Im Namen des Katers

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Im Namen des Katers
Beten bringt nichts. Was also hilft wirklich gegen Kopfweh und Übelkeit am Tag nach dem
Trinken? Wir haben die Frage ein für alle Mal mit einem Fachmann geklärt.
Von Lars Reichardt (Interview) Foto: Niko Schmid-Burgk
SZ-Magazin: Je stärker der Alkohol, desto größer der Kater am Morgen – richtig?
Dr. Peter Schleicher: Stimmt. Aber die Zahl der Schnäpse ist auch ganz entscheidend. Meine
Mutter ist Wirtin in der Oberpfalz und hat einen Stammgast, der jeden Abend zwölf Klare
trinkt. Ein paar Kartenspieler trinken zwölf, 14 Bier, jeden Tag, unglaublich. Die haben
wahrscheinlich einen Dauerkater. Natürlich werden die nicht sehr alt.
Sie sind Immunologe und gelten in München als Katerspezialist. Wie viele
unterschiedliche Katerarten kennen Sie denn?
Genauso viele, wie es Arten von minderwertigen Beistoffen in den unterschiedlichen
Alkoholika gibt. Mit Ausnahme von Wodka, der gar keine Beistoffe hat und deswegen in der
Homöopathie sogar als leberfreundlich gilt, als einzige Alkoholart.
Wodka ist besser verträglich als Whisky?
Ja.
Von Champagner soll man auch keinen Kater bekommen.
Vielleicht ist der Champagnerkater etwas sanfter, ich weiß es nicht, ich trinke keinen
Champagner. Aber neben den Beistoffen kommt es beim Kater ja auch auf die Stärke der
Ausschwemmung durch den Alkohol an. Bier etwa ist extrem kohlenhydrathaltig, fördert das
Verquellen des Gewebes, erzeugt mehr Lymphstau, daher der schwere Kopf.
Von Bier bekommt man eher einen Kater als von Wodka?
Natürlich. Schauen Sie sich nur einmal die unterschiedlichen Trinkertypen an: Der
kubanische Rumtrinker ist dürr und neigt zur Leberzirrhose, während der bayerische
Bierdimpfl eher verquollen ausschaut, grobporige Haut hat und von der Fettleber geprägt
wird.
Wen also mag der Kater lieber? Den Kubaner oder den Bayern?
Den Bayern, weil er lymphatische Stauungen und große Elektrolytverschiebungen hat.
Was erzeugt den schlimmsten Kater?
Liköre, Cocktails, süße Weine, alles, was zuckerhaltig und kohlenhydratreich ist.
Ihre Empfehlungen bitte, um einem Kater aus dem Weg zu gehen.
Der erfahrene Trinker isst vor dem Ausgehen fetten Fisch, Sardellen, Lachs. Ich selbst trinke
auch gern ein Gläschen Olivenöl. Das verringert die Resorption des Alkohols. Außerdem
keine Mixgetränke, immer bei einer Alkoholsorte bleiben. Ganz wichtig: Zwischendurch
immer wieder einen halben Liter möglichst magnesiumreiches Wasser trinken, der Gehalt
steht hinten auf dem Etikett. Durch jedes alkoholische Getränk verliert der Körper ja etwa
einen Liter mehr Flüssigkeit, als man zu sich genommen hat. Deswegen soll man auch nachts
noch einmal Wasser trinken, bevor man zu Bett geht. Um den Kater zu lindern, aber vor allem
auch aus Vorsicht vor der typischen Wirtekrankheit: Viele Menschen bekommen einen
Schlaganfall, weil sie nachts noch ein, zwei Schnäpse vor dem Schlafengehen trinken, der
Alkohol blockiert ein Hormon an der Hypophyse, sie verlieren einen Liter Flüssigkeit, das
Blut dickt ein und sie bekommen einen thrombotischen Verschluss, das ist dann der
Schlaganfall. Deswegen wird auch auf Fachkongressen kundgetan: Wenn Sie saufen, trinken
Sie nachts noch einen Liter Mineralwasser hinterher.
Und das verhindert neben dem Tod auch den Kater?
Ja, weil diese Eindickung eher zur Schwellung des Gewebes führt und den Stoffwechsel
behindert.
