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Handout: Kosmische Hintergrundstrahlung, Seminar: Der Urknall und seine Teilchen
Kosmische Hintergrundstrahlung
cosmic microwave background (CMB)
Geschichte
 1940er Gamov, Alpher, Herman: falls Big Bang stattfand, ist noch
beobachtbare Strahlung vorhanden (T≈5K)
 1964 Penzias, Wilson: Experimente mit Radioantenne, unerklärliches
Rauschen bei T=3,5K;
Gruppe Dicke (Princeton) erkennt: kosmische Hintergrundstrahlung
 1978 Nobelpreis für Penzias und Wilson
 1989 COBE
 2001 WMAP
 2008 Planck Surveyor
Bedeutung der CMB für die Kosmologie
Die Untersuchung und präzise Messung der CMB brachte großartige Einsichten in
die Geschichte unseres Universums. Die Strahlung, die wir heute empfangen, ist
über 13 Mrd. Jahre alt und liefert uns ein Bild des Universums, als es ca. 380000
Jahre alt war. Die Existenz der CMB ist eine wichtige Stütze des Big-Bangs, da sie
beweist, dass zu dieser Zeit enorme Temperaturen herrschten.
Außerdem lassen sich aus der genauen Untersuchung auf Anisotropien (siehe
unten) wichtige kosmologische Parameter bestimmen, was die Kosmologie zu einer
äußerst präzisen Wissenschaft machte.
Die Isotropie der CMB (auf großen Skalen) ist eigentlich überraschend, denn wie
sollte überall Strahlung mit gerade derselben Temperatur emittiert werden? Die
Inflationstheorie kann diese Isotropie erklären, wird also auch durch die CMB
unterstützt.
Da die CMB auf ihrem Weg zu uns z.B Galaxien durchquert, lassen sich auch
deren Entstehung und Entwicklung untersuchen.
Wdh: Schwarzkörperspektrum
Ein schwarzer Körper absorbiert jede auftreffende elektromagnetische Strahlung
komplett und emittiert Strahlung mit einer Intensitätsverteilung nach dem Planckschen Strahlungsgesetz:
I ( )d 
8hc
d
5 e hc / kT  1
Photonen, die sich im thermischen
Gleichgewicht mit Materie befinden, bilden
ein Schwarzkörperspektrum, das auch bei
der Expansion und damit Abkühlung seine
Form beibehält! Es wird lediglich zu
niedrigeren Temperaturen und damit
größeren
Wellenlängen
verschoben
(Mikrowellen!).
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Handout: Kosmische Hintergrundstrahlung, Seminar: Der Urknall und seine Teilchen
Entstehung der CMB
Ca. 3 min nach dem Urknall (T=0,1 MeV) bilden die vorhandenen Protonen,
Elektronen, Heliumkerne und Photonen ein heißes Plasma. Photonen streuen an den
freien Elektronen (Thomson-Streuung; thermisches Gleichgewicht!). Die Bildung von
neutralem Wasserstoff wird erst möglich, als die Temperatur auf unter 0,3eV
abgefallen ist (nach 300000 Jahren), da dann die Energie der meisten Photonen
nicht mehr ausreicht, um H zu spalten: Rekombination.
Die Photonen finden nun keine Elektronen mehr, an denen sie streuen können; sie
können sich also frei durch das gesamte Universum bewegen: Entkopplung
Durch die Expansion der Universums werden die Photonen rotverschoben, so dass
wir heute ein Spektrum mit T=2,7K messen.
Experimente
Experimente an der Erdoberfläche haben den Nachteil, dass Absorption und Streuung
in der Atmosphäre große systematische Fehler verursachen. Deshalb liefern Ballonund vor allem Satelliten-Experimente die besten Messwerte, so genau, dass man
winzige Anisotropien (Temperaturunterschiede der empfangenen Strahlung aus
verschiedenen Raumrichtungen) erkennen kann.
COBE (1989-1993)
COBE wurde 1989 auf eine Erdumlaufbahn geschossen und nahm dort eine Karte
des gesamten Himmels auf. FIRAS untersuchte dabei das Spektrum der CMB:
Das Spektrum ist ein perfektes Schwarzkörperspektrum mit T=2,726 K.
DMR suchte nach kleinsten Temperaturunterschieden zwischen verschiedenen
Raumrichtungen und entdeckte, dass die CMB eine Anisotropie besitzt.
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Handout: Kosmische Hintergrundstrahlung, Seminar: Der Urknall und seine Teilchen
Dipolanisotropie
Die Bewegung der Erde um die Sonne, die Bewegung des Sonnensystems in der
Milchstraße usw. bewirken, dass wir einen Unterschied in der ankommenden CMB
erkennen, wie wir es vom Dopplereffekt kennen. Die Hintergrundstrahlung, die uns
genau „entgegen“ kommt, ist am meisten blauverschoben (höhere Temperatur), die
aus entgegengesetzter Richtung ist rotverschoben.
Auf einer großen Skala (2,7K) erscheint die
Hintergrundstrahlung isotrop, es ist keine
bevorzugte Richtung zu erkennen.
Im mK-Bereich erkennt man eine Anisotropie,
die Dipolanisotropie, die durch die Relativbewegung der Erde zur CMB erklärt werden
kann.
