandenliste: Traktandum 19, Postulat Esther Gebhard-Schöni wird von
der Traktandenliste abgesetzt, da die Postulantin nicht anwesend ist und das Postulat bestritten wird.
1146 Auftrag der Fraktionen der SP, der CVP-BDP, der FDP, der Grünen, der EVP und der GLP
vom 15. März 2011 betreffend ein reguläres Studium für Quereinsteigende an der
pädagogischen Hochschule der FHNW mit dem Ziel eines offiziellen, EDK-anerkannten
Abschlusses; Einreichung und schriftliche Begründung
Von den Fraktionen der SP, der CVP-BDP, der FDP, der Grünen, der EVP, der GLP und 83
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgender Auftrag eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird ersucht, zu prüfen, ob an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule
Nordwestschweiz (FHNW) reguläre Studiengänge für Quereinsteigende mit einem EDK –
anerkannten Abschluss ins Studienangebot aufgenommen werden können.
Begründung:
Als verspätete Reaktion auf den drohenden oder bereits bestehenden Lehrpersonenmangel haben die
Regierungen der Kantone Aargau, Baselland, Baselstadt und Solothurn und die Pädagogische
Hochschule der FHNW beschlossen, ein auf wenige Jahre befristetes Kurzstudium für
Quereinsteigende zu starten, das zu keinem schweizerisch anerkannten Abschluss führen wird.
Dieses Studium ist zur Überraschung vieler Beteiligter auf ein sehr grosses Interesse gestossen.
Im Rahmen einer längerfristigen Perspektive, unabhängig von der momentanen Notsituation auf dem
Lehrpersonen-Markt, sollte das Potenzial der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger für die
Lehrberufe besser genutzt werden. Lehrpersonen, die bereits einen anderen Beruf ausgeübt haben,
können unterschiedliche und wertvolle Impulse in den Bereich der Schule einbringen.
Sie wählen den Lehrberuf sehr bewusst und können die positiven und die negativen Aspekte ihres
zukünftigen Berufs besser einschätzen als Studierende, die selber direkt aus der Schule kommen.
In einem Assessment soll die Eignung dieser Quereinsteigenden überprüft werden. Die Studien sollen
individuell angepasst und die Vorleistungen der Berufsleute berücksichtigt werden. Eine
Voraussetzung dafür ist, dass gesamtschweizerisch festgelegt wird, welche Vorbildungen an Stelle
von Studienmodulen angerechnet werden.
Am Schluss dieser neuartigen Ausbildung muss aber auf jeden Fall ein EDK – anerkannter Abschluss
stehen, so dass dieser Ausbildungsgang der regulären Ausbildung gleichgestellt ist und nicht zwei
Kategorien von Lehrpersonen entstehen.
1147 Postulat der Fraktionen der Grünen, der SP, der CVP-BDP, der EVP und der GLP vom
15. März 2011 betreffend Anhebung des Notendurchschnitts für den Übertritt von FMS und
HMS ans Gymnasium; Einreichung und schriftliche Begründung
Von den Fraktionen der Grünen, der SP, der CVP-BDP, der EVP und der GLP wird folgendes Postulat
eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird gebeten, die beabsichtigte Anhebung des benötigten Notendurchschnitts von
5.0 für den Übertritt von der Fachmittelschule FMS und der Handelsmittelschule HMS ans Gymnasium
2576
15. März 2011
Art. 1148
nochmals zu prüfen.
Begründung:
Der Regierungsrat beabsichtigt auf Grund der „unterschiedlichen Profile" von FMS bzw. HMS und
Gymnasium, den Übertritt ins Gymnasium nur noch denjenigen Schülerinnen und Schülern der FMS
und HMS zu ermöglichen, die eine Gesamtleistung mit der Note 5,0 ausweisen. Damit schafft er eine
unnötig hohe Hürde, unterbindet die bisherige Durchlässigkeit und setzt den Notenschnitt mit 5,0 gar
noch höher an als derjenige, der für den Übertritt von der Bezirksschule ans Gymnasium gilt. In der
Bezirksschule müssen die Schülerinnen und Schüler für den Übertritt ins Gymnasium einen
Notendurchschnitt von 4,7 erreichen.
Der Grosse Rat hat in seiner Sitzung vom 1. März 2011 die Übertrittsmöglichkeit von der HMS ans
Gymnasium abgeschafft, jedoch eine zweijährige Übergangslösung gewährt. Somit sind übertretende
Schülerinnen und Schüler während dieser Zeit von der Anhebung des Notenschnitts betroffen.
Die bisher bestehende Durchlässigkeit ist sinnvoll und wichtig. Den jungen Menschen soll, der
bisherigen Strategie entsprechend, weiterhin die Möglichkeit erhalten bleiben, einen
Ausbildungswechsel ins Auge zu fassen. Man kann nicht auf der einen Seite die zu tiefen
Maturitätsquoten beklagen und auf der andern Seite gleichzeitig die Anforderungen für übertrittswillige
Schülerinnen und Schüler aus verwandten Schultypen derart anheben. Die bisherige Regelung hat im
Übrigen auch kaum Probleme bereitet. Die meisten der übergetretenen Schülerinnen und Schüler
absolvierten das Gymnasium anschließend problemlos. In der Wirtschaft werden, je länger je mehr,
Menschen mit vielseitigen Fähigkeiten gewünscht. Mit der Durchlässigkeit wird nicht zuletzt auch eine
gewisse Vielfalt von Maturandlnnen generiert.
Aus diesen Gründen bitten wir den Regierungsrat, die Anhebung auf den Notenschnitt 5.0 nochmals
zu überprüfen und gegebenenfalls darauf zu verzichten oder den Schnitt analog dem in der
Bezirksschule geforderten festzulegen.
1148 Interpellation Jörg Hunn, SVP, Riniken, Richard Plüss, SVP, Lupfig, und Dr. Jürg StüssiLauterburg, SVP, Windisch (Sprecher), vom 15. März 2011 betreffend Möglichkeiten, Personen,
welche an kantonalen und kommunalen Verfahren einer der drei Gewalten mitwirken, besser zu
schützen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Jörg Hunn, SVP, Riniken, Richard Plüss, SVP, Lupfig, Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP,
Windisch, und 25 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Welche Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, Personen, welche an kantonalen und kommunalen
Verfahren einer der drei Gewalten mitwirken, besser zu schützen?
Drohungen gegen Menschen, die an kantonalen und kommunalen Verfahren mitwirken, häufen sich.
Personen unterschiedlicher, zum Teil aber ganz erheblicher Gefährlichkeit stellen sich telefonisch, per
Mail, ja selbst auf der Türschwelle von Verantwortungsträgern und anderen Mitwirkenden an
Verfahren mit Drohungen bis und mit solchen gegen Leib und Leben ein. Bis zu einem gewissen Grad
wird eine offene Gesellschaft damit leben müssen und in ihr auch die Verantwortungsträger und
anderen Mitwirkenden beiderlei Geschlechts. Auf der anderen Seite ist ja auch das Leben dieser
Menschen, sind ihre körperliche Unversehrtheit, ihr Familienleben, ihr ungestörter, von Angst freier
Genuss der Schweizer Freiheit schützenswerte Rechtsgüter. Wie weit es nun, um ein nur
vergleichsweise harmloses Exempel zu zitieren, notwendig ist, die Namen von Auskunftspersonen wie
zum Beispiel Lehrer in Einbürgerungsverfahren selbst in jenen Fällen preiszugeben, in welchen die
Mitwirkenden dies aus Sorge oder Angst vor Drohungen nicht wünschen, ist eine wohl mit der
heutigen Praxis kaum optimal beantwortete Frage. Eventuell ist, analog zum Zeugenschutz, ein
Mitwirkendenschutz ins Auge zu fassen. Zu dieser Problematik interessiert die Gesamtschau des
Regierungsrates.
2577
Art. 1149-1150
15. März 2011
1149 Interpellation Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 15. März 2011 betreffend Regelung bei
der Abklassierung von Kantonsstrassen zu Gemeindestrassen; Einreichung und schriftliche
Begründung
Von Rosmarie Groux, SP, Berikon, und 14 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Im Bremgarter Bezirksanzeiger vom 18. Februar 2011 wurde die Abklassierung zweier Kantons- zu
Gemeindestrassen in Oberwil-Lieli kommentiert. "Es sei hart aber fair verhandelt worden" bei der
Erhebung der allfälligen Sanierungskosten. Ebenfalls kommentiert wurde die nachträgliche Beteiligung
des Kantons an Lärmschutzmassnahmen, falls solche ausgeführt werden müssen. Ich bitte den
Regierungsrat, den offiziellen Vorgang und die gesetzlich geregelten Abgeltungen und den Spielraum
bei der Abtretung einer Kantonstrasse an eine Gemeinde aufzuzeigen und folgende Fragen zu
beantworten:
-
Warum muss bei einer Übergabe hart, aber fair verhandelt werden, wenn die Abtretung klar
geregelt ist?
-
Muss der Leser des Zeitungsartikels vom 18. Februar zu Recht annehmen, dass nur die
Gemeinde, die hart verhandelt, auch das Maximum an Abgeltungen erhält?
-
Warum werden Gelder an die Gemeinden ausbezahlt, wenn die Sanierung noch gar nicht
ausgeführt wird?
-
Warum werden bei den abklassierten Strassen Lärmschutzmassnahmen versprochen, als wären
es noch Kantonsstrassen?
1150 Interpellation Marcel Guignard, FDP, Aarau, vom 15. März 2011 betreffend Mehrbelastung
von Kanton und Gemeinden aufgrund neuer Kostenübernahmepflichten gemäss KVG-Revision
im Spitalbereich; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Marcel Guignard, FDP, Aarau, und 18 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Dem Grossen Rat ist mit Datum vom 26. Januar 2011 die Botschaft "Spitalfinanzierung; Festlegung
des Finanzierungsanteils für das Jahr 2012" zugestellt worden. Aus der Tabelle auf Seite 8 dieser
Botschaft und den Ausführungen unter Ziffer 4.1 gehen folgende Aussagen hervor:
Kostenanteile und Mehrbelastungen gemäss KVG-Revision
Gemeinden
Kanton
Total
in Mio. Fr.
85
in Mio. Fr.
315
in Mio. Fr.
400
21.3 %
78.8 %
100.0 %
53
91
144
Anteile und Gesamtkosten nach KVG-Revision
% Anteile an den Gesamtkosten nach KVG-Revision
138
25.4 %
406
74.6%
544
100.0 %
Mehrbelastung in % der Prognose-Kosten im Jahr 2012
62.4 %
28.9 %
36.0 %
Prognose Kosten im Jahr 2012
% Anteile an den Gesamtkosten gemäss Prognose für 2012
Mehrbelastung aufgrund neuer Kostenübernahmepflichten
gemäss KVG-Revision Spitalbereich
Die Mehrbelastung aufgrund neuer Kostenübernahmepflichten gemäss KVG-Revision im
Spitalbereich beträgt 144 Mio. Franken. Davon sollen die Gemeinden 53 Mio. und der Kanton 91 Mio.
2578
15. März 2011
Art. 1148
Franken
übernehmen. Die prozentuale Kostensteigerung gegenüber den für das Jahr 2012 prognostizierten
Kosten beträgt bei den Gemeinden 62.4 % und beim Kanton 28.9 %. Die relativen Belastungen der
Gemeinden aus dem Spitalbereich steigen damit mehr als doppelt so stark an wie die Belastung des
Kantons. Dadurch haben die Gemeinden nach der geplanten Kostenverteilung einen höheren Anteil
an den Gesamtkosten zu tragen als bisher.
Bisher haben die Gemeinden aufgrund des § 23 Abs. 2 Spitalgesetz (SpiG) 40 % an die gesamten
Kosten der stationären Grundversorgung im Kanton beigetragen.
Der Kanton hat bisher nebst seinem Anteil an den Kosten der stationären Grundversorgung aufgrund
§ 14 Abs. 1 SpiG die vollen Kosten für die im Rahmen der Spitalkonzeption notwendigen Neu-, Umund Erweiterungsbauten (d.h. die vollen Investitionskosten) getragen.
1. Sieht der Regierungsrat vor, dass die Gemeinden zusätzlich zu den Kosten der ausserkantonalen
Grundversorgung und der stationären Rehabilitation neu auch an die Investitionen im Spitalbereich
einen Beitrag leisten sollen?
2. Falls ja, wieviel macht die Beteiligung an den Investitionen an der Mehrbelastung der Gemeinden
von 53 Mio. Franken aus?
3. Welche Auswirkungen hat die Neuordnung der Spitalfinanzierung im Bereich der Investitionen auf
die Verwaltungsrechnung des Kantons?
4. Bezahlen die Gemeinden ab dem Jahr 2012 mit ihren Beiträgen auch an die Abschreibung der
vom Kanton an die Spitäler übertragenen Liegenschaften, währenddem der Kanton sich die
Aufwertungsgewinne über 12 Jahre gutschreibt?
1151 Motion Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom 24. August 2010 betreffend Schaffen von
rechtlichen Grundlagen für Frauenparkplätze; Ablehnung
(vgl. Art. 0759)
Mit Datum vom 17. November 2010 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender
Begründung abzulehnen:
Die Motion verlangt, dass eine rechtliche Grundlage für Frauenparkfelder zu schaffen sei. Auf kurzer
Distanz erreichbare, für Frauen reservierte Parkfelder würden ihre Sicherheit unterstützen.
Das Baugesetz schreibt ganz allgemein vor, dass Bauten und Anlagen für die Benutzenden sicher
anzulegen sind.1 Gemäss Statistiken sind Parkierungsanlagen keine Schwerpunkte schwerer Delikte.
Nichtsdestotrotz fühlen sich viele Automobilistinnen und Automobilisten in Parkierungsanlagen unwohl
und bedroht, so namentlich wenn der Abstand zum Zugang gross ist, die Gehstrecken unübersichtlich
sind und Aufzüge benützt werden müssen. Vor allem in Randzeiten, wenn wenig Publikum verkehrt,
empfinden Frauen, aber auch etliche Männer unterirdische Einstellhallen als Ort der Unsicherheit, wo
eine Gefährdung vor tätlichen Angriffen nicht auszuschliessen sei.
Um diesem subjektiven Missbehagen entgegenzuwirken, wird heute bei der Projektierung ein
Augenmerk darauf gerichtet, dass Parkierungsanlagen subjektive Sicherheit ausstrahlen und die
Attraktivität für die Benutzenden gegeben ist. Gemäss der einschlägigen VSS-Norm2 sind vor allem
die Übersichtlichkeit und die Helligkeit der Anlage wichtig; die Fussgängerwege sollten möglichst kurz
und übersichtlich sein. Anlagen, die diese Erfordernisse erfüllen, helfen, Ängste abzubauen, und sind
auch objektiv gesehen sicherer.
Der Regierungsrat anerkennt das Anliegen der Motion. Allerdings wäre es unverhältnismässig und mit
objektiven Sicherheitsanliegen nicht begründbar zu verlangen, dass in allen öffentlich zugänglichen
Parkierungsanlagen Frauenparkfelder auszuscheiden seien; zudem könnten auch weitere
Anspruchsgruppen eine spezielle Behandlung geltend machen. Es liegt im eigenen Interesse der
Bauherrschaft, ein Parkhaus so zu gestalten, dass es möglichst viele Personen, namentlich auch
1
2
§ 52 des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen (Baugesetz, BauG) vom 19. Januar
1993.
Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS), Norm 640 292a "Parkieren;
Gestaltung und Ausrüstung der Parkierungsanlagen" vom 1. Februar 2007.
2579
Art. 1149-1150
15. März 2011
Frauen, gerne benutzen und dass alle Parkfelder sicher sind und als sicher empfunden werden. Zu bedenken ist auch,
dass vorhandene Frauenparkfelder den Schluss nahelegen könnten, dass die anderen Parkfelder
gefährlich seien, und so ihrerseits zum Angstfaktor werden. Ein Grund für ein gesetzgeberisches
Einschreiten ist aus Sicht des Regierungsrats nicht gegeben.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'045.–.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Ich bin mir bewusst, dass sich mein Anliegen um ein Detail handelt.
Trotzdem ist dies ein wichtiges Detail, um ein subjektives Sicherheitsempfinden zu generieren.
Bis anhin wurden Frauenparkplätze freiwillig gesetzt: Ein positives Zeichen. Einige Besitzer von
Parkanlagen haben dies eingeführt, andere nicht. Bei Neubauten sowie Sanierungen von Parkanlagen
werden erfreulicherweise Verwinklungen vermieden und der Helligkeit wird bessere Beachtung
geschenkt. Es ist aber auch die Tendenz da, diese Frauenparkplätze abzuschaffen. Die Nähe zum
Ein- und Ausgang ist für Frauen - gerade bei Randzeiten - noch immer ein wichtiges subjektives
Sicherheitsgefühl. Der Regierungsrat gibt mir diesbezüglich auch recht. Es geht mir hier nicht um eine
Debatte zwischen Mann und Frau, sondern dass man bereits Frauenparkplätze aus den genannten
Gründen eingeführt hat.
Ich bitte Sie, der doch bestehenden Regelung, die gratis einzuführen wäre, zuzustimmen.
Steinacher-Eckert Martin, CVP, Gansingen: In verschiedenen Städten verschwinden die speziell
gekennzeichneten Frauenparkplätze, die anfangs der 90er-Jahre eingeführt wurden. In Zukunft
würden die Parkhäuser heller, besser überwacht und allgemein sicherer, begründen Parkhausbesitzer
diesen Trend. Die Frauenparkplätze werden in diesem Sinne nicht abgeschafft, sondern die ganzen
Anlagen werden sozusagen zu einem Frauenparkhaus. Denn jeder Parkplatz sei dann ein sicherer
Parkplatz. Es ist nun einerseits auf die Sicherheit in Parkhäusern mehr Wert gelegt und somit auch
auf eine Verbesserung der Sicherheit und andererseits auch ein erhöhtes Sicherheitsgefühl jedes
Einzelnen erreicht.
Dass nun rechtliche Grundlagen geschaffen werden müssten, ist also nicht der richtige Zeitpunkt.
Neue Regelungen muss man nur machen, wenn sie auch wirklich nötig sind. Parkhäuser sind nun mal
nicht die einzigen Orte, wo bei Dunkelheit und wenigen Leuten eine erhöhte Gefahr für eine
Belästigung oder ein Verbrechen herrscht. Zudem haben auch andere Gruppierungen ihre Wünsche
nach Spezialparkplätzen wie zum Beispiel ältere und betagte Personen, Behinderte oder Familien mit
Kindern. Allenfalls ist es sinnvoll, bezeichnete Parkplätze für all diese Gruppierungen auf freiwilliger
Basis anzuregen.
Die CVP-BDP lehnt die vorliegende Motion ab.
Groux Rosmarie, SP, Berikon: Die SP-Fraktion unterstützt mehrheitlich das Anliegen der Motionärin.
Wir alle freuen uns über neue oder renovierte, helle und übersichtliche unterirdische
Parkierungsanlagen mit kurzen Wegen zu den Ausgängen. Die Markierung von Frauenparkplätzen
nahe den Ausgängen stellt keine grosse finanzielle Belastung für einen Parkhausbetreiber dar. Sie
erhöht aber das subjektive Sicherheitsempfinden aller Frauen und sollte - wenn nicht verordnet - so
doch weiterhin empfohlen werden. Wieso etwas abschaffen, das sich bewährt hat. Bitte unterstützen
Sie diese Motion.
Freiermuth-Salz Sabina, FDP, Zofingen: Die Motionärin erhofft sich durch den Zwang zur Erhaltung
und Erschaffung von reservierten Frauenparkplätzen mehr Sicherheit. Der Regierungsrat lehnt das
Vorhaben ab.
Frauenparkplätze wurden aktuell, als im Jahre 1991 im Parkhaus Urania in Zürich eine Frau
niedergestochen und tödlich verletzt wurde. Die Tat wurde von einer geistig verwirrten Frau verübt.
Solch schlimme Vorfälle wird es leider in unserer Gesellschaft immer geben. Keine noch so intensive
Überwachung und Kontrolle des öffentlichen Raums kann das verhindern. Subjektiv mögen
Einstellhallen ein beklemmendes Gefühl hervorrufen, objektiv hingegen ereignen sich dort nicht mehr
Übergriffe auf Frauen als anderswo. Es ist nicht zu vergessen, dass auch Männer gelegentlich Opfer
von Gewalt werden.
Wie der Regierungsrat in seiner Antwort ausführt, muss bei jeder Parkanlage auf Übersichtlichkeit,
Helligkeit und Einfachheit der Wegführung geachtet werden. Wo dies - aus welchem Grund auch
immer - nicht möglich ist, werden besondere Lösungen anvisiert.
Frauenparkplätze werden nicht selten von Ehepaaren belegt. Solange die Frau am Steuer sitzt, ist
dies kein Problem. Bei den Invalidenparkplätzen wird die inkorrekte Handhabung mit hohen Bussen
2580
15. März 2011
Art. 1152
geahndet. Konsequenterweise müssten zur Sicherstellung der korrekten Benutzung der
Frauenparkplätze also auch Polizeiressourcen eingesetzt werden.
Heute wird bestimmt die Hälfte der Autos von Frauen gelenkt. Ein paar wenige Frauenparkplätze pro
Anlage sind also ohnehin fragwürdig. Wird hier nicht lediglich mehr Sicherheit suggeriert? Und was ist
mit jenen, die keinen solchen Parkplatz ergattern können? Müssten sich diese dann als besonders
gefährdet betrachten?
Wenn wir Frauen uns im öffentlichen Raum gleichberechtigt bewegen wollen, so müssen wir diffusen
Ängsten auf Augenhöhe begegnen. Da Unsicherheit immer auch ein subjektives Gefühl ist, müssen
jede und jeder in Eigenverantwortung darüber entscheiden, ob für sie oder ihn die Benutzung einer
Parkanlage in Frage kommt. Ansonsten würden sich auch öffentliche Verkehrsmittel anbieten. Ich bitte
Sie, diese Motion zusammen mit der FDP-Fraktion abzulehnen.
Dr. Najman Dragan, SD, Baden: Ich habe ein ganz kurzes Votum: Vor einigen Jahrzehnten, also in
den 90er-Jahren, hatten wir im Einwohnerrat Baden schon von irgendjemandem einen
gleichlautenden Vorstoss. Ich kann mich nicht mehr an den Namen erinnern. Ich war zuerst auch der
Meinung, dass die Einführung von Frauenparkplätzen eine gute Idee sei. Dann hat unser
Stadtammann oder Stadtrat gesagt, das sei gerade das Gegenteil dessen, was man haben wolle. Ein
Sexualtäter oder jemand, der Frauen belästigen will, der wisse von vornherein, wo er sich hinstellen
müsse, um Frauen zu begegnen.
Der Vorstoss wurde dann abgelehnt. Ich war nachher gleicher Meinung wie der Stadtrat. Bitte lehnen
Sie diese Motion ab.
Beyeler Peter C., Landammann, FDP: Ich möchte auch nicht viel zusätzlich zu unserer beantworteten
Motion beitragen. Es geht nicht darum, dass wir die Frauenparkplätze abschaffen wollen, sondern es
geht darum, dass der Regierungsrat meint, es wäre falsch, eine Verpflichtung zur Schaffung von
Frauenparkplätzen in einem Gesetz aufzunehmen. Es muss primär - das wurde auch gesagt - ein
Parkplatz so gebaut werden, dass es relativ hell ist. Leider wird sehr oft darauf verzichtet, auf den
Beton einen Anstrich aufzubringen. Schon das schluckt sehr viel Licht. Man könnte auch mit einer
reflektierenden Oberflächenbehandlung hinter Säulen blicken lassen. Es gibt sehr viele Ideen. Die
Architektur sollte ein bisschen erfinderisch sein. Es kommt dazu, dass heute LED-Leuchten da sind,
welche die Parkhäuser mit 10 Prozent des Strombedarfs sehr hell ausleuchten. Ich glaube, auch in
der Beleuchtungstechnik hat sich sehr viel getan. Es gibt neue Varianten, die möglich werden. Es ist
das Ziel, diese primär zu nutzen, damit das ganze Parkhaus in sich sicher ist. In alten Parkhäusern
werden zum Teil Frauenparkplätze angeschrieben. Ein neues Parkhaus jedoch braucht diese
Anforderung nicht, weil es architektonisch schon so konzipiert sein muss, dass niemand speziell
gefährdet ist. Es wurde gesagt, dass heute auch Überfälle auf Männer nicht mehr so selten sind. Das
ist eine triste Entwicklung in der Gesellschaft. Diese kann man aber mit einer gesetzlichen
Verankerung der Frauenparkplätze nicht lösen.
Ich bitte Sie, das Gesetz mit diesem Anliegen von Lilian Studer nicht zu belasten. Ich verstehe das
Anliegen von Lilian Studer und kann auch ihre Begründung nachvollziehen. Der Regierungsrat findet
aber eine gesetzliche Festlegung als nicht gegeben. Bitte lehnen Sie die Motion ab.
Abstimmung
In der Abstimmung wird die Motion Studer mit 85 gegen 24 Stimmen abgelehnt.
