Warum Ergonomie - bei DuEPublico

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ME-Lernmaterial
Warum Ergonomie?1
Arbeitsplatz Küche
Universität GH Essen
FB 9
FG Methodisches Entwerfen (ME)
HL Ralph Johannes, Prof., Dipl.-Ing. Architekt
HBK
Was ist „Ergonomie“?
„Ergonomie ist die Lehre von der menschlichen Arbeit. Sie beruht auf der
Erforschung der Eigenarten und Fähigkeiten des menschlichen Organismus und
schafft Voraussetzungen für eine Anpassung der Arbeit an den Menschen sowie
umgekehrt des Menschen an die Arbeit. Diese Anpassung liegt sowohl im Bereich
der körpergerechten Gestaltung der Arbeitsplätze, der Beschränkung der
Beanspruchung durch die Arbeit auf ein zulässiges Maß und der Gestaltung der
Umwelteinflüsse, als auch im Bestreben nach einem wirtschaftlichen Einsatz
menschlicher Fähigkeiten.“ (Verband der Arbeitsstudien -REFA- e.V. (Hrsg.):
Methodenlehre des Arbeitsstudiums. München 1973, S. 94)
Warum Ergonomie?
Die
Kenntnis
wesentlicher
ergonomischer
Gesetzmäßigkeiten
ist
für
Architekten/innen ein unabdingbares Muß. In bezug auf die Küchenplanung heißt
das u.a.: Die Höhe des Arbeitsplatzes, die Lage der Herdmulde und der Spüle, die
Nischenhöhe zwischen Ober- und Unterschrank, der Rücksprung des Sockels.
Die allgemeinen Maßverhältnisse
Sollen alle Arbeitsvorgänge, die in der Küche anfallen, von allen Personen gleich gut
bewältigt werden können, müssen alle Abmessungen auf Durchschnittswerte
gebracht werden. Da es ergonomisch gesehen den Durchschnittsmenschen nicht
gibt, ist es ein schwieriges Unterfangen, Arbeitshöhen und Greifräume ideal
anzuordnen. Wird die Arbeitshöhe in der Küche für eine überdurchschnittlich große
Frau geplant, ist diese für 15% der Frauen immer noch zu niedrig und für 15% der
Frauen so viel zu hoch daß das Arbeiten unbequem wird. Gleichgroße Menschen mit
jedoch unterschiedlichem Körperumfang haben recht unterschiedliche Greifräume
und Platzbedürfnisse. Wenn sie bei Personen, die in der Küche arbeiten,
Körpergrößen zwischen 155 cm und 180 cm und erforderliche Maßveränderungen
alle 5 cm annehmen, ergibt: (180 -155): 5 = 5 Maßklassen.
Bei unterschiedlichem Körperumfang entsteht etwa ein gleiches Verhältnis. 5 x 5
ergibt bereits 25 verschiedene Maßverhältnisse, die berücksichtigt werden müßten,
sollten Arbeitsabläufe einigermaßen gewährleistet sein. Hinzufügen ließe sich der
Ergonomie die Räumlichkeit, in die die Küche eingebaut werden soll. Also das
erforderliche Platzbedürfnis, welches für genügenden Schrankraum zur Verfügung
stehen muß. Dazu die Lage der Anschlüsse usw.
Arbeitsplatz Küche
In einem Produktionsbetrieb werden die Arbeitsplätze von Fachleuten so gestaltet,
daß die zu verrichtende Tätigkeit ohne Zeitverlust ausgeführt werden kann und
möglichst keine Ermüdungen auftreten. Das heißt, alle zur Produktion erforderlichen
Mittel müssen schnell und leicht erreichbar sein, und die Tätigkeit muß so
auszuführen sein, daß der Körper entspannt arbeiten kann, also verkrampfte
1
Siehe: Küchentechnik, Heft 5, 1981, Ergonomie I, S. 3 - 5 und Heft 1, 1982, Ergonomie II, S. 34 - 37
Arbeitshaltungen sind auszuschließen. Für optimale Sichtverhä!tnisse ist zu sorgen.
