Manfred von Richthofen - Der Deutsche Olympische Sportbund

Werbung
Manfred von Richthofen
Transkription der Statements / O-Töne
Rückblick
Aufgaben in den 90er Jahren
36 sek
Wir mussten den Dopingkampf verschärfen, wir mussten eine Stasiaufarbeitung praktizieren – all
dieses waren keine erfreulichen Vorgänge. Aber wenn ich an den Kampf gegen Doping denke, da
haben wir die NADA geschaffen (die Nationale Anti Doping Agentur), auch mit nachdrücklicher
Unterstützung der Bundesregierung – hauptsächlich durch den persönlichen Einsatz von
Bundesinnenminister Otto Schily. Wir haben zwar die Finanzierung bis heute noch nicht endgültig
sicher gestellt. Aber diese Einrichtung ist schon richtungweisend, nämlich eine unabhängige
Institution zu schaffen, die weder von den Verbänden noch vom Staat Weisungen bekommen
kann.
DSB Wachstum durch Breitensport und ältere Menschen
45 sek
Der Deutsche Sportbund ist gewachsen von einer mittelgroßen Organisation bis zu einer
Organisation von 27 Millionen Menschen. Man kann sagen, es war ein ständiges, ein stetiges
Wachstum. Ich glaube, dass die Einbeziehung speziell von älteren Mitbürgern, wie wir es bisher
noch nicht erlebt haben, ein deutliches Zeichen der Zeit ist. Denn wir leben mit vielen älteren,
fitteren Frauen und Männern. Und auch die wollen betreut werden. Also bis zum heutigen Tag ist
man mit der Zeit gegangen und hat Programme entwickelt, um breitensportlich die Menschen zu
aktivieren. Von der Trimm-Dich-Aktion bis zu der letzten großen Kampagne „Sport tut Deutschland
gut“.
Entwicklung des Sports in Deutschland
1 min 02
Wir haben ja einen ersten DSB-Präsidenten Willi Daume gehabt, der eigentlich ein Schöngeist
war. Aber dennoch wichtige Weichen gestellt hat zu einer modernen Organisation. Er hat natürlich
durch die Tatsache, dass er 1972 die Olympischen Spiele nach Deutschland geholt hat, hat er es
erreicht, dass der Sport in breite gesellschaftliche Schichten Einzug gehalten hat. Wir haben doch
eine Entwicklung einiger Verbände, die doch beachtlich ist. Wenn ich an Fußball denke, wenn ich
an Tennis denke, wenn ich an den Deutschen Turnerbund denke, der gerade im Breiten-, Freizeitund Gesundheitssport wichtige Weichen gestellt hat, wenn ich an den Deutschen Schützenbund
denke – das sind ja unsere vier großen Verbände – sieht man, dass in ganz unterschiedlichen
Bereichen der Sport gewachsen ist, sich neue Aufgaben gestellt hat. Und natürlich auch in dieser
Gesellschaft gezeigt hat, dass er wichtige Aufgaben für die Allgemeinheit übernehmen kann.
Wandel zur Professionalisierung
1 min 30
Wir haben beim DSB mit einer weitgehend ehrenamtlichen Struktur begonnen. In der Zwischenzeit
ist das Ganze natürlich professioneller geworden. Wir haben hauptberufliche Bundestrainer
eingestellt, sonst wäre unser Spitzensport gar nicht aufrecht zu erhalten. Wir haben
wissenschaftliche Einrichtungen geschaffen, an die man damals gar nicht denken konnte. Wir
haben zum Beispiel die Unterstützung der Bundeswehr und der Bundespolizei, früher des
Bundesgrenzschutzes erreicht. Das war in der Daume-Ära noch gar kein Thema. Würden wir diese
engen Verbindungen allein im Bereich Leistungssport nicht haben, wäre unser Leistungssport in
der Bundesrepublik zweit- und drittklassig. Ungefähr 70 % der deutschen Medaillengewinner bei
den Olympischen Winterspielen sind Mitglieder der Bundeswehr oder der Bundespolizei. Daran
sehen Sie schon eine Veränderung und natürlich auch eine stärkere Professionalisierung, die
eingetreten ist. Das gilt im Bereich der Unterstützung der Ehrenamtlichen durch Hauptberufliche,
aber auch eine deutliche Professionalisierung im Spitzensport. Und es geht hin, wenn Sie jetzt an
die aktuellen Themen der Seniorenbetreuung denken, auch die älteren Mitbürgerinnen und
Mitbürger, die zu uns kommen, wollen erstklassig von Fachleuten betreut und trainiert werden. All
dieses ist sehr viel professioneller geworden.