1152 Motion Sämi Richner, EVP, Auenstein (Sprecher), Roland Agustoni, GLP, Rheinfelden,
Regula Bachmann-Steiner, CVP, Magden, Roland Basler, BDP, Oftringen, Lothar Brünisholz,
SP, Zofingen, Jürg Caflisch, SP, Baden, Beat Flach, GLP, Auenstein, Martin Köchli, Grüne,
Boswil, René Kunz, SD, Reinach, Hansjörg Wittwer, Grüne, Aarau, vom 14. September 2010
betreffend Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben für Fahrzeuge bis 3,5 t; Umwandlung in
ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 0822)
Mit Datum vom 26. Januar 2011 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung
abzulehnen bzw. er erklärt sich bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen:
Der Regierungsrat erachtet nach wie vor eine Revision der 40 Jahre alten Strassengesetzgebung, in
der heute die Motorfahrzeugabgabe integriert ist, als wichtig und notwendig, um den künftigen
2581
Art. 1152
15. März 2011
Entwicklungen und Herausforderungen im Strassenwesen begegnen zu können. Dazu gehört auch
die Überprüfung des Bemessungssystems beziehungsweise die Ökologisierung für Motorfahrzeuge.
Der Regierungsrat hatte die Änderungen zur Revision der Strassengesetzgebung in drei inhaltlich
unabhängigen Vorlagen koordiniert aufgearbeitet und zum Beschluss vorgelegt, nämlich 1. dem
Gesetz über das kantonale Strassenwesen (Strassengesetz), 2. dem Motorfahrzeugabgabengesetz
und 3. der Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben. Am 24. August 2010 verwarf der Grosse Rat
alle drei Vorlagen, nachdem er die 1. und 3. Vorlage beraten hatte, auf die 2. Vorlage aber gar nicht
eingetreten war. Der Regierungsrat sieht als Grund für die Ablehnung hauptsächlich die Verknüpfung
der drei Vorlagen mit zahlreichen Einzelthemen und der sich dadurch ergebenden Komplexität,
welche entsprechend den unterschiedlichen politischen Standpunkten teilweise kontrovers beurteilt
wurden.
Der Regierungsrat unterstützt nach wie vor die Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben und sieht
gute Gründe, um diese vermehrt nach ökologischen Kriterien auszurichten. Im Grundsatz entspricht
der in der Motion geforderte Wechsel in der Bemessungsgrundlage vom Hubraum (Steuer-PS) zum
Energieverbrauch der Lösung, die der Regierungsrat im Motorfahrzeugabgabengesetz (2. Vorlage)
vorgeschlagen hatte.
Dennoch will der Regierungsrat sich bezüglich dem Bemessungssystem nicht über die eingereichte
Motion binden lassen, sondern möchte sich bezüglich der Bemessungsart Optionen offen halten. Die
folgenden Gründe sprechen dafür:
1. Bezüglich dem Bemessungssystem war der Kanton Aargau in seinen vorgenannten Botschaften
(Anhörung 2009) zeitlich verschiedenen andern Kantonen voraus. Es ging darum, die Vorteile eines
Bemessungssystems nach Verbrauch aufzuzeigen. Mittlerweile haben einige andere Kantone ihre
Motorfahrzeugabgabengesetze revidiert oder bearbeiten Revisionen, ohne sich für dieses
Bemessungssystem nach Verbrauch auszusprechen. Aus Sicht des Regierungsrats gilt es zu
entscheiden, ob ein Alleingang bezüglich Bemessungssystem für den Kanton Aargau noch opportun
sei, oder ob er das heutige Bemessungssystem, das von einer Vielzahl der Kantone verwendet wird,
weiterführen und darauf eine Ökologisierung vorschlagen will.
2. Der Regierungsrat ist klar der Meinung, dass das in der Motion vorgeschlagene
Bemessungssystem, das für die gesamte Fahrzeugflotte im Kanton unter 3,5 Tonnen gelten soll, für
die bestehende Flotte kaum wesentliche zusätzliche Lenkungswirkung erzeugen kann, da sie kaum
zum schnellen Wechsel des Fahrzeugs führen wird. Damit stehen Aufwand und Nutzen einer solchen
Vorlage in ungünstigem Verhältnis.
3. Zudem gilt es zu beachten, dass das Bundesparlament vor der Entscheidung über die Einführung
einer CO2-Grenze für Fahrzeuge steht, deren Wirkung einen wesentlicheren Einfluss auf das
Kaufverhalten haben dürfte. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats zur "Offroader"-Initiative
sieht eine Senkung der durchschnittlichen CO2-Emissionen von sämtlichen neuen Personenwagen auf
130 Gramm pro Kilometer vor. Überschreiten die durchschnittlichen CO2-Emissionen diesen
Grenzwert, ist eine Abgabe zu leisten. Der Nationalrat hat dem Gesetzesentwurf bereits mit grosser
Mehrheit zugestimmt. Auch die vorberatende Kommission des Ständerats unterstützt den
Gegenvorschlag zur "Offroader"-Initiative (Januar 2011). Dies wäre in sich schon ein starkes
Ökologisierungselement. Daraus abgeleitet muss die Frage gestellt werden, ob eine weitere
Ökologisierung über die Motorfahrzeugabgabe gemäss Motion überhaupt noch Sinn macht, respektive
Wirkung erzielen kann.
Der Regierungsrat erachtet es aus den dargelegten Gründen als nicht zweckmässig, die vorliegende
Motion in ihrer detailliert formulierten und verpflichtenden Ausrichtung umzusetzen. Er ist aber bereit,
das Hauptanliegen betreffend Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben nochmals aufzugreifen.
Sollten die Erfahrungen aus der Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben in den andern Kantonen
gute Resultate zeigen, und abhängig von den Entscheiden auf Bundesebene, ist der Regierungsrat
gewillt zu überprüfen, ob eine zweite Vorlage für eine Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben
inklusive Änderung des Bemessungssystems zweckmässig und zielführend ist. Gegebenenfalls wird
er eine neue Botschaft ausarbeiten.
Der Regierungsrat beabsichtigt, die Revisionsthemen zur Strassengesetzgebung (Strassengesetz,
Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben) gegebenenfalls getrennt in zwei verschiedenen
Botschaften abzuhandeln, wird aber eine koordinierte Behandlung im Grossen Rat anstreben.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'458.–.
2582
15. März 2011
Art. 1152
Richner Sämi, EVP, Auenstein: Die Ökologisierung der Motorfahrzeugabgabe für Fahrzeuge bis 3,5
Tonnen ist überfällig. Wir sind mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden. Die Lösung, die wir
in unserem jetzigen Postulat vorschlagen, ist intelligent, gut umsetzbar, ohne Verbote und setzt
zweckmässige Rahmenbedingungen. Der grosse Vorteil ist, dass sämtliche Energieträger auch mit
der Umrechnung gut erfasst werden können. Dies ist beim Hubraum insbesondere überhaupt nicht
der Fall. Bei der Erfassung hat man ständig Probleme mit anderen Kategorien oder anderen
Systemen.
Die Meinung des Regierungsrates unter Punkt 2 der Antwort, wonach die Ökologisierung nach
Energieverbrauch, kein Anreiz bringen würde, teile ich überhaupt nicht. Ältere sparsame Autos, die
einen niederen Verbrauch haben, darf man mit niedrigen Abgaben auch belohnen. Die alten "Säufer"
würden in der Folge nach oben gestuft. Das wäre dann - entgegen der Meinung des Regierungsrates
- bestimmt ein Anreiz, das Auto auszutauschen.
Der Vorschlag reiht sich auch gut in die Bemühungen des Bundes ein. Der Bund will neu eine Limite
von 130 Gramm CO2 pro Kilometer als Grenzwert einführen. Fahrzeuge, die darunter liegen, werden
belohnt oder sind akzeptiert. Jene, die darüber liegen, müssen eine Strafabgabe bezahlen und
werden somit teurer. Die Anstrengungen des Bundes setzen beim Fahrzeugkauf an. Der Kanton ist für
die Betriebskosten zuständig. Dies wäre auch in dieser Motion beziehungsweise beim Postulat der
Fall. Beide Massnahmen miteinander sind sogar wirkungsvoller, als wenn nur eine Massnahme alleine
vorgenommen wird.
Alle diejenigen, die hinter diesem Vorstoss stehen, sind mit der Umwandlung in ein Postulat
einverstanden. Dies gibt dem Regierungsrat mehr Flexibilität, weitere Vorschläge einzubringen. Sollte
dieser Vorstoss abgelehnt werden, werde ich auch den nächsten Vorstoss als Postulat bestreiten.
Denn entweder betrachten wir alles oder nichts. Es gibt nur das eine oder das andere. Wobei beim
nächsten Votum wird es sicher so kommen, dass der Hauptzankapfel eine Zweckbindung der
Strassengelder sein wird. Ohne Ökologisierung bin auch ich nicht bereit, darüber zu diskutieren.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Grundsätzlich begrüsst die FDP eine Ökologisierung der
Motorfahrzeugsteuer. Das haben wir bereits bei der Strassengesetzesvorlage so vertreten. Wir sind
für eine Änderung der Motorfahrzeuge nach ökologischen Prinzipien, wenn sie einnahmeneutral ist.
Das System, welches in der Motion beschrieben ist und jetzt nur noch ein Postulat sein soll, entspricht
einer möglichen Option. Es gibt aber auch andere, bessere Systeme. Die Lenkungswirkung ist minim.
Wir glauben nicht, dass dies einen schnellen Wechsel bewirkt. Es kommt dazu, dass das Parlament in
Bern heute entschieden hat, sich zu einigen. Als Gegenvorschlag zur "Offroader"-Initiative werden
jetzt 130 Gramm CO2 pro Kilometer bis ins 2015 verlangt. Da macht es keinen Sinn, dass wir auf
kantonaler Ebene noch zusätzliche Abgaben verlangen.
Wir sind der Meinung, dass die Revision des Strassengesetzes und die Ökologisierung der
Motorfahrzeugabgabe zusammen in ein koordiniertes Paket gehören. Das haben wir hier auch schon
von Vorrednern gehört. Wir haben diesen Versuch nach dem Desaster des Strassenverkehrsgesetzes
schon unternommen. Das wurde leider damals von Motionärsseite zusammen in einer unheiligen
Allianz mit Stimmen der anderen Seite abgelehnt.
Wir sehen heute keinen Grund, dem Regierungsrat neue Aufträge zu erteilen und lehnen sowohl das
Traktandum 20 als Postulat wie auch das Nächstfolgende ab. Stimmen Sie mit uns.
Dr. Jenni Felix, GLP, Oberwil-Lieli: Wir Grünliberalen sind grundsätzlich ganz klar für die
Ökologisierung der Motorfahrzeugsteuer. Auch wenn das vielleicht nur einen Tropfen, ein Element in
der Ökologisierung darstellt. Wir sind mit Samuel Schmid einig, dass man eigentlich die ganze
Überarbeitung der Strassengesetzgebung und Ökologisierung nicht trennen sollte, so wie das der
Regierungsrat in der Antwort andeutet. Aber man muss bereit sein - gerade, wenn wir offenbar
Schwierigkeiten haben, grosse Würfe zu machen -, auch kleine Schritte zu machen. Ich denke, diese
Motion oder eben jetzt dieses Postulat hat das Zeug dazu, das einzuleiten. Ich möchte aber noch
zwei, drei Dinge zur Formulierung sagen.
Ich selbst bin Mathematiker - das wissen inzwischen viele - und habe keine Probleme, dieses Postulat
zu verstehen. Aber ich denke, sie ist nicht sehr polit-freundlich formuliert. Darum gestatten Sie mir
zwei, drei Sätze dazu, so dass man auch sieht, dass man die Bedenken - zum Beispiel von Herrn
Scholl - ausräumen kann.
1. Die Formel ist mit diesem y so ausgestaltet, dass es neutral ist. Damit wäre schon ein erstes FDPAnliegen ganz klar erfüllt.
2. Diese Konstante k ist unbestritten und in der Tabelle gut erklärt. Wer vom Fach ist, weiss, dass es
daran nichts zu diskutieren gibt. Das hat sich auf wissenschaftlicher Ebene in den letzten Jahren
bewährt.
2583
Art. 1152
15. März 2011
3. Es bleibt dieses kleine e, das hochgestellt ist. Ich denke darin liegt eine sehr gute Lösung, die aber
ziemlich gut verpackt ist. Was bedeutet diese Konstante? Der Regierungsrat wird aufgefordert, das
aufzuzeigen. Aber Sie sollten auch etwas über die Wirkung wissen, bevor Sie sich Ihre Meinung
bilden. Wenn man dieses e etwa 0,6 oder 0,7 setzt, so ergibt dies im Wesentlichen die alte
Motorfahrzeugsteuer. Das heisst, etwas grössere Motoren zahlen etwas mehr Steuern. Man könnte
wahrscheinlich diesen Faktor exakt bestimmen. Wenn wir aber die Konstanten zwischen 1 und 2
setzen, bedeutet dies ein entscheidender grosser Schritt in dieser Formel. Es ist nämlich so, dass wir
hier - wenn wir das fordern - nur ein System bestimmen. Aber wir bestimmen nicht das Mass an
Ökologisierung. Wir können mit einer solchen Formel später im Rat streiten, wie viel Ökologisierung
es sein darf. Ich möchte das an einem Beispiel kurz erklären. Für ein Auto, das etwa 8 Liter/100 km
braucht – das ist heute so ziemlich der Durchschnitt -, wird sich gar nichts ändern, egal wie wir es
setzen. Denn das Ganze ist neutral gestaltet. Wenn wir als Beispiel den Faktor 1 setzen und ein
Fahrzeug nehmen, das heute immer noch 16 Liter/100 km braucht, dann wird für dieses Fahrzeug
eben doppelt so viel Steuern zu bezahlen sein, als für den 8 Liter-Durchschnittswagen. Das ist
deutlich mehr. Denn wer doppelt so viel braucht, hat auch einen anderen Hubraum. Deshalb bedeutet
der Faktor 1 bereits eine ökologische Wirkung. Dies wirkt sich noch viel stärker nach unten aus. Wenn
wir heute 4 Liter-Autos betrachten und zwar nicht Einzelautos, sondern solche, die serienmässig zu
kaufen sind, dann ist das ein Anreiz, wenn für diese nur die Hälfte bezahlt werden muss. Wir können
das aber mit einer Konstante 2 extremer machen. Wir können dann für 16 Liter-Autos eine 4-fache
Steuer verlangen und für 4 Liter-Autos nur einen Viertel. Ich denke, dass wir für die Ökologisierung
nicht gerade auf 2 kommen werden, aber irgendwo zwischen 1 und 1,5 könnten wir streiten, wie viel
Ökologie darf es sein.
Anreize mit nur 130 Gramm CO2 pro Kilometer sind eine Möglichkeit. Aber ich glaube und bin
überzeugt, dass es zusätzlich auch eine solche der Ökologisierung braucht.
Man muss hier vielleicht noch eine Argumentation der "Offroader"-Initiative betrachten. Die "Offroader"
gehören ganz klar auch zu denen, die da etwas bestraft werden. Da wird oft angeführt, das seien
Autos, die eben Vergnügungsautos seien und dann auch wenig gefahren würden. Diese Leute darf
man nicht bestrafen. Dies kann eine Argumentation beim Erstbesitzer sein. Aber es ist ökologisch
ganz wichtig, dass diese Fahrzeuge so wenig wie möglich, nur so viel wie nötig produziert werden. Es
ist zwar richtig, dass diese Leute, welche die Fahrzeuge zum Vergnügen haben, diese vielleicht
20’000 Kilometer fahren und dann abschieben. Heute werden aber die Autos im Durchschnitt - egal
was für einen Benzinverbrauch - 150’000 Kilometer gefahren. Diese "Dreckschleudern" werden dann
einfach im Ausland, sei es im Ostblock oder in Südamerika, noch die restlichen 100’000 Kilometer
fahren und belasten die Umwelt unnötig.
Ich denke, es wäre höchste Zeit, dass wir diese Ökologisierung an die Hand nehmen. Nehmen wir die
Chance und beauftragen den Regierungsrat damit. Ich bin auf die Tabellen des Regierungsrates
gespannt, indem er uns vorlegen wird, welche Konstante genau wie viel Ökologisierung bringt.
Ich hoffe wenigstens auf die Unterstützung der Postulanten.
Bachmann-Steiner Regula, CVP, Magden: Die CVP-BDP-Fraktion unterstützt die Überweisung als
Postulat wie vom Regierungsrat vorgeschlagen. Die CVP hat im Sommer 2007 eine Motion betreffend
Einführung eines Bonus-Malus-Systems eingereicht und im Rahmen der Revision der
Motorfahrzeugsteuer diese Stossrichtung auch unterstützt. Wir sind der Ansicht, dass der Kanton
Aargau eine Ökologisierung der Motorfahrzeugsteuer erneut aufgreifen muss. Mit dem Postulat geben
wir dem Regierungsrat die notwenige Flexibilisierung bei der Ausgestaltung im Rahmen des
Strassenverkehrsgesetzes.
Zu Bernhard Scholl: Ich denke, es ist wichtig, dass wir unseren Spielraum auch auf kantonaler Ebene
nutzen und die Anreize für die Bevorzugung von sparsamen und emissionsarmen Fahrzeugen nutzen.
Dass Ständerat und Nationalrat nun die Senkung der CO2-Emissionen auf 130 Gramm CO2 pro
Kilometer vorgeschlagen haben, ist positiv, ist aber noch nicht umgesetzt und soll uns nicht vom
Handeln abhalten.
Denken Sie bitte daran, dass wir bei den Treibstoffverbrauchern immer noch hinten nach sind. Das
Ziel, den spezifischen Treibstoffverbrauch neuer Pkws zu reduzieren, wie es vom Bund
vorgeschrieben ist, ist längst noch nicht erreicht.
Wir unterstützen das Postulat. Das gilt übrigens auch für das nächste der GLP.
Beyeler Peter C., Landammann, FDP: Es ist ja zum dritten Mal, dass wir dieses Thema hier im Rat
diskutieren. Wir können feststellen, es ist einiges in Bezug auf die Ökologisierung der Fahrzeugflotte
geschehen. Es kommen Autos auf den Markt, die erstaunen. Es gibt breite Paletten von HybridFahrzeugen. Man spricht heute vom 4-Liter-Auto mit Leistungen von über 100 PS. Es sind
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15. März 2011
Art. 1152
Entwicklungen vorhanden, die vielleicht vor 3-4 Jahren, als wir zum ersten Mal dieses Paket
"Motorfahrzeugabgabe und Strassenverkehrsgesetzgebung" aufgenommen haben, noch nicht
gekannt haben. Das zeigt, dass diese ganze Entwicklung eigentlich sehr schnell geht. Auch die
Wirtschaftlichkeit dieser Autos wurde verbessert. Die Nachfrage ist inzwischen vorhanden. Die
Bevölkerung hat festgestellt, dass die Energieetikette eigentlich etwas Positives hat, denn weniger
Benzin heisst auch mehr Geld im Portemonnaie. Es passiert also sehr viel. Ich nenne, insbesondere
die hohen Benzin- und Dieselpreise, die stetig nach oben gehen. Der Prozess ist vorhanden, sodass
die Ökologisierung der Fahrzeugflotte auf gutem Pfad ist.
Betrachten wir natürlich die Flotte genauer, dann sehen wir, dass auch grosse Fahrzeuge vorhanden
sind. Schauen Sie die neuesten Entwicklungen bei den grossen Fahrzeugen an: Dann sehen Sie,
dass diese Fahrzeuge mittlerweile mit 6 Liter/100 km herumfahren und nicht mehr mit 10-12-Liter/100
km Treibstoffverbrauch. Auch in diesem Bereich ist die Fahrzeugindustrie viel weiter gekommen.
Vermutlich wurde sie nicht durch den Schweizer Markt angetrieben, sondern durch den
internationalen Markt. Die Ökologisierung ist ein grundsätzliche Aufgabe, der man sich annimmt und
die durch die EU-Richtlinien gefördert wurde.
Man fragt sich nun natürlich, ob es wirklich zielführend ist, wenn wir zusätzlich zu diesen ganzen
Bemühungen noch ein weiteres Element "draufpfropfen": Die Bonus-Malus-Ausrichtung der Kantone,
die schon 2-3 Jahre in Betrieb sind. Es gibt keine erkennbaren Veränderungen in diesem Bereich. Ich
sehe keinen Unterschied zwischen einer Zuger Flotte und einer Aargauer Flotte. Vielleicht ist die
Zuger Flotte ein bisschen grösser, trotz Bonus-Malus. Im Kanton Bern gibt es auch keinen
Unterschied. Deshalb ist der Regierungsrat der Meinung, dass man hier jetzt schauen muss, dass
man das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet. Mit der Gesetzgebung sind wir sehr spät daran, weil
der Grosse Rat auf die 2. Vorlage nicht eingetreten ist. Dabei waren wir mal relativ früh. Wir möchten
hierzu zuerst statistische Kennwerte haben. Auch für den Kanton sind Statistiken für solche
Entscheide wichtig. Erst dann sollte man entscheiden, was überhaupt noch sinnvoll zu tun ist. Es
macht wenig Sinn, einen Systemwechsel ohne effektive Verhaltensänderungen zu machen. Die
Verhaltensänderung beim Kauf von Fahrzeugen ist ohne Gesetzesvorgabe bereits in vollem Gange.
Das ist die Überlegung wieso wir gesagt haben, das Postulat heute entgegenzunehmen. Genaue
Vorschriften für dieses System umzusetzen, macht keinen Sinn mehr, denn der Aufwand ist relativ
gross. Wir sind auch relativ spät dran und nun schauen wir erst einmal was bei den anderen Kantonen
geschieht. Das ist das Wichtige.
Ob das System jetzt intelligent ist oder nicht, das ist eine andere Sache. Ich würde nie einen
Vorschlag aus dem Plenum als nicht intelligent betiteln. Aber die Frage lautet, führt der Vorschlag zu
dem, was wir überhaupt wollen?
Ich hatte entschieden, dass wir den Antrag stellen, uns auf den Verbrauch abzustützen. Aber kein
anderer Kanton ist gefolgt. Da fragt es sich, ob der Aargau hier gut beraten wäre, wenn er als einziger
Kanton dieses System anwenden soll. Ist es nicht eher so, dass vermutlich in 2-4 Jahren die
grundsätzliche Diskussion darüber stattfindet, ob es überhaupt eine Rolle spielt, welches System man
hat. Das Verhalten beim Autokauf wird dann über die Bundesvorgaben gesteuert werden. Die
finanzielle Belastung für ein Fahrzeug, das über 130 Gramm CO2 pro Kilometer verbraucht, ist happig.
Sie haben die Zahlen gesehen: 250 Gramm CO2 pro Kilometer generieren ungefähr 20’000 Franken
Mehrpreis - das sind gewaltige Summen. Das sind eher die zielführenden Instrumente und das ist
unsere Überlegung. Wir sagen, dass wir das Postulat prüfen. Im Grundsatz wollen wir die
Ökologisierung anstreben. Aber aufgrund des Umstandes, dass wir hierbei keine Pioniere sind, wollen
wir zuerst wissen, was jetzt wirklich mit den bereits getroffenen Massnahmen geschehen ist. Dann
wollen wir wieder überlegen und prüfen, ob zusätzliche Massnahmen überhaupt sinnvoll, zielführend
und notwendig für die Ökologisierung sind.
Ich bestätige nochmals was auch in der Botschaft steht. Wir haben heute schon eine Ökologisierung
in dem Sinne, dass derjenige, der mehr Treibstoff verbraucht auch mehr bezahlt. Es ist nur das Mass,
das infrage gestellt wird. Wir haben ja sowieso schon sehr tiefe Motorfahrzeugsteuern. Wir sind nach
wie vor, auch wenn der Kanton Bern seine Steuern halbiert hat, immer noch der 3. oder 4. billigste
Kanton bei den Motorfahrzeugabgaben. Also würde in diesem Bereich eine Reduktion sehr wenig
bewirken.
Ich empfehle Ihnen, das Postulat entgegenzunehmen. Das Thema bleibt weiterhin aktuell. Man wird
es prüfen und behält es auf der Traktandenliste. Die Entscheidung, wie man weiter vorgeht, macht
man abhängig vom Resultat der übrigen ökologischen Massnahmen, die mittlerweile auf
Bundesebene verabschiedet wurden. Es wird interessant sein, diese Entwicklung weiter zu verfolgen.
Vorsitzende: Die Motionäre sind mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden.
Abstimmung
2585
Art. 1153
15. März 2011
In der Abstimmung wird die in ein Postulat umgewandelte Motion mit 62 gegen 57 Stimmen an den
Regierungsrat überwiesen.
1153 Motion der GLP-Fraktion vom 30. November 2010 betreffend Ausarbeitung einer neuen
Strassengesetzgebung; Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 0981)
Mit Datum vom 26. Januar 2011 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung
abzulehnen bzw. er erklärt sich bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen:
Der Grosse Rat hat am 16. November 2010 die (10.262) Motion der FDP-Fraktion vom 7. September
2010 betreffend Ausarbeitung einer neuen Strassengesetzvorlage abgelehnt, die forderte, dass das
Strassengesetz dem Grossen Rat neu vorgelegt wird, unter Einbezug der in der Beratung der (10.57)
Botschaft betreffend das Gesetz über das kantonale Strassenwesen (Strassengesetz, StrG) vom 3.
