FoV Differentielle Psychologie Exzerpt - Subjektive Theorien zu Glück und Lebensqualität. H. Fliege Zusammenfassung. Untersuchungen „erfolgreichen Alterns“ nehmen häufig Bezug auf die Konstrukte „Lebensqualität“ und „Glück“. Aber angesichts der diesbezüglich eher bruchstückhaften Datenlage sollen in der Studie von Fliege et. al Elemente subjektiver Lebensqualitäts- und Glückstheorien älterer Menschen (65-74 J.) mittels halbstandardisierter Interviews explorativ erfasst und inhaltsanalytisch ausgewertet werden (n=26). Es werden Differenzen zwischen den Vorstellungen über Lebensqualität versus Glück beschrieben und zusätzlich semantische Ähnlichkeitseinschätzungen zwischen den Begriffen Lebensqualität, Glück, Zufriedenheit und Gesundheit einer multidimensionalen Skalierung unterzogen. Methode. Die Stichprobe ist eine Zufallsauswahl aus der Gesamtstichprobe des DFG-Projekts „Lebensqualität im Alter“ an der Universität Trier. Bildungsniveau, Familienstand und Erwerbssituation weichen nicht von demographischen Normen ab. Selektivität besteht in einem vergleichsweise guten Gesundheitsstatus, verbunden mit einer überwiegend eigenständigen Lebensführung. Die Hälfte der Personen wurde zu dem Thema „Lebensqualität“ befragt, die andere Hälfte zu „Glück“. Die offenen Antworten wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse, getrennt für die Bereiche Glücksinhalte/Lebensqualitätsinhalte, Idealvorstellungen und Ursachenannahmen unterzogen. Die Ratings der Kontrollierbarkeit und die Begriffsvergleiche wurden quantitativ ausgewertet. Ergebnisse und Diskussion. Die inhaltsanalytische Auswertung der Lebensqualitäts- und Glücksinhalte ergab 28 Kategorien, die zu 5 übergeordneten Bereichen (personale Ressourcen, soziale Ressourcen und Interaktion, Aktivitäten, materielle Umwelt und Ressourcen, definitorische Aspekte) zusammengefasst wurden Dieses Kategoriensystem, das eine hohe Inter-Rater-Übereinstimmung erzielte (>90%), verdeutlicht das inhaltlich breite Spektrum der Lebensqualitäts- und Glücksvorstellungen älterer Menschen. In Einklang mit früheren Befunden steht der hohe Stellenwert, den ältere Menschen persönlichen Einstellungsmustern wie auch der Güte sozialer Beziehungen beimessen. Dagegen zeigen die Äußerungen akzentuierter als in anderen Studien, dass die Vorstellungen älterer Menschen von Lebensqualität und Glück nicht nur den bilanzierenden Rückblick, sondern auch den hoffnungsvollen Vorausblick auf das Kommende beinhalten. Auch wird eine einseitig positive Konnotation sozialer Beziehungen durch die Betonung von Selbständigkeit und Unabhängigkeit relativiert. Differenzen zwischen den subjektiven Theorien zu „Glück“ versus „Lebensqualität“ zeigen sich darin, dass Vorstellungen von Lebensqualität häufiger eigene aktive Gestaltungsmöglichkeiten sowie konkret-materielle Aspekte beinhalten, während sich subjektive Glückstheorien vermehrt durch abstrakt-„philosophische“ Inhalte auszeichnen. Während die Befragten sowohl mit Blick auf „Glück“ als auch auf „Lebensqualität“ am häufigsten Personmerkmale als ursächlich benennen, werden Möglichkeiten der eigenen Einflussnahme in denselben Kategorien höher eingeschätzt, wenn nach „Lebensqualität“ gefragt wurde. Wie bereits in früheren Studien mit jüngeren Probanden neigten auch die hier befragten älteren Personen dazu, Lebensqualität und Glück spontan an Merkmalen des eigenen Lebens festzumachen. Nahezu ausschließlich auf die Fragen nach Idealvorstellungen und Wünschen kamen auch Elemente zutage, die die aktuelle Lebenssituation der Befragten nicht widerspiegelten und auch solche, die sich prinzipiell kaum verwirklichen lassen. Dies lässt auch in bezug auf frühere Studien vermuten, dass die Eingangsfrage nach Lebensqualität oder Glück möglicherweise einen Bias setzt, der Defizite schwerer zugänglich macht. Insgesamt erscheinen die Ergebnisse dieser explorativen Studie als heuristisch fruchtbar. Um Rückschlüsse auf einen Handlungsbezug dieser subjektiven Theorien zu ziehen oder gar Leitlinien für Interventionen abzuleiten, bedarf es allerdings gezielter weiterer Forschungsschritte.