Nach Abzug des Dipoleffekts erkennt man auf
der µK-Skala noch kleinere Anisotropien, die es
nun zu erklären gilt. In der Mittelachse erkennt
man noch Störstrahlung, die durch geeignete
Modelle herausgerechnet werden muss.
WMAP
WMAP befindet sich seit 2001 am Lagrangepunkt L2 (ca. 1,5 Mio. km von der Erde
entfernt auf der sonnenabgewandten Seite) und untersucht die CMB mit einer
Winkelauflösung von einigen Winkelminuten auf Anisotropien, die nicht mehr nur
durch die Erdbewegung erklärt werden können. Im Vergleich zu COBE ist die Karte
viel detaillierter:
Zur aufwendigen Analyse der Daten entwickelt man die Temperaturunterschiede in

Kugelflächenfunktionen und passt die Koeffizienten an:
l
T ( ,  )    almYl m ( ,  )
l 0 m  l
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Dies entspricht einer Multipolentwicklung: Monopol (l=0), Dipol (l=1), Quadrupol (l=2),
usw.
l
1
2
alm
Man erhält ein sog. Leistungsspektrum, wenn man die Koeffizienten Cl 

2l  1 m   l
berechnet und diese über l bzw. dem Winkel ΔΘ=180°/l aufträgt.
Aus diesem Schaubild kann man viele Erkenntnisse über das frühe Universum
gewinnen und wichtige kosmologische Parameter bestimmen.
Die einzelnen Effekte, die das Leistungsspektrum bestimmen, werden hier kurz
erklärt:
Akustische Oszillationen:
Vor der Entkopplung der Photonen treten zufällige Dichteschwankungen auf, die
aufgrund der höheren Gravitation umliegende Materie und Strahlung anziehen. Diese
Kontraktion führt zur Aufheizung der Gebiete, was aber die weitere Kontraktion
bremst, da der Strahlungsdruck immer größer wird, und schließlich wieder zu einer
Ausdehnung des Gebiets führt. Der Strahlungsdruck nimmt wieder ab, bis die
Gravitation wieder die Oberhand gewinnt, und der Vorgang von vorne beginnt: Man
spricht von Akustischen Oszillationen, die im Leistungsspektrum als Peaks bei
großen l zu erkennen sind. Aus der Lage des ersten Peaks und der Höhe der Peaks
kann man z.B. die Baryonendichte bestimmen (siehe unten).
Sachs-Wolfe-Effekt:
Photonen, die aus dichteren Gebieten emittiert werden, sollten eigentlich
energiereicher sein, also blauverschoben, da dichtere Gebiete sich aufheizen. Dass
dichte, heiße Gebiete (hot spots) aber als „cold spots“ der CMB, also als
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rotverschobene Photonen erscheinen, liegt am Gravitationspotential. Das Photon
muss diesen Potentialtopf, der natürlich bei dichteren Gebieten tiefer ist, zuerst
überwinden, und benötigt dafür Energie.
Außerdem kann man aus dem integrierten Sachs-Wolfe-Effekt Erkenntnisse über die
von den Photonen durchquerten Galaxien gewinnen. Tritt das Photon auf seiner
Reise zu uns in ein Gravitationspotential ein, gewinnt/verliert es Energie, die es beim
Austritt jedoch wieder genau abgibt/erhält. Es sei denn, das Potential hat sich
während dem Durchqueren geändert! Dann wurde die Energie des Photons
verändert. Durch die genaue Untersuchung und dem Vergleich mit anderen
Aufnahmen (z.B Röntgenaufnahmen) versucht man auf die Struktur des Universums
zu schließen.
Von WMAP ermittelte kosmologische Parameter (Auswahl):
Hubble-Parameter
h  0,7100,,04
03
Baryon-Photon-Verhältnis
  6,100,,32 1010
Dichte/kritische Dichte
  1,02  0,02
Anteil Baryonen
b  0,044  0,004
Anteil Materie
m  0,27  0,04
Anteil dunkle Energie
  0,73  0,04
Ausblick
2008 soll die ESA-Mission Planck Surveyor gestartet werden, die eine noch bessere
Winkelauflösung als WMAP besitzt und somit zum einen höhere Multipolordungen l
ermitteln und genauere Messwerte liefern wird. Interessante Einsichten erhofft man
sich von der Untersuchung auf Polarisation der CMB, die in diesem Vortrag nicht
angesprochen wurde. Die genaue Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung ist
noch lange nicht abgeschlossen, gerade weil man aus ihr sehr viele Erkenntnisse
über unser Universum erhalten hat und noch erhalten wird.
Quellen
- Bergström, Goobar: Cosmology and Particle Astrophysics, 2004
- Bryson: A Short History of Nearly Everything, 2003
- Grupen: Astroparticle Physics, 2005
- Klapdor-Kleingrothaus, Zuber: Particle Astrophysics, 2000
- Roos: Introduction to Cosmology, 2003
-
Vorlesungsfolien Prof. de Boer, Einführung in die Kosmologie 06/07
Vorlesungsfolien Prof. Drexlin, Astroteilchenphysik I 07/08
-
http://lambda.gsfc.nasa.gov/product/cobe
http://map.gsfc.nasa.gov
http://www.rssd.esa.int
http://en.wikipedia.org
07.12.2007, Markus Hötzel
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