März 2010 gewalteten Diskussionen (17. August 2010 und 24. August 2010). Die Gründe für die
Ablehnung der Motion waren vielseitig. Einerseits wurde erwartet, dass eine Revision des
Strassengesetzes gleichwertig mit der Ökologisierung der Motorfahrzeugabgabe behandelt werden
müsse. Andererseits wurde die Notwendigkeit einer Revision des Strassengesetzes grundsätzlich in
Frage gestellt.
In Übereinstimmung mit der vorliegenden Motion erachtet der Regierungsrat nach wie vor eine
Revision der 40 Jahre alten Strassengesetzgebung als wichtig und notwendig, um den künftigen
Entwicklungen und Herausforderungen im Strassenwesen begegnen zu können. Den Umfang der
Revision, wie er in der Motion aufgeführt wird, will der Regierungsrat offen halten. Es gilt dannzumal
zu prüfen, inwieweit eine Revision greifen muss. Daher ist der Regierungsrat bereit, die Motion als
Postulat entgegen zu nehmen.
Die heute 40 Jahre alte Strassengesetzgebung weist formale und inhaltliche Unzulänglichkeiten auf,
die den Ansprüchen an eine gute und zeitgerechte Gesetzgebung nicht mehr genügen. Eine
systematische Definition des Strassenwesens ist erforderlich, die Verrechnung von Leistungen unter
Verwaltungsabteilungen soll gestrafft und diejenige von Bussen praxistauglich angepasst werden. Für
Überbrückungsfinanzierungen, insbesondere von Projekten des Bundes, soll die rechtliche Grundlage
geschaffen werden. Weiter sind Präzisierungen nötig bei den Abgrenzungen zur Finanzierung des
Individualverkehrs zulasten der Strassenrechnung und des öffentlichen Verkehrs zulasten der
ordentlichen Rechnung sowie zum NFA-Ausgleich zwischen Strassenrechnung und ordentlicher
Rechnung. Schliesslich sollen die finanztechnischen Regeln der Spezialfinanzierung
Strassenrechnung (Verschuldung, Verzinsung) angepasst und auf das Finanzhaushaltsrecht des
Kantons abgestimmt werden. Aber auch die Abgrenzung der Leistungen zwischen Kanton und
Gemeinden muss aktualisiert werden.
Zu beachten ist der Zusammenhang mit der (10.273) Motion Sämi Richner, EVP, Auenstein
(Sprecher), und neun Mitunterzeichnende, vom 14. September 2010 betreffend Ökologisierung der
Motorfahrzeugabgaben für Fahrzeuge bis 3,5 t. Diese fordert ein neues Bemessungssystem für die
Motorfahrzeugabgaben für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht. Beide Motionen betreffen
Bestimmungen im heutigen Gesetz über die National- und Kantonsstrassen und ihre Finanzierung
(Strassengesetz, StrG). Der Regierungsrat ist auch bereit, die Ökologisierung der
Motorfahrzeugabgaben mit einer Revision des Strassengesetzes nochmals zu thematisieren
beziehungsweise zu überprüfen. Allerdings will er sich bezüglich dem Bemessungssystem nicht über
die erwähnte Motion Sämi Richner, Auenstein, binden lassen, sondern möchte sich die Optionen
bezüglich Bemessungssystem offen halten. Dies speziell darum, weil andere Kantone mittlerweile
über Erfahrungen in der Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben und deren Wirksamkeit verfügen,
die es in die Entscheidungen über eine Ökologisierung der Motorfahrzeugabgabe einzubeziehen gilt.
Zudem gilt es mit zu berücksichtigen, dass das Bundesparlament vor der Entscheidung über die
Einführung einer CO2-Grenze für Personenwagen steht, deren Wirkung einen wesentlicheren Einfluss
auf das Kaufverhalten haben dürfte. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats zur "Offroader"Initiative sieht eine Senkung der durchschnittlichen CO2-Emissionen von sämtlichen neuen
Personenwagen auf 130 Gramm pro Kilometer vor. Überschreiten die durchschnittlichen CO2Emissionen diesen Grenzwert, ist eine Abgabe zu leisten. Der Nationalrat hat dem Gesetzesentwurf
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15. März 2011
Art. 1152
bereits mit grosser Mehrheit zugestimmt. Auch die vorberatende Kommission des Ständerats
unterstützt den Gegenvorschlag zur "Offroader"-Initiative (Januar 2011).
Der Regierungsrat beabsichtigt, die Revisionsthemen zur Strassengesetzgebung (Strassengesetz,
Ökologisierung der Motorfahrzeugabgaben) gegebenenfalls getrennt in zwei verschiedenen
Botschaften abzuhandeln, wird aber eine koordinierte Behandlung im Grossen Rat anstreben.
Aufgrund der dargelegten Gründe lehnt der Regierungsrat die Motion ab, ist aber bereit, sie als
Postulat entgegen zu nehmen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'563.–.
Agustoni Roland, GLP, Rheinfelden: Im Gegensatz zur Motion der FDP-Fraktion vom 30. November,
welche zwar auch eine Ausarbeitung einer neuen Strassengesetzvorlage forderte, dabei aber auf die
gleichzeitige Vorlage einer Änderung der Motorfahrzeugabgabe verzichten wollte, wollen wir mit
unserer Motion eine erneute "gesamthaft revidierte" Strassengesetzgebung.
Dabei sollen alle Optionen welche Gesetze angepasst werden müssen offenbleiben. Dabei wird der
Regierungsrat eingeladen, aufgrund der Beratungen vom 24. August 2010 nach kompromissfähigen
Lösungen zu suchen, welche den Bedürfnissen und Ansprüchen an eine gute und zeitgerechte
Gesetzgebung genügen. Das heute 40 Jahre alte Strassengesetz weist nicht nur formale und
inhaltliche Unzulänglichkeiten auf, es trägt auch den Anliegen des Gesundheits- und Umweltschutzes
keinerlei Rechnung. Ich erspare Ihnen hier eine weitere Auflistung über fehlende Inhalte.
Ich möchte weiterfahren mit dem Vorschlag des Regierungsrats, die Revisionsthemen zur
Strassengesetzgebung gegebenenfalls getrennt, also in zwei verschiedenen Botschaften - eine zum
Strassengesetz und eine zur Ökologisierung der Motorfahrzeugabgabe - zu behandeln. Dies möchten
wir ablehnen. Solches Vorgehen wurde mit der Ablehnung der erwähnten FDP-Motion vom
16.11.2010 mit 48 gegen 71 Stimmen klar und deutlich abgelehnt. Es kann und darf nun nicht durch
die Hintertüre wieder eingeführt werden.
Ich betone es noch einmal: Wir wollen eine "gesamthaft revidierte" Strassengesetzgebung. Da die
GLP immer bereit ist, über Kompromisse zu diskutieren und wo es sinnvoll und möglich ist auch
immer Hand dazu bietet, sind wir mit der regierungsrätlichen Übernahme unserer Motion als Postulat
einverstanden und bitten Sie um Unterstützung in der Form des Postulates.
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine anderslautenden Anträge vor. Wir haben die Motion
umgewandelt in ein Postulat. Sie wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen.
1154 Interpellation der FDP Fraktion vom 7. September 2010 betreffend Energiesanierungen
und damit ausgelöste Schikanen für die Sanierungswilligen; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0792)
Mit Datum vom 8. Dezember 2010 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Zur Frage 1: "Stimmt es, dass nach einer energetischen Sanierung Neueinschätzungen und
Steigerungen des Versicherungswertes durch das AVA anstehen? Wenn ja, nach welchen
Grundsätzen
erfolgen
diese?
Ab
welchen
Investitionen
fallen
welche
Versicherungsprämiensteigerungen an?"
Unter den Begriff "energetische Modernisierungen" können verschiedene Sachverhalte fallen. Es kann
sich zum Beispiel um eine bessere Dämmung der Aussenwände eines Gebäudes handeln oder die
Installation einer Solarenergieanlage auf dem Gebäudedach. Um Eigentümerinnen und Eigentümer im
Ereignisfall schadlos halten zu können, hat der Gebäudeversicherungswert auch den allenfalls im
Zusammenhang mit energetischen Modernisierungen entstehenden Gebäudemehrwert zu umfassen.
Es sind somit alle Gebäudemehrwerte zu versichern; eine untere Limite existiert nicht. Wird der
Gebäudemehrwert nicht in den Versicherungswert aufgenommen, entsteht im Schadenfall eine
Deckungslücke.
Ob jeweils eine Neueinschätzung durchzuführen ist oder der Versicherungswert lediglich aufgrund der
Meldung durch die Eigentümerschaft um den Mehrwert erhöht werden kann, ist im konkreten Fall zu
beurteilen. Handelt es sich eindeutig um einen neuen, zusätzlichen Gebäudebestandteil (zum Beispiel
2587
Art. 1153
15. März 2011
Solarpanels) mit einem im Vergleich zum Gebäudewert eher geringen Wert, kann dieser ohne
Neueinschätzung in die Versicherung aufgenommen werden. In allen anderen Fällen ist der
Gebäudemehrwert durch eine Schätzung festzustellen. So ist gewährleistet, dass der neue
Versicherungswert
nicht automatisch durch die Addition der durch die energetische Modernisierung ausgelösten Kosten
erhöht wird, sondern im konkreten Einzelfall festgestellt werden kann, welcher Anteil dieser
Investitionen tatsächlich den Gebäudewert erhöht. Für die Schätzung werden keine Kosten erhoben.
Die Prämie für durch energetische Modernisierungen entstehende Gebäudewerte wird aufgrund des
für das Gebäude massgebenden Prämiensatzes errechnet (neuer Versicherungswert x Prämiensatz).
Beispielsweise würde die Dämmung der Aussenwände eines Gebäudes mit einem Mehrwert von Fr.
50'000.– für die Versicherung der Feuer- und Elementarschäden eine Mehrprämie von Fr. 16.50 pro
Jahr verursachen (zum Vergleich: Die Jahresprämie für das Einfamilienhaus mit einem
Versicherungswert von Fr. 500'000.– beträgt Fr. 165.–). Bei Modernisierungen, die nicht innert
kürzester Zeit erfolgen können, empfiehlt es sich, während der Modernisierungsphase eine steigende
Bauzeitversicherung abzuschliessen, so dass die entstehenden Mehrwerte von Beginn der Arbeiten
an versichert sind. Die Pauschalprämie für eine Bauzeitversicherung hängt von der Höhe der
Baukosten ab und beträgt zum Beispiel Fr. 25.– bei Baukosten bis Fr. 50'000.– beziehungsweise Fr.
35.– bei Baukosten bis Fr. 250'000.–.
Zur Frage 2: "Stimmt es, dass nach einer energetischen Sanierung ein höherer Steuerwert der
Liegenschaft resultiert? Wenn ja, nach welchen Grundsätzen erfolgt die Neueinschätzung? Ab
welchen Investitionen fallen welche Anpassungen an?"
Die Frage einer Erhöhung der Steuerwerte oder Eigenmietwerte richtet sich nach den allgemeinen
steuerrechtlichen Normen. Welche Investitionssumme beziehungsweise welche energetisch
modernisierten Bauteile oder Elemente zu einer Erhöhung der Steuerwerte und Eigenmietwerte
führen können, lässt sich deshalb nicht pauschal beantworten. Es ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen,
ob eine Änderung vorzunehmen ist.
Gemäss aargauischem Steuergesetz können ausserhalb einer allgemeinen Neuschätzung die
Eigenmietwerte und Vermögenssteuerwerte nur geändert werden, wenn sich der Bestand, die
Nutzung oder der Wert des Grundstücks wesentlich ändern (§ 218 Abs. 2 Steuergesetz, StG). Nach
konstanter und gerichtlich anerkannter Praxis des Kantonalen Steueramts gilt eine Änderung beim
Vermögenssteuerwert als wesentlich, wenn die Abweichung vom bisherigen Wert 10 % oder mehr
beträgt. Eine Änderung beim Eigenmietwert gilt als wesentlich, wenn der Eigenmietwert um 10 % oder
mehr über oder unter dem bisherigen Wert liegt. Weicht der Eigenmietwert um weniger als 10 % vom
bisherigen Wert ab, ist die Änderung trotzdem wesentlich, wenn sie mindestens Fr. 700.– beträgt.
Sind infolge einer energetischen Modernisierung diese Voraussetzungen beim Steuerwert respektive
beim Eigenmietwert erfüllt, erfolgt eine Anpassung der entsprechenden Werte.
Zur Frage 3: "Stimmt es, dass nach einer energetischen Sanierung im Falle selbstbewohnter
Liegenschaften ein höherer Eigenmietwert angesetzt wird? Wenn ja, nach welchen Grundsätzen
erfolgt die Neueinschätzung? Ab welchen Investitionen fallen welche Anpassungen nach oben an?"
Vgl. Antwort zur Frage 2.
Zur Frage 4: "Stimmt es, dass eine energetische Sanierung höhere Anschlussgebühren für Wasser,
Kanalisation und Strom nach sich ziehen? Gemäss Baugesetz dürfen grundsätzlich keine
investitionsabhängigen Gebühren erhoben werden nach Sanierungsmassnahmen, die z. B. die
Energieeffizienz erhöhen. Die Gemeinden können aber Gebühren erheben, wenn keine kantonalen
Vorschriften bestehen. Nach welchen Grundsätzen erfolgt die Neubeurteilung
(-ansetzung) nach energetischen Sanierungen? Ab welchen Investitionen fallen welche Anpassungen
an?"
Das Baugesetz untersagt den Gemeinden, für energetische Modernisierungsmassnahmen
("Modernisierungsmassnahmen, welche die Energieeffizienz oder die Nutzung erneuerbarer Energien
verbessern") eine Anschlussgebühr für Wasser, Abwasser oder Elektrizität in Rechnung zu stellen (§
34 Abs. 2 Baugesetz, BauG). Die durch die energetische Modernisierung hervorgerufene Erhöhung
der Anschlussgebühren infolge des höheren Versicherungswerts darf nicht erhoben werden. Die
2588
15. März 2011
Art. 1154
baugesetzliche Bestimmung ist direkt anwendbar. Kommunales Recht, das dieser Bestimmung
widerspricht, ist ungültig. Die Gemeinde darf nur dann eine zusätzliche Anschlussgebühr verlangen,
wenn mit der Modernisierung eine andere Nutzung möglich gemacht oder die nutzbare Fläche
erweitert werden soll.
Zur Frage 5: "Stimmt es, dass eine energetische Sanierung eine Neuvermessung notwendig machen?
Minergiesanierungen, die in staatlichen Gebäudeprogrammen gefördert werden, erfordern bei
Altliegenschaften zwangsläufig eine Aussenisolation von wenigstens 15 cm, in der Regel bis zu 18
cm. Gemäss Baugesetz und laut der Verordnung zum Baugesetz sind Abweichungen bedingt durch
Wärmedämmassnahmen
von
Vorschriften,
welche
Abstände,
Nutzungsziffern
oder
Gebäudeabmessungen betreffen, zulässig. Gilt dies uneingeschränkt? Wie steht es mit der
Umsetzung auf Stufe Gemeinden?"
Wie die Interpellation richtig ausführt, können bei bestehenden Gebäuden Wärmedämm-Massnahmen
angebracht werden, auch wenn dadurch baurechtliche Vorschriften verletzt würden. Ein Vorbehalt gilt
nur dort, wo Verkehrssicherheitsinteressen tangiert sind. Für Gebäude, die bereits im Unterabstand zu
einer Strasse stehen und mit der Modernisierung der Strassenabstand noch zusätzlich unterschritten
würde, ist daher eine behördliche Zustimmung nötig (§ 8a Allgemeine Verordnung zum Baugesetz,
ABauV). Unzulässig ist es ferner, ohne entsprechende Ermächtigung die Wärmedämmung jenseits
der eigenen Parzellengrenze – auf dem Nachbargrundstück – zu realisieren. Eigentumsrechte Dritter
würden dadurch verletzt. Die kantonalrechtliche Bestimmung ist direkt anwendbar.
Umsetzungsprobleme sind nicht zu befürchten und auch nicht bekannt.
Amtliche Vermessung; grundsätzliche Bedeutung
Als amtliche Vermessung im Sinne der Art. 942 und 950 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs gelten
die zur Anlage und Führung des Grundbuchs vom Bund anerkannten Vermessungen (Art. 1 Abs. 1
Verordnung über die amtliche Vermessung [VAV] vom 18. November 1992; SR 211.432.2). Die
amtliche Vermessung hat die Aufgabe, Kenndaten über Lage, Form und Inhalt von Grundstücken zu
beschaffen. Diese Daten sind die Grundlage des Grundbuchs und dienen dadurch der Sicherung von
Eigentum und der Wahrung damit verbundener Rechte und Pflichten.
Die Gebäude sind Bestandteil der Informationsebene "Bodenbedeckung" im Objektkatalog der
amtlichen Vermessung (Art. 6 VAV und Art. 7 Abs. 1 Bst. b Technische Verordnung des VBS über die
amtliche Vermessung [TVAV] vom 10. Juni 1994; SR 211.432.21). Die Definition der Gebäude und die
Genauigkeit der Erfassung der Gebäude beziehungsweise Gebäudeecken ist vorgegeben (Art. 14 und
29 TVAV). Die Genauigkeit richtet sich nach Toleranzstufen (Art. 3 TVAV), wobei die Toleranzstufe 2
die überbauten Gebiete und die Bauzonen beinhaltet.
Sämtliche Bestandteile der amtlichen Vermessung unterliegen der Nachführung (Art. 22 VAV;
Nachführungspflicht). Die Kosten der Nachführung trägt der Verursacher (Art. 1 Abs. 2 Verordnung
der Bundesversammlung über die Finanzierung der amtlichen Vermessung [FVAV] vom 6. Oktober
2006; SR 211.432.27; Verursacherprinzip). Die Entschädigung der Arbeiten aus der Nachführung
erfolgt gemäss der Verordnung über die Entschädigung der Nachführungsgeometer vom 20. Februar
2008 (SAR 723.154).
Neuvermessung beziehungsweise Nachführung nach einer energetischen Modernisierung
Das Anbringen von Aussendämmungen an Gebäuden löst in der Regel eine Neuvermessung
beziehungsweise Nachführung der Gebäude in den Daten der amtlichen Vermessung aus.
Massgebend ist dabei die Dimension der angebrachten Aussendämmung.
Angebrachte Aussendämmungen beziehungsweise die Gebäude sind in den überbauten Gebieten
und Bauzonen nachzuführen, wenn die Gebäudeeckpunkte sich um 10 cm (Art. 29 TVAV) verändern,
das heisst, wenn sich zwei Fassadenlinien übers Eck jeweils um mehr als 7 cm parallel verschieben
(vgl. Technische Richtlinie "Detaillierungsgrad in der amtlichen Vermessung; Informationsebene
Bodenbedeckung und Einzelobjekte").
Durch die Neuvermessung beziehungsweise Nachführung des Gebäudes ändert die Gebäudefläche.
Die neu berechnete Fläche wird im Grundbuch (Liegenschaftsbeschrieb) sowie in weiteren Registern
(Eidgenössisches Gebäude- und Wohnungsregister, kantonales Objektregister etc.) aktualisiert.
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Zur Frage 6: "Stimmt es, dass nach einer energetischen Sanierung darum zunächst ein
Bürokratieabbau angezeigt wäre? Was gedenkt der Regierungsrat dagegen konkret zu tun, damit
Fördermassnahmen durch Bürokratie und die oben beschriebenen Fehlanreize nicht wieder zunichte gemacht
werden?"
Aus den vorliegenden Fragenbeantwortungen geht hervor, dass es sich bei verschiedenen der
angesprochenen Folgen einer energetischen Sanierung nicht um Schikanen handelt. Es geht darum,
das sanierte Gebäude entsprechend zu versichern und in seinem Bestand zu schützen. Es erscheint
dem Regierungsrat umgekehrt auch logisch, dass aus einer energetischen Sanierung ab einer
gewissen Grenze ein höherer Steuerwert und allenfalls ein höherer Eigenmietwert resultiert.
Bei der Neuvermessung handelt es sich um den Vollzug von Bundesrecht. Der Regierungsrat prüft
eine Intervention auf Bundesebene.
Bezüglich der Erhebung von Anschlussgebühren und der Bewilligung von energetischen Sanierungen
hat der Regierungsrat die entsprechenden Rechtsgrundlagen bereits im Sinne der Interpellation
angepasst.
Zur Frage 7: "Ist es möglich, vor der energetischen Sanierung die Bewilligungsverfahren materiell und
formell zu vereinfachen, zum Beispiel durch vereinfachte oder weniger Formulare oder durch das
Einrichten von one-stop shops etc.?"
Ansprechpartner für die Bewilligungen in den Bauzonen sind die Gemeinden. Diese stellen die
erforderlichen Dokumente zur Verfügung.
Der Gemeinderat kann Bauvorhaben, die weder nachbarliche noch öffentliche Interessen berühren,
nach schriftlicher Mitteilung an direkte Anstösser ohne Auflage, Veröffentlichung und Profilierung
bewilligen ("vereinfachtes Verfahren" gemäss § 61 Baugesetz). Im Entwurf zum revidierten
Energiegesetz wird eine Fremdänderung von § 61 vorgeschlagen, die nochmals eine
Verfahrensvereinfachung beinhaltet.
Aussenisolationen zur energetischen Modernisierung von bestehenden Bauten und Anlagen werden
im vereinfachten Baubewilligungsverfahren beurteilt. Liegen sie ausserhalb von Bauzonen oder in der
Umgebung eines geschützten Baudenkmals, ist eine kantonale Zustimmung nötig (§ 30a Abs. 3
ABauV; Vereinfachtes Baubewilligungsverfahren).
Das kantonale Recht kann allerdings nicht alle möglichen Fallbeispiele und Details regeln. Den
Gemeinden verbleibt im Einzelfall ein begrenzter Ermessensspielraum, den sie zugunsten der
Bauherrschaft nutzen können.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'635.–.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Wer energetisch saniert, will etwas tun für die Umwelt. Aber vor
allem setzt er auch die Bürokratie und den Staat in Marsch. Ich danke dem Regierungsrat für die
transparente und ehrliche Antwort zu diesem staatlichen Schildbürgerstreich.
Der Reihe nach: Viele Hausbesitzer investieren Zehntausende von Franken in eine neue Heizung, in
eine Solaranlage oder in eine bessere Dämmung des Gebäudes. Sie tun so Gutes für die Umwelt,
senken den Energieverbrauch und verbessern die CO2-Bilanz. Der Staat hilft zudem mit
Förderprogrammen und finanziert mit Steuergeldern. Aber "oha lätz", die Sanierer haben die
Rechnung ohne die staatliche Bürokratie gemacht. Der Amtsschimmel wiehert laut und deutlich. Das
Haus hat an Mehrwert gewonnen, also verlangt die Gebäudeversicherung eine höhere Prämie, sonst
entsteht eine Deckungslücke, eventuell muss eine Neueinschätzung gemacht werden, dann steigen
auch die Steuerwerte und die Eigenmietwerte, wenn der Wert der Liegenschaft um mehr als 10
Prozent zugenommen hat. Bei einer neuen grösseren Aussendämmung darf sich der ahnungslose
Sanierer noch zusätzlich ärgern, weil eine neue, teure Vermessung nötig ist. Diese Vermessung muss
laut Regierungsrat alle Kenndaten über Lage, Form und Inhalt von Grundstücken erfassen. Für die
nicht geringen Kosten muss selbstverständlich wieder der Hausbesitzer aufkommen. Die FDP ist dem
Regierungsrat dankbar für die Transparenz bezüglich der staatlichen Schikanen. Jetzt ist es klar, die
Fördergelder zieht der Staat via die erwähnten Massnahmen gleich wieder ein.
Weit weniger zufrieden sind wir mit der Grundeinstellung des Regierungsrates zu diesen Schikanen.
Es ist so und bleibt so: Es gibt kein noch so geringes Anzeichen, dass der Regierungsrat
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Handlungsbedarf sieht. Hingegen sieht die FDP den Handlungsbedarf schon. Wir sehen dringenden
Handlungsbedarf! In diesem Sinne erkläre ich für die FDP: Wir sind nur teilweise zufrieden.
Vorsitzende: Die Interpellanten sind teilweise befriedigt; das Geschäft ist erledigt.
1155 Auftrag der Fraktion der Grünen vom 26. Oktober 2010 betreffend Bezug von
aufbereitetem Uran aus Majak (Russland) durch die AXPO Holding AG; Ablehnung
(vgl. Art. 0893)
Mit Datum vom 19. Januar 2011 beantragt der Regierungsrat, den Auftrag mit folgender Begründung
abzulehnen:
Der Kanton Aargau erwartet, wie die anderen Aktionäre auch, dass die Axpo Holding AG dem
Anspruch einer nachhaltigen Energieproduktion nachkommt und die erforderliche Transparenz
bezüglich der Beschaffung von Brennstäben schafft. Dem Regierungsrat ist wichtig, dass in der
gesamten Herstellerkette internationale Umwelt- und Qualitätskriterien eingehalten werden. Der
Regierungsrat besteht darauf, dass in allen Bereichen unserer Gesellschaft die Umweltvorgaben
einzuhalten sind und die Nichteinhaltung entsprechend geahndet wird. Er fordert und begrüsst daher
die Anstrengungen der Axpo Holding AG, im Brennstoffkreislauf volle Transparenz zu schaffen und
danach bei Bedarf sachgerechte Massnahmen zu treffen. Für den Regierungsrat steht fest, dass die
Kriterien der Nachhaltigkeit auch hier konsequent eingehalten werden müssen.