Was tun am Morgen, wenn alles zu spät ist? Den Kater mit sanfter Kost streicheln oder
mit derber verjagen?
Eher streicheln. Ich empfehle eiweißreiche Kost, wegen der Aminosäuren, die helfen der
Leber bei der Rekreation. Hähnchen, Frischkäse, Ölsardinen, Lachs sind ideal. Die Leber giert
beim Rausch und Kater geradezu nach Aminosäuren, daher der typische Heißhunger. Auch
Beeren, Johannis-, Preisel-, Erdbeeren, Mischbeeren, gern aus der Tiefkühltruhe, helfen,
Beeren sind ja Vitaminbomben. Dazu am besten frisch gepressten Orangensaft: Der
versiebenfacht die Aufnahme der Mineralien, alter Trick des englischen Frühstücks. Auch
wichtig: die Basenbrühe aus Kartoffeln, Sellerie und Karotten, mit ein paar Kräutern,
Petersilie, Dill, Chili. Scharf tut ja auch gut.
Eiweiß – aber warum keine Eier?
Zu schwer verdaulich. Man hat zwar oft Heißhunger auf Eier, aber hart gekochte Eier belasten
den Magen schon enorm. Dann schon eher ein luftiges Omelett.
Aus Filmen kennen wir alle auch: rohe Eier mit Worcestershiresauce. Wie stehen Sie zu
diesem Rezept?
Besser jedenfalls als hart gekochte Eier. Aber Gemüse ist viel schonender. Zum Beispiel die
Gartengurke, ein lebendes Wasserreservoir, basisch und ein Sammelsurium an Mineralien.
Schmeckt auch gut als Salat mit Dill drauf. Man gleicht Mineralienverluste aus, und das
Hirnödem, die Schwellung, die beim Kater entsteht, nimmt schnell ab.
Wie steht es mit Zucker?
Auf keinen Fall. Kohlenhydrate beleidigen die Leber.
Kaffee?
Es gibt neuere positive Studienergebnisse zu Kaffee. Ich empfehle ihn grundsätzlich nicht,
weil seine Gerbstoffe die Magenschleimhaut zu stark belasten. Tee mit Zitrone, Basenbrühe,
Hühnerbouillon, alles besser.
Weißwurst, Leberwurst?
Die Weißwurst besteht aus hochwertigem Fleisch, also ja, die Leberwurst nicht, sie ist sehr
schwer verdaulich. Schmeckt lecker, aber ich rate grundsätzlich von ihr ab, auch für den
nüchternen Zustand.
Irgendwelche Geheimrezepte?
Die Kerne der Tamarindenfrucht, wegen des unschädlichen pflanzlichen Zuckers; dann
Weihrauchtabletten, als Prophylaxe wie auch Therapie. Die helfen gegen Hirnschwellungen,
was ja das Hauptproblem des Katers ist. Wir verabreichen Weihrauch nach Hirntumoroperationen statt Kortison, um Ödemen vorzubeugen, funktioniert bestens.
Ach, und die Tabletten bekommt man rezeptfrei?
Ja, Weihrauch H 15, dreimal vier Tabletten, in jeder Apotheke. Menschen, die jeden Tag auf
das Oktoberfest gehen, empfehle ich, schon fünf, sechs Tage zuvor mit der Einnahme der
Tabletten zu beginnen. Und die Papaya ist auch noch eine sehr zu empfehlende Frucht, wegen
ihrer Enzyme. In den Tropen bereiten das die Frauen ihren Männern nach jeg-lichem Rausch
zu, auch nach dem Genuss von Drogen, die etwa geraucht werden.
Wie, es gibt auch einen Haschisch-Kater?
Ja. Auch vom Kokain übrigens.
Gibt es denn irgendwelche Tabletten, die gegen Alkohol helfen?
Es gibt einen alten Cowboy-Trick: ein Glas Milch mit drei Kalziumtabletten darin aufgelöst.
Soll wirken. Aspirin helfen auch ein wenig, wenn man sie vorher einnimmt.
Zuletzt das Stützbier, die Bloody Mary am Morgen?
Ich bin aus grundsätzlichen Erwägungen dagegen, das ist nicht sinnvoll. Natürlich wirkt die
Bloody Mary, da geht es einem gleich wieder besser, aber man gerät doch in eine sehr
gefährliche Spirale.
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