Das Auftreten eines Arbeitsunfalls sollte von vornherein ausgeschlossen sein. Nur so
ist eine optimale Produktivität erreichbar.
Inwieweit diese Punkte beim Arbeitsplatz Küche berücksichtigt sind, um die
Hausarbeit mit möglichst geringem Zeit- und Kraftaufwand angenehm zu gestalten,
muß zunächst untersucht werden, um festzustellen, wo Änderungen aus
ergonomischer Sicht erforderlich sind.
In Bild A wird die Größe der Hausfrau mit 170 cm angenommen. Der Halbkreis zeigt
den Wirkungsgrad der Arme bei gerader Körperhaltung. Die Kniefreiheit ist mit 20 cm
angegeben, damit auch Personen mit größerem Körperumfang genügend Raum bis
zur Arbeitsplatte bleibt.
Abb. A
... nur das erste Drittel ...
Es ist stets das ungünstigste Maßverhältnis anzunehmen, um ein „durchschnittlich“
gutes Arbeiten zu gewährleisten. Die Darstellung des Greifraumes zeigt, daß nur das
erste Drittel der Arbeitsplatte genutzt werden kann, ohne daß die Körperhaltung
dabei verändert werden muß. Bei größeren Personen wird dieses Verhältnis etwas
ungünstiger und bei kleineren durch eine stärkere Armabwinkelung etwas günstiger.
Der Mittelboden im Hängeschrank ist in dieser Haltung überhaupt nicht zu erreichen.
Hier wirkt die Personengröße umgekehrt. Für kleine Personen mit großem
Körperumfang ist das Maßverhältnis des Mittelbodens auch bei stark veränderter
Körperhaltung arbeitstechnisch unmöglich. Um das Blickfeld in den Arbeitsbereich zu
richten, ist eine starke Kopfneigung erforderlich, die bei längerem Arbeiten in dieser
Haltung zur Verkrampfung im Nackenbereich und so zu Kopfschmerz führen kann.
Abb. B
.... wird genutzt ...
Bild B zeigt die gleichen Größenverhältnisse beim Kochen. Die vorderen Kochplatten
sind relativ gut zu erreichen.
Auch das Blickfeld ist bei einer noch angenehmen Kopfneigung von 15 bis 20 Grad
gut auf den Arbeitsplatz gerichtet. Bei Benutzung der vorderen Herdplatten ist die
vorstehende Dunstabzugshaube nicht störend, wenn davon abgesehen wird, daß die
Lärmentwicklung des Geräts durch das Höhenverhältnis direkt auf die Ohren wirkt.
Da aus diesem Grunde die Haube oft abgeschaltet wird, wird die aufsteigende
Abwärme durch die vorstehende, abgeschrägte Form der Dunsthaube in den
Kopfbereich geleitet. Werden die hinteren Platten, was fast immer der Fall ist, zum
Kochen benötigt, ist eine Körperneigung von etwa 20 Grad und eine Kopfneigung je
nach Körpergröße bis zu 45 Grad erforderlich. Das heißt, der Kopf wird unter die
Dunsthaube geführt, was bei eingeschaltetem Gerät wenig angenehm ist. Die
Benutzung der hinteren Kochplatten kann dann unangenehm werden, wenn
gleichzeitig der Backofen benutzt wird, insbesondere, wenn die Abwärme des
Grillens ein nahes Herantreten an die Arbeitsplatte unmöglich macht. Die Folge ist
ein Zurückneigen des Oberkörpers. Die Schultern müssen also seitlich gedreht
werden, um die hinteren Kochplatten mit ausgestrecktem Arm zu erreichen. Für
einen Produktionsbetrieb als Arbeitsplatz kaum denkbar, im Haushalt allerdings die
Regel.