Es ist die Aufgabe der Geschäftsleitung der Axpo Holding AG und der Axpo AG, die erforderliche
Transparenz zu schaffen und dem Verwaltungsrat entsprechende Massnahmen vorzuschlagen. Die
Untersuchungen müssen unter anderem auch aufzeigen, ob aufgrund der Verletzung von
internationalen Standards in der Lieferkette Menschen oder die Umwelt zu Schaden gekommen sind.
Der Vertreter des Regierungsrats wird im Verwaltungsrat der Axpo Holding AG auf eine
entsprechende Transparenz drängen und folgerichtige Massnahmen anmahnen. Der Regierungsrat
geht davon aus, dass die Axpo Holding AG gegenüber der Öffentlichkeit vollständige Transparenz
über ihre Erkenntnisse und Massnahmen schaffen wird.
Bevor Konsequenzen auf die bestehenden Vertragsverhältnisse gezogen werden können, müssen die
Resultate der Abklärungen abgewartet werden. Eine Beurteilung muss durch den Verwaltungsrat der
Axpo Holding AG vorgenommen werden. Der Regierungsrat lehnt es aufgrund der klaren
Zuständigkeiten und der zur Verfügung stehenden Informationen ab, die Axpo Holding AG zu einer
fristlosen Auflösung der entsprechenden Verträge aufzufordern. Weder sind die Resultate der
Abklärungen bekannt, noch können die juristischen und finanziellen Folgen einer Auflösung
abgeschätzt werden. Es ist Aufgabe des Verwaltungsrats, ausgehend von den Abklärungen, die
allenfalls notwendigen Schritte einzuleiten. Der Regierungsrat erwartet von der Geschäftsleitung und
vom Verwaltungsrat der Axpo Holding AG, dass allfällige Massnahmen ergriffen werden, falls
Unregelmässigkeiten entdeckt werden sollten. Der Vertreter des Regierungsrats im Verwaltungsrat
wird sich für die Durchsetzung der für den Kanton Aargau wichtigen Umwelt-, Qualitäts- und
Nachhaltigkeitskriterien beziehungsweise für entsprechende Massnahmen einsetzen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'155.–.
Kälin Irène, Grüne, Lenzburg: Es ist ja schön zu hören, dass es dem Regierungsrat ein grosses
Anliegen ist, dass die Axpo dem Anspruch einer nachhaltigen Energieproduktion nachkommt und die
erforderlichen Transparenzen bezüglich des Bezugs ihrer Uranbrennstäbe schafft. Aber diese
Transparenz hätte die Axpo schon lange schaffen sollen. Normalerweise sollte die Transparenz
vorliegen, bevor man Verträge abschliesst. Besonders wenn es sich um so gefährliches Material
handelt. Wie man Atomstrom weiterhin als nachhaltige Energieproduktion bezeichnen kann, ist in
Anbetracht der katastrophalen Lage in Japan geradezu ein Affront, genauso wie für Mensch und
Umwelt in Majak das Wort "Zauber", mit welchem die Axpo für ihren Strom wirbt, bloss ein schlechter
und trauriger Witz sein kann.
Es darf nicht sein, dass man von Aussen infolge von Ungereimtheiten an die Axpo herantreten muss
und dann während Monaten zu hören bekommt, dass man im Abklärungsprozess sei, keine Angaben
machen könne und schliesslich zugestanden bekommt, dass man keine Ahnung habe, ob
wiederaufbereitetes Uran aus Majak bezogen werde oder nicht. Wie die Axpo derweilen weiterhin mit
der Sauberkeit des Atomstroms werben kann, ist nicht nur unverständlich, sondern eine Impertinenz.
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Wie der Regierungsrat davon ausgehen kann, dass die Axpo vollständige Transparenz gegenüber der
Öffentlichkeit schaffen wird, ist nach der bisher sehr verschleierten Berichterstattung sehr fragwürdig.
Die leeren Aussagen hinter denen sich die Axpo bis jetzt erfolgreich zu verstecken wusste, lassen in
keiner Hinsicht auf eine transparente und offene Kommunikation schliessen. Ihre Kommunikation ist
und
war schlecht bis unzulänglich. Sie geben immer nur so viel Information heraus wie sie müssen, wenn
man sie an den Pranger stellt. Ihre Aussagen stehen im Widerspruch zum dem, was die internationale
Atomenergie Agentur IAEA sagt und Greenpeace ihnen schon lange aufgezeigt hat. Aufgrund dieses
unerfreulichen Tatbestandes sind wir nach wie vor der Meinung, dass der Regierungsrat seine
Verantwortung und seinen Einfluss stärker geltend machen soll, als bloss der Geschäftsleistung und
dem Verwaltungsrat der Axpo zu vertrauen.
Es darf nicht sein, dass die Axpo Verträge abschliesst, deren Rückverfolgung bis zum Ursprung nicht
möglich ist und deren folgende Lieferantenkette ihnen nicht vorliegt. Dass es der Axpo innerhalb von
einer Frist von beinahe zwei Jahren, seit sie von Greenpeace wiederholt dazu aufgefordert worden
sind, ihre Vertragsverhältnisse zu klären, nach wie vor nicht gelungen scheint Abklärungsergebnisse
vorzulegen und Resultate vorzuweisen, ist kein Grund weiter zu warten. Nein, es ist absolut
unverständlich wie Abklärungen solange dauern können, zumal es sich bei diesen Verträgen um
hochgefährliches radioaktives Material handelt. Die ganze intransparente Situation ist ein Grund, auf
die Auflösung dieser Verträge zu drängen.
Die Fraktion der Grünen bittet Sie um Unterstützung für die Überweisung dieses Auftrags und fordert
den Regierungsrat nochmals dazu auf, seinen Einfluss geltend zu machen. Als Vertreter des Kantons
Aargau, der mit der AEW Energie AG Hauptaktionär der Axpo ist und im Sinne der dem Regierungsrat
wichtigen Umwelt-, Qualität- und Nachhaltigkeitskriterien ist es seine Pflicht gegenüber unserem
Kanton seine diesbezügliche Verantwortung wahrzunehmen.
Ryser Rolf, SVP, Würenlingen: Heute machen uns die Ereignisse in Japan alle tief betroffen.
Trotzdem dürfen wir jetzt nicht in Hysterie verfallen und jeden noch so geringen Vorfall in einem
Kernkraftwerk zur Katastrophe hochstilisieren. Bleiben wir also auf dem Boden der Realität! In diesem
Sinne stimmt die SVP der ausführlich begründeten ablehnenden Haltung des Regierungsrates
vollumfänglich bei und lehnt den Auftrag der Grünen ab.
Die in grosser Eile zwischen 1945 bis 1948 erbaute kerntechnische Anlage Majak war die erste
Anlage zur industriellen Herstellung spaltbaren Materials in der Sowjetunion und beileibe alles andere
als ein Musterexemplar. Es war ein Werk Stalins, das diese ganze Tragödie ausgelöst und absolut
keine Rücksichten auf die Umwelt genommen hat. So wurden beispielsweise die Abfälle während
zwei Jahren ungefiltert in den Fluss Tetscha abgeleitet. Unvorstellbar! War doch dieser Fluss die
Lebensader der kargen Steppenlandschaft. Die Folgen für badende Kinder, Kühe, Fische sind uns
heute leider bekannt. Es ist allgemein bekannt, dass es in Majak Altlasten gibt und da geben auch wir
ehrlich zu, dass diese nicht tolerierbar sind. Es stellt sich die Frage, ob von der heutigen
Wiederaufbereitung in Majak ein Risiko ausgeht und die Umwelt weiter belastet wird oder eben nicht.
Dies zu klären ist Sache der Axpo und zweifellos nimmt sie diesen Auftrag auch entsprechend ernst.
Die bis heute zur Verfügung stehenden Informationen reichen jedenfalls nicht aus für eine fristlose
Auflösung der entsprechenden Verträge. Die juristischen und finanziellen Folgen eines
Vertragsbruches sind nicht absehbar, erst aufgrund der Faktenlage kann entschieden werden, ob die
Axpo dem Vertrag mit den Lieferanten kündigen kann oder nicht. Die SVP verlangt deshalb vom
Regierungsrat und vor allem von dessen regierungsrätlichen Vertreter im Axpo-Verwaltungsrat eine
lückenlose Aufklärung der Vorfälle sowie die Resultate daraus und was für Massnahmen getroffen
werden. Die SVP bittet Sie deshalb, den Auftrag abzulehnen und die Resultate der Untersuchungen
durch die Axpo Holding AG abzuwarten.
Wyss Kurt, CVP, Leuggern: Die Berichterstattung über die Schäden an Menschen und Umwelt in
Majak, wie sie angesprochen und/oder gefordert wird, bedeuten vor allem eine historische
Aufbereitung. Denn die schlimmen Verseuchungen der Gegend gehen auf die Ära Stalin zurück. Sie
wurden vom sowjetischen Drang verschuldet, die freie Welt mit nuklearer Vernichtung zu bedrohen
und zu erpressen. Um diese Ziele zu erreichen, haben die Sowjets keine Rücksicht auf Menschen und
Umwelt genommen. Heute kennen wir die Angriffspläne des damaligen Warschauer Pakts auf die
westliche Welt. Anders als von Nostalgikern immer wieder behauptet, hätte das Militärbündnis unter
der Führung der Sowjetunion nicht zu konventionellen Waffen gegriffen, sondern den Überfall auf
Europa mit dem massiven Einsatz von Atomwaffen und der nuklearen Verwüstung Europas
begonnen. Diesem Ziel sind Menschen und Umwelt in Majak untergeordnet worden. Die Axpo dafür
moralisch verantwortlich zu machen, ist schlicht absurd. Die Forderung aus den Verträgen
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Art. 1155
auszusteigen, scheint politisch korrekt zu sein. Aber sie ist kurzsichtig. Letztlich sind es die Geschäfte
mit der Energiewirtschaft, die zum Einsehen geführt haben, dass dort die Sicherheitsstandards erhöht
werden müssen und die Mittel, die mit diesen Geschäften erwirtschaftet werden können die
notwendigen Investitionen in Sicherheitsstandards garantieren, die westlichen Ansprüchen genügen.
Insofern ist der Antrag der Grünen kontraproduktiv, da er nicht verhindert, dass die beanstandete
Anlage weiterhin in Betrieb steht. Dieser Betrieb ist aber gerade die Voraussetzung, dass Altlasten saniert, hohe Standards eingeführt und
die nötigen Investitionen getätigt werden.
Die CVP-BDP-Fraktion unterstützt jedoch Punkt 1 des Auftrages. Wir fordern eine lückenlose
Aufklärung über den Bezug von aufbereitetem Uran durch die Axpo Holding AG. Wir lehnen aber die
Auflösung des Vertrages aufgrund meiner Ausführungen ab.
Andermatt-Bürgler Astrid, SP, Lengnau: Die Fraktion der Grünen hat mit diesem Auftrag klar
gefordert, dass der Kanton Aargau volle Transparenz seitens des Staatskonzerns Axpo verlangt.
Diese Forderung unterstützt die SP vollumfänglich. Die Antwort des Regierungsrates ist alles andere
als gut. Zwar bekennt sich der Kanton wie immer zu den Kriterien der Nachhaltigkeit, sagt aber auch
wie immer, dass sie konsequent eingehalten werden müssen, überlässt diese Umsetzung aber der
Geschäftsleitung der Axpo Holding AG. Es sei ihre Aufgabe Transparenz zu schaffen. Also "ihre"
Aufgabe, sagt der Regierungsrat und er gehe davon aus, dass gegenüber der Öffentlichkeit diese
Transparenz geschaffen werde. Das ist "blauäugig", wenn man weiss, wie klar jetzt die
Kommunikation war. Würde ich so viel Vertrauen in meine Schülerinnen und Schüler setzen, würden
mir diese schon lange auf der Nase herumtanzen. Bedenklich ist ebenfalls die folgende Formulierung
des Regierungsrates: "Bevor Konsequenzen auf die bestehenden Vertragsverhältnisse bezogen
werden, müssten erst die Resultate der Abklärung abgewartet werden."
Wäre nur ein Bruchteil wahr, was in Majak abläuft und welche Schäden durch radioaktive
Verseuchung bis jetzt an Mensch und Umwelt durch die unsachgemässe Behandlung, die Lagerung
und die Transporte begangen worden sind, hätte der Kanton als Stromproduktionsauftraggeber, als
Mitgegangener und Mitgehangener sofort alles in die Wege leiten müssen, um jede weitere Lieferung
zu stoppen. Es kann nicht sein, dass sich der Kanton Aargau mitschuldig macht und bei der
radioaktiven Verseuchung einer Grossregion mitmacht und mitschuldig ist. Niemand kann behaupten und das hat Rolf Ryser ja gesagt, sie hätten von diesem Skandal nichts gewusst.
Wir verlangen von dem Vertreter des Regierungsrates, dass er sich nicht nur für die Umwelt-,
Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien einsetzt, sondern diese klar von der Axpo fordert.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Es ist das Ziel einer Produktdeklaration (Environmental Product
Declaration EPD) die Herkunft der einzelnen Bestandteile und die damit verbundenen
Umweltbelastung zu klären. Gerade eine solche EPD hat letztlich die Kontroverse um die in Beznau
verwendeten Brennstoffe ausgelöst. Die Klärung der Umweltbelastung kann nur in Zusammenarbeit
mit dem Lieferanten vorgenommen werden. Der Bezug von Brennelementen für das Kernkraftwerk
Beznau ist zwischen der Axpo und der französischen AREVA vertraglich geregelt. Die Elemente
werden wie bekannt in Russland hergestellt. Dieses Herstellungsverfahren ist nun Gegenstand
näherer Abklärungen. Hier steht die Axpo in der Pflicht und nicht der Regierungsrat. Die Axpo steht in
der Pflicht.
Die im überwiegenden Teil korrekte EPD muss neu zertifiziert werden. Davon betroffen ist die
Prozesskette zur Herstellung der beanstandeten Brennstoffe, dass heisst, neu kommen die
Bewertungen der Prozesse in Sowjetsk und Majak hinzu. Es ist wie erwähnt nicht Sache des
Regierungsrates Bericht zu erstellen. Auch verfügt der Regierungsrat nicht über die für solche
Abklärungen erforderlichen personellen und fachlichen Ressourcen. Er ist Aktionär und Teilhaber. Die
Darstellung der Schäden an Menschen und Umwelt, wie sie gefordert wird, bedeutet allerdings in
erster Linie eine historische Aufarbeitung, denn die Kontamination - wir haben es gehört - von
Landschaft und Bewohnern geht namentlich auf das sozialistische Stalinregime zurück und dem
sowjetischen Willen zur kernwaffentechnischen Überlegenheit. Für dieses Ziel haben die Sowjets, die
auch sonst nicht für eine hohe Achtung vor den Menschenrechten in die Geschichte eingegangen
sind, keinerlei Rücksicht auf Mensch und Umwelt genommen. Die Axpo hierfür verantwortlich zu
machen, ist bestenfalls Geschichtsklitterung.
Auch die Forderung aus den Verträgen auszusteigen - und das ist ein wichtiger Punkt -, ist einzig auf
die kurzfristige Bedienung ideologischer Interessen ausgerichtet. Letztlich sind es gerade diese
Verträge und diese Geschäfte mit westlichen Industrieunternehmen, die das Bewusstsein für Umweltund Sicherheitsstandards geschärft, wenn nicht sogar erst geschaffen haben.
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Weiterhin ist Folgendes wichtig: Die generierten Umsätze sind Voraussetzung für die Sanierung von
Altlasten. Die laufende Erhöhung der Sicherheitsstandards und die dafür notwendigen Investitionen
kommen aus diesen Umsätzen. Eine Kündigung der Verträge würde genau das Gegenteil bewirken;
wir sollten deshalb nicht aussteigen, sondern mithelfen, dass dort die Altlasten saniert werden. Die
FDP lehnt den Auftrag aus den gesamten Gründen ab.
Wyss Kurt, CVP, Leuggern: Ich möchte nochmals im Namen der CVP-BDP-Fraktion betonen, wir unterstützen den Auftrag in Punkt 1 "lückenlose Aufklärung". Dass bedeutet jedoch, dass die Grüne
Fraktion den Auftrag anpassen und Punkt 2 streichen muss. Wir sind nicht für die Auflösung des
Vertrages.
Kälin Irène, Grüne, Lenzburg: In der Hoffnung für Punkt 1 eine Mehrheit zu finden, ziehen wir Punkt 2
zurück.
Beyeler Peter C., Landammann, FDP: Ich möchte weder auf die Zustände in Majak eingehen noch die
dortigen Verhältnisse beurteilen. Man kennt die Verhältnisse von den Fotografien. Man weiss was
früher - vor 10-20 - Jahren dort geschehen ist.
1. Wir wissen, dass die Wiederaufbereitung der Brennelemente in Majak in Auftrag gegeben wurde.
Aber wir wissen auch, dass die vertraglichen Verhältnisse nicht von Axpo nach Majak gehen, sondern
es ist das französische Unternehmen AREVA, das diese Wiederaufbereitung übernommen hat. Die
Axpo ist kein direkter Auftraggeber nach Majak.
2. Es ist zu verurteilen, was früher in diesen Orten geschehen ist. Es wäre auch zu verurteilen, wenn
die gleichen Zustände auch heute noch da wären. Aber die vorliegenden Informationen lauten, dass
sich die Verhältnisse wesentlich gebessert haben.
Bernhard Scholl hat gesagt, dass solche Orte und Unternehmen ihre Altlasten nicht sanieren können,
wenn sie keine Aufträge haben. Wir kennen die russischen Verhältnisse. Es ist sehr schwierig dort
etwas zu erwirken beziehungsweise man kann es faktisch nicht. Der Staat ist nicht demokratisch und
so wie wir es kennen aufgebaut. Man kann nicht einfach hingehen und sagen: Seid mal lieb und
macht was! Es sind sehr schwierige politische Verhältnisse.
3. Der von Ihnen gestellte Auftrag ist dermassen umfassend. Der Regierungsrat hat überhaupt keine
Möglichkeit auch nur irgendwelche Informationen selbst zu erlangen. Der Regierungsrat kann sich nur
auf die Information der Axpo abstützen. Ihr Auftrag kann in sich schon nicht funktionieren, ausser Sie
geben uns den Auftrag, dass ich als Kanton Aargau mit dem russischen Präsidenten Kontakt
aufnehme und ihm mitteile, wir möchten jetzt diese Angelegenheit untersuchen. Ich möchte es nicht
lächerlich machen, aber Sie müssen mal schauen, was hier für Forderungen gestellt werden. Wir
können dem Parlament einen Axpo-Bericht zustellen. Mehr können wir wirklich nicht tun. Wir haben
keine rechtlichen Grundlagen um entsprechend zu handeln. Wir haben keine Beziehung zu AREVA,
geschweige denn nach Majak. Wenn die Axpo nach Majak gehen will, dann braucht es dafür einige
Monate Vorbereitungszeit. Da kann man sich nicht einfach in den Flieger setzen und nachschauen
gehen. Ich glaube, es ist für einen Parlamentarier und eine Parlamentarierin einfach ohne Fakten zu
urteilen oder zu verurteilen. Es ist aber für einen Regierungsrat "unmöglich" ohne Fakten zu
antworten. Das ist die Schwierigkeit. Worte wie trauriger Witz, Impertinenz, leere Aussagen,
Unzulänglichkeiten, die kann man im Parlament sagen, das ist legitim und rechtens. Aber der
Regierungsrat kann hier nicht gleichwertig sprechen. Sie geben uns einen Auftrag und dazu muss ich
Ihnen sagen, was wir machen können ist Folgendes: Wir können den Axpo-Bericht dem Parlament
zuleiten, aber wir können keinen umfassenden Bericht über diese offenen Punkte und Fragen
erstellen, weil wir keine Möglichkeiten haben hierzu zu recherchieren. Das sind die Fakten.
Ich bitte Sie einzugestehen, dass wir hier nicht einfach handeln können, wie wenn es sich um eine
Kehrichtdeponie im Kanton Aargau handeln würde. Dort haben wir einen Rechtsstatus und können
entsprechende Massnahmen einleiten. Aber bei diesem Geschäft ist das leider nicht möglich. Egal wie
Sie es auch immer beurteilen.
Deshalb bitte ich Sie, auch bezüglich Punkt 1 den Auftrag nicht zu erteilen. Ausser - und nun
interpretiere ich den Auftrag -, dass wir Ihnen dazu den entsprechenden Axpo-Bericht weiterleiten.
Ich komme zu unserem Einfluss auf die Axpo: Die AEW Energie AG besitzt keine Mehrheit an der
Axpo. Sie hält 14 Prozent und der Kanton Aargau hat ebenfalls 14 Prozent Aktienanteil. Von den
anderen Parlamenten wurden keine diesbezüglichen Aufträge verlangt. Der Verwaltungsrat bemüht
sich wirklich redlich, dass diese Aufklärung gemacht wird. Es haben auch Gespräche mit Greenpeace
stattgefunden. Man hat die Situation besprochen. Man wird alles was möglich ist aufklären, das steht
fest: Was möglich ist. Aber falls von den russischen Behörden keine Bewilligung erteilt wird, kann man
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Art. 1155
auch nicht recherchieren. Das ist eine Tatsache.
Sie können den Auftrag dem Regierungsrat erteilen, aber wir können nur innerhalb unseres
Kompetenzbereichs handeln. Dieser Kompetenzbereich lässt Einwirkungen auf die Axpo in dem Sinne
zu, dass diese Firma wirklich alles untersucht was möglich ist. Ich kann nur die Axpo-Unterlagen, die
öffentlich sind, an Sie weiterleiten.
Zu Punkt 2 und den Auftrag die Verträge mit den russischen Lieferanten fristlos aufzulösen: Es
handelt sich übrigens um französische Lieferanten. Dieses Ansinnen liegt nicht in der Kompetenz des
Parlaments. Wir haben ein Unternehmen, das selbst entscheidet. Wir haben 28 Prozent Aktienanteil.
Ein Aktionär der ABB kann auch nicht in die Aufträge und in die Vergaben eingreifen. Das sind ganz
andere Kompetenzbereiche. Ich bitte Sie, auch das zu berücksichtigen.
Die Bezeichnung "Blauäugigkeit" dürfen wir bitte nicht so in den Raum stellen. Die Bezeichnung
"Blauäugigkeit" ist ungerecht und unkorrekt. Das muss ich so sagen, weil man sich wirklich bemüht, in
diesem Bereich Transparenz zu schaffen.
Ich wiederhole: Angreifen kann man immer mit Behauptungen. Verteidigen kann man nur mit
Tatsachen. Es braucht sehr viel Zeit in diesem Umfeld, um die Tatsachen zu schaffen. Wenn bei
dieser "Tatsachenbeschaffung" wieder etwas fehlen würde, dann würde die Berichterstattung wieder
ins Negative verdreht und man würde wieder angegriffen werden. Ich bitte Sie, all das zu
berücksichtigen.
In diesem Sinne verteidigt niemand die Wiederaufbereitung in Majak. Es ist ein sehr komplexes
Geschäft. Es hat sehr viel mit interstaatlichen Beziehungen zu tun. Der Auftrag geht nicht von der
Schweiz nach Majak/Russland, sondern er geht via ein französisches Unternehmen dorthin. Daher
können wir den so gestellten Auftrag mit Sicherheit nur so beantworten, wie ich es bereits gesagt
habe. Ich möchte es nicht nochmals wiederholen.
Ich bitte Sie, das Unmögliche nicht möglich machen zu wollen und den Auftrag nicht zu erteilen. So
geht es einfach nicht. Sie und ebenso die Öffentlichkeit werden auf jeden Fall durch die Axpo
informiert; dieser Bericht wird auf jeden Fall erfolgen.
Vorsitzende: Die Fraktion der Grünen hat den Text des Auftrags geändert, in dem sie den Punkt 2
gestrichen hat. Wir stimmen nun über die Überweisung eines modifizierten Auftrages ab.
Abstimmung
Der modifizierte Auftrag wird in der Abstimmung mit 55 gegen 53 Stimmen abgelehnt.
1156 Interpellation Beat Flach, GLP, Auenstein, vom 26. Oktober 2010 betreffend Bezug von
Uranbrennmaterial durch die Axpo aus der russischen kerntechnischen Anlage in Majak und
der Verantwortung des Kantons Aargau als Gross-Aktionär der Axpo Holding; Beantwortung
und Erledigung
(vgl. Art. 0896)
Mit Datum vom 19. Januar 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Zur Frage 1: "Ist der Regierungsrat gewillt, von der Axpo-Führung eine umfassende Information über
die Problemlage in Majak (gesundheitliche, ökologische und Sicherheitsaspekte) zu verlangen und
diese Informationen zu veröffentlichen?"