Aktuelle Themen
Föderalismus behindert
27 sek
Es uns ist sicher in der Straffung des Spitzensports nicht alles gelungen. Das hängt teilweise auch
mit der föderalistischen Struktur zusammen. Wenn ich zum Beispiel einen Stützpunkt streiche,
dann habe ich sofort den entsprechenden Widerspruch der regionalen politischen Kräfte und
teilweise auch der Bundestagsabgeordneten, die dort ihren Wahlkreis haben, die alles
unternehmen, um diese Einrichtung zu erhalten, selbst wenn sie völlig überflüssig ist.
Kampf gegen Doping
1 min 10
Ich meine, dass wir zu einer Zeit als andere europäische Staaten, die Notwendigkeit noch gar nicht
sahen, haben wir ja diese Einrichtung der Kontrollen schon sehr professionell betrieben. Wir haben
es zunächst beim Deutschen Sportbund angesiedelt gehabt, haben dann erleben müssen, dass
der Versuch unternommen wurde, von Seiten des einen oder anderen Verbandes Einfluß auf
unangenehme Vorgänge. Deshalb unsere Überlegung: man muss eine unabhängige Institution
schaffen. Allerdings eine unabhängige Institution von Seiten des Sports aber auch von Seiten des
Staates. Denn auch da wollten wir diesen Einfluss nicht haben, denn wir betreiben ja auch keinen
Staatssport. Nun haben wir die NADA, ich halte diese Einrichtung für gut und wichtig. Sie ist leider
bis zur Stunde finanziell nicht so abgesichert, wie ich mir das wünsche. Das schreibe ich auf die
Negativliste meiner Bilanz. Hier haben Bundesinnenminister Schily und ich seinerzeit alle
Unternehmungen angesprochen, um eine nachdrückliche gebeten. Aber das ist uns nicht so
gelungen, wie wir uns das wünschten.
Verhältnis Sport und Politik
51 sek
In dem Verhältnis Sport und Politik ist, glaube ich, in meiner Amtszeit eine ganze Menge
geschehen. Wir haben ein Büro eingerichtet am Sitz der Bundesregierung, zunächst bei der
Bundesregierung unter Helmut Kohl in Bonn und wir haben jetzt in Berlin ein Hauptstadtbüro. Und
Aufgaben dieser Büros waren die ständige Kontaktnahme zu den politischen Gremien. Das
erfordert sehr viel Arbeit, sehr viel Fingerspitzengefühl und hauptsächlich, worauf ich Wert lege,
eine überparteiliche Arbeit. Also, das Gefährlichste ist, wenn man sich in eine parteipolitische Ecke
begibt. Ich glaube, ich habe bei den Forderungen, die ich für den Sport gestellt habe, nie Rücksicht
genommen bei den Gesprächen, welcher politischen Richtung ich angehöre. Ich musste alle
Richtungen manchmal rütteln und auch mal loben.
Zukunftsthemen
Senioren und Schulsport werden wichtiger
44 sek
Der ganze Seniorensport wird ein hochaktuelles Thema. Erfreulicherweise strömen ja viele ältere
Frauen und Männer in unsere Vereine. Die Seniorenabteilungen, hauptsächlich in den städtischen
Regionen, nehmen deutlich zu. Sie wollen richtig betreut werden. Das muss gut organisiert sein.