Abb. C
Über dem Angelpunkt wirkt der Hebel entgegengesetzt
Bei einem normalen Küchenprogramm liegt der Mittelboden des Hängeschranks
etwa bei 165 cm. Es ist also eine Körpergröße von 180 cm erforderlich, um den
Boden bequem zu erreichen. Da diese Größe von Frauen nur selten erreicht wird, ist
in Bild C bewußt ein Mann dargestellt. Muß eine Last über Augenhöhe gehoben
werden, so ist hierfür ein wesentlich größerer Kraftaufwand erforderlich, als dies bei
einer Last der Fall ist, die in Schulterhöhe gehoben wird. Liegt der Zwischenboden
über Augenhöhe, sind die Teller, die aus dem Schrank genommen werden, nicht
mehr im Blickfeld. Griff und Stand werden unsicher. Muß beispielsweise eine
Geschirrspülmaschine ausgeräumt werden, so muß die Hausfrau ständig aus der
gebückten in die gestreckte Haltung. Diese oder ähnliche Arbeiten erfordern einen
hohen Energiebedarf. Müssen verschiedene Arbeiten unter ähnlich ungünstigen
Voraussetzungen ausgeführt werden, ist eine Streßsituation unvermeidbar.
Abb. D
Das Werkzeug in greifbarer Nähe
Durch eine Veränderung der Arbeitshöhen läßt sich die Anstrengungshäufigkeit
vermindern. Gleichzeitig muß bei der Ermittlung geeigneter Arbeitshöhen
berücksichtigt werden, daß für verschiedene Arbeiten der geeignete Sehabstand und
der richtige Blickwinkel gefunden wird.
Für vorbereitende Tätigkeiten ist in der Küche eine entsprechende Arbeitsfläche
erforderlich, die im Sitzen bedient werden kann. Die ideale Höhe ist von der
auszuführenden Arbeit abhängig. Als Durchschnittswert für unterschiedliche
Personengrößen und verschiedene Arbeiten ist eine Höhe von 75 cm geeignet. Bei
leichter Körperneigung ist die Fläche bis zu einer Tiefe von 50 cm leicht zu bedienen.
Sehabstand und Blickwinkel sind ebenfalls gut. Den Nachteil zeigt Bild D. Alle zur
Tätigkeit erforderlichen Dinge müssen vor Beginn der Arbeit am Platz sein. Eine
leicht erreichbare Anordnung von Werkzeugen (Messer, Elektrokleingeräte) ist durch
die üblichen Höhenverhältnisse von Hängeschränken in der Küche nicht möglich.
Dieser erste Einstieg in die Ergonomie zeigt, wie viele unterschiedliche Faktoren bei
der „äußeren“ und „inneren“ Gestaltung von Küchen wichtig sind. Gleichzeitig ist er
Anstoß für die Suche nach Möglichkeiten, um mit üblichen Serienteilen die
Hausarbeit in der Küche zu verbessern.
Ergonomische Erkenntnisse für die Planung nutzen
Im vorangehenden wurde festgestellt, daß wesentliche Arbeitsbereiche in der Küche
arbeits- und ablauftechnisch nicht einwandfrei sind. Wesentlich für die Arbeit der
Hausfrau sind zunächst die Kochzone, das Naßzentrum und der Vorbereitungsplatz.
Abb. E
Die Arbeitshöhe ausgleichen
I. Kochen
Negative Kriterien waren die Lärmbelästigung durch die Dunsthaube, die schlechte
Einsicht, die Wärmeentwicklung und die schlecht erreichbaren Kochplatten.
Wird die normale Arbeitshöhe von 91 cm auf 75 cm abgesenkt, ist die Einsicht auf
Töpfe wesentlich verbessert. Liegen die Kochplatten in der Normalhöhe von 91 cm,
müssen etwa 20 cm für die Topfhöhe dazugerechnet werden. Die Arbeitshöhe
beträgt also tatsächlich 111 cm. Die dadurch starke Armanwinkelung (siehe Abb. B)
wird wesentlich reduziert, wenn die echte Arbeitshöhe wie in Bild E 95 cm beträgt.