Der Kanton Aargau erwartet, wie die anderen Aktionäre auch, dass die Axpo Holding AG dem
Anspruch einer nachhaltigen Energieproduktion nachkommt und die erforderliche Transparenz
bezüglich der Beschaffung von Brennstäben schafft. Dem Regierungsrat ist wichtig, dass in der
gesamten Herstellerkette internationale Umwelt- und Qualitätskriterien eingehalten werden und die
Nichteinhaltung entsprechend geahndet wird. Der Regierungsrat besteht darauf, dass in allen
Bereichen unserer Gesellschaft die Umweltvorgaben strikt einzuhalten sind. Er fordert und begrüsst
daher die Anstrengungen der Axpo Holding AG, im Brennstoffkreislauf beziehungsweise der
gesamten Lieferkette volle Transparenz zu schaffen und danach bei Bedarf sachgerechte
Massnahmen zu treffen.
Zur Frage 2: "Ist für den Regierungsrat der Bezug von Brennmaterial aus Majak aus
Menschenrechtsüberlegungen und aus Umweltsicht akzeptabel? Wenn ja, mit welcher Begründung?
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Wenn nein, ist der Regierungsrat gewillt, sich für eine fristlose Auflösung der Verträge mit den
russischen Lieferanten einzusetzen – mittels des Aktienstimmrechtes des Kantons falls nötig?"
Die Axpo Holding AG berücksichtigt bei der Beschaffung von Brennstäben grundsätzlich zertifizierte
Lieferanten, welche strengen Vorschriften unterliegen. Weil im Prozess der Uran-Aufbereitung aber
auch einige Unterlieferanten beteiligt sind, hat es sich gezeigt, dass es komplex ist, die gesamte
Lieferkette bezüglich der Einhaltung internationaler Standards zu kontrollieren. Die heutigen
Produktionsmethoden haben sich gegenüber den ursprünglichen erheblich verbessert. Sie
entsprechen
grundsätzlich den internationalen Standards. Der Regierungsrat lehnt es aufgrund der klaren
Zuständigkeiten und nach dem bisherigen Stand der Erkenntnisse ab, die Axpo Holding AG zu einer
fristlosen Auflösung der entsprechenden Verträge aufzufordern. Der Regierungsrat erwartet aber von
der Geschäftsleitung und vom Verwaltungsrat der Axpo Holding AG, dass allfällige Massnahmen
ergriffen werden, falls Unregelmässigkeiten entdeckt werden sollten.
Zur Frage 3 "Welche Haftungs- und menschenrechtlichen Verantwortungen ergeben sich aus dem
Bezug der Brennelemente für die Axpo? Inwiefern könnte der Kanton Aargau als Aktionär davon
betroffen sein?"
Der Regierungsrat geht davon aus, dass die mit den Lieferanten eingegangenen Vorgaben, welche
die Zertifizierung beinhalten, eingehalten werden. Sollten die Abklärungen der Axpo Holding AG dies
nicht bestätigen, so muss in erster Linie sie die Konsequenzen auf das Vertragsverhältnis mit den
Lieferanten klären. Inwieweit politische Massnahmen notwendig werden, kann aus heutiger Sicht noch
nicht beurteilt werden. Dabei ist wesentlich, ob Majak heute tatsächlich nach internationalen
Standards produziert. Dass vor einigen Jahrzehnten in Majak Umweltsünden begangen wurden, ist
bekannt und muss verurteilt werden. Eine Haftung oder Verantwortung kann nicht für Vorfälle
übernommen werden, welche früher erfolgt sind und nicht im Zusammenhang mit der Lieferung an die
Axpo Holding AG stehen.
Für den Kanton Aargau bestehen keine direkten Haftungsfragen. Entscheidend ist für den
Regierungsrat aber, dass in allen Bereichen unserer Gesellschaft die Umweltvorgaben strikt
einzuhalten sind. Für den Regierungsrat steht fest, dass die Kriterien der Nachhaltigkeit auch hier
konsequent eingehalten werden müssen.
Zur Frage 4: "Wie wird sich der Regierungsrat dafür einsetzen, dass die Axpo Massnahmen zur
sofortigen und langfristigen Verantwortungsübernahme für die Schäden an Bevölkerung und Umwelt
ergreift?"
Sollte es zu Schäden an Bevölkerung und Umwelt gekommen sein, welche aufgrund der Verletzung
von internationalen Umwelt- und Qualitätskriterien entstanden sind, so müsste in erster Linie der
Lieferant zur Rechenschaft gezogen werden. Eine abschliessende Beurteilung kann erst nach
Vorliegen der Abklärungen durch die Axpo Holding AG erfolgen.
Zur Frage 5: "Ist der Regierungsrat bereit, ab jetzt eindeutige und vollständige Angaben zur Herkunft
des Brennmaterials in den Axpo-Kernkraftwerken zu verlangen und diese Angaben öffentlich zu
machen?"
Wie bereits erwähnt, ist es für den Regierungsrat wichtig, dass in der gesamten Herstellerkette
internationale Umwelt- und Qualitätskriterien eingehalten werden. Der Regierungsrat hat zur Kenntnis
genommen, dass die Axpo Holding AG für volle Transparenz im Brennstoffkreislauf sorgen will und
erwartet, dass in der Folge bei Bedarf sachgerechte Massnahmen getroffen werden. Der Vertreter des
Regierungsrats wird sich im Verwaltungsrat in diesem Sinn für die Interessen des Kantons Aargau
einsetzen.
Zu Frage 6: "Findet es der Regierungsrat akzeptabel, dass die Bevölkerung im Kantonsgebiet mit
Strom beliefert wird, dessen Produktion andernorts massive gesundheitliche und ökologische
Schäden verursacht?"
2596
15. März 2011
Art. 1156
Für den Regierungsrat ist es selbstverständlich, dass bei der Stromproduktion weder in der Schweiz
noch im Ausland gesundheitliche und ökologische Schäden verursacht werden dürfen. Erst die
Untersuchungen der Axpo Holding AG werden zeigen, ob tatsächlich durch die Bezüge bei ihren
Lieferanten in Majak Schäden verursacht worden sind.
Umweltsünden, welche vor einigen Jahrzehnten in Majak begangen wurden, sind zu verurteilen,
haben aber keinen Zusammenhang mit den heutigen Bezügen der Axpo Holding AG.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'506.–.
Flach Beat, GLP, Auenstein: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!" Eigentlich sind alle Fragen
und alle Dinge, die ich hier vorbringen wollte, zuvor schon erwähnt worden. Darum nehme ich es
vorweg: Ich bin mit der Beantwortung des Regierungsrates zufrieden. Mit dem Hintergrund bin ich
natürlich nicht zufrieden. Darum möchte ich nur noch etwas anfügen an die vorherige Diskussion und
anmerken, um dies hier abzuschliessen: Vertrauen wir in Zukunft nicht mehr auf Hochglanzprospekte
und auf allgemeine Behauptungen über Zertifizierungen, sondern hinterfragen wir diese, sobald sie
einen Auslandsbezug haben. Hinterfragen wir sie, sobald sie gefährliche Materialien und unsere
Verantwortung gegenüber der Umwelt im Ausland betreffen und für unsere Energiegewinnung
eingesetzt werden.
Vorsitzende: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1157 Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch (Sprecher), Jörg Hunn, SVP,
Riniken, und Richard Plüss SVP, Lupfig, vom 26. Oktober 2010 betreffend Bereitschaft des
Regierungsrats, seine Bohrvorhaben am Bözberg der Überprüfung durch das ENSI zu
unterstellen; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0880)
Mit Datum vom 12. Januar 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Zur Frage: "Ist der Regierungsrat bereit, alle seine Bohrvorhaben am Bözberg durch das ENSI, das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat, überprüfen zu lassen?"
Im Entwurf "Ergebnisbericht: Festlegungen und Objektblätter" zur Etappe 1 des Sachplans
geologische Tiefenlager hält das Bundesamt für Energie fest, dass die Langzeitsicherheit eines
Tiefenlagers einen langfristigen Schutz vor einer Verletzung der Wirt- und Rahmengesteine
(einschlusswirksamer Gebirgsbereich) erfordert. Mögliche Gefährdungen bestehen durch Bohrungen
(ab 200 m Tiefe unter Terrain) sowie die Abtragung überlagernder Schichten. Um eine
Beeinträchtigung der Sicherheit der geologischen Standortgebiete zu vermeiden, sollen die Kantone
verpflichtet
werden,
bestimmte
Nutzungsvorhaben
durch
das
Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) prüfen zu lassen.
Im genannten Ergebnisbericht werden Festlegungen und Objektblätter für das weitere Verfahren, das
heisst für Etappe 2, festgesetzt. Der Schutz der geologischen Standortgebiete wird in den
Festlegungen wie folgt präzisiert:
"Der Schutz aller geologischen Standortgebiete muss gewährleistet werden, bis sie als mögliche
Standortgebiete für ein geologisches Tiefenlager ausscheiden. Folgende Vorhaben können die
Sicherheit der geologischen Standortgebiete beeinträchtigen und werden deshalb einer Meldepflicht
unterstellt:
 Abbau von Bausteinen/Erden ab 50 m Tiefe unter Terrain;
 Erdwärmesonden ab 200 m Tiefe unter Terrain;
 Tiefbohrungen, welche durch ein geologisches Standortgebiet führen oder dieses
tangieren."
Für die am Bözberg geplante Kalk- und Mergel-Prospektion ist eine Bohrtiefe von 100 m erforderlich.
Die vorgesehenen Sondierbohrungen fallen somit nicht unter die Vorhaben, welche nach der
Beurteilung des Bundes die Sicherheit zukünftiger Tiefenlager in den geologischen Standortgebieten
beeinträchtigen können.
2597
Art. 1156
15. März 2011
Aufgrund dieses Sachverhalts besteht für den Regierungsrat kein Anlass, die aktuellen Bohrvorhaben
(Probebohrungen) am Bözberg durch das ENSI überprüfen zu lassen.
Eine neue Situation würde sich ergeben, wenn später die Auswirkungen eines tatsächlichen Abbaus
beurteilt werden sollten. Dieser Sachverhalt würde selbstverständlich dem ENSI zur Prüfung
vorgelegt, sofern das Interesse des Bundes an einem geologischen Standortgebiet Bözberg dann
noch gegeben sein sollte.
Abschliessend ist festzuhalten, dass alle relevanten Unterlagen zum Sachplan geologische
Tiefenlager, Etappe 1, – inklusive Ergebnisbericht – Gegenstand einer öffentlichen Anhörung vom 1.
September 2010 bis zum 30. November 2010 waren. Die Festlegungen zum Schutz der geologischen
Standortgebiete werden erst dann verbindlich, wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist und der Bundesrat
voraussichtlich Mitte 2011 mittels Entscheid Etappe 1 abschliesst.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'045.–.
Dr. Stüssi-Lauterburg Jürg, SVP, Windisch: Zu Beat Flach: Hinterfragen wir allerdings auch im Inland,
Sie haben ein gutes Stichwort gegeben.
Gesetzt den Fall, jemand will einen Einbruch begehen und beschafft sich Einbruchswerkzeug. Wird er
damit von der Polizei aufgegriffen, dann wird er hoffentlich auch bestraft, auch wenn er keinen
Einbruch begangen hat, denn Einbruchswerkzeug ist nun einmal für den Einbruch da.
Gesetzt den Fall, jemand will gegen Grundeigentümer und Gemeinden ein Bergwerk durchdrücken
und zwingt einer ganzen Region Probebohrungen auf, dann hat er diese Probebohrungen genauso
durch das ENSI überprüfen zu lassen, wie das Bergwerk selbst. Denn wozu sollen Probebohrungen
sonst da sein, ausser für ein Bergwerk?
Die Antwort auf unsere Interpellation ist - Sie spüren es - nicht zu unserer Zufriedenheit ausgefallen.
Wir wollen aber die Hoffnung nicht aufgeben und rufen den Regierungsrat an dieser Stelle dazu auf,
rechtzeitig Umkehr zu tun und am Bözberg auf keinen Fall zu bohren bevor das ENSI dieses
Vorhaben überprüft haben wird. Sei es vor oder nach dem zu erwartenden Bundesratsbeschluss über
die Etappe 1 des Sachplan geologische Tiefenlager. An die in dieser Sache merkwürdig apathischen
Medien, die kantonalen wie die nationalen, appellieren wir, die regierungsrätlichen wie auch alle
anderen Handlungen, auch unsere eigenen, und ihre Hintergründe auszuleuchten. Aber bitte nach
den Regeln der Kunst! An Grundeigentümer, Gemeinden und Bewohner der Region schliesslich
ergeht unsere Einladung zur höchsten Wachsamkeit.
Vorsitzende: Die Interpellanten sind mit der Antwort nicht zufrieden. Das Geschäft ist erledigt.
1158 Postulat Dr. Dragan Najman, SD, Baden, vom 17. August 2010 betreffend geplante
Verschandelung des Bahnhof-Gebäudes Baden; Rückzug
(vgl. Art. 0747)
Mit Datum vom 10. November 2010 beantragt der Regierungsrat, das Postulat mit folgender
Begründung abzulehnen:
Das Baugesuch betreffend Umbau und Umnutzung des Bahnhofs Baden wurde bei der Abteilung für
Baubewilligungen des Departements Bau, Verkehr und Umwelt am 12. April 2009 eingereicht. Im
Rahmen der Gesuchsbehandlung wurden alle betroffenen Fachstellen um ihre Beurteilung und
Stellungnahme zum Bauvorhaben ersucht. Auch die kantonale Denkmalpflege des Departements
Bildung, Kultur und Sport wurde in das Verfahren mit einbezogen. Der Entscheid des Departements
Bau, Verkehr und Umwelt und der kantonalen Denkmalpflege sowie die Bewilligung der Stadt Baden
basieren auf den Erwägungen der Fachleute. Die Baubewilligung wurde mit Beschwerde angefochten.
Diese Beschwerde ist noch hängig und der Regierungsrat wird sich erst im Rahmen seines
Beschwerdeentscheids zu den in der Beschwerde vorgebrachten Rügen äussern können. In der
Beschwerde umstritten ist dabei auch der vom Beschwerdeführer kritisierte Entscheid der kantonalen
Denkmalpflege. Dem Begehren der Bauherrschaft um Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn wurde
mit Zwischenentscheid des Rechtsdiensts des Regierungsrats teilweise stattgegeben. Die im Postulat
angeführten baulichen Veränderungen sind dagegen nicht Bestandteil des Zwischenentscheids und
wurden nicht vorzeitig bewilligt.
2598
15. März 2011
Art. 1157
Mit dem Postulat wird der Regierungsrat aufgefordert, in einem bei ihm hängigen
Rechtsmittelverfahren den vorzeitigen Beginn eines Umbaus des Bahnhofs Baden zu verhindern. Der
Postulant will damit den Grossen Rat veranlassen, mit eigenen Anträgen in ein hängiges
Rechtsmittelverfahren einzugreifen. Dem Grossen Rat steht es indessen nicht zu – auch nicht im
Rahmen seiner Aufsichtsbefugnisse – in hängigen Verfahren Anträge zu stellen oder einzugreifen. Ein
Eingriff in ein regierungsrätliches Beschwerdeverfahren durch den Grossen Rat würde eine
Verletzung der Gewaltenteilung gemäss § 68 Abs. 2 der Kantonsverfassung darstellen.
Mit dem Postulat soll der Regierungsrat angehalten werden, eine Massnahme zu treffen. Wie oben
dargelegt, fällt einerseits der Gegenstand des Postulats nicht in die Zuständigkeit des Grossen Rats
(vgl. § 41 Abs. 1 des Geschäftsverkehrsgesetzes, GVG). Anderseits verpflichtet das Postulat gemäss
§ 46 GVG den Regierungsrat, einen Bericht vorzulegen beziehungsweise eine Angelegenheit zu prüfen, jedoch nicht eine Massnahme zu ergreifen. Auch kann der Wortlaut eines Postulats im Verlauf der
Beratungen nicht geändert werden (§ 41 Abs. 2 GVG). Aus diesem Grund erweist sich das Postulat
als unzulässig.
Gemäss § 65 Abs. 2 des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen (Baugesetz, BauG) vom
19. Januar 1993 darf ein vorzeitiger Baubeginn im Beschwerdeverfahren nur bewilligt werden, wenn
dadurch die Entscheidungsfreiheit der Beschwerdebehörde nicht beeinträchtigt wird. Ein vorzeitiger
Baubeginn wird deshalb nur beziehungsweise nur soweit bewilligt, als bauliche Massnahmen im
Beschwerdeverfahren nicht (mehr) umstritten sind. Diese gesetzliche Regelung hat sich in der Praxis
bewährt, da sowohl den Bedürfnissen der Bauherrschaft als auch denjenigen der
beschwerdeführenden Parteien bestmöglich Rechnung getragen wird, ohne den Rechtsschutz zu
beeinträchtigen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'517.–.
Dr. Najman Dragan, SD, Baden: Einleitend hätte ich zuerst eine Frage an den Herrn Landammann. Es
scheint jetzt so zu sein, dass die SBB auf den Ausbruch der Türen in den beiden Flügeln des
Gebäudes verzichten wird. Stimmt das und kann der Herr Regierungsrat mir diese Zusicherung
geben, dass dies nun anscheinend nicht kommen wird? Falls es der Fall sein sollte, könnte ich auf
mein Votum und das Postulat verzichten.
Zur Grossratspräsidentin: Man könnte das Ganze sehr abkürzen, wenn ich diese Frage gleich
beantwortet bekäme. Sonst muss ich mein zweiminütiges Votum halten und am Schluss heisst es
dann, der Ausbruch der Türen wird gar nicht gemacht.
Beyeler Peter C., Landammann, FDP: Zur Sachlage: Es gibt folgende strategische Ausrichtung. Seit
der Einreichung des Vorstosses Najman am 17.08.2010 wurde das Bauprojekt durch die SBB
tiefgreifend umgestaltet. Auf die strittigen Türausbrüche an der Stirnseite des Bahnhofs wurde
verzichtet und die bestehenden Fenster werden belassen. Damit wird der Stellungnahme der
eidgenössischen Denkmalpflege-Kommission entsprochen. Perronseitig wird das Stellwerk
rückgebaut. Vorläufig wird dort in Absprache mit der Denkmalpflege des Bundes auf eine
Rekonstruktion des einstigen Baubestandes verzichtet. Zu einem späteren Zeitpunkt wäre dies jedoch
jederzeit möglich. Da der Bahnhof von Baden der älteste Bahnhof der Schweiz ist, ist es nach meiner
Auffassung, gut so, wie es nun beschlossen wurde.
Dr. Najman Dragan, SD, Baden: Ich danke dem Herrn Landammann für diese Ausführung und ziehe
das Postulat zurück.
Ich habe nur noch ein kleines Bedenken, für den Fall, dass die SBB trotzdem diesen Durchbruch
machen möchte. Ich möchte niemandem allzu nahe treten, aber ich kann es mir in meinen
schlimmsten Albträumen vorstellen, dass man einfach dem Baggerführer den Auftrag gibt und sagt:
Komm mach einen kleinen Unfall und schlag mit deiner Baggerschaufel dorthin, wo die Türen
hinkommen sollten. Wenn es dann kaputt ist, kann man die Türlöcher daraus machen. Ich hoffe sehr,
dass dieses Szenario nicht eintreten wird.
Vorsitzende: Das Postulat wird zurückgezogen; es ist somit erledigt.
1159 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 21. September 2010 betreffend
Passagierfrequenzen in den Bahnhöfen Aarau, Baden, Brugg und Lenzburg; Beantwortung und
Erledigung
2599
Art. 1158
15. März 2011
(vgl. Art. 0841)
Mit Datum vom 8. Dezember 2010 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Grundsätzliches:
Seit der Einführung von Bahn 2000, 1. Etappe, im Dezember 2004 besteht im Aargau ein aufeinander
abgestimmtes Netz im Fern- und Regionalzugsverkehr. Die Kernstädte sind untereinander und mit
den umliegenden Zentren häufig direkt und im Halbstundentakt verbunden. Sowohl die Zentren
Brugg/Baden als auch Aarau profitierten von schnelleren Verbindungen via Neubaustrecke Rothrist–
Mattstetten in die Hauptstadtregion Bern. Die Taktverbindungen Baden/Brugg nach Basel sowie
Aarau/Olten Richtung Jurasüdfusslinie wurden mit Bahn 2000 nicht verschlechtert. Im Gegenteil
profitiert Aarau seit Dezember 2004 von häufigeren und schnelleren Verbindungen nach Solothurn
und Biel.
Die internationalen Fernverkehrszüge nach Zürich fahren heute weitgehend als IC-Taktzüge ohne Halt
zwischen Basel und Zürich. Da diese Züge nicht mehr über die Bözberglinie verkehren und nonstop
Basel–Zürich fahren, verlängerten sich die Reisezeiten aus den Aargauer Städten nach Deutschland
und Frankreich um einige Minuten. Für Baden und Brugg wurden ausserdem die Reisezeiten nach
Basel leicht verlängert, da die Fernverkehrszüge Zürich–Baden–Brugg–Frick–Basel seit Kurzem auch
in Stein-Säckingen (IR) und Rheinfelden (Flugzug) halten. Dadurch verbesserte sich die
Wirtschaftlichkeit der Züge, und die Gefahr, dass die SBB die Züge nicht mehr anbieten werden,
wurde gemildert.
Zur Frage 1: "Wie hoch sind die Passagierfrequenzen in den Bahnhöfen Aarau, Baden, Brugg und
Lenzburg?"
Gemäss Auskunft der SBB liegt der durchschnittliche Verkehr an Werktagen (DWV) in Aarau bei
36'000 ein- und aussteigenden Fahrgästen pro Tag (Quelle: Nationales Schienenverkehrsmodell SBB
und automatische Zählungen im Regionalverkehr, Daten aus dem Jahr 2009). In Baden beträgt der
vergleichbare Wert 35'200 Fahrgäste, in Brugg 19'100 und in Lenzburg 15'600.
Zur Frage 2: "Wie haben sich die Frequenzen in den letzten Jahren entwickelt?"
Die Frequenzen entwickelten sich in den letzten Jahren je nach Halteort unterschiedlich. Die SBB
machten für die Jahre 2007–2009 folgende Angaben zur durchschnittlichen Entwicklung der
Nachfrage in den Bahnhöfen Aarau, Baden, Brugg und Lenzburg:
Haltepunkt
Steigerung 2007–2008
Steigerung 2008–2009
Aarau
+ 6,5 %
+ 4,0 %
Baden
+ 4,6 %
+ 3,5 %
Brugg
+ 9,4 %
+ 2,1 %
Lenzburg
+ 2,1 %
+ 4,7 %
(Quelle: Nationales Schienenverkehrsmodell SBB und automatische Zählungen im Regionalverkehr)
Gemäss Auskunft der SBB gibt es erst seit dem Jahr 2007 verlässliche und gute Modelle zur
Abbildung der Verkehrsnachfrage auf der Schiene. Automatische Zählsysteme wurden beim
Regionalverkehr erst 2005 flächendeckend eingeführt und verlässliche Zahlen gibt es erst seit 2007.
Zahlen aus früheren Quellen sind aufgrund des methodischen Wechsels wenig aussagekräftig und
nicht vergleichbar.
Zur Frage 3: "Wie stehen die Passagierfrequenzen dieser Städte im nationalen Vergleich da?"
2600
15. März 2011
Art. 1159
Die Städte Aarau und Baden belegen in den nationalen Ranglisten der Passagierfrequenzen seit 2007
immer die Ränge 16 und 17. Brugg verbesserte sich seit 2007 um zwei Ränge und steht im Jahr 2009
auf Rang 28. Die Position von Lenzburg ist seit 2007 unverändert auf Rang 39.
Zur Frage 4: "Wie gedenkt der Regierungsrat mit der von der SBB beabsichtigen Verschlechterung
des Angebots für den Kanton Aargau umzugehen? Ist der Kanton bereit, sich bei der SBB für eine
bessere Berücksichtigung der Anliegen des Kantons einzusetzen?"
Der Regierungsrat hat keine Kenntnis von den vom Interpellanten vorausgesagten
Verschlechterungen durch Streichungen von direkten Schnellzügen in Aarau ab dem Jahr 2013. Die
ICN-Züge St. Gallen–Zürich–Aarau–Olten–Solothurn–Biel–Westschweiz werden Aarau auch in den
nächsten Jahren bedienen und gute Verbindungen in die Ost- und Westschweiz anbieten.
Veränderungen beim Fernverkehrsangebot werden erst mit der Inbetriebnahme der durchgehenden
Vierspur Aarau–Olten möglich sein. Der Regierungsrat setzt sich dafür ein, dass dannzumal die
Zusatzzüge Zürich–Bern,
die in den Hauptverkehrszeiten verkehren sollen, auch in Aarau anhalten. Damit liesse sich auf den
Verbindungen nach Zürich in den Spitzenzeiten der 15-Minutentakt einführen und auch die
Direktverbindungen nach Bern würden weiter verbessert.
Langfristig werden auch die Regionen Baden/Brugg und Aarau von einem verbesserten
Fernverkehrsangebot profitieren. Nach der Inbetriebnahme der Neubaustrecke Rupperswil–Mellingen
(NBS Chestenberg) sollen auf den Verbindungen Aarau–Zürich und Brugg–Baden–Zürich alle 15
Minuten schnelle Züge verkehren. Nach einem weitergehenden Infrastrukturausbau mit einem zweiten
Heitersbergtunnel sollen je nach Angebotsszenario sogar bis zu sechs Fernverkehrszüge zwischen
Brugg/Baden beziehungsweise Aarau und Zürich fahren.
