Seminar Erwachsenenbildung Teil 5

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Schwerpunkt Erwachsenenbildung
Thema 4:
Kade Jochen & Nittel Dieter & Seitter Wolfgang:
Geschichte des Denkens über das Lernen im Erwachsenenalter
Text: Geschichte - Theorie - Forschung
Inhalt: es wird aufgezeigt, wie sich das Lernen im Erwachsenalter und seine reflexive Bearbeitung im
historischen Verlauf verändert haben, im theoretischen Zugriff rekonstruiert werden können und in
der Forschungspraxis nach themenspezifischen Schwerpunkten differenzieren lassen -> Text hat 3
Ordnungsperspektiven: Geschichte, Theorie und Forschung, wir behandeln jedoch nur den ersten
Punkt: die Geschichte!
1. Geschichte des Denkens über das Lernen im Erwachsenenalter
•
die Geschichte des Denkens über Erwachsenenbildung ist untrennbar verknüpft mit den
institutionellen, personellen und. infrastrukturellen Voraussetzungen der praktischen
Bildungsarbeit
-> aus diesem Grund ist eine Geschichte der erwachsenbildnerischen Reflexion und Analyse
immer auch eine Geschichte der Erwachsenenbildungspraxis
•
die Geschichte der Erwachsenenbildungspraxis beinhaltet die gesellschaftliche Einbettung der
beteiligten Institutionen, der Teilnehmer und sozialen Gruppen des erwachsenbildnerischen
Lehrpersonals sowie der vorhandenen Kommunikationskanäle
-> eine von der Bildungspraxis getrennte Reflexion hat jeweils die Geschichte mitgesteuert und
getragen
•
die Differenz zwischen Praxis und Reflexion der Praxis hat sich historisch erst allmählich
verfestigt, beide Bereiche haben sich in einem langsamen Prozess institutionell getrennt (1960er
und 1970er Jahre)
-> der Bereich der Praxis und Profession arbeitet handlungsorientiert, nach konkreten
Wissensformen und Entscheidungshilfen
-> der Bereich der Theorie und Disziplin kommt durch Erkenntnisorientierung zu systematischen
Differenzen und Analysen
3 zeitliche Phasen, die die Erwachsenenbildungsgeschichte nachhaltig geprägt haben:
1. Volksaufklärung/ Volksbildung (Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert)
•
Volksbildung als modernes Massenphänomen -> Übergang von einer ständisch-feudalen zu
einer bürgerlich-modernen Gesellschaft
•
2 Aufgaben:
•
•
•
Befähigung
der
Gesellschaftsmitglieder
zu
einer
allgemeinen
ständeübergreifenden Kommunikation
Wissensgeschützte beruflich-technisch-agrarische Aufklärung und Fortbildung
der Handwerker-, Arbeiter- und Bauernschaft
Verlagerung des Lernens:
• weg von alltäglichen, traditionellen, imitativen Lernvollzügen (welche auch heute
noch bestehen, z.B. Handwerkerlehre) hin zu ->
• institutionsgebundenen und organisierten Veranstaltungen (z.B. schulförmiger
Unterricht)
-> Umbruch des Staates!
1
•
3 Hauptformen volksbildnerischer Tätigkeit
• Volksbildung als gesellige Bürgerbildung und Nachahmung der
Adelskultur
• Selbstbildungsinitiativen des sich formierenden Bürgertums;
• gesellschaftliche Bildung und gegenseitige Aufklärung sowie musisch
künstlerische Betätigung wurden verbunden mit politischer Diskussion
und gemeinnütziger Arbeit;
• Lesegesellschaften waren Orte einer ständeübergreifenden, egalitären
Kommunikation, an denen angenehme Unterhaltung und wechselseitige
Belehrung mit der aktiven Beteiligung an der Entwicklung des
Gemeinwesens durch praktisch-nützliche Aufklärungsarbeit kombiniert
wurden;
• Emanzipation vom Staat durch Ausarbeitung eigener Statuten,
Unterwerfung unter selbstgesetzte Regeln,...;
• Beispiel: Clubs, Lesezirkel, Leihbibliotheken, ...
•
Volksbildung als allgemeine und berufliche Ausbildung der städtischen
Handwerker- und Arbeiterschaft
• vielfältige Maßnahmen von patriotischen, gemeinnützigen und
polytechnischen Gesellschaften zur sozial-kulturellen Betreuung, zur
Durchsetzung elementarer Kulturtechniken und zur beruflich-technischen
Ausbildung der Handwerker und Arbeiter;
• neue Formen der Produktion und Ausbildung aufgrund der
Industrialisierung und des wissenschaftlichen Fortschritts, hatten die im
Verbund mit neuen Produktionsmethoden wirtschaftlich und sozial, sowie
Wissens- und ausbildungsmäßig die Arbeitsteilung überholt;
• Einführung der Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit;
• Gründung von Abend- und Fortbildungsschulen (elementarer Unterricht
wurde mit technischer Ausbildung verbunden);
• Praxis des Zeichnens sollte die Abstraktion von imitativen Lernweisen
fördern und eine neue Form handwerklichen Könnens einleiten, die sich
gegen die etablierten Zunfttraditionen richtete und auf erbitterten
Widerstand stieß;
• Lokale Motoren: patriotisch-gemeinnützige Gesellschaften, in denen die
bürgerlich-aufgeklärten, wissenschaftsorientierten Trägerschichten nicht
nur für die eigene Selbstbildung, sondern auch für die Verbreitung
anwendungsorientierter „nützlicher" Kenntnisse sorgten;
• Die Gesellschaften dienten zur Unterstützung des Reformprozesses und
als Modernisierungsfaktor in bildungs-, sozial, gewerbe- und
kulturpolitischer Hinsicht
• Beispiele: patriotisch gemeinnützige Gesellschaften unterhielten
Sonntagsschulen, Zeichenschulen, Industrieschulen für Mädchen,
Schullehrerseminar, Kreditkassen, Museen,...
•
Volksbildung als landwirtschaftliche Rationalisierung und Aufklärung der
Bauernschaft
• Volksaufklärung im ländlichen Bereich;
• Hebung des bäuerlichen Standes und Gesindes durch:
o Verbreitung von Volksschriften, Periodika, volksaufklärerischen Kalendern,
problemorientierter
Sachliteratur
und
unterhaltsamen
Aufklärungsschriften
o Gründung von spezialisierten Einrichtungen zur agrarisch
technischen
Fortbildung
(meist
durch
ökonomisch
landwirtschaftliche
Gesellschaften
(Gegenstück
zu
den
gemeinnützigen-patriotischen
Gesellschaften)
mittels
Herausgabe
von
Schriften,
Vermittlung
rationeller
landwirtschaftliche Anbaumethoden durch Schulen)
o volkserzieherische Arbeit durch den Pfarrer (wichtigste Form!); der
neben seinen seelsorgerisch-religiösen Pflichten auch als
Sittenprediger, Musterlandwirt, Polizeidiener und Volkslehrer die
2
Dorfbevölkerung in Fragen der Haushaltung, des Ackerbaus und des
Gewerbes aufklären und erziehen sollte
•
•
•
•
volksbildnerische Bestrebungen waren auf sehr unterschiedliche wirtschaftlich-soziale Kontexte
bezogen
das volksaufklärerische Denken fand insbesondere im kirchlich-pastoralen Rahmen und
innerhalb der liberal-aufgeklärten, akademisch-wissenschaftsorientierten Bürgerschaft statt.