Um zu vermeiden, daß sich die Hausfrau mit dem Kopf unter die Dunsthaube bückt,
ist es angebracht, die Kochplatten nebeneinander anzuordnen, siehe Abb. F, um
eine optimale Erreichbarkeit zu ermöglichen. Die drei Negativkriterien können, soweit
dies mit derzeit erhältlichen Serienteilen möglich ist, in der gezeigten Form
weitgehendst ausgeschaltet werden.
1. Direkte Lärmbelästigung durch die Dunsthaube.
Der Kopf muß nicht mehr unter die Haube geneigt werden, um die hinteren
Kochplatten zu erreichen.
Abb. F Greifräume nutzen
2. Belästigung durch Abwärme.
Durch die Anordnung der Kochplatten in einer Reihe muß der Oberkörper nicht in
den Wärmebereich gebeugt werden.
3. Ungünstige Arbeitshöhe.
Durch Absenken des Arbeitsbereiches auf 75 cm ist die Arbeitshöhe unter
Berücksichtigung der Topfhöhen angenehm.
Abb. G
Kopffreiheit ist wichtig
II. Spülen
In der üblichen Anordnung des Spülenbereiches müssen die Oberschränke eine
geringere Höhe haben, damit die Kopffreiheit gewährleistet ist. Dadurch entsteht ein
Verlust von Stauraum. Wird die Spüle über Eck angeordnet, siehe Bild G, kann der
mittlere Hängeschrank zurückgesetzt werden, dadurch bleibt die Kopffreiheit auch
bei normal hohen Hängeschränken gewährleistet. Gleichzeitig wird das Wirkungsfeld
der Armradien verbessert, so daß die Abstellflächen links und rechts neben der
Spüle gut erreicht werden können.
Die übliche Gestaltung des Spülenbereiches weist keine Punkte auf, die als negativ
bezeichnet werden können. Trotzdem ist eine Verbesserung dieses Arbeitsbereiches
möglich, indem die Erreichbarkeit verbessert wird. Dies ist der gleiche wesentliche
Punkt wie beim Kochzentrum.
III. Vorbereiten
Der tiefergesetzte Arbeitstisch ermöglicht es, vorbereitende Arbeiten im Sitzen
vorzunehmen. Abb. D zeigt, daß zwar die Höhenverhältnisse für eine sitzende
Tätigkeit gut sind, gleichzeitig wird aber deutlich, daß bei unveränderter Sitzhaltung
nur das erste Drittel der Arbeitsfläche gut, und bei leichter Körperneigung bis zu einer
Tiefe von 50 cm zu bedienen ist.
Abb. H
Die Arbeitsfläche
Erhält der Arbeitstisch eine Ausbuchtung (siehe Abb. H), die 15 cm tief und etwas
breiter als der Stuhl ist, ist die gesamte Fläche gut zu bedienen, ohne dabei die
Körperhaltung wesentlich verändern zu müssen. Wird jetzt zusätzlich im
Nischenbereich (siehe Abb. I) ein Regal angeordnet, so können die erforderlichen
Arbeitsgeräte dort untergebracht werden.
Abb. I
ohne Anstrengung nutzen
Die hier gezeigten Beispiele sind unter Berücksichtigung der üblichen und
erhältlichen Serienteile dargestellt und geben einen Einblick in mögliche
ergonomische Verbesserungen. Eine optimale Arbeitsplatzgestaltung in der Küche
die mit hochtechnisierten Arbeitsplätzen in der Industrie vergleichbar wäre, verlangt
jedoch neue Formen und ein Design, das die ergonomischen Erfordernisse stärker
berücksichtigt.
Jedoch müssen alle Verbesserungen darauf abgestimmt werden, daß die Küche
gemütlich bleibt und der Hausfrau kein steriler Computerkommandostand zugemutet
wird.