Der Regierungsrat und die Verwaltung sind in engem Kontakt mit den zuständigen Stellen der SBB,
die die kurz-, mittel- und langfristigen Angebote planen und realisieren. Der Grosse Rat hat die
konzeptionellen Stossrichtungen zum Fernverkehrsangebot frühzeitig im Mehrjahresprogramm
öffentlicher Verkehr sowie im Richtplan Aarau beschlossen. Der Regierungsrat hat im Rahmen der
Stellungnahmen zum Projekt Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEB) und zu Bahn 2030
im Sinne der formulierten Stossrichtungen Einfluss genommen. Er wird sich weiterhin für eine
optimale Erschliessung der Aargauer Kernstädte einsetzen und für eine gute Abstimmung zwischen
dem Fern- und Regionalverkehr sorgen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'104.–.
Caflisch Jürg, SP, Baden: Der Kanton Aargau ist bekanntlich eine wichtige Eisenbahndrehscheibe
respektive ein wichtiger Eisenbahndurchfahrtsort. Summiert man die Passagierfrequenzen der
genannten Aargauer Städte, ergibt das wohl einen Schweizer Spitzenplatz. Daher ist es wichtig, dass
der Aargauer Regierungsrat gegenüber der SBB diese Bedeutung immer wieder in die Waagschale
wirft. Wir wollen nicht nur Durchfahrtsschweizermeister sein, sondern auch gute und direkte
Verbindungen haben, so wie es der Kanton gemäss seiner Bedeutung verdient.
Ich bin mit der Antwort des Regierungsrates zufrieden.
Vorsitzende: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1160 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden und Astrid Andermatt-Bürgler, SP, Lengnau, vom
21. September 2010 betreffend Wiederinbetriebnahme der direkten Bahnverbindung BaselWinterthur via Laufenburg-Zurzach; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0842)
Mit Datum vom 8. Dezember 2010 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
1.
Grundsätzliches
Die Interpellation zur Wiedereinführung von Schnellzügen auf der Strecke Basel–Bad Zurzach–
Winterthur stützt sich weitgehend auf Aussagen in einem Zeitungsartikel vom 21. August 2010 in der
Basler Zeitung. Der Kanton Aargau hat mit dem Zürcher Verkehrsverbund sowie dem Kanton BaselStadt Kontakt aufgenommen, um deren Haltung betreffend einer Wiedereinführung von Zügen Basel–
2601
Art. 1159
15. März 2011
Bad Zurzach–Winterthur zu klären. Die Einschätzung der beiden für die Bestellung von
Bahnangeboten zuständigen Organe der Kantone Basel-Stadt und Zürich kann wie folgt
zusammengefasst werden.
2.
Haltung des Zürcher Verkehrsverbundes
Der Zürcher Verkehrsverbund steht dem Anliegen sehr skeptisch gegenüber. Die Trassierung eines
Direktzugs Basel–Winterthur via Bad Zurzach ist auf Basis der bestehenden Infrastruktur heute nicht
mehr möglich. Das S-Bahn-Angebot entlang dieser Strecke wurde in den letzten Jahren markant
ausgebaut. So hat sich beispielsweise der Takt der S41 auf dem Abschnitt Bülach–Winterthur
verdoppelt. Die Kapazitätsgrenze der Einspurstrecke mit einem 1,8 Kilometer langen Tunnel und
einem sehr stark ausgelasteten Knoten Winterthur ist erreicht. Heute bestehen attraktive
Verbindungen zwischen Winterthur und Basel, durch einen 30-Minutentakt, kurzen Umsteigezeiten in
Zürich Hauptbahnhof und einer attraktiven Reisezeit von knapp 90 Minuten. Aus diesem Grund ist es
sehr fraglich, ob überhaupt ein Bedürfnis für eine Direktverbindung entlang des Rheins besteht.
3.
Haltung des Kantons Basel-Stadt
Grundsätzlich hat der Kanton Basel-Stadt, wie übrigens auch der Kanton Basel-Landschaft, Interesse
an Direktverbindungen nach Zürich Flughafen–Winterthur und in die Ostschweiz. Für die Basler
Kantone stehen dabei aber Verbindungen via Zürich Hauptbahnhof und die Zürcher Durchmesserlinie
im Vordergrund, die bis 2016 in Betrieb genommen wird. Die Wiederinbetriebnahme der Verbindung
Basel–Bad Zurzach–Winterthur ist für den Kanton Basel-Stadt kein vordringliches Anliegen. Auch
wenn eine solche RegioExpress-Verbindung auf den ersten Blick durchaus interessant wäre, schätzt
der Kanton Basel-Stadt das Nachfragepotenzial als zu gering ein. Die Kapazitätsengpässe zwischen
Basel und Stein-Säckingen verunmöglichen die Wiedereinführung von Schnellzügen entlang des
Rheins. Aus Sicht des Kantons Basel-Stadt wäre eine solche Verbindung wahrscheinlich nur für Bad
Zurzach interessant, was sich auf einen allfälligen interkantonalen Kostenteiler auswirken würde. Die
Reisezeiten via Zürich werden immer wesentlich schneller sein als via Bad Zurzach und mit dem
durchgehenden 30-Minutentakt bestehen attraktive (Umsteige-)Verbindungen in die Ostschweiz.
Bereits bei der Behandlung der (07.105) Botschaft zum Mehrjahresprogramm ÖV haben sowohl der
Regierungsrat wie auch der Grosse Rat festgestellt, dass auf das Anliegen zur Wiedereinführung von
Schnellzügen Basel–Bad Zurzach–Winterthur nicht eingetreten werden kann. Die damaligen
Begründungen sind immer noch gültig:
 Aufgrund der stark befahrenen Streckenabschnitte Basel–Stein, Koblenz–Bad Zurzach und
Eglisau–Winterthur sind Schnellzüge Basel–Winterthur entlang des Rheins nicht realisierbar. Der
Regionalverkehr müsste auf den überlasteten Teilabschnitten gestrichen werden, was nicht im
Interesse der Regionen und der Kantone sein kann.
 Die Nachfrage nach einer Direktverbindung Basel–Bad Zurzach–Winterthur ist klein, da die
Alternativverbindung via Zürich Hauptbahnhof mit einer Reisezeit von knapp 90 Minuten sehr
attraktiv ist und ein 30-Minutentakt angeboten wird. Da die Strecke via Zürich nur 15 Kilometer
länger ist und via Hauenstein- und Heitersberglinie die Züge viel schneller fahren können, werden
die Fahrgäste Basel–Ostschweiz stets die attraktiven Verbindungen via Zürich benutzen. Die
Nachfrage von Aargauer Fahrgästen ist zu klein, um eine Fernverkehrsverbindung anzubieten.
 Die Abgeltungen einer stündlichen Verbindung Basel–Winterthur würden sich auch bei
optimistischen Annahmen auf einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe belaufen. Dabei würden
pro Jahr rund 1,4 Millionen zusätzliche Zugskilometer gefahren und die Nachfrageverluste auf der
S41 Koblenz–Zurzach–Eglisau–Bülach würden die Existenz dieser
S-Bahnlinie ernsthaft in Frage stellen.
Zur Frage 1: "Welche Entwicklungschancen für die Region Zurzach sieht der Regierungsrat mit einer
Wiederinbetriebnahme der Linie Basel-Laufenburg-Zurzach-Winterthur-Ostschweiz?"
Die meisten Fahrten sowohl im öffentlichen als auch im Individualverkehr aus der Region Zurzach
gehen Richtung Unteres Aaretal–Baden–Zürich / Brugg / Aarau / Lenzburg. Die Nachfrageströme
Richtung Basel und Winterthur–Ostschweiz sind wesentlich kleiner. Die Schnellzugsverbindung
Basel–Bad Zurzach–Winterthur würde vor allem für die Verbindung von Bad Zurzach nach Basel eine
merkbare Fahrzeitreduktion bringen. Richtung Winterthur–Ostschweiz besteht mit der S41 bereits
heute ein nachfragegerechtes Angebot mit guten Anschlüssen in Bülach und Winterthur.
2602
15. März 2011
Art. 1160
Zur Frage 2: "Ist der Regierungsrat tatsächlich der Meinung, dass die Hochrheinstrecke auf deutscher
Seite für diese Verbindung eine Alternative darstellt?"
Wie zur Frage 1 ausgeführt wird, weisen vor allem die Verbindungen von Bad Zurzach in den Raum
Basel relativ lange Reisezeiten auf, da heute die schnellsten ÖV-Verbindungen nach Basel via Turgi–
Brugg und die Bözberglinie funktionieren und die Reise rund 80 Minuten dauert. Weitere
Verbindungen nach Basel bestehen bereits heute auch via Waldshut und die deutsche
Hochrheinstrecke (Lindau–Singen–Schaffhausen–)Waldshut–Basel. Auch hier beträgt die Reisezeit
von Bad Zurzach zum Badischen Bahnhof Basel 80 Minuten. Mit absehbaren neuen
Angebotskonzepten durch veränderte ICE-Zugslagen im Raum Basel beziehungsweise mit der
Elektrifizierung der Hochrheinstrecke können die Umsteigezeiten in Waldshut mittelfristig
voraussichtlich um bis zu 15 Minuten verkürzt werden. Die Reisezeit zwischen Zurzach und Basel
beträgt damit nur noch wenig mehr als eine Stunde.
Der Regierungsrat unterstützt die Bestrebungen des Landes Baden-Württemberg, die
Hochrheinstrecke attraktiver zu gestalten und setzt sich auch dafür ein, dass die
grenzüberschreitenden Tariflösungen noch einfacher werden. Die Hochrheinstrecke auf Deutscher
Seite kann so für die Verbindung zwischen der Region Zurzach und Basel eine gute Alternative
werden.
Zur Frage 3: "Ist der Kanton Aargau grundsätzlich bereit, mit den an die Linie angrenzenden Kantonen
über eine Wiederinbetriebnahme der Strecke zu verhandeln?"
Schnellzüge entlang des Rheins sind auf der Schweizer Seite ohne teilweise Aufhebung der Regio-SBahn und der Aufhebung der stündlichen S41 Waldshut–Bad Zurzach–Bülach oder ohne zusätzliche
Doppelspurstrecken beziehungsweise ohne einen Bahnausbau im Korridor Basel–Stein-Säckingen
nicht möglich. Der Regierungsrat lehnt aus diesem Grund weitere Abklärungen ab.
Doppelspurausbauten entlang der Strecke Laufenburg–Bad Zurzach–Bülach sind unter
Berücksichtigung der geringen Nachfrage nicht sinnvoll. Auch die zu erwartenden hohen zusätzlichen
Abgeltungen für den Kanton Aargau sprechen gegen eine Prüfung dieses Anliegens. Sowohl der
Kanton Basel-Stadt als auch der Zürcher Verkehrsverbund teilen die Einschätzung des
Regierungsrats.
Zur Frage 4: "Könnte es bei solchen Verhandlungen ein Ziel des Regierungsrats sein, die
Finanzierung nicht wie üblich nach der Streckenlänge auf dem jeweiligen Kantonsgebiet zu führen,
sondern auch andere Faktoren (Interessenlage von Winterthur und Basel) einzubringen?"
In der Schweiz werden die Fernverkehrsangebote in der Regel von den SBB finanziert und betrieben.
Ob auf einer Verbindung Züge angeboten werden sollen, wird aufgrund von marktwirtschaftlichen
Überlegungen entschieden. Die schwache Nachfrage auf den vier Schnellzugsverbindungen Basel–
Laufenburg–Bad Zurzach–Winterthur und der guten Verbindungen via Zürich Hauptbahnhof führten im
Jahr 1993 zur Aufhebung der Schnellzüge entlang des Rheins.
Die klaren Positionsbezüge der für die Bestellung von Bahnangeboten zuständigen Stellen der
Kantone Basel-Stadt und Zürich zeigen, dass die Mehrabgeltungen einer neuen Linie Basel–Bad
Zurzach–Winterthur fast ausschliesslich vom Kanton Aargau zu übernehmen wären. Die absehbaren
Mehrabgeltungen in zweistelliger Millionenhöhe sind nicht finanzierbar und das Kosten/Nutzenverhältnis ist im Vergleich zu anderen Ausbauideen im Aargau zu klein.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'281.–.
Vorsitzende: Die Interpellanten erklären sich von der Antwort stillschweigend befriedigt. Das Geschäft
ist erledigt.
1161 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 7. September 2010 betreffend Biber im
Aargau; Beantwortung und Erledigung
2603
Art. 1160
15. März 2011
(vgl. Art. 0795)
Mit Datum vom 8. Dezember 2010 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Zur Frage 1: Biberkonzept
a) Hat der Aargau ein Biberkonzept oder Leitbild?
b) Wenn ja, wo kann dieses abgerufen werden?
c) Wenn nein, teilt der Regierungsrat die Meinung des Interpellanten, dass ein solches unter Beizug
von Fachleuten ausserhalb der Verwaltung in Angriff genommen werden muss?
Managementkonzepte sind wichtige Instrumente beim Vollzug der Jagdgesetzgebung. Die
Verantwortung für die Erarbeitung solcher Konzepte liegt bei geschützten Wildtierarten wie dem Biber
beim Bund (Art. 10 Abs. 6 der Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und
Vögel [Jagdverordnung, JSV] vom 29. Februar 1988). Für den Biber liegt ein nationales Konzept seit
dem Jahr 2004 vor. Es fasst die Grundsätze über den Schutz, den Abschuss oder Fang, die
Verhütung und Ermittlung und Vergütung von Schäden zusammen. Die darin beschriebenen
Massnahmen und Richtwerte gelten auch für den Kanton Aargau. Ein kantonales Konzept gibt es
daher nicht. Durch Bestandeserhebungen und das Überwachen der Verbreitung des Bibers werden
kontinuierlich die
Grundlagen zur Umsetzung des Konzepts auf dem aktuellen Stand gehalten. Mit fortlaufender
Besiedlung kleinerer Seitengewässer durch den Biber werden Konflikte zwischen Mensch und Biber
zunehmen. Um solche Konflikte im Sinne des Zweckartikels des Aargauischen Jagdgesetzes (AJSG)
vom 24. Februar 2009 bestmöglich zu vermeiden, ist ein kantonaler Massnahmenplan in Erarbeitung.
Dafür zuständig ist die Sektion Jagd und Fischerei im Departement Bau, Verkehr und Umwelt. Sie
wird die in Wildtierbelangen beratende, kantonale Jagdkommission zeitgerecht einbinden.
Zur Frage 2: Biberbeauftragte
a) Hat der Aargau eine(n) Biberbeauftragte(n)?
b) Wenn ja, welche Ausbildung hat diese Person?
c) Wem ist sie unterstellt?
d) Welche Vorgaben hat sie mit welchen Zielsetzungen?
e) Welche Aufgaben hat sie?
Im Kanton Aargau stehen seit langem zwei fachlich erfahrene Biberexperten beziehungsweise
Biberbeauftragte – ein amtlicher Reservatsaufseher und ein externer Wildbiologe – im Einsatz. Sie
arbeiten im Auftrag des Departements Bau, Verkehr und Umwelt, stellen die Bestandsüberwachung
des Bibers sicher, informieren bei Schadenfällen vor Ort und beraten die Sektion Jagd und Fischerei
in fachlichen Fragen.
Zur Frage 3: Biberschäden
a) Wie viele Biberschäden wurden in den letzten Jahren gemeldet? Anzahl pro Jahr? Schäden in
Franken?
b) Welche Präventionsmassnahmen wurden jeweils eingeleitet?
In der kantonalen Jagdgesetzgebung aus dem Jahr 1969, die im Bereich der Wildschadenverhütung
und Wildschadenvergütung noch bis Ende 2010 gilt, ist keine Entschädigung von Schäden durch
geschützte Wildtiere wie dem Biber vorgesehen. Es wurden weder Schäden abgeschätzt noch
abgegolten. Es besteht deshalb keine Schadenstatistik. Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt
beschränkte sich bei Schadenfällen auf die Beratung betroffener Grundeigentümerinnen und
Grundeigentümer beziehungsweise Landbewirtschaftende mit Blick auf die Möglichkeiten der
Schadenverhütung gemäss schweizerischem Biberkonzept. Das Jagdgesetz vom 24. Februar 2009
sieht vor, dass der Kanton Schäden durch Biber an Waldbäumen und landwirtschaftlichen Kulturen
vergütet. Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer haben vorab die zumutbaren
Verhütungsmassnahmen zu treffen.
Zur Frage 4: Biberpopulation
a) Haben wir bereits zu viele Biber im Aargau?
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Art. 1161
b) Welche Population erachtet der Regierungsrat als ideal und welche als absolute Obergrenze?
Der Biber wurde in den letzten 30 Jahren in der Schweiz erfolgreich wieder angesiedelt. Auch
aufgrund von Aussetzungen im Kanton Aargau in den 1960er-Jahren hat sich der Biber in andere
Teile der Schweiz ausbreiten können. Im gesamtschweizerischen Vergleich hat der Kanton Aargau
mit 270 geschätzten Tieren von rund 1'600 einen hohen Biberbestand (Bestandesaufnahme 2008).
Mit der fortschreitenden Ausbreitung entlang der grossen Flüsse und zunehmend auch in die
Seitenbäche ist schwierig abzuschätzen, wie sich die Biberbestände in Zukunft entwickeln werden.
Starke und gesunde Kernpopulationen sind für die Ausbreitung aber wichtig. Biber leben territorial,
das heisst sie markieren ihr Revier und verteidigen es gegen eindringende Artgenossen. Der
Biberbestand reguliert sich heute primär über das Angebot an geeigneten Lebensräumen und an
genügend natürlicher Nahrung. Beeinflusst wird der Bestand auch durch zivilisationsbedingte
Todesursachen wie zum Beispiel den Strassenverkehr oder die Wasserkraftnutzung. Mitbestimmt wird
die Bestandsgrösse zudem durch die Akzeptanz des Grossnagers in der Öffentlichkeit, bei
Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern sowie Landbewirtschaftenden. Gesamtkantonale
Vorgaben für eine ideale oder maximale Bestandesgrösse machen deshalb keinen Sinn.
Zur Frage 5: Biberabschuss
a) Welche grossen Biberschäden hat Herr Altermatt im Visier, welche den Abschuss eines Bibers
rechtfertigen würden?
b) Darf Herr Altermatt über einen Biberabschuss entscheiden?
c) Wenn nein, wer entscheidet über einen allfälligen Abschuss eines Bibers?
d) Wie ist der Entscheidablauf für einen Biberabschuss?
Der Eingriff in den Biberbestand ist nach Art. 12 des Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz
wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz, JSG) vom 20. Juni 1986 möglich, wenn einzelne
Tiere erheblichen Schaden an landwirtschaftlichen Kulturen oder Wald anrichten. Der Bund erteilt
hierfür die Bewilligung (Art. 10 Abs. 5 JSV). Der Eingriff orientiert sich an den Kriterien und Abläufen
des schweizerischen Biberkonzepts. So müssen die Schäden durch eine Fachperson ermittelt
werden. Diese Fachperson hat festzustellen, ob die Schäden eindeutig durch den Biber verursacht
wurden und ob in Gebieten, wo bereits Schäden auftraten, die zumutbaren Verhütungsmassnahmen
getroffen wurden. Treten Schäden trotz den getroffenen zumutbaren Verhütungsmassnahmen am
gleichen Ort in einem Biberterritorium immer wieder auf und übersteigt die Schadensumme innerhalb
von zwei Monaten Fr. 10'000.–, kann der Schaden stiftende Biber entfernt werden. Der Entscheid liegt
beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'399.–.
Richner Sämi, EVP, Auenstein: Ich habe diverse Fragen betreffend den Biber im Aargau gestellt.
Schlüsselfrage war, ob der Aargau ein Biberkonzept hat oder ein Leitbild. Ich habe mich gefragt, ob
ich mit dieser Frage falsch liege und habe deshalb im Internet recherchiert. Dort habe ich Folgendes
gefunden: Der Kanton Bern hat seit 2007 ein Biberkonzept, der Kanton Thurgau erarbeitet zurzeit ein
Konzept, der Kanton Zürich hat ein so genanntes Biber-Management, das auch bald fertig gestellt
sein sollte. Der Auenkanton Aargau benötigt so etwas nicht. Er kann einfach auf das Bundeskonzept
verweisen.
Wir als Auenkanton haben sehr wahrscheinlich am meisten Biber und trotzdem brauchen wir so etwas
nicht. Haben wir "andere" Biber im Aargau als in der Ostschweiz oder in der Westschweiz? Ich glaube
zwar nicht, aber ich denke wir haben "andere" Personen, die in der zuständigen Abteilung arbeiten.
Sie haben einen anderen Blick und zwar einen Flintenblick.
Ich bin der Auffassung, wir brauchen ein Leitbild oder ein Biberkonzept im Aargau. Denn es bestehen
hier Defizite. Man sollte sich überlegen, welche Population es hier verträgt und wie. Selbst bei einer
normalen Population sind Reibungspunkte und Konflikte zwischen der Gesellschaft und dem Biber
vorprogrammiert beziehungsweise ganz normal. Es wird wichtig sein, dass die Gesellschaft lernt mit
dem Biber zu leben, so wie man im Münstertal lernt, mit dem Bären zu leben. Dort oben ist jedes
Bienenhaus mit einem Elektrozaun gesichert. Wenn man dort neue Abfallkübel kauft, sind diese
automatisch so geschlossen, dass der Bär sie nicht öffnen kann.
Im Aargau braucht es wirklich ein Konzept für den Biber. Zum Beispiel wäre ein Teil eines solchen
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Art. 1161
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Leitbildes oder Konzeptes sicher die Kommunikation über den Biber und den Umgang mit ihm. Man
bräuchte eine Anlaufstelle. Wir haben relativ früh im Departement Umwelt, Bau und Verkehr
beziehungsweise in der Abteilung Umwelt und Gewässer über die Biberprobleme gesprochen. Es
stellen sich Versicherungsfragen: Was passiert, wenn ein Baum auf ein Auto fällt? Normalerweise
sieht man es rechtzeitig, wenn ein Baum auf die falsche Seite fallen könnte. In Wildegg haben wir
auch einen Baum, der sehr wahrscheinlich auf den Veloweg und nicht in die Aare fallen wird. Von 20
Bäumen betrifft es also höchstens einen Baum. Aber es gibt solche Fälle.
In den Auen und Bibergebieten sollten Informationen zu den Bibern aufgestellt werden, so wie im
Münstertal über die Bären informiert wird: Wie soll man sich verhalten; wo kann man anrufen?
Die von mir gestellten Fragen sind sehr dürftig oder gar nicht beantwortet worden. Ich bin mit der
Beantwortung nicht zufrieden.
Vorsitzende: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1162 Interpellation Richard Plüss, SVP, Lupfig, vom 2. November 2010 betreffend Ansiedlung
und Förderung des Rothirsches in den Aargauer Wäldern; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0911)
Mit Datum vom 12. Januar 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Zur Frage 1: "Stimmt es, dass Jagdkreise sowie die Sektion Jagd und Fischerei die Absicht
signalisierten, den Rothirsch in den Aargauer Wäldern zu fördern und dadurch jagdlich zu schonen.
Wenn ja, stelle ich folgende Anschlussfragen:"
Der Rothirsch zählt in der Schweiz zu den einheimischen, jagdbaren Wildtierarten (Art. 5 Abs. 1
Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel [Jagdgesetz, JSG]
vom 20. Juni 1986). Der Rothirsch ist schweizweit betrachtet eine häufige Wildtierart, im Kanton
Aargau jedoch selten. Zurzeit kommen im Kanton Aargau nur Einzelindividuen vor. Da es im Kanton
Aargau keine Erfahrung im Umgang mit dem Rothirsch gibt, ordnete die Abteilung Wald, Sektion Jagd
und Fischerei (nachfolgend: Fachstelle), im Jahr 2010 vorübergehend die Schonung der seltenen
Wildtierart an, bis ein kantonal abgestimmter Massnahmenplan vorliegt. Unabhängig davon haben
sich Jagd- und Naturschutzkreise für eine freiwillige jagdliche Schonung des Rothirschs
ausgesprochen.
Zur Frage 2: "Was ganz genau ist im Zusammenhang mit dem Rothirsch in den Aargauer Wäldern
geplant?"
Die Fachstelle hat aufgrund der zu erwartenden Bestandsentwicklung des Rothirschs und der damit
verbundenen Interessenkonflikte im Frühjahr 2010 ein Konzept in Auftrag gegeben, wie der Umgang
mit dem Rothirsch in unserem Kanton gestaltet werden kann, gerade auch mit Blick auf das
Management der Wildtierart in den benachbarten Kantonen. Das Konzept wird Anfang 2011 vorliegen.
Der kantonal abgestimmte Massnahmenplan wird in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen
Verbänden und Fachstellen erarbeitet. Er wird ab
1. August 2011 (Beginn der bundesrechtlich geregelten Jagdzeit) wirksam.
Zur Frage 3: "Wer steckt hinter diesem Vorhaben?"