Das wird ein Problem, das auf uns zukommt. Im Bereich des Schulsports stehen wir vor einer
drastischen Veränderung, wenn ich an die Ganztagsbetreuung denke. Ich meine, eine
Riesenchance für unsere Vereine, in den Nachmittagsstunden in die Schulen gehen zu können,
um auch den Schülerinnen und Schülern, die bisher noch nicht an einer Sportart Spaß gefunden
haben, nun auch neue Sportarten, nicht nur die klassischen Schulsportarten zu präsentieren. Das
sind wichtige Bereiche.
Zukunftsthema Finanzierung des Sports
49 sek
Ein bedeutendes Thema wird natürlich immer die Finanzierung des Sports sein. Gerade in einer
Situation, in der die Bundesrepublik Deutschland finanziell nicht auf Rosen gebettet ist. Wir
müssen also damit rechne, dass in absehbarer Zeit die eine oder andere Einsparung gefordert
wird. Oder noch weitere Einsparungen gefordert werden. Da muss man sehr aufpassen. Man
muss also den wert des Spitzensports stets zeitgemäß artikulieren gegenüber den politischen
Kräften. Man muss sehen, dass die Wirtschaft mitmacht. Das geschieht teilweise in großzügiger
Form durch unser Sozialwerk, die Deutsche Sporthilfe. Aber es sind noch viele andere Aktionen im
Bereich des Spitzensports notwendig, wo wir finanzielle Unterstützung brauchen. Also das wird ein
ganz wichtiger Punkt sein.
Persönliches
Manfred von Richthofen: Freude bei Arbeit als Präsident
44 sek
Es muss weitgehend Freude gewesen sein, sonst hätte man das ja nicht so lange machen können
und sich entsprechend zwei Wiederwahlen gestellt. Es ist ein fast täglicher Umgang mit der Politik
nötig und mit den verschiedenen Institutionen des Parlaments. Es ist ein ständiger Umgang mit
den für uns wichtigen Ministerien, an der Spitze das Innenministerium. All dieses beansprucht
schon die ganze Frau oder den ganzen Mann. Unabhängig von den Präsidiumssitzungen, von den
Ausschusssitzungen, dazu verschiedene Gremien – es gab viel zu viel Gremien. Hätte man nicht
weitgehend Freude gehabt, dann hätte man längst den Büttel hingeschmissen.
Persönliche Vorhaben nach 12 Jahren im Amt
37 sek
Sicher hat man sich im Laufe der Jahre an diesen strammen Rhythmus gewöhnt, den man als
Präsident des Deutschen Sportbundes nun mal anwenden muss. Ich glaube, dass man sich jetzt
auf einige andere Dinge stärker konzentrieren kann. Ich werde in einigen Aufsichts- und Beiräten
in der Wirtschaft bleiben. Und ich werde natürlich auch einigen Hobbies nachgehen. Ich werde
auch ein paar Reisen nachholen, zu denen ich nicht gekommen bin, weil dieser Job eine
Belastung im ganzen Jahr war. „Belastung“ möchte ich aber in Anführungszeichen stellen, denn es
war überwiegend Freude.
Weiterhin Verbindung zum Sport
35 sek
Ich habe einige Rückenprobleme, deshalb werde ich verstärkt Gymnastik betreiben. Und ich fahre
intensiv Rad, das bekommt mir sehr gut. Das bekommt mir besser als Laufen als Ausgleich – dazu
kann ich nur raten, es ist nämlich gelenkschonend. Und ich werde mit Sicherheit mit dem einen
oder anderen Verband, der meinen Rat auch weiterhin haben möchten, in enger Verbindung
bleiben. So bleibe ich natürlich auch im Kuratorium des Deutschen Hockeybundes, wo ich
herkomme. Darauf freue ich mich, auch weil die Hockeyspieler eine Weltmeisterschaft im Herbst in
Deutschland austragen.
Herunterladen