Licht und Farbe wichtige Helfer in der Küche
Das Wohlbefinden während der Hausarbeit hängt wesentlich von der Anordnung der
Lichtquellen, ihrer Stärke und der Wahl der Farbe ab. Das Licht ist mitverantwortlich
für das Auslösen von Impulsen, Empfindungen und Gedanken. Ein schlecht
beleuchteter Arbeitsplatz wirkt auf die Augen ebenso ermüdend wie zu große
Helligkeit.
Die Maßeinheit für die Beleuchtungsstärke ist Lux. Um unterschiedliche Lichtstärken
auszugleichen, funktioniert unser Auge ähnlich der Blendenregulierung beim
Fotoapparat. Nur ist unsere Automatik in der Regel besser. Die Grenzbereiche für
das klare Erkennen richten sich nach Art, Farbe und Größe des Gegenstands.
Neben der Blendeneinstellung muß das Auge eine zweite Funktion ausführen, die
Scharfeinstellung. Wird ein Gegenstand intensiv aus der Nähe betrachtet, erscheint
der Hintergrund unscharf und umgekehrt. Die AkkommodationsmuskeIn der Augen
verändern die Krümmung der Linse stets so, daß der Brennpunkt genau eingestellt
ist. Je näher ein Gegenstand betrachtet wird, um so stärker ist die Beanspruchung
für das Auge. Je weiter der Gegenstand entfernt ist, um so entspannter ist der
Muskel.
Die beiden Faktoren Lichtstärke und Entfernung sind wesentlich für die Arbeit in der
Küche. Sind die Lichtstärken an verschiedenen Stellen im Raum unterschiedlich, so
ist sie genauso ermüdend wie eine ungünstige Entfernung zum Arbeitsplatz.
Die Höhe des Arbeitsplatzes ist also nicht nur für die entspannte Körperhaltung
wichtig, sondern auch für ermüdungsfreies Sehen. Aus diesem Grund sollte ein
Vorbereitungsplatz, an dem im Sitzen gearbeitet wird, nie die gleiche Höhe haben
wie die übrige Arbeitsfläche, da sonst die Akkommodationsmuskeln überbeansprucht
werden. Dadurch entsteht eine Reizung des Nervenapparates - Nervosität ist die
Folge. Wie gerne eine Hausfrau in ihrer Küche arbeitet ist auf lange Sicht wesentlich
von der Beleuchtung und der richtigen Arbeitshöhe abhängig. Ein Umstand. der bei
der Küchenplanung leider noch zu wenig Beachtung findet.
Ist zum Beispiel bereits eine Ermüdung eingetreten, etwa beim Zubereiten des
Abendessens, verengen sich die Pupillen. Ist gleichzeitig die Beleuchtung zu
schwach, wäre eine Pupillenerweiterung erforderlich. So kommt das Auge an die
Grenze seiner Möglichkeiten. Kopfschmerzen sind die Folge.
Mit zunehmendem Alter verändert sich die Fähigkeit Gegenstände aus der Nähe zu
erkennen. Liegt der sogenannte Nahpunkt bei etwa 20jährigen Personen bei 10 cm,
verzehnfacht sich der Abstand bei einem Alter von 60 Jahren, der aber durch
Augengläser ausgeglichen werden kann. Je älter eine Person, um so mehr Wert muß
also auf einen ausreichenden Sehabstand gelegt werden, um eine
Überbeanspruchung des Konzentrationsvermögens vermeiden. Für den Lichtbedarf
gilt ungefähr das gleiche Verhältnis. Sind bei jüngeren Personen 300 bis 400 Lux für
die Beleuchtung in der Küche ausreichend, muß also die HeIligkeit bei 60jährigen
verzehnfacht werden.
Die Meinungen, welche Beleuchtungsstärken richtig sind, gehen auseinander.
Richtig ist, daß Versuchspersonen in der Regel eine viel zu helle Beleuchtung
wählen, obwohl das Maximum der Sehstärke bereits viel früher erreicht wird. Durch
Überbeleuchtung entsteht eine sterile Atmosphäre, die der Gemütlichkeit, die eine
Küche ausstrahlen soll, sehr abträglich ist.