Die Fachstelle ist verantwortlich für die Erarbeitung des kantonalen Massnahmenplans.
Zur Frage 4": Ist der Aargauische Waldwirtschaftsverband, als Vertreter der Waldbesitzer, der
Aargauische Försterverband, als Vertreter der Forstwirtschaft, sowie die kantonalen für die
Umsetzung des Waldgesetzes gewählten Obrigkeiten wie Kantonsförster und Kreisförster und
Revierförster:
a) Angehört worden?
b) Zur schriftlichen Stellungsnahme eingeladen worden?"
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Art. 1162
Die Fachstelle wird die betroffenen kantonalen Verbände zu gegebenem Zeitpunkt bei der Erarbeitung
des kantonalen Massnahmenplans für den Rothirsch einbinden.
Zur Frage 5: "Wie sehen diese Stellungsnahmen aus, falls es solche gibt?"
Es liegen noch keine Stellungnahmen vor.
Zur Frage 6: "Wer ist im Kanton Aargau kompetent zu entscheiden, was für Wildtierarten in unseren
Wäldern angesiedelt, gefördert oder zum Abschuss frei gegeben werden?"
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt vollzieht die Jagdgesetzgebung, wenn hiefür nicht explizit
die Fachstelle oder eine andere Stelle als zuständig bezeichnet wird (§ 1 Abs. 1 Aargauische
Jagdverordnung [AJSV] vom 23. September 2009). Die Fachstelle legt die kantonsweit
abzustimmenden Massnahmen zur Beeinflussung der Bestandsentwicklung von Wildtieren,
insbesondere für den Rothirsch fest (§ 14 Abs. 1 AJSG). Die Jagdgesellschaften sind für Jagdplanung
und Jagdbetrieb in ihren Revieren zuständig (§ 15 Abs. 1 AJSG). Sie sind dafür verantwortlich, dass
die Wildtierbestände den örtlichen Verhältnissen angepasst sind (§ 15 Abs. 2 AJSG).
Zur Frage 7: "Wie wäre die Schadenforderung von Seite der Waldbesitzer beziehungsweise der
Forstbetriebe geregelt, welche sich auf 5- oder gar 6-stellige Zahlen belaufen könnte?"
Ab 1. Januar 2011 werden die auf neuem Jagdrecht basierenden Weisungen des Departements Bau,
Verkehr und Umwelt über die Verhütung und Vergütung von Wildschaden wirksam. Die Weisungen
können bei Bedarf und nach Beratung in der kantonalen Jagdkommission durch das Departement
Bau, Verkehr und Umwelt angepasst werden.
Zur Frage 8: "Wie, respektiv aus welcher Kasse, würde der Kanton Aargau als Bewilligungsgeber
solche Schadenforderungen begleichen, wenn die Jagdvereine nicht mehr zahlungspflichtig oder auch
nicht mehr zahlungsfähig sind?"
Die Zuständigkeiten und Abläufe der Wildschadenverhütung und Wildschadenvergütung sind in den
§§ 2127 AJSG geregelt. Sobald die Summe geleisteter Abgeltungen von Wildschäden und Beiträge
an Schadenverhütungsmassnahmen einen Viertel des Jahrespachtzinses einer Jagdgesellschaft
überschreitet, übernimmt der Kanton für den Rest des Jahrs im Rahmen des Globalbudgets die
Abgeltungen und Beiträge. Überschreiten die gesamten Abgeltungen und Beiträge in einem Revier
drei Viertel des Jahrespachtzinses, zeigt die betroffene Jagdgesellschaft auf, welche Massnahmen zur
Schadenminderung sie bisher getroffen hat und welche zusätzlichen Massnahmen in Absprache mit
den Geschädigten getroffen werden sollen (§ 26 Abs. 2 AJSG). Erfüllt die Jagdgesellschaft ihre
jagdlichen Verpflichtungen nachweislich nicht, hat sie die drei Viertel des Jahrespachtzinses
übersteigenden Kosten bis zum vollen Betrag zu übernehmen (§ 26 Abs. 3 AJSG). Die Mitglieder der
Jagdgesellschaft haften solidarisch und unbeschränkt für die sich aus dem Pachtverhältnis und der
kantonalen Jagdgesetzgebung ergebenden Verpflichtungen der Jagdgesellschaft (§ 5 Abs. 5 AJSG).
Zur Frage 9: "Welche Sanktionen sind möglich oder ist man gewillt umzusetzen, falls die Jagdvereine
alleine den heute möglichen Abschuss des Rothirsches ignorieren und dadurch ihrer jagdlichen Pflicht
nicht nachkommen?"
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt kündigt den Pachtvertrag nach erfolgloser Mahnung und
nach Anhörung der betroffenen Gemeinden entschädigungslos vorzeitig bei grober Verletzung
gesetzlicher Pflichten durch die Jagdgesellschaft (§ 7 Abs. 2 Bst. a AJSG).
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'399.–.
Plüss-Mathys Richard, SVP, Lupfig: Meine Frage lautet: Was sollen unsere Wälder denn noch alles
ertragen? Es geht mir nicht darum, ob ich den Rothirsch gern habe oder nicht, sondern es geht mir
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einerseits um das fehlende Biotop für eine Hirschansiedlung. Ich denke, da sind alle mit mir einer
Meinung, dass es nicht mehr so aussieht wie vor 200 Jahren als es im Aargau noch Rothirsche gab.
Andererseits geht es mir aber auch um das Vorgehen zur Wiederansiedlung des Rothirsches. Genau
bei diesem Vorgehen frage ich mich bezüglich der Kompetenzen. Die Jagdverwaltung verhängt ein
Abschussverbot für "Einwandererhirsche". Bei diesem Abschussverbot geht es aber nicht um eine
ordentliche Abschussplanung, sondern vielmehr darum über ein Abschussverbot eine neue Tierart
einzusiedeln. Ausgelöst wurde diese Diskussion um die bereits verhängten Massnahmen von einem
jagdlichen Schattenkabinett, hinter dem bei Weitem nicht alle Jäger und Verbände stehen. Gut zu
wissen, dass 5 Jäger im Alleingang unsere Jagdverwaltung unter Druck setzen können, wie zum
Beispiel bei dieser Rothirsch-Ansiedlung.
Enttäuschend für mich ist, dass man nicht im Vorfeld eine Diskussion mit den Waldbesitzern und
deren Verbänden sucht. Man will nicht wahrhaben, dass sich das Biotop für den Rothirsch als
Standwild im Aargau in den letzten 200 Jahren total verändert hat und für den Hirsch heute gar kein
Platz und kein Freiraum mehr besteht.
Ich finde es wichtig, dass wir hier Unheil verhindern bevor es entsteht, Die Leidtragenden sind die
Waldbesitzer, die Landwirte sowie der Rothirsch selber. An einer der nächsten Grossratssitzungen
werde ich einen Vorstoss zur Aufhebung des verhängten Jagdverbots für den Rothirsch einreichen.
Wie Sie aus meinen Worten entnehmen, bin ich nicht zufrieden mit dem Vorgehen und mit der Antwort
nur teilweise zufrieden.
Vorsitzende: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1163 Interpellation Andreas Senn, CVP, Würenlingen, vom 26. Oktober 2010 betreffend aktuelle
Flugbewegungen (An- und Abflüge) über und im Nahbereich der Nuklearanlagen im unteren
Aaretal; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0879)
Mit Datum vom 12. Januar 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Grundsätzliches:
Mit dem Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) legt der Bund den Rahmen für den zukünftigen
Betrieb des Flughafens Zürich fest. Das Sachplanverfahren startete Ende 2004 und das SILObjektblatt 'Flughafen Zürich' als Resultat des ersten Teils des SIL-Verfahrens
(Behördenkoordination) wurde im Herbst 2010 öffentlich aufgelegt.
Der Regierungsrat hat die Beantwortung der vorliegenden Interpellation mit seiner Stellungnahme
zum SIL-Objektblatt 'Flughafen Zürich' vom 24. November 2010 abgestimmt.
Zur Frage 1: "Ist dem Regierungsrat bekannt, dass seit dem Bewilligungsverfahren für das
Zwischenlager Würenlingen die An- und Abflugrouten des Flughafens Zürich geändert wurden?"
Ja, seit 1996 gab es Änderungen in der Lage und Belegung der An- und Abflugrouten für den
Flughafen Zürich. Im Aargau betrifft das insbesondere die Verschiebung des Warteraums im
Nordwesten des Flughafens, etwa 6 km südwärts (EKRIT zu GIPOL über dem Fricktal), und die
Streichung der Westabflugroute "L" über Oberrohrdorf-Lenzburg, was zu einer stärkeren Belegung der
Route "K" über Bellikon-Villmergen führte. Im Weiteren werden seit 2003 in den Sperrzeiten der 220.
deutschen Durchführungsverordnung (DVO) neu Südanflüge und mehr Ostanflüge geflogen. Diese
Anflüge sind unterdessen mit einem Instrumentenlandesystem (ILS) ausgestattet worden.
Zur Frage 2: "Hat der im April 2005 geschaffene Warteraum GIPOL im u nteren Aaretal einen
Einfluss betreffend Anflüge auf den Flughafen Zürich? Werden die Nuklearanlagen im unteren Aaretal
dadurch vermehrt überflogen?"
Die Anflüge unterliegen bezüglich der horizontalen Führung keinen speziellen Regeln und die Piloten
werden von der nationalen Flugsicherung Skyguide auf ihre Route angewiesen.
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Art. 1163
Schwankungen der jährlich abgewickelten Landeanflüge haben dabei auch einen Einfluss. Am
ehesten ist das Kernkraftwerk Leibstadt betroffen und weniger die Nuklearanlagen im Unteren Aaretal
(Beznau, Paul-Scherrer-Institut, Zwischenlager Würenlingen).
Zur Frage 3: "Wie gross ist die Zunahme der direkten und indirekten Überflüge beim Zwischenlager
seit Beginn des Bewilligungsverfahrens für das Zwischenlager?"
Der Kanton verfügt über keine Daten, die bis ins Jahr 1993 zurückreichen. Die Luftfahrt und deren
Überwachung sind eine Aufgabe im Kompetenzbereich des Bundes.
Ohne Definition der 'direkten' beziehungsweise 'indirekten' Überflüge sowie Angaben, bis in welche
Distanz und Höhenlage über dem Zwischenlager eine Zunahme festgestellt werden soll, ist diese
Frage nicht präzis zu beantworten.
Zur Frage 4: "Teilt der Regierungsrat die Ansicht, dass Nuklearanlagen nicht in einer An- oder
Abflugschneise eines Flughafens liegen dürfen?"
Im Februar 2005 hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) eine Weisung betreffend den Überflug
von Kernanlagen erlassen, welche sich auf Untersuchungen der Hauptabteilung für die Sicherheit von
Kernanlagen (HSK; heute Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat [ENSI]) stützt. Darin wird für
Instrumentenflüge eine Mindesthöhe von 1'000 m (über Grund) über Kernanlagen (Umkreis von 1'500
m) festgelegt.
Der Regierungsrat hat in seiner Stellungnahme zum SIL-Objektblatt 'Flughafen Zürich' vom 24.
November 2010 im Kapitel 3 "Forderungen zur Sicherheit, Überflug von Kernanlagen" zwei Anträge
gestellt:
1. Der gekröpfte Nordanflug mit einer Linienführung direkt über Kernanlagen wird aus grundsätzlichen
Sicherheitserwägungen abgelehnt.
2. Das ENSI ist zu beauftragen, die Abklärungen der HSK aus den Jahren 2003–2005 zur Sicherheit
von Flugrouten und Auflinierbereichen über Kernanlagen unter den veränderten Umständen zu
bestätigen.
Zur Frage 5: "Ist der Regierungsrat bereit, im Rahmen der Richtplanänderung eine Bestimmung
aufzunehmen, wonach Nuklearanlagen (Kernkraftwerke, Zwischenlager, Endlager, PSI) weder direkt
noch in einem Abstand von mindestens 5 Kilometern mit Verkehrsflugzeugen überflogen werden
dürfen?"
Der Regierungsrat prüft alle Eingaben zur Richtplanrevision, die im Rahmen der öffentlichen
Mitwirkung bis Weihnachten 2010 eingehen. Der Entwurf zur Vernehmlassung/Mitwirkung vom
September 2010 enthält im Kapitel M 7.1 Luftverkehr/Flugplätzen bereits eine Planungsanweisung
1.2, welche den Verzicht auf eigens festgelegte Flugrouten über die Insel Beznau verlangt.
Zur Frage 6: "Ist dem Regierungsrat bekannt, dass die Sicherheitsbestimmungen und Auflagen
bezüglich des Zwischenlagers überprüft werden müssen, wenn sich der Flugverkehr in dieser
Gegend gegenüber dem Bewilligungsverfahren ändert beziehungsweise dieser massiv zunimmt?"
Der Regierungsrat hat keine Kenntnis über eine derartige Auflage. In den massgebenden
Verfügungen betreffend Bau- und Betriebsbewilligung (Bundesratsentscheide vom 21. August 1996
und 6. März 2000) sind keine derartigen Bestimmungen zu finden.
Hingegen haben die Kommission für die Sicherheit von Atomanlagen (KSA) und die HSK 1999 in
ihren Gutachten zur Betriebsbewilligung für das Zwischenlager Würenlingen darauf hingewiesen, dass
der Gesuchsteller die Entwicklung im Flugverkehr verfolgen muss, um auf eine allfällige signifikante
Änderung des für das Zwischenlager heute sehr geringen Risikos reagieren zu können.
Der Regierungsrat hat dem BAZL den Antrag gestellt, dass das ENSI die Überflugsituation über
Kernanlagen nochmals überprüft (vgl. Antwort zur Frage 4).
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Zur Frage 7: "Mit welchen Mitteln will der Regierungsrat verhindern, dass im Rahmen des SILProzesses ein Überflug verunmöglicht wird beziehungsweise, dass Verkehrsflugzeuge mindestens
einen Abstand von 5 Kilometern zu den Nuklearanlagen einhalten müssen?"
Der Regierungsrat will zuerst die Abklärungen des ENSI abwarten (vgl. Antwort zur Frage 4), bevor er
weitere Aktivitäten plant. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Luftfahrt in der
Bundeskompetenz liegt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'340.–.
Senn Andreas, CVP, Würenlingen: Ich danke dem Regierungsrat für die Beantwortung meiner
Interpellation.
Zur Frage 3 betreffend Zunahme der direkten und indirekten Überflüge beim Zwischenlager seit
Beginn des Bewilligungsverfahrens: Ich bin erstaunt, weshalb der Regierungsrat die entsprechenden
Auskünfte nicht beim Bund eingeholt hat. Ich bin der Ansicht, dass die direkten beziehungsweise
indirekten Überflüge nicht näher definiert werden müssen. Ich fordere den Regierungsrat auf, die
Angaben beim Bund noch einzuverlangen.
Zur Frage 4: Ich bin dem Regierungsrat dankbar, dass er in seiner Stellungnahme vom 24. November
2010 im Kapitel 3 "Forderungen zur Sicherheit, Überflug von Kernanlagen" verlangt, dass der
gekröpfte Nordanflug mit einer Linienführung direkt über Kernanlagen aus grundsätzlichen
Sicherheitsgründen abgelehnt wird und dass, das ENSI die Abklärungen der HSK aus den Jahren
2002-2005 zur
Sicherheit von Flugrouten über Kernanlagen von Neuem zu überprüfen habe.
Zur Frage 5: Hier habe ich Mühe zu verstehen, warum sich der Verzicht auf eigens festgelegte
Flugrouten nur auf die Insel Beznau und nicht auf das Zwischenlager beziehungsweise auch auf das
Paul-Scherrer-Institut bezieht.
Zur Frage 7: Für mich ist nicht klar, bis wann die Abklärungen durch das ENSI vorgenommen werden.
Ist sichergestellt, dass in der Zwischenzeit nicht Entscheide getroffen werden, die meinen
Forderungen widersprechen?
Meines Erachtens sollte der Regierungsrat klar dazu Stellung nehmen, dass Nuklearanlagen
grundsätzlich weder direkt noch indirekt und auch unabhängig von der Höhe überflogen werden
dürfen.
Die Naturkatastrophe in Japan hat einmal mehr klar aufgezeigt, dass der Mensch auf die Natur und
ihre Gewalten keinen Einfluss nehmen kann. Umso mehr ist es wichtig, dass wir Risiken, welche wir
selbst schaffen nicht nur minimieren, sondern ausschalten.
Mit der Beantwortung des Regierungsrats bin ich teilweise zufrieden.
Vorsitzende: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1164 Interpellation Dr. Bernhard Scholl, FDP, Möhlin, vom 16. November 2010 betreffend
objektiver Einschätzung des Potenzials (Risiken, Kosten und Nutzen) von erneuerbaren
Energien; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0946)
Mit Datum vom 26. Januar 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Zur Frage 1: "Wie viel Strom in Terawattstunden und Prozent des heutigen Stromverbrauchs kann
erzeugt werden, wenn im Kanton Aargau alle nach Südost bis Südwest ausgerichteten
Gebäudeflächen mit Anlagen zur Photovoltaik oder Solarthermie bestückt werden?"
Detaillierte Abschätzungen zum Photovoltaikpotenzial auf Gebäudedächern im Kanton Aargau
existieren derzeit nicht. Es können aber "Faustregeln" angewendet werden, die im Schweizer
Durchschnitt gelten. Pro Einwohnerin und Einwohner stehen 10 m 2 geeignete Dachfläche mit hohem
Solarertrag (Ausrichtung Südosten-Südwesten, 90 % der maximalen Einstrahlungsenergie) zur
Verfügung. Auf 10 m2 Dachfläche können jährlich rund 1000 Kilowattstunden (kWh) Strom produziert
werden. Bei einer Einwohnerzahl von rund 604'000 im Kanton Aargau beträgt das
Stromerzeugungspotenzial rund 600 Gigawattstunden (GWh)/a. Bei einem Stromverbrauch im Kanton
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Art. 1163
Aargau von 4'740 GWh ergibt sich ein Anteil von etwa 13 %. Gemäss dem Bericht "Photovoltaik in der
Schweiz" im Bulletin 9/2009 des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) beträgt
das heute breit akzeptierte Potenzial für die Schweiz 25 % des Stromverbrauchs. Dieses Potenzial
beinhaltet auch Flächen mit 80–90 % des maximalen Einstrahlungspotenzials.
Sonnenkollektoren werden zur Warmwassererzeugung genutzt. Zwischen Sonnenkollektoren und
Photovoltaikanlagen besteht eine "Flächenkonkurrenz", da geeignete Dachflächen nur für einen
Zweck genutzt werden können.
Zur Frage 2: "Wie viel Strom kann theoretisch aus Anlagen zur Nutzung von Windenergie unter
Ausnützung aller geeigneten Standorte inklusive Einbezug von geschützten Gebieten im Aargau
maximal an Windenergie produziert werden?"
Mittels eines Computermodells der Strömungsmechanik wurde 2008 eine Windpotenzialkarte des
Kantons Aargau erstellt. Somit liegt für das Gebiet des Kantons Aargau eine Windpotenzialkarte vor,
die sich als Grundlage für Richt- und Nutzungsplanungen eignet. Einige für die Stromproduktion aus
Windkraft geeignete Standorte mit guten Windverhältnissen sind vorhanden. Verifizierte Daten über
das Erzeugungspotenzial geeigneter Standorte liegen nicht vor; der Kanton Aargau ist aber kein
"Windland".
Zur Frage 3: "Wie sieht die Ökobilanz bezüglich CO2 aus (unter Berücksichtigung der
Lebenserwartung der Anlagen), wenn mit diesen maximal zu erwartenden Terawattstunden aus
Photovoltaik, Solarthermie und Windenergie die entsprechenden Leistungen aus Ölheizungen ersetzt
würden?"
Wenn von einer vollen Ausschöpfung des Photovoltaikpotenzials von 600 GWh/a im Kanton Aargau
ausgegangen wird (vgl. Antwort zur Frage 1), dann könnten mit Wärmepumpen jährlich rund
8,5 Petajoule (PJ; 2,36 Terawattstunden [TWh]) Nutzwärme erzeugt werden.
Bei der Wärmeerzeugung aus Ölheizungen entstehen gemäss der vollständigen Ökobilanz anhand
der Datenbank ecoinvent 2007 ca. 90 g CO2-Äquivalente (CO2-Äq.) pro Megajoule (MJ) Nutzwärme;
bei mit Photovoltaikstrom betriebenen Wärmepumpen mit 11 g CO 2-Äq./MJ Nutzwärme. Ein CO2-Äq.
enthält 97 % CO2. Der Rest sind andere Treibhausgase.
Für den Ersatz von jährlich 8,5 PJ Nutzwärme aus Ölheizungen durch Wärmepumpen, die mit
Photovoltaikstrom betrieben werden, ergibt sich somit eine Einsparung an Treibhausgasen von
671'500 t CO2-Äq. pro Jahr. Die Treibhausgasemissionen der Schweiz aus Haushalten betrugen im
Jahr 2008 10,85 Millionen t CO2-Äq. Über die Bevölkerungszahl umgelegt, sind dies für den Kanton
Aargau 840'000 t CO2-Äq. Mit dem Photovoltaikstrom könnten demnach theoretisch 80 % der CO 2
Emissionen aus Haushalten substituiert werden.
Strom aus Photovoltaikanlagen steht nicht immer dann zur Verfügung, wenn er für den Betrieb der
Wärmepumpen benötigt würde. Das heisst, der Photovoltaikstrom würde in der Praxis nicht direkt zum
Betrieb der Wärmepumpen genutzt werden, sondern ins allgemeine Stromnetz als Teil des Strommix
eingespeist. Dieser Aspekt wird in obiger Rechnung allerdings nicht berücksichtigt. Das bedeutet,
dass etwaige Verluste bei der Stromübertragung ebenfalls nicht berücksichtigt sind: Das gilt für
sämtliche im Weiteren ausgewiesenen Zahlen.
Das Windenergiepotenzial im Kanton Aargau ist gering, solarthermische Stromerzeugung, wie sie
heute etwa in Spanien betrieben wird, ist in der Schweiz aus heutiger Sicht wegen zu geringer
Sonneneinstrahlung keine praxisrelevante Option.
Das Potenzial der Wärmebereitstellung mit thermischen Sonnenkollektoren ist für den Kanton Aargau
im Detail nicht erhoben. Aktuelle Schätzungen liegen für Freiburg und Zürich vor (BFE 2010b): Beim
bestehenden Wohngebäudepark kann in Freiburg eine solarthermische Bedarfsdeckung für
Raumwärme und Warmwasser von 34 %, in Zürich von 19 % erreicht werden. Werden damit
Ölheizungen ersetzt, so können deren Treibhausgasemissionen nahezu vollständig vermieden
werden, da Sonnenkollektoren in der Ökobilanzberechnung sehr geringe Emissionen aufweisen.
Wenn man für den Kanton Aargau von einem ähnlichen Anteil wie für Zürich ausgeht, also von etwa
20 % der Bedarfsdeckung, liessen sich die CO2-Emissionen durch Ersatz von Ölheizungen mit
Sonnenkollektoren um etwa 340'000 t CO2-Äq. pro Jahr verringern.
Zur Frage 4: "Wie sieht die Ökobilanz bezüglich CO2 aus (unter Berücksichtigung der
Lebenserwartung der Anlagen), wenn mit diesen maximal zu erwartenden Terawattstunden aus
Photovoltaik, Solarthermie und Windenergie die entsprechenden Leistungen aus Kernkraftwerken
2611
Art. 1164
15. März 2011
ersetzt würde?"
Wie bei Frage 3 wird davon ausgegangen, dass das Potenzial für Windenergie und solarthermische
Stromerzeugung im Kanton Aargau nicht erheblich ist.
Die Treibhausgasemissionen für Schweizer Photovoltaikstrom betragen im Durchschnitt heute etwa
74 g CO2-Äq./kWh, was als repräsentativ für den Kanton Aargau angenommen werden kann. Strom
aus Schweizer Kernkraftwerken verursacht in etwa 8 g CO2-Äq./kWh (ecoinvent 2007). Würden also
0,6 TWh pro Jahr anstatt aus Kernkraftwerken mit Photovoltaikanlagen produziert, so würden die
Treibhausgasemissionen um rund 40'000 t pro Jahr steigen.
Ökobilanzen versuchen, möglichst ganzheitlich alle Umweltbelastungen zu erfassen und zu bewerten
– neben der Klimabelastung auch Umweltgifte, Strahlenbelastung oder Versauerung von Gewässern
und Böden, nicht aber Risiken von Unfällen. Nachfolgende Tabelle zeigt die Bewertung verschiedener
Stromerzeugungssysteme,
beispielsweise
nach
der
Methode
Ökologische
Knappheit
(Umweltbelastungspunkte). Je höher die Punktzahl, desto grösser sind die negativen Auswirkungen
auf die Umwelt.
Tabelle: Umweltauswirkungen verschiedener Kraftwerkstechnologien pro MJ Elektrizität.
Quelle: http://www.esu-services.ch/de/projects/energiesysteme/#c395
Zur Frage 5: "Mit welchem realistischen Erntefaktor rechnet der Kanton Aargau bei der Photovoltaik
und der Windenergie heute und in absehbarer Zukunft (10, 20, 30 Jahre) auf dem Kantonsgebiet?"
