Wasser Wenn ich über einen Acker gehe, der mir trocken zu sein scheint, so gehe ich doch auf einer Welt von Wasser, Jedes tiefer liegende Erdkrümelchen trägt eine Art Wasserhaut. Die Milliarden kleiner Lebewesen in der Krume bestehen fast nur aus Wasser. Stiege ich hinab zu den Tonschichten, dem Gestein, den Schifferschichten, so befände ich mich in einer von Wasser triefenden Unterwelt, bis ich endlich im Grundwasser stünde, in den unterirdischen Seen und Flussläufen, in denen sich Wasservorräte unvorstellbaren Ausmasses befinden. Aus der Tiefe kommt der Brunnen, Tag und Nacht den Reichtum der Tiefe herausgebend in der Sprache des Wassers, im Rauschen und Glucksen und Plätschern und Gurgeln. Und ich schöpfe im Unerschöpflichen das Geheimnis des Lebendigen. Im Gefäß gebe ich dem Formlosen eine Form und werde zum „Schöpfer“ Berge umgeben mich, und sie alle haben vom Wasser ihre Gestalt. Denn das Wasser schwemmt und sägt, hobelt und schleift. Es netzt sanft als Tau, prasselt als Hagel, schlägt als Lawine ins Tal, frisst das Land an Ufern und Küsten, unterhöhlt die Erde, kerbt das Profil der Felsen. Sickert ein in den Untergrund, poliert riesige Hohlräume aus, tropft von den Decken und Verzaubert die nächtliche Unterwelt zu Palästen von Feen und Trollen, und eines Tages wird die Erde in die Tiefe nachstürzen oder nachgleiten . Ich stapfe durch den Schnee, die Zauberwelt der Kristalle ,Wasser in luftig leichter Gestalt,zart und behutsam die Wärme bewahrend, die die Erde hat und die sie braucht über die Zeit des Frostes. Eine Schlafdecke für Pflanzen und Tiere liegt ausgebreitet und hält Samenkörner und Fruchtknoten und das kleine Getier am Leben. Die Erde ruft aber unter dem Schnee heimlich die Feuchtigkeit ab, die sie braucht, und vielleicht empfinden wir, es sei etwas in uns das ebenso fällt, so liegt, so schmilzt , auftauend und wieder in die Erde rinnt, aufsteigend, im Wind treibend, fallend und sich wieder lösend, einschmelzend in die Wasser unter der Erde. Ich entdecke das Heilende. Den Moorsee oder die Schwefelquelle, Wasser abgestimmt auf meinen Körper und das was er im Augenblick braucht. Das Element, wunderbar verbunden mit dem Leben in mir. Urflut und Meer, See und Fluss ,Quelle und Tau. Mein Dasein begann im Wasser des Leibes meiner Mutter, und solange ich lebe gibt das Wasser mir eine seltsame Geborgenheit. Wir sehen im Wasser etwas wie das Urbild alles Lebendigen. Aber Leben ist eigentlich anders als das Wasser. Leben heißt wachsen. Das Wasser aber wächst nicht. Leben heißt sich fortpflanzen. Das Wasser aber kennt keinen Wechsel der Generationen. Leben heißt, den eigenen Rhythmus finden und durchhalten. Aber dem Wasser wird immer und überall der Rhythmus fremden Lebens vorgeschrieben. Und doch ist kein Leben möglich ohne das Wasser. Indem das Wasser kein eigenes Leben beansprucht, ist es die Urkraft alles Lebendigen. Das Wasser hat kein eigenes Licht. Der Himmel über ihm gibt ihm seine Farbe, die Sonne spiegelt sich in ihm, der Baum an seinem Ufer. Seine Farbe empfängt das Wasser immer von anderen Dingen oder Wesen dieser Erde. (Solarplexus 13. 6. 2009 )