„Lebensqualität in ländlichen Regionen: Trumpf oder Rohrkrepierer im Wettbewerb um Einwohner, Unternehmen und Gäste?“ Göttingen, 23.10.2014 „Lebensqualität in ländlichen Regionen: Trumpf oder Rohrkrepierer im Wettbewerb um Einwohner, Unternehmen und Gäste?“ Einführung aus Wirtschaftsfördersicht Göttingen, 23.10.2014 Prof. Dr. Jörg Lahner Forschungsschwerpunkt DIALOG Langtitel Gestaltung des demografischen Wandels und der zunehmenden gesellschaftlichen Diversität durch Nutzung endogener Potenziale und im Dialog mit Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft in peripheren ländlichen Räumen Förderung Landesmittel des Niedersächsischen Vorab der Volkswagen-Stiftung Laufzeit Januar 2012 bis Dezember 2016 Inter- und transdisziplinärer Ansatz 16 Wissenschaftler/innen der Fakultäten Management, Soziale Arbeit, Bauen in Holzminden Ressourcenmanagement in Göttingen 5 Regionen in Niedersachsen Praxispartner/innen • Stadt Cloppenburg Bündnis für Familie • Stadt Duderstadt • Duderstadt 2020 GmbH • Landkreis Holzminden • Wirtschaftsförderung LK Nienburg/Weser GmbH • Niedersächsische Landgesellschaft mbH (NLG) Ziele des Forschungsschwerpunkts DIALOG Entwicklung übertragbarer Strategien und Konzepte zur Gestaltung des demografischen Wandels und der bunter werdenden Gesellschaft 1. Verstehen der lokalen Ausgangsbedingungen in den Städten und Regionen 2. Herausarbeitung von Handlungsstrategien, -konzepten und -bausteinen in den Untersuchungsregionen 3. Erprobung von Handlungsempfehlungen 4. Evaluation von umgesetzten Maßnahmen 5. Aussagen zur Übertragbarkeit gefundener Handlungsoptionen Agenda 1. Lebensqualität als „weicher“ Standortfaktor: Aspekte und Dimensionen 2. Lebensqualität im Kontext Tourismus, Standortmarketing und Wirtschaftsförderung 3. Worum geht es heute, was erwartet Sie? Lebensqualität und Lebenszufriedenheit Lebensqualität / Wohlfahrt ist mehr als materieller Wohlstand! 8 …aus regionalökonomischer Sicht… Harte und weiche Standortfaktoren Bahnbrechend: Die Untersuchung von Busso Grabow, Dietrich Henckel, Beate HollbachGrömig aus dem Jahre 1995 („Weiche Standortfaktoren“) stieß in Deutschland eine neue Diskussion an und gilt bis heute als wichtige Referenz in der Standortdiskussion. Grabow, B. et al. (1995), S. 65 Harte und weiche Standortfaktoren Essenz bei Grabow et al. zu den Begrifflichkeiten: • Es gibt keine objektive und trennscharfe Unterscheidung in weiche und harte, sondern ein Kontinuum • Weiche Standortfaktoren haben eher mittelbare Relevanz für die Betriebs- und Unternehmenstätigkeit und sind nur subjektiv zu bewerten, eine Quantifizierung ist kaum möglich • Weiche SF können in unmittelbar wirksame unternehmensbezogene (z.B. Wirtschaftsfreundlichkeit der Verwaltung, Standortimage, Austausch mit anderen Unternehmen, Hochschulen, Verwaltung) und personenbezogene Standortfaktoren (z.B. Freizeitqualität, aber auch informelle Kontakte am Ort (Sozialkapital!!) und die Erreichbarkeit anderer attraktiver Räume) unterschieden werden 11 Standortanalyse: Lebensqualität Lebensqualität kann als die Summe der personenbezogenen weichen Standortfaktoren verstanden werden • Nimmt heute (spätestens seit der Fachkräftediskussion) eine zentrale Bedeutung für die Standortattraktivität ein 12 Standortanalyse: Lebensqualität • Lebenshaltungskosten (inkl. Kinderbetreuung) …sonst kaum messbar, nur zum Teil vergleichbar und oft sehr subjektiv: • Wohnqualität • Freizeitwert (Kulturangebot, Natur, Sehenswürdigkeiten, Sport etc.) • Umweltqualität • Vereinbarkeit von Familie und Beruf • Sozialer Zusammenhalt vs. Offenheit und Toleranz • Evtl. Werte & Traditionen, Mentalitäten • „Willkommenskultur“ • Prestige als Ergebnis eines bestimmten Images (generell und (Berufs-)spezifisch -> “the place to be“)!! 