REGIERUNGSRAT DES KANTONS AARGAU Aarau, 30. Januar 2002 01.312 Postulat Reto P. Miloni, Mülligen, vom 6. November 2001 betreffend Pilotstudie zur Einführung von technologischen Innovationen im Schienengüterverkehr; Ablehnung I. Text und Begründung des Postulates wurden den Mitgliedern des Grossen Rates unmittelbar nach der Einreichung zugestellt. II. Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender Begründung ab: Richtige Stossrichtung mit schwieriger Umsetzung Der Regierungsrat unterstützt die Verkehrspolitik, die die Güter auch auf die Bahn bringen will. Die Rahmenbedingungen dazu setzt der Bund. Die Eckpunkte der schweizerischen Verkehrspolitik sind dargelegt in der Revision des Eisenbahngesetzes (1996), der Bahnreform I mit Liberalisierung des Schienengüterverkehrs (1999), der Finanzierung der Grossprojekte des öffentlichen Verkehrs (Bahn 2000 1. und 2. Etappe, NEAT), dem Verkehrsverlagerungsgesetz im Zusammenhang mit dem EU-Landverkehrsabkommen und die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Faktoren, die im Güterverkehr zählen, sind Preis, Zuverlässigkeit und Zeit. Der Gütertransport auf der Strasse ist trotz LSVA gegenüber der Bahn immer noch attraktiv. Die Bahnen ihrerseits kämpfen mit verschiedenen Problemen wie hohe Produktionskosten, Kapazitätsengpässe auf der Schiene und zu lange Transportzeiten. Wesentlichen Einfluss auf den Güterverkehr in der Schweiz haben sodann auch die Rahmenbedingungen in unseren Nachbarstaaten, die die Bestrebungen in der Schweiz noch nicht aufnehmen. Die Bahn hat dort schlechte Karten gegenüber dem Strassentransport, wobei Deutschland daran geht, im Strassengüterverkehr ebenfalls leistungsabhängige Abgaben einzuführen. Studien zum Güterverkehr Es liegen zahlreiche Studien und Berichte zum Güterverkehr vor. Über die Frage, wie die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene bewerkstelligt werden sollte, ist viel Literatur vorhanden. Verwaltungsstellen (Bund, Universitäten usw.), Verbände und private Unternehmungen trieben diesbezüglich grossen Aufwand. Auf dem Papier ist fast alles erfunden. Exemplarisch seien folgende einschlägige Studien erwähnt: Im Rahmen des nationalen Forschungsprogramms Verkehr und Umwelt (NFP 41) wurden in rund 50 Projekten 100 Studien erarbeitet. Dabei wurde der Güterverkehr prominent abgehandelt. An Tagungen zum Güterverkehr mit Vertretern aus Transportwirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft wurde erörtert, wie die -2- Umsetzung der theoretisch gewonnenen Erkenntnisse erfolgen soll. Das Bundesamt für Verkehr schrieb zum Abschluss des NFP 41: „Die Forschung hat ihren Beitrag bei der Erarbeitung dieser Rahmenbedingungen geleistet. Nun sind die Transportunternehmen gefordert, denn sie müssen sich im liberalisierten Schienengüterverkehr bewähren. Steigerung der Produktivität bei den Bahnen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Logistikunternehmen, optimierte Kapazitäten auf der Schiene und nachfragegerechte Terminals sind aktuelle Stichworte“. Der Kanton Aargau beteiligte sich finanziell an der umfangreichen Studie Kombiverkehr Schweiz (KLV-CH). Das Ziel dieses Projekts liegt darin, Güterlinienzüge für Wechselbehälter auf den Schweizer Hauptlinien, vernetzt miteinander und mit dem internationalen Kombiverkehr zu führen. Infrastrukturen, Haltepunkte, Wirtschaftlichkeit usw. wurden detailliert untersucht. Partner dieser gross angelegten Studie waren die verladende Industrie, private und öffentliche Transportunternehmungen, Logistikanbietende, Verbände, die Post, die Kantone, der Bund usw. Die Schlussfolgerung dieser Studie aus Sicht der Kantone lautete: „Mit dem Abschluss der Machbarkeitsstudie ist dieses Projekt abgeschlossen. Die Umsetzung und der Betrieb des Kombiverkehrs ist nicht mehr Sache des Gemeinwesens. Hier ist die Wirtschaft gefordert“. Die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV) gab 1998 ein eigenes Strategiepapier „Zukunft des Güterverkehrs aus Sicht der Kantone“ heraus. Es wurde von Fachleuten aus den kantonalen Verwaltungen mit Unterstützung von externen Büros erarbeitet. Dieser Bericht kam u.a. zum Schluss, die Führungs- und Koordinationsrolle obliege dem Bund. „Sofort realisierbare Verlagerung von Umfahrungsverkehren durch Nutzung der vorhandenen Kapazitätsreserven der Bahn“: In dieser Studie der Universität Hannover sind u.a. die modernen, im Postulat erwähnten Technologien beschrieben. Es ist zu bezweifeln, ob eine zusätzliche aargauische Studie neue Erkenntnisse bringt. Marktchancen für den Schienengüterverkehr eröffnen sich vor allem bei langen Transportwegen. Die Förderung von Technologien und günstigen Rahmenbedingungen sind deshalb Sache des Bundes und allenfalls der Nachbarstaaten. Es ist nicht Aufgabe des Kantons, Investitionen in Anlagen des Güterverkehrs zu tätigen, ausgenommen bei den beiden aargauischen Bahnen (Wynen- und Suhrentalbahn [WSB] und Bremgarten-DietikonBahn [BD]). Schienengüterverkehr hat weniger kantonale, vielmehr landesweite und grenzüberschreitende Dimensionen. Rollenteilung Wie einleitend in dieser Beantwortung ausgeführt, setzt der Bund den verkehrspolitischen Rahmen. Es ist auch Domäne des Bundes, den Schienengüterverkehr über „seine“ Unternehmung - die SBB AG - zu fördern, sei es durch Rahmenbedingungen, Infrastrukturen oder Betriebsbeiträge. Gefordert sind sodann die Bahnen und private Unternehmungen des Transports, der Logistik und der verladenden Wirtschaft. Der Kanton kann unterstützend wirken, sei es bei der Evaluation von Standorten oder bei Baubewilligungsverfahren. Der Kanton Aargau will in diesen Bereichen förderlich wirken. Der Regierungsrat sieht aus den dargelegten Gründen keine Notwendigkeit für eine Pilotstudie und lehnt das Postulat daher ab. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'493.--. REGIERUNGSRAT AARGAU