Das Tageslicht
Tageslicht ist immer angenehmer als eine künstliche Beleuchtung, weil ein Bezug zur
Außenwelt hergestellt ist. Für eine gute Ausleuchtung von außen sind richtige
Fensterdimensionen erforderlich. Dies gilt besonders für die Küche, da die Hausfrau
hier die meiste Zeit ihre Arbeit aufwendet. Grundsätzlich gilt, daß die Höhe des
Fensters wichtiger ist als die Breite. In jedem Fall sollte ein Stück Himmel sichtbar
sein. Sogenannte Oberlichter oder Fensterbänder, die oberhalb der Augenhöhe
liegen, sind ungünstig, da der Einfallwinkel des Lichts eine starke Schattenwirkung
durch die hohe Fensterbrüstung verursacht. Eine direkte Arbeitsplatzbeleuchtung ist
nicht möglich. Ideal ist Fensterbrüstung gleich Arbeitshöhe.
Für die Berechnung der Fenstergröße kann als Richtwert folgendes Verhältnis
angenommen werden. Ist der Küchenraum 10 qm groß, sollte das Fenster eine
Größe von ca. 2 qm haben.
Da der Küchenplaner in den seltensten Fällen Einfluß auf die Fenstergröße nehmen
kann, kann er aber doch beachten, daß bei kleinen Fenstern nicht noch Licht durch
eine ungünstige Plazierung von Hochschränken weggenommen wird. Die
Lichtdurchlässigkeit von Isolierglas ist übrigens wesentlich ungünstiger gegenüber
Normalglas.
Der Abstand der Hauptarbeitsfläche vom Fenster sollte nicht größer sein als eine
Fensterhöhe. In den Wintermonaten und bei bedecktem Himmel entsteht das
unangenehme Zwielicht, das nur durch eine gute zusätzliche Beleuchtung
ausgeglichen werden kann. Für die Installation von Beleuchtungskörpern ist immer
von ungünstigen Außenlichtverhältnissen auszugehen.
Künstliche Lichtquellen
Das Licht von Glühlampen hat einen hohen Anteil von gelben und roten Tönen.
Dadurch entstehen Farbveränderungen. Gleichzeitig wirken Rotanteile im Licht
beruhigend und strahlen eine wohnliche Atmosphäre aus. Die Gemütlichkeit von
Holzküchen wird durch Glühlampen gesteigert. Bei der Auswahl passender
Accessoires ist darauf zu achten, daß besonders Blau- und Grüntöne stark verändert
werden können. Bei der Verwendung von Strahlern muß darauf geachtet werden,
daß diese nicht so montiert werden, daß die Wärmeabstrahlung nicht direkt auf den
Kopf der Hausfrau gerichtet ist.
Die Lichtausbeute von Leuchtstoffröhren ist wesentlich höher als bei Glühlampen.
Durch verschiedene Beläge der Gläser können drei unterschiedliche Lichttypen
erzeugt werden:
1. Warmton - ähnlich der Glühlampe, jedoch erscheint gebeiztes Holz leicht grün.
2. Weißton - als Arbeitsplatzausleuchtung bestens geeignet, da
Tageslichtverhältnisse nachgeahmt werden. Weißtonlampen eignen sich
besonders, um Zwielicht auszugleichen.
3. Blauton - im Wohnbereich wenig geeignet, da das Licht zu „kalt“ ist.
Besonderer Vorteil von Leuchtstofflampen ist die Verringerung der Blendung und bei
Typ 2 die deutliche Wiedergabe der Farben.
Ein Nachteil, der oft nicht bemerkt wird, ist das optisch kaum wahrnehmbare
Flimmern der Lampen, das zunächst zu Augenrötungen und dann zu
Augenschmerzen führt.