13 Economist Ranking Lebensqualität als Wettbewerbsfaktor! Source: The Economist Mercer-Ranking Lebensqualität als Wettbewerbsfaktor! “We analyze living conditions according to 39 factors, grouped in 10 categories: • Political and social environment • Economic environment (political stability, crime, law enforcement) (currency exchange regulations, banking services) • Socio-cultural environment (censorship, limitations on personal freedom) • Medical and health considerations (medical supplies and services, infectious diseases, sewage, waste disposal, air pollution, etc.) • Schools and education (standard and availability of international schools) • Public services and transportation • Recreation (restaurants, theatres, movie theatres, sports and leisure, etc.) • Consumer goods • Housing (electricity, water, public transportation etc.) (availability of food/daily consumption items, cars, etc.) (rental housing, household appliances, furniture, maintenance services) • Natural environment (climate, record of natural disasters)” Persönliche Umstände? „Man kann in der laut Ranking lebenswertesten Stadt leben und trotzdem aufgrund persönlicher Umstände wie Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Einsamkeit eine sehr schlechte Lebensqualität haben.“ (Mercer, 2012) Exkurs: Denis Huschka und Gert G. Wagner: Sind Indikatoren zur Lebensqualität und zur Lebenszufriedenheit als politische Zielgrößen sinnvoll? Analysiert man diese Daten, dann stellen eine Vielzahl von Autoren fest, dass • die Lebenszufriedenheit kaum vom Einkommen abhängt und sehr viel mit guter Bildung zu tun hat. • Wer viel Zeit mit Freunden und in Vereinen u. ä., verbringt, der ist zufriedener mit seinem Leben. • Arbeitslosigkeit wirkt verheerend. Sie reduziert die Lebenszufriedenheit schlagartig und die Unzufriedenheit wird auch im Durchschnitt nicht sofort überwunden, wenn man wieder Arbeit findet. • Ähnlich negativ wirkt unter den sozial bedingten Ereignissen nur die Verwittwung. (vgl. S. 5f.) Dimensionen der Lebensqualität Ökologie „Objektive“ Lebensqualität Ökonomie „(Partiell) gestaltbar“ „Voraussetzung“ Subjektive Lebensqualität Geografische Lage Soziales „notwendige Bedingung“ Lebensqualität als Querschnittsthema „Fachkräfteorientierte Standortentscheidung“ Wirtschaftsförderung „Wachsende Tourismusmärkte (Wellness, Städte, Tagungen)“ „Mehr erleben“ Tourismus „Fachkräfte gewinnen und binden“ Standortmarketing „Wohnen, wo andere Urlaub machen“ „Menschen beteiligen!“ Schnittstelle Lebensqualität These 1: Viele ländliche Regionen scheinen in (Teil-) Bereichen des Standortfaktor Lebensqualität gut aufgestellt zu sein und können damit in den Bereichen Wirtschaftsförderung, Tourismus und Standortmarketing punkten! Trumpf Lebensqualität? Lebensqualität! Aber welche? Andererseits ist auch bei der „objektiven“ Dimension der Lebensqualität nicht eindeutig: Welche Facette der Lebensqualität ist für welche Zielgruppe entscheidend, verfügt „der“ ländliche Raum über die „richtigen“ Vorteile für die „richtigen“ Zielgruppen, welche Stärken sollen und können wie kommuniziert, welche gefördert werden? These 2: Die Vielfalt des ländlichen Raums äußert sich auch in der Lebensqualität, in der unterschiedlichen Ausprägung der Facetten. Dies trifft auf vielgestaltige Vorstellungen und Anforderungen an den Standortfaktor „Lebensqualität“ seitens des Tourismus, der Wirtschaftsförderung und des Standortmarketings, die nicht alle erfüllt werden können und durchaus Konfliktpotenzial bergen! Also doch Rohrkrepierer? Was erwartet Sie heute? 11.15 Uhr Trends im Regionalmarketing: Aufbruch der ländlichen Regionen? Referent: Prof. Dr. Hospers 12.00 Uhr Best Practice einer Standortkampagne: „nienburg.mittelweser einfach lebenswert“ Referentin: Uta Kupsch, WIN Nienburg 12.45 Uhr Pause 13.45 Uhr Landlust oder Landfrust – zur Zukunft unserer Dörfer Referent: Prof. Dr. Harteisen 14.30 Uhr Vereinbarkeit von Familie und Beruf im ländlichen Raum – Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung in Duderstadt Referentin: Katja Neumann 15.15 Abschlussdiskussion und Fazit Moderation: Prof. Dr. Lahner