Form der Volksaufklärung: im wesentlichen über das Medium der Schrift
Inhalt des Aufklärungsdiskurs: allgemeine Zielbestimmungen, Klärung der Voraussetzungen für die
gesellschaftliche Umsetzung:
• Bekämpfung des Aberglaubens
• Hebung der Sittlichkeit
• Durchsetzung einer wissensgestützten Lebensführung
• Beförderung des Gewerbes durch die Verbreitung nützlicher Kenntnise
• Debatten wie grundlegende gesellschaftliche und gesellschaftskritische
Erörterungen über die Bedingungen einer erfolgreichen Handwerker- und
Bauernaufklärung
2. Volks-/Erwachsenenbildung um die Jahrhundertwende (1890 - 1930)
I. formelle Entwicklung:
(1)
durch institutionelle Verdichtung volksbildnerische Angebote und
•
•
•
(2)
der damit einhergehenden Pluralisierung der Arbeitsformen
•
•
•
•
•
(3)
starker Ausbau der institutionellen Infrastruktur (der freien überparteilichen und
überkonfessionellen Einrichtungen; insbesondere der milieubezogenen auch
innerhalb der Kirchen und sozialen Bewegungen)
gesamtgesellschaftliche Tendenz zur überregionalen Organisierung und
Verbandlichung führte im Bereich der Volksbildung zu übergreifenden
Zusammenschlüssen;
während der Weimarer Republik bestanden jedoch nur noch die Institutionen der
vier großen - liberalen, evangelischen, katholischen und sozialistischen Volksbildungsverbünde
aus der zunehmenden Institutionsdichte resultierte die Notwendigkeit der
organisatorischen Aufgabenbewältigung
Pluralisierung von möglichen Tätigkeitsfeldern innerhalb der Volksbildung:
• nebenberuflich ausgeführte, unterrichtend-vortragender Tätigkeit
• quantitativ bedeutsame Form hauptberuflicher Arbeit (vollbeschäftigte
Kultur- und Bildungsorganisatoren)
• Formen volksbildnerischer Vollzeitarbeit
3 Teilung (hat bis heute Bestand):
1. organisierend / disponierend
2. hauptberuflich / lehrend
3. nebenberuflich / vortragend
starke Dominanz der ehrenamtlich oder nebenberuflich arbeiteten Dozenten
Dreiteilung aufgrund der Notwendigkeit einer immer stärkeren organisatorischen
Aufgabenbewältigung angesichts expandierender Bildungseinrichtungen, einer
personalen Kontinuität und flexibel handhabbaren Wissensvermittlung in
unterschiedlichsten Spezialfeldern
Zunahme erwachsenbildnerischer Reflexionsmöglichkeiten
-> 3 verschiedene Formen:
1. Tages- und Zeitschriftenwesen
2. praktische und akademische Fortbildungsmaßnahmen für (zukünftige)
Volksbildner
3. erste
Institutionalisierungsformen
erwachsenbildnerischer
Forschung
(quantitative + qualitative Verfahren -> EB muss Rechenschaft ablegen und soll
sich an der Öffentlichkeit orientieren)
3
•
sowie Zunahme der Kommunikation
•
Kommunikation über die unmittelbaren Tagesbedürfnisse hinaus (durch das
hauptberufliche Personal)
•
•
•
programmatische Überlegungen zur Weiterentwicklung der Volksbildung
der Austausch war ein Medium, um in bildungspolitischer Absicht für
die Durchsetzung und Akzeptanz volksbildnerischer Arbeit zu werben
3 Gruppen von Tätigen in der Volksbildung:
• hauptberuflich, praktisch tätige Volksbildner
• eher bildungspolitisch orientierte Personen (steuerten aufgrund ihrer
Aufgabenstellung und ihrer finanziellen
Möglichkeiten den
volksbildnerischen Diskurs zentral)
• reflexionsorientierte Volksbildner (aus ihrer jeweiligen fachspezifischen
Perspektive heraus formulierten sie theoretische Beiträge zur
Volksbildung und beteiligten sich gleichzeitig an der praktischen
Volksbildungsarbeit)
Zu 1) Tagungs- und Zeitschriftenwesen
• 2 zentrale Kommunikationskanäle:
• regionale, überregionale und internationale Jahresversammlungen, Treffen und
Tagungen
• volksbildnerisches Zeitschriftenwesen (zweigeteilt in Zeitschriften in denen
einrichtungsspezifische Themen dominierten und Zeitschriften, die sich nicht an
einzelne Institutionen banden)
• entfachte Diskussionen der Tagungen und Zeitschriften dienten:
• der Klärung konkreter volksbildnerischer Detailfragen
• hatten stark progammatischen und bildungspolitischen Charakter
• 1920er Jahre:
Neue Richtung / Leitmethode: Propagierung neuer Unterrichtsmethoden: die Arbeitsgemeinschaft
(gleichberechtigte gemeinschaftliche Kommunikation stimulieren, gegenseitigen Wechsel der
Perspektiven einüben, Methodenabhängigkeit des Wissens deutlich machen, Alltagswissen der
TN aktivieren, ..
• Arbeitsgemeinschaft als fordernde, gestaltende und intensive Form der
Volksbildung
• nach 1945:
die selektive Wahrnehmung der Bildungspraxis und die Favorisierung bestimmter
Theorieoptionen führten auch nach der Zeit des Nationalsozialismus dazu, die Vielfalt und Breite
der unterschiedlichen Volksbildungspraktiken auf theoretischer Ebene zu homogenisieren und mit
der Wiederaufnahme von Volksbildungstheoremen der „Neuen Richtung" die eigene Arbeit in
einer bestimmten Richtung zu profilieren -> Diskussionen über Ziele und Methoden der
Unterrichtsgestaltung
Zu 2) Aus- und Fortbildungsvarianten
• Schulungskurse für angehende Volksbildner, die in 2 Varianten - einer praxisorientiert und einer
theoretischen - etabliert und auf denen Ziele, Inhalte und Methoden der Volksbildungsarbeit
systematisch vermittelt wurden
• vor dem Ersten Weltkrieg erste Versuche über Vorbereitungskurse oder
Akademien Nachwuchsfrage zu lösen
• 1920er Jahre durch massive Institutionalisierung der Volkshochschulen zu einer
sprunghaft gestiegenen Nachfrage nach Schulungskursen -> Forderung nach
neuen Formen der didaktischen-methodischen Befähigung;
Schulungskurse durch Volksbildungsämter der jeweiligen Länder
• ab 1927 Zentral durch die „Deutsche Schule für Volksforschung und
Erwachsenenbildung"
• Versuch
auf akademischer
Ebene:
Kombinationen akademischer
Studienangebote (1920er Jahre)
Zu 3) Erwachsenbildnerische Forschungspraxis
• etablierte sich bereits um die Jahrhundertwende und verstärkte sich zunehmend in den 1920er
Jahren
4
•
•
erwachsenbildnerische Forschung war insgesamt nur schwach ausgeprägt und eng mit der
Praxis verzahnt
2 Hauptformen:
a)
Erforschung der Bildungsinteressen von Hörern über eher quantitative Verfahren
b)
unterrichtsbezogene Untersuchungen mit meist qualitativen Methoden
Zu a) Zu Rechenschaft durch Statistik, besonders der sozialbiographischen Daten der
Hörerschaft (Erfassung geschlechts-, alters-, ausbildungs-, berufsspezifischer und
motivationaler Daten)
-> diente als Grundlage für die eigene Planung und um das Angebot besser den
Bedürfnissen der Hörer anzupassen
Zu b) methodisch-didaktische
Untersuchungen
in
Verbindung
mit
praktischer
Unterrichtstätigkeit
-> dienten der veranstaltungsbezogenen Erforschung tatsächlicher Teilnehmer (1920er
Jahre)
-
seit der Jahrhundertwende enorme Zunahme des Denkens über Volks-/Erwachsenenbildung
pragmatisch orientierte Forschung -> starker Handlungsbezug, der die Verbindung von Theorie
und Praxis suchte und die Praxis nicht nur analysieren, sondern auch verbessern wollte
II. Inhaltliche Entwicklung 4
Dimensionen:
1.
gesellschaftsdiagnostischer Aspekt (Volksbildung war aufgerufen, alle Bevölkerungsschichten
an Wissenschaft, Bildung und Kultur teilhaben zu lassen)
2.
inhaltstheoretischer Aspekt (Volksbildung bezog sich sowohl auf die kognitiv-wissensgestützte
als auch auf die gesellig-emotionale Seite bildnerischer Praxis; Unterschied zwischen emotional
und rational)
3.
bildungspolitischer Aspekt (Richtungsstreit: extensiver Breitenwirkung vs. intensiver
Elitenbildung bzw. liberal-fortschrittsoptimiert vs. romantisch-lebenskreisorientiert)
4.
didaktischer-methodischer Aspekt (Fragen der inhaltlichen Ausgestaltung, der methodischen
Aufbereitung der Inhalte, der relevanten Zielgruppen, ...)
heutige Entwicklung:
 Arbeitsformen -> 3 Teilung ist geblieben (wobei nebenberuflich heute nicht mehr nur vortragend
ist)
 Institutionelle Verdichtung hat zugenommen
 Reflexionsmöglichkeiten sind explodiert
3. Erwachsenen-/Weiterbildunq im Kontext der Bildungsreform (1960er und 1970er
Jahre)







weiterer entscheidender Institutionalisierungsschub
Erwachsenenbildung wurde Teil des öffentlichen Bildungswesens als quartäre Säule (im Zuge
der Bildungsreform)
Recht auf Bildung als gesellschaftlichen Anspruch, Aufhebung struktureller Benachteiligung, ...
Anerkennung der Erwachsenenbildung als eine öffentliche Aufgabe im System staatlich
kommunaler Daseinsvorsorge
verstärkte Förderung der Volkshochschulen
Ländergesetze mit entsprechenden Förder- und Finanzierungsrichtlinien bezüglich der
Erwachsenenbildung
 zunehmende Verrechtlichung der Erwachsenbildung und Privilegierung der großen
traditionellen Anbieter (die einen Großteil der öffentlichen Gelder aufgrund der
Bezuschussungsmodalitäten für sich monopolisieren konnten)

disponierende Vollzeitaufgabe: Programmplanung, Lernorganisation, Lernkontrolle, Beratung,
Öffentlichkeitsarbeit, etc. als pädagogische Tätigkeiten
Einführung des Diplomstudiengangs (Ende der 1960er Jahre), erwachsenbildnerische
Berufskodifizierung unter der Perspektive von Akademisierung und Professionalisierung

Gleichzeitigkeit von bildungspolitischer Reformabsicht,
5
institutioneller
Expansion und







akademischer Ausbildung ermöglichte Anfang der 1970er Jahre den Beginn einer
professionalisierten vollzeitberuflichen Tätigkeit
die Hauptberuflichenquote in der EB blieb nach wie vor gering; der Diplomstudiengang ist nicht
der bevorzugte Ausbildungsweg
das praktisch orientierte bzw. wissenschaftlich abgeleitete Denken über EB wurde mit dem
Ausbau der erwachsenenbildnerischen Einrichtungen, der Zunahme wissenschaftlich
ausgebildeten Personals und der Etablierung erwachsenbildnerischer Lehrstühle stark
ausgeweitet
klare institutionelle Trennung zwischen professionellen und disziplinären Diskursen
praxisbezogene Reflexion vor allem innerhalb der großen erwachsenenbildnerischen Verbände
(in der Nachkriegszeit)
erwachsenenbildnerische Reflexion und Forschung erst ab dem Beginn der 1970er Jahre (mit
der Etablierung entsprechender Lehrstühle) dauerhaft institutionalisiert und das Denken über
Erwachsenenbildung zunehmend entlang disziplinärer Fragestellungen ausdifferenziert
ab 1957 Gründung einer wissenschaftliche Dienstleistungseinrichtung zur pädagogischorganisierten Beratung und Unterstützung der Landesverbände der Volkshochschulen: dem
heutigen "Deutschen Institut für Erwachsenenbildung"
Aufgaben: Unterhaltung einer Präsenzbibliothek, Ausarbeitung von Statistiken, Aus- und
Fortbildung hauptberuflicher Mitarbeiter,... Vielgestaltiges Publikationswesen, kursbegleitende
Materialien, Arbeitshilfen,

Internationale Organisationen (insbesondere UNESCO und OECD) forcierten internationalen
Austausch, plädierten für eine stärke gesellschaftspolitische Aufwertung der EB

3 Themen waren für die erwachsenbildnerische Reflexion der 1960er Jahre zentral:
1. Legitimierung der Erwachsenenbildung als gesellschaftliche Daueraufgabe
2. sozialwissenschaftlich abgestützte Adressatenforschung
3. Neukonzipierung der Erwachsenenrolle
Zu 1) bildungspolitischer Aspekt
-> EB wurde nicht mehr vorrangig als eine transitorische bzw. kompensatorische Aufgabe
betrachtet, sondern als eine gesellschaftliche Daueraufgabe für zunehmend alle
Bevölkerungsschichten definiert
-> Argumente der bildungsökonomischen und demokratietheoretischen Argumente,
insbesondere die Qualifizierungsfunktion als Aufgabe der EB wurde programmatisch
anerkannt
-> Dual Bildungsökonomie/Qualifikation bzw. Emanzipation/Recht auf Bildung
-> Diskussion über geeignete Formen eines gestuften, aufeinander aufbauenden
Bildungsangebots, welches flexibel, durchlässig und transparent sein sollte
-> Pläne zeigten die Notwendigkeit einer stärkeren Verberuflichung und
Professionalisierung der EB
Zu 2) sozialwissenschaftlicher Aspekt
-> Adressatenforschung -> Bildungsvorstellungen und -Interessen der breiten
Bevölkerungsschichten als der potentiellen Teilnehmerschaft von Bildungsangeboten
wurde durch empirische Arbeiten eruiert
-> Zentrale Untersuchung: Göttinger Studie über „Bildung und gesellschaftliches
Bewusstsein"
• mit
einer
Methodenkombination
aus
repräsentativer
Umfrage,
Gruppendiskussion und Intensivinterviews wurde eine
• sozial-differenzierende Form (Bildung als Erfahrung von Ausschluss und
Benachteiligung) und eine
• personal-differenzierende Form (Bildung als Persönlichkeitsreichtum)
von Bildungsvorstellungen herausgearbeitet
-> Erkenntnisse (aufgrund der Studien):
• insbesondere Arbeiter, Frauen, Mädchen sowie die Landbevölkerung wurde als
besonders benachteiligte Gruppen identifiziert -> Bildungsbenachteiligung wurde
als großes Hindernis für ein weiterführendes Bildungsengagement erkannt
6
•
•
•
positive Korrelation von schulischem Erfolg und Weiterbildungsbeteiligung
zeigten dass dem Schulbesuch eine herausragende Bedeutung für spätere
Bildungsaktivitäten zukam
große Mehrheit der Bevölkerung verband die EB mit beruflicher Fortbildung und
planmäßigem Studium
„Bildung und gesellschaftliches Bewusstsein" wurde als Wegbereiter der
„realistischen Wende" betrachtet, d.h. als Wegbereiter der programmatischen
Anerkennung der qualifikatorischen Funktion von EB
Zu 3) lernpsychologisch-sozialisatorischer Aspekt
-> andere Sicht auf den Erwachsenen (nicht mehr volkspädagogisch als organischen Teil bzw.
lebenskreisbezogenes Element des Volksganzen), sondern sozialisatorisch als ein prinzipiell
lern- und entwicklungsfähiges Wesen auch im vorgerückten Alter
-> dynamischer Begriff des Erwachsenseins, der Platz ließ für vielfältige Lernmöglichkeiten und notwendigkeiten (auch im Erwachsenenalter)
-> 1960er Jahre Einfluss von Ergebnissen der angloamerikanischen Lernpsychologie:
Vorstellung vom „fertigen, reifen" Erwachsenen wurde zugunsten eines sehr viel
entwicklungsoffeneren Modells des Erwachsenenalters revidiert, bei dem nicht mehr die
Frage der Lernfähigkeit von Erwachsenen, sondern nur noch die unterschiedlichen Modi ihres
Lernens diskutiert wurden
• Lernfähigkeit war demnach nicht mehr so sehr eine Frage des biologischen
Alters, sondern weit mehr die Resultate aus einer Reihe körperlicher, sozialer,
psychischer, pädagogischer und biographischer Faktoren
• Begründung einer permanenten EB im Sinne des lebenslangen Lernens
-> Blick auf die DDR (wird nicht näher ausgeführt, da dieser Teil zu kurz für eine
Prüfungsfrage ist!)
heutige Entwicklung:
• lebenslanges Lernen, speziell im 4. Erwachsenenalter (ab Renten- bzw. Seniorenalter)
• Qualifizierungsdebatte ist heute stärker den je
• Ökonomisierung
• Benachteiligung
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