Dieser Nachteil kann ausgeglichen werden, wenn die Lampen an unterschiedlichen
Phasen angeschlossen werden. Dadurch werden die Lichtschwingungen
untereinander ausgeglichen. Wenn hinter der Beleuchtungsblende der Oberschränke
ein Lichtband gelegt wird, achten Sie darauf, daß nicht über eine Phase geschaltet
wird, dadurch wird das Flimmern noch verstärkt. Eine Reihenschaltung ist zwar
preiswerter als eine Schaltung über mehrere Phasen, doch was nützt es, wenn das
Licht hinterher nicht benutzt wird.
Die Farbgebung
Es muß zwischen zwei Farbgebungstypen unterschieden werden. Die, die der reinen
Gestaltung und die, die der arbeitstechnischen Erleichterung dienen. Ideal ist das
Zusammenspiel beider Komponenten. Jede Farbe übt auf den Menschen eine
besondere Wirkung aus, die zur Gestaltung und zur Steuerung der Stimmungen
benutzt werden kann. Die drei Hauptwirkungen sind:
1. Distanzwirkung - wirkt direkt auf das Sehvermögen.
2. Temperaturwirkung - steuert das Wärmeempfinden.
3. Psychische Stimmung - wirkt auf die Einstellung zur Arbeit.
 Rottöne - verkürzen Entfernungen und wirken besonders warm. So können in
einem Raum die Temperaturen um zwei Grad gesenkt werden, ohne daß jemand
dies bemerken würde. Rot wirkt, obwohl es eine stimulierende Wirkung hat,
beruhigend.
 Gelbtöne - verkürzen Entfernungen und wirken, wenn sie gebrochen werden
warm. Sie erzeugen besonders in kleinen Küchenräumen eine freundliche
Helligkeit und wirken anregend. Eine Besonderheit von Gelb ist es, daß es die
Magensäfte anreichert und zu Appetit führt. Durch langen Aufenthalt in rein gelben
Räumen kann es zu einer Überproduktion von Magensäure kommen, eine
aggressive Stimmung ist die Folge.
 Orange - ist ein guter Kompromiß zwischen Rot und Gelb.
 Blautöne - vergrößern die Distanz und wirken kalt, aber beruhigend. Nach
gewisser Zeit entsteht der Wunsch, die Farbe zu wechseln. Ein Umstand, der bei
der Modellauswahl von Küchen berücksichtigt werden sollte.
 Grüntöne - üben je nach Farbnuancierung (oliv-grasgrün) unterschiedliche
Wirkungen aus und sind je nach Anteil der Mischfarben gelb, blau, schwarz, weiß,
braun diesen zuzuordnen wirken aber fast immer sehr beruhigend.
 Brauntöne - verkürzen Entfernungen stark und wirken je nach Höhe der Rotanteile
neutral bis warm und anregend bis beruhiqend.
Obwohl diese Wirkungen nachgewiesen sind, sollte man sich davor hüten, die
psychischen Stimmungen, die eine Farbe erzeugen kann, zu globaIisieren. Wird
Violett beispielsweise nachgesagt, es erzeuge eine entmutigende Stimmung, so
kann es bei bestimmten Personen und entsprechender Zuordnung durchaus positiv
und anregend wirken. Das gleiche gilt für Schwarz und Weiß, auch wenn sie nicht
unter den eigentlichen Begriff Farbe fallen. Wenn jemand eine Küche in seiner
Lieblingsfarbe kauft, heißt dies noch nicht, daß er sich in diesem Raum wohl fühlen
wird, sondern lediglich, daß ihm die Stimmung zusagt, die diese Farbe vermittelt.
Diese Stimmung kann aber für die Arbeit sehr ungünstig sein.
Aus arbeitstechnischer Sicht ist es wichtig, daß durch die Farbe Kontraste
geschaffen werden, die die Arbeit erleichtern. Eine Küchenarbeitsplatte in Beige oder
Weiß kontrastiert mit den meisten in der Küche verwendeten Materialien und sorgt so
für gute Sichtverhältnisse.
In der Küche sollte vor allem die ästhetische Wirkung der Farbe zur Geltung kommen
und der Stimulanzfaktor nur vorsichtig eingesetzt werden.
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