Der Erntefaktor ist hier definiert als das Verhältnis der erzeugten elektrischen Energie zum nicht
erneuerbaren Primärenergieverbrauch (fossile Ressourcen und Uran) während des gesamten
Lebenszyklus der Anlagen. Heute kann im Kanton Aargau von Erntefaktoren von etwa 4 für
Photovoltaikanlagen und etwa 11 für und Windkraftanlagen ausgegangen werden. Windturbinen sind
also heute bereits sehr energieeffizient und technologisch ausgereift, die Erntefaktoren werden in den
nächsten Jahrzehnten kaum mehr substanziell steigen.
Bei Photovoltaikanlagen kann jedoch mit deutlichen Fortschritten gerechnet werden: Neue
Technologien werden auf den Markt kommen, die Herstellungsprozesse werden effizienter gestaltet
werden können, der Wirkungsgrad der Module wird steigen. Abhängig von der Zelltechnologie
könnten bis zum Jahr 2050 Erntefaktoren von 15 bis 40 erreicht werden (vgl. Erntefaktor
Kernkraftwerk mit Berücksichtigung des Brennstoffverbrauchs etwa 0,3).
Zur Frage 6: "Wie viele Tonnen Kupfer werden zusätzlich gebraucht, wenn die heutige Menge an
Strom, produziert mit Kernkraftwerken (ca. 11 Twh), vollständig durch Strom aus Photovoltaik ersetzt
würde?"
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Der Ersatz von 11 TWh Strom aus Kernkraftwerken pro Jahr mit dem heutigen Schweizer
Photovoltaikmix würde einen Mehrverbrauch an Kupfer von rund 3800 t/a nach sich ziehen. Der
Kupferverbrauch von Photovoltaikanlagen fällt je nach Zelltechnologie recht unterschiedlich aus. In
Zukunft kann mit erheblichen Verbrauchsreduktionen gerechnet werden. Würden die 11 TWh Strom
mit neuen Kernkraftwerken gedeckt, wäre der Kupferverbrauch etwa 75 t/a. Ein grosser Teil des
Kupfers kann beim Rückbau der Anlagen wiederverwertet werden.
Zur Frage 7: "Welche Rohstoffe wie Aluminium und Eisen und seltenen Erden werden in welchen
Mengen gebraucht, um die 11 Terawattstunden aus Kernkraftwerken durch Anlagen zu ersetzen, die
Strom aus Photovoltaik oder Windenergie erzeugen? Kann die zukünftige Versorgung durch diese
Rohstoffe gewährleistet werden?"
Die Produktion von 11 TWh Strom pro Jahr aus Photovoltaikanlagen in heutiger Technologie in der
Schweiz anstatt aus Kernkraftwerken, würde den Aluminiumverbrauch um etwa 12'000 t/a erhöhen,
den Eisenerzverbrauch um rund 11'000 t/a (ecoinvent 2007).
11 TWh Strom pro Jahr aus Windkraftanlagen in der Schweiz sind keine realistische Option, da das
maximale Potenzial nach dem Konzept Windenergie Schweiz 4 TWh/a beträgt. Zum Vergleich dennoch der Mehrverbrauch für 11 TWh/a aus Windturbinen anstatt Kernkraftwerken: ca. 200 t/a an
Aluminium beziehungsweise 27'000 t/a an Eisenerz.
Zu Metallen aus der Gruppe seltene Erden liegen derzeit für den Verbrauch in
Stromerzeugungstechnologien keine belastbaren Ergebnisse auf Ökobilanzbasis vor. Die Frage der
sicheren Versorgung mit diesen Rohstoffen stellt sich, da gegenwärtig mehr als 90 % der
Weltproduktion seltener Erden aus China kommen und somit aus politischen Gründen
Versorgungsengpässe auftreten könnten. Die heutige Verteilung der Produktion dieser Metalle deckt
sich jedoch nicht mit der Verteilung der geologischen Ressourcen. Der Anteil Chinas wird hier auf
etwa 40 % geschätzt. Das heisst, dass die Produktion ausserhalb Chinas (etwa in den USA oder
Australien) erheblich ausgeweitet werden könnte, was aber einige Jahre dauern wird.
Zur Frage 8: "Bei der Entsorgung von Photovoltaikanlagen müssen toxische Materialien je nach
verwendeter Technologie endgelagert oder recycliert werden. Mit welchen Mengen an Material, das
speziell entsorgt oder endgelagert werden muss, wird gerechnet, bei einer Produktion an Strom aus
erneuerbaren Energien von ca. 11 Twh. besteht schon ein Entsorgungs- oder Recyclierungskonzept?"
Innerhalb der ganzen Produktionskette der Photovoltaikanlagen können bei verschiedenen Prozessen
geringe Mengen an problematischen Sonderabfällen anfallen – je nach Zelltyp in recht
unterschiedlichen Mengen. Bei korrekter und kontrollierter Entsorgung – also unter
Rahmenbedingungen, wie sie für Industrieländer angenommen werden können – sollten diese keine
Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen.
Ökobilanzberechnungen für verschiedene heutige Photovoltaiktechnologien, betrieben in der Schweiz,
ergeben Sonderabfallmengen, die in Untertagdeponien entsorgt werden müssen, von 30–150 m3 für
eine Stromproduktion von 11 TWh.
Die gebräuchlichsten Solarzellen bestehen heute aus Silizium. Bei Dünnschichtzellen wird ebenfalls
Silizium, zunehmend aber andere Materialien wie Cadmium-Tellurid (CdTe) oder Kupfer-IndiumDiselenid (CuInSe2) verwendet, welche als Materialien nicht harmlos sind. Die enthaltenen
Schadstoffmengen sind relativ gering und in widerstandsfähigen Verbunden aus Glas und Kunststoff
eingeschweisst. Die Materialien selbst sind nicht flüchtig, sodass ein Entweichen und eine Aufnahme
durch lebende Organismen im Normalbetrieb ausgeschlossen werden können.
Spezielle Entsorgungskonzepte für Photovoltaikanlagen existieren derzeit nicht, da noch kaum
Anlagen entsorgt werden müssen. Grundsätzlich wären alle gebrauchten Solarzellen als
Elektronikschrott kontrolliert zu entsorgen, sodass die enthaltenen Schadstoffe möglichst nicht in die
Umwelt gelangen. Vorteilhaft ist natürlich eine Wiederverwertung der gebrauchten Solarzellen,
Verfahren werden derzeit entwickelt.
Zur Frage 9: "Bei der Produktion von hochreinem Silizium, wie es gebraucht wird für die Herstellung
von effizienten Solarzellen, werden hochreaktive und potenziell umweltschädliche Stoffe und
Prozesse verwendet. Welche Risiken bestehen bei einem massiven Ausbau dieser Produktion?"
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In den verschiedenen Produktionsprozessen für Photovoltaikanlagen wurden Chlor und
Selenwasserstoff (H2Se) als potenziell gefährlichste Substanzen identifiziert. Diese, sowie weitere
toxische Chemikalien, werden gemessen an anderen Industriesektoren heute in der
Photovoltaikindustrie in vergleichsweise sehr geringen Mengen eingesetzt. Das heisst, auch die damit
verbundenen Risiken sind im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren sehr klein; die potenziellen
Unfallfolgen sind räumlich begrenzt und betreffen nur eine relativ geringe Anzahl von Personen.
Im Hinblick auf einen massiven Ausbau der Photovoltaikindustrie, neue Fertigungsverfahren, etc.
besteht hinsichtlich potenzieller Risiken Forschungsbedarf.
Zur Frage 10: "Mit welchen finanziellen Investitionen muss gerechnet werden, um Strom in der
Grössenordnung von 11 Terawattstunden aus den heute geplanten zwei bis drei neuen
(Ersatzanlagen) Kernkraftwerken zu ersetzen, und wie hoch sind die Investitionen um dieselbe Menge
an Strom mit Hilfe von Photovoltaikanlagen oder Windkraft zu generieren?"
Für eine jährliche Stromproduktion von 11 TWh ist eine installierte Kernenergieleistung von etwa 1,4
GW nötig. Bei geschätzten spezifischen Investitionskosten zum Zeitpunkt des Ersatzneubaus von
etwa Fr. 3'500.– bis Fr. 5'000 pro Kilowatt elektrisch (kWel) ist mit einem Gesamtinvestitionsbedarf
von ca. 5–7 Milliarden Franken zu rechnen.
Würden diese 11 TWh/a mit Photovoltaikanlagen erzeugt, so müsste bei einem durchschnittlichen
Jahresertrag in der Schweiz von etwa 920 kWh/kWp (Kilowatt Peak) eine Leistung von knapp 12 GW
installiert werden. Die spezifischen Investitionskosten betragen heute für grössere Anlagen Fr. 4'000.–
bis Fr. 6'000.– pro kWel. Für das Jahr 2030 werden diese auf Fr. 1'700.– bis Fr. 4'000 pro kWel
geschätzt. Damit ergeben sich Gesamtinvestitionskosten von 48–72 Milliarden Franken heute
beziehungsweise 20–50 Milliarden Franken für 2030.
Wie bei der Antwort zur Frage 7 erwähnt, wird das Potenzial für Strom aus Windkraftanlagen in der
Schweiz auf 4 TWh/a geschätzt. Das heisst 7 der 11 TWh/a müssten aus dem Ausland bezogen
werden. Bei einem durchschnittlichen Jahresertrag von etwa 1'750 kWh/kWel müsste eine Leistung
von 6,3 GW installiert werden. Die spezifischen Investitionskosten werden heute auf Fr. 1'800.– bis Fr.
2'500.– pro kWel geschätzt, für das Jahr 2030 auf Fr. 1'500.– bis Fr. 2'000.– pro kWel. Daraus
ergeben sich Gesamtinvestitionskosten von 11–16 Milliarden Franken heute beziehungsweise 9–13
Milliarden Franken für 2030.
Reserve- und Regelkapazitäten zum Ausgleich der stochastischen Stromproduktion von Photovoltaikund Windenergieanlagen sind in diesen Rechnungen nicht berücksichtigt. Ebenfalls nicht
berücksichtigt sind nicht durch Versicherungen abdeckbare Risikokosten.
Allein auf der Basis des Investitionsvolumens kann noch keine Aussage über die Produktionskosten
gemacht werden. Während bei Photovoltaik- und Windkraftanlagen keine Primärenergiekosten
anfallen, müssen bei einem Kernkraftwerk Brennstäbe für den Betrieb beschafft werden. Zudem sind
die Kosten für die Entsorgung einzubeziehen, die über Rückstellungen beglichen werden. Auf der
anderen Seite fallen bei Grosskraftwerken die übrigen spezifischen Betriebs- und Unterhaltskosten
geringer aus als bei dezentralen Anlagen. Zu beachten ist auch, dass die Anlagen unterschiedliche
Lebensdauer aufweisen.
Anmerkung:
Die Beantwortung der Fragen erfolgte mit Unterstützung durch das Paul Scherrer Institut (PSI). Aus
Gründen der Lesbarkeit wurde auf Angabe der Quellen verzichtet. Quellenangaben und ein
Literaturverzeichnis können bei der Fachstelle Energie angefordert werden.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 8'910.–.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Vor dem Hintergrund der dramatischen Ereignisse in Japan und
allfälligen Neueinschätzungen bei der Energieversorgung bin ich mit meiner Interpellation eher wider
Willen, aber dummerweise sehr aktuell.
Ich habe in meinem Vorstoss eine objektive Einschätzung des Potenzials der "neuen" erneuerbaren
Energien verlangt. Zudem habe ich Fragen gestellt zu Ökobilanzen und zur Produktionskette: Flat
Rates, Produktzertifizierung usw., angefangen von den Rohstoffen bis zur Entsorgung. Ich bin dem
Regierungsrat dankbar, dass er zum Teil zum ersten Mal konkrete Zahlen vorgelegt hat. Ich kann in
3 Minuten gar nicht auf alles hier eingehen. Ich werde nur auf 7 Punkte ganze kurz eingehen:
1. Das realistische Potenzial für Solarenergie beträgt im Kanton Aargau 13 Prozent des Strombedarfs.
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2. Das Statement des Regierungsrats lautet: Der Aargau ist kein Windland.
3. Wärmepumpen haben ein riesiges Potenzial, vor allem wenn sie den Strom aus der Photovoltaik
bekämen. Ich bin nach beiden Seiten offen, ich hoffe, sie merken das. Aber bei Nacht und Nebel
funktioniert Photovoltaik nicht, dann muss entweder Ersatz oder für eine Zweitversorgungskette
gesorgt sein.
4. Eine weit schlechtere Öko-Bilanz ergibt sich beim Ersatz von KKW-Strom durch Photovoltaik. Dann
sinkt die Ökobilanz. Dieses Thema wird nach Fukushima noch viel zu diskutieren geben. Finanziell ist
die Photovoltaik, so wie sie heute dasteht, viel zu teuer gegenüber Windenergie oder auch gegenüber
der Kernenergie. Aber der Wind fehlt im Kanton Aargau, also müssen wir Strom aus dem Ausland
beziehen. Der ausländische Strom kann teuer werden, wenn die Deutschen ihre AKWs abstellen,
dann gibt es Stromversorgungsengpässe und der Strompreis steigt.
5. Beim Ersatz der KKWs durch Photovoltaikanlagen müssen mehr als 3’800 Tonnen Kupfer
eingekauft werden. Die Frage ist, sind all diese Kupferdrähtchen und das Produkt zertifiziert? Hier
stellen sich uns Fair-Trade-Fragen, Kinderarbeit-Fragen usw.
Ich bin von Möhlin. Dort gab es eine Flur-Kommission, weil auf der deutschen Seite aus Bauxit
Aluminium hergestellt wurde. Für den Ersatz von AKW-Strom durch Photovoltaik benötigen wir
12’000 Tonnen mehr Aluminium. Man muss sich deshalb immer die Fragen zum Ganzen stellen.
6. Die Fragen zu den Produktionsproblemen sind ungenügend beantwortet, da staune ich. Je nach
verwendeter Technologie muss die Sicherheitsfrage beantwortet werden. Ich habe selber in der
chemischen Industrie gearbeitet, da hat es noch offene Fragen, die noch nicht beantwortet wurden. Es
wäre interessant, konkrete Informationen aus Produktionsanlage zu erhalten, zum Beispiel über das
Reinigen von solchen Anlagen.
7. Ein Entsorgungskonzept für Photovoltaik gibt es offenbar noch nicht. Aber es gibt je nach
Solarzellentyp toxische Stoffe wie Cadmiumtellurid (CdTe). Da muss man sich überlegen wie man das
entsorgt.
Fazit: Das Potenzial der "neuen" erneuerbaren Energien ist gross. Jede Technologie, die im
Grossmassstab angewendet wird, hat einen Einfluss auf Sicherheit und Umwelt, das darf nie ignoriert
werden. Es sind noch viele Fragen offen. Ich danke dem Regierungsrat und insbesondere den
Mitarbeitern vom PSI (Paul-Scherrer-Institut), die meine Fragen beantwortet haben.
Eine Frage ist noch offen. Es ist mir unerklärlich wieso die Beantwortung so teuer wurde; ich nehme
an, darin sind Boni für die AEW-Geschäftsleitung enthalten.
Mit der Beantwortung bin ich teilweise zufrieden.
Vorsitzende: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist
erledigt.
1165 Interpellation der GLP-Fraktion vom 16. November 2010 betreffend energetischen
Fördermassnahmen; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 0955)
Mit Datum vom 19. Januar 2011 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet:
Allgemeine Bemerkungen:
Die Kantone setzen das nationale Gebäudeprogramm um. Die Mittel stammen aus der
Teilzweckbindung der CO2-Abgabe und aus Mitteln der Kantone. Das Programm ist in zwei
Teilbereiche eingeteilt:
 Die Förderung der Gebäudehülle erfolgt nur aus Mitteln der Teilzweckbindung ohne Kantonsmittel.
Die Förderbedingungen und die Fördersätze sind für alle Kantone gleich.
 Der Bereich Gebäudetechnik wird aus Mitteln der Teilzweckbindung und aus Mitteln der Kantone
gefördert. Die Förderhöhe und die Förderbedingungen können durch die Kantone im Rahmen des
harmonisierten Förderprogramms frei umgesetzt werden.
Aufgrund der Erfahrungen beim Gebäudeprogramm des Klimarappens werden beim Förderprogramm
der Gebäudehülle Einzelkomponenten unterstützt. Dadurch ist der Vollzug des Programms einfach
und kostengünstig und der Zugang zum Programm vereinfacht. Als Konsequenz kann ein
Gebäudeeigentümer vom Programm profitieren, auch wenn er für sein Gebäude keine
Gesamtbetrachtung anstellt. Ein Einzelkomponentenprogramm wurde trotzdem gewählt, weil nur so
das angestrebte Volumen des Programms erreicht werden kann. Neben der Förderung der
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Gebäudehülle haben die Kantone zusammen mit dem Bund den Gebäudeenergieausweis (GEAK)
aufgebaut. Im Rahmen des GEAK ist auch ein Energieberatungsteil entwickelt worden. Die
Einflussnahme des Kantons auf die Förderung der Gebäudehülle ist beschränkt, weil dieselben
Bedingungen in allen Kantonen gelten müssen.
Der Kanton Aargau unterstützt im Rahmen der Förderung der Gebäudetechnik Sanierungen nach
dem Minergie-Standard. Damit sollen Gesamtsanierungen gefördert werden.
Zur Frage 1: "Ist sich der Regierungsrat möglicher Spätfolgen insbesondere betreffend
Gesundheitsrisiken und Feuchtigkeitsschäden bei Sanierungen ohne Einbau von kontrollierten
Lüftungen bewusst? Wie stellt er sicher, dass diese minimiert werden, um nicht später – womöglich
wieder mit öffentlichen Mitteln – Sanierungen durchführen zu müssen?"
Der Regierungsrat ist sich der Bedeutung der Lufthygiene bewusst. Aus diesem Grund hat er bei der
letzten Revision der Energiesparverordnung folgende Bestimmung aufgenommen:
§4
Die Bauten müssen gemäss der Norm SIA 180 «Wärme- und Feuchteschutz im
Hochbau» (Anhang 1) mit Aussenluft genügend belüftet werden, so dass eine
Anreicherung
von Schad- und Geruchsstoffen und Bauschäden durch zu hohe Raumfeuchte vermieden
wird.
Einen Einbau von kontrollierten Lüftungen bei Modernisierungen verlangt der Kanton nicht. Mit einer
derartigen Verpflichtung würde die Zahl der Modernisierungen drastisch sinken. Der Kanton Aargau
unterstützt jedoch die Modernisierungen nach dem Minergie-Standard und macht auf die Problematik
der Bauschäden aufmerksam.
Zur Frage 2: "Weshalb werden heute lediglich Beiträge ausbezahlt, den Gesuchstellenden jedoch
keine weiteren Informationen oder Verhaltenstipps mitgeliefert?"
Die Gesuchsteller werden auf der Homepage von "Das Gebäudeprogramm" darauf hingewiesen, dass
Modernisierungen fachgerecht zu planen und verschiedene Massnahmen aufeinander abzustimmen
sind (http://www.dasgebaeudepro-gramm.ch).
Der Kanton Aargau bietet eine Energieberatung an, welche die Bauherrschaften bei Bedarf
unterstützt. Er informiert über die Internetseite der Fachstelle Energie sowie anlässlich öffentlicher
Veranstaltungen von Gemeinden, Hauseigentümerverbänden etc., in deren Rahmen
Energieberatende Referate halten. Auch ist die Energieberatung bei den wichtigsten
Publikumsmessen auf Kantonsgebiet mit einem Informationsstand präsent. Eine entscheidende Rolle
spielen die Baufachleute. Der Kanton Aargau informiert und sensibilisiert Baufachleute regelmässig
mit Kursen.
Der Kanton Aargau hat einen wichtigen Beitrag zur Erarbeitung des GEAK geleistet, dessen
Zielsetzung unter anderem die Verbesserung der Information im Zusammenhang mit Wohngebäuden
ist.
Zur Frage 3: "Wird davon ausgegangen, dass bei Sanierungen von Mietobjekten die betroffenen
Mieter durch die Hauseigentümer informiert werden?"
Die Bedingungen des Mietrechts sind einzuhalten. Dazu gehört auch die Information der Mieterinnen
und Mieter.
Zur Frage 4: "Bestehen Statistiken, wie sich eine Sanierung auf die Höhe der Mietpreise auswirkt?
Werden die Fördergelder von einer Mietpreiserhöhung ausgenommen?"
Im Rahmen des Gebäudeprogramms sind bisher keine Statistiken erstellt worden, wie sich
Sanierungen auf die Mietpreise auswirken. Vermieter müssen die Fördergelder, die sie für die
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energetische Sanierung erhalten, bei der Berechnung der Mietzinserhöhungen von den
Investitionskosten abziehen.
Im Bereich des Bauens gibt es verschiedene gesetzliche Bestimmungen. Es ist selbstverständlich,
dass diese einzuhalten sind. Es ist aber nicht primäre Aufgabe des Programms, Statistiken über die
Einhaltung von gültigen Gesetzen zu führen.
Zur Frage 5 "Ist sichergestellt, dass Mieter von der zuständigen Fachstelle Auskunft erhalten, wie viele
Fördermittel der Hauseigentümer für die Sanierung des Mietobjekts erhalten hat?"
In den aktuellen Förderzusagen (Entscheid für die Gewährung von Finanzhilfen), ist die Auskunftspflicht geregelt. Führen bei vermieteten Objekten die Investitionen zu einer Mietzinserhöhung,
verpflichtet sich der Beitragsempfangende, die Mieterinnen und Mieter über die Auszahlung von
Förderbeiträgen zu informieren. Die Fachstelle Energie ist berechtigt, die Gewährung von
Förderbeiträgen gegenüber Mieterinnen und Mietern auf Anfrage hin zu bestätigen.
Zur Frage 6: "Erfolgt eine Kontrolle, ob die durch die Fördergelder getroffenen Massnahmen die
effektiv gewünschten Energiespareffekte auslösen (was bei immer wieder geöffneten Fenstern wohl
öfter nicht der Fall sein wird)? Wenn nein, weshalb nicht?"
Eine Ausführungskontrolle ist Bestandteil des Förderprogramms. In der Aufbauphase des
Förderprogramms sind noch keine Kontrollen erfolgt. Ausführungskontrollen werden ab 2011
durchgeführt. Das Verhalten bezüglich geöffneter Fenster gehört nicht zur Kontrolle.
Zur Frage 7: "Der Bund und im speziellen das Gebäudeprogramm stellen Fenster, Wände, Decken
und Dächer in den Vordergrund. Weshalb wird darauf verzichtet, die Bauherrschaft auf weitere
mögliche Massnahmen einer energetischen Sanierung (z.B. Dämmung der Leitungen) aufmerksam zu
machen (oder solche gar als Bedingung vorzuschreiben?"
Ein Hauptziel des Gebäudeprogramms besteht darin, dass Bauherrschaften richtig modernisieren,
wenn sie modernisieren. Dies ist ohne entsprechendes Fachwissen in der Regel nicht möglich. Das
Programm verzichtet aber bewusst darauf, die Qualität der Planung zu prüfen. Damit soll der einfache
Zugang zum Programm offen gehalten werden und die Vollzugskosten sollen tief bleiben. Flankierend
werden aber Energieberatungen angeboten, welche die Bauherrschaften bei ihren Entscheiden bei
Bedarf beiziehen können.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'096.50.
Flach Beat, GLP, Auenstein: Energie zum Letzten. In unserer Interpellation wollten wir wissen, was
passiert eigentlich nach der Sprechung und dem Herausgeben des Geldes für energetische
Massnahmen im Bereich der Gebäudehülle, also in dem Bereich in dem sich der Kanton Aargau in
der letzten Zeit stark engagiert.
Insgesamt kann man sagen, dass dieses Modell ein Erfolgsmodell ist. Es hat sehr viel bewegt und
sehr viele alte Gebäude wurden dadurch saniert.
Es kommt allerdings auch aus der Beantwortung der Interpellation heraus, dass man leider, leider das
Konzept nach dem Sprechen der Gelder verlassen hat und keine Kontrolle darüber besteht was denn
nachher passiert.
Wenn man in ein komplett energetisch saniertes Gebäude kommt und dann feststellt, dass die
Eigentümer die Gummidichtungen mit dem Chinamesser herausgeschnitten haben, damit es keinen
Schimmel mehr gibt, weil sie nicht darüber aufgeklärt wurden, wie sie lüften müssen oder wenn
automatische Lüftungssysteme nicht ordentlich funktionieren, weil den Hauseigentümern am Schluss
niemand gesagt hat, dass sie das auch noch kontrollieren müssen, dann finde ich, dann verpufft
relativ viel von dem Geld, das wir eigentlich sinnvoll eingesetzt haben. In diesem Bereich sollte der
Regierungsrat unbedingt nachbessern.
Ich bin teilweise zufrieden mit der Beantwortung und danke dem Regierungsrat.
Vorsitzende: Namens der GLP-Fraktion erklärt sich Beat Flach, Auenstein, von der Antwort teilweise
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befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
(Schluss der Sitzung um 15.35 Uhr)
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