Herbstsymposium Köln 2016 - Institut für Geschichte und Ethik der

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Personale qualitative Identität an den Grenzen des Lebens
- Herbstsymposium KölnDurch das wissenschaftliche Programm führen
Dr. Utako Barnikol & Ulrich Langenberg
Referenten: Heiner Fangerau : Verantwortungs (loses?) Altern, Daniel Schäfer : Tugend im Alter,
Dieter Birnbacher: Demenz und Menschenwürde- philosophische Perspektiven
Diskussionsrunde :Susanne Beck & Benno Zabel, Ulrich Langenberg, Utako Barnikol
Die normative Bedeutung von Lebensqualität verdient in der klinischen Forschung für
Demenzpatienten verstärkte Beachtung.
Aus ethischer Perspektive ist zu klären, inwieweit die Berücksichtigung von Lebensqualität in die
medizinische Versorgung und Forschung moralisch vorauszusetzen ist.
Bei Fragen der Lebensqualität sind zwei Ansätze zu unterscheiden:
(i)
Wie ist das Leben beschaffen?
(ii)
Wie soll das Leben beschaffen sein?
In Hinblick auf Konzeptualisierungen von Lebensqualität werden normative und evaluative Ansätze
beleuchtet, um Grenzen von Wünschenswertem, Gebotenem, Tolerierbarem gegeneinander
abzuwägen und in eine komplexen sich gegenseitig beeinflussende Schnittmenge zu überführen.
Hierbei werden die ethischen Begriffe subjektivistischer Lebensqualitätsmerkmale
objektivistischen Merkmalen von Lebensqualität definiert und voneinander differenziert.
von
Gleichwohl können die Axiome der subjektiven Lebensqualität nur unter Inkaufnahme
intraindividueller und interindividueller Variabilität untersucht werden, wobei das Individuum mit
seinen physischen und psychischen Kontextfaktoren selbst die variable Bewertungsinstanz verkörpert.
Mit dem Anspruch einer normativen Signifikanz kann dabei nur auf aggregierte Daten zurückgegriffen
werden, die einen Teil der Individuen aufgrund der intra und intersubjektiven Variabilität nicht
abzubilden vermag.
Im Gegensatz dazu lassen sich objektivistische Messinstrumente der Lebensqualität zeitstabil
untersuchen, unterliegen aber aufgrund der Fokussierung auf des aussenperspektivistischen
Beurteilungsansatzes einer integrativ-ethisch-normativen Unschärfe in Bezug auf die Wünsche und
Gefühle des Individuums
Ziel der Untersuchungen der subjektivistischen Lebensqualität ist es , gesundheitsspezifische von
krankheitsspezifische Faktoren voneinander abzugrenzen und in den Kontext zu umfassender
allgemeiner Lebensqualität zu übersetzen und diese in den Zusammenhang der Bedeutung relativer
Gesundheit und Krankheit zu setzen
Gesundheit kann dabei eine Bedingung der Möglichkeit eines gelingenden Lebens voraussetzen.
Dennoch kann auch in Krankheit ein gutes
eingeschränkten Handlungszielen
Leben gelingen, wenn auch mit zum Teil sehr
Hierbei stellt sich also die Frage der genauen Differenzierungen
(i)
(ia)ob Gesundheit ein Teil von Lebensqualität , oder (ib) Gesundheit deckungsgleich mit
Lebensqualität , oder (ic) Lebensqualität ein Teil von Gesundheit unter Einbeziehung von
Krankheitssymptomen und Lebenslänge sein kann.
(ii)
Konkret stellt sich die Frage des Zusatznutzens der Daten von Lebensqualität für die
personalisierte medizinische Versorgung
Ein Zusatznutzen würde auch bei krankheitsbedingt eingeschränkten Handlungsziele in Form einer
Verbesserung gesundheitseingeschränkter Lebensqualität aus ethischer Perspektive unter
Einbeziehung konsentierter Zufriedenheitsparadoxe durchaus vor dem Anspruch eines guten
gelingendes Lebens bestehen.
Die ethische Diskussion frühdiagnostischer Optionen für die Alzheimer Erkrankung und deren
Vorstufen in Hinblick auf die subjektivistische Lebensqualität steht noch am Anfang. Sie kann nur zum
Teil auf die Debatten zur Frühdiagnose anderer Krankheiten wie Chorea Huntington zurückgreifen, da
die Patienten in anderen Lebensphasen betroffen sind und zudem die direkte Relevanz für genetisch
Verwandte nicht in dem gleichen Maße besteht.
Die prognostische Entwicklung der prädiktiven Medizin ist hierbei überwiegend vorteilhaft aber nicht
ohne Ambivalenz. Die Möglichkeiten der prädiktiven oder prognostischen Diagnostik
neurodegenerativer Erkrankungen haben in den letzten Jahren zwar stark zugenommen. Jedoch kann
das Wissen um die eigene – oder die eines Angehörigen – Prognose auch zu einer schwer erträglichen
Last werden, besonders wenn die vorhergesagte Erkrankung (wie zum Beispiel bei Huntington’s
Chorea) weder verhindert noch geheilt werden kann. Das Wissen um das Unausweichliche drängt viele
direkt oder indirekt Betroffene in tiefe Verzweiflung (Birnbacher D, 2012)
Prädiktive Medizin, also das Vorhersagen über die künftige Entwicklung des Gesundheits- bzw.
Krankheitszustands bei Frühformen der Alzheimer Erkrankung, setzt zu einem Zeitpunkt an, an dem
der Patient noch keine Krankheitssymptome verspürt.
Selbst das Wissen um eine mögliche, nicht zwangsläufig zukünftig eintretende Erkrankung in der
Zukunft ist nicht unproblematisch. Abhängig von der Lebensplanung und der Umwelt des Patienten
kann es zu maßgeblicher Angst und Sorge mit erheblicher Beeinträchtigung der Lebensqualität führen.
Gleichwohl führt die Erweiterung prädiktiver Diagnostik zu Therapieoptionen und medizinischer und
nicht-medizinische Prävention, die sonst nicht existieren würden. Auch wenn Prävention im
medizinischen Sinne nicht möglich ist, können spätere Krankheitssymptome im Einzelfall wenigstens
verhindert, hinausgezögert oder durch Verhaltensanpassung abgeschwächt werden.
Andererseits, kann Wissen sowohl eine Entlastung als auch eine Bürde sein; dies trifft insbesondere
auf das Wissen um einen selbst zu. Wissen kann befreiend sein, einen aber auch hemmen, Spontanität
rauben und die Lebensqualität stark beeinträchtigen
In der medizinischen Ethik gilt ein möglichst gutes Verhältnis des Nutzens einer Behandlung zum
möglichen Schaden für den Patienten als Ziel.
Dies hat für die Frühdiagnostik von neurodegenerativen Erkrankungen zu gelten.
Es gilt jene Begleitrisiken und – Belastungen der Frühdiagnostik und Diagnosemitteilung ebenfalls zu
bedenken und diese Risiken nach Möglichkeit unter Einbezug geeigneter Kommunikationsformen bei
Diagnosemitteilung zu vermeiden.
Im Mittelpunkt der medizinethischen und- rechtlichen Betrachtung soll weiterhin der Patient stehen.
Die medizinische Behandlung, gerade auch die prädiktive Medizin, ist nicht nur auf sein körperliches
Wohlergehen, sondern auch auf die Verwirklichung seiner Selbstbestimmung und Erhalt des
subjektiven Wohlbefindens und subjektiver Wahrnehmung hin ausgerichtet. Denn auch der Umgang
mit dem Wissen um – mögliche – künftige Erkrankungen kann unter Umständen ein selbstbestimmtes
Leben mit angemessener subjektiver Lebensqualität erst ermöglichen. Rechtlich stellt sich die Frage,
wie die Verwirklichung der Selbstbestimmung des Patienten mit Blick auf die anderen Beteiligten, d.h.
Arzt, Angehörige, Dritte und die Gesellschaft, geregelt werden kann, oder ob dieser Bereich unberührt
bleiben sollte
c) Sonderproblem: Einwilligung in die Vorhersage
Zudem ist bislang nicht konkret untersucht, welchen Einfluss die Art und Weise der Diagnosemitteilung
hat. Eine mit Blick auf den prädiktiven Aspekt wichtige Frage ist deswegen die nach der Einwilligung in
die Prädiktion an sich. Zum einen sind Situationen denkbar, in denen das Krankheitsrisiko im Rahmen
einer ganz anderen Untersuchung oder Forschung entdeckt wird – in diesen Fällen ist es kaum möglich,
den Patienten noch zu befragen, ob er Kenntnis erlangen möchte, da schon die Frage einen Verdacht
bei ihm erwecken könnte. Alle Zufallsfunde vorher abzufragen, erscheint ebenfalls nur schwer
vorstellbar. Zum anderen ist auch insofern vorstellbar, dass die Einwilligung, ja sogar die vom Patienten
gewünschte Untersuchung, nicht wirklich im Bewusstsein aller möglichen Konsequenzen des später
erlangten Wissens abgegeben wird. Viele dieser Aspekte werden zumindest im Bereich der
Gendiagnostik inzwischen durch Beratungen geklärt und abgefangen, dennoch sind noch viele Fragen
rund um das „Recht auf Nicht-wissen“ ungeklärt und werden weiterhin intensiv diskutiert.
Quellenangaben:
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Heinrichs J, Langenberg U, Klitzsch W, Barnikol UB 2012. Neuropsychiatrische Gnadenfrist